Generaloberst v. Mackensen erbittet Einsatz d. Verstärkungen bei 11. Armee. 201
dem Einsatz von Verstärkungen an jeder anderen Stelle sah er zudem einen
„nicht wieder gut zu machenden Zeitverlust"*).
Eine dritte Möglichkeit schwebte dem Chef des ö.-u. General-
stabes vor. Dieser hatte zwar am 21. Mai in einer Aussprache in Teschen
General von Falkenhayn gegenüber die Notwendigkeit anerkannt, die An¬
griffskraft der Russen durch weitere Schläge in Galizien zu lähmen2), sich
dann aber am 23. Mai schriftlich dahin geäußert, daß der Wunsch, „mit
den russischen Kräften möglichst weitgehend abzurechnen", seine Grenze an
der dringenden Forderung finden müsse, „die Italiener nicht bis in jene
Gebietsteile vordringen zu lasten, bei deren Verlust die Monarchie vital
getroffen und die Führung des Krieges überhaupt unmöglich gemacht, der
Krieg somit zugunsten unserer Gegner entschieden wäre". Bei dieser
Grundeinstellung war General von Conrad nicht abgeneigt, von weit¬
reichenden Operationen auf dem Kriegsschauplätze nördlich der Karpaten
Abstand zu nehmen und sich mit der Erreichung und Sicherung des bisher
erstrebten Operationszieles, der San—Wisznia—Dniester-Linie, zu be¬
gnügen. Hierzu erschien es ihm im Augenblick als das Wichtigste, die ö.-u.
4. Armee, die durch den erfolgreichen Gegenangriff der Russen bei Sieniawa
in eine schwierige Lage geraten war, unmittelbar zu stützen. Auch für den
Fall der Fortsetzung der Offensive über San und Wisznia versprach er sich
größeren Erfolg, wenn der Nachdruck auf das Vorgehen der ö.-u. 4. Armee
gelegt wurde, da er glaubte, daß die Grodeker Seenkette einem Angriff außer¬
ordentliche Schwierigkeiten bereiten würde. Cr regte daher in einer Aus¬
sprache mit General von Falkenhayn am 30. Mai in Pleß den Einsatz der so. M-u »t#
Verstärkungen bei dieser Armee an. 1*3ttnt*
Am gleichen Tage wurde Ober st Tappen zum Armee-Oberkom¬
mando 11 nach Iaroslau entsandt, um besten Ansicht einzuholen. General¬
oberst von Mackensen und sein Generalstabschef vertraten trotz der zur Zeit
noch unentschiedenen Kampftage an der San- und Wisznia-Front die
gleiche Anschauung wie der Chef der Operationsabteilung. In seiner
schriftlichen Stellungnahme vom 31. Mai machte der Oberbefehlshaber der
11. Armee gegen den Einsatz von Verstärkungen bei der Armee-Abteilung
Woyrsch geltend, daß dort eine Offensive spätestens nach geglücktem
Weichselübergang vor schnell zusammengezogenen russischen Kräften zum
Stehen kommen und somit keine Wirkung auf die Dniester-Front ausüben
würde. Wörtlich hieß es dann: „Ein Stoß über Iaroslau wird jene beab¬
sichtigte Wirkung schneller herbeiführen. Cr hat nicht mit einer besetzten
0 Aus nichtveröffentlichten Kriegserinnerungen des jetzigen Generalleutnants
a. D. Tappen. — 2) S. 10.