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Solche Begünstigungen kommen, wie wir gesehen haben, in
mannigfacher Form in Betracht. Saatgut, Futter, Düngemittel,
Arbeitskräfte, kurz also Produktionsmittel, die sich sonst der Land
wirt weder für Geld noch für gute Worte beschaffen kann, werden
nach Maßgabe des vorhandenen Materials von der öffentlichen
Gewalt denen in erster Linie zur Verfügung gestellt, die sich zur
Übernahme solcher Produktionen verpflichten, deren Durchführung
für die Gesamtheit am nötigsten ist. Eine Benachteiligung anderer
Kreise liegt nicht vor, da sich jeder melden kann. Aber auch ein
Eingriff in die Wirtschaft, wie ihn der Produktionszwang darstellt,
wird völlig vermieden, da jeder Landwirt selbst darüber entscheiden
kann, ob und in welchem Umfange er seinen Betrieb nach der ge
wünschten Richtung umstellen will. Damit ist in glück-
lichster Weise die Wahrung des vaterländischen
Interesses mit dem jedes Einzelbetriebes ver
bunden.
Nach dieser Richtung bieten die Hilfsdienstpflicht und die Ein
richtung des Kriegsamts wertvollste Handhaben gerade auch in der
Landwirtschaft. Beschaffung von Betriebsleitern, Vorarbeitern,
Massenarbeitern, insbesondere Gefangenen, Gespannen, Maschinen,
militärischen Hilfskolonnen in besonders dringlichen Fällen, alles das
fällt auf dem Gebiete der Produktionsförderung wesentlich ins
Gewicht.
4. Geistige Förderung.
Über kein Gewerbe hat sich während des Krieges eine solche
Flut von V e r o r d n u n g e n ergoffen wie über die Landwirtschaft.
Die Wichtigkeit der Nahrungsmittelversorgung wie die Schwierigkeit
der Aufgabe, die erst allmählich eintretende Erkenntnis der Zu
sammenhänge, die Verschärfung der Lage durch die immer enger
werdende Absperrung und die längere Dauer des Krieges sind
genügende Erklärungen für diesen Umstand, welcher der Negierung
und den anderen zuständigen Stellen sicherlich ebenso unerwünscht ist
wie den Landwirten selbst. Eine tunlichst einheitliche und leicht
verständliche Gestaltung der Verordnungen ist eine Aufgabe, die das
Kriegsernährungsamt sich selbst gestellt hat. Aber es wird sich unter
keinen Umständen vermeiden lassen, daß die Kriegs-Agrar-Gesetz-
gebung einen beträchtlichen Umfang behält, wie auch, daß die Ver
ordnungen nicht immer für den Laien ganz durchsichtig sind. Hier
liegt ein Reibungswiderstand, der sicherlich das Jneinanderwirken
der Produktionserhöhung und Anpassung in seiner Wirksamkeit stark
beeinträchtigt. Das gilt natürlich in erster Linie vom Bauerntum,