Colour Chart #13
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Der Weltkrieg
Achter Band
Der Weltkrieg
J9J4 bis J9J8
Bearbeitet im
Reichsarchiv
*
Die militärischen Operationen zu Lande Achter Band
Verlegt bei E. S. Mittler äc Gohn
Berlin im Jahre
Die Operationen des Jahres J9J5
Die Ereignisse im Westen im Frühjahr und Gommer, im Osten vom Frühjahr bis zum Jahresschluß
Mit neununddreißig Barten und Skizzen
*
Verlegt bei E. G. Mittler 6c Gohn
Berlin im Jahre J932
12 b 6 84
Ls. /fty
Alle Rechte aus dem Gesetze vom J?. Iuni IJQl sowie das Übersetzungsrecht sind vorbehalten Copyright 1932 by E. S. Mittler & Sohn, Berlin
Einführung zum achten Band.
Der vorliegende VIII. Vand schildert die Operationen im Westen im Frühjahr und Sommer 1915, im Osten vom Frühjahr bis zum Jahresschluß.
Von der bisher geübten Gepflogenheit, die Darstellung der Ereignisse auf den verschiedenen Kriegsschauplätzen mit dem gleichen Zeitpunkte abzuschließen, mußte abgewichen werden, da die Operationen im Osten bis gegen Jahresende innerlich zusammenhängende Handlungen bilden, deren Schilderung nicht unterbrochen werden durfte. Hieraus ergibt sich auch der größere Umfang des vorliegenden Bandes. Der Rückblick behandelt die Stellung der deutschen Obersten Heeresleitung zur Frage der Kriegführung im Osten während des ganzen Jahres 1915.
Von der Beifügung von Kriegsgliederungen ist Abstand genommen worden, da ein besonderer Vand „Kriegsgliederungen" als Ergänzung zum Gesamtkriegswerk in Arbeit ist. Die operativen Bände bringen fortan nur noch in Anmerkungen kurze Angaben über die jeweilige Truppeneinteilung der Armeen.
Die Historische Kommission hat Herrn Generalmajor a. D. Rudolf von Vorries in Potsdam und Herrn Dr. phil. Hans Rothfels, ordentlichen Professor der Geschichte an der Universität Königsberg i. Pr., mit der Prüfung des VIII. Bandes beauftragt. Das Reichsarchiv sagt beiden Berichterstattern seinen besonderen Dank.
Am 31. Oktober 1931 ist der bisherige Präsident des Reichsarchivs, Dr. h. c. Hermann Ritter Mertz von Quirnheim, nach Erreichung der Altersgrenze aus dem Amt geschieden. An seine Stelle trat der Direktor der Historischen Abteilung, Dr. h. c. Hans von Hassten. Zum Direktor der Historischen Abteilung wurde Oberarchivrat Wolfgang Foerster ernannt.
Inhaltsverzeichnis
Die Operationen des Jahres 1915.
Die Ereignisse im Westen im Frühjahr und Sommer, im Osten vom Frühjahr bis zum Jahresschluß.
Seite
I. Die Lage der Mittelmächte im Mail915............................... 1
1. Das Eingreifen Italiens.................................... 1
2. Die Verschärfung der wirtschaftlichen Lage der Mittelmächte und der A n t e rse e b o o t s - L a n d e l s -krieg................................................ 12
3. Die Mannschaftsersatz- und Munitionslage bis Ende 1915............................................ 18
n. Die Aufmärsche und ersten Kämpfe an der italienischen Front............................................. 25
m. D i e Westfront von Mitte April bis Anfang
August 1915....................................................... 34
1. Die Kämpfe bis zum Beginn der Frühjahrs-schlecht Anfang Mai.................................. 34
a) Die Oberste Leeresleitung und das Westheer im April ... 34
b) Der Gasangriff der 4. Armee bei Bpern..................... 35
c) Die Angriffskämpfe der Armee-Abteilungen Strantz und Gaede 49
2. Die Maßnahmen der französischen und englischen Führung bis Anfang Mai....................... 51
3. Der Beginn der Frühjahrsschlacht im Artois. . 55
a) Die Kämpfe der 6. Armee vom 9. bis 14. Mai................ 57
b) Die Befehlsübernahme durch General von Lochow im Laupt-kampsabschnitt und die Kämpfe bis Mitte Juni........ 69
4. Die Kämpfe bei den übrigen Armeen der Westfront von Mitte Mai bis Ende Juli.................... 78
5. Neue Großangriffe im Artois vom 16. bis 18. Juni und das Ausklingen der Frühjahrsschlacht. . . 84
6. Betrachtungen............................................... 94
7. Die Neuordnung des West Heeres bis Anfang August............................................... 98
VIII
Inhaltsverzeichnis.
Seite
IV. Der Krieg gegen Rußland im Sommer und Herbst 1915 103 A. Die Front des Oberbefehlshabers Ost bis zum 2. Juli..103
1. Die Weisung der Obersten Heeresleitung vom
16. April..........................................103
2. Der Angriff nach Litauen und Kurland.......................106
a) Das Unternehmen gegen Schauten, 27. April bis 3. Mai ... 106
b) Die Einnahme von Libau, 1. bis 8. Mai....................113
c) Abwehr russischer Gegenangriffe, 3. bis 14. Mai..........116
d) Übergreifen der Kämpfe auf das Südufer des Njemen, 13. bis
24. Mai.........................................120
e) Kämpfe der 10. und Njemen-Armee, 25. Mai bis 2. Juli. . . 124
f) Maßnahmen der Russen............................131
3. Ereignisse bei der 9. Armee, Armee-Gruppe Gallwitz und 8. Armee im Mai und Juni .... 132
ti. Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien................139
1. Die Erzwingung des San-Überganges bei Faros-lau vom 14. bis 20. Mai............................... 139
2. Die Ereignisse auf dem rechten Leeresflügel bis zum 19. Mai............................................. 154
3. Die Schlacht nördlich von Przemysl vom 21. bis
27. Mai.................................................. 159
4. Der Kamps um Przemysl vom 28. Mai bis 3. Juni 177
5. Die russische Südwestfront von Mitte Mai bis Anfang Juni..............................................189
6. Der Vorstoß der Südarmee gegen den oberen Dniester vom 20. Mai bis 3. Zuni.........................192
7. Operative Erwägungen und Entschlüsse.......................198
8. Die Kämpfe auf dem rechten Leeresflügel vom
4. bis 13. Juni.............................................204
9. Die Offensive Mackensens auf Lemberg im Juni 216
a) Aufmarsch und Vorbereitungen.............................216
b) Die Durchbruchsschlacht von Lubaczow vom 12. bis 15. Juni . 221
c) Der Durchbruch durch die Grodek—Magierow- Stellung und
die Einnahme von Lemberg. 17. bis 22. Juni...............229
10. Betrachtungen............................................. 235 .
11. Die Kämpfe an der Dniester-Front vom 14. bis
22. Juni....................................................237
12. Die verbündeten Leeresleitungen während der Operation auf Lemberg....................................241
13. Die Kämpfe der Südarmee Ende Juni..........................249
14. Die Verfolgung nach der Einnahme von Lemberg bisEndeIuni..............................................253
15. Die russische Süd west front im Juni.......................261
Inhaltsverzeichnis.
IX
C. Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front......................................................
1. Die entscheidende Besprechung am 2. Juli in Posen
2. Durchführung des Angriffs............................
a) Vorbereitungen.....................................
b) Durchbruch durch die russischen Stellungen vom 13. bis 15. Juli
c) Fortsetzung des Angriffs bis an den Narew..........
d) Maßnahmen des Gegners..............................
e) Der Angriff über den Narew.........................
3. Die Fortsetzung des Angriffs gegen den Bug .
a) Einwirkung der Obersten Leeresleitung..............
b) Die Kämpfe der Armee-Gruppe Gallwitz und der 8. Armee vom 24. bis 26. Juli .................................
c) Der Stillstand im Angriff vom 27. Juli bis 6. August ....
4. Die Ereignisse bei der 9. Armee und die Einnahme von Warschau......................................
5. Auseinandersetzungen zwischen der Obersten Leeresleitung und dem Oberbefehlshaber Ost. Bildung der Leeresgruppe Prinz Leopold....................... .
6. Die 12. und 8. Armee in der Verfolgung durch Polen...................................................
a) Das Nachdrängen vom 7. bis 11. August..............
b) Bis zum Oberlauf von Nurec und Narew. 12. bis 19. August
c) Das Abschwenken nach Nordosten.....................
d) Betrachtungen......................................
7. Die Eroberung von Nowogeorgiewsk.....................
I). Die Offensive der Verbündeten aus Brest Litowsk.........
1. Die Verfolgung zwischen Bug und Weichsel in der ersten Iulihälste...................................
2. Die Schlacht von Krasnostaw und Lrubieszow vom 15. b i s 22. I u l i...............................
3. Die Fortführung der Offensive aus Eh o Im — Lublin vom 23. bis 31. Juli.............................
4. Der Weichsel-Übergang der Armee-Abteilung Woyrsch.................................................
5. Die Verfolgung zwischen Bug und Weichsel im ersten Drittel des August...............................
6. Die Verfolgung vom 11. bis 16. August................
7. Die Kämpfe um Brest Litowsk vom 17. bis 26. August..............................................
8. Betrachtungen........................................
Seite
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432
E. Die russische Oberste Führung bis Ende August
436
X
Inhaltsverzeichnis.
Sette
F. Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna .... 456
1. Die Kämpfe in Litauen und Kurland bis Ende
A u g u st..............................................456
a) Die Kämpfe der Njemen-Armee..........................456
b) Der Angriff der 10. Armee auf Kowno..................472
c) Der Vormarsch der 10. Armee bis zum 31. August.......481
d) Auseinandersetzungen mit der Obersten Heeresleitung .... 489
2. Die Schlacht bei Wilna.................................494
a) Umgruppierung und Kämpfe bis zum 8. September........494
b) Der Angriff bis zum 14. September....................500
c) Der konzentrische Angriff und die Verfolgung vom 15. bis
19. September........................................507
d) Die Abwehr des russischen Gegenangriffs und das Ende der Schlacht...............................................516
e) Operationen der Russen und Betrachtungen.............525
3. Die Kämpfe der Njemen-Armee von Mitte August bis Ende September........................................533
G. Die Einnahme der Dauerstellung und die Ereignisse bis zum Jahresschluß beim Oberbefehlshaber Ost.......................540
H. Die Verfolgung der Heeresgruppen Mackensen und Prinz Leopold nach dem Fall von Brest Litowsk..............................550
J. Der rechte Heeresflügel von Mitte Juli bis zum Jahresende . . 563
1. Die österreichisch-ungarische Offensive in O ft -galizien und Wolhynien ...................................563
2. Die Offensive derLeeresgruppe Linsingen gegen Rowno.....................................................577
3. Die russische Südwe st front von Ende August bis Mitte Oktober.............................................585
4. Betrachtungen..........................................588
5. Die Einnahme der Dauer st ellung..................589
K. Die russische Oberste Führung vom September bis Dezember 1915 594
Y. Der Mehrfrontenkrieg im Sommer 1915...............598
1. Die Lage bis Ende.....................................Juli..................................598
2. Friedensanregungen der deutschen Ober st en Heeresleitung.............................................604
3. Die Verlegung des Schwerpunktes der Kriegführung ..................................................610
VI. Rückblick auf die Kriegführung des Generals
von Falkenhahn gegen Rußland..................................616
----------
Inhaltsverzeichnis.
XI
Anlagen. Seife
Anlage 1: Vergleich der deutschen und feindlichen Artillerie in der Frühjahrsschlacht im Artois 1915.
(In der Kartentasche am Schluß des Bandes.)
Anlage 2: Das beiderseitige Kräfteverhältnis an Infanterie
auf dem Westkriegsschauplatz um Mitte Juni 1915 . 629
Anlage 3: Einige Angaben über Aufstellung, Ausbildung und Verwendung der britischen „Kitchener"-Tr uppen...........................................................631
Anlage 4: Quellennachweis..........................................633
Personenverzeichnis................................................639
Truppenverzeichnis.................................................651
Der nächste, IX. Band wird eine Zeit-Übersicht der Ereignisse des Jahres 1915 auf allen Kriegsschauplätzen bringen.
XII
Inhaltsverzeichnis.
^orurzungen. (Nur für die Anmerkungen gültig.)
Armeegruppe .. = A. Gr. Infanterie-Brigade . - I. Br.
Armee-Abteilung .. = A. Abt. oder Reserve-Infanterie-
Abtlg. Brigade . - R. I. Br.
Armeekorps .. = A. K. oder R. Br.
Reservekorps .. = R. K. Landwehr-Infanterie-
Landwehrkorps Brigade . — L.I.Br. oder
Gardekorps .. =©.K. L. Br.
Gruppe .. - Gr. Landsturm-Brigade ... . = Ldst. Br.
Generalkommando.... .. = Gen. Kdo. Regiment . = Regt.
Korpskommando .. — K. Kdo. oder Bataillon . - Btl.
Kkdo. Batterie . - Bttr.
Kommandeur .. ^ Kdr. Eskadron . = Esk.
Löherer Kavallerie- Kanonen . = Kan.
Kommandeur .. L. K. K. Laubitzen . — Laub.
Kavallerie-Korps .. - K. K. Mörser . = Mörs. oder
Infanterie-Division .. .. = I. D. oder Mrs.
Inf. Div. Minenwerfer . = Min. Werfer
Reserve-Division .. = R. D. oder Pionier -Pi.
Res. Div. zusammengesetzt • = rgs-
Kavallerie-Division ... verstärkt . — verst.
Kav.Div. selbständig . = selbst.
Landwehr-Division ... österreichisch.ungarisch.. . — ö.-u.
Div. Schützen . — Sch. oder
Landsturm-Division ... Schütz.
Div. Territorial . = Terr.
Ersatz-Division .. --- Ers. D. oder Kuban . — Kub.
Garde-Infanterie-Division Div. .. - G. I.D. Assuri . »aff.
Inhaltsverzeichnis.
XIII
Narren und Skizzen.
Die Karten und Skizzen befinden sich in der Kartentasche am Schluß des Bandes.
A. Kriegsleitung.
Skizze 1: Der oberitalienisch eKriegsschauplatzim Sommer 1915.
B. Westen.
Karte 1: Die Front gegen Frankreich. Stand am 8.Mai 1915. — 1 : 1 000 000.
Karte 2: Der Kampf an der Vfer und im <Zpernbogen. April bis Mai 1915. — 1 : 60000.
Karte 3: DieFrühjahrsschlachtimArtois. Stand am 9. Mai 1915. — 1 : 80 000.
Karte 4: DieFrontgegenFrankreich. Stand am 1.August 1915.— 1 : 1 000 000.
Skizze 2: Die Angriffskämpfe der Armee-Abteilung Strantz vom 24. April bis 7. Mai 1915.
Skizze 3: Die Frühjahrs sch lacht im Artois 1915. D i e ersten An-
griffsziele des Feindes.
Skizze 4: D ie Frühjahrsschlacht im Artois 1915. Der britische Angriff am 9. Mai.
Skizze 5: Die F r ü h j a h r s sch l a ch t im Artois 1915. Die deutschen
Stellungen zwischen Angres und St. Laurent nach
dem 12. Mai.
Skizze 6: Die Frühjahrsschlacht im Artois 1915. Die Lage bei der 6. Armee am 15. Mai.
Skizze 7: Die Frühjahrsschlacht imArtois 1915. DieArtillerie-Verteilung Mitte Mai.
Skizze 8: Die Frühjahrsschlacht im Artois 1915. Die Lage am 16. I u n i.
Skizze 9: Die Frühjahrsschlacht im Artois 1915. Die Truppenverteilung bei Auflösung der Armeegruppe Loch ow am 29. Juni.
C. Osten.
Karte 5: Die Front gegen Rußland vom 13. Mai bis 12. Fuli 1915. — Etwa 1 : 2 500 000.
Karte 6: Die Operationen der Verbündeten gegen Rußland. Mitte Mai bis November 1915. — Etwa 1 : 1 100000
Karte 7: Die Front gegen Rußland vom 13. Juli bis End e 1915. — Etwa 1 : 2 500 000
Skizze 10: Die Kämpfe in Kurland vom 26. bis 30. April 1915.
Skizze 11: Die Kämpfe in Kurland vom 7. bis 13. Mai 1915.
XIV
Inhaltsverzeichnis.
Skizze 12: Die Gasangriffe der 9. Armee im Juni und Juli 1915. Skizze 13: Die Schlackt von Iaroslau. 14. bis 20. M ai 1915. Skizze 14: Die Schlacht nördlich von Przemysl und der Kampf um die Festung. 23. Mai bis 3. Juni 1915.
Skizze 15: Die Armee-Abteilung Woyrsch. Mitte Mai 1915. Skizze 16: Der Vormarsch auf Lemberg. 13. bis 22. Iu nt 1915. Skizze 17: Der Vormarsch der Süd - und ö. - u. 7. Armee vom 12. Mai bis 4. Juli 1915.
Skizze 18: Die Kämpfe bei Stryj. 26. Mai bis 8. Juni 1915.
Skizze 19: Das russische Stellungssystem an der Narew-Front am 13. Juli 1915 nach deutscher Auffassung.
Skizze 20: Der Durchbruch der Armee-Gruppe Gallwitz durch die russischen Stellungen bei Przasnysz. 15. bis 19. Juli 1915.
Skizze 21: Der Verlauf des Angriffs gegen den Rare w. 13. bis 19. Juli 1915.
Skizze 22: Der Angriff über den Rare w. 22. bis 25. Juli 1915. Skizze 23: Der Angriff auf N ow o georgiewsk. August 1915.
Skizze24: Der Vormarsch auf Brest Litowsk. 22. Juni bis 26. August 1915.
Skizze25: Der Vormarsch der Armee-Abteilung Woyrsch über die Weichsel im Juli und Auguft 1915.
Skizze 26: Die Kämpfe der Njemen-Armee im Juli und A u g u st 1915.
Skizze 27: Der Angriff auf Kowno. August 1915.
Skizze 28: Die Schlacht bei Wilna. Die Leeresgruppe Linden-bürg vom 30. August bis 18. September 1915 Skizze29: Die Schlacht bei Wilna. Die 10. Armee vom 14. bis 16. September 1915.
Skizze 30: Die Schlacht bei Wilna. Die 12., 8. und 10. Armee am
26. September 1915.
Skizze 31: Die ö.-u. Offensive in Galizien und Wolhynien vom
27. August bis 18. September 1915.
Skizze 32: Die Offensive der Leeresgruppe Linsingen auf Rowno vom 20. September bis 13. Oktober 1915.
Die Operationen des Jahres 19J5
Die Ereignisse im Westen im Frühjahr und Sommer, im Osten vom Frühjahr bis zum Jahresschluß
I. Die Lage der Mittelmächte im Mai J
Karte 1 Band VII, Karte 5 und Skizze 1 Band VIII.
Das Eingreifen Italiens.
Als General von Falkenhayn sich in klarer Erkenntnis der gefahrdrohenden militärischen und politischen Lage der Donau-Monarchie am 13. April 1915 zu dem großen Entlastungsangriff in Galizien entschloß, glaubte er nur vorübergehend aus die Verwirklichung seiner Offensivpläne im Westen verzichten zu sollen1). Die Generaloberst von Mackensen gestellte Aufgabe, die Russen zur Räumung ihrer Front in Westgalizien bis zum Lupkower Paß zu zwingen, konnte bereits am 8. Mai mit dem Erreichen des Wislok als gelöst angesehen werden. Damit stand General von Falkenhayn vor der Frage, ob er sich mit dem errungenen Erfolge im Osten begnügen und nunmehr seine Pläne gegen Serbien und im Westen wieder aufnehmen solle. Der Vorschlag des Generals von Conrad, in Ausnutzung des Sieges auf dem galizischen Kriegsschauplatz die Verfolgung der Russen bis an den San fortzusetzen, fand indessen sogleich seine Billigung"), da „die Gelegenheit, dem Feinde einen nicht wieder auszugleichenden Hieb zu versetzen", ausgenutzt werden müsse3).
Dieser Entschluß bedeutete für geraume Zeit den Verzicht auf Durchführung der Offensivpläne im Westen. Cs stand zu erwarten, daß die Feinde die Schwächung der dortigen deutschen Front zu großen Angriffen ausnutzen würden, deren Ausgang angesichts ihrer wachsenden zahlenmäßigen Überlegenheit1) immerhin ungewiß blieb.
Anfang Mai 1915 standen auf dem französisch-belgischen Kriegsschauplätze rund 97 deutsche Infanterie-Divisionen, während der Gegner auf 110 bis 112 Divisionen geschätzt wurde, die zudem im Durchschnitt wesentlich stärker waren als die deutschen. An Reserven verfügte die Oberste Heeresleitung hinter der Westfront3) über etwa 7%' Infanterie-Divisionen, außerdem über so zahlreiche schwere Batterien, daß im Falle eines feindlichen Angriffes die artilleristische Kampfkraft einer Armee in wenigen Tagen auf etwa doppelte Stärke gebracht werden konnte.
Band VII, S. 345 und 360/361. — 2) Band VII, S. 419 ff. — 3) Band VII, S. 421. — *) S. 35. — °) S. 56.
t Weltkrieg. VIII. Band. 1
2
Die Lage der Mittelmächte im Mai 1915.
Auf dem russischen Kriegsschauplätze standen von der Ostsee bis zur Bukowina IIIV2 deutsche und ö.-u?) Infanterie-Divisionen schätzungsweise 114 russischen Divisionen gegenüber2). Die Stärke der an der serbischen Grenze befindlichen ö.-u. Verbände betrug insgesamt 234 000 Mann, während das serbische Heer auf 210 000 Mann geschäht wurde2). Gegen Italien versahen 112 Bataillone^) den Grenzschutz. Die Kräfte der von Feinden umschlossenen Donau-Monarchie waren somit aufs äußerste angespannt.
Von Mitte März bis Mitte Mai waren der deutschen O st f r 0 n t neun Infanterie-Divisionen und zwei Kavallerie-Divisionen des Westheeres zugeführt worden. Ob dem westlichen Kriegsschauplätze noch weitere Kräfte zugunsten des Ostens entzogen werden konnten, wollte General von Falkenhayn erst im Laufe der Abwehr des zu erwartenden feindlichen Angriffes entscheiden. Maßgebend war für ihn die Erwägung, daß eine Rückführung von Kräften aus dem Osten zur Wiederherstellung der Lage auf dem West-Kriegsschauplätze, wenn irgend angängig, vermieden werden mußte, solange die Operationen gegen Rußland einen erfolgverheißenden Fortgang nahmen.
Dazu kam noch, daß die Entwicklung der politischen Lage in I t a l i e n, der Türkei und auf dem Balkan einen erheblichen Einfluß auf die Entschlüsse an der Westfront und in Galizien gewinnen konnte. Sie nahm daher im Mai 1915 die Aufmerksamkeit der Heeresleitungen der Mittelmächte in besonderem Maße in Anspruch.
Die große Spannung jener Tage kam lebhaft zum Ausdruck in dem Meinungsaustausch beider Generalstabschefs. In zwei kurz aufeinander folgenden Schreiben an General von Conrad vom 30. April und 2. Mai mahnte General von Falkenhayn von neuem und dringend zum Rachgeben gegenüber den Forderungen der italienischen Regierung2). Am 4. Mai unterstützte Kaiser Wilhelm dieses Vorgehen durch
1) Die bei Truppenangaben und Schilderungen der Kämpfe an der Ostfront sehr häufig wiederkehrende Bezeichnung „österreichisch-ungarisch" ist in diesem Bande mit Rücksicht auf die Raumersparnis in „ö.-u." abgekürzt worden.
2) Längs der rumänischen Grenze standen nur durch Landsturm verstärkt ö.-u. Gendarmerieposten, insgesamt etwa 9600 Mann.
3) Die Gesamtstärke des serbischen Heeres wurde auf 232 Bataillone, 36 Eskadrons, 536 Feld- und etwa 240 schwere Geschütze geschäht. Die montenegrinischen Streitkräfte, die in einzelne kleine Abteilungen gegliedert waren, umfaßten schätzungsweise 53 000 Mann und 140 Geschütze.
0 Ohne die Sicherheitsbesatzung der österreichischen Grenzbefestigungen. Näheres S. 26/27.
5) Band VII, S. 343/344.
Diplomatische Verhandlungen zwischen Deutschland, Österreich-Ungarn und Italien. 3
einen gleichen Schritt bei seinem kaiserlichen Bundesgenossen. Das Wiener Kabinett erklärte sich an demselben Tage zu neuen, sehr weitgehenden Zugeständnisses) bereit. Dieses Einlenken kreuzte sich mit der am 4. Mai der Donau-Monarchie durch Italien übermittelten Kündigung des Dreibundvertrages. Am 5. Mai berichtete der außerordentliche deutsche Botschafter, 5. 7. a»oi.
Fürst Vül 0 w, aus Rom, der italienische Minister des Äußeren, Baron Sonnino, habe ihm nach Kenntnisnahme der Wiener Anerbietungen mitgeteilt: Roch vor 14 Tagen hätte mit diesen Vorschlägen alles beigelegt werden können"); auf seine Bemerkung, daß dies auch heute noch möglich sei, habe Baron Sonnino geschwiegen. Am 6. Mai lief in Wien die Nachricht ein, vom italienischen Ministerrat seien die Vorschläge Österreich-Ungarns als „nicht ausreichende Verhandlungsbasis" bezeichnet worden. Nunmehr erklärte Kaiser Franz Joseph in einer Drahtung an Kaiser Wilhelm vom gleichen Tage, daß er mit den letzten Zugeständnissen „an der äußersten Grenze des denkbaren Entgegenkommens" angelangt sei.
Der Ernst der italienischen Krise gab Veranlassung zu einer Aussprache der leitenden Staatsmänner und Generalstabschefs der Mittel-mächte am 7.Mai in Teschen. Die letzten aus Rom vorliegenden Nachrichten klangen wieder etwas hoffnungsvoller. Cs hieß, Italien habe zwar am 26. April einen Vertrag mit der Entente abgeschlossen, sich aber eine vierwöchige Frist zur Entscheidung vorbehalten, ob dieser Vertrag auch in Kraft treten solle. Noch bestand also anscheinend eine schwache Hoffnung,
Italien vom Kriege zurückzuhalten").
Bisher hatte General von Falkenhayn alle Anfragen Österreich-Angarns nach deutscher Waffenhilfe bei einem etwaigen Eintritt Italiens in den Krieg ausweichend beantwortet); über diese Möglichkeit könne erst im „konkreten Falle" entschieden werden. Bestimmend für diese Haltung war, abgesehen von der militärischen Lage, die jede Kräftezersplitterung unerwünscht erscheinen ließ, vor allem das Streben gewesen, die Donau-Monarchie bis zuletzt zu möglichst weitgehendem Cntgegen-
J) Diese Zugeständnisse betrafen außer der Abgabe des größten Teils des Tren-tino auch beschränkte Gebietsabtretungen am Isonzo einschließlich Gradiska, Errichtung einer italienischen Universität in Triest, Desinteressement Österreich-Ungarns in Albanien; doch müßten dort „Garantien gegen die Festsetzung einer dritten Macht geschaffen werden".
2) Band VII, S. 343/344.
3) Tatsächlich hatte das Kabinett Salandra sich durch den Vertrag vom 26. April schon fest gebunden, aber die Bedingung gestellt, daß die Feindseligkeiten erst in vier Wochen zu eröffnen wären. Der Generalstabschef, General Cadorna, erklärte am 6. Mai, das Heer sei frühestens am 20. Mai marschbereit. (Salandra: „L’intervento“,
S. 174—176 und S. 242.) — «) Band VII, S. 364.
1*
4
Die Lage der Mittelmächte im Mai 1915.
kommen gegenüber Italien zu veranlassen. Jetzt hatte sich die Lage geändert. An der Ostfront konnte man hoffen, dank der großen Erfolge der galizischen Operation binnen kurzem Kräfte verfügbar zu machen; die Wiener Regierung war in ihren Zugeständnisien tatsächlich bis an die Grenze des Möglichen gegangen, vielleicht sogar schon darüber hinaus. So erklärte es sich, daß General von Falkenhayn bei der Besprechung in Teschen zur Entsendung deutscher Kräfte an die italienische Grenze gegebenenfalls bereit war; ihr Maß müsse allerdings von der allgemeinen Lage beim Eintritt Italiens in den Krieg abhängig gemacht werden.
Über das politische Ergebnis dieser Aussprache drahtete Reichskanzler 8. bis m. Mai. von Vethmann Hollweg am 8. Mai dem Fürsten Bülow nach Rom, daß das Wiener Kabinett bereit sei, „letzten Endes alles zu bewilligen".
Zudem veranlaßten Äußerungen des bisher dreibundfreundlichen, früheren italienischen Ministerpräsidenten Giolitti über den Ernst der Lage schließlich den österreichisch-ungarischen und den außerordentlichen deutschen Botschafter in Rom, ohne zwar das Einverständnis Wiens abzuwarten, dem italienischen Minister des Auswärtigen am 10. Mai noch weiter-gehende österreichische Zugeständnisse1) bekanntzugeben. Sie umfaßten Abtretung a l l e r von Italienern bewohnten Gebiete in Tirol und auf dem westlichen Isonzo-User mit Gradiska, ferner für Triest Erklärung zur „Kaiserlich freien Stadt" und zum Freihafen sowie Errichtung einer italienischen Universität,endlich völliges Desinteresiement Österreich-Ungarns in Albanien. Deutschland erklärte sich der italienischen Regierung gegenüber bereit, für die loyale Ausführung dieser Anerbietungen die Bürgschaft zu übernehmen.
Obwohl diese Zugeständnisse nicht unerheblich über die bisher gemachten hinausgingen, ja selbst über das, was Italien noch vor wenigen Monaten selbst angestrebt hatte, erteilte der österreichisch-ungarische Außenminister, Baron V u r i a n, doch nachttäglich seine Zustimmungzu ihrer Bekanntgabe in Rom. Die Frage war lediglich, ob die Anerbietungen nicht zu spät kamen, und die italienische Regierung sich dem Dreiverbände gegenüber nicht schon zu weit verpflichtet hatte. Dann hing alles von der innerpolitischen Entwicklung in Italien ab, die sich noch in letzter Stunde für die Mittelmächte günstig zu gestalten schien; denn am 13. Mai hatte Ministerpräsident Salandra infolge starker Widerstände, die sich im italienischen Parlament gegen die Kriegspolitik richteten, sein Rückttittsgesuch eingereicht. Als jedoch am Nachmittage des 16. Mai bekannt wurde, daß der König den Rücktritt Salandras nicht angenommen habe, war es klar, daß die Entscheidung für den Krieg gefallen war.
i) S. 3 Anmerk. 1.
Meinungsaustausch d. Generalstabschefs über Führung d. Operationen gegen Italien. 5
Wenngleich der sich inzwischen immer stärker auswirkende Waffenerfolg der Verbündeten in Galizien an der Haltung Italiens nichts mehr ändern zu können schien, so stand doch zu hoffen, daß durch ihn die politisch unsichere Lage auf dem Balkan noch günstig beeinflußt werden könnte. Vor allem war zu erwarten, daß Rumänien den Mittelmächten gegenüber eine freundlichere Haltung einnehmen werde. Darüber hinaus lebte die Hoffnung wieder auf, jetzt endlich Bulgarien zu gewinnen. Die Forderung, durch die Niederwerfung Serbiens eine gesicherte Verbindung mit der Türkei zu erreichen, wurde infolge des großen Landungsunternehmens der Engländer und Franzosen auf der Halbinsel GallipolL) immer dringlicher von der osmanifchen Regierung erhoben. Um die Unterstützung Bulgariens gegen Serbien endgültig zu gewinnen, waren beide General st abschefs am 12.Mai in Pleß übereingekommen, Sofia davon in Kenntnis zu setzen, daß sie bei der Gunst der Lage in Galizien und dem zur Zeit günstigen Wafferstände der Donau bereit wären, unverzüglich den Feldzug gegen Serbien vorzubereiten; Einvernehmen über die militärische Mitwirkung Bulgariens fei dafür jedoch Vorbedingung. Der bulgarischen Regierung wurde daher durch den deutschen Staatssekretär des Äußeren, von Iagow, der Vorschlag übermittelt, sofort einen bevollmächtigten hohen Offizier zum Abschluß einer Militärkonvention in das deutsche Große Hauptquartier zu entsenden, wohin auch Bevollmächtigte Osterreich-Angarns und der Türkei eingeladen werden sollten. Die Antwort auf dieses Angebot ließ jedoch angesichts der drohenden Entwicklung der Dinge in Rom auf sich warten. Tatsächlich wollte Bulgarien feine Entschließung von der Klärung der allgemeinen Lage abhängig machen.
Inzwischen hatte General von Conrad am 14.Mai in einer nach Pleß gesandten Denkschrift vorgeschlagen, wenn der Eintritt Italiens in den Krieg Tatsache würde, in Galizien nach Erreichen der Dniester—San-Linie zur Abwehr überzugehen, mit den sreiwerdenden Kräften aber — er rechnete mit zehn ö.-u. und zehn deutschen Divisionen — die Italiener anzugreifen; er glaubte, bei Beteiligung genügender deutscher und bulgarischer Kräfte daneben gleichzeitig auch den Feldzug gegen Serbien durchführen zu können.
Diesem Vorschlage vermochte jedoch General vonFalkenhayn nur hinsichtlich der Abwehr in Galizien zuzustimmen, weil er angesichts der bedrängten Lage der Türken in erster Linie einen Waffenerfolg aus dem Balkan für notwendig hielt. Cr plante daher, zunächst Serbien anzugreifen und währenddessen gegenüber Italien in der Verteidigung zu bleiben.
H Band VII, S. 364/365.
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Die Lage der Mittelmächte im Mai 1915.
17. Mai.
Am 16. Mai machte er folgenden Gegenvorschlag: In Galizien sollten außer der deutschen 11. Armee 17 bis 18 ö.-u. und sieben deutsche Divisionen — im ganzen etwa 35 Divisionen — für die Operationen gegen Serbien und Italien freigemacht werden. Der Angriff gegen Serbien sei sofort vorzubereiten. Gegen Italien solle Österreich-Ungarn mit etwa 16 Divisionen die Deckung in Kärnten, Krain und dem Küstenlande übernehmen. In Tirol war General von Falkenhayn bereit, dieselbe Aufgabe deutschen Truppen zu übertragen. Die jetzt dort befindlichen ö.-u. Verbände und Befestigungen wären dazu deutschem Befehl zu unterstellen. Wieviel deutsche Kräfte in Tirol einzusetzen wären, darüber könne jetzt eine Entscheidung noch nicht gefällt werden; jedenfalls würden sie so bemessen werden, daß sie ein Vordringen der Italiener in das Tiroler Land sicher verhinderten.
In seiner Antwort vom nächsten Tage blieb General von Conrad dabei, daß im ganzen nur 20 Divisionen aus der galizischen Front herausgezogen werden könnten; diese beabsichtigte er, geschlossen gegen die Italiener einzusehen, um ihre voraussichtlich in der allgemeinenRichtung über Villach und Laibach gegen die Donau-Strecke Wien—Budapest vorbringenden 30 Divisionen zu schlagen. Die Verteidigung Tirols aber wolle er nicht aus der Hand geben; sie siele den dortigen ö.-u. und etwa verfügbaren deutschen Kräften unter ö.-u. Oberbefehl zu. Die Sicherung gegen Serbien und nötigenfalls gegen Rumänien sei Sache der ö.-u. Valkan-Streitkräfte.
Diesen Ausführungen gegenüber wiederholte General vonFalken-h a y n seinen Operationsvorschlag, bemaß jedoch die in Galizien freizumachenden Kräfte nur noch auf 29 Divisionen. Unter Hinzurechnung der ö.-u. Balkan-Armee mit 20 Divisionen*) glaubte er also, 49 Divisionen gegen Serbien und Italien verwenden zu können. „Auf die Frage, wie sie einzusehen sind", — so schrieb er noch am 17. Mai — „möchte ich nicht eingehen, bevor ich nicht die Antwort Bulgariens erhalten habe2),
1) Die Auffassung, daß Österreich-Ungarn an der serbischen Grenze über 20 Divi-fionen verfüge, erklärte sich dadurch, daß General von Falkenhayn durch eine Äußerung des Generals von Conrad erfahren hatte, daß die ö.-u. Balkan-Armee rund 240 000 Mann stark sei. Diese Kräfte rechnete er in 20 Divisionen um. General von Conrad stellte aber dieser Annahme gegenüber fest, daß die Mehrzahl der an der serbischen Grenze stehenden Verbände aus Landsturmformationen bestände. Die vollwertige Kampftruppe sei nur 80 000 Gewehre stark. Immerhin erwähnt auch das österreichische amtliche Kriegswerk (Band II, S. 277 und 348), daß den Valkan-Streitkrästen zu An-fang des Jahres 1915 die Rolle zugefallen sei, als „große Kraftreserve" für das ö.-u. Nordheer und später als „Reservearmee für die Errichtung einer Front gegen Italien" zu dienen.
2) S. 5.
Gegensätze in den Ansichten über die Führung der Operationen gegen Italien. 7
was hoffentlich morgen oder übermorgen der Fall sein wird. Jedenfalls kann man aber heute schon sagen, daß es möglich sein würde, entweder mit neun Divisionen Serbien in Schach zu halten und mit 40 gegen Italien zu schlagen, oder mit 31% Divisionen einen kurzen Schlag gegen Serbien zu führen, der möglicherweise Bulgarien sowie die Türkei und damit Rumänien fest an uns binden wird, und mit 17% Divisionen den italienischen Vormarsch zum mindesten sehr empfindlich aufzuhalten, bis die serbische Sache erledigt wäre."
Eine Einigung in der Hauptfrage wurde nicht erreicht. Während General vonConrad seine Ansicht, „alle verfügbar zu machenden Kräfte vorerst ausschließlich gegen Italien zu verwenden", aufrechterhielt und einen Feldzug auf dem Balkan für „augenblicklich noch nicht durchführbar" ansah1), wollte General von Falkenhayn sich seine Stellungnahme zu der Frage, ob zunächst der Angriff gegen Serbien oder gegen Italien durchzuführen sei, noch vorbehalten.
Erst durch mündliche Aussprache in Teschen wurde noch am 18. Mai ein gewisser Ausgleich der beiderseitigen Anschauungen erreicht: Fünf Divisionen der ö.-u. 5. (Balkan-) Armee sollten unverzüglich in den Raum westlich von Agram gefahren werden, wo sie am 5. Juni versammelt sein konnten. An der serbischen Grenze hatten außer Grenzsicherungen und Festungsbesatzungen nur zwei Divisionen zu verbleiben, deren sofortige Verstärkung durch drei deutsche Divisionen aus Galizien in Aussicht genommen wurde. Ferner sollten am 21. Mai das ö.-u. VII. Korps nach Klagenfurth sowie zwei deutsche und eine ö.-u. Division nach Marburg—Pettau befördert werden. Letztere drei hatten mit den fünf Divisionen der bisherigen Balkan-Armee zur neuzubildenden 5. Armee unter den Befehl des Generals von Voroevic zu treten. Ein neu aufzustellender deutscher Verband, das „Alpenkorps^)", sollte in Tirol dem Landesverteidigungskommandanten, General der Kavallerie Dankl, unterstellt und das Oberkommando an der gesamten italienischen Front dem General der Kavallerie Erzherzog Eugen übertragen werden.
Trotz dieser Beschlüsse, die nur die augenblicklich dringend notwendigen Maßnahmen betrafen, trat der deutsche General st abschef dafür ein, zunächst einen zeitlich und räumlich begrenzten Vorstoß gegen Serbien zu führen. Die dabei eingesetzten Kräfte wollte er später zu dem geplanten Schlage gegen Italien verwenden.
Wie sehr bei General von Falkenhayn der Feldzug gegen Serbien im
18. Mai.
!) Schreiben vom 18. Mai 1915 an den deutschen Generalstabschef. 2) Über Zusammensetzung des „Alpenkorps" vgl. S. 18.
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Die Lage der Mittelmächte im Mai 1915.
Vordergrund aller Überlegungen stand, ging daraus hervor, daß er sich auch
IS. Mai. am 19. Mai wieder bemühte, die Voraussetzungen für dessen Durchführung zu schaffen. Durch den Vertreter des Auswärtigen Amtes im Großen Hauptquartier, Gesandten von Treutler, forderte er weitere diplomatische Schritte in Sofia, um endlich von dort eine klare Antwort auf die Anftage vom 12. Mai1) über die Mitwirkung Bulgariens zu erhalten. Zn einem am gleichen Tage nach Teschen gerichteten Schreiben betonte er: „Daß die serbische Sache vor dem Wirksamwerden der italienischen Offensive erledigt werden kann, halte ich für sicher. Die Italiener werden nach allen meinen Nachrichten nicht vor Anfang Juni mit ihren Mafien antreten und haben nach Euer Exzellenz persönlicher Angabe mindestens vier Wochen zu marschieren und zu kämpfen, bevor sie wirklich bedrohlich werden können. Vor Ansang Juli ist das also nicht der Fall. Vis dahin kann die serbische Frage aber sehr wohl entschieden werden."
Da traten Creignifie ein, die die Entschließungen der beiden Generalstabschefs grundlegend beeinflußten: Am Abend des 19. Mai wurde über Teschen bekannt, daß Bulgarien die Teilnahme an einem Feldzug gegen Serbien abgelehnt habe; ferner wurde der ö.-u. Heeresleitung aus Wien mitgeteilt, daß die Kriegserklärung Italiens spätestens innerhalb von 24 Stunden zu erwarten sei. General von Conrad schrieb nunmehr nach Pleß, er sei davon überzeugt, daß „wir jetzt gemeinsam m i t aller Kraft dem neuen, sicheren Feinde die Stirne bieten müfien und diese Aktion nicht durch ein Unternehmen lähmen dürfen, welches auf das mögliche künftige Eingreifen eines unsicheren Dritten für uns (Bulgarien) und gegen uns (Rumänien) aufgebaut ist".
Am gleichen Tage aber, am 19. Mai, waren im deutschen Großen Haupt-quartier Meldungen über außerordentlich schwere russische Angriffe gegen die 11. Armee eingelaufen. Sie ließen es General von Falkenhayn im Zusammenhange mit der Absage Bulgariens doch ratsam erscheinen, den Schwerpunkt der Kriegführung vorläufig an der russischen Front zu belasten und den Kampf sowohl gegen Serbien als auch gegen Italien zunächst defensiv zu führen.
A. Mai. Er richtete daher am 20. Mai das dringende Ersuchen nach Teschen, außer den fünf Divisionen der Balkan-Armee, dem ö.-u. VII. Korps sowie dem deutschen „Alpenkorps" unter keinen Umständen weitere Kräfte gegen Italien zu verschieben; was jetzt noch in Polen und Galizien stände, werde gebraucht, um den Mittelmächten „die Nussengefahr endgültig vom Leibe zu schaffen". Die Abbeförderung dürfe erst beginnen, wenn das nächste
0 S. 5.
Einigung der Mittelmächte über die Führung des Mehrfrontenkrieges.
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Ziel, „das endgültige Niederwerfen der russischen Offensivkraft in Galizien", erreicht sei.
tim für spätere Entschlüsse klarer zu sehen, bat General von Falken-Hayn am gleichen Tage aber doch um Auskunft, wie die ö.-u. Heeresleitung den Schlag gegen Italien im einzelnen zu führen gedächte. Er erwähnte dabei, daß seiner Schätzung nach „der Beginn der Entscheidungskämpfe kaum vor Ablauf von etwa sieben Wochen von heute ab denkbar" wäre, und zwar östlich der Linie Graz—Marburg—Agram. Aus der sofort erteilten Antwort ergab sich, daß General von Conrad mit einem Vorgehen der Italiener in zwei Richtungen rechnete, über Laibach—Marburg gegen die Donau-Strecke Budapest—Raab und über Villach—Leoben auf Wien. Den rechten italienischen Flügel gedachte er umfassend anzugreifen und zu schlagen, während der feindliche linke Flügel durch den Grenzschutz und die in Kärnten zu versammelnden Truppen aufgehalten würde. Der Angriff sollte durch die 5. Armee geführt werden, die zunächst mit fünf Divisionen westlich von Agram, mit drei Divisionen bei Marburg versammelt werden sollte. „Ich erwarte", so betonte General von Conrad, „den Einbruch starker italienischer Kräfte über die Grenze unmittelbar nach der Kriegserklärung, also vermutlich am 23. oder 24. Mai, und muß mit dem Zurücklegen der 200 Kilometer langen Strecke von der Grenze bis Marburg—Agram im Verlaufe von drei, höchstens vier Wochen rechnen, also bis etwa 14., höchstens 20. Juni... Ich bin mir aber darüber im klaren, daß die acht Divisionen für den Schlag viel zu schwach sind und daß alles daran gesetzt werden muß, ihnen weitere Kräfte unmittelbar folgen zu lassen. In der Zeit bis 20. Juni könnten bei voller Ausnutzung der Bahnen etwa 20 Divisionen in dem Raum Graz—Marburg und westlich Agram versammelt sein, welche mir für den Cntscheidungskampf als das notwendige Mindestmaß erscheinen ..."
Diesen Überlegungen vermochte sich General »onFalkett Hayn indessen nicht anzuschließen. Angesichts der Lage in Galizien war keineswegs mit Sicherheit darauf zu rechnen, daß in absehbarer Zeit 20 Divisionen für den von General von Conrad geplanten Schlag gegen Italien zur Verfügung standen. Unter diesen Umständen drang er darauf, die verfügbaren Kräfte an der Grenze zur Abwehr einzusetzen, und begab sich am Nachmittage des 21. Mai zu neuem Gedankenaustausch nach Teschen. In eingehender Aussprache wurde eine Verständigung erzielt. Beide Generalstabschefs waren sich nunmehr darin einig, zuerst die Operation in Galizien zum Abschluß zu bringen. Da sich nicht absehen ließ, wann das der Fall sein würde, kam vorläufig die geplante Entsendung von je drei Divisionen nach Marburg und an die ser-
21. Mai.
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Die Lage der Mittelmächte im Mai 1915.
bische Grenze nicht in Frage. Bei der Aussprache ergab sich ferner, daß General vonFalkenhayndie Lage auf diesen beiden Kriegsschauplätzen sehr viel günstiger beurteilte als die ö.-u. Heeresleitung. Er glaubte an keine Offensive der Serben und schätzte die Offensivkraft der Italiener gering ein; deren Eintreffen in der Linie Marburg—Agram erwartete er — wie erwähnt — wesentlich später als General von Conrad. Da vorerst mit weiteren Verstärkungen nicht zu rechnen war, hielt er den Einsah der vom Balkan im Antransport befindlichen fünf ö.-u. Divisionen in vorder-st er Linie an der Grenze für dringend geboten, um in reiner Abwehr die Italiener am Isonzo aufzuhalten. Cs gelang ihm, General von Conrad trotz dessen nachdrücklicher Einwände und Bedenken für diesen Plan zu gewinnen. Das langsame Fortschreiten der Angriffsoperation in Galizien mochte auch den österreichisch-ungarischen Generalstabschef überzeugt haben, daß mit einem baldigen Freiwerden der dortigen Kräfte für einen Schlag gegen Italien nicht mehr zu rechnen sei. In diesem Sinne erging am 22. Mai folgendes Fernschreiben nach Pleß: „Der momentan verringerten Truppenstärke gegen Italien entsprechend habe ich nach eingehender Erwägung aller Verhältnisse beschloßen, gegen Italien vorläufig ein verteidigungsweises Verfahren zu beobachten und hierzu die Versammlung des vom Balkan-Kriegsschauplatz heranbefohlenen Gros der 5. Armee sowie der nach Kärnten anrollenden Kräfte möglichst weit vorwärts, also die ersten Ausladungen an den Isonzo und nach Villach zu verlegen."
Nach mehrtägigem Widerstreit der Meinungen war somit in letzter Stunde, am 21. Mai, die Grundlage für das Verhalten in den kommenden Kämpfen mit Italien geschaffen, gleichzeitig aber auch Klarheit gewonnen worden über die Frage der Weiterführung des Mehrftontenkrieges: Fortsetzung der Offensive der Verbündeten an der gali-zischen Front, Defensive auf allen übrigen Kriegsschauplätzen.
Am 23. Mai, um 315 nachmittags, erklärte Italien an Österreich-Ungarn den Krieg, nicht aber an Deutschland. Die deutsche Reichsleitung beschränkte sich auf den Abbruch der diplomatischen Beziehungen; indessen konnte die italienische Regierung nicht im Zweifel darüber sein, daß Italien bei seinem Einbruch in die Donau-Monarchie auch auf reichsdeutsche Truppen stoßen würde. Hatte doch bereits Mitte Januar 1915 Fürst Vülow dem italienischen Minister des Äußeren, Baron Son-nino, mitgeteilt, daß im Falle eines Krieges zwischen Italien und Österreich-
Italien erklärt Österreich-Ungarn den Krieg.
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Angarn „Deutschland mit ganzer Kraft" an der Seite seines Bundesgenossen zu finden sein werde*). Wenn Deutschland sich jetzt lediglich auf den Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit Italien beschränkte, so sprach hierbei neben dem Wunsch, sich, wenn irgend möglich, die Zufuhr von Rohstoffen über die italienische Grenze zu erhalten, vor allem die Rücksicht auf das Verhältnis zu Rumänien mit. Die von dort vorliegenden Nachrichten ließen zur Zeit zwar keine unmittelbare Gefahr erwarten, doch hatte der Ministerpräsident Vratianu dem deutschen Gesandten in Bukarest, Freiherrn von dem Bussche, noch am 21.Mai gesagt, die Aufrechterhaltung der Neutralität werde ihm erleichtert, wenn nicht Deutschland, sondern Italien den Krieg erkläre. Wie im übrigen der Reichskanzler auf eine Anfrage des Generals von Falkenhayn vom 21. Mai mitteilen ließ, hatte König Ferdinand dem deutschen Gesandten auf das bestimmteste versichert, Rumänien habe keinerlei Abmachungen mit Italien getroffen, „so daß Losgehen Italiens nicht Eintritt Rumäniens zur Folge haben" werde. Obgleich die Lage wegen zunehmenden Drängens der Entente schwierig würde, hoffe der König doch, die Neutralität weiter halten zu können. „Dagegen scheint Vratianu", so führte der Reichskanzler weiter aus, „hinter dem Rücken des Königs Verhandlungen mit Rußland zu führen2), die er allerdings abstreitet. Ob dieselben zum Ergebnis führen, läßt sich nicht übersehen. Unsere Siege in den Karpaten haben in Rumänien starken Eindruck gemacht. Hierdurch dürfte zunächst mit Eintritt Rumäniens in Krieg nicht zu rechnen sein, doch ist für später diese Eventualität keineswegs ausgeschlossen. Ein Mitgehen mit uns hält Veldiman^) für ausgeschloffen, solange nicht innere Ministerkrise in Bukarest eintritt, wofür zur Zeit noch keine Aussicht vorhanden. Jedenfalls würde eine Aktion gegen Serbien eine weitere Garantie bedeuten, daß Rumänien ruhig bleibt." So schien die Lage in Bukarest zur Zeit entspannt. Der deutsche Generalstabsches bemühte sich daher von neuem, den Weg durch Rumänien für Munitionstransporte nach der Türkei zu erschließen. Erfolg war ihm aber auch jetzt nicht beschieden.
Aus Griechenland lagen zur Zeit beruhigende Nachrichten vor.
*) Telegramm des Fürsten Bülow vom 18. Januar 1915 an das Auswärtige Amt.
2) Solche Verhandlungen haben tatsächlich stattgefunden. Angesichts der sehr hohen Forderungen Vratianus wurde Sasonow jedoch mißtrauisch und glaubte, daß seitens Rumäniens absichtlich unannehmbare Forderungen gestellt würden, um ein Abkommen mit Rußland zu vermeiden und „dem Kriege auszuweichen". Grundsätzlich war der rumänischen Regierung das Recht, die von Rumänen bewohnten Gebiete der Donau-Monarchie zu besehen, schon im Herbst 1914 von Rußland zuerkannt worden. Vgl. „Das zaristische Rußland im Weltkriege" (herausgegeben von der Zentralstelle für Erforschung der Kriegsursachen) S. 178/179, 185, 207—210.
3) Rumänischer Gesandter in Berlin.
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Die Lage der Mittelmächte im Mai 1915.
Die Kämpfe der Türken auf der Halbinsel GallipoliH gaben trotz mehrfacher ernster Krisen keinen Anlaß zu unmittelbaren Besorgnissen. Von den 52 Divisionen des türkischen Heeres waren elf an den Dardanellen eingesetzt. Gegen ihre zähe Verteidigung vermochten die gelandeten 65 000 Franzosen und Engländer keine weiteren Fortschritte zu erzielen. Immerhin mußte angenommen werden, daß der schließliche Ausgang des Ringens nicht zuletzt vom ungehinderten Zuflusse deutschen Kriegsmaterials abhing. Doch gewann General von Falkenhayn aus den aus Konstantinopel vorliegenden Meldungen gegen Ende des Monats Mai den Eindruck, daß es dem Osmanischen Reiche gelingen werde, die Lage an den Meerengen zunächst noch weiter aus eigener Kraft zu halten; ein Hinausschieben der Offensive gegen Serbien konnte deshalb auch vom Standpunkt der Lage an den Dardanellen verantwortet werden.
In der Frage der Kriegserklärung an Italien nahm die Türkei die gleiche Haltung wie Deutschland ein; der Kriegszustand mußte, wenn möglich, so lange vermieden werden, als die politische Lage auf dem Balkan noch ungeklärt war.
Bei dieser Entwicklung der Dinge blieb die Kriegserklärung Italiens zunächst ohne entscheidenden Einfluß auf die militärische Lage der Mittelmächte. Sogleich aber drohten sich die w i r t s ch a f t l i ch e n Folgen, die Italiens Kriegseintritt für die Mittelmächte hatte, fühlbar zu machen; vor allem war es unsicher, ob es gelingen werde, weiterhin die Zufuhr über die italienische Grenze zu erhalten.
2. Die Verschärfung der tt?trtfd)afrltd>en Lage der Mittelmächte und der Unterseeboots-Handelskrieg.
Bei der Versorgung mit ausländischen R o h st o f f e n hatte Italien bisher eine wichtige Rolle gespielt. Ein erheblicher Teil der amerikanischen Baumwolle war, seitdem England die Nordsee zum Kriegsgebiet erklärt hotte2), über Genua eingeführt worden. Schwierigkeiten, die Italien anfänglich dieser Durchfuhr bereitete, waren durch Vorstellungen der Vereinigten Staaten behoben worden. Seit der Kriegserklärung an Österreich-Ungarn unterband Italien jedoch auch den Durch- und Ausfuhrhandel nach Deutschland. Die deutsche Volkswirtschaft war nunmehr in der Versorgung mit Rohstoffen, abgesehen von den im einzelnen zwar bedeutungsvollen, insgesamt aber doch geringen Zufuhren aus den angren-
i) Band VII, S. 364/365. — -) Band VI, S. 425 f.
Die wirtschaftlichen Folgen des Eintritts Italiens in den Krieg.
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zenden neutralen Ländern, so gut wie ganz auf eigene (Erzeugnisse und auf vorhandene Vorräte angewiesen. Dieser überaus schwierigen Lage hatte die Heeresverwaltung inzwischen in weiterer Durchführung der bereits früher getroffenen Maßnahmen*) Rechnung zu tragen gesucht. Unter Leitung des Majors Koeth, der im Frühjahr 1915 als Nachfolger des auf eigenen Wunsch zurücktretenden Dr. Walter Rathenau an die Spitze der Kriegsrohstoffabteilung des Preußischen Kriegsministeriums berufen worden war, sollte die behördliche Bewirtschaftung der kriegswichtigen Rohstoffe planmäßig und für lange Kriegsdauer ausgebaut werden. Auf Grund der bisherigen Erfahrungen nahm die Rohstoffabteilung eine klare Scheidung zwischen den Bedürfnissen des Heeres und der Heimat vor und suchte den Bedarf der Bevölkerung mehr und mehr auf das unbedingt notwendige Maß einzuschränken. Sorgfältige Erfassung der inländischen und der in den besetzten Gebieten vorgefundenen Vorräte, planmäßiger Ausbau der vorhandenen und Erschließung neuer Crzeugungs-quellen, vor allem aber straff geregelte Verteilung der Rohstoffmengen nach der Wichtigkeit des Bedarfes sollten dazu dienen, den fortgesetzt steigenden Anforderungen zu genügen, die Bewaffnung und Ausrüstung des Heeres stellten. Als Ersatz fehlender natürlicher Rohstoffe mußten vielfach künstliche Stoffe treten, um deren Herstellung sich deutscher Erfindergeist und deutsche Wissenschaft große Verdienste erwarben').
Auch die Ernährung des Heeres und der Heimat erfuhr durch den Eintritt Italiens in den Krieg eine weitere Einschränkung. Einige Rahrungs- und Futtermittel, die geeignet gewesen waren, andere in der Heimat knappe Nährstoffe zu ersetzen und die bisher aus Italien eingeführt wurden, fielen nunmehr aus. Die Sperrung der italienischen Grenze wurde um so härter empfunden, als es bereits im Winter des Jahres 1914/15 notwendig geworden war, die wichtigsten Nahrungsmittel staatlicher Verwaltung zu unterstellen; vor allem hatte die zentrale Bewirtschaftung des Brotgetreides die Öffentlichkeit an den ganzen Ern st der Lage gemahnt und Maßnahmen veranlaßt, die alle Vevölkerungskreise in fühlbare Mitleidenschaft zogen.
Die Sperre der Uberseezufuhr hatte ferner bereits zu ernstem Mangel an Futtermitteln geführt; infolgedessen fanden große Mengen von Brotgetreide und Kartoffeln zur Viehfütterung Verwendung. Da Fütterungsverbote nicht ausreichten, hatte die Reichsleitung Schweineschlachtungen in großem Umfange anordnen müssen, die bis in den Mai dauerten. Um Kartoffelmangel im Sommer zu verhindern, der gerade
*) Band VI, S. 430. — 2) Näheres in dem später erscheinenden Band II der Sonderreihe „Kriegsrüstung und Kriegswirtschaft".
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Die Lage der Mittelmächte im Mai 1915.
die ärmsten Vevölkerungsteile in Not versetzen mußte, waren von einer
besonders errichteten Reichsstelle alle verfügbaren Kartoffeln aufgekauft
worden. Daneben machte sich ernstliche Knappheit an Hafer fühlbar, die zu Beschlagnahmungen zugunsten der Heeresverwaltung zwang. Als der Hafermangel sich weiter verschärfte, mußte auch die Gerste beschlagnahmt werden. Endlich hatte der Mangel an Zucker zur zentralen Verteilung des Rohzuckers geführt. Darüber hinaus aber mußte damit gerechnet werden, daß noch weitere Eingriffe in das freie Wirtschaftsleben
notwendig sein würden, um die Versorgung des Heeres und der Bevölkerung sicherzustellen. Die Zuschüsse aus den von deutschen Truppen b e -setzten landwirtschaftlichen Gebieten hatten bisher die Ernährung des Heeres erleichtert, und der eingeleitete planmäßige Anbau der Felder in Feindesland versprach bei der kommenden Ernte weitere Hilfe für das Heer, konnte jedoch die Heimat kaum wirksam entlasten.
Auch in der Donau-Monarchie waren zuerst im Oktober 1914 Crnährungsschwierigkeiten entstanden, die eine Schwächung der Kampfkraft des Verbündeten zur Folge hatten. Vbr dem Kriege bildeten Österreich und Ungarn eine Zolleinheit, bei der die agrarische Überproduktion Ungarns die in Österreich fehlenden Mengen an wichtigsten Lebens- und Futtermitteln fast deckte. Im Kriege aber wurde auch die wirtschaftliche Lage Ungarns schwieriger. Als daher die ungarische Regierung zu Beginn des Jahres 1915 zur Beschlagnahme von Getreide, Mehl und Mais griff, während Österreichs wichtigste Agrargebiete Galizien und die Bukowina als Kriegsgebiete ausfielen, sah sich Österreich zu ähnlichen Maßnahmen wie Deutschland gezwungen. In langwierigen Verhandlungen wurde versucht, Zuschüsse an Lebensmitteln aus Ungarn auch weiterhin zu erhalten und bei der Versorgung des gemeinsamen Heeres die österreichische Wirtschaft zu entlasten. Trotzdem flössen die Zufuhren aus Ungarn immer spärlicher. Jedenfalls blieb die Crnährungslage Österreichs ein Gegenstand dauernder ernster Sorgen.
Angesichts dieser Sachlage war es ein fühlbarer Schlag für das gesamte Wirtschaftsleben der Mittelmächte, als sich durch den Eintritt Italiens in den Krieg eine der wenigen, noch vorhandenen Cinfuhrpforten schloß. Dieser Rachteil fiel um so schwerer ins Gewicht, als sich die wirtschaftliche Gesamtlage Deutschlands, vor allem durch die nun bereits fast zehn Monate währende Unterbindung der Zufuhr über die Nordsee gerade in jenen Wochen außerordentlich schwierig gestaltet hatte. Eine weitere wesentliche Verschärfung der wirtschaftlichen Lage Deutschlands hatte in dieser Zeit die Eröffnung des Unterseeboots-Handelskrieges zur Folge')._______________________________
i) Band VI, S. 425/426.
Deutschland eröffnet den Unterseeboots-Handels krieg.
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Anmittelbar nach Ausbruch des Weltkrieges hatte die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika den kriegführenden Mächten vorgeschlagen, sich zwecks völkerrechtlicher Regelung des Seehandelskrieges4) auf die Innehaltung der seinerzeit von den Seemächten einstimmig angenommenen, aber noch nicht ratifizierten Londoner Seekriegsrechtserklärung vom 26. Februar 19092) zu verpflichten. Während die deutsche Reichsleitung dem Vorschlage der amerikanischen Regierung ohne weiteres zugestimmt hatte, war er von den Feindmächten abgelehnt worden. Der Grund hierfür wurde in den dem Kriegsausbruch folgenden Monaten deutlich erkennbar, als England und Frankreich umfassende Maßnahmen zur Abschnürung und Aushungerung Deutschlands trafen. Als Mittel dienten ihnen insbesondere eine willkürliche, im Widerspruch zur Londoner Erklärung stehende Handhabung des Kriegskonterbanderechts sowie die alle bisherigen völkerrechtlichen Gepflogenheiten außer acht lastende Ausdehnung des Rechtes zur Durchsuchung und Beschlagnahme neutraler Schiffe. Eine besondere Verschärfung erfuhren die auf Abschließung Deutschlands hinzielenden Maßnahmen durch die Bekanntmachung der britischen Admiralität vom 2.November 1914, in der die ganze Nordsee als Kriegsgebiet erklärt worden war3). Damit wurde der neutrale Handel nach Deutschland in sehr starkem Maße gelähmt.
Angesichts der Gefahren, die sich hieraus für die Gesamtkriegführung der Mittelmächte ergaben, unterbreitete der Chef des deutschen Admiralstabes, Admiral v o n P o h l, dem Reichskanzler am 7. November den Vorschlag, als Gegenmaßnahme die Blockade durch Anterseeboote über das britische Inselreich sowie über die Nord- und Westküste Frankreichs zu verhängen4). Der Gedanke, die Anterseeboote zum Handelskriege zu verwenden, war von den leitenden Stellen der deutschen Marine vor dem Kriege in keiner Weise in Erwägung gezogen worden. Aber schon in den ersten Kriegsmonaten und in verstärktem Maße nach den ersten Anterseeboots-erfolgen kam aus der Anterseebootsftont die Anregung, daß die wirksamste Art der Ausnutzung dieser Waffe ihr Einsatz gegen den feindlichen Handel sein müßte. Dabei herrschte von Anfang an die Ansicht'vor, daß es den Anterseebooten bei der zu erwartenden feindlichen Bewachung auf den Schiffahrtswegen nicht möglich wäre, die Formen des Kreuzerkrieges zu beobachten, d. h. bei aufgetauchtem Anterseeboot die feind-
4) Die sonstigen Vorgänge des Seekrieges während des Jahres 1915 gelangen erst im Band IX einheitlich zur Darstellung.
2) „Kriegsrüstung und Kriegswirtschaft", Band I, S. 315 ff.
3) Band VI, S. 425.
4) Band VI, S. 425/26.
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Die Lage der Mittelmächte im Mai 1915.
lichen Handelsschiffe anzuhalten und auf Nationalität und Ladung zu untersuchen. Als Vorbedingung für einen Handelskrieg mit Unterseebooten wurde vielmehr die Ermächtigung angesehen, feindliche Handelsschiffe durch Torpedoschuß des getauchten Unterseebootes ohne Warnung versenken zu dürfen. Die sichere Unterscheidung neutraler Schiffe von feindlichen, die man ursprünglich für möglich erachtete, wurde allerdings in Frage gestellt, als Ende Januar 1915 den englischen Kauffahrteischiffen amtlich empfohlen wurde, zur Täuschung der deutschen Unterseeboote eine neutrale Flagge zu führen. Jedoch hoffte der deutsche Admiralstab, der Schwierigkeiten allmählich dadurch Herr zu werden, daß die neutrale Schiffahrt sich bei uneingeschränkter Durchführung des Unterseeboots-Krieges, der deutscherseits vor allem als Gegenmaßnahme gegen die Verletzung des Konterbande- und Blockaderechtes durch England geplant war, von dem Befahren der Gewäffer um England immer mehr abhalten lasten würde. Versprach sich doch die Marine von der Abschreckung der Schiffahrt die Hauptwirkung des Unterseeboots-Handelskrieges. Der Gedanke, auf diese Art den Handelskrieg zu führen, begegnete aber Bedenken bei der Reichsleitung, die Verwicklungen mit neutralen Mächten, insbesondere mit den Vereinigten Staaten von Amerika befürchtete. Bei diesen Meinungsverschiedenheiten beobachtete der Chef des General st abes Zurückhaltung. Cr begnügte sich damit, das Interesse der Landkriegführung an der Verhinderung des feindlichen Kanalverkehrs zu betonen. Der Meinungsaustausch zwischen der Marine und der Reichsleitung über die mit dem Unterseeboots-Handelskrieg verknüpften politischen und völkerrechtlichen Fragen zog sich bis Ende Januar 1915 hin. Erst am 1. Februar erklärte sich der Reichskanzler in einer Unterredung, an der auch der Chef des Generalstabes des Feldheeres teilnahm, bereit, seine Bedenken zurückzustellen und der Forderung des Chefs des Admiralstabes nachzugeben. Am 4. Februar erteilte der Kaiser nach Vortrag des Admirals von Pohl seine Zustimmung zum Untersee. boots-Handelskrieg. Durch eine Bekanntmachung des Chefs des Admiralstabes wurden als „Gegenmaßnahme gegen die völkerrechtswidrigen Maßnahmen zur Unterbindung des neutralen Seehandels mit Deutschland" die Gewässer um Großbritannien als Kriegsgebiet erklärt. Mit einer Zahl von 22 frontbereiten Unterseebooten wurde der Unterseeboots-Handelskrieg eröffnet1).
Einsprüche neutraler Mächte, insbesondere der Skandinavischen Länder, der Niederlande und der Vereinigten Staaten von Amerika, gegen die
i) Näheres über die Vorgeschichte des Unterseeboots - Handelskrieges vgl. Marine-Archiv „Der Handelskrieg mit U-Vooten", Band I.
Der Unterseeboots.Handelskrieg im Sommer 1915.
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Vlockademaßnahmen der Entente und die deutschen Gegenmaßnahmen blieben zunächst im wesentlichen ergebnislos. Ein Vermittlungsvorschlag der amerikanischen Regierung vom Februar, wonach beide Kriegsparteien von den neuen Methoden des Seehandelskrieges Abstand nehmen, Deutschland also den Unterseeboots-Handelskrieg aufgeben, die Feindmächte dafür seine Lebensmittelversorgung zulassen sollten, fand bei der deutschen Reichsleitung Zustimmung, bei England indessen Ablehnung.
Die englischeRegierung antwortete auf die deutsche Erklärung des Unterseeboots-Handelskrieges am 11. März 1915 durch weitere Verschärfung ihrer Blockademaßnahmen. Sie bewegten sich, unter völliger Richtachtung des Rechtes und der Interessen der neutralen Länder, vor allem in der Richtung der verschärften Unterbindung des deutschen Warenverkehrs durch die Deutschland benachbarten Staaten, Holland und die Nordischen Länder. Deutschland sollte wie eine belagerte Festung vollständig von der Welt abgeschnitten werden, um nicht nur seine Streitmacht, sondern die gesamte Bevölkerung durch Aushungerung tödlich zu treffen.
So nahm der Unterseeboots-Handelskrieg seinen Fortgang. Anläßlich der Versenkung des englischen Passagierdampfers „Lusitania" am 7. Mai, wobei eine Anzahl amerikanischer Staatsangehöriger ihr Leben verlor, kam es zu ernsten diplomatischen Auseinandersetzungen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten. Die amerikanische Regierung erhob scharfen Einspruch und stellte für die Zukunft die Forderung, daß Versenkungen erst nach vorausgegangener Anhaltung und Durchsuchung der Schiffe unter Beachtung aller gebräuchlichen Vorkehrungsmaßnahmen zur Sicherung der Passagiere vorgenommen werden dürften. Diesem Verlangen glaubte der deutsche Admiralstab jedoch nicht nachgeben zu können, ohne die Wirkung der Unterseeboote gegenüber der inzwischen immer größer werdenden Zahl bewaffneter feindlicher Dampfer in Frage zu stellen.
Die Reichsleitung versuchte dadurch einen Ausgleich zwischen den widerstrebenden Interessen der Politik und der Seekriegführung herbeizuführen, daß den Unterseebooten für die Versenkung feindlicher Passagierdampfer Beschränkungen auferlegt und warnungslose Versenkungen nur noch für feindliche Handelsschiffe zugelassen wurden.
Der Chef des Generalstabes des Feldheeres schloß sich dieser Auffassung an, indem er dem Kaiser gegenüber am Mai 1915 in einem Vortrage den Standpunkt vertrat, die Vöeitersührung des Unterseeboots-Handelskrieges sei davon abhängig zu machen, daß die Gefahr eines Krieges mit den Vereinigten Staaten unter allen Umständen vermieden werde. Zu einer solchen Stellungnahme bestimmte ihn auch die Rücksicht
t Weltkrieg. VIII. Band. 2
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Die Lage der Mittelmächte im Mai 1915.
auf den immer noch erhofften Anschluß Bulgariens an die Mittelmächte, der bei einem Eintritt der Vereinigten Staaten in den Krieg in Frage gestellt schien.
Z. Die Mannschaftsersatz- und Munmonslage bis Ende 194 5 X
Entsprechend den Forderungen des Generals von Falkenhayn nach Bereitstellung neuer Kampfreserven blieb die Heeresverwaltung, soweit es die Ersatzlage und der Stand der Rüstungsfertigung irgendwie zuließen, auch weiterhin bemüht, neue Verbände2) zu schaffen.
Fm Frühsommer 1915, unmittelbar nach der Kriegserklärung Italiens an Österreich-Ungarn, wurde auf Antrag der Obersten Heeresleitung aus bayerischen und preußischen Truppen unter der Bezeichnung „Alpen-k o r ps"2) ein für den Krieg im Hochgebirge geeigneter Verband zusammengestellt, der zu einer verstärkten Infanterie-Division ausgebaut wurde. Die Bildung seiner beiden Jäger-Brigaden erfolgte aus dem bayerischen Infan-terie-Leib-Regiment und drei Jäger-Regimentern, zu denen eine Anzahl Jäger-Bataillone und Schneeschuh-Formationen zusammengefaßt wurden.
Beim We st Heere wurden außer den bereits erwähnten, im Frühjahr aufgestellten 14 Infanterie-Divisionen^) im Laufe des Sommers 1915 noch die Infanterie-Brigaden Rr. 183, 185, 187 und 192 (sächsische) neu gebildet, die durch Zuteilung zunächst nur von Pionieren und Nachrichtentruppen, später auch von je einer Abteilung leichter Feldhaubihen verstärkt wurden. Infolge der gespannten Ersahlage mußte der erwünschte Ausbau dieser Brigaden zu Divisionen freilich einstweilen ebenso unterbleiben wie die Errichtung weiterer Truppenteile beim Westheere; denn es war nicht zweckmäßig, Neubildungen vorzunehmen, während die bestehenden Verbände aus Mangel an Ersatz nicht die planmäßigen Stärken erreichten.
Beim Ostheere wurden Anfang Mai 1915 vorwiegend aus Teilen des Garde-Reservekorps die 4. Garde-Infanterie-Division und Ende des Monats im Anschluß an die schon erwähnte Ausstellung der 101., 103. und 105. Infanterie-Division«) nach dem gleichen Verfahren") die 107. Infanterie-Division errichtet. Im Oktober 1915 bildete man dort in ähnlicher
1) Näheres, auch über die Versorgung des Heeres mit Waffen, technischen Kampfmitteln, Kriegsgerät und Ausrüstung sowie über Luftstreitkräfte und Feldeisenbahnwesen in dem später erscheinenden 23and IX sowie Vand II der Sonderreihe „Kriegsrüstung und Kriegswirtschaft".
2) S. Band VII, S. 303 ff. — 3) S. 7. — 4) Band VII, S. 304 ff. —
°) Band VII, S. 306. — °) Band VII, S. 305.
Die Aufstellung neuer Verbände im Jahre 1915.
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Weise unter Verwendung bestehender Kommandobehörden und Truppenteile sowie aus einigen Neuaufstellungen noch die 108. und 109 Infanterie-Division.
Gleichzeitig wurde im Laufe des Jahres 1915 fortgefahren, die vorhandenen Ersah- und Landwehr-Divisionen auszubauen sowie neue Landwehr-Divisionen aus bereits bestehenden und neu errichteten Einheiten aufzustellen. Bis Ende 1915 erhöhte sich die Zahl der Landwehr-Divisionen auf insgesamt 20. Hand in Hand damit erfolgten im Sommer und Herbst 1915 auch beim Ostheere Neuordnung und Ausbau einer Anzahl bisher behelfsmäßig gebildeter und meist nach ihren Führern benannter Verbände. Das Korps Posen wurde als 83. und 84. Infanterie-Division, bas Korps Zastrow als XVII. Reservekorps, dessen beide Divisionen Wernitz und Breugel als 86. Infanterie- und 85. Landwehr-Division, das Korps Dickhuth als 87., die Division Menges als 88. und die Abteilung Westernhagen als 89. Infanterie-Division formiert.
Ende des Jahres 1915 umfaßte das deutsche Feldheer insgesamt 159 Divisionen — gegen 92 Divisionen bei Kriegsausbruchs —, außerdem waren elf Kavallerie-Divisionen vorhanden, deren Zahl sich nicht vermehrt hatte; dazu kamen noch einige selbständige Brigaden.
Neben und vielfach im Zusammenhange mit diesen Neu- und Umbildungen erfolgten fortgesetzt Aufstellung oder mobile Bereitstellung von zahlreichen kleineren Verbänden, von Kampf-, Etappen- und Landsturmtruppen, von Kolonnen und Trains, von militärischen Behörden und Dienst, stellen. Diese dienten zur Vervollständigung bisher noch nicht planmäßig ausgestatteter größerer Verbände oder — so namentlich die zahlreichen Fußartillerie-, Flieger- und technischen Neuformationen — zur Verstärkung vorhandener Feldtruppen.
Endlich erfuhren auch die Ersatz- und Ausbildungstrup-p e n entsprechend den an sie herantretenden wachsenden Anforderungen eine fortlaufende Vermehrung. Bereits im Februar 1915 waren die heimischen Infanterie-Crsatz-Vataillone verdoppelt und mit je zwei Rekrutendepots ausgestattet worden. Auch die Ersatzformationen der anderen Waffengattungen wurden vermehrt oder verstärkt. Auf Grund sehr günstiger Erfahrungen fuhr die Heeresverwaltung fort, den in der Front stehenden Korps oder selbständigen Divisionen Feld-Rekrutendepots an-zugliedern, in denen die aus den heimischen Ersatz-Bataillonen über-
') Einschließlich der Hauptreserven der Festungen, ausschließlich der selbständigen Brigaden (vgl. „Kriegsrüstung und Kriegswirtschaft", Band I, Text-Band, S. 211 ff. und Anlage-Vand, Tabelle 18).
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Die Lage der Mittelmächte im Mai 1915.
wiesenen Rekruten unter kriegserfahrenem Personal ihre Ausbildung vollendetes).
Die ständige Erweiterung der Heeresorganisation belastete die Er-satzlage in doppelter Weise, da jede dem Feldheere zugeführte Neuformation die Crsahquellen nicht nur für ihre Aufstellung, sondern auch für ihre Erhaltung in Anspruch nahm. Diese Belastung war um so drückender, als schon der Crsahbedarf der vorhandenen Feldtruppen infolge der unvermindert großen Berluste austerordentlich hoch war. Fm Sommer 1915 waren monatlich durchschnittlich über 300 000 Ersahmannschaften ), davon etwa 250 000 Mann allein für die Infanterie, ins Feld gesandt worden, in einem Monat also eine Zahl, die dem Bestand von siebeneinhalb kriegsstarken Armeekorps oder der halben Friedensstärke des deutschen Heeres nach dem Stande von 1913 annähernd gleich kam.
Eine besondere Erschwernis der Crsahlage verursachten aber die immer mehr zunehmenden Beurlaubungen und Z ur ü ll st e l l un ge n Wehrpflichtiger für die Kriegswirtschaft. Da andere Mittel, den wachsenden Arbeitermangel in der Heimat zu beheben, versagten, sah sich die Heeresverwaltung genötigt, den Gesuchen der Kriegsindustrie um leistungsfähige Arbeitskräfte in weitgehendem Maste zu entsprechen, um den gewaltig anschwellenden Rüstungsbedarf und damit die Kampfkraft der Front sicher-zustellen. So war die Zahl der vom Heeresdienst zurückgestellten kriegstauglichen Mannschaften im Sommer 1915 schon aus weit über eine Million angewachsen.
Mochte einstweilen auch noch keine ernsthafte Gefährdung der Ersatz v e r s o r g u n g des Heeres zu befürchten sein, so rückte doch der Zeitpunkt immer näher, an dem folgenschwere Stellungen in dem Zuflust neuer Crsatzmannschaften eintreten muhten. Dieser Zeitpunkt ließ sich ohne Schädigung der übrigen Heeresteile nur dadurch hinausschieben, daß man die Crsatzlage in möglichst geringem Umfange durch Aufstellung von Neuformationen belastete. Der im Frühjahr eingestellte Rekrutenjahrgang 1915 einschließlich des noch verfügbaren Landsturms I. Aufgebots war bereits nach wenigen Monaten aufgebraucht. Im Herbst 1915 mußte daher schon der Jahrgang 1916 — erheblich vor der Zeit — eingestellt werden. Bei Aufrechterhaltung der bisherigen Höhe der Ersatzgestellungen war trotz aller
1) ßttt Zusammenhang hiermit stand die im Mai bzw. im Dezember 1915 erfolgte Errichtung je einer Infanterie-Crsahtruppe auf dem belg. Truppenübungsplatz Beverloo und in Warschau. — Für die Ausbildung von Osfizieranwärtern wurden zahlreiche Kurse aus den inländischen Übungs- und Schießplätzen abgehalten.
2) Etwa der sechste Teil davon waren Wiedergenesene.
Die Mannschaftsersatzlage.
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Sparsamkeit in der Befriedigung der laufenden Crsatzbedürfnisse damit zu rechnen, daß dieser Jahrgang selbst mit Einschluß des Zuflusses an Wiedergenesenen und an Crsahmannschaften, die durch Einziehung von Zurückgestellten und durch Änderung der wehrrechtlichen Bestimmungen*) verfügbar gemacht wurden, höchstens ein halbes Jahr reichen würde. Ende 1915 wurde daher bereits mit der Musterung des Jahrganges 1917 begonnen.
Bei dieser unvermeidlichen Verschärfung der Crsatzlage bestand der Stellvertretende Kriegsminister, Generalleutnant von Wandel, in voller Übereinstimmung mit dem im Großen Hauptquartier weilenden Kriegsminister, Generalleutnant Wild von Hohenborn, und unbeirrt durch mancherlei aus der Front kommende Forderungen darauf, mit dem Heeres-ersatz möglichst hauszuhalten. Im September 1915 legte General von Wild dem Chef des Generalstabes des Feldheeres dar, daß die Ersahversorgung des Heeres in der bisherigen Höhe nur noch etwa ein Jahr lang aufrechterhalten werden könne; die Verhältniße zwängen daher „zu größter Sparsamkeit mit dem vorhandenen Menschenmaterial", namentlich „im Hinblick auf die Folgen, die entstehen könnten, wenn der Zufluß an Ersatz versiegen würde, bevor alle Kriegsaufgaben zu einem günstigen Ende geführt seien". Die Armee- und Truppenführer wurden von der Heeresverwaltung auch wiederholt darauf hingewiesen, ihre Ersatzansprüche nur nach wirklich dringenden Bedürfnisien zu bemessen und ihre Forderungen auf Neuformationen möglichst einzuschränken.
Durch die in ihrer Hand liegende einheitliche Regelung der Crsatzver-sorgung war die Heeresverwaltung in enger Zusammenarbeit mit der Obersten Heeresleitung in der Lage, den Bedürfnisien je nach der Dringlichkeit ausgleichend Rechnung zu tragen. Dementsprechend wurden über Truppenverbände, die ausreichend versorgt waren, schließlich auch über ganze Heeresfronten für kürzere oder längere Dauer Crsatzsperren verhängt. Dem gleichen Zweck möglichst sparsamer Crsatzwirtschaft diente es auch, wenn die Infanterietruppen seit dem Sommer 1915 im allgemeinen nicht mehr bis zu ihrer vollen planmäßigen Kriegsstärke, sondern nur noch bis zu einer im Westen auf 800, im Osten auf 900 Mann herabgesetzten Bataillonsstärke ausgefüllt wurden.
Ebensosehr wie von der Bereitstellung der Streitkräste und von der Ersatzversorgung waren Erhaltung und Steigerung der Kampftraft des
*) Durch Gesetz vom 4. September 1915 wurde die Nachmusterung der bei der Friedensaushebung für dienstunbrauchbar erklärten Wehrpflichtigen ermöglicht, die nach den bisherigen gesetzlichen Bestimmungen vom Heeresdienst befreit waren.
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Die Lage der Mittelmächte im Mai 1915.
Heeres von ausreichender Deckung seines gewaltig anwachsenden Materialbedarfs abhängig. Namentlich die Sicherstellung des M u n i t i o n s -b e d a r f s blieb nach wie vor eine der ernstesten Sorgen der Heeresverwaltung; sie hatte auch für die weiteren operativen Entschließungen der Obersten Heeresleitung ausschlaggebende Bedeutung. War doch mit Sicherheit damit zu rechnen, daß die große Offensive in Galizien und die zu erwartenden Abwehrkämpfe im Westen auf beiden weitgespannten Kriegsschauplätzen einen aufs höchste gesteigerten Munitionsverbrauch mit sich bringen würden.
Entsprechend den Forderungen des Generals von Falkenhayn war die Heeresverwaltung seit dem Frühjahr 1915 mit gesteigertem Nachdruck bemüht, unter allmählicher Einschränkung der Massenfertigung von Graugußgeschossen, deren Minderwertigkeit der Artillerie die volle Entfaltung ihrer Leistungsmöglichkeit nicht gestattete, die Herstellung der wirkungsfähigeren Preßstahl- und Stahlgußgeschosie zu fördern. Diese Umstellung machte zunächst große Schwierigkeiten, da deren Herstellung schwieriger war als die Fertigung der einfachen Graugußmunition. Dank den vorausschauenden Maßnahmen des Kriegsministeriums und der Leistungsfähigkeit der deutschen Industrie gelang es jedoch, dieser Schwierigkeiten alsbald Herr zu werden, so daß die Lieferung auch von Preßstahl- und Stahlgußgeschossen schnell zunahm. Indessen fand ihre Verarbeitung zu neuer Munition und damit die Munitionsherstellung überhaupt ihre Grenze in der verfügbaren Pulver- und Sprengstoffmenge. Nachdem seit März die durch die Heeresverwaltung rechtzeitig in die Wege geleiteten großzügigen Erweiterungen der Pulverfabriken allmählich wirksam geworden waren, bildete die Pulverfertigung, dann aber auch die Fertigung guter Sprengstoffe das Maß für alle Steigerungen. Die Hauptschwierigkeit bestand im Mangel an Salpeter und Salpetersäure. Wohl hatte die Fertigung künstlichen Salpeters im Frühjahr 1915 rechtzeitig mit größeren Lieferungen eingesetzt, so daß ein unmittelbarer Notstand nicht eintrat. Die Leistungen der neuen Fabriken konnten aber bei den zahlreichen Hemmnissen nur allmählich gesteigert werden.
Die Regelung der Munitionsherstellung erfolgte nunmehr derart, daß je nach der Lage die Bereitstellungen für Feldartillerie oder Fußartillerie erhöht oder eingeschränkt oder — innerhalb der Waffen — die Fertigung eines Kalibers zugunsten der anderen zurückgestellt wurden. Für Infanterie-Munition mußte infolge des hohen artilleristischen Bedarfs die Pulverfertigung verhältnismäßig stark eingeschränkt werden, zumal da wachsende Sprengstoffmengen aus der jeweiligen Lieferung für die Her-
Die Munitionslage.
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stellung von Nahkampfmitteln und für den sonstigen Bedarf, namentlich der Pioniere benötigt wurden.
Vom Mai bis Juli 1915 erhöhte sich die monatliche Pulverfertigung planmäßig von 2,6 auf 3,4 Millionen Kilogramm, blieb aber in den nächsten Monaten wegen Mangels an Salpetersäure und infolge größerer, durch Explosionen und Brände bei den Pulverfabriken hervorgerufener Störungen zeitweise erheblich hinter der vorgesehenen Steigerungsquote zurück, so daß am Ende des Jahres die Monatsleistung statt 5 erst 4,3 Millionen Kilogramm betrug. Der Pulverfertigung entsprechend konnten in den einzelnen Monaten folgende Munitionsmengen ins Feld gesandt werden:
Mai Juni Juli August Sep- tem- ber Ok- tober No- vem- ber De- zem- ber
Inf. Mun.-Züge (je rd. 2,5 Mill. Patr.) . . . 42 45 42 42 42 42 45 43
Feldartl. Mun.-Iüge1) . . 101 150 157 142 1421/4 1711/4 151 1351/2
Haubih-Mun.-Züge (je 6000 Schutz) . . . 79V4 105 391/2 104V2 97 126 111 1141/3
Mörser-Mun.-Züge (je 2000 Schutz) . . . 2 7% 321/2 35 42-/4 37 43 471/2 53
10 em-Kan. Mun.-Züge (je 10 000 Schutz) . . . 9 10-/4 12 11 13 12 1474 14
Diesen Lieferungen stand in den Sommermonaten 1915 ein Munitionsverbrauch beim Feldheere in folgender Hohe gegenüber:
Mai Juni Juli August Sep- tember Durch- schnitts- Verbrauch
Inf. Mun.-Züge .... 47 43 41 32 47 42
Feldartl. Mun.-Züge . . 133 135 126 128 160 136
Haubih-Mun.-Züge . . . 83 93 109 95 111 98
Mörser-Mun.-Züge . . . 34 39 42 36 45 39
10 eni-Kan. Mun.-Züge. . 9 91/2 91/2 10V, 13 10
Munitionsversorgung und Munitionsverbrauch hielten sich somit in den Monaten, in denen die Hauptkämpfe stattfanden, annähernd die Waage, wobei der zeitweilig höhere Verbrauch aus noch verfügbaren Reserven des
J) Ein Mun.-Zug für Feldkan. enthielt 26 880, ein Mun.-Zug für l. Feldhaub. 12 000 Schuß.
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Die Lage der Mittelmächte im Mai 1915.
Chefs des Feldmunitionswesens gedeckt winde. Die namentlich im Osten während der Verfolgungsoperationen häufig auftretenden Versorgungsschwierigkeiten hatten ihre Ursache vornehmlich in ungünstigen Nachschub-verhältnisien. Immerhin gelang es dank den Leistungen der heimischen Veschaffungs- und Fertigungsstellen, wenn auch unter starker Drosselung des Verbrauches an ruhigen Kampfabschnitten, den hohen Munitionsbedarf der Hauptkampffronten ausreichend sicherzustellen.
Seit dem Herbst 1915 gestattete der mit dem Abflauen der Kämpfe verbundene Rückgang des Munitionsbedarfs unter Veibehalt der Verbrauchs-drosielung an allen nicht entscheidenden Fronten die Ansammlung größerer Reserven, die bis Jahresschluß bereits eine ansehnliche Höhe erreichten. Weitere Vermehrungen der Reservebestände standen in Aussicht, wenn sich bis zum Frühjahr 1916 die Pulverfertigung, wie vorgesehen, auf sechs Millionen Kilogramm erhöht hatte, wofür seitens der Heeresverwaltung alle Vorbereitungen getroffen waren.
II. Die Aufmärsche und ersten Dämpfe an der italienischen Front.
Skizze 1.
Als Italien am 1. August 1914 seine Neutralität erklärte, bestand in Wien von Anfang an die Befürchtung, daß die italienische öffentliche Meinung auf den Krieg gegen Österreich-Ungarn hindrängen werde und irredentistische Unruhen und Aufstände im Grenzgebiet aufflammen würden. General von Conrad hielt es deshalb für erforderlich, eine Abwehrfront gegen Italien zu bilden. Am 13. August 1914 wurde der General der Kavallerie Nohr beauftragt, die Reichsverteidigung an der Südwestgrenze „zu studieren, vorzubereiten und der jeweiligen Lage entsprechend zu organi-fleren"1).
Anfang September 1914 verfügte dieser in Tirol, Kärnten und dem Küstenlandes über insgesamt 40 Bataillone, zusammengesetzt aus Marsch« und Ersatztruppenteilen, Gendarmerie, Landsturm, Standschützen und Freiwilligen-Verbänden, sowie über 20 Geschütze. Mit dieser schwachen Truppenmacht beabsichtigte er, bei feindlichem Angriff sich an der Landes-grenze bis zum äußersten zu halten. Das Rückgrat seiner Verteidigungsfront bildeten die von zwar kleinen, aber kampftüchtigen Verbänden besetzten ständigen Befestigungsanlagen, die, wenn auch meist veraltet, doch bei Beginn der Kämpfe große Bedeutung besaßen, da ihre Abwehrkraft von den Italienern weit überschätzt wurde. Die Masse dieser Befestigungsanlagen befand sich an der Tiroler Front, wo sie die nach Süden weit vorspringende Landesgrenze im Halbkreis umschloffen. An der Kärntner Grenze lagen zur Sperrung der über die Drau auf Wien führenden Vormarschstraßen die Panzerwerke von Malborgeth und Flitsch sowie zwischen ihnen die Befestigungsanlagen am Predil-Paß. Jedes Rückhalts durch ständige Werke entbehrte die Isonzo-Front. Rur westlich von Tolmein befanden sich einige kurz vor Beginn des Krieges angelegte feldmäßige Stützpunkte. In den ersten Kriegsmonaten war hier nur wenig für die Sicherung der Landesgrenze durch Befestigungen geschehen in der Befürchtung, Italien dadurch herauszufordern; erst in den letzten Tagen des
9 Conrad, IV, S. 378 f.
2) Die folgenden Angaben sind in der Hauptsache dem österreichischen amtlichen Kriegswerk: „Ssterreich-Angarns letzter Krieg" und dem „Italienischen Generalstabswerk" entnommen.
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Die Aufmärsche und ersten Kämpfe an der italienischen Front.
Monats April 1915 wurde mit der Anlage von Verteidigungsstellungen am mittleren und unteren Isonzo ernsthaft begonnen.
Der ungünstige Verlauf der Ereignisie an der galizischen Front im Herbst 1914 zwang die ö.-u. Heeresleitung, auf die Crsahformationen auch des italienischen Grenzgebiets in verstärktem Maße zurückzugreifen. In-folgedesien boten die Truppenverbände des Grenzschutzes ein stets wechselndes Bild. Im Februar 1915 wurden diese losen Verbände zu vier Divisionen zusammengefaßt, die im Mai durch eine fünfte verstärkt wurden, 90. bis 94. Infanterie-Division.
Als am 23. Mai Italien an Österreich-Ungarn den Krieg erklärte"), waren folgende Truppen der Mittelmächte an der Grenze zur Abwehr versammelt oder im Begriff dort aufzumarschieren:
In Tirol unter dem Oberbefehl des zum Landesverteidigungskommandanten von Tirol ernannten Generals der Kavallerie Dankl, die 91. und 90. Infanterie-Division, die 56. Gebirgs-Vrigade sowie das im Antransport befindliche „Deutsche Alpenkorps"3).
An der Kärntner Front unter dem Oberkommando des Generals Rohr die 92. Infanterie-Division, die 57. Halb-Vrigade sowie die anrollenden Verbände: 59. Gebirgs-Vrigade und VII. Korps.
Im Küstenlande am Isonzo, wo unter Befehl des Generals der Infanterie von Voroevic die neue 5. Armee gebildet wurde: die 93., 57. und 94. Infanterie-Division und die von der serbischen Grenze im Antransport befindlichen zweieinhalb Korps (XV. Korps mit 1. und 50. Infanterie-Division, XVI. Korps mit 18. und 58. Infanterie-Division sowie die selbständige 48. Infanterie-Division).
Im ganzen waren es also 14 Infanterie-Divisionen, eine Halb-Vrigade und zwei Gebirgs-Brigaden, mit denen die Mittelmächte an der Landesgrenze gegen das italienische Heer aufmarschierten; von diesen standen am 23. Mai 128 Bataillone an der Grenze, während sich 94 Bataillone im Anrollen befanden. Die Stärke des Gegners wurde von der ö.-u. Heeresleitung auf 44 I n f a n t e r i e - und 4 K a v a l -lerie-Divisionen geschätzt3). Den Oberbefehl an der italienischen Front führte der General der Kavallerie Erzherzog Eugen, desien Hauptquartier sich vom 27. Mai ab in Marburg an der Drau befand. Den ihm von der ö.-u. Heeresleitung erteilten Weisungen entsprechend beabsichtigte er, in zäher Abwehr die Grenzstellungen zu halten. Das Ge-
i) S. 10. — 2) S. 7 und 18. — 3) Die tatsächliche Stärke des italienischen
Heeres bei Kriegsausbruch betrug nur 35 Inf.- und 4 Kav.-Div. sowie 52 Bataillone
Alpini.
Die Aufmärsche.
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birgscharakter tragende Kampfgebiet begünstigte eine defensive Kriegführung in hohem Maße und glich die große Unterlegenheit der ö.-u. Truppen an Zahl wenigstens bis zu einem gewissen Grade aus. Den Hauptstoß des Gegners erwartete man an der Isonzo-Front. Dorthin wurde daher das Schwergewicht der Verteidigung gelegt.
Eine Schwierigkeit für die Führung ergab sich sehr bald aus dem Umstande, daß Deutschland und Italien sich noch nicht im Kriegszustände miteinander befanden1). In der Annahme, Rumänien habe sich verpflichtet, auf seiten der Verbandsmächte in den Krieg einzugreifen, sobald Italien von Deutschland angegriffen werde, bestand deutscherseits die Absicht, die Italiener dem Alpenkorps gegenüber als die Angreifer erscheinen zu lasten. Hierdurch entstanden unliebsame Auseinandersetzungen zwischen den Hauptquartieren in Pleß und Teschen, in deren Verlauf die deutsche Oberste Heeresleitung indes auf ihrem Standpunkte beharrte.
Auch auf i t a l i e n i s ch e r Seite waren schon im August 1914 Grenzsicherungen aufgestellt worden. Die italienische Armee befand sich infolge der libyschen Expedition in einem derartig geschwächten Zustande, daß mit ihrer baldigen Verwendung in einem größeren europäischen Kriege kaum gerechnet werden konnte. Am 31. Juli hatte der als Nachfolger des verstorbenen Generals Pollio zum Chef des Generalstabes der Armee ernannte General Cadorna dem Könige von Italien eine Denkschrift vorgelegt, in der er unter anderem auf die schweren Hemmungen hinwies, denen das italienische Heer zur Zeit hinsichtlich seiner Kriegsbereitschaft unterworfen sei. Seit einiger Zeit habe die Hauptaufgabe der Armee darin bestanden, „das Auffüllungsdepot für das libysche Expeditionskorps" zu bilden. Dadurch sei ihr der materielle und moralische Zusammenhalt geraubt und die Möglichkeit nutzbringender Ausbildung genommen worden2). Als dann am 20. September das Kriegsministerium vom Generalstabschef Auskunft über die Bereitschaft des Heeres verlangte, da „internationale und innere Lage für nicht ferne Zeit die Möglichkeit der allgemeinen Mobilmachung und der Feldzugseröffnung" nicht ausschlössen, mußte General Cadorna erklären, bei den schweren Mängeln im Vekleidungswesen, in der Ausrüstung und Organisation sei Italien „nicht in der Lage, einen Feldzug zu beginnen"2).
Nunmehr wurde die Vorbereitung des italienischen Heeres für den
x) S. 10 und 11. — 2) Cadorna: „Altre pagine sulla grande guerra.“ S. 15 bis 23. — s) Cadorna: „La guerra.“ I. Band, S. 47/48.
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Die Aufmärsche und ersten Kämpfe an der italienischen Front.
Krieg planmäßig eingeleitet und die Durchführung eines auf fünfeinhalb Monate berechneten Rüstungsprogramms in Angriff genommen.
Während der Wintermonate waren die Grenzschutztruppen an der österreichischen Front dauernd vermehrt worden und hatten Mitte April 1915 eine Stärke von 142 000 Mann erreicht. Diese Grenzsicherung trug angeblich der Besorgnis Rechnung, Österreich-Ungarn könne während des Schwächezustandes des italienischen Heeres überraschend in Italien einbrechen, um sich strategisch wichtiger Punkte zu bemächtigen.
Am 23. April, wenige Tage vor dem Bündnisabschluß in London, wurde die geheime Mobilmachung von acht italienischen Korps angeordnet; ihr folgte bis zum 18. Mai schrittweise durch Cinzelanweisungen die Mobilmachung der übrigen sechs Korps. Die Aufmarschbewegung begann am 4. Mai, dem Tage der Kündigung des Dreibundvertrages, sie fand erst am 15. Juni ihren Abschluß'). Dieses schwerfällige Aufmarschverfahren war der Grund, daß die gleich nach der Kriegserklärung unternommenen Angriffe der Italiener nur mit unzureichenden Mitteln durchgeführt werden konnten.
Die Kriegsgliederung des italienischen Heeres nach dem Stande vom 24. Mai enthielt folgende Kräfteverteilung*): die 3. Armee (sechs Infanterie-, zwei Kavallerie-Divisionen) am unteren Isonzo,
die 2. Armee (acht Infanterie-Divisionen, eine zusammengesetzte Division Versaglieri und 14 Bataillone Alpini) am mittleren Isonzo, die Karnische Gruppe (16 Bataillone Alpini) am oberen Taglia-mento,
die 4. Armee (fünf Infanterie-Divisionen, sechs Bataillone Alpini) im Cadore am Oberlauf des Piave, die 1. Armee (sechs Infanterie-Divisionen, 16 Bataillone Alpini) an der Tiroler Front.
Aber zehn Infanterie- und zwei Kavallerie-Divisionen hatte die Heeresleitung noch nicht verfügt. Sie trafen erst Ende Mai, Anfang Juni auf dem Kriegsschauplatz ein.
Der Operationsplan des Generals Cadorna sah die O f f e n s i v e des italienischen Heeres in der allgemeinen Richtung auf Wien vor, und zwar sollten die Hauptkräfte — 3. und 2. Armee mit 15 Infanterie-Divisionen — über den Isonzo angreifen mit dem Ziel, zunächst die Gegend von Laibach
*) Italienisches Generalstabswerk, I. Band, S. 163 bis 167. 2) Italienisches Generalstabswerk, I. Band, Anlage 56.
Die italienischen Absichten.
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—Krainburg zu erreichen. Links von ihnen war die Karnische Gruppe auf Villach angesetzt. Die 4. Armee hatte Weisung, den Angriff in der Richtung auf Toblach vorzubereiten, um vom Pustertale aus die Verbindungen Tirols mit dem Hinterlande zu durchschneiden oder aber, nach Südosten vorgehend, den auf Villach angreifenden Kräften den Weg freizumachen.
Bereits am 16. Mai hatte General Cadorna den ersten Heeresbefehl erlaffen. Die Operation sollte bei den beiden Armeen des rechten Flügels den Charakter eines „energischen und überraschenden Einbruches" erhalten1). Als nahe gestecktes Ziel waren die Sperren in Kärnten (Malborgeth und Predil-Paß), das Gebirge nördlich Karfreit auf dem linken Isonzo-Afer und weiter südlich das Gelände zwischen der Grenze und dem Isonzo gegeben. Rur bei schwachem feindlichen Widerstande sollte der Sprung weiter über den Isonzo führen. Die Karnische Gruppe hatte sich aus Mangel an Angriffsmitteln auf „energische Demonstrationen" zu beschränken. Besonderen Wert aber legte die Oberste Führung auf den der 4. Armee übertragenen Durchbruch in der Richtung auf Toblackff). Von der 1. Armee, die Tirol umstellt hatte, wurde erwartet, daß sie „unter allen Umständen" Flanke und Rücken des Hauptheeres deckte. Laut telegraphischem Befehl vom 22. Mai hatten die Feindseligkeiten um Mitternacht vom 23. zum 24. Mai zu beginnen.
Da die Italiener an der Tiroler Front einen Angriff vor allem aus der Gegend der Hochfläche von Folgaria—Lavarone erwarteten, machten sie den Versuch, sich der dortigen Werke zu bemächtigen, und richteten gegen sie vom 24. Mai ab schweres Artilleriefeuer. Der Beschießung folgte am 30. Mai der Infanterieangriff, der aber vor den heldenmütig ausharrenden Tiroler Landstürmern und Standschützen zusammenbrach.
Am linken Flügel der österreichischen Tiroler Front führte vom 6. Juni ab der Führer des deutschen Alpenkorps, der bayerische Generalleutnant Krafft von Dellmensingen, den Befehl. An diesem Frontteil befand sich in der Gegend südlich von Toblach einer der bedrohtesten Abschnitte der ganzen Grenzlinie; denn nahe hinter den vordersten Stellungen zog sich die so wichtige Eisenbahn des Pustertales hin. General Cadorna hatte deshalb die 4. Armee angewiesen, den Angriff aus Toblach durchzuführen. Da aber die Italiener für die Vorbereitungen längere Zeit brauchten, kam es erst vom 9. Juni ab im Hochgebirge nördlich und westlich von Cortina
0 Italienisches Generalstabswerk, II. Band, Anlage 38.
2) Italienisches Generalstabswerk, II. Band, S. 5S'und 149.
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Die Aufmärsche und ersten Kämpfe an der italienischen Front.
d'Ampezzo zu Kämpfen, die sich zehn Tage hindurch fortsetzten und mit einem vollen Siege der Verteidiger endeten. Da das Alpenkorps bei einer angriffsweise geführten Verteidigung nicht verwendet werden sollte, waren seine Hauptkräfte gruppenweise als Reserven bereitgestellt; nur wenige Kompagnien waren in der Front eingesetzt und hatte an diesen Kämpfen ruhmvollen Anteil.
Weiter östlich am Plöcken-Paß nahmen italienische Alpini-Vataillone am 24. Mai im Angriff gegen die an der Grenze stehenden schwachen ö.-u. Sicherungen eine Anzahl beherrschender Grenzhöhen in Besitz, ohne aber den Plöcken-Paß selbst in ihre Hand zu bringen. Am gleichen Tage begannen die Ausladungen der aus Galizien anrollenden Verstärkungen (ö.-u. VII. Korps und 59. Gebirgs-Vrigade) bei Oberdrauburg und Villach. Damit war auf der fast 100 Kilometer langen Kärntner Front, die zunächst nur von der 92. Infanterie-Division und wenigen Bataillonen der 57. Halb-Vrigade beseht war, die Gefahr eines feindlichen Durchbruchs zunächst stark gemindert. Auch in dem nach Osten anschließenden Abschnitt dieser Front brachten die Kümpfe in den beiden ersten Kriegswochen den Angreifern nur örtliche Erfolge.
Im Küstenlande hatten die italienische 2. und 3. Armee den Hauptangriff zu führen. Auf österreichischer Seite sicherten die 93. und 94. sowie die schon am 11. Mai von der serbischen Grenze herangezogene 57. Infanterie-Division. Am Tage der Kriegserklärung begannen die Anfänge der von der Balkan-Front anrollenden fünf Divisionen einzutreffen. Das XV. Korps war auf Tolmein, das XVI. auf Görz angesetzt. Die selbständige 48. Infanterie-Division sollte als Reserve hinter dem linken Armeeflügel bereitgehalten werden. Am 24. Mai traten die Italiener den Vormarsch an und fanden zwischen Grenze und Isonzo keinen Widerstand, konnten deshalb Kar freit und das weiter südlich als Ziel angegebene Höhengelände des rechten Isonzo-Ufers besehen. Außerdem gelang es ihnen, einige wichtige Gipfel auf dem östlichen Isonzo-Ufer südlich Flitsch in die Hand zu bekommen. Die Angriffe auf die Hochfläche von Vainsizza und den Brückenkopf von Görz blieben ohne Erfolg, kosteten aber schwere Verluste.
Das Ergebnis der sechzehn ersten Feldzugstage war auch hier für die Italiener äußerst gering. Sie hatten nur Gefechtsberührung mit der ö.-u. Hauptstellung erreicht, die außer bei Tolmein und Görz auf dem linken Isonzo-Afer lag. Der Großkampf um sie stand bevor.
Rach Beendigung des Antransportes der fünf ö.-u. Divisionen von der Balkan-Front zum Isonzo konnte General von Boroevic, der sein Hauptquartier in Laibach hatte, vom 10. Juni ab den 214 Bataillonen, 40 Schwadronen und 188 Batterien des Gegners 76% Bataillone,
Die erste Isonzo-Schlacht.
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14 Schwadronen und 75 Batterien entgegenstellen. Die Geländeverstärkungen im Hochgebirge und namentlich im Karst stießen aus größte Schwierigkeiten. Durchlaufende Gräben und Unterstände waren in dem nackten Felsboden nirgends herzustellen. Die aus Steingeröll aufgeschichteten Brustwehren gaben keine ausreichende Deckung, erhöhten vielmehr die Splitterwirkung der Geschosse. Das meist sehr beschränkte Schußfeld der Infanterie erleichterte dem Angreifer gedeckte Annäherung. Trotz dieser Schwierigkeiten sahen die Verteidiger, deren Selbstgefühl durch die bisher siegreich bestandenen Abwehrkämpfe sehr gehoben war, den kommenden Großkämpfen mit Zuversicht entgegen.
Erst am 21.Juni, also vier Wochen nach Eröffnung der Feindseligkeiten, gab die italienische Heeresleitung den Befehl zum Haupt-angriff am Isonzo, der am Morgen des 23. Juni beginnen und dessen Druck sich vor allem gegen den Brückenkopf von Görz richten sollte1).
Sieben Tage hindurch lag schweres Artilleriefeuer auf den ö.-u. Stellungen, regellos über die ganze Verteidigungszone verstreut. Die Wirkung war deshalb gering. Am 30. Juni setzten italienische Infanterieangriffe ein. Sie erreichten am 5. Juli die größte Heftigkeit; der Schwerpunkt des Kampfes lag jetzt am Karst-Plateau. Aber alle Anstrengungen des Gegners waren vergeblich; in der Nacht zum 8. Juli trat völlige Ruhe ein. Am Schluß der zweiwöchigen Schlacht fochten acht ö.-u. Divisionen mit 92 Bataillonen, 300 Feld- und 56 schweren Geschützen gegen 18 italienische Divisionen mit 225 Bataillonen und etwa 700 Geschützen, insgesamt 115 000 Kämpfer gegen 250 000.
Die Italiener verloren 15 000 Mann2). Gegenüber diesen Verlusten war der Gewinn der Schlacht gering; nur bei Sagrado wurde der Rand der Hochfläche erstiegen und südöstlich davon der Fuß des Karst-Randes erreicht. Die österreichisch-ungarischen Verluste betrugen 10 000 Mann.
Auf Grund der Erfahrungen dieser ersten Isonzoschlacht ordnete General C a d o r n a die artilleristische Verstärkung der 3. Armee an und gab am 15. Juli einen neuen Angriffsbefehl.
Am 18. Juli begann die zweite Isonzoschlacht mit einer starken Beschießung des Karst-Plateaus. Am gleichen Tage setzten die Infanterieangriffe ein. Erbittert wurde in den nächsten Tagen gerungen. Angriffe wechselten mit Gegenangriffen der Verteidiger; Stellungsteile
Italienisches Generalstabswerk, II. Band, Anlage 75.
2) Fast sechs Prozent der Gesamtstärke. — Italienisches Generalstabswerk, II. Band, S. 225. — Nach dort angeführter Berechnung betrugen die ö.-u. Verluste neun Prozent der Gesamtstärke.
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Die Aufmärsche und ersten Kämpfe an der italienischen Front.
wurden verloren und im Nahkampf mit dem Bajonett wieder gesäubert. St. Martino wurde erobert und mußte vom Feinde wieder geräumt werden. Zweimal stürmten die Italiener die Kuppe des Mt. S. Michele und wurden von den Verteidigern wieder hinuntergeworfen. Die italienische Heeresleitung stellte ihr letztes Korps aus der Heeresreserve zur Verfügung und griff sogar auf Verbände der übrigen Front zurück.
Auch Generaloberst von Conrad entschloß sich, Verstärkungen zu senden; von der an sich schon geschwächten Donau-Front wurde noch eine Division und eine Landsturm-Brigade herangezogen, schließlich auch eine Division aus Galizien. In tagelangen verlustreichen Kämpfen gelang es dem Verteidiger, die Front zu halten. Am 26. Juli erreichte die Schlacht den Höhepunkt. Dann war die Angriffskraft des linken italienischen Flügels am Mt. S. Michele und des rechten in der Gegend von Selz—Montfalcone erschöpft. Die Last des Kampfes trugen fortan vornehmlich die Angriffsdivisionen der Mitte, die sich vergeblich mühten, den vorspringenden Teil der Stellung bei Redipuglia—Sagrado einzudrücken. Am 3. August gab die italienische Heeresleitung den Befehl zum Einstellen des Angriffs. Die in den nächsten Tagen noch folgenden Kämpfe galten dem Ausbau und der Sicherstellung der errungenen geringen Erfolge; sie beschränkten sich auf einen wenige hundert Meter breiten Streifen an dem vorspringenden Karst-Rande östlich Sdraussina—Höhe 118; diese selbst blieb zwischen den Linien unbesetzt. Bei Vermigliano—Selz war die vorderste Randstellung in der Hand der Italiener geblieben. Der karge Geländegewinn war mit einem Gesamtverlust von 42 000 Mann1) erkauft, von denen allein 31 500 aus die Karst-Kämpfe entfielen. Auch die Verluste der Österreicher waren infolge des schweren feindlichen Artiüerieseuers, dem die Verteidiger wochenlang auf dem deckungslosen Felsboden ausgesetzt waren, sehr erheblich. Sie verloren über 46 000 Mann2), in Anbetracht des Kräfteverhältnisses von 129 ö.-u. zu etwa 260 italienischen Bataillonen, also mehr als das Doppelte.
Der „Schutzpanzer des Gegners hatte hier und da nachgegeben," — so schreibt das italienische Generalstabswerk1) — „war aber noch nicht zerschlagen. Der Widerstand der verstärkten Feindfront hatte sich als noch über-legen den Zerstörungsmitteln herausgestellt, die die italienische Heeresleitung an der Iulischen Front hatte vereinigen können ... Die zweite Isonzo-
1) darunter 1296 Offiziere; — Italienisches Generalstabswerk, II. Band, S. 287 und 407.
2) darunter 12 291 Vermißte. Nach dem Ital. Generalstabswerk, II. Band, S. 407, nahmen die Italiener 13 360 Mann gefangen.
3) II. Band, 6. 287.
Die zweite Isonzo-Schlacht.
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schlacht bezeichnete für uns im Sommer 1915 den Höhepunkt der Kraftentfaltung. Fast alle Reserven waren eingesetzt. . ." Die Schlacht habe, so heißt es weiter, „als fundamentalen organischen Mangel" die ungenügende Ausstattung mit Artillerie, Zerstörungsmaterial und namentlich mit Luftbeobachtungsmitteln ergeben. Eine Kampfpause sei deshalb nötig geworden, um diese Lücken wenigstens teilweise auszufüllen.
Die zweite Isonzoschlacht war der l e H t e G r o ß k a m p f, der sich im Sommer 1915 an der italienischen Front abspielte. Zwar machte General Cadorna in den nächsten Wochen noch den Versuch, am oberen Isonzo einen Erfolg zu erringen. Vom 12. August ab griffen der linke Flügel der 2. Armee und Teile der Karnischen Gruppe an, um den Brückenkopf von Tolmein sowie das Flitscher Becken in ihre Hand zu bringen. Sieben Wochen hindurch zogen sich diese Kämpfe hin, brachten aber den Italienern keinen nennenswerten Gewinn. Ebensowenig wie am Isonzo erreichten im Laufe des Sommers an der Dolomiten-Front die italienischen Angriffe ihr Ziel, die Pustertal-Bahn zu erreichen; Teile des Alpenkorps waren an diesen Abwehrkämpfen beteiligt. Auch die sich weiter südlich gegen die österreichischen Befestigungen auf der Hochfläche von Folgaria—Lavarone richtenden Angriffe waren ergebnislos.
Der Verlaus der Kämpfe an der italienischen Front hatte bewiesen, wie zutreffend General von Falkenhayn noch vor Beginn der Feindseligkeiten die Lage auf diesem Kriegsschauplatz eingeschätzt hatte; sein Rat, dem Feinde in reiner Abwehr bereits an der Landesgrenze entgegenzutreten), hatte sich voll bewährt, und es war das besondere Verdienst des deutschen Generalstabschefs, General von Conrad für den Gedanken der Verteidigung am Isonzo gewonnen zu haben.
*) S. 10.
i Weltkrieg. VIII. Band.
3
III. Die Westfront von Mitte April bis Anfang August J9J5-
J. Die Rümpfe bis zum Beginn der Frühjahrsschlachr Anfang Mai.
a) Die Oberste Heeresleitung und das Westheer im April.
Karte 1.
In den ersten Monaten des Jahres 1915 hatte das deutsche Westheer in schweren Abwehrkämpfen gestanden, deren Höhepunkt die Winterschlacht in der Champagne bildete. Trotz Einsatzes stärkster Kräfte und monate-langen erbitterten Ringens war es indessen den Franzosen nicht gelungen, die Front der deutschen 3. Armee zu durchbrechen'). Der Versuch der Engländer, bei Reuve Lhapelle die deutsche 6. Armee zu überrennen-), war unter schwersten Verlusten ebenso gescheitert wie ein beiderseits umfassender französischer Angriff gegen den vorspringenden Stellungsbogen von 6. Mihiet3). Die deutsche Westfront stand Mitte April festgefügt, gehoben durch die eben errungenen Abwehrsiege, die der Truppe trotz zahlenmäßiger Schwäche das Gefühl der Überlegenheit über die verbündeten West-mächte wiedergegeben hatten. 23ci der Obersten Heeresleitung begann sich, wie General von Falkenhayn schreibt4), die Überzeugung zu befestigen, „daß es den Westgegnern in absehbarer Zeit nicht möglich sein würde, eine Entscheidung zu erzwingen, auch wenn nochmals Teile der an der Westfront in der Neubildung begriffenen Verbände im Osten eingesetzt werden müßten,, um die russische Offensivkraft für absehbare Zeit zu zerschlagen." Diese Erkenntnis hatte den Entschluß des deutschen Generalstabschess vom 13. April5), unter vorläufigem Verzicht auf die Verwirklichung der Offensivpläne im Westen den Schwerpunkt der Kriegführung vorübergehend nach dem galizischen Kriegsschauplatz zu verlegen, erleichtert.
üm die Monatswende März/April hatte sich die Nachrichtenabteilung der Obersten Heeresleitung in einer Reihe von Denkschriften über das voraussichtliche Anwachsen der Streitkräfte der verbündeten Westmächte während der Sommermonate eingehend geäußert.
i) Band VII, S. 53/54. — 2) Band VII, S. 58/59. — 3) Band VII, S. 67 ff. —
4) Erich von Falkenhayn „Die Oberste Heeresleitung 1914—1916" S. 56. —
6) Band VII, S. 360.
&
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Die Westfront von Mitte April bis Anfang August 1915.
mittel für den Festungskrieg eingeführt worden'). In Deutschland dagegen war man auf einen Gaskampf in keiner Weise vorbereitet.
Im Anfang des Krieges berichteten ausländische Zeitungen wiederholt — übrigens ohne jede tadelnde Stellungnahme — von der Anwendung neuartiger, unheimlicher Kriegswaffen auf französischer Seite, die ohne äußerlich erkennbare Verletzungen todbringend sein sollten. Als Erfinder wurde der französische Chemiker Turpin genannt. In der Tat hat dieser dem französischen Kriegsministerium bei Kriegsbeginn derartige Kampfmittel angeboten. Sie wurden auch geprüft, aber für nicht brauchbar befunden. Im Preußischen Kriegsministerium blieben dagegen ähnliche bei Kriegsausbruch einlaufende Vorschläge ohne Beachtung').
Seit Beginn des Stellungskrieges im Jahre 1914 erschwerte vielfach die Rähe der gegnerischen Gräben ein Schießen mit Sprenggeschossen, weil durch Splitterwirkung die eigene Truppe gefährdet wurde. Auch zeigte sich, daß gegenüber einem tiefgegliederten und eingegrabenen Feinde die Brisanz-Wirkung nicht mehr ausschlaggebend zur Geltung kam. Damit sehte ein Suchen nach wirksameren Kampfmitteln ein. Die französische Führung forderte Anfang Januar 1915 die vorhandenen Gasgewehrgranaten für die Front an. Das französische Kriegsministerium gab am 21.Februar eine Dienstvorschrift über den Gebrauch der Gasgewehr- und der inzwischen gleichfalls eingeführten Gashandgranaten an die Truppe heraus. In dieser hieß es: „Die Dämpfe der Reizgeschoffe sind nicht tödlich, wenigstens sobald sie nicht im Übermaß eingeatmet werden." Damit ist die Möglichkeit einer tödlichen Wirkung unzweideutig zum Ausdruck gebracht, denn das Maß des Einatmens hängt vielfach nicht vom Willen des Beschossenen ab. Seit Ende Februar gelangten dann nach zahlreichen Truppenmeldungen diese Waffen an der Westfront gegen deutsche Soldaten zur Verwendung2).
Die deutsche Führung mußte mit der Wahrscheinlichkeit der Anwendung chemischer Kampfmittel auf feindlicher Seite rechnen und war nicht gewillt, sich überraschen zu lassen. Zunächst erstrebte sie lediglich, mit Hilfe von Gas den Gegner aus dem Schuhe seiner Gräben in den Bereich der Geschoßwirkung zu treiben. Vis Ende des Jahres 1914 war die Fertig-stellung eines Artilleriegeschosses (15 ein-Granate 12 T) gelungen, das neben bedeutender Sprengladung einen Gaskampfstoff (Tylylbromid) enthielt, der dem französischerseits eingeführten in seiner Reizwirkung ähnlich,
1) Vgl. Antersuchungsaussch. der Verfassungg. Deutschen Nationalversammlung und des Reichstages 1919—1928, dritte Reihe, IV. Band, S. 3 bis 42.
2) Kriegstagebuch R. I. R. 27, 28. Februar 1915, und andere Truppenmeldungen. Weiteres über den Gaskrieg vgl. Band IX.
Die Entwickelung der Gaswaffe.
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aber weniger giftig war. Die sogenannte 1-Granate wurde zum ersten Male Anfang 1915 an der russischen Front — infolge großer Kälte mit unzureichender Wirkung — verwandt. Voraussetzung für einen durchschlagenden Erfolg war, daß Massenwirkung erzielt wurde. Diese durch Gas - Geschosse zu erreichen, war jedoch aus Mangel an Geschützen und Treibmitteln für solchen Sonderzweck anfangs ausgeschlossen. So verfiel man auf den Ausweg des Vlasverfahrens, wobei Luftströmungen das Gas gegen den Feind vortragen sollten.
Die bestehenden völkerrechtlichen Abmachungen — die Haager Landkriegsordnung vom 29. Juli 1899/18. Oktober 1907 und die Haager Erklärung vom 29. Juli 1899 — rechneten im allgemeinen nicht mit einem Gaskriege. Die Haager Erklärung untersagte lediglich eine Verwendung von Geschossen, deren einziger Zweck die Verbreitung erstickender oder giftiger Gase war. Die Frage, ob diese Erklärung für die Kriegführenden infolge der „Allbeteiligungsklausel" seit dem 3. November 1914, dem Tage, wo die Türkei als Nichtvertragsmacht Kriegspartei wurde, überhaupt noch bindend war, konnte außer Betracht bleiben. Denn selbst wenn man davon ausging, daß die Erklärung zwischen den Vertragsmächten bindend blieb, entsprach die Anwendung von Granaten, die, wie die deutsche 1-Granate, Splitterwirkung mit Gaswirkung verbanden, den völkerrechtlichen Bestimmungen, weil die Verbreitung der Gase nicht „einziger Zweck" war. Dagegen hatte die französische Gewehrgranate keine Sprengwirkung und sollte dem einzigen Zweck dienen, giftige Gase zu verbreiten. Somit stellte die Anwendung dieser französischen Gewehrgranate den ersten Fall einer Verletzung des Völkerrechts auf dem Gebiete des Gaskampfes dar. Das allmählich entwickelte Blasverfahren war eine Erfindung der deutschen Kriegsindustrie und stand in keinem Widerspruch zu früheren völkerrechtlichen Abmachungen. Auch den Gesetzen der Menschlichkeit widersprach die Einführung der Gaswaffe nicht; denn der Hundertsatz an Todesfällen durch Geschoßwirkung war und blieb wesentlich höher als durch Kampfgas. Gaskranke konnten fast durchweg vollständig und dauernd ausgeheilt werden, ohne daß Verstümmelungen zurückblieben.
Als Kampfgas wählte man zunächst Chlor, dessen Herstellung ohne Beeinträchtigung der heimatlichen Munitionsfertigung in ausreichendem Maße möglich war. Das Abblasen des flüssigen Chlors aus zahl-reichen, in den vordersten Gräben eingebauten Stahlzylindern versprach eine Chlorwolke zu entwickeln, die trotz des Gasverlustes in der freien Luft noch in genügender Dichte über die Kampfabschnitte des Gegners hinziehen mußte. Das Chlorgas hatte außerdem infolge seiner Flüchtigkeit die Eigenschaft, in der überfluteten Zone keine nennenswerten Rückstände
Die Westfront von Mitte April bis Anfang August 1915.
21. April.
zu hinterlassen, und ermöglichte daher ein unmittelbares Nachstoßen der eigenen Truppe. In seiner Wirkung auf den menschlichen Körper war das Chlor schwächer als die von den Franzosen gewählten Stoffe Vrom-essigester und Chlorazeton. Neben der Fertigung dieses Angriffsmittels erfolgte die Schaffung von Gasschuhgerät. Es gelang auf deutscher Seite, im Laufe des Jahres 1915 eine Gasmaske bei der Truppe einzuführen, die Gesicht und Atemorgane schützte.
Im Januar 1915 waren die Versuche so weit gediehen, daß General von Falkenhayn sich entschloß, rund 6000 verwendungsbereite große Chlorgasflaschen der 4. A r m e e zur Verfügung zu stellen. Weitere 24 000 kleinere waren in Fertigung begriffen. Die Oberste Heeresleitung hatte dem Oberkommando der 4. Armee befohlen, das neue Kampfmittel bei einer Unternehmung im Ppern-Vogen zur Anwendung zu bringen. Auf den laufenden Meter rechnete man durchschnittlich eine große oder zwei kleine Flaschen. Die technische Aufsicht lag in der Hand des Geheimen Regierungsrates Professors Dr. Haber, dem die Leitung einer nunmehr errichteten Chemischen Abteilung des Preußischen Kriegsministeriums anvertraut wurde. Die Ausführung wurde den unter Oberst Peterson für diesen Zweck neu aufgestellten Pionierverbänden übertragen, denen Meteorologen zugeteilt waren. Nicht unerhebliche Schwierigkeiten blieben aber noch zu überwinden. Führung und Truppe standen dem noch unerprobten Kampfmittel fast durchweg mit Mißtrauen, wenn nicht gänzlich ablehnend gegenüber. Auch die Oberste Heeresleitung schätzte die Gaswaffe nur gering ein und lehnte ihren Einsah bei der bevorstehenden Durchbruchsoffensive auf dem galizischen Kriegsschauplatz ab, weil sie sich zeitlich nicht von diesem, anscheinend recht unzuverlässigen Kampfmittel abhängig machen wollte. Das Unternehmen im Ppern-Vogen sollte erst seine Kriegsbrauchbarkeit prüfen.
Am 21. April vormittags hatte General von Falkenhayn in Thielt eine Besprechung mit dem Oberbefehlshaber der 4. Armee, Generaloberst Albrecht Herzog von Württemberg, und drang dabei auf baldige Durchführung des Gasangriffs. Die 4. Armee sollte sich „kein zu weites Ziel stecken, sondern bei der ersten einigermaßen günstigen Gelegenheit den Angriff machen". Infolge der Gunst der Wetterlage konnte das Unternehmen bereits für den 22. April um 645 vormittags befohlen werden.
Mit der Durchführung des Angriffs hatte das Oberkommando der 4. Armee das XXXII. und XXVI. Neservekorps beauftragt. In ihrem Kampfabschnitt nördlich Ppern von Steenstraate bis Poelcappelle waren die verfügbaren Gasflaschen eingebaut worden. Als Armeereserve
Der Gasangriff bei Dpern am 22. April.
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standen, abgesehen von Teilen der 43. Reserve-Division, größere Verbände zur Ausnutzung eines Erfolges nicht zur Verfügung1). Dem XXIII. Reservekorps fiel die schwierige Aufgabe zu, den Übergang über den Dser-Kanal zu erkämpfen. Als erste Ziele waren gefetzt: dem XXIII. Reservekorps eine Linie nordwestlich Steenstraate—Lizerne—südwestlich Pilkem, dem XXVI. Reservekorps die Höhen an der Straße Boesinghe—Pilkem— Langemarck—Poelcappelle. Als weiteres Angriffsziel galt „die Gewinnung des Zlser-Kanals bis einschließlich Ppern".
Infolge der am frühen Morgen des 22. April eintretenden Windstille 22. April, mußte der Angriff jedoch auf die späten Nachmittagsstunden verschoben werden. Dies bedeutete eine um so ernstere Erschwerung, als alle Vorbereitungen für ein Vorgehen im Morgengrauen getroffen waren. Der Kommandierende General des XXIII. Reservekorps, General der Infanterie von Kathen, äußerte sofort Bedenken gegen einen Angriff bei vollem Tageslicht, während der Kommandierende General des XXVI. Reservekorps,
General der Infanterie Freiherr von Hügel, betonte, daß ein Erfolg seines Korps nur zu erwarten sei, wenn gleichzeitig der Flankenschutz durch das XXIII. Reservekorps angriffsweise durchgeführt würde. Der Chef des Generalstabes der 4. Armee, Generalmajor Ilse, suchte fernmündlich diese Bedenken zu zerstreuen; außerdem wurde folgende eindeutige Weisung erlaßen: „Der Herr Oberbefehlshaber erwartet auf das bestimmteste, daß das XXIII. Reservekorps im Anschluß an das XXVI. Reservekorps die Höhe 20 bei Pilkem erreicht."
Am 6° abends wurden die eingebauten Gaszylinder gegenüber der französischen 87. Territorial- und 45. Infanterie-Division geöffnet. Der belgische Generalstab hatte einige Tage vorher die französische oberste Führung auf die Möglichkeit eines deutschen Gasangriffes hingewiesen;
0 General der Artillerie a. D. Ilse hat in einer Zuschrift vom 16. November 1931 dem Reichsarchiv mitgeteilt: „Das Oberkommando der 4. Armee hatte bei der Obersten Heeresleitung die Bereitstellung einer Division beantragt, um bei einem vielleicht eintretenden Erfolg des Gasangriffs auch wirklich tief nachstoßen und den Dpern-Bogen aufrollen zu können. General von Falkenhayn hatte diesen Antrag abgelehnt, einmal weil er über die erforderlichen Kräfte im Frühjahr 1915 nicht verfügte, und weil er den Erfolg eines Gasangriffs in Zweifel zog. Auch war mitbestimmend für Ablehnung des Antrags auf Zuteilung einer Division als Reserve die Tatsache, daß viele Wochen vergehen konnten, ohne daß der Gasangriff zur Durchführung gebracht werden konnte. Auf so lange Zeit konnte und wollte Falkenhäyn eine Division nicht frei machen." Aus den Akten des Reichsarchivs ist hierüber nichts bekannt; es scheint daher, daß Antrag und Ablehnung mündlich erfolgt sind.
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Die Westfront von Mitte April bis Ansang August 1915.
man hatte dem aber anscheinend nicht genügend Bedeutung beigelegt. Der Wind wehte aus nördlicher Richtung, seine Stärke betrug etwa zwei Meter in der Sekunde. Zusammenhängend rollte eine weißgelbe Wolkenwand auf die feindlichen Gräben zu. Noch ehe sie diese erreichte, sah man den Gegner nach Abgabe einzelner Schüsse stellenweise weichen. Gleichzeitig setzte lebhaftes feindliches Artilleriefeuer gegen die deutschen Gräben ein. Anmittelbar hinter der Gaswolke trat um 616 abends die deutsche Infanterie zum Sturme an.
Im Bereich des XXIII. Reservekorps war vor Steenstraate das Abblasen des Gases nicht völlig gelungen, so daß der linke Flügel der von Generalleutnant Schöpflin geführten 45. Reserve-Division in starkem feindlichen Abwehrfeuer nur langsam Boden gewinnen konnte. Erst spät abends wurde der Ort Steensttaate von Teilen der 45. und 46. Reserve-Division unter erheblichen Verlusten genommen. Ein weiteres Vortragen des Angriffes in der Richtung auf Lizerne ging über die Kräfte der bereits stark geschwächten Truppe. Die Masse der 46. Reserve-Division unter Generalleutnant Hahn stieß dagegen schnell bis zum Kanal bei und nördlich Het Sas durch, überschritt ihn mit Teilen und legte Hand auf das westliche Kanalufer. Gegenüber Voesinghe konnte sie den Kanal jedoch nur stellenweise erreichen.
Vor dem rechten Flügel des XXVI. Reservekorps war die moralische Wirkung des Gases außerordentlich groß. Die Sturmabteilungen der unter Befehl des Generalleutnants Waldorf stehenden 52. Reserve-Division konnten ungehemmt durchstoßen und hatten bereits um 640 abends ihr Ziel, die Höhen bei Pilkem, erreicht. Dort wurden sie zunächst angehalten, da die Nachbardivisionen zurückgeblieben waren. Das Vorwärtskommen der östlich anschließenden 51. Reserve-Division war wesentlich schwieriger. Vor ihrer Front hatte das Gas bei und östlich von Langemarck entweder nicht durchschlagend gewirkt, oder die Truppe war nicht unverzüglich nachgestoßen. So konnten der äußerste rechte Flügel der Franzosen und die ostwärts anschließenden Kanadier hartnäckigen Widerstand leisten. Erst gegen 7° abends war das in früheren Kämpfen so heiß und blutig umstrittene Dorf Langemarck in deutscher Hand. Runmehr erhielt der Kommandeur der 51. Reserve-Division, Generalmajor Friedrich von Kleist, den Befehl, sich noch an diesem Tage in Besitz der Brücken über den Haanebeek südlich von Langemarck zu setzen und womöglich St. Julien zu nehmen.
Die als Reserve des Generalkommandos bereitstehende 37. Landwehr-Brigade wurde der erfolgreichen 52. Reserve-Division zur Verfügung gestellt und auf Pilkem vorgezogen. Gegen 746 abends meldete diese Division,
Der erste Erfolg des Gasangriffs bei Npern.
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daß sie im Vorgehen auf die Höhen südlich von Pilkem begriffen sei. Vor ihrer Front waren anscheinend auch die Artillerie und Reserven des Gegners in panikartiger Flucht mit zurückgerisien worden. Dagegen hatte der Feind gegenüber der 51. Reserve-Division Unterstützungen nach St. Julien herangeführt, die ein Vorwärtskommen erschwerten. Durch Flieger festgestellter Vahnverkehr auf der Strecke Hazebrouck—Poperinghe ließ vermuten, daß der Gegner weitere Verstärkungen dem Kampffelde zuführte. Die im Houthulster Walde zurückgehaltene 102. Reserve-Infanterie-Vrigade wurde daher noch in später Abendstunde bis Koekuit vorgeführt. Gegen 930 abends meldete die 51. Reserve-Division, daß die beiden Zaanebeek-Übergänge südwestlich von Langemarck in Besitz genommen seien; südwärts werde um einen weiteren Übergang noch gekämpft. Beiden Divisionen wurde nunmehr befohlen, die erreichten Stellungen zu halten und am nächsten Tage den Angriff fortzusetzen, die 37. Landwehr-Brigade angewiesen, auf den Höhen bei Pilkem eine Stellung als Rückhalt auszuheben. Der Kommandeur der schweren Artillerie erhielt Befehl, während der Nacht die Artillerie vorzuziehen und neu zu gliedern, um den Gegner westlich des Kanals sowie die Stadt Ppern unter Feuer nehmen zu können.
Somit hatte am 22. April das XXIII. Reservekorps den Gegner zwischen Steenstraate und Het Sas über den Kanal geworfen; das XXVI. Reservekorps war bis zu einer Linie südlich Pilkem—nordwestlich St. Julien durchgestoßen. Die Beute betrug an unverwundeten Gefangenen rund 1800 Franzosen und 10 Briten, ferner 51 Geschütze, darunter vier schwere, und etwa 70 Maschinengewehre.
Beim Gegner klaffte am Abend des 22. April zwischen dem Kanal und St.Julien eine breite Lücke. Von den Franzosen standen nur noch schwache Kräfte südöstlich von Voesinghe und, mit Kanadiern vermischt, nördlich von Kersselaere. Die Lücke wurde notdürftig durch britische Truppen gesichert, eine zusammenhängende Stellung war nicht mehr vorhanden. Da gleichzeitig die bei Ppern liegenden Kanalübergänge unter starkem deutschen Feuer lagen, das Truppenbewegungen und Nachschub durch die Stadt erschwerte, hatte sich die Lage für den im Ppern-Vogen stehenden Gegner bedenklich gestaltet.
Anter dem Eindruck des Erfolges dieses ersten Kampftages glaubte das Oberkommando der 4. Armee, das ursprünglich nur bis zum Z)ser-Kanal gesteckte Angriffsziel nunmehr wesentlich erweitern zu können, und erteilte am Morgen des 23. April Weisungen für die Fortsetzung des Angriffes „in Richtung Poperinghe". Dem XXIII.Reservekorps wurde als nächstes Ziel die Linie Pypegaele—Gegend südwestlich von Voesinghe zugewiesen. Das XXVI. Reservekorps sollte den Angriff in südlicher
23. Apr».
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Die Westfront von Mitte April bis Anfang August 1915.
Richtung fortsetzen, mit rechtem Flügel am Kanal entlang, um den vor dem XXVII. Reservekorps stehenden Feind im Rücken zu fassen. Zur Durchführung dieser Aufgabe wurde dem XXIII. Reservekorps die Armeereserve unter Generalmajor von Rundet (Teile der 43. Reserve-Division) zugeführt, deren 86. Reserve-Brigade unverzüglich an Stelle einer Brigade der 45. Reserve-Division eingesetzt wurde und diese dadurch für Angriffsaufgaben freimachte. Außerdem wurden vom Marinekorps zwei Regimenter in den Raum Staden—Houthulst gezogen.
Im Abschnitt des XXIII. Reservekorps war der linke Flügel der 45. Reserve-Division in der Nacht vom 22. zum 23. April von Lizerne her mehrfach angegriffen worden. Die deutschen Truppen wiesen die Vorstöße zwar ab, waren danach aber nicht mehr imstande, den befohlenen Angriff mit nachhaltiger Kraft vorwärtszutragen. So konnte die 45. Reserve-Division am 23. April lediglich den Abschnitt des Pperlöe-Vaches westlich von Steenstraate erreichen. Vor der 46. Reserve-Division hatte der Gegner an der Straße Lizerne—Voesinghe wieder Front gemacht und Verstärkungen herangeführt. Auch der Angriff dieser Division konnte infolgedessen nur in geringem Maße Boden gewinnen.
Die Truppen des XXVI. Reservekorps hatten am 23. April früh zunächst britische Gegenstöße abzuwehren. Um das Vorwärtskommen der 51. Reserve-Division zu fördern, hatte General Freiherr von Hügel bereits um 845 vormittags dem Kommandeur der Gastruppen befohlen, die noch verfügbaren Gasflaschen im Abschnitte dieser Division einzubauen. Aus dem um 12° mittags eintreffenden Armeebefehl zum Angriff entnahm der Kommandierende General des XXVI. Reservekorps, daß das Armee-Oberkommando „das Unternehmen auf Poperinghe als Hauptoperation, das Vorgehen des XXVI. Reservekorps nur als Nebenoperation betrachtete. Da für das Vorgehen über den Kanal in Richtung auf Poperinghe nicht genügend Kräfte zur Verfügung standen, war von vornherein ein Gelingen dieser Operation in Frage gestellt. Ebenso war das Vorgehen des Armeekorps mit rechtem Flügel am Kanal entlang unmöglich, solange das Nebenkorps nicht im Besitze von Voesinghe und im weiteren Vorgehen auf Poperinghe war. Nur dadurch konnte die starke feindliche Artilleriestaffel jenseits des Kanals beseitigt werden". Nach den bis zum Nachmittage beim Generalkommando des XXVI. Reservekorps einlaufenden Meldungen hatte sich der Gegner auf etwa 500 Meter Abstand vor den deutschen Linien eingegraben; von Ppern waren Verstärkungen herangeführt worden. Gegen 630 abends gingen englisch-französische Kräfte beiderseits der Straße Ppern—Pilkem zum Gegenangriff über, französische Truppen stießen über die Brücken bei Voesinghe vor. Zwar wurde der
Weitere deutsche Erfolge bei Ypern am 23. und 24. April.
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feindliche Angriff abgewiesen, aber auch die Vorwärtsbewegung des XXVI. Reservekorps war zum Stehen gekommen. Für den 24. April wurde der 52. Reserve-Division besohlen, die gewonnenen Stellungen zu halten. Die 51. Reserve-Division und die ihr inzwischen unterstellte 102. Reserve-Infanterie-Vrigade sollten im Anschluß an einen am 24. April früh durchzuführenden Gasangriff den Höhenrücken nördlich von Wieltje— Frezenberg gewinnen.
Inzwischen*) aber hatte die Ober st e Heeresleitung eingegriffen und dem Armee-Oberkommando 4 dargelegt, „daß Poperinghe als Operationsziel vorläufig gar nicht in Frage kommen und es sich für jetzt lediglich um Abschnüren des Z)pern-Sackes handeln könne"2).
In der Frühe des 24. April nahmen Teile der 45. und 46. Reserve-Division mit stürmender Hand das hart umstrittene Lizerne. Der linke Flügel der 46. Reserve-Division konnte in schweren, bis tief in die Nacht hinein währenden, verlustreichen Kämpfen das östliche Kanalufer gegenüber Voesinghe gewinnen.
Beim XXVI. Reservekorps war nördlich von St. Julien um 5° vormittags Gas abgeblasen worden; die 102. und 101. Reserve-Infan-terie-Brigade folgten der nur dünn entwickelten Wolke dicht auf. Ihr Angriff drang im Laufe des Vormittags nach hartnäckigen Kämpfen zunächst westlich von Kerffelaere, späterhin auch östlich davon allmählich weiter vor. Das Schicksal dieses vom Gegner mit zäher Entschlossenheit verteidigten Ortes war aber erst in den Mittagsstunden besiegelt. Südlich davon in den Gehöften und Hecken von St. Julien leistete der Feind aufs neue Widerstand. Nachmittags unterstellte das Armee-Oberkommando dem XXVI. Reservekorps die beiden Regimenter des Marinekorps. General Freiherr von Hügel erteilte daraufhin um 245 nachmittags nochmals Befehl, westlich von St. Julien durchzudrücken. Aber erst gegen 7° abends hatten die Regimenter der 51. Reserve-Division St. Julien kämpfend erreicht, mußten jedoch bald darauf vor angreifenden britischen Bataillonen den Ort wieder räumen. Bei der westwärts benachbarten 52. Reserve-Division war
*) Wahrscheinlich am 23. April fernmündlich befohlen, erst am 29. April nachträglich schriftlich festgelegt.
)Hierzu bemerkt General Ilse in einer Zuschrift vom 16. November 1931 an 1>a§ Reichsarchiv: „Diese Nachricht ist richtig . . . aufgenommen. Indessen hat sich die Oberste Heeresleitung geirrt und diesen Irrtum auch zugegeben, denn das Armee-Oberkommando hatte nicht Poperinghe als Operationsziel gesetzt, sondern ausdrücklich Richtung Poperinghe angegeben, der Ort, welcher an der Straße liegt, die in gerader Richtung von Ypern nach Westen führt. Damit sollte, wie gesagt, nur die allgemeine Richtung des Angriffs des XXIII. Reservekorps bedeutet werden . . ."
24. April.
Die Westfront von Mitte April bis Anfang August 1915.
der Tag im allgemeinen ruhig verlausen. Für den 25. April plante General Freiherr von Hügel die Fortsetzung des befohlenen Angriffes. Die Bereitstellung hierzu wurde auf 515 vormittags festgesetzt. Oberst Peterson war angewiesen worden, diesmal im Abschnitt der 52. Reserve-Division von der Straße Zjpern—Pilkem nach Osten bis zum Waldstück westlich von St. Julien Gasflaschen einzubauen.
Im Anschluß an das XXVI. Reservekorps war am 24. April auch der rechte Flügel des XXVII. Reservekorps zum Angriff angetreten. Seine Mitwirkung war derart vereinbart, daß eine mit Tagesanbruch hinter dem linken Flügel der 51. Reserve-Division bereitgestellte zusammengesetzte Brigade der 53. (sächsischen) Reserve-Division unter Generalmajor von Schmieden sich dem Vorgehen anschließen, weiterhin einschwenken und den Feind vor der 38. Landwehr- und 106. Reserve-Infanterie-Brigade von Nordwesten her aufrollen sollte. Im Verlauf ihres Angriffs stieß die von Poelcappelle vorgehende Brigade Schmieden aber auf einen ungeschwächten Gegner und mußte zum frontalen Angriff schreiten. (Erst nach Beseitigung dieses Widerstandes war ein Einschwenken südostwärts möglich. Am Abend des 24. April stand der rechte Flügel der Brigade in unentschiedenem Kampfe auf den Höhen nordwestlich von 'sGravenstafel.
Gegen die Truppen des XXIII. Reservekorps westlich des Kanals hatte sich bis zum 25. April das feindliche Feuer derart verstärkt, daß an eine erfolgreiche Fortführung des Angriffs nicht mehr zu denken war.
Dem XXVI. Reservekorps fiel am 25. April früh das vom Gegner wieder geräumte St. Julien in die Hand. Die 51. Reserve-Division hatte Befehl, die Ziele des 24. April, den Höhenrücken nördlich von Wieltje—Frezenberg, zu erreichen. Die 52. Reserve-Division sollte wirksam unterstützend in den Kampf der Nachbardivision eingreifen. Da brachen überraschend um 7° vormittags etwa sieben britische Bataillone südwestlich von St. Julien gegen die zum Angriff bereitgestellten deutschen Truppen vor. Der mit großer Kraft in verschiedenen Wellen vorgetragene feindliche Angriff konnte erst gegen 8° vormittags endgültig zum Scheitern gebracht werden. Aber auch die Stoßkraft der stark geschwächten deutschen Truppen war damit erlahmt; nur die Regimenter des linken Flügels der 51. Reserve-Division gewannen späterhin östlich von St. Julien im zähen Kampfe noch in geringem Maße Gelände.
Auf dem rechten Flügel des XXVII. Reservekorps wurde der Weg Fortuin—Mosielmarkt mit einbrechender Dunkelheit erreicht, etwa 1000 Kanadier waren gefangen genommen worden. Der zurückgeworfene
Französisch-britische Gegenangriffe bei Apern.
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Gegner vermochte jedoch mit Hilfe herangeführter Verstärkungen südlich dieses Weges von neuem Widerstand zu leisten.
Die weiteren Absichten des Oberbefehlshabers der 4. Armee gingen aus seinen bei einer Aussprache mit dem Kommandierenden General des XXIII. Reservekorps am Nachmittage des 25. April erteilten Weisungen hervor. General von Kathen betonte die Notwendigkeit, weiter anzugreifen und Voesinghe zu nehmen. Dieser Absicht widersprach jedoch der Armeeführer mit folgender Begründung: „Der Erfolg dieses Angriffes sei fraglich. Cr würde sehr große Opfer kosten, und es würde schwer sein, sich später in so großer Breite auf dem Westufer zu halten. Das Korps sollte sich mit dem Erreichten begnügen . . . Das Ziel der Operation der Armee sei zunächst, den Sack östlich Ypern durch Vorgehen des XXVI. Reservekorps abzukneifen. Erst dann käme ein Vorgehen über Voesinghe in Frage."
Am Nachmittage des 26. April erfolgten mehrere heftige französische 26.Wti(r Angriffe gegen die Front Steenstraate—Het Sas. Sie wurden von Territorialtruppen sowie Teilen der frisch eingesetzten 153. Infanterie-Division geführt und wirksam von britischer und belgischer Artillerie unterstützt. Die 46. Reserve-Division hatte einen schweren Stand; die Stellung westlich von HetSas wurde vom Gegner genommen, die Schleuse selbst aber konnte gehalten werden. Inzwischen war gegen 6° abends auch Lizerne aus nördlicher Richtung angegriffen worden und in Feindes Hand gefallen. Die Deutschen besetzten den alten französischen Graben östlich des Ortes. Ein beabsichtigter Gegenangriff kam im feindlichen Feuer nicht in Fluß.
Aus den im Laufe des Vormittags beim XXVI. Reservekorps eingehenden Meldungen ging hervor, daß der Gegner ein bis zwei frische Korps im Raume östlich von Ypern versammelt hatte und offensichtlich einen Gegenstoß plante, der durch kräftiges Feuer vorbereitet wurde. Bald nach Mittag brachen starke feindliche Kräfte — Teile der englischen 28. sowie der inzwischen herangezogenen 4., der 50. Territorial- und Lahore-Divi-sion — vom Kanal bis St. Julien zum Angriff vor. Alle Vorstöße scheiterten jedoch an der unerschütterlichen Haltung der deutschen Infanterie.
Wie bei St. Julien, so hatten auch in der Gegend von 'sGravenstafel am 26. April einsehende Gegenangriffe ein weiteres Vordringen des XXVII. Reservekorps verhindert.
In den folgenden Tagen versuchte der Gegner vergeblich, die durch 27. Apru vis Verluste bereits außerordentlich geschwächten Regimenter der 46. Reserve- 2Kai-Division des XXIII. Reservekorps wieder auf das östliche Kanal-
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Die Westfront von Mitte April bis Anfang August 1915.
ufer zurückzuwerfen. Von neuem brandeten die Angriffswellen gegen die deutsche Front. Die Division konnte jedoch, wirksam von der 45. Reserve-Division unterstützt, die neue Stellung am Z)perlse-Vache halten.
Das Generalkommando des XXVI. Reservekorps verzichtete in diesen Tagen auf Fortführung des Angriffes, weil ihm die Zahl der bislang eingebauten Gasflaschen als zu gering erschien. Ein Angriff ohne die Mitwirkung von Gas war aber angesichts des eingegrabenen, starken Gegners und der Schwäche der eigenen Artillerie fast aussichtslos. Infolgedessen verzögerte sich auch das weitere Vorgehen des XXVII. Reserve-korps, dessen Absicht dahin ging, mit starkem rechten Flügel von Norden her auf 'sGravenstafel durchzudrücken.
Inzwischen hatten sich bei dem englischen Oberbefehlshaber, Feldmarschall French, Bedenken gegen ein weiteres Halten der gefährdeten Ausbuchtung bei Apern geltend gemacht. Bereits am 27. April hatte er dem örtlichen Befehlshaber Anweisung erteilt, Vorbereitungen für ein Ausweichen in eine noch östlich von Z)pern gelegene rückwärtige Stellung zu treffen. Auf nachdrücklichen Einspruch des Generals Foch wurde jedoch die Ausführung dieser Absicht ohne Rücksicht auf die schwierige Gestaltung der Kampflage aufgeschoben. Ein englischer, am Abend des 29. April aufgefangener Funkspruch besagte: „Die Lage unserer Truppen sowohl der englischen wie auch der französischen Heeresteile bei Z)pern ist sehr ernst. Wir müssen uns auf schlimme Nachrichten gefaßt machen." Das Oberkommando der deutschen 4. Armee erblickte darin eine Bestätigung der eigenen Ansicht, daß der östlich von Dpern vorspringende Stellungsbogen für den Gegner mehr und mehr unhaltbar würde und bei Fortsetzung des Druckes mit einer baldigen Räumung zu rechnen sei.
Am 2. Mai trat die Kampfgruppe der 4. Armee nördlich von Z)pern unter Verwendung von Gas aufs neue zum Angriff an.
Die beiden Divisionen des XXVI. Reservekorps meldeten kurz nach 6° abends, daß die zwischen Pilkem und St. Julien eingebauten Gasflaschen geöffnet worden seien. Ihre Wirkung auf den Gegner wurde jedoch dadurch nachteilig beeinflußt, daß die Befehlsübermittlung infolge zerschossener Fernsprechleitungen empfindlich gestört war und infolgedessen gleichzeitiges Abblasen verhindert wurde. Auch der böige Wind beeinträchtigte die Gasdichte und damit eine Wirkung auf den schon mit einfachen Schutzmitteln versehenen Gegner. Die Angreifer stießen auf unüberwindlichen Widerstand.
Am 3. Mai wurde der 51. Reserve-Division, die nunmehr den Schwerpunkt des Angriffes auf ihren linken Flügel verlegen sollte, ein Marine-Infanterie-Regiment zur Verfügung gestellt. Der Gegner leistete aber auch
Der britische Rückzug östlich von Apern.
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dort, begünstigt durch das unübersichtliche, mit zahlreichen Cinzelhöfen bedeckte Gelände, zähen Widerstand.
Auf dem rechten Flügel des XXVII. Reservekorps war es dagegen der 38. Landwehr-Brigade am 2. Mai gelungen, an der Straße Mosielmarkt—Fortuin etwas Gelände zu gewinnen. Die östlich anschließende 105. Reserve-Infanterie-Vrigade (Schmieden) lag aber vor einem hartnäckig verteidigten Erdwerk im Wäldchen nördlich von 'sGravenstafel fest. Angesichts dieser geringfügigen, schwer erkämpften Erfolge schlug der Kommandierende General, General der Artillerie von Schubert, dem Armee-Oberkommando vor, von dem verlustreichen Vorarbeiten auf Zonnebeke Abstand zu nehmen und die dadurch stet werdenden Kräfte, mindestens eine Division, in der Gegend von Kersselaere zur Verfügung des Armeeführers zu versammeln, um den Angriff des XXVI. Reservekorps in der entscheidenden Richtung auf Ypern vortragen zu helfen. Das Armee-Oberkommando ging jedoch auf diesen Vorschlag nicht ein. So mußte die 105. Re-serve-Infanterie-Vrigade am 3. Mai das vom Feinde besetzte Crdwerk von neuem angreifen. Der mit Entschloffenheit durchgeführte Sturm war von vollem Erfolge begleitet.
Unter dem Drucke dieser Angriffe räumten die Briten in der Nacht 4. bis?. Mar. vom 3. zum 4. Mai den Stellungsbogen von Fortuin bis südwestlich von Gheluvelt. Das Generalkommando des XXVI. Reservekorps ließ daraufhin sofort die 51. Reserve-Division zum Angriff antreten. In ununterbrochenem Kampfe konnte bis zum Abend gegenüber hartnäckigem Widerstand nur die Linie Vanheule Fe.—Haanebeek-Tal erreicht werden.
Das XXVII. Reservekorps und das links benachbarte, im südlichen Teile des Ypern-Vogens stehende XV. Armeekorps fanden dagegen zunächst keinerlei Widerstand mehr. General von Schubert setzte den rechten Flügel der 53. Reserve-Division in der Richtung auf Frezenberg, den linken Flügel der 54. (württembergischen) auf Eksternest an. Vom XV. Armeekorps kam die Mitteilung, daß die 39. Infanterie-Division mit ihrem rechten Flügel gleichfalls im Nachdringen auf Eksternest begriffen sei.
Gegen 4° nachmittags lagen die Divisionen jedoch bereits wieder vor einer stark ausgebauten und besetzten feindlichen Stellung in der Gegend nordöstlich von Wieltje—Frezenberg—östlich von Hooge fest, die einen neuen sorgfältig vorbereiteten Angriff erforderlich machte; dieser wurde am 6. Mai nachmittags befohlen.
Das Oberkommando der 4. Armee, erfüllt von dem heißen Stteben, den Feind so schnell als möglich hinter die Yser zurückzutreiben, wollte den Angriff mit voller Kraft und von drei Seiten umfassend fortsetzen. Dabei sollte das XXVI. Reservekorps südwärts vorgehen und die Höhen um
48 Die Westfront von Mitte April bis Ansang August 1915.
Wieltje in Besitz nehmen, das XXVII. Reservekorps die ihm westwärts vorgelagerte Höhenstellung angreifen, das XV. Armeekorps den Gegner zwischen den Teichen von Vellewaarde und Zillebeke in nordwestlicher Richtung zurückwerfen. Der Beginn des Artilleriewirkungsschießens wurde auf den 8. Mai um 8° vormittags festgesetzt.
8. und s. Mai. Die Hauptlast der weiteren Angriffe trug das XXVII. Reservekorps.
Seine am 8. Mai nach etwa dreistündiger Artillerievorbereitung um 10bvormittags bei günstiger Witterung gleichzeitig zum Angriff gegen die britische 27. und 28. Infanterie°Division schreitenden Regimenter fanden die vordersten Gräben vom Gegner geräumt. Bei weiterem Vorgehen in dem offenen Gelände kam der Vorstoß jedoch in kräftigem feindlichen Abwehrfeuer bald zum Stehen. Immerhin war bei anbrechender Dunkelheit die beherrschende Höhenlinie westlich von Frezenberg—Eksternest in deutscher Hand.
Am nächsten Tage gegen 240 nachmittags ging vom Armee-Oberkom-mando 4 beim Generalkommando des XXVII. Reservekorps die Mitteilung ein: „Seine Königliche Hoheit geben zur Kenntnis, daß auf Grund eines aufgefangenen englischen Rückzugsbefehls4) alle Anzeichen dafür sprechen, daß die Engländer einen ernstlichen Widerstand auf dem östlichen Mer-Afer aufgegeben haben. Zur Zeit wird die 6. Armee von starken englischen Kräften angegriffen3). Cs ist mit Sicherheit anzunehmen, daß die Engländer alle verfügbaren Kräfte vor der 6. Armee zusammenziehen." General von Schubert befahl daraufhin eine neue Feuervorbereitung von 330 bis 5° nachmittags, die der Angriffstruppe den Gewinn kleiner Geländevorteile bis in Linie Verlorenhoek—Teich von Vellewaarde erleichterte. Das Ziel „Zurückdrängen des Feindes in seine letzte Stellung bei Potijze" wurde aber trotz aufopfernder Tapferkeit der angreifenden Regimenter nicht erreicht.
Am 9. Mai griffen außer den Truppen des XXVI. Reservekorps und des rechten Flügels des XV. Armeekorps, die nur unwesentliche Fortschritte erzielen konnten, an der Küste auch Teile des XXII. Reservekorps in den
Kampf ein. Der Angriff scheiterte jedoch auch dort infolge der starken Be-
setzung der feindlichen Gräben.
Mit dem 9. Mai fanden die Kampfhandlungen bei Vpern im großen ganzen ihren Abschluß. Der Gesamtangriff hatte die
i) Soweit festgestellt, ist ein Rückzugsbefehl nicht ertasten worden. Wohl aber waren für den Fall eines Rückzuges und einer Räumung der östlich von 7)pern gehaltenen Stellungen Anordnungen seitens des örtlichen Befehlshabers, Generals Plumer, am 29. April und 1. Mai getroffen worden. Vgl. brit. amtl. Werk III, S. 406
bis 410. — -) S. 58 s.
Weitere deutsche Angriffe bei Z)pern bis Anfang Mai.
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Deutschen bisher mehr als 35 000 Mann an Verlusten gekostet. Die Eng-länder beziffern die ihrigen in der Zeit vom 22. April bis 31. Mai auf 59 275 Mann; die der Franzosen werden nach eigenen Angaben als hoch bezeichnet, sie verloren allein am 22. April 18 000 Mann.
Der Angriff bei Ypern war über Anfangserfolge nicht hinausgekommen, das Ziel, die Abschnürung des Ypern-Bogens, trotz Einsatzes des neuen Gaskampfmittels nicht erreicht worden. Die Gründe hierfür lagen vornehmlich darin, daß am 22. April die Überraschung des Gegners infolge des baldigen Cinbrechens der Nacht nicht völlig hatte ausgenutzt werden können. Wenn der Feind Anfang Mai dann doch noch auf die vorbereitete Stellung Wieltje—Klein-Zillebeke zurückwich, so geschah dies unter dem Drucke der trotz erheblicher Verluste immer wieder angreifenden Truppen des XXVI. und XXVII. Reservekorps. Die Anfangserfolge nördlich von Ypern wojren jedoch zweifellos in erster Linie dem Kampfgase zu verdanken, das damit in den Augen der Führung und Truppe trotz anhaftender Unzulänglichkeiten feine Kriegsbrauchbarkeit*) als neue Waffe erwiesen hatte.
o) Die Angriffskämpfe der Armee-Abteilungen Strantz und Gaede.
Karte 1, Skizze 2 und Band VII, Karten 7 und 8.
Die schweren Angriffe, die die Franzosen von Ende März bis Mitte April gegen die beiden Flügel der Armee-Abteilung Strantz2) gerichtet hatten3), waren als gescheitert anzusehen; die deutsche Abwehrfront stand unerschüttert. Nur aus der Combres-Höhe hatte sich die Lage zugespitzt. Dort sollte Entlastung durch einen Vorstoß des V. Armeekorps — Führer General der Infanterie von Oven — gebracht werden, dem für diese Aufgabe die 9. und 111. Infanterie-Division zur Verfügung standen.
Als Angriffsziel bezeichnete der Armeebefehl vom 18. April das Vorschieben der eigenen Stellungen auf den Maas-Höhen beiderseits der
*) Generaloberst a. D. von Schubert betont in einer Zuschrift vom 30. August 1931 an das Reichsarchiv, baff das Gas in den Kämpfen bei Dpern nur ein einziges Mal voll zur Auswirkung gekommen sei, nämlich am 22. April nördlich von Pilkem. Ein Mangel bei der Anwendung des Gases habe vor allem darin bestanden, daß bei der Verschiedenheit der Bodenbeschaffenheit namentlich auf breiterer Kampffront eine gleichartige Wirkung nicht erzielt werden konnte. Zudem sei die Anwendung des Gases auch dadurch beeinträchtigt worden, daß die für das Abblasen festgesetzte Zeit fast niemals innezuhalten war.
2) Zusammensetzung der Armee-Abtlg. Strantz siehe Karte 1.
3) Band VII, S. 67 ff.
t Weltkrieg. VIII. Band. 4
18. April bis 7. Mai.
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Die Westfront von Mitte April bis Anfang August 1915.
15. April bis Z. Mat.
Grande Tranchse de Calonne nach Norden bis zur Linie Cote des Hures— Les Taillis de Saulx. Am 24. April traten die 111. und 9. Infanterie-Division zum Sturm an. Er hatte Erfolg. Etwa 1600 Gefangene und 20 Geschütze fielen in deutsche Hand. Der am folgenden Tage gegen die Kuppe der Combres-Höhe angesetzte Angriff der 10. Infanterie-Division führte bei sehr starker feindlicher Gegenwehr nicht zum Ziele. Auch in den übrigen Kampfabschnitten des V. Armeekorps nahm der Widerstand der Franzosen bald zu, so daß der deutsche Angriff trotz Einsatzes der 113. Infanterie-Division nur noch wenig Boden gewann. Wenn die gesteckten Ziele auch nur zum Teil erreicht wurden, so war dem Gegner doch ein Stück des Geländes südwestlich der Combres-Höhe entrissen und damit die bedrohliche Lage auf dieser Front erheblich verbessert worden. Die Beute hatte sich auf 2500 Gefangene und 30 Maschinengewehre erhöht. Ant Abend des 3. Mai befahl General von Strantz die Fortsetzung des Angriffs an und östlich der Grande Tranchee de Calonne. Der am 5. Mai mit großer Tapferkeit durchgeführte Sturm erzielte jedoch nur in der Mitte der Angriffsfront bei der inzwischen eingeschobenen 33. Reserve-Division geringen Geländegewinn. Am 7. Mai fanden die Vorstöße hier ihren vorläufigen Abschluß.
Gleichzeitig mit diesen Kämpfen hatten sich an der Südfront der Armee-Abteilung bei und westlich von Apremont seit dem 22. April stärkere französische Angriffe entwickelt. Am 5. Mai schritten Teile des III. bayerischen Armeekorps mit der diesem unterstellten 80. Infanterie-Brigade des VIII. Armeekorps zum Gegenangriff. In entschlossenem Anlauf wurde das Angriffsziel, die feindlichen Gräben im Ailly-Wald, zum Teil nach erbitterten Nahkämpfen, erreicht; etwa 2000 Gefangene fielen in deutsche Hand.
Im Bereich der A r m e e - A b t e i l u n g G a e d e1) war es den Fran-zosen geglückt, sich Anfang April in den Besitz des Hartmannsweilerkopses zu setzen und nunmehr die Bahnlinie Colmar—Mülhausen unter beobachtetes Feuer zu nehmen'). Nach einem ersten mißlungenen Versuch gelang die Wiedereroberung dieser beherrschenden Höhe am 25. April vollständig; die Kuppe wurde aber am folgenden Tage wieder aufgegeben. Inzwischen hatten sich im Abschnitt der 8. bayerischen Reserve-Division südwestlich von Münster heftige Kämpfe entwickelt, die zur Zurücknahme des linken Flügels der Division am 17. April zwangen. Mittlach und der Schnepfenriethkopf gingen dabei verloren^).
0 Zusammensetzung der Armee-Abtlg. Gaede siehe Karte 1. -) Band VII, S. 72. — ->) Band VII, 6. 72.
Die Pläne der verbündeten Westgegner im Frühjahr.
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Als im Laufe des Monats April der größte Teil der Division Fuchs und die von der Armee-Abteilung Falkenhausen zur Verfügung gestellte 42. Kavallerie-Brigade der 7. Kavallerie-Division das Ober-Clsaß verlaffen hatten, trafen als Ersatz insgesamt 15 Bataillone, darunter die früher nach Antwerpen abgegebene 1. bayerische Landwehr-Brigade und zwei Jäger-Bataillone, sowie zehn Batterien ein. Diese Truppen wurden teils den schon bestehenden Landwehr-Divisionen eingegliedert, teils fanden sie zur Bildung einer neuen, der 12. Landwehr-Division, Verwendung, so daß die Armee-Abteilung Gaede Anfang Mai aus einer Reserve- und vier Landwehr-Divisionen bestand.
2. Die Maßnahmen der französischen und englischen Führung bis Anfang Mai.
Karten 1 und 3, Skizzen 3 und 4. Anlage 1.
Der französischen ober st en Führung war es in den schweren Winterschlachten des Jahres 1914/15 nicht gelungen, ihren großen Offensivplan, der einen konzentrischen Angriff in der Champagne und im Artois zur Abschnürung des dazwischen liegenden deutschen Frontbogens zum Ziele hatte1), zu verwirklichen. Die Durchführung des beabsichtigten Angriffs im Artois war vornehmlich an der Weigerung des Feldmarschalls French gescheitert, die sofortige Ablösung des zur Teilnahme an der Offensive bestimmten französischen IX. und XX. Korps durch britische Kräfte zu veranlaßen-). Inzwischen waren im Artois die Vorbereitungen bei der französischen 10. Armee im Frühjahr 1915 fortgesetzt worden. An sich erschien eine baldige Durchführung erfolgverheißend, da die deutsche Heeresleitung, wie mit Sicherheit von seiten des französischen Generalstabes angenommen wurde, im Begriff stand, angesichts der Lage auf dem russischen Kriegsschauplatz, den Schwerpunkt der Kriegführung nach dem Osten zu verlegen'). Die zahlenmäßige Überlegenheit der Westmächte mußte ausgenutzt werden, um gleichzeitig die russische Kampffront zu entlasten.
Über die Führung der Operationen hatte der Oberbefehlshaber der „Provisorischen Heeresgruppe Nord", General F o ch , dem Höchstkommandierenden, General Ioffre, eingehende Vorschläge unterbreitet. Eine Entscheidung, so hieß es in einer von ihm am 19. März vorgelegten Denkschrift, könne nur durch Angriff erzielt werden. Bei den gegenwärtigen Verhältnissen des Stellungskrieges verspräche ein solcher nur dann Erfolg,
0 Band VI, S. 384. — 2) Band VII, S. 56/57. — 3) Band VII, S. 40.
4*
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Die Westfront von Mitte April bis Anfang August 1915.
wenn er aus einer auf breitester Grundlage angelegten action generale und einer an taktisch günstiger Stelle auszuführenden action decisive bestehe. Im Rahmen der ersteren mühten sämtliche zwischen dem Meere und Verdun stehenden Armeen Angriffe mit begrenzten Zielen unternehmen oder den Gegner wenigstens unter Androhung einer Offensive fesseln. Den Hauptstoß als action decisive sollte die französische 10. Armee in der Gegend nördlich von Arras führen. Eine wirkungsvolle Unterstützung werde die Angriffsoperation finden, wenn die britischen Truppen unter Durchführung eines Ablenkungsvorstoßes südlich von Armentieres in der Richtung auf Warneton—Messines') und gleichzeitig bei La Vassee angreifen würden. Erwünscht sei ferner, daß die Belgier beiderseits von Dixmude vorstießen. General Ioffre hatte diesen Vorschlägen seine Zustimmung erteilt und am 24. März die Beteiligung der Engländer erbeten. Er betonte dem englischen Oberbefehlshaber gegenüber, daß die vorherige Ablösung des fränkischen IX. und XX. Korps, deren Einsatz bei dem Angriff der 10. Armee erforderlich sei, durch britische Truppen nunmehr unbedingt erfolgen müsse.
Am 29. März fand im französischen Großen Hauptquartier zu Chan-tilly eine Zusammenkunft zwischen dem französischen Kriegsminister Mille-rand und General Ioffre sowie dem englischen Staatssekretär des Krieges, Lord Kitchener, und Feldmarschall French statt, bei der der Beginn des gemeinsamen Angriffs auf den 1. Mai angesetzt wurde. Lord Kitchener versprach, dem britischen Oberbefehlshaber rechtzeitig zwei neue Divisionen zu senden, mit deren Hilfe die Ablösung der beiden französischen Korps bis zum 20. April erfolgen könne.
Bereits am 24. März hatte General Foch dem Höchstkomman-dierenden den Angriffsplan für die französische 10. Armee vor-gelegt. Der Hauptstoß sollte aus der Gegend Carency—Roclincourt in der Richtung auf die Höhen südwestlich von Vimy geführt werden; Nebenangriffe würden aus dem Hange der Loretto-Höhe und in der Richtung aus die Höhe westlich von Vailleul erfolgen. Vor dem Sturm sollte eine mehrere Tage andauernde artilleristische Vorbereitung unter besonderer Mitwirkung der schweren Artillerie stattfinden. Erforderlich sei eine Verstärkung der 10. Armee um drei frische Korps und etwa 72 schwere Geschütze. An Munition müßten etwa 91000 Schuß für die schwere und 600 000 Schuß für die Feldartillerie vorhanden sein. Für den Haupt- und südlichen Seiten-angriff könne mit einer Dauer von zehn, für den Vorstoß auf der Loretto-Höhe von sechs Tagen gerechnet werden. Der Höchstkommandierende hatte
i) Messines 3-/r km nordwestlich von Warneton.
Die französisch-britischen Angriffsvorbereitungen im Artois.
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sich mit diesen Vorschlägen einverstanden erklärt und am 6. April General Foch davon in Kenntnis gesetzt, daß er für die Durchführung der Offensive nunmehr auf den Einsatz des IX. und XX. Korps rechnen könnte, die beide auf je drei Divisionen verstärkt werden würden; außerdem sei die Heranführung einer weiteren Division beabsichtigt.
An dem Angriff derbritischenTruppen sollten nach einer Mitteilung des Feldmarschalls French an General Foch vom 9. April zehn Divisionen Infanterie und fünf Kavallerie-Divisionen, diese als Reserve, sowie 500 Feld- und 100 schwere Geschütze teilnehmen. Der Hauptangriff werde aus der Linie Neuve Chapelle—Festubert erfolgen mit dem Ziele, nach erzwungenem Durchbruch durch die deutsche Front die Straße Fomnes— La Vassae zu erreichen. Weiter nördlich würde gleichzeitig ein Vorstoß in der Gegend von Fromelles erfolgen. Der Angriff sollte an demselben Tage wie der der französischen Armee beginnen.
Die in der zweiten Hälfte des Monats April im französischen Großen Hauptquartier einlaufenden Meldungen bestärkten die oberste Führung in ihrer Auffassung, daß nicht unerhebliche Kräfte der Deutschen aus der Kampffront herausgezogen seien. So waren Mitte April größere Teile des preußischen Gardekorps im Elsaß in Reserve festgestellt worden. Am 20. April teilte der Höchftkommandierende den Oberkommandos der 4., 5. und 6. Armee mit, daß sich die Zahl der Bataillone und Batterien an der deutschen Front zwischen Arras und der Maas erheblich vermindert habe. Ob diese Truppeneinheiten zurückgezogen seien, um nach anderer Stelle abbefördert zu werden oder um neue Reserven zu bilden, stehe dahin. Die französische oberste Führung sei jedenfalls der Ansicht, daß die Deutschen in der nächsten Zeit ihre rein defensive Haltung auf dem französisch-belgischen Kriegsschauplatz nicht ändern würden. Vis zum 21. April erhielt die französische Heeresleitung von der Aufstellung 13 neuer deutscher Divisionen aus Truppen bereits bestehender Verbände Kenntnis; sie schienen als Verfügungstruppen der deutschen Obersten Heeresleitung dienen zu sollen.
Inzwischen vollzog sich bei der 10. Armee, deren Führung am 2. April General d'Arbal übernommen hatte1), der Aufmarsch der zum Angriff bestimmten Verbände. Das IX. und XX. Korps trafen nach Ablösung durch die Engländer in der Zeit vom 9. bis 16. April hinter der Front der 10. Armee ein. Von den eben überwiesenen neuen Divisionen trat die 152. zum IX., die 153. zum XX. Korps. Am 25. April
x) Der bisherige Oberbefehlshaber der 10. Armee, General de Maud'huy, war Führer der 7. Armee geworden.
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Die Westfront von Mitte April bis Ansang August 1915.
sollte zur Verfügung des Generals Foch die marokkanische Division bei St. Pol ausgeladen werden. Sie trat zum XXXIII. Korps.
Da trat ein Ereignis ein, das den Aufmarsch der Angriffsverbände in letzter Stunde zu durchkreuzen drohte. Völlig überraschend griff die deutsche 4. Armee im Z)pern-Vogen unter Verwendung von Kampfgas an1). Nur unter äußerster Kraftanstrengung vermochten die hier kämpfenden Truppen sich der drohenden Gefahr zu erwehren. Am einen Durchbruch zu verhüten, erwies sich die schleunige Heranführung des Generalkommandos des IX. Korps sowie der 18., 152. und 153. Infanterie-Division von der 10. Armee als dringend erforderlich. Als Ausgleich wurde vom Höchstkommandierenden am 27. April der Übertritt des XVII. Korps und der 53. Infanterie-Division von der 2. Armee zur 10. angeordnet. Das XVII. Korps übernahm den für das IX. Korps vorgesehenen Abschnitt nördlich von Arras, die dort zurückgebliebene 17. Infanterie-Division trat zum XVII. Korps über. Erst nach Entspannung der Kampflage bei Z)pern konnte der Höchstkommandierende am 4. Mai den Rücktritt des Generalkommandos des IX. Korps und der 18. Infanterie-Division zur 10. Armee anordnen. General d'Arbal, der die 17. Infanterie-Division als Armeereserve bereitgestellt hatte, löste daraufhin diese Division durch die 18. ab und schob das IX. Korps, das nunmehr aus der 17. und 58. Infanterie-Division bestehen sollte, auf dem linken Armeeflügel südlich von La Vassäe in die Kampffront ein.
Am 30. April hatte General d'Arbal dem Höchstkommandierenden gemeldet, daß die 10. Armee am 7. Mai zum Angriff bereit stehen werde. Vom englischen Oberbefehlshaber war am 3. Mai die Mitteilung eingegangen, daß dort der Angriff am 8. Mai erfolgen könne. General Ioffre sehte nunmehr für die 10. Armee den Beginn der Offensive auf den 7. Mai fest und erklärte sich mit dem von den Briten gewählten Zeitpunkt einverstanden. Infolge ungünstiger Witterung mußte indessen der Beginn des Angriffs auf den 9. Mai verschoben werden.
Am den Angriff der 10. Armee wirksam zu unterstützen und die Kräfte des Gegners im Sinne der von General Foch gemachten Vorschläge zu feffeln, waren den Armeen der Mitte und des rechten Heeresflügels von der französischen Heeresleitung Angriffsunternehmungen mit begrenzten Zielen anbefohlen. König Albert von Belgien wurde am 5. Mai gebeten, in den entscheidenden Tagen vor Dixmude erhöhte Kampftätigkeit zu entfalten.
In dem anzugreifenden deutschen Frontabschnitt von Loos bis Arras nahm die französische Führung — zutreffenderweise — vier Infanterie-
*) S. 38 ff.
Der Aufmarsch der gegnerischen Streitkräfte im Artois.
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Divisionen an; mit der Heranbeförderung von dreieinhalb deutschen Divisionen bald nach Beginn der Offensive wurde gerechnet. Demgegenüber verfügte die französische 10. Armee am Vorabend des Angriffs über 18 Divisionen Infanterie und ein Kavalleriekorps. Hiervon befanden sich zweieinhalb Infanterie-Divisionen und das Kavalleriekorps zunächst in Reserve, eine Territorial-Division war zur Ausführung von Crdarbeiten ausgeteilt. Die britische 1. Armee bestand aus neun Divisionen Infanterie, von denen eine in Reserve, zwei am Vorstoß nicht beteiligt waren. Außerdem hielt der Oberbefehlshaber eine weitere Division Infanterie und zwei Kavalleriekorps für ein Eingreifen bereit. An Artillerie besaß die französische 10. Armee 780 leichte1) und 310 schwere2) Geschütze2), während die britische 1. Armee über 516 leichte und 121 schwere Geschütze1) verfügte. Kurz vor Beginn der Offensive, am 9. Mai früh, ordnete General Ioffre noch die sofortige Heranbeförderung von zwei weiteren Divisionen an5). Gleichzeitig wies er das Oberkommando der 2. Armee an, das 1. Kavalleriekorps nordwestlich von Amiens zu seiner Verfügung bereitzustellen. Schließlich wurde der 7. Armee befohlen, die ihr unterstehende 6. Kavallerie-Division als Heeresreserve in die Gegend von Hesdin—Alwin zu befördern.
In den Angriffsbefehlen wurde als Ziel der Durchbruch durch die deutsche Front bezeichnet. Alle Angriffsabteilungen sollten von Anfang an mit äußerster Kraft vorwärtsdrängen und den Gegner beim Zurückweichen durch baldigst eingeleitete Verfolgung am Wiederfestsetzen hindern.
Z. Der Beginn der Lrühsahrsschlachr im Artois.
Dei der Verlegung des Schwerpunktes der Kriegführung vom westlichen zum östlichen Kriegsschauplatz und der Überführung starker Kräfte Mitte April zur Offensive nach Galizien hatte General von Falkenhayn von vornherein damit gerechnet, daß die Westmächte diese Schwächung des deutschen Westheeres zu großen Entlastungsoffensiven ausnutzen würden5). Rach Abbeförderung von neun Infanterie-Divisionen nach dem Osten hatte sich Anfang Mai die Gesamtstärke der deutschen We st front auf rund 97 Infanterie-Divisionen verringert, denen
*) 90 mm-Kaliber und weniger.
2) 95 mm-Kaliber und mehr.
3) Rach den Angaben des franz. amtl. Werkes, Band III und X. Vgl. über-sicht, Anlage 1.
4) Nach den Angaben des brit. amtl. Werkes, Band IV.
°) Verstärkte 6. I. D. von der 5. Armee und 55. I. D. von der 6. Armee.
<=) S. 1.
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Die Westfront von Mitte April bis Ansang August 1915.
schätzungsweise 110 bis 112 feindliche, an Stärke den deutschen überlegene Divisionen gegenüberstanden, so daß sich ein Übergewicht der Gegner von etwa 13 bis 15 Divisionen ergab. Von den 97 Divisionen des Westheeres verfügte die Oberste Heeresleitung unmittelbar über 7% Divisionen als Heeresreserven. Davon standen die 58. und 115. Infanterie-Division im Bereich der 6. Armee, je eine verstärkte Infanterie-Vrigade hinter der 2. und 7. Armee, die 117. Infanterie-Division im Raume der 3. Armee. Das VIII. Armeekorps*) war hinter der Armee-Abteilung Strantz untergebracht, während das X. Reservekorps im Abschnitt der Armee-Abteilung Falken-hausen in Reserve stand. Bei der fechtenden Truppe verfügte in dieser Zeit die Westfront über rund 4000 Feldgeschütze moderner Art — Kanonen und leichte Haubitzen — neben 350 alten Feldkanonen und an schweren Geschützen über 615 Steilfeuer-, 210 Flachfeuergeschütze neuer Art, 190 Steil-feuer-, 320 Flachfeuergeschütze alter Art oder Beutegeschühe sowie über 10 Geschütze schwersten Steilfeuers. Außerdem befand sich eine Fuß-artillerie-Reserve der Obersten Heeresleitung in Aufstellung, die zur Zeit aus 128 schweren Feldhaubitzen, 68 Mörsern und 80 schweren Flachfeuergeschützen bestand.
Als Ausgleich für die zahlenmäßige Unterlegenheit sowie zur größeren Sicherheit gegen feindliche Angriffe und damit zur Erhöhung der Verteidigungsfähigkeit der Westfront war es geboten, den Ausbau des S t e l -lungssystems nach Möglichkeit zu steigern. Vor seiner Abreise zum östlichen Kriegsschauplatz am 4. Mai hatte General von Falkenhayn noch einmal die vorzugsweise bedrohten Armeen zwischen Meer und Oise sowie in der Champagne darauf hingewiesen, sich durch Anlage rückwärtiger Stellungen vermehrte Sicherheit zu schaffen. Reben Tiefengliederung der vorderen Stellung wurde der Vau von rückwärtigen gefordert, die mindestens zwei Kilometer zurück liegen sollten. Freilich waren die Mittel der Armeen zur Durchführung dieser Weisungen unzulänglich. Vis auf schwache Reserven waren ihre Kampftruppen an die vordere Linie und deren Ausbau gebunden, Arbeiterabteilungen standen ihnen nur in geringfügigem Maße zur Verfügung. Vei dem Drängen auf Schaffung zurückliegender Stellungen erstrebte der Chef des Generalstabes des Feldheeres keineswegs ein starkes zweites Stellungssystem im weiteren Hintergelände des Kriegsschauplatzes, wie es General Wild von Hohenborn in seiner Denkschrift vom Dezember 19142) empfohlen hatte. Rach wie vor sollte streng daran festgehalten werden, daß bei feindlichen Angriffen die vorderste Stellung
*) Ohne die 80. I. Br., die beim III. bayerischen A. K. eingesetzt war. S. 50.
2) Band VII, S. 18.
Das Kräfteverhältnis im Westen.
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gehalten oder, falls verlorengegangen, wieder genommen werden müßte. In dieser Anschauung befand sich General von Falkenhayn in Übereinstimmung mit den Führern der Westarmeen.
Noch waren bestimmte Anzeichen für Zeit und Ort einer großen Offensive der verbündeten Westmächte nicht erkennbar; am ehesten deutete das Verhalten des Gegners vor der Front der deutschen 6. Armee auf Angriffsabsichten hin.
a) Die Kämpfe der 6. Armee vom 9. bis 14. Mai.
Karten 1 und 3, Skizzen 3, 4, 5, 6, 7. Anlage 1.
Die 6. Armee1) unter Generaloberst Rupprech t Kronprinz von Bayern hielt mit 13 Divisionen Infanterie einen Frontabschnitt von etwa 90 Kilometer Ausdehnung westlich der Linie Menin—Cambrai; dahinter standen als Reserve der Obersten Heeresleitung die 58. und 115. Infanterie-Division. Die artilleristische Kampfkraft der 6. Armee betrug rund 520 Feldkanonen, 140 leichte Feldhaubitzen und 150 schwere Geschütze, außerdem bei der 58. und 115. Infanterie-Division noch 60 Feldkanonen, 12 leichte und 12 schwere Feldhaubihen. Die deutschen Kampfgräben im Artois lagen im allgemeinen da, wo im Herbst 1914 die Angriffskraft der 6. Armee erlahmt war. Sie entsprachen daher großenteils nicht den an eine günstige Verteidigungslinie zu stellenden Anforderungen. Westlich von Lille verlief die deutsche Front bis zum Kanal von La Vaffse zunächst in dem sehr unübersichtlichen Flandrischen Tieflande. Der Grundwafferstand reichte dort bis dicht unter die Erdoberfläche. Auch noch südlich von La VassLe bereitete der vielfach von Wasseradern durchzogene Boden dem Ausbau und Ausharren in den Stellungen die größten Schwierigkeiten. Südwärts schloß sich flaches Hügelland an, das besonders im Kohlengebiete von Lens dicht besiedelt war. In dem weithin offenen Lande südlich von Lens sprang die deutsche Stellung bogenartig westwärts vor und deckte dadurch den Höhenzug von Vimy. Dieser Rücken beherrschte die Ebene von Douai und besaß daher außerordentliche Bedeutung. Bei dem tiefgelegenen Dorfe Souchez stieß von Westen her die überragende Loretto-Höhe keilartig in die Front der 6. Armee. Weiter südwärts umzogen die deutschen Linien beiderseits der Scarpe im Halbkreise die Vororte der Stadt Arras, um dann von Tilloy ab auf einem flachen Höhenzuge zu verlaufen. In der südlichen Hälfte des Frontabschnittes der 6. Armee überlagerte eine Lehmschicht wechselnder Stärke Kalk- und Kreideboden. Der Lehm erschwerte bei nasiem Wetter jede Bewegung, die ausgehobene weiße Kreide leuchtete
0 Zusammensetzung der Armee siehe Karte 1.
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Die Westfront von Mitte April bis Anfang August 1915.
weithin und verriet der Erd- und Luftbeobachtung die Befestigungsanlagen. Die Armee verfügte nur über eine gute Stellung; von einer zweiten hatte erst eine StüHpunktlinie geschaffen werden können, bei der durchlaufende Schützengräben noch fehlten.
Abgesehen von dem mißglückten Angriffe der Engländer bei Neuve Chapelle im März") hatten die Gegner seit der Dezemberschlacht im Artois größere Vorstöße nicht mehr unternommen. Die regnerischen Monate waren unter andauernden Grabenkämpfen verstrichen, die weder der einen noch der anderen Seite nennenswerten Geländegewinn gebracht hatten. Erst seit Ende April machten Vorbereitungen aller Art und Nachrichten über neuaufgestellte Verbände es wahrscheinlich, daß ein großer, auf Durchbruch zielender feindlicher Angriff nördlich von Arras bevorstehe.
Seit Beginn des Monats Mai steigerte sich die feindliche Feuertätigkeit von Tag zu Tag. Die meist trübe Witterung erschwerte die eigene Luftaufklärung, bei sichtigem Wetter legte der an Fliegerverbänden, namentlich an Kampfflugzeugen, stark überlegene Gegner sie oft lahm. Die Lage wurde durch die Truppe verschieden beurteilt. Das lag zudem auch daran, daß genügende Erfahrung im Erkennen feindlicher Angriffsvorberei-tungen noch fehlte. Mehrere Divisionen hielten einen nahe bevorstehenden feindlichen Angriff hauptsächlich deshalb noch nicht für wahrscheinlich, weil die vordersten französischen Gräben stellenweise mehr als 200 Meter entfernt lagen, und ein Vorgehen über das freie Gelände im starken Abwehrfeuer wenig Aussicht auf Erfolg zu bieten schien.
Plötzlich erfolgte am 8. Mai nachmittags westlich von Liovin durch Truppen der französischen 43. Infanterie-Division ein Vorstoß, der nach heftigem Kampfe scheiterte. In der Nacht vom 8. zum 9. Mai strich das gegnerische Feuer, besonders fühlbar dasjenige schwerer, neuartiger Minenwerfer, stoßweise über die deutschen Gräben hin. Als der 9. Mai anbrach, flaute es ab. Nur vereinzelte Artillerieschüsie unterbrachen die sonntägliche Stille. Klares und schönes Wetter begünstigte die Sicht, s. Mat. Da setzte um 6° vormittags schlagartig wiederum starkes Feuer insbesondere auf die Abschnitte des VII. und XIV. Armeekorps sowie des I. bayerischen Reservekorps ein, das an Heftigkeit stetig zunahm. Allmählich steigerte es sich zwischen 9° und IO30 vormittags zum Trommelfeuer. Mehrfach eingelegte kurze Feuerpausen lockten die nunmehr den feindlichen Ansturm erwartenden deutschen Verteidiger aus ihren Deckungen heraus. Von neuem einsehendes Trommelfeuer fügte ihnen dann Verluste zu. Die Wirkung der zahlenmäßig dem Gegner erheblich
*) Band VII, S. 58 ff.
Der britisch-französische Ansturm am 9. Mai.
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unterlegenen deutschen Artillerie konnte nur gering sein. Eine schwarzgelbe Rauch- und Staubwolke hüllte die deutsche Kampfstellung ein. Die Bereitstellung des Gegners, zum Sturm erfolgte so geschickt, daß sie nirgends sicher erkannt wurde. So traf der nach zahlreichen Minensprengungen vorbrechende feindliche Angriff die deutsche Truppe und Führung bis zu einem gewissen Grade überraschend.
Nördlich des La Vassöe-Kanals beteiligten sich die britischen Truppen verhältnismäßig schwach am Kampfe. Sie richteten gegen das II. bayerische und XIX. (sächsische) Armeekorps lediglich verstärktes Feuer. Dagegen waren sie bereits gegen 6° vormittags gegen den Abschnitt der 6. bayerischen Reserve-Division und gegen die Mitte des VII. Armeekorps zum Angriff geschritten. Nördlich von Fromelles gelang es Teilen des englischen IV. Korps, in die Stellung der 6. bayerischen Reserve-Division einzubrechen. Cs entspannen sich erbitterte Nahkämpfe. Vis zum Abend waren die eingedrungenen Engländer entweder vernichtet oder gefangen. Bei Richebourg l'Avouö unternahmen das englische I. und indische Korps wiederholte Vorstöße. Sie erreichten stellenweise die Gräben des VII. Armeekorps, brachen aber dort zusammen.
Die Träger des Angriffes waren vornehmlich die Franzosen. Ihr Hauptstoß traf gegen 11® vormittags den linken Flügel des XIV. Armeekorps und das I. bayerische Reservekorps zwischen Lens und Arras. Außerdem richtete sich weiter nördlich ein Rebenangriff des französischen IX. Korps bei Loos gegen die Mitte des XIV. Armeekorps (29. Infanterie-Division). Der Gegner drang dort beiderseits der Straße Vethune—Lens ein, konnte aber in kraftvoll geführtem Gegenstoß wieder zurückgeworfen werden. Dagegen wurde im Abschnitt der 28. Infanterie-Division ein auf der Loretto-Höhe liegendes badisches Regiment nach schweren Verlusten in einen rückwärtigen Graben zurückgedrückt. Als Verstärkung konnte ihm noch am Abend ein sächsisches Jäger-Bataillon zugeführt werden. Dieses sollte auf Befehl des Divisionskommandeurs, Generalmajors von Trotta gen. Treyden, gemeinsam mit dem badischen Regiment die bisherige Stellung wieder nehmen. Südlich der Loretto-Höhe konnten die von den Wogen des Kampfes hart umbrandeten Ortschaften Ablain-St. Razaire und Carency gehalten werden.
Während das XIV. Armeekorps somit seine Stellung mit Ausnahme der Gräben an der Loretto-Kapelle im wesentlichen behaupten konnte, wurde im Befehlsbereiche des Generals der Infanterie Ritters von Fasbender, Kommandierenden Generals des I. bayerischen Reserve-korps, die 5. bayerische Reserve-Division des Generals der Infanterie Freiherrn Kreß von Kressenstein trotz entschlossener Gegenwehr aus ihrer
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Die Westfront von Mitte April bis Anfang August 1915.
Front südlich von Carency bis in die allgemeine Linie Cabaret rouge— Neuville-St. Vaast und südwärts zurückgedrückt. Diese in der Mitte des Hauptangriffsfeldes stehende Division war durch Abgaben an neugebildete Verbände besonders stark geschwächt worden; an Stelle der ausgeschiedenen Truppenteile waren ein preußisches Landwehr-Regiment und abgesesiene Kavallerie getreten. Teile der marokkanischen Division stürmten bis zu den deutschen Artilleriestellungen bei und südlich von Givenchy-en Gohelle vor. Eiligst herangeführte Reserven trafen dort um die Mittagsstunde gerade rechtzeitig ein, um weiteres Vordringen des Feindes im Gegenstoß verhindern zu können. Die südlich anschließende 1. bayerische Reserve-Division unter Generalleutnant ©öringer wurde in ihrem Abschnitte — stellenweise nach erbittertem Nahkampfe — des Angreifers Herr. Ihr rechter Flügel riegelte sich mit Erfolg gegen den bei La Targette eingedrungenen Feind ab.
Das Hauptquartier des Oberkommandos der 6. Armee, La Madeleine bei Lille, und die Bahnhöfe um Lille wurden am frühen Morgen von feindlichen Fliegern mit Bomben beworfen, ohne daß wesentliche Störungen eintraten. Dem Oberbefehlshaber, Kronprinz Rupprecht von Bayern, brachten die späterhin einlaufenden Meldungen die Gewißheit, daß ein Angriff großen Maßstabes im Gange war. Cr richtete daraufhin an den Chef des Generalstabes des Feldheeres die dringende Bitte um Überlassung der als Reserven der Obersten Heeres, leitung hinter der Kampffront stehenden 115. und 58. Infanterie-Division. Diesem Antrage wurde stattgegeben. Die 115. Infanterie-Division wurde dem I. bayerischen Reservekorps zur Verfügung gestellt und von diesem beschleunigt hinter die 5. bayerische Reserve-Division gezogen, die 58. (sächsisch-württembergische) Infanterie-Division als Armeereserve bestimmt und in die Gegend östlich von Lens gefahren. Außerdem erhielt die Armee eine Anzahl schwerer Batterien aus der Heeresartillerie-Reserve überwiesen. Am Rachmittage des 9. Mai war die Ausdehnung des französischen Einbruchs zu übersehen. Der linke Flügel des XIV. Armeekorps, insbesondere Carency, hingen völlig in der Luft. Der Armeeführer beabsichtigte, zunächst mit den Resten der 5. bayerischen Reserve-Division im Gegenstoß noch am Tage möglichst viel Gelände zurückzugewinnen. Dann sollte die 115. Infanterie-Division einheitlich zum Gegenangriff eingesetzt werden.
Dieser Plan gelangte jedoch nicht zur Durchführung. Die 5. bayerische Reserve-Division war nach ihren schweren Verlusten nicht mehr angriffsfähig. Als dann bei Eintritt der Dunkelheit die 115. Infanterie-Division unter Generalmajor Alfred von Kleist auf dem Schlachtfelde ein-
Der britisch-französische Ansturm am 9. Mai.
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traf, wurde sie unverzüglich mit Teilen auf dem rechten Flügel des I. bayerischen Reservekorps zur Stützung eingesetzt. Ein deutscher Gegenstoß aus der Gegend von Souchez blieb um 8® abends nach anfänglichen Fortschritten in starkem feindlichen Feuer liegen.
Am Abend herrschte beim Armee-Oberkommando darüber Klarheit, daß der Gegner außer den Stellungstruppen mindestens dreieinhalb frische Korps zum Sturm eingesetzt hatte; insgesamt hatten rund zwölf verstärkte französische Divisionen vier deutsche angegriffen. Trotzdem glaubte die Führung der 6. Armee, „daß der heutige Angriff des Feindes erlahmt sei, und daß es gelingen würde, ihn wieder zurückzuwerfen". Am indessen allen Anforderungen gerecht werden zu können, ordnete die Oberste Heeresleitung die Abbeförderung der 117. Infanterie-Division aus der Gegend von Rethel nach Douai an; sie sollte vorläufig noch zu ihrer Verfügung bleiben.
Kronprinz Rupprecht war sich keineswegs im unklaren darüber, daß die Bedingungen für den dringend nötigen Gegenangriff bei Souchez außerordentlich schwierig sein würden. Cr unterstellte daher dem I. bayerischen Reservekorps noch zwei Infanterie-Regimenter und ein Feld-artillerie-Regiment der 58. Infanterie-Division und befahl, „unter persönlicher Leitung des Kommandierenden Generals den Angriff mit vereinter Kraft zu führen und straff in der Hand zu behalten". Da der neue deutsche Artillerieaufmarsch hinter den vom Feind stark beschossenen, nach Osten steil abfallenden Höhen von Vimy viel Zeit in Anspruch nahm, konnte der Angriff erst am Abend beginnen*).
Inzwischen hatte beim XIV. Armeekorps der Gegner in der Rächt vom 9. zum 10. Mai aufs neue die Gräben beiderseits der Straße
0 über die außerordentlich schwierigen Gelände- und Kampfverhältnisse heißt es in einer Zuschrift des Generals von Fasbender vom 18. August 1931 an das Reichsarchiv : „Der schroffe, mauerartig um 70 m abfallende Ostabhang der Vimy-Höhen zwischen Givenchy und Farbus zerlegt das ganze Territorium in zwei scharf getrennte Kampfgebiete. Wir, die wir von Osten kamen, mußten die Franzosen mindestens so weit über die Crete zurückdrücken, daß wir auf dem Westabhang genügend Raum für volle Tiefenentwicklung einschließlich Artillerie hatten. Run hatte der Durchbruch uns drei Viertel dieses erkämpften Tiefenraumes wieder entrissen und damit einen großen Teil unserer rückwärtigen Staffeln in das östliche Kampffeld verwiesen, wo sie nun vor einem hohen Wall standen. Auf der anderen Seite (französischen) hatten sich die Kampfbedingungen dagegen in nichts verändert. Während wir alle Batterien in das östliche Kampffeld zurückziehen mußten, dadurch zu einer Feuerpause gezwungen waren, blieben selbst die vordersten französischen Linien unter dem Schutz ihrer gesamten Artillerie, ja die Flugbahn der Batterien reichte sogar noch aus, ohne neuen Aufbau den Feind bis in große Tiefe hinein zu verfolgen."
10. Mai.
WWMWWW
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Vtzthune—Lens in Besitz genommen. Der Kommandierende General, Generalleutnant von Hänisch, unterstellte daraufhin dem Kommandeur der 29. Infanterie-Division, Generalleutnant Isbert, das letzte Korpsreserve-Vataillon. Bereits im Laufe des Vormittags konnten die deutschen Gräben vom Feinde wieder gesäubert werden. Südwestlich von Souchez waren Turkos in den ersten Nachtstunden in den jetzt als Kampfstellung ausgenutzten Verbindungsgraben zwischen Carency und Souchez eingedrungen. Damit war der Ort Carency fast abgeschnitten. Das Armee-Oberkommando sah in Übereinstimmung mit Generalleutnant von Hänisch nur eine Möglichkeit, die Gefährdung des linken Flügels des XIV. Armeekorps zu beheben: den kraftvollen Gegenstoß aus der Linie Souchez—Reuville-St. Vaast. Freiwillige Räumung der bedrohten Stellungsteile wurde aus Bedenken taktischer Art sowie mit Rücksicht auf die Stimmung der Truppe nicht in Erwägung gezogen. Kronprinz Rupprecht ordnete den Angriff durch das I. bayerischeReservekorps mit unterstellter 58. und 115. Infanterie-Division an. Der linke Flügel der 28. Infanterie-Division wurde durch ein in die Gegend von Souchez vorgezogenes Regiment der 58. Infanterie-Division notdürftig gestützt. Da stieß gegen 4° nachmittags der Feind nach heftiger Artillerievorbereitung mit starken Kräften an der Loretto-Höhe vor. Von neuem brandeten die Angriffswellen gegen die deutsche Front, ohne indessen größere Erfolge erringen zu können. Auch Carency wurde im Laufe des Nachmittags mehrfach durch die französische 70. Infanterie-Division von Südwesten und Osten her angegriffen. In zähem Abwehrringen vermochten die deutschen Truppen sich dort zu halten.
üm 7° abends traten auf dem rechten Flügel des I. bayerischen Reservekorps die 58. Infanterie-Division unter Führung des Generalleutnants von Gersdorff mit zwei Infanterie-Regimentern, südlich anschließend Teile der 115. Infanterie-Division, zum Gegenangriffe an und kamen anfangs gut vorwärts. Bald blieb aber gegenüber einem übermächtigen Gegner auch dieser Vorstoß liegen. Die 28. Infanterie-Division äußerte angesichts dieser Lage Bedenken, ob die Linie Ablain—Carency noch weiter zu halten sei, zumal der Feind gegen Abend starke Kräfte bei Carency zusammenzog.
Die 1. bayerische Reserve-Division behauptete in zäher Abwehr auch am 10. Mai ihre Stellungen. Der Brennpunkt des Kampfes lag weiterhin auf ihrem rechten Flügel in der Gegend von Reuville-St. Vaast. Dort versuchten in den nächsten Tagen Bayern sowie herangeführte Teile des IV. Armeekorps und der 115. Infanterie-Division in aufopfernden, vergeblichen Gegenstößen die Lage wieder herzustellen; lediglich kleine Teile des
Der deutsche Gegenangriff am 10. Mai.
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Dorfes Neuville-St. Vaast konnten mit stürmender Hand zurückerobert werden.
Zusammenfassend berichtete am 11. Mai früh das Generalkommando n.Mai. des I. b a y e r i s ch e n R e s e r v e k o r p s, daß die Lage sich allgemein verschlechtert habe, und es unsicher sei, wie lange Ablain und Carency noch gehalten werden könnten. Daraufhin meldete das Armee-Oberkommando der Obersten Heeresleitung, „daß unter diesen Umständen Truppen verfügbar sein müßten, die vor der Räumung der vorderen Linie die rückwärtigen schon besetzt halten müßten". General von Falkenhayn stellte nunmehr die 117. Infanterie-Division zur Verfügung und teilte mit, daß das Generalkommando des VIII. Armeekorps mit der 16. Infanterie-Division als Reserve der Obersten Heeresleitung nach Douai befördert würde. Die 117. Infanterie-Division unter General der Infanterie Kuntze wurde nach der Gegend südöstlich von Lens vorgezogen.
Unterdessen ließ die Armeeführung nichts unversucht, um die drohende Preisgabe von Ablain und Carency zu verhüten; denn die Räumung dieser Orte mußte voraussichtlich auch den endgültigen Verlust der beherrschenden Loretto-Höhe nach sich ziehen. Daher begab sich Kronprinz Rupprecht in Begleitung seines Generalstabschefs, Generalmajors Krafft von Dellmensingen, um 8° vormittags zu einer Besprechung mit den Kommandierenden Generalen des XIV. Armeekorps und des I. bayerischen Reservekorps nach Henin-Lietard. Ihr Ergebnis war, „daß das Festhalten dieses Teiles unserer Stellung befohlen wurde". Dieser Entschluß wurde dem Oberbefehlshaber dadurch erleichtert, daß am Vormittage des 11. Mai neue feindliche Angriffe nicht erfolgt waren. Sie setzten erst in den Nachmittagsstunden wieder ein, allerdings nicht mehr einheitlich, sondern räumlich und zeitlich getrennt und konnten unter erheblichen Verlusten für den Gegner abgewiesen werden.
Bei Loos war bei einem gefangenen französischen Offizier ein Befehl vorgefunden worden, aus dem hervorging, daß der Gegner hier unbedingt durchbrechen wollte1). Da das XIV. Armeekorps über keinerlei Reserven mehr verfügte, mußte ihm abends ein Regiment der 117. Infanterie-Division überwiesen werden, das jedoch nur „im äußersten Notfälle" eingesetzt werden durfte. Die 28. Infanterie-Division beantragte dringend die Ablösung ihrer im schwersten Abwehrkampfe zermürbten und erschütterten Truppen an der Loretto-Höhe, wo sich Teile des französischen
J) Tatsächlich war von General d'tlrbal, dem Oberbefehlshaber der französischen 10. Armee, für den 11. Mai ein entscheidender, allgemeiner Angriff angeordnet worden Franz. amtl. Werk, III, S. 48.
Ä2.Mat.
XXI. Korps fest eingenistet hatten. Die Stützung dieses bedrohten Kampfabschnittes erfolgte zunächst durch Verbände der 58. Infanterie-Division.
Am 11. Mai mittags traf beim Oberbefehlshaber der 6. Armee folgende Drahtung der Obersten Heeresleitung ein: „Seine Majestät erwartet, daß die Armee unter allen Umständen mindestens ihre jetzige Stellung hält. Ob diese Aufgabe defensiv oder mit Teilangriffen zu lösen ist, muß dem dortigen Crmesien überlasten bleiben. Jedenfalls sind die dorthin überwiesenen Kräfte an Infanterie und schwerer Artillerie so stark, daß sie bei entschlossenem Einsatz unter fester einheitlicher Führung ausreichen sollten, weiteres Vorschreiten des Feindes zu verhindern. Die in den letzten Kämpfen aufs neue bewiesene glänzende Tapferkeit der Truppen erkennt Seine Majestät mit Dank an." Die Antwort des Kronprinzen Rupprecht lautete: „Seine Majestät der Kaiser darf überzeugt sein, daß die 6. Armee alles aufbieten wird, um den feindlichen Angriff abzuschlagen. Der Entschluß, in diesem Sinne zu handeln, wurde von jeher festgehalten. Dem Feinde wird freiwillig kein Gelände überlassen werden. Größerer Gegenangriff augenblicklich noch nicht erfolgversprechend, bleibt vorbehalten."
Am 12. Mai nahmen die schweren Kämpfe ihren Fortgang. Schon im Laufe der Nacht vom 11. zum 12. Mai hatte General von Fasbender gemeldet, daß bei Neuville-St. Vaast ein feindlicher Durchbruch drohe, der die Artillerie gefährde. Daraufhin wurde ihm der Stab der 117. Infanterie-Division mit zwei Infanterie-Regimentern unterstellt. Das Armee-Oberkommando erbat und erhielt dafür von der Obersten Heeresleitung das Verfügungsrecht über die eintiefenden Teile des VIII. Armee-korps, besten Ausladung in die Gegend von Henin-Lietard vorverlegt worden war. Außerdem wurde die Abbeförderung einer verstärkten Brigade der 15. Infanterie-Division als Heeresreserve nach Douai angeordnet. Gleichzeitig empfahl General von Falkenhayn, den Befehl über die An-griffsgruppe zur Wiedernahme des verlorenen Geländes „einem mit den örtlichen Verhältnißen genau vertrauten General, der Glauben an Erfolg und Intereste an der Sache hat, z. V. dem Kommandierenden General des VII. Armeekorps^), zu übertragen".
Kronprinz Rupprecht befahl am Vormittage dem XIV. Armeekorps nochmals, den heiß umstrittenen Ort Carency unter allen Umständen zu halten. Der Kommandierende General, Generalleutnant von Hänisch, gab diesen Befehl an die 28. Infanterie-Division weiter, ließ
!) General der Infanterie von Claer.
Die Westfront von Mitte April bis Ansang August 1915.
Der Fall von Carency am 12. Mai.
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aber gleichzeitig zur Sicherung gegen Rückschläge vorsorglich hinter seinem gefährdeten linken Flügel durch beschleunigt herangeführte Pionier-Kompagnien einen Riegelgraben ausheben. Inzwischen schien sich die Lage wenigstens an der Loretto-Höhe günstiger gestaltet zu haben. Meldete doch die 28. Infanterie-Division, daß ein sächsisches Regiment der 58. Infanterie-Division auf dem nördlichen Hange anscheinend die alte Stellung wieder genommen habe. Dagegen blieben die Kampfverhältniffe bei dem stark umfaßten Orte Carency auch weiterhin gespannt. Das I. bayerische Reservekorps war zu einem Cntlastungsvorstoß nicht in der Lage. Es sah seine Hauptaufgabe im Festhalten der eigenen bedrohten Front Souchez—Reuville-St. Vaast—St. Laurent. Tatsächlich erfolgten dort auch gegen 4° nachmittags aufs neue starke, aber erfolglose Angriffe der Franzosen.
Am Abend des 12. Mai befahl das Armee-Oberkommando, der Anregung der Obersten Heeresleitung zur einheitlichen Zusammenfasiung der Kräfte am Brennpunkte des Kampfes Rechnung tragend1), die Bildung einer „Armeegruppe Fasbender" aus allen im Bereiche des XIV. Armeekorps und des I. bayerischen Reservekorps eingesetzten Truppen. Als vorläufige Aufgabe der Gruppe Fasbender bezeichnete der Armeebefehl: „Anbedingtes Festhalten der jetzigen Stellungen und baldmöglichste Gewinnung einer geschloffenen und auf die Dauer haltbaren Widerstandslinie zwischen Carency und Reuville-St. Vaast." Ein zur Erreichung dieses Zieles noch am Abend des 12. Mai am Kirchhofe südlich von Souchez unternommener deutscher Angriff scheiterte jedoch. Die erwartete Unterstützung von Carency her blieb aus, da der fast völlig umzingelte Ort nach heldenmütiger Abwehr bei einbrechender Dunkelheit in die Hand des angreifenden französischen XXXIII. Korps gefallen war.
Rach dem Verluste von Carency erschien dem Kommandierenden General des XIV. Armeekorps, Generalleutnant von Hänisch, die Lage bedrohlich.. Cr begab sich deshalb noch in der Nacht zum Kommandeur der 28. Infanterie-Division, Generalmajor von Trotta, nach Lens, um gemeinschaftlich mit diesem die erforderlichen Anordnungen schnell und zweckmäßig treffen zu können. Cr befahl das Cingraben in der all-gemeinen Linie Loretto-Höhe—Kirche von Ablain—Souchez. Die Artillerie erhielt Weisung, das vom Feinde eroberte Carency sofort unter Mörserfeuer zu nehmen. Auf die bald darauf eingehende, sich später als
i) S. 64.
t Weltkrieg. VIII. Band.
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13. Mai.
unzutreffend herausstellende Meldung, daß auch nördlich von Ablain farbige französische Truppen eingebrochen seien, wurde der 28. Infanterie-Division ein Bataillon der 117. Infanterie-Division zur Verfügung gestellt. Das Generalkommando erhielt auf seinen Antrag hin dafür ein Infanterie-Regiment der 16. Infanterie-Division nach Lens zugeführt.
Am Vormittage des 13. Mai trat eine Klärung der äußerst gespannten Kampflage ein. Auf dem rechten Flügel der 28. Infanterie-Division hatten die badischen Truppen ihre alten Gräben behauptet. Auf dem Nordhange der Loretto-Höhe hielten Sachsen die ursprüngliche Stellung in fester Hand. Beiderseits der Loretto-Kapelle waren die Franzosen im Besitz der ehemaligen deutschen Stellung zwischen der Schlammulde und dem Verbindungsweg nach Ablain. Anschließend an diese Cinbruchsstelle klammerten sich in zähester Abwehr badische Grenadiere an einen Hohlweg an. Weiter südlich hatte unter starkem feindlichen Druck Ablain größtenteils geräumt werden müßen, aber der Angreifer war nicht über den Ort hinaus nachgestoßen. Auch seine Kräfte waren in schwerem verlustreichen Ringen erlahmt; abgesehen von einem örtlichen Vorstoß bei Neu-ville-St. Vaast griffen die Franzosen an diesem Tage nirgends ernstlich an. Es konnte indessen kaum einem Zweifel unterliegen, daß es sich nur um eine vorübergehende Kampfpause handelte; denn beim Oberkommando 6 lagen Gefangenenaussagen vor, die auf Eingreifen des französischen III. Korps') an der Angriffsfront hinwiesen.
Die Kräfte der 6. Armee waren aufs höchste angespannt. Der Oberbefehlshaber beurteilte den Kampfwert der angegriffenen Divisionen folgendermaßen: die weit auseinandergezogene 29. Infanterie-Division war stark mitgenommen, die 28. Infanterie-Division nahezu am Ende ihrer Kraft, die 5. bayerische Reserve-Division völlig verbraucht. Auch die 1. bayerische Reserve-Division, die 58. und die 115. Infanterie-Division hatten schwer gelitten. Die Gesamtverluste dieser Verbände, die die Hauptlast des Kampfes getragen hatten, betrugen für die Zeit vom 9. bis 13. Mai bereits etwa 20 000 Mann. Daher beantragte Kronprinz Rupp-recht am 13. Mai den sofortigen Antransport je einer gemischten Infanterie-Brigade nach Pont ä Vendin und Vitry en Artois, außerdem die Unterstellung der verstärkten Brigade der 15. Infanterie-Division. Cr beabsichtigte, die zermürbten Truppen durch frische zu ersetzen, um kom-
!) Tatsächlich war das franz. III. Korps ohne die 5. I. D. seit dem 10. Mai bei Avesnes le Comte eingetroffen; Teile wurden vom 13. Mai ab beim XXI. Korps eingesetzt.
Die Anspannung des Westheeres zugunsten der 6. Armee.
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menden Kämpfen, mit denen gerechnet werden mußte, gewachsen zu sein.
Um allen Anforderungen gerecht werden zu können, empfahl er der Obersten Heeresleitung, noch ein weiteres Armeekorps heranzuführen. General von Falkenhayn ging auf diese Anregungen ein. Bereits am Nachmittage wurde die 85. Reserve-Infanterie-Vrigade der 4. Armee für das XIV. Armeekorps bei Pont ä Vendin, die zusammengesetztes 52. Reserve-Infanterie-Brigade der 2. Armee für das I. bayerische Reservekorps bei Vitry en Artois ausgeladen und das Eintreffen einer Division des X. Reservekorps, der 2. Garde-Reserve-Division, aus dem Elsaß in Douai angekündigt. Außerdem stellte die Oberste Heeresleitung den Kommandierenden General des III. Armeekorps, General der Infanterie von Lochow, „zur Führung einer Armeegruppe, die aus den im Bereiche des XIV. Armee- und I. bayerischen Reservekorps nunmehr angehäuften zahlreichen Truppen gebildet wird", zur Verfügung.
Im Abschnitt der 28. Infanterie-Division konnten in der Nacht vom Mai. 13. zum 14. Mai die ersten Ablösungen durch Regimenter der 117. Infanterie-Division beginnen. Die um fast zwei Drittel ihres Bestandes geschwächte 5. bayerische Reserve-Division wurde im Laufe der folgenden Tage allmählich ganz zurückgezogen. An ihre Stelle sollte im Abschnitte Souchez—Neuville-St. Vaast das VIII. Armeekorps (16., 58., 115. und Vz 15. Infanterie-Division) unter Führung des Generals der Infanterie Riemann treten.
Die Ob erste Heeresleitung hatte den Forderungen des Armee-Oberkommandos 6 auf Zuweisung neuer kampfkräftiger Verbände Rechnung getragen und der 6. Armee unter Einsatz nahezu der gesamten Heeresreserve sowie unter Entblößung der übrigen Kampffronten reichlich Verstärkungen zugeführt. Weitere Kräfte waren zunächst nicht verfügbar. General von Falkenhayn drahtete daher am 14. Mai dem Oberbefehlshaber als Antwort auf einen Antrag auf Überweisung mindestens einer weiteren Division: „Die 6. Armee befand sich bei Einsetzen der Angriffe nördlich Arras, was die Gewehrzahl auf den laufenden Frontmeter anlangt, in erheblich günstigerer Lage als zum Beispiel seinerzeit die 3. Armee in der Champagne oder die Armee-Abteilung Strantz zwischen Maas und Mosel unter ähnlichen Umständen. Auch ist die Überlegenheit des ihr gegenüberstehenden Feindes weder der Zahl noch der Qualität nach, soweit mir bekannt), größer, als sie dort war. Trotzdem sind der 6. Armee Verstärkun-
*) R. s. R. 99, Teile der bayer. I. R. 12, 16 und 20 und Artillerie.
2) Die Nichtigkeit dieser Berechnung des Generalstabschefs ließ sich an Hand der im Reichsarchiv vorhandenen Unterlagen nicht mehr nachprüfen.
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gen1) sowohl an völlig frischen Verbänden aller Waffen als auch an schwerer Artillerie und Munition sehr viel schneller und reichlicher zugeführt worden als in jenen Fällen. Zur Zeit stehen für eine Kampffront von knapp 20 Kilometer Breite nicht weniger als 9% Divisionen zur Verfügung. Obschon mehrere derselben aus hier nicht zu erörternden Gründen stark gelitten haben mögen, so müssen wir nach allen bisherigen Erfahrungen doch erwarten, daß eine solche Truppenmacht ausreicht, um eine derartige Front gegen jeden Angriff auf absehbare Zeit zu hatten. Sie wird dabei vielleicht schwere Verluste erleiden. Aber das läßt sich nicht ändern. Denn es ist ausgeschlossen, daß die gesamten Heeresreserven restlos eingesetzt werden, um einem so gut dotierten Frontabschnitt Erleichterung zu bringen. In jedem Augenblick kann sich an irgendeiner anderen Stelle ein weit dringenderes Bedürfnis geltend machen. Tatsächlich bildet die Division des X. Reservekorps in Douai die letzte schlagfertige Reserve, die der Obersten Heeresleitung zur Verfügung steht. Unter diesen Gesichtspunkten bitte ich den vorgelegten Antrag noch einmal zu prüfen und mir dann Bericht zu erstatten. Die Ansicht des Generals von Lochow würde dabei zu hören sein."
Kronprinz Nupprecht antwortete auf diese Drahtung der Obersten Heeresleitung: „Der Antrag auf Überweisung der Division des X. Reservekorps war nicht nur mit Rücksicht auf die Lage bei Gruppe Fasbender (General von Lochow hat Befehl noch nicht übernommen), sondern auf die der ganzen Armee gestellt, bei der weitere Angriffe auch von den Engländern (also in etwa 50 Kilometer Frontbreite) erwartet werden. Auch war mit unmittelbarer Fortsetzung der Angriffe gerechnet. Da Feind seit vorgestern Abend keine großen Angriffe mehr geführt hat, ist anzunehmen, daß er erst neue Kräfte ansammelt. Daß er das Unternehmen schon aufgegeben hätte oder anderwärts versuchte, ist unwahrscheinlich. Das Armee-Oberkommando will letzte Reserve auf Westfront keineswegs unnötig beanspruchen, muß aber aufmerksam machen, daß nördlich des Kanals von La Dassee nur schwache Reserven vorhanden sind, die gegen erneuten Durchbruchsversuch, falls er an irgendeiner Stelle nennenswerten Erfolg hätte, zur Wiederherstellung der Lage kaum genügen würden. Deshalb hatte ich, in Annahme,
i) Zwischen dem 9. und 14. Mai waren der 6. Armee seitens der Obersten Heeres-leitung zur Verfügung gestellt worden:
4y2 Infanterie-Divisionen (115., 58., 117., 16. und % 15.), 1 mit 42 Feld-2 Infanterie-Brigaden (zusammengesetzte 52. R. I. Br. und > und 4 schweren 85. R. I. Br.), J Batterien,
15 schwere Batterien aus der Heeresartillerie-Reserve,
317000 Schuß für Feldartillerie, \ ^ ^
34 000 Schuß für schwere Artillerie f tn um 1011 ^u^cn'
General von Lochow übernimmt den Beseht im Kampfgebiet.
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daß noch Kräfte freizumachen, gestern außer der für die Ablösung bei Gruppe Lochow erwünschten 2. Garde-Reserve-Division mindestens eine gemischte Infanterie-Brigade in Gegend südlich Lille beantragt. Daß General von Lochow Ablösung aller Truppen, die die schweren Kämpfe durchgemacht haben, für nötig hält, ist mir bekannt. Sie kann mit bisher verfügbaren Truppen nur unvollkommen geleistet werden . .
Die Drahtungen des Generals von Falkenhayn vom 12?) und 14?) Mai gaben demKronprinzenRupprecht Veranlassung, sich am 16. Mai beschwerdeführend an den Obersten Kriegsherrn zu wenden'), der in einer Order vom 23. Mai in allen wesentlichen Punkten zugunsten des Oberkommandos der 6. Armee entschied und General von Falkenhayn veranlaßte, ein die „Mißverständnisse bedauerndes" Schreiben an den Armeeführer zu richten.
Der verantwortliche Leiter der Gesamtoperationen hatte nach bewährten Führergrundsätzen nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, in die Vefehlsverhältnifle an der bedrohten Front einzugreifen, wenn er Gefahr im Verzüge glaubte. Cs war dann seine Aufgabe, ausgleichend und helfend zu wirken, um den an der Front befehligenden verantwortlichen Persönlichkeiten, deren geistige, seelische und körperliche Kräfte ohnehin stark beansprucht waren, ihr Handeln zu erleichtern. Im vorliegenden Falle hatte das Eingreifen des Generals von Falkenhayn solchen Erwägungen nicht genügend Rechnung getragen; in der Form war es jedenfalls geeignet, die Führer an der Kampffront, die sich ohne Ausnahme bisher der äußerst schwierigen Lage voll gewachsen gezeigt hatten, zu verletzen.
b) Die Vefehlsübernahme durch General von Lochow im Hauptkampfabschnitt und die Kämpfe bis Mitte Juni.
Karten 1 und 3, Skizzen 4, 5, 6, 7, 8. Anlage 1.
General von Lochow, der auf Weisung der Obersten Heeresleitung den Befehl über die bisherige „Armeegruppe Fasbender" übernehmen sollte, traf bereits am 13. Mai abends bei der 6. Armee ein und bezog mit seinem neugebildeten Stabe am 14. sein Hauptquartier in Douai; Chef des Generalstabes wurde Generalmajor von Bergmann. General von Lochow gewann auf Grund seiner am 14. und 15. Mai durchgeführten Erkundungen folgendes Bild der Lage auf der Hauptkampffront: Nördlich der Loretto-Höhe und im Abschnitt der 1. bayerischen Reserve-Division waren die alten Gräben zwar vielfach beschädigt, aber doch größtenteils in
*) S. 64. — 2) S. 67 f. — 3) Rupprecht Kronprinz von Bayern: Mein Kriegstagebuch. Band I, S. 352.
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deutscher Hand geblieben. Dazwischen hielt nördlich des Carency-Baches das XIV. Armeekorps noch Teile seiner Stellung in der „Schlammulde", im „Varrikadenweg" sowie im Ostteil von Ablain. Die Cinbruchsstelle an der Loretto-Kapelle war noch nicht wieder vom Feinde gesäubert. Südlich des Carency-Vaches standen in kaum verteidigungsfähigen Gräben, zum Teil völlig vermischt, die 58. und 115. Infanterie-Division sowie Trümmer der 5. bayerischen Reserve-Division und ein Regiment der 52. Reserve-Insanterie-Vrigade. Die 16. Infanterie-Division unter Generalleutnant Fuchs war im Begriffe, den Abschnitt Souchez—Höhe 123 (zwei Kilometer südöstlich von Souchez) zu übernehmen. Die 15. Infanterie-Division befand sich erst mit Teilen im Armeebereich, ebenso das neu aufgestellte Minenwerfer-Vataillon 1.
In dieser schwierigen Lage übernahm General von Lochow in der Nacht vom 15. zum 16. Mai den Oberbefehl'). Seine erste Aufgabe sah er darin, die bereits von General von Fasbender eingeleitete Neuordnung der durcheinander gewürfelten Verbände durchzuführen und schlagfertige Reserven bereitzustellen. Die letzten Teile der 5. bayerischen Reserve-Division wurden herausgezogen, die 58. Infanterie-Division sollte nach Ablösung durch die 16. Infanterie-Division im Raume von Douai untergebracht werden. Die Kampffront wurde in drei Korpsabschnitte eingeteilt: das XIV. Armeekorps mit unterstellter 117. Infanterie-Division und 85. Reserve-Infanterie-Brigade aus dem rechten Flügel bis zum Carency-Bach,
das VIII. Armeekorps mit unterstellter 115. und zunächst noch der 58. Infanterie-Division vom Carency-Bach bis zur Straße Arras— Lens,
das I. bayerische Reservekorps (1. bayerische Reserve-Divi-sion und 52. Reserve-Infanterie-Brigade) von dieser Straße bis zur Scarpe.
Die Befehlsverhältniffe der Artillerie waren infolge der vielfachen Truppenverschiebungen stark in Unordnung geraten. Sie wurden neu geregelt derart, daß jeder Abschnitt über eine zur Durchführung des Sperrfeuers und zur Bekämpfung der feindlichen Artillerie ausreichende Anzahl von Feld- und schweren Batterien unter einheitlicher Führung verfügen konnte, und daß eine flankierende Unterstützung der Abschnitte untereinander gesichert war.
General vonLochow war ebenso wie das Armee-Oberkommando der 6. Armee der Ansicht, daß die das Schlachtfeld weithin beherrschende Loretto-
') Zusammensetzung der Armee-Gr. Lochow siehe Skizze 6.
Der deutsche Gegenangriff bei Neuville-St. Vaast am 22. Mai.
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Höhe wieder ganz in deutsche Hand genommen werden müsse. Dementsprechend wurde das XIV. Armeekorps angewiesen, durch Vorstöße die dort entstandene Lücke wieder zu schließen. Die hierzu in den Nächten vom 15. bis zum 17. Mai unternommenen Versuche waren indessen nicht von Erfolg begleitet. Die durch tägliche Kämpfe erschöpften Reserve-Regimenter der 117. Infanterie-Division mußten bereits in der Nacht vom 18. zum 19. Mai vorübergehend abgelöst werden.
Die Fliegeraufklärung hatte starke feindliche Artillerie im Aufmarsch 22. Mai. festgestellt, so daß, zumal da westlich von Arras auch Truppenausladungen bei Doullens gemeldet waren, mit einem neuen Angriff zwischen der Loretto-Höhe und Arras gerechnet werden mußte. Es war zu erwägen, wie sich die Pläne des Gegners durchkreuzen ließen. Die Inbesitznahme der hochgelegenen Ortschaft Ccurie mußte den französischen Artillerieaufmarsch zweifellos empfindlich stören, aber zu einem Angriff gegen diese von Natur und durch Verteidigungsanlagen sehr starke Stellung genügten die vorhandenen Kräfte nicht. Ebensowenig Erfolg versprach ein Vorstoß gegen die Loretto-Höhe, weil er von schwer auffindbarer feindlicher Artillerie flankiert werden konnte. Auch dicht südlich von Souchez waren die Bedingungen für einen deutschen Angriff zunächst noch ungünstig, weil es an gedeckten Versammlungsmöglichkeiten fehlte. Dagegen begünstigten die Häuser und Keller von Neuville-St. Vaast eine Bereitstellung von Sturmtruppen. Daher entschloß sich General von Lochow, dort einen Entlastungsstoß anzuordnen.
Generalmajor Vollbrecht, der Kommandeur der inzwischen bei Neuville eingesetzten 15. Infanterie-Division, dem auch die 115. Infanterie-Division hierfür mit unterstellt war, wurde mit der Durchführung des Angriffs beauftragt. Der nach Feuervorbereitung am 22. Mai um 830 abends erfolgende Sturm glückte jedoch nur stellenweise. Infolge schwieriger Veob-achtungsverhältnisie war es dem zugeteilten Minenwerfer-Bataillon nicht gelungen, den vom Feinde gehaltenen Südteil von Neuville-St. Vaast sturmreif zu schießen. Daher konnte die Infanterie in dem festungsartig ausgebauten Orte trotz Beigabe von leichten Flammenwerfern nicht vorwärts dringen.
Inzwischen hatte sich die feindliche Angriffsbasis wieder nordwärts ausgedehnt. Die Engländer, die in ihrem Abschnitt nördlich des La Vassee-Kanals seit dem 10. Mai ihre Angriffe eingestellt hatten, stießen in der Nacht vom 15. zum 16. Mai südlich von Neune Chapelle an zwei Stellen vor. Diese Unternehmungen waren durch energische Vorstellungen des französischen Höchstkommandierenden veranlaßt worden, der bei einem
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Besuch am 12. Mai im englischen Hauptquartier seiner Enttäuschung über das Ergebnis der bisherigen englischen Offensive Ausdruck gegeben und mit Nachdruck gefordert hatte, daß die britische 1. Armee entweder unverzüglich die Angriffe fortsetzen oder südlich des La Vassse-Kanals weitere Frontabschnitte der Franzosen übernehmen sollte. Feldmarschall French entschied sich für die Weiterführung der Offensive. Daraufhin war die britische 1. Armee zwischen Richebourg l'Avouö und Festubert zunächst mit drei Infanterie-Divisionen, die später durch frische Kräfte abgelöst wurden, aufs neue zum Angriff gegen die Front des VII. Armeekorps angetreten. In hartnäckigen, wechselvollen Kämpfen gelang es den Engländern, bis zum 18. Mai die deutschen Linien in mehr als drei Kilometer Breite zurückzudrängen. Dann warfen sich ihnen neben den westfälischen Regimentern beschleunigt herangeführte Bataillone der nördlich anschließenden Bayern und Sachsen sowie der gemischten 38. Landwehr-Brigade der 4. Armee entgegen. Die vorübergehend diesem Kampfabschnitt drohende Gefahr war gebannt. Am 20. und 21. Mai stießen britische Truppen an der Straße Cstaires—La Bassee wiederum gegen die deutsche Front vor. Alle Angriffe scheiterten jedoch an der unerschütterlichen Haltung der Verteidiger.
Die seit dem 9. Mai fast ununterbrochen währenden Kämpfe hatten die Kräfte der 6. Armee in hohem Maße in Anspruch genommen. Immer neue Verbände mußten von seiten der Obersten Heeresleitung der schwer ringenden Abwehrfront im Artois zugeführt werden. Die 2. Garde-Reserve-Division des X. Reservekorps, deren Eintreffen bereits angekündigt war1), wurde dem VII. Armeekorps zur Verfügung gestellt und am 18. Mai zwischen der 13. und 14. Infanterie-Division in die Kampffront eingeschoben. Da die andere Division des X. Reservekorps, die 19. Reserve-Division, bereits am 15. Mai der Armee-Abteilung Gaede auf deren Antrag zugeleitet worden war, hatte General von Falkenhayn die Armee-Abteilung Stranh angewiesen, die 111. Infanterie-Division und die 80. Infanterie-Brigade des VIII. Armeekorps, die vor kurzem schwere Kämpfe im St. Mihiel-Vogen durchgesuchten hatten2), zur Verfügung zu stellen. Die 111. Infanterie-Division sollte als eine, wenn auch noch nicht wieder voll kampfkräftige Reserve der Obersten Heeresleitung bei Douai versammelt werden, die 80. Infanterie-Brigade zu ihrem bei der 6. Armee bereits eingesetzten VIII. Armeekorps zurücktreten. Von dem vorübergehend erwogenen Gedanken, die Infanterie der in Posen in der Bildung begriffenen 103. Infanterie-Division auf mehreren Transportstraßen nach dem Westen zu werfen, um dem Gegner den Antransport starker Kräfte vor-
0 S. 67. — 2) S. 50.
Weitere Verstärkung der 6. Armee.
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zutäuschen, nahm indessen General von Falkenhayn bald wieder Abstand. Statt dessen erhielt die 7. Armee am 17. Mai die Weisung, die 123. (sächsische) Infanterie-Division aus der Front herauszuziehen; sie wurde unverzüglich nach Lille abbefördert. Damit befanden sich hinter der Kampffront im Artois wiederum zwei zum Einsatz bereite Divisionen; die gesamte übrige Westfront war allerdings von Reserven in hohem Grade entblößt. Außer der 111. und 123. Infanterie-Division standen der Obersten Heeresleitung jetzt nur noch die soeben in den Vogesen herausgezogene 8. bayerische Reserve-Division') sowie die noch in der Bildung begriffenen Neuformationen*) zur Verfügung.
Erheblich waren auch die artilleristischen Verstärkungen, die die 6. Armee seit Beginn der Abwehrschlacht erhalten hatte. Die schwere Artillerie war bis zum 22. Mai von 100 Steilfeuer- und 74 Flach-seuergeschützen aus 209 Steilfeuer- und 98 Flachseuergeschütze angewachsen. Die Zahl der schweren Schnellfeuergeschütze war dabei verdoppelt worden*). Den Anforderungen an Munition konnte seitens der Obersten Heeres--leitung genügt werden. In der Zeit vom 9. bis 19. Mai betrug der Munitionsverbrauch bei der 6. Armee rund 508 000 Schuß für Feld- und 105 000 Schuß für schwere Artillerie.
Am 19. Mai war Oberst Freiherr von der Wenge Graf von Lambsdorff, bisher in der Chefstelle des X. Armeekorps, zum Chef des Generalstabes der 6. Armee ernannt worden. Dem bisherigen Chef, Generalleutnant Krafft von Dellmensingen, wurde die Führung des gegen Italien neu aufgestellten Alpenkorps'), zu dem auch die 6. Armee vier Jäger-Bataillone abzugeben hatte, übertragen.
Rach den unbedeutenden Kämpfen der vorhergehenden Tage setzten am 23. Mai nördlich von Arras wieder großangelegte Angriffe des Gegners ein. Gegen die Stellung derArmee-GruppeLochow begann am Mittage des Pfingstsonntages, am 23. Mai, wieder heftiges Feuer von der Loretto-Höhe südwärts bis fast zur Scarpe. Cs war die Vorbereitung zum Angriff, den der französische Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Nord, General Foch, zur Gewinnung einer neuen Ausgangsstellung angeordnet hatte. Die Hauptziele waren Souchez und die umliegenden Höhen sowie Neuville-St. Vaast und der vorspringende, wegen seines Grabengewirrs als „Labyrinth" bezeichnete Stellungsteil zwischen Neuville-St. Vaast und Ecurie.
') S. 50. — 2) S. 18. — 3) Vgl. Anlage 1. Allerdings waren die Ausfälle an Geschützen, größtenteils durch Überanstrengung der Rohre, hoch. — 4) 6.29.
23. und
24. Mai.
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Von 4° nachmittags ab brandeten französische Infanteriewellen gegen die deutsche Front. Bei Ecurie und weiter südlich wurde die Bereitstellung feindlicher Angriffstruppen rechtzeitig erkannt und unter Artilleriefeuer genommen; dadurch brachen die Angriffe auf diesem Teil der Front zusammen. Weiter nördlich gelang es dagegen den in dichten Linien vorgehenden Franzosen, an zahlreichen Stellen in den deutschen Gräben Fuß zu fasten. Erst in der Nacht konnte der Gegner nach erbitterten Nahkämpfen unter erheblichen feindlichen Verlusten wieder geworfen werden.
General vonLochow hatte angesichts der Schwere der Kämpfe beim Armee-Oberkommando die Bereitstellung ftischer Truppen beantragt. Der Armee-Gruppe wurde daraufhin das südlich angrenzende IV. Armeekorps zur Verfügung gestellt gegen Abgabe von zwei abgekämpften Divisionen, die in dem bislang ruhigen Abschnitt südlich der Scarpe eingesetzt werden sollten. 5lm durch den Austausch der Verbände den Gang der Abwehrschlacht nicht nachteilig zu beeinflussen, stellte am 24. Mai die Oberste Heeresleitung die bei Douai versammelte 111. Infanterie-Division der 6. Armee zur Verfügung. Die Ablösung wurde von der Armee-Gruppe Lochow darauf in folgender Weise angeordnet: die 111. Infanterie-Division übernahm den Abschnitt der 8. Die 115. Infanterie-Division, die bei Neu» ville-St. Vaast schwer gelitten hatte, wurde durch die 58. Infanterie-Division ersetzt. Die 5. bayerische Reserve-Division blieb zunächst noch Heeres-Reserve bei Biache und löste Anfang Juni die 7. Infanterie-Division ab. Das IV. Armeekorps unter dem Befehl des Generals der Infanterie Sixt von Armin sollte westlich von Douai in zweiter Linie bereitgestellt werden, um es zu gegebener Zeit angriffsweise verwenden zu können.
25.bi828.9mof. Die am 25. und 26. Mai mit erneuter Kraft vorbrechenden französischen Angriffe richteten sich hauptsächlich gegen den Abschnitt Lwvin—Souchez; sie begannen am 25. bereits mittags, am folgenden Tage gegen 4° nachmittags. Ohne Rücksicht auf eigene Verluste stürmte die Infanterie des französischen IX. und XXI. Korps wiederholt in dichten Masten vor. Bei Lisvin und an der Loretto-Höhe gingen die deutschen Gräben zeitweise verloren, wurden aber schließlich im Gegenstoß von zusammengerafften Verbänden der 85. Reserve-Infanterie-Brigade, der 28. und 117. Infanterie-Division wieder genommen. Nahkämpfe mit farbigen Franzosen waren besonders erbittert. Am 27. Mai nahm die französische 70. Infanterie-Division den Kirchhof von Ablain und die südlich anschließenden Grabenteile. Da starkes feindliches Feuer die Zurückeroberung dieser Stellung sehr erschwerte und der noch in deutscher Hand befindliche Teil von Ablain der Gefahr der Umzingelung ausgesetzt war, ließ Generalleutnant von Hänisch mit Einverständnis des Generals von Lochow diesen heiß um-
Neue feindliche Angriffe seit dem 23. Mai.
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kämpften Ort am 28. Mai räumen und eine inzwischen zu beiden Seiten der Zuckerfabrik westlich von Souchez ausgeworfene Riegelstellung besetzen.
Auch in den letzten Maitagen nahmen die Kämpfe ihren Fortgang. Am 29. Mai früh wurde ein französischer Angriff an der Straße Aix-Noulette—Souchez von der 85. Reserve-Infanterie-Vrigade abgewiesen. Am Vormittage dieses Tages wurden auf beiden von Vsthune auf Lens und Souchez führenden Straßen vormarschierende starke feindliche Infanteriekolonnen beobachtet. Unter der Bevölkerung war — anscheinend durch Agenten — die Rachricht verbreitet worden, daß Lens am 30. Mai unter schweres Feuer genommen werden sollte, weil ein französischer Durchbruch in dieser Richtung beabsichtigt sei. General von Lochow, der vorübergehend eine Verstärkung seines rechten Flügels erwogen hatte, erkannte jedoch rechtzeitig, daß es sich um eine bewußte Irreführung handeln müsse. Am 30. Mai fielen tatsächlich auch nur wenige Granaten nach Lens; ebenso herrschte an der Front des XIV. Armeekorps verhältnismäßig Ruhe. Dagegen lag seit dem frühen Morgen schweres Feuer auf dem gesamten Abschnitt der 1. bayerischen Reserve-Division. Allmählich dehnte es sich auch weiter nach Norden auf das VIII. Armeekorps aus. Gegen 5" nachmittags erfolgte ein starker Angriff zwischen Souchez und Roclin-court, der im Nahkampfe abgewiesen werden konnte. Nach Aussage von Gefangenen waren die französische 19., 20. und 53. Division zum Angriffe vorgeführt worden. Hinter ihnen stand das französische III. Korps bereit, um den Durchbruch zu vollenden. Neue schwere Angriffe — darüber konnte kein Zweifel bestehen — waren zu erwarten.
Am 31. Mai abends stießen Teile des französischen XXXIII. Korps zwischen Angres und dem Carency-Bache vor und stürmten die deutschen Gräben beiderseits der Zuckerfabrik westlich von Souchez. In erbitterten Kämpfen, die die ganze Nacht hindurch und auch noch am 1. Juni andauerten, gelang es badischen Truppenteilen des XIV. Armeekorps, die Stellung nördlich der Fabrik mit stürmender Hand wieder zu nehmen. Die Fabrik selbst und die Gräben südlich davon blieben im Besitz der Franzosen.
Am 1. Juni abends erneuerten die Feinde auch ihre Angriffe auf Neu-ville-St. Vaast und den „Tsingtau-Graben" südlich davon. In Neuville drängte ein sächsisches Regiment der 58. Infanterie-Division die anfänglich erfolgreichen Franzosen1) im Gegenstoß wieder zurück. Dagegen wurde der „Tsingtau-Graben" endgültig von ihnen besetzt. Um einheitliche, straffe
29. und
30. Mai.
L Mai bis 2. Juni.
3) Die frisch eingesetzte franz. 5. I. D. des III. Korps.
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Die Westfront von Mitte April bis Ansang August 1915.
Gefechtsleitung im „Labyrinth" zu gewährleisten, legte General von Lochow die Verteidigung dieses unübersichtlichen Grabengewirrs in die Hand des Kommandierenden Generals des I. bayerischen Reservekorps, Generals Ritter von Fasbender, und unterstellte diesem hierfür die zusammengesetzte 58. Infanterie-DivisionH. Die 15. Infanterie-Division erhielt den bisherigen Abschnitt der 58. Infanterie-Division bei Neuville-St. Vaast zugewiesen. Damit war das VIII. Armeekorps unter dem Befehl seines Kommandierenden Generals, Generals der Infanterie Niemann, wieder vereinigt.
Neue britische Vorstöße südwestlich von Lille erforderten auch weiterhin größte Aufmerksamkeit. Sie behielten jedoch im Rahmen der Gesamthandlung wie bisher nur den Charakter von Ablenkungsunternehmungen. Westlich von La V assee mußten in der ersten Iunihälfte mehrere dort nacheinander eingesetzte Regimenter des VII. und XIX. Armeekorps sich schwerer Angriffe erwehren. Es gelang aber den westfälischen und sächsischen Truppenteilen, ihre Stellung trotz starker Beschädigung zu halten. Den Brennpunkt der dortigen Kämpfe bildete das beherrschend liegende Dorf Givenchy lez la Bastee, das in verlustreichem Ringen heiß umstritten wurde.
3. bis in Iu«t. Der Schwerpunkt der Schlacht lag auch im Juni bei der Armee-Gruppe Lochow. Im „Labyrinth" verlief von nun ab kaum ein Tag ohne die erbittertsten Kämpfe2). Jeder Fußbreit Boden wurde den Franzosen streitig gemacht. Die fast ununterbrochene Kampftätigkeit stellte die Kraft der tapferen Verteidiger, denen oft nicht einmal Verpflegung und Wasser zugeführt werden konnte, auf eine überaus harte Probe. Immer wieder von neuem brach der Gegner zum Angriff vor, um den Durchbruch durch die gelichteten deutschen Linien zu erzwingen. Am 4. und 5. Juni wurde auch Reuville-St. Vaast wieder heftig bestürmt. Die Kämpfe währten dort die ganze Nacht bis zum 6. Juni, flauten dann ab, um am 8. mit erneuter Heftigkeit zu entbrennen. Hatte doch am 6. Juni General Foch hier eine Fortsetzung der französischen Angriffe mit erhöhtem Nachdrucke gefordert. Als der Tag sich neigte, räumten die durch überwältigendes Minenwerferfeuer stark gelichteten Kompagnien eines rheinischen Regiments den Ostteil von Reuville-St. Vaast und besetzten einen Graben östlich des Dorfes. Auch die übrigen Regimenter der 15. Infanterie-Division waren durch die schweren Kämpfe des 8. Juni stark mitgenommen.
*) Je ein I. R. der 8., 58. und 115. I. D.
2) Die dort fechtende franz. 53. I. D. verbrauchte vom 30. Mai ab in drei Tagen nicht weniger als 24 000 Handgranaten. Franz. amtl. Werk III, S. 70.
Fortdauer der Kämpfe im Artois Anfang Juni.
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In engem Zusammenhange mit den Vorstößen gegen Neuville-St. Daast und das „Labyrinth" standen französische Angriffe an der Loretto-Höhe. Auch dort waren durch die andauernden Kämpfe die Kräfte der dem Generalkommando des XIV. Armeekorps unterstellten Truppen dermaßen verbraucht, daß eine Ablösung erforderlich wurde. Notgedrungen mußte das Armee-Oberkommando sich entschließen, sie durch Truppen des IV. Armeekorps zu ersehen; auf die geplante angriffsweise Verwendung dieses Korps mußte infolgedessen verzichtet werden. Die 117. Infanterie-Division und die 85. Reserve-Infanterie-Vrigade wurden dem Kommandierenden General des IV. Armeekorps, General Sixt von Armin, bei Übernahme des Abschnittes mit unterstellt. Die 115. Infanterie-Division wurde an Stelle der südlich der Scarpe eingesetzten 5. bayerischen Reserve-Division Reserve der Obersten Heeresleitung.
Am Abend des 7. Juni traf General vonFalkenhayn, vom östlichen Kriegsschauplatz kommend'), in Douai ein, um sich durch persönliche Rücksprache mit den Führern der Kampftruppen ein Bild über die Lage zu verschaffen. Cr vermochte sich der Erkenntnis nicht zu verschließen, daß der 6. Armee, deren Kräfte im Feuer nahezu ununterbrochener Abwehrschlachten verzehrt waren, frische Verbände zugeführt werden mußten, um sie für neue Kämpfe zu rüsten; denn schon mit Rücksicht auf die außerordentliche zahlenmäßige Überlegenheit der Streitkräfte der verbündeten Gegner um etwa 600 Bataillone war mit der W e i t e r f ü h r u n g der großen Offensive im Artois mit Sicherheit zu rechnen. General von Lochow verbürgte sich dem Chef des Generalstabes des Feldheeres gegenüber dafür, daß die Stellung der Armee-Gruppe auch gegen neue Angriffe stark überlegener feindlicher Kräfte gehalten werden würde, wenn nur die Möglichkeit geschaffen werde, abgekämpfte Truppen vor ihrer völligen Erschöpfung zum Einsatz in ruhigere Fronten herauszuziehen und sie durch ausgeruhte Verbände zu ersehen. Der deutsche Generalstabschef ordnete daher am 9. Juni den Austausch der 115. gegen die 5. Infanterie-Division der 1. Armee-) sowie der 117. gegen die bei Lille stehende 123. (sächsische) Insanterie-Division an. Außerdem hatte — wie bereits erwähnt — das XIV. Armeekorps zunächst mit dem hinter der Armeesront bereit-
') Bereits am 10. Juni kehrte der Generalstabschef zum östlichen Kriegsschauplatz zurück.
2) Im Einverständnis mit dem A. O. K. 1 verblieb ein Infanterie-Regiment der 115. I. D. zunächst noch im Abschnitte der zusammengesetzten 58. I. D., für deren Kampf im „Labyrinth" es dringend gebraucht wurde.
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Die Westfront von Mitte April bis Anfang August 1915.
gestellten IV., späterhin mit dem VI.1) Armeekorps der 3. Armee zu tauschen, das zunächst jedoch zur Verfügung der Obersten Heeresleitung bleiben sollte. Die 5. preußische Infanterie-Division wurde bereits am 11. Juni zur Ablösung der völlig erschöpften 15. Infanterie-Division, die Heeresreserve wurde, bei Neuville-St. Banst eingesetzt.
4. Die Kämpfe bei den übrigen Armeen der Westfront von Mirre Mai bis ££nbe Juli.
Karten 1, 2, 4, Skizze 2 und Band VII Karten 7 und 8, Skizze f.
Die Führung der verbündeten Westmächte suchte die große Offensive im Artois durch Angriffe oder Angriffsdrohungen auch an anderen Kampffronten zu unterstützen, so daß fast bei sämtlichen deutschen Armeen der Westfront in jenen Wochen erhöhte Kampftätigkeit herrschte.
Bei der 4. Armee des Generalobersten Albrecht Herzogs von Württemberg schrieb die deutsche Führung noch weiter das Gesetz des Handelns vor. Wenn auch die am Abend des 22. April begonnenen Angriffskämpfe3) mit dem 9. Mai im wesentlichen ihren Abschluß gefunden hatten, so hoffte das Oberkommando doch noch, „den Feind in seine Brückenkopfstellung zu werfen, bei paffendem Wind mit Flaschen, sonst ohne dieselben", und die Linie Z)ser-Kanal—Dpern—St. Cloi zu erreichen. Ein neuer Vorstoß des XXVI. und XXVII. Reservekorps in der Richtung auf Z)pern zwischen der Straße Pilkem—Jpern und Hooge war vorgesehen.
Am Morgen des 13. Mai traten dementsprechend diese beiden Korps zum Angriffe an, ohne jedoch infolge der ungünstigen Wetterlage von Kampfgas Gebrauch machen zu können. Sehr bald stellte sich heraus, daß angesichts der unerschütterten Haltung des Feindes3) ein Erfolg nicht zu erreichen war. Die Oberste Heeresleitung stand ohnehin weiteren Angriffsunternehmungen der 4. Armee im allgemeinen ablehnend gegenüber und drahtete bereits am nächsten Tage: „Die Angriffe in Richtung auf Z)pern kosten so viel Blut und Munition, daß sich ihre Fortsetzung nur empfiehlt, wenn entweder der angestrebte Erfolg mit Sicherheit zu erwarten ist, oder sehr erhebliche Teile des Feindes dadurch vom (Ein-
Der Wechsel zwischen dem XIV. und VI. K. wurde derartig in die Wege geleitet, daß Bataillone und Feldbatterien Zug um Zug ausgetauscht wurden; die schwere Artillerie und die Fliegerverbände verblieben zunächst in den bisherigen Abschnitten.
2) S. 39 ff.
3) Cs handelte sich um die britische 4. und 27. F. D. sowie um abgesoffene Kavallerieverbände.
Das Ausklingen der Kämpfe bei Z)pern.
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greifen in die Kämpfe nördlich Arras abgehalten werden." Trotz dieses Hinweises plante das Armee-Oberkommando in der Hoffnung, doch noch kleinere Erfolge zu erringen, die Fortsetzung des Angriffes. Che es jedoch dazu kam, griff der Feind nördlich von Ypern selbst an. Nach wiederholten hartnäckigen Vorstößen französischer Truppen4) am 15. und 16. Mai gegen die Linie Steenstraate—Het Sas mußten die deutschen Stellungen auf dem westlichen Kanalufer aufgegeben werden. Vorsichtig folgte der Gegner bis zum Kanal.
Zu einem letzten größeren deutschen Angriff östlich von Ypern kam es am 24. Mai. Zwar wurde zunächst von der unter Befehl des Generals von Schaefer stehenden 54. (Württembergischen) Reserve-Division in kraftvollem Vorstoß beträchtlicher Geländegewinn erkämpft, bald aber versteifte sich der britische Widerstand derart, daß der deutsche Angriff nördlich von Hooge liegen blieb. Am gleichen Tage drahtete die Oberste Heeres -l e i t u n g an alle Armeen im Westen, daß das Westheer sich mit Rücksicht auf die Notwendigkeit, zunächst auf anderen Kriegsschauplätzen die Entscheidung zu suchen, verteidigungsweise zu verhalten habe. Die 4. A r m e e stellte sich nunmehr wieder auf Abwehr ein und bot, in weitgehendem R!aße der operativen Gesamtlage Rechnung tragend, dem Chef des Generalstabes des Feldheeres am 1. Juni das XXII. Reserve-korps^) zur Verwendung an anderen Kampffronten an. General von Falkenhayn griff „in aufrichtiger Anerkennung" des Angebots sofort zu und entschloß sich trotz der fortdauernden schweren Kämpfe an der Westfront, dieses Korps zusammen mit der 8. bayerischen Reserve-Division8) als Verstärkung dem östlichen Kriegsschauplatz zuzuführen. Dieser Entschluß warum so kühner, als nach Abbeförderung dieser zweieinhalb Divisionen die Oberste Heeresleitung an der Westfront zu einer Zeit, in der über das Kampfgebiet im Artois die schwersten Stürme dahingingen, an sofort verwendungsbereiten Reserven nur noch über die 123. Infanterie-Division und die 187. Infanterie-Brigade verfügte.
Rach dem schweren Ringen im April und Mai trat nunmehr im Ypern-Vogen4) eine gewisse Gefechtsruhe ein; nur in der Gegend von Hooge flackerte im Juli die Kampftätigkeit mehrfach wieder auf. Auf dem
1) Seite der franz. 153. und 45. I. D., die zur Armee-Abtlg. Belgien gehörten.
2) Ohne die 85. R. I, Br., die seit dem 13. Mai im Verbände des XIV. A. K. im Artois kämpfte.
8) S. 83 Anmerkung 2.
4) 3m Dpern-Vogen standen nach Ablösung der Franzosen fast nur noch
britische Truppen.
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Die Westfront von Mitte April bis Anfang August 1915.
Nordflügel der 4. Armee schloß ohnehin das weit ausgedehnte Überschwemmungsgebiet größere Kampfhandlungen aus.
Während demnach im Juni und Juli nördlich der Artois-Kampffront verhältnismäßig Ruhe herrschte, gingen südlich davon im Bereich des XIV. Reservekorps der deutschen 2. Arme e1) am 7. Juni um 5° vormittags Teile des französischen XI. und XIV. Korps in der Gegend von Habuterne zum Sturm gegen den linken Flügel der von Generalleutnant von Borries geführten 52. Infanterie-Division vor. Im dichten Morgennebel glückte dem überlegenen Gegner der Einbruch in die deutsche Stellung. In siebentägigen Kämpfen gelang es aber, mit Hilfe rasch herbeigeführter Unterstützungen3) den feindlichen Erfolg auf den vorspringenden Stellungsteil westlich von Serre zu beschränken. Die deutschen Verluste in den hartnäckigen Kämpfen betrugen rund 4000, die des Gegners in der Zeit vom 7. bis 15. Juni 10 350 Mann. Weitere schwächere Angriffsversuche der Franzosen gegen die durch Sprengung zerwühlte Höhe südwestlich von Fricourt konnten am 10. und 19. Juli von der 28. Reserve-Division abgewiesen werben3).
Auch bei der benachbarten 1. Armee1) ging der Gegner zum Angriff über. Am 6. Juni stießen bei Moulin-sous Touvent, 10 km westlich von Rouvron, Teile des hierfür verstärkten französischen XXXV. Korps vor und nahmen einige Grabenstücke. Wechselvolle Kämpfe wogten am 6. und 7. Juni hin und her. Dabei verlor die von dem Angriff getroffene 18. Infanterie-Division rund 43 Offiziere und 1720 Mann4). Wenn auch die Kämpfe sich noch bis Mitte des Monats hinzogen, so konnte es doch keinem Zweifel unterliegen, daß es sich hier nur um ein Ablenkungsmanöver des Gegners handelte und ein größerer Angriff nicht zu erwarten war. Immerhin hatte das Oberkommando der 1. Armee angesichts der gespannten Gesechtslage seine letzte Reserve, ein ihm vor einigen Tagen überwiesenes Infanterie-Regiment der 123. Infanterie-Division, einsetzen müssen — eine Maßnahme, die General von Falkenhayn veranlaßte, Mitte Juni die Abbeförderung der in Aufstellung begriffenen 183. Infanterie-Brigade zur 1. Armee anzuordnen.
!) Zusammensetzung der Armee stehe Karte 1.
-) Teile der 26. und 28. R. D. und der 185. Z. Br.
s) Seit Ende Juli wurden vor der nördlichen Hälfte der 2. Armee Ablösungen der Franzosen durch die neu gebildete britische 3. Armee beobachtet, deren rechter Flügel sich allmählich bis in die Gegend von Lihons erstreckte. Tatsächlich löste die britische 3. Armee zwischen dem 18. Juli und 8. August die nördlichen Teile der französischen 2. Armee beiderseits der Somme ab.
4) Der Gegner hatte in der Zeit vom 7. bis 16. Juni 7905 Mann Verluste.
Französische Angriffe bei Hebuterne und Moulin-sous Touvent.
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3m Bereich der 7. Armee1) verliefen die Monate Mai, Zum und Juli, abgesehen von einem erfolgreichen Vorstoß eines sächsischen Grenadier-Regiments am 10. Mai bei La Ville aux Bois, 2 Kilometer nordöstlich von Pontavert, und mehreren vergeblichen Gegenangriffen der französischen 5. Infanterie-Division, ohne besondere Ereignisse.
Bei der 3. Armee1) waren die der Winterschlacht in der Champagne folgenden Monate eine Zeit verhältnismäßig ruhigen Stellungskrieges. Kleinere Kampfhandlungen auf und unter der Erde hörten allerdings nicht auf. Feindliche Angriffe größeren Stils hielt die 3. Armee2) ebensowenig für wahrscheinlich wie die benachbarte 5. Armee1).
Hier lag die Initiative entschieden auf deutscher Seite. Rach ausgiebiger Vorbereitung durch Artillerie und Minenwerfer brachen am Morgen des 20. Juni der linke Flügel des XVIII. Reservekorps (9. Landwehr-Division) und der rechte des XVI. Armeekorps (27. württembergische Infanterie-Division) am Westrande der Argonnen unter Verwendung von Flammenwerfern zum Angriff vor und entrissen dem Feinde einen Teil seiner Stellung. Vom 30. Juni ab stürmte das XVI. Armeekorps unter dem Befehl des Generals von Mudra in dreitägigen Kämpfen die stark ausgebauten Stellungen der französischen 42. In-fanterie-Division nördlich von La Harozee. Am 13. Juli wurden westlich tum Boureuilles durch die 33. Infanterie-Division die von Teilen des französischen V. Korps besetzten und stark befestigten Höhen nach sorgfältiger Vorbereitung in kraftvollem Angriff genommen, während eine gleichzeitig zur Durchführung gebrachte Nebenunternehmung der 34. Infanterie-Division nördlich von Le Four de Paris weitere Teile der feindlichen Stellung in deutschen Besitz brachte. Die Gesamtbeute seit dem 20. Juni belief sich aus 6663 Gefangene und 117 Maschinengewehre und Minenwerfer. Sämtliche französischen Gegenstöße wurden abgeschlagen.
Wie in dem heiß umstrittenen Waldgelände der Argonnen, so herrschte auch im Stellungsbogen von St. Mihiel lebhafte Kampftätigkeit. Auf dem Nordflügel der Armee-Abteilung Stranh1) griffen Teile des ftanzösischen II. und VI. Korps am Nachmittage des 20. Juni nach heftiger Artillerievorbereitung beiderseits der Grande Tranchae de Calonne das V. Armeekorps an. Viermal von den Regimentern der 9. Infanterie-Division abgewiesen, glückte es dem Gegner beim fünften Sturm, östlich der großen Straße bis zur zweiten Stellung durchzustoßen. In tage-
1) Zusammensetzung siehe Karte 1.
2) Mitte Juni traf an Stelle des VI. das XIV. 21. K. im Bereich der 3. Armee ein. S. 77 ff.
t Weltkrieg. Till. Band. tz
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lang hin und her wogenden Kämpfen, die auch auf den Abschnitt der 10. Infanterie-Division Übergriffen, behauptete jedoch das verstärkte V. Armeekorps im wesentlichen seine Gräben. Zur Entlastung der an der Tranchäe kämpfenden Truppen entschloß sich das Oberkommando zur Wegnahme einer beherrschenden Höhe südwestlich von Les Cparges. Ein Regiment der 10. Infanterie-Division nahm am 26. Juni den größten Teil dieser 23 erg-nase und gewann damit ausgezeichnete Beobachtung gegen die französischen Stellungen auf der Combres-Höhe. Starke Gegenangriffe des Feindes, namentlich am 3. und 6. Juli, wurden in zäher Abwehr blutig abgeschlagen. Auf der Mitte der Armeefront spielten sich hauptsächlich südlich von St. Mihiel ernstere Kämpfe ab. Nachdem dort am 8. Mai und 19. Juni französische Vorstöße abgewiesen waren, ging unter Führung des Generals Freiherrn von Gebsattel das III. bayerische Armeekorps am 7. Juli zum Gegenangriff über und brach westlich von Apremont in breiter Front in die feindliche Stellung ein. Französische Wiedereroberungsversuche, die bis zum 12. Juli andauerten, scheiterten verlustreich. Auf der Südfront, im Priesterwalde, hatte sich die 121.Infanterie-Division zahlreicher feindlicher Vorstöße zu erwehren; in der zweiten Hälfte des Monats Mai und am 8. Juni war es den Franzosen gelungen, sich im Westteil des Priesterwaldes festzusetzen. Da trat am 4. Juli die verstärkte 121. Infanterie-Division unter Befehl des Generalleutnants Wagner zum Gegenangriff an. In 1500 Meter Breite wurde der Gegner geworfen; die Beute belief sich auf über 1000 Mann an Gefangenen, mehrere Minenwerfer und drei Geschütze. Starke französische Gegenangriffe wurden abgewiesen.
Auch im Abschnitt der Arme e-AbteilungFalkenhausenH war in der zweiten Hälfte des Monats Juni die Gefechtstätigkeit lebhafter. Am 21. und 22. Juni gelang es dem Gegner, einen Teil der Vorstellungen bei Gondrexon im Abschnitt der 1. bayerischen Landwehr- und 19. Ersatz-Division zu nehmen. Am 22. Juni erstürmte die 30. Reserve-Division des XV. Reservekorps die Höhe von Van de Sapt, verlor sie aber wieder, als der Feind am 8. und 24. Juli mit Übermacht zum Gegenangriff schritt.
Im Elsaß bei der Armee-Abteilung G a e d eH setzten die Franzosen ihren 'Mitte April im Fecht-Tal begonnenen Vorstoß fort. Rach heftigem Feuer griffen sie am 5. und 7. Mai mit der 47. und 66. Infanterie-Division die Höhenstellung westlich von Metzeral an. Der anfänglich unter dem Schutze von Rauchwolken eingedrungene Feind wurde von der Infanterie der 8. bayerischen Reserve-Division in
1) Zusammensetzung der Armee-Abtlg. siehe Karte 1.
Französische Angriffe im Elsaß.
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blutigem Nahkampf geworfen"). Am 14. Juni wurden die Stellungen der 19. Reserve-Division, die den Frontabschnitt der 8. bayerischen Reserve-Division") übernommen hatte, heftig angegriffen. Die Höhen westlich von Metzeral und von Sondernach sowie die Kuppe des Hilsenfirstes gingen trotz entschloffener Gegenwehr verloren, an den folgenden Tagen fiel auch Metzeral in Feindeshand. Ohne Störung durch den Gegner erfolgte nunmehr in der Nacht zum 22. Juni die Räumung des westlichen Fecht-Ufers. Vor der neuen Verteidigungslinie, die von Mühlbach über die Höhen östlich von Metzeral nach dem Hilsenfirst verlief, fand der französische Vorstoß sein Ende. Die Verluste der 19. Reserve-Division und der ihr zugeteilten Truppen") betrugen 111 Offiziere und 3565 Mann. Der Gegner hatte neben hohen blutigen Verlusten — nach französischen Angaben über 6000 Mann — 580 Gefangene eingebüßt.
Am 20. Juli trat der Feind weiter nördlich in der Richtung auf Münster wieder zum Angriff im Ober-Clsaß an. Nach stundenlangem Artilleriefeuer gingen die französische 129. und 47. Infanterie-Division gegen den Abschnitt der 6. bayerischen Landwehr-Division am Varrenkopf sowie den der 8. bayerischen Reserve-Division") am Reichackerkopf vor. In schweren, bis zum 22. Juli dauernden Kämpfen wurden jedoch die Höhen behauptet; dagegen fiel am 27. Juli trotz tapferer Gegenwehr die beherrschende Stellung des Lingekopfes, 5 Kilometer nördlich von Münster, in Feindeshand. Schon drohte die Lage eine ernste Wendung zu nehmen, da gelang es den durch Teile der 19. Reserve-Division und 187. Infanterie-Brigade verstärkten Bayern in kraftvollem Gegenstoß den am und nördlich des Varrenkopfes eingedrungenen Feind größtenteils wieder zurückzuwerfen.
Am 31. Juli gab das Oberkommando der französischen 7. Armee den Angriff in den Vogesen auf. Nur die französische 129. Infanterie-Division sollte weiter versuchen, sich in den Besitz der deutschen Stellung am Barren-kops zu setzen.
") Angesichts der Verschärfung der Lage wurde als Reserve der O. H. L. die 187.1. Vr. am 2. Juni von Laon in die Gegend von Schlettstadt verlegt. Zwei Regimenter dieser Brigade wurden vorübergehend, für die Zeit vom 17. bis 20. Juni, der 6. Armee zur Verfügung gestellt. Vgl. S. 90.
2) S. 79. Die 8. bayer. R. D. hatte vorübergehend zur Verfügung der O. H. L. gestanden und war am 2. Juni nach dem Osten abgefahren worden. Am 12. Juni wurde das Generalkommando des X. R. K. aus der Gegend von Straßburg nach Südungarn abbefördert. Vgl. S. 199 und 242.
3) Vornehmlich die zum Einsah wieder zur Verfügung gestellte 187. I. Vr.
4) Die 8. bayer. R. D. war in den ersten Iulitagen vom östlichen Kriegsschauplatz wieder im Ober-Elsaß eingetroffen.
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Die Westfront von Mitte April bis Anfang August 1915.
5. tTeue Großangriffe im Arrois vom 16.bis 18. Juni und das Ausklingen der Lrühjahrsscblachr.
Karten 1, 3, 4, Skizzen 4, 5, 6, 7, 8, 9, Anlagen 1, 2, 3.
Nach dem Mißlingen des Durchbruchs im Artois im Mai 1915 konnte für die französische oberste Führung kein Zweifel darüber bestehen, daß schon mit Rücksicht auf die bedrängte Lage der Nüssen die Offensive möglichst bald wieder ausgenommen werden müßte. Zudem lag der Vorteil zahlenmäßiger Überlegenheit offensichtlich auf seiten der verbündeten Westmächte; schätzte doch der französische Generalstab am 12. Juni die Gesamtstärke des deutschen Westheeres auf 1128 Bataillone, denen 1764 ftanzösisch-britisch-belgische Bataillone gegenüberstanden; die Schätzung entsprach annähernd der Wirklichkeit).
Auf die Mitwirkung der britischen Truppen2) bei der Fortsetzung der Offensive konnte gerechnet werden. Feldmarschall French hatte zunächst auf Anfragen sogar die Zusicherung gegeben, gleichzeitig mit drei Divisionen nördlich des La Vassae-Kanals, vielleicht auch noch mit zwei weiteren südlich davon anzugreifen, während bei Vpern ein Vorstoß mit einer Division unternommen werden sollte. Der große Mangel an schwerer Artilleriemunition zwang indessen bald dazu, den ursprünglich auf breiterer Grundlage beabsichtigten Angriff auf den Vorstoß eines Korps (IV.) zu beschränken. Auf der französischen Heeresfront sollten in engem Zusammenhange mit dem Hauptangriff, den wiederum die 10. Armee zu führen hatte, Nebenunternehmungen bei der 2., 6. und 7. Armee stattfinden, die in den Kämpfen bei Hebuterne, Moulin-sous Touvent und im Elsaß auf deutscher Seite bereits geschildert sind2). Bei der 5. und 4. Armee sowie beim XXXVI. Korps4) waren zu Täuschungszwecken Handstreiche und erhöhte artilleristische Wirkung vorgesehen. Die Belgier hatten in ihrem Abschnitt ebenfalls verstärkte Tätigkeit zugesagt.
General Iosfre richtete auf Grund der Erfahrungen der bisherigen Kämpfe sein besonderes Augenmerk darauf, die Befehlsverhält-nisse auf der gesamten Heeresfront zu vereinfachen und die 10. Armee zu verstärken. Am 13. Juni wurden die bereits bestehenden beiden provisorischen Heeresgruppen „Nord" und „Ost" in endgültige umge-
1) Gleichzeitige Schätzung auf deutscher Seite. Anlage 2.
2) Mer Kitchener Truppen siehe Anlage 3.
3) S. 80 und 82/83.
4) Das XXXVI. Korps war am 22. Mai aus der Armee-Abtlg. Belgien gebildet worden.
Neue Angriffsvorbereitungen der Feinde im Artois.
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wandelt und eine neue Heeresgruppe „Mitte" unter General de Curiöres de Castelnau gebildet. Die Oberbefehlshaber der Heeresgruppen sollten von jetzt ab die vom Höchstkommandierenden angeordneten Operationen selbständig durchführen, Abschnitte und Truppen innerhalb ihres Vefehls-bereiches auf die unterstellten Armeen verteilen und eigene Heeresgruppen-Reserven ausscheiden. General Foch erhielt daneben die Aufgabe, in engem Zusammenwirken mit den Engländern und Belgiern die Einheitlichkeit der Operationen der Verbündeten sicherzustellen. Die französische 10. Armee wurde bis Mitte Juni erheblich verstärkt, so daß ihr nunmehr zur Durchführung der neuen Offensive insgesamt 23 Infanterie-und 3 Kavallerie-Divisionen — gegenüber 18 Infanterie- und 3 Kavallerie-Divisionen zu Beginn des ersten Artois-Angriffs4) — zur Verfügung standen. Zur Heeresgruppen-Reserve des Generals Foch traten das vom 15. Juni ab bei Doullens eintreffende I. Kolonialkorps und fünf Kavallerie-Divisionen. Außerdem standen zur Verfügung der obersten Führung die 152. Infanterie-Division hinter dem XXXVI. Korps südwestlich von Hond-schoote, die 51. Infanterie-Division hinter dem Nordflügel der 2. Armee südöstlich von Doullens und vom 16. Juni ab das XII. Korps bei Amiens bereit.
Für die Durchführung derneuenAngriffsoperation sollten die Erfahrungen der bisherigen Kämpfe Berücksichtigung finden. Besonderen Wert legte der Höchstkommandierende diesmal auf nahes Heranziehen der Reserven, auf gleichzeitigen Beginn des Vorgehens der Sturm-kolonnen, auf gründliches Niederkämpfen der deutschen Maschinengewehr-nester und Zerstörung der Hindernisse vor Antritt der eigenen Infanterie. Als Zeitpunkt für den Beginn der neuen Offensive war zuerst der 31. Mai ins Auge gefaßt. Aber die bei einigen Truppen unbedingt nötige Neuordnung und die erforderlichen Vorarbeiten im Gelände machten wiederholt eine Verschiebung notwendig. General Ioffre wies mit besonderem Nachdruck darauf hin, daß der Angriff nicht eher beginnen sollte, als bis alle Vorbereitungen beendet wären. So konnte der Sturm erst auf den 16. Juni festgesetzt werden. Als Ziel des Angriffs wurde von der französischen Führung ausdrücklich der Durchbruch durch die deutsche Front bezeichnet. Der Angriff der 10. Armee sollte nach einer geheimen Anweisung des Höchstkommandierenden an General Foch vom 14. Juni, IO40 vormittags, von Beginn ab mit größtem Nachdruck geführt und alle Maßnahmen zur Crringung und wirksamsten Ausbeutung entschei-
0 S. 55.
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Die Westfront von Mitte April bis Anfang August 1915.
dender Erfolge getroffen werden. Wenn jedoch die erhofften Ergebnisse nach Verlauf einiger Tage nicht erreicht seien, so sollte der Angriff sofort abgebrochen werden, um später auf breiterer Grundlage wieder aufgenommen zu werden.
Auf deutscher Seite hatte auf dem Schlachtfelde der 6. Armee der Kommandierende General des IV. Armeekorps, General der Infanterie Sixt von Armin, am 14. Juni den Befehl in dem bisherigen Abschnitt des XIV. Armeekorps übernommen. Nördlich der Straße Bsthune— Lens herrschte verhältnismäßig Ruhe. Hier war deshalb die 117. Infanterie-Division nach mehrwöchiger Verwendung an der Loretto-Höhe eingesetzt worden. Weiter südwärts in den Abschnitten der 7. und 8. Infanterie-Division befanden sich dagegen die Kampfgräben, besonders bei Lißvin und Angres, vielfach in einem kaum noch verteidigungssähigen Zustande. In den kurzen, Hellen Nächten gestaltete sich ihr Ausbau äußerst schwierig und kostete durch das häufig bei Scheinwerferbeleuchtung abgegebene feindliche Störungsseuer empfindliche Verluste. Südlich der Straße Aix-Noulette—Souchez war die sogenannte „Schlammulden-Stellung" dem feindlichen Feuer nicht übermäßig ausgesetzt. Durch die hartnäckigen Angriffe des Gegners hatte sich jedoch dieses Tal in ein Leichenfeld verwandelt; eine Bestattung der Gefallenen war bei der ununterbrochenen Kampftätigkeit nicht möglich gewesen. Der dort dauernd herrschende Verwesungsgeruch machte den Verteidigern die Nahrungsaufnahme fast unmöglich und belästigte sie mehr als das feindliche Feuer. Eine sich anschließende Lücke von etwa 300 Metern bis zur Riegelstellung war trotz ununterbrochener Versuche infanteristisch nicht zu schließen gewesen. Die Riegelstellung verlief in leidlichem Zustande in der Richtung auf die viel umkämpfte Zuckerfabrik und von dort notdürftig verteidigungsfähig längs des Weges Zuckerfabrik—Souchez. In dem versumpften Schloßparke befanden sich zwei zerschossene, mühsam aus Sandsäcken hergestellte Verteidigungslinien. Das Dorf Souchez selbst war stark befestigt. Im Abschnitte des VIII. Armeekorps war die Stellung der 16. Infanterie-Division zwischen Souchez und der Höhe 123 ausgebessert worden, da hier seit der Pfingstwoche keine nennenswerten Angriffe stattgefunden hatten; dagegen befanden sich die Gräben der neu eingesetzten 5. Infanterie-Division in sehr mangelhafter Verfassung. Beim I. bayerischen Reservekorps hatte die zusammengesetzte 58. Infanterie-Division bis jetzt das „Labyrinth" trotz erheblicher Verluste mit unerschütterlicher Tapferkeit verteidigt.
Neue Großangriffe im Artois Mitte Juni.
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Südwärts anschließend stand seit Beginn der Frühjahrsschlacht unabgelöst die 1. bayerische Reserve^Division mit der sehr erschöpften 52.Reserve-Infanterie-Brigade. Trotz vielfacher Beschädigung der Stellung waren auch dort bisher alle französischen Angriffe abgewiesen worden.
Die Artillerie kämpfte nach wie vor in Divisionsgruppen, deren einheitliches Zusammenwirken dauernd nachgeprüft und Verbeffert wurde. Mehrere Batterien waren südlich der Searpe vereinigt mit dem Zwecke, die nördlich von Arras stehende französische Artillerie unter Flankenfeuer zu halten.
Inzwischen hatte General von Lochow eine zweite Stellung in ungefährer Linie Loos—Lens—Vimy—Thölus schaffen lassen, eine dritte wurde in Linie östlich von Lens—Oppy—Feuchy vorbereitet. Die letztgenannte lag so weit rückwärts, daß bei einem feindlichen Angriff gegen sie die Höhen bei Vimy artilleristisch nicht mehr ausgenutzt werden konnten.
Seit dem 12. Juni machten sich Anzeichen neuer Großangriffe fühlbar. Am 14. Juni mittags gingen auf der ganzen Front Angres—Reuville-St. Vaast feindliche Crkundungsabteilungen vor, erreichten aber im deutschen Abwehrfeuer nirgends ihr Ziel. Das französische Artilleriefeuer raste und nahm ständig an Stärke zu. In Souchez, Givenchy,
Thslus und Farbus zerstörten schwerste Granaten auch betonierte Unterstände und Keller; dadurch fiel ein großer Teil der Befehlsstellen und Aufenthaltsorte für Reserven aus.
Bei Anbruch des klaren, sonnigen 16. Juni waren die Hindernisse und ie. Juni. Gräben der deutschen Kampfstellung schwer beschädigt. Die Infanterie hatte bereits in dem aufs höchste gesteigerten feindlichen Feuer starke Verluste erlitten. Da setzten um die Mittagszeit auf der Front von Lisvin bis zur Scarpe tiefgegliederte Infanterie angriffe ein. Das Sperrfeuer der deutschen Artillerie konnte nur unzureichend wirken, da sie gleichfalls bereits schwer gelitten hatte. Besonders empfindlich machte sich die reiche Ausstattung der Franzosen an Beobachtungsflugzeugen und der Mangel an deutschen Kampffliegern bemerkbar. Welle auf Welle brandete gegen die deutsche Front. Dem immer von neuem anstürmenden und von starken Reserven unterstützten Gegner gelang es schließlich, an vielen Stellen in die deutsche Verteidigungslinie einzubrechen. Als der Tag sich neigte, ergab sich folgendes Bild der Kampflage:
Bei Liavin und Angres hatten Franzosen vom XXL Korps in der Stellung der 7. Infanterie-Division Fuß gefaßt. Zur „Schlamm-mulde" fehlte jede Verbindung. An der Loretto-Höhe mußten die Truppen der 8. Infanterie-Division die Riegelstellung räumen. Auch einen etwa 300 Meter dahinter liegenden, neu ausgehobenen Graben hatte der Gegner
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Die Westfront von Mitte April bis Anfang August 1915.
gestürmt. Der Dorfrand von Souchez war vom Angreifer, dem XXXIII. Korps, überrannt worden, in den Straßen wurde erbittert gekämpft. Vei der 16. Infanterie-Division war neben kleineren Cinbruchsstellen südlich von Souchez die marokkanische Division in einer Breite von mehr als einem Kilometer bis zu einer rückwärtigen Stellung durchgebrochen, hatte sich dort eingenistet und mit Abteilungen die dicht dahinter stehenden deutschen Batterien erreicht; weitere Verteidigungslinien fehlten hier. Auch die branden-burgische 5. Infanterie-Division unter ihrem Führer, Generalmajor von Gabain, war vom ftanzösischen IX. Korps heftig angegriffen worden, einzelne ihrer Kompagnien hatten fast drei Viertel ihres Bestandes verloren; die Angriffe waren aber gescheitert. Vei der zusammengesetzten 58. Infanterie-Division im „Labyrinth" und weiter südlich bei der 1. bayerischen Reserve-Division waren Teile des ftanzösischen XX., X. und XVII. Korps an zahlreichen Stellen eingebrochen; überall wurde Mann gegen Mann gekämpft. Die Lage war aufs höchste gespannt.
Aber in tapferer, unerschütterlicher Abwehr behauptete sich die deutsche Front. Anter dem Schutze der Nacht konnten Teile der Armee-Gruppe Lochow bereits zum erfolgreichen Gegen st oß verbrechen. Westlich von Lisvin und Angres wurden die Gräben durch die 7. Infanterie-Division unter Generalleutnant Riedel gesäubert; dagegen gelang ihre Wieder-nahme südwestlich von Angres nicht. In der „Schlammulde" hatte das dort eingesetzte Regiment alle Angriffe abgewiesen. Aus der zweiten Loretto-Riegelstellung und Souchez warfen Truppen der von Generalmajor Freiherr von Haustein befehligten 8. Infanterie-Division den Feind wieder heraus. Der 16. Infanterie-Division gelang es nur, den Gegner aus den kleineren Cinbruchsstellen zu vertreiben, der Keil südlich von Souchez blieb in der Hand der Marokkaner. Auch die Anlage eines Riegelgrabens glückte infolge des starken ftanzösischen Feuers nur teilweise. Am wenigstens ein weiteres Vordringen des Gegners hier zu verhindern, legten schwere deutsche Batterien Dauerfeuer auf die Cinbruchsstelle, so daß neue französische Angriffsversuche scheiterten; nur der Kirchhof von Souchez fiel noch in Feindeshand. Das „Labyrinth" und die Stellungen der 1. bayerischen Reserve-Division waren bis Tagesanbruch vom Gegner gesäubert. Etwa 700 Franzosen wurden aus diesen Nahkämpfen als Gefangene eingebracht.
Der unter größter Kraftentfaltung und höchster Steigerung der Angriffswucht ohne Rücksicht auf schwerste Verluste unternommene Durchbruchsversuch des Feindes war wiederum an dem zähen Ver-
Neue Großangriffe im Artois Mitte Juni.
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teidigungswillen der heldenhaft kämpfenden deutschen Stellungstruppen gescheitert.
Die Kampflage der 6. Armee blieb aber auch weiterhin ernst. Die Ober st e Heeresleitung hatte auf die Meldung des Armee-Oberkommandos von den schweren feindlichen Angriffen das von der 3. Armee im Anrollen befindliche VI. Armeekorps zur Verfügung gestellt. Die eingetroffenen Teile, die an den Bahnhöfen Vitry und Biache alarmbereit stehende 22. Infanterie-Brigade, wurden der Armee-Gruppe Lochow überwiesen und von dieser am 16. Juni abends dem VIII. Armeekorps für den Fall angeboten, daß die 16. Infanterie-Division nicht mehr in der Lage wäre, ihre Stellung zu halten. Der Kommandierende General, General Riemann, hielt indessen die Hilfe noch nicht für erforderlich.
Am gleichen Tage, an dem die schweren französischen Angriffe erfolgten — am 16. Juni —, erging an alle Armeen der Westfront ein Erlaß des Generals von F a l k e n h a y n, der auf den Ernst der Gesamtlage hinwies: „Nach sicheren Nachrichten werden Franzosen und Engländer ihre Offensive bei Arras fortsetzen und außerdem an anderen Stellen unserer Front angreifen. Cs wird sich hierbei zum Teil um ernsthafte Durchbruchsversuche, zum Teil nur um Demonstrationen zur Ablenkung von Kräften handeln. Seine Majestät erwartet, daß die Armeen mit altbewährter Tapferkeit und Zähigkeit überall die Durchbruchsversuche vereiteln und ihre Stellungen halten. Im allgemeinen können die Armeen nicht damit rechnen, daß ihnen seitens der Obersten Heeresleitung Verstärkungen aus den nur schwachen Heeresreserven zugeführt werden. Sie müssen für den äußersten Notfall aufgespart werden. Ich bitte, diesen Amstand vor Anträgen an die Oberste Heeresleitung in Rechnung zu ziehen. Außerdem macht es die allgemeine Lage dringend erforderlich, daß die Armeen ihnen etwa zugeführte Teile der Heeresreserve sobald möglich der Obersten Heeresleitung wieder zur Verfügung stellen. Ein Fortziehen von Kräften aus dem Osten zur Verstärkung des Westheeres würde die im Osten in glücklichstem Fortschreiten befindliche Offensive lähmen. Jeder Mann der Westfront muß wissen, daß er durch sein zähes Aushalten zur Erringung der Erfolge im Osten wesentlich mit beiträgt, daß diese Erfolge ohne ihn nicht zu erringen sind."
Im Laufe des 17. Juni erneuerten die Franzosen ihre Angriffe gegen n.gunt. dieArmee-GruppeLochow. Diesmal gelang es ihnen, auch bei der 5. Infanterie-Division in die zerschossenen Gräben einzudringen. Sie wurden aber hier, ebenso wie bei der 7. Infanterie-Division und beim I. bayerischen Reservekorps nach anfänglichen Erfolgen wieder zurückgeworfen. An der Straße Aix-Noulette—Souchez im Abschnitt der 8. Infanterie-
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Die Westfront von Mitte April bis Anfang August 1915.
Division war das französische XXL. Korps weiter vorwärtsgekommen. Damit wurde es zwecklos, die „Schlammulde" fernerhin zu halten; sie wurde daher in der Nacht geräumt.
Im Feuer der fast ununterbrochen tobenden Schlacht verzehrten sich die Kräfte der Abwehr. Das Generalkommando des I. bayerischen Reservekorps meldete, daß die ihm unterstellte zusammengesetzte 58. Infanterie-Division nicht mehr gefechtssähig sei. General von Lochow hielt jedoch ein Herausziehen der 16. Infanterie-Division für noch dringlicher. Cr befahl deshalb zunächst deren Ablösung durch die 11. Infanterie-Division des VI. Armeekorps.
Angesichts dieser Lage war auch die Oberste Heeresleitung bemüht, der 6. Armee neue Kräfte zuzuführen. Auf eine Bitte des Generals von Lochow unterstellte sie am 17. Juni die vor wenigen Tagen abgelöste 15. Infanterie-Division „für alle Fälle" und ermächtigte das Armee-Oberkommando 6 „im dringenden Notfall" über die 123. Infanterie-Division*) zu verfügen. Den Antransport der 12. Infanterie-Division des VI. Armeekorps, deren letzte Infanterieteile erst am 19. Juni abends bei der 6. Armee eintreffen konnten, zu beschleunigen, erwies sich indessen als unmöglich. Im Einverständnis mit den Armee-Oberkommandos 5 und Falkenhausen wurden daher am 17. Juni die 187. Infanterie-Brigade^) und die 5. Ersatz-Brigade der Armee-Abteilung Strantz unverzüglich zur 6. Armee abbefördert. Die 4. Armee stellte auf Anordnung der Obersten Heeresleitung die 53. Reserve-Division zur Verfügung und machte dadurch auf dem Nordflügel der 6. Armee die 3. bayerische Infanterie-Division frei, die die 58. ersetzte; diese trat zur 4. Armee über. Außer diesen Truppenverbänden wurden noch 13 schwere Batterien überwiesen, die am 19. Juni und den folgenden Tagend bei der 6. Armee eintreffen sollten.
Da der Kommandierende General des VI. Armeekorps, General der Infanterie von Pritzelwitz, an Dienstrang älter war als General von Lochow, verfügte die O b e r st e Heeresleitung am 17. Juni abends, daß nach Einsatz der VI. Armeekorps die Armee-Gruppe Lochow aufzulösen sei. Dem Armee-Oberkommando 6 aber erschien es dringend erwünscht, daß zuvor die beantragten Verstärkungen eingesetzt und die abzulösenden oder im Austausch abzugebenden Truppen abgefahren wären. Aus diesem Grunde wurde das Generalkommando des VI. Armeekorps noch nicht verwendet, sondern zur Verfügung des Armee-Oberkommandos gehalten.
!) S. 73.
2) Ohne ein bei der Armee-Abtlg. Gaede verbleibendes Infanterie-Regiment. Vgl. S. 83 Anmerkung 1 und 3.
--) Vgl. Anlage 1.
Das Ausklingen der Frühjahrsschlacht im Artois.
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General von Lochow leitete nunmehr eine Neugliederung der Verbände nach folgenden Gesichtspunkten ein: Den Nordabschnitt behielt das Generalkommando des IV. Armeekorps. Auf seinem rechten Flügel stand, mit der inzwischen in der Front eingesetzten Infanterie der 123. (sächsischen) Infanterie-Division, die 117. Infanterie-Division. Südwärts folgten die Abschnitte der 7. und 8. Infanterie-Division; Korpsreserve war die 5. Crsatz-Vrigade.
In der Mitte blieben die 11. und 5. Infanterie-Division zunächst noch dem mit diesem Abschnitt vertrauten Generalkommando des VIII. Armeekor p s unterstellt. Da weitere Kämpfe ein engeres Zusammenschließen des schon stark geschwächten IV. Armeekorps bald notwendig machen mußten, so ließ sich durch Einschieben der 12. Infanterie-Division nördlich der 11. der einheitliche Einsatz des VI. Armeekorps in kurzer Zeit ermöglichen.
Die demnächst zu erwartende 6. Infanterie-Division des III. Armeekorps sollte zunächst bei Douai als Armeereserve zurückgehalten bleiben. Im Süd-abschnitte befehligte General der Infanterie Ritter von Fasbender vor den Toren von Arras drei bayerische Infanterie-Divisionen (3., 1. Reserve-,
5. Reserve-). Die 15. und 16. Infanterie-Division des VIII. Armeekorps sollten in die Gegend von Douai zurückgezogen und zur 1. Armee abbefördert werden.
Am 18. Juni wurden die feindlichen Angriffe schwächer, so daß die is. Juni. Oberste Heeresleitung die Auffassung gewann, daß die Lage im Artois sich entspanne und die Angriffskraft des Gegners zunächst gebrochen sei. Am für kommende Ereignisse möglichst starke Reserven verfügbar zu haben, richtete der Chef des Generalstabes des Feldheeres am 21. Juni an das Oberkommando der 6. Armee die Aufforderung, Kräfte aus der Kampffront zu ziehen. „Nachdem sich die Durchbruchsversuche der Franzosen und Engländer" — so führte er aus — „seit mehr als einem Monat an dem zähen Widerstand der 6. Armee gebrochen haben, ist es nicht ausgeschlossen, daß demnächst vor der Armeefront Ruhe eintritt, und der Gegner seine Kräfte verschiebt, um an anderer Stelle erneut anzugreifen.
Zur Zeit ist die ganze Westfront zur Verstärkung der 6. Armee von Reserven entblößt. Die Oberste Heeresleitung muß darauf bedacht sein, für alle Fälle neue Reserven bereitzustellen. Dies kann nur dadurch geschehen, daß Teile aus der 6. Armee wieder herausgezogen werden, um bei anderen Armeen ausgeruhte Verbände abzulösen. Zur Vorbereitung ersuche ich . . ., mindestens zwei Infanterie-Divisionen — abgesehen vom VIII. Armeekorps und der 123. Infanterie-Division —, sobald die Lage es irgend gestattet, aus der Kampflinie herauszuziehen und hinter der Armeefront an geeigneten Eisenbahnpunkten zu versammeln. Die Kriegs-
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Die Westfront von Mitte April bis Anfang August 1915.
gliederung dieser Verbände ist herzustellen. In gleicher Weise bitte ich das Herausziehen starker Teile der bespannten Heeresartillerie-Reserve einzuleiten ..." Am gleichen Tage ordnete General von Falkenhayn die Rückführung der 187. Infanterie-Vrigade von der 6. Armee1) zur Armee-Abteilung Falkenhausen an, da die Kämpfe im Elsaß bei der unterstellten Armee-Abteilung Gaede eine Ablösung der Infanterie der 19. Reserve-Division dringend erforderten.
Kronprinz Rupprecht und General von Lochow vermochten sich jedoch der Auffassung der Obersten Heeresleitung hinsichtlich einer Entspannung der Kampflage im Artois zunächst noch nicht anzuschließen. General von Lochow reichte am 22. Juni eine Beurteilung der Lage ein, derzufolge die Angriffe des Feindes keineswegs beendet seien, vielmehr mit erneuter Heftigkeit erwartet werden müßten. Für den Fall, daß die Oberste Heeresleitung nicht in der Lage wäre, fortlaufend frische Kräfte zur Ablösung vorzuschieben, erwog er mit Rücksicht auf den starken Kräfteverbrauch die Einnahme einer neu ausgebauten rückwärtigen Stellung. Das Armee-Oberkommando gab diesen Bericht am 24. Juni an die Oberste Heeresleitung weiter mit dem Hinzufügen, „daß Anhaltspunkte für ein Aufgeben der französischen Offensive nicht vorlägen, daß es keinen anderen Entschluß gäbe als das Festhalten der bisherigen Stellungen, daß aber dazu weitere Truppen zur Ablösung und mehr Artillerie nötig seien".
In dem Widerstreit der Meinungen zwischen Oberster Heeresleitung und der örtlichen höheren Führung erwies sich die Auffassung des Generals von Falkenhayn als zutreffend. Größere feindliche Angriffe erfolgten auf der Front der 6. Armee zunächst nicht mehr.
Auf französischer Seite hatte General Foch angesichts der geringen Ergebnisse der letzten Angriffe nach Rücksprache mit den Korps-führern und im Einvernehmen mit dem Oberbefehlshaber, General d'Arbal, am 18. Juni den Entschluß gefaßt, die Offensive im Artois vorläufig einzustellen. Cr wies die 10. Armee an, die gewonnenen Stellungen zu halten und auszubauen, und meldete dem Höchstkommandierenden, daß die an der Schlacht beteiligten Korps dringend einiger Tage der Ruhe bedürften. Danach sollten die drei nördlichen Korps (XXI., XXXIII., IX.) sich planmäßig gegen Souchez und die Höhe 140 südöstlich von Souchez vorarbeiten, um diesen Frontabschnitt als Ausgangsstellung für eine neue Offensive in ihren Besitz zu bringen. Sei dies erreicht, so würden
*) Vgl. S. 90 Anmerkung 2.
Die Auflösung der Armee-Gruppe Lochow.
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die drei südlichen Korps (XX., X., XVII.) wiederum zum Angriff antreten.
Auf diese Weise würde es voraussichtlich möglich sein, die der 10. Armee anfangs gesteckten Ziele doch noch zu erreichen.
Die Verluste aus französischer Seite waren außerordentlich hoch; sie beliefen sich seit dem 9. Mai aus rund 100 0001), die der britischen Truppen auf 32 000 Mann, während die deutschen 1560 Offiziere und 71 512 Mann betrugen.
Im Bereiche der deutschen 6. Armee herrschte bis Ende Juni das Dom te. Zum Streben vor, die Stellung von eingedrungenen feindlichen Kräften wieder616 ®nbc 3utt* zu säubern.
Versuche des IV. Armeekorps, die zu beiden Seiten der Straße Aix-Noulette—Souchez befindlichen Franzosennester zu beseitigen, mißlangen jedoch. Die Truppen der 8. Infanterie-Division hatten durch die vorangegangenen Kämpfe an der Loretto-Höhe schon zu stark gelitten. Seit dem 19. Juni vereinigten die Franzosen Artilleriefeuer gegen die Stellung zwischen Angres und Souchez. Am die Widerstandskraft dieses gefährdeten Abschnittes zu erhöhen, entschloß sich nunmehr General von Lochow, bei Souchez die 12. Infanterie-Division unter Generalleutnant Chales de Veaulieu in die Front einzuschieben. Am 25. Juni erfolgte dort wiederum ein stärkerer Angriff. Rach anfänglichen Erfolgen wurden die Franzosen überall von den schlesischen Regimentern geworfen. Roch einmal versuchte der Gegner nördlich von Souchez am 27. Juni spät abends einen Vorstoß, der ebenfalls scheiterte. Den Abschnitt der 16. Infanterie-Division hatte seit dem 18. Juni die 11. Infanterie-Division unter Generalleutnant von Webern übernommen. Hier glückte es, in verlustreichen Grabenkämpfen die südlich von Souchez am 16. Juni eingedrungenen Franzosen zu werfen. Am das „Labyrinth" wurde noch bis zum 24. Juni weiter gekämpft. Dann ließ auch dort das Ringen nach, so daß die 3. bayerische Infanterie-Division unter Generalleutnant Ritter von Wenninger das Grabengewirr ordnungsmäßig übernehmen und einigermaßen verteidigungsfähig einrichten konnte. Ant 25. Juni wurde mit Genehmigung der Obersten Heeresleitung die stark erschöpfte 52. Reserve-Infanterie-Brigade gegen die 185. Infanterie-Brigade der 2. Armee ausgetauscht und diese nördlich anschließend an die 3. bayerische Infanterie-Division in der Kampffront eingesetzt. So entstanden auch hier tief gegliederte, in sich geordnete Befehlsverhältnisse. Am 28. Juni waren alle für den Einsatz des Generalkommandos des VI. Armeekorps notwendigen Vorbereitungen beendet. Tags darauf erfolgte die Vefehlsübernahme durch General
1) Vgl. S. 96 Anmerkung 2.
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Die Westfront von Mitte April bis Anfang August 1915.
von Prihelwitz und damit gleichzeitig die Auflösung der Armee-Gruppe Lochow.
Wenn auch bei der Obersten Heeresleitung der Eindruck vorherrschend blieb, daß die Kämpfe im Artois im Abflauen begriffen waren, so mußte doch vorläufig die Gegend nördlich von Arras als das wichtigste Kampfgebiet der Westfront angesehen werden. Vorübergehend sah General von Falkenhayn angesichts der Möglichkeit neuer französischer Angriffe unter gleichzeitigem Einsah starker britischer Kräfte die Kampflage im Artois sogar für so ernst an, daß er sich zur Rückführung von Teilen des Ostheeres nach dem französischen Kriegsschauplätze entschloß. Am 26. Juni teilte er dem Armee-Oberkommando 6 mit, daß das XX XXI. Reservekorps und die 56. Infanterie-Division hinter der Front der Armee untergebracht werden würden. Die 8. bayerische Reserve-Division, die erst vor kurzem nach dem Ost-Kriegsschauplatz überführt worden war, sollte in die Reichslande zurückbefördert werden. Das Armee-Oberkommando 6 erblickte indessen in dieser Maßnahme eine Beeinträchtigung der in glücklichster Entwicklung befindlichen Offensive in Galizien und meldete der Obersten Heeresleitung, daß auch bei Erneuerung der feindlichen Angriffe, die bisher nur durch Agentennachrichten als bevorstehend bezeichnet wurden, die Armee ihre Stellungen halten könne, ohne Verstärkungen aus dem Osten zu beanspruchen. Daraufhin änderte noch ant 27. Juni General von Falkenhayn seine Anordnungen und beließ das XXXXI. Reservekorps auf dem Ost-Kriegsschauplatz. Lediglich die 56. Infanterie- und 8. bayerische Reserve-Division wurden nach dem Westen zurückbefördert.
Im Juli kam es nur noch zu örtlichen Vorstößen gegen Teile des IV. und VI. Armeekorps. Die Gegend von Souchez war der Brennpunkt dieser Kämpfe, die insbesondere die Kräfte des VI. Armeekorps stark beanspruchten.
6.Betrachtungen.
Die feindlichen Angriffe im Artois, die Anfang Mai eingesetzt hatten, konnten Ende Juni als abgeschlossen gelten. Sie hatten den Durchbruch durch die deutsche Stellungsfront zum Ziele gehabt. Die Voraussetzungen für ein Gelingen dieser großen französisch-englischen Offensive waren keineswegs ungünstig gewesen. Die deutsche 6. Armee hatte vor dem 9. Mai keine Verstärkungen erhalten; von den TVzDivisionen der Heeresreserve befanden sich bei Beginn der
Frühjahrsschlacht nur zwei in ihrem Bereiche. Die deutsche Stellungsausbuchtung nördlich von Arras sowie die vorzüglichen Veobachtungs-
Betrachtungen zur Frühjahrsschlacht im Artois.
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Möglichkeiten forderten zu einem beiderseits umfassenden feindlichen Angriff geradezu heraus. Das Eintreffen britischer Verstärkungen hatte französische Angriffsdivisionen freigemacht und erlaubte außerdem noch Nebenangriffe der Engländer. Das Gelände und die Bahnlinien begünstigten den unauffälligen Aufmarsch starker feindlicher Streitkräfte.
Den Westgegnern war es indes weder bei dem ersten noch bei dem zweiten Ansturm im Artois gelungen, ihre bedeutende Überlegenheit an Infanterie voll zur Auswirkung zu bringen. Vom 9. Mai bis 18. Juni hatten rund 201) in der Front eingesetzte deutsche Divisionen Infanterie den 332) gegenüberstehenden Infanterie-Divisionen der britischen 1. und französischen 10. Armee den Weg verlegt. Die verbündeten Gegner hatten auch nicht, wie zu Beginn der Winterschlachten2) geplant, einen gleichzeitigen Angriff in der Champagne führen können, der, Mitte Juni angesetzt, das deutsche Westheer aller Voraussicht nach in eine überaus schwierige Lage gebracht hätte. Trotz gewaltiger Opfer hatten die feindlichen in Frankreich und Belgien kämpfenden Heere eine fühlbare Entlastung der schwer bedrängten Ruffen nicht erreichen können.
Die geringen Ergebnisse der Offensive waren um so überraschender, als die an militärischem Wert hoch stehenden Westgegner über eine zahlenmäßige Überlegenheit von etwa 600 Bataillonen über die Deutschen verfügten. Die Erklärung ihres Mißerfolges ist vor allem in zwei ümständen zu suchen. Einmal fand die feindliche oberste Führung nicht den Entschluß, von vornherein die Nebenfronten zugunsten der Hauptkampffront rücksichtslos zu schwächen, dann aber hatte sie trotz aller Erfahrungen der Winterschlacht in der Champagne damals offenbar noch keine klaren Vorstellungen von den ungeheuren Schwierigkeiten einer Durchbruchsoperation an der Westfront. Bereits die deutscherseits im März aufgestellten Berechnungen über den Bedarf an Streitkräften und -Mitteln hierfür waren zu höheren Zahlen gelangt, als der französischen 10. Armee bei Beginn der Offensive zur Verfügung standen. Ein Vergleich der Angriffs-Pläne des Generals Foch für die französische 10. Armee im Frühjahr 1915 mit den etwa zu gleicher Zeit von mehreren deutschen Generalstabschefs,
1) 6. bayer. R. D., 13., 14., 29., 28. I. D., 1. und 5. bayer. R. D., Teile des II. bayer. und XIX. 21. K., 58., 115., 117., 15., 16. F. D., 52. und 85. R. I. Br., 38. Ldw. F. Br., 2. G. R. D., 5., 123., 11., 7., 8. I. D.
2) Bei der britischen 1. Armee: 49. Terr., 8., 7., Lahors, Meerut, 1., 47. Terr.,
2., 51. Terr., kanadische; bei der französischen 10. Armee: 58., 17., 92. Terr., 43., 13.,
70., 77., marokkanische, 84. Terr., 39., 11., 33., 34., 19., 20., 88. Terr., 18., 53., 5., 6.,
55., 48., 153.
S) Vgl. S. 51.
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Die Westfront von Mitte April bis Anfang August 1915.
insbesondere den Generalen von Kühl und Krafft von Dellmensingen sowie dem Obersten von Seeckt, dem General von Falkenhayn vorgelegten Durchbruchsentwürfen4) läßt erkennen, wieviel weitschauender der deutsche Chef des Generalstabes des Feldheeres beraten war als der französische Generalissimus. Der Einsatz an personellen und materiellen Streitkräften, den die deutschen Führer für eine kriegsentscheidende Operation an der Westfront für nötig hielten, überstieg erheblich die von General Foch geforderten und von General Ioffre bereitgestellten Kräfte für den Angriff der französischen 10. Armee.
Die französische Führung bezeichnete ihrerseits das wirksame Feuer der deutschen Artillerie und der oft bis zum Beginn des Sturmes unversehrt gebliebenen Maschinengewehre als Hauptursache für das Mißlingen der Angriffe. Sie hatte aus den Kämpfen den Eindruck gewonnen, daß unter den gegenwärtigen Verhältnissen des Stellungskrieges ein Durchbruch nur zu Beginn einer Offensive zu erhoffen sei. Mit jedem Tage der Fortsetzung der Angriffe war mit wachsender Verstärkung des Widerstandes zu rechnen. Die außerordentlich hohen blutigen Verluste der französischen 10. Armee2) sowie der gewaltige Verbrauch an Artilleriemuniton3) hatten, zumal da auch bei den britischen Truppen ein ähnlicher Kräfteverbrauch eingetreten war, einen vorläufigen Abbruch der Angriffe erzwungen.
Trotzdem glaubte die französische und englische oberste Führung auch weiterhin an die Möglichkeit des Gelingens eines Durchbruchs durch die deutsche Westfront; sie war sich indessen bewußt, daß angesichts des Ausbaues des deutschen Stellungssystems sowie der nach ihrer Ansicht vorhandenen Überlegenheit an Maschinengewehren und namentlich an schwerer Artillerie ein neuer Durchbruchsversuch nur nach sorgfältigster Vorbereitung und unter Einsatz erheblich größerer Angriffskräfte und -mittel sowie vor allem auf breiterer Grundlage Erfolg versprechen würde — ein Gedanke, der bereits von General Ioffre Mitte Juni vor Beginn der zweiten Offensive für den Fall in Erwägung gezogen war, daß der Abbruch des erfolglos gebliebenen Kampfes notwendig sein würbe4).
0 Band VII, S. 307 ff.
2) Die Verluste der Franzosen betrugen in der Zeit vom 9. Mai bis 18. Juni 102 500 Mann.
3) Der Gesamtverbrauch an Artilleriemunition allein bei der französischen 10. Armee belief sich in der Zeit vom 3. Mai bis 18. Juni auf 1 813 490 Schuß bei der Feld- und 342 372 Schuß bei der schweren Artillerie. In etwa dem gleichen Zeitraum wurden der gesamten Kampffront der deutschen 6. Armee rund 1 903 000 Schuß für Feld- und 272 000 für schwere Artillerie zugeführt.
4) S. 85/86.
Betrachtungen zur Frühjahrsschlacht im Artois.
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Die Hauptlast der erfolgreichen Abwehr hatte die Infan-t e r i e der im feindlichen Feuer zusammenschmelzenden deutschen Stellungs-divisionen getragen, die in unerschütterlicher, glänzender Tapferkeit den mit großer Kraft vorgetragenen Ansturm eines zahlenmäßig weit überlegenen Gegners immer wieder zum Stehen brachte. Fm weiteren Verlaufe der Schlacht war es der tatkräftigen und umsichtigen deutschen Führung gelungen, mit Hilfe schnell herangeführter Verstärkungen aus der gesamten Westfront das Gleichgewicht der Kräfte wiederherzustellen und die anfangs bestehende Durchbruchsgefahr zu bannen.
An der Abwehr der feindlichen Angriffe hatte auch die deutsche Artillerie, insbesondere die schwere Artillerie, einen erheblichen Anteil gehabt. Infolge der Friedensausrüstung des deutschen Heeres, zum Teil auch der Festungen, mit modernem Material und des Vorhandenseins erheblicher, noch verwendbarer Bestände an Gerät älterer Art und zugehöriger Munition hatte die Artois-Front im Laufe der Abwehrkämpfe in ausreichendem Maße mit schwerer Artillerie ausgestattet werden können. Während zu Beginn der Schlacht1) ein zahlenmäßiges Verhältnis der beiderseitigen Artillerien von etwa eins (bei den Deutschen) zu zwei (beim Gegner) bestanden hatte, war es gegen Ende Mai gelungen, dieses Verhältnis auf etwa zwei zu drei zu verbessern. Vom 10 em-Kaliber ab aufwärts scheint sogar um diese Zeit, vor allem hinsichtlich der Güte des Materials (Schnellfeuergeschütze), eine deutsche Überlegenheit eingetteten zu sein. Die Munitionszufuhr hatte sich als genügend erwiesen. Die in taktischer und schießtechnischer Hinsicht hochstehende deutsche schwere Artillerie hatte in den Kämpfen ihren großen Gefechtswert wiederum bewiesen.
Auch die Eisenbahnen hatten die Abwehr wirkungsvoll unterstützt. Der vom Chef des Feldeisenbahnwesens im Winter 1914/15 durchgeführte Ausbau des Eisenbahnnetzes war unter dem Gesichtspunkte erfolgt, die Unterlegenheit an Zahl auf dem westlichen Kriegsschauplätze durch operative Beweglichkeit ausgleichen und auf diese Weise an bedrohten Fronten die Kräfte schnell verstärken zu können. Der weitere planmäßige Ausbau der wichtigsten Transportstraßen für vermehrte Leistungsfähigkeit, die immer straffer werdende Vettiebsführung sowie die Erhöhung der Fahrgeschwindigkeit führten bei den Truppenverschiebungen zu einer wesentlichen Steigerung von Schnelligkeit und Pünktlichkeit. Die Zuverlässigkeit, mit der die geforderten Truppentransporte bewältigt wurden, verstärkte das Vertrauen in die Leistungen der Eisenbahnen und gestattete der Obersten Heeresleitung, die Westfront zugunsten der auf dem östlichen Kriegsschau-
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Die Westfront von Mitte April bis Anfang August 1915.
Platz geführten Operationen zeitweise in weitgehendem Maße von Reserven zu entblößen.
Die deutschen Westarmeen konnten auf ihre in zäher Abwehr errungenen Erfolge mit stolzer Genugtuung zurückblicken. Ohne ihre aufopfernde Hingabe hätten die großen Siege auf dem östlichen Kriegsschauplatz nicht erfochten werden können. Den tapferen Kämpfern, insbesondere im Artois, gebührt daher mittelbar ein hervorragender Anteil an den ruhmreichen Siegen im Osten.
6.Die Neuordnung des Westheeres bis Anfang August.
Karte 4.
Angesichts der Notwendigkeit, die Offensive im Osten fortzusetzen, hatte das deutsche Westheer noch für lange Zeit in entsagungsvoller strategischer Abwehr zu verharren. Demzufolge mußte der Stärke und Verteidigungsfähigkeit des Stellungssystems be-3.bis 23.Juli, sondere Aufmerksamkeit zugewendet werden. Am 3. Juli erhielten die Oberkommandos der Armeen des Westens durch die Oberste Heeresleitung die Mitteilung, daß der Oberste Kriegsherr den bisherigen Kommandierenden General des V;II. Armeekorps, General der Infanterie von C l a e r1), wieder2) zum General vom Ingenieur- und Pionierkorps im Großen Hauptquartier ernannt und beauftragt habe, sich an Ort und Stelle einen Überblick über den Stellungsbau zu verschaffen und das Erforderliche mit den Armee-Oberkommandos zu regeln, „um die Einheitlichkeit des Ausbaues der Stellungen auf der Westfront zu sichern und die praktische Anwendung der neuesten Erfahrungen auf diesem Gebiete zu fördern", ftber die von ihm gewonnenen Eindrücke sollte General von Claer dem Obersten Kriegsherrn später Vortrag halten. Auch der General der Fußartillerie im Großen Hauptquartier, General der Artillerie von Lauter, erhielt den Auftrag, eine Ergänzung der bestehenden Vorschriften für die Verwendung der Artillerie im Stellungskriege zu veranlassen und sich von deren Auswertung durch die fechtende Truppe zu überzeugen.
Neben gesteigertem Ausbau des gesamten Stellungssystems2) wurde vor allem die Neuordnung des deutschen W e st Heeres,
1) An Stelle des Generals von Claer war General von Fran?ois, bisher Kommandierender General des XXXXI. R. K., mit der Führung des VII. A. K. beauftragt worden. Vgl. S. 382.
*) Band IV, S. 472.
®) Näheres über die technische Entwicklung des Stellungsbaues in dem demnächst erscheinenden IX. Bande.
Die Neuordnung des deutschen Westheeres./
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dessen Verbände in der Not der Abwehrschlacht zerrissen worden waren, unverzüglich in die Wege geleitet. Mit Beendigung der Kämpfe im Artois ließ die Oberste Heeresleitung die in den letzten Wochen von anderen Frontabschnitten herangezogenen Verstärkungen wieder zu ihren Armeen abbefördern. Die hinter der 4. Armee und im Generalgouvernement Belgien stehende Garde-Kavallerie-Division rollte am 6. Juli nach dem östlichen Kriegsschauplatz ab, so daß nunmehr im Westen nur noch die 7. Kavallerie-Division verblieb.
Gleichzeitig ging General von Falke n h a y n daran, von neuem eine Anzahl größerer kampffähiger Verbände zu seiner Verfügung hinter der Westfront bereitzustellen. Die Ausführung der darauf abzielenden Anordnungen dauerte bis in den Ansang des Monats August.
Während somit eine Festigung und Neugliederung des deutschen Westheeres durchgeführt wurde, war seit Mitte Juli eine sichtliche Entspannung der Kampflage eingetreten. Noch bis zum 15. Juli hatte die Nachrichtenabteilung der Obersten Heeresleitung nur vereinzelt Anzeichen für die Schwächung der vor der 6. Armee in der Gegend von Arras stehenden französischen Kräfte feststellen können. Sie nahm bis zu diesem Zeitpunkte an, daß die Franzosen eine neue größere Offensive nördlich von Arras oder zwischen Arras und Albert unternehmen würden und rechnete damit, daß die in den Kämpfen im Artois stark mitgenommenen feindlichen Kräfte jetzt zum größten Teil wieder aufgefüllt und verwendungsfähig seien. Vom 15. Juli bis Ende des Monats dagegen liefen zahlreiche Frontmeldungen vor allem von der 2, und 1. Armee ein, die auf eine feindliche Transport- und Marschbewegung nach Süden über die Somme hinwiesen. Zudem war Kronprinz Nupprecht auf Grund der Ergebniffe der Lufterkundung*) sowie wichtiger Agentennachrichten^) zu der Auffassung gelangt, daß der Feind starke Teile aus dem Kampfgebiet des Artois zurückgezogen habe; er sprach daher der Obersten Heeresleitung gegenüber am 24. Juli seine Ansicht dahin aus, daß nunmehr die „Schlacht 24.bisr8.Iun. bei La Vassse und Arras" ihren vorläufigen Abschluß gefunden habe. Zwei Tage später drahtete der Chef des Generalstabes des Feldheeres zurück: „Eigene Wahrnehmungen der Armee und hierher gelangte Nachrichten bestätigen die Ansicht der Obersten Heeresleitung, daß mit einem Aufleben der Offensive vor linkem Flügel der 6. Armee vorläufig
J) Nach Einsatz deutscher Kampfflugzeuge war die feindliche Überlegenheit in der Luft nicht mehr so stark fühlbar.
2) Es handelte sich vor allem um die Nachricht über Ausladung des bisher vor der Armeefront befindlichen franz. XX. Korps in Nancy.
7*
100 Die Westfront von Mitte April bis Anfang August 1915.
nicht zu rechnen ist, Auch der Stellungsbau wird nunmehr so weit fortgeschritten sein, daß die Armee in der Lage ist, nennenswerte Kräfte zur Verfügung der Obersten Heeresleitung zu stellen. Eine feindliche Offensive an anderer Stelle gewinnt an Wahrscheinlichkeit. Für diesen Fall muß Vorsorge getroffen werden. Ich bitte daher, außer der 185. Infanterie-Brigade^ für die allernächste Zeit das Herausziehen des III. Armeekorps in Aussicht zu nehmen."
Infolge der Beendigung der Kampfe im Artois zögerte General von Falkenhayn nicht, dieser veränderten Lage durch Ablösung und Bereitstellen stärkerer Kräfte als Heeresreserven Rechnung zu tragen. Außer der 185. Infanterie-Brigade sollten zur Verfügung der Obersten Heeresleitung stehen: die 123. Infanterie-Division der 6. Armee sowie eine Anzahl bespannter schwerer Feldhaubitz- oder Mörser-Batterien, ferner die 183. Infanterie-Brigade. Die 54. und 58. Infanterie-Division sowie das Minen* werfer-Vataillon 1 wurden vom 20. Juli ab nach dem östlichen Kriegsschauplatz abbefördert.
29.3»«. Für den 29. Juli berief General v o n F a l k e n h a y n die Chefs der Generalstäbe der Westarmeen zu einer Besprechung nach Metz2). Cr leitete sie mit einer warmen Anerkennung für das Westheer ein und sprach im Namen des Obersten Kriegsherrn dessen Dank aus: „Die Leistungen des Westheeres in dieser schweren Zeit stehen den Leistungen des Ostheeres würdig an der Seite, ja eine gerechte Kriegsgeschichtschreibung wird sie einmal als die höheren beurteilen und würdigen^)." In der Übersicht, die er über die Lage auf dem oft liehen Kriegsschauplatz gab, wies er darauf hin, daß die Zähigkeit der Russen, die unter Ausnutzung der natürlichen Hindernisse und ihres fast unerschöpflichen Ersatzes an Mannschaften immer wieder in neuen Stellungen Widerstand leisteten, noch kein Arteil über den Abschluß der Operationen zuließe. Wenn auch eine neue Offensive des Ostheeres, die seine Kräfte bis in den Winter hinein fesseln
!) Die 185. I. Br. (drei Regimenter) war am 26. Mai dem Armee-Oberkommando 2 zur Verfügung gestellt worden. Ende Juni hatte sich die O. H. L. damit einverstanden erklärt, daß zwei Regimenter der Brigade gegen Rücksendung der zusammengesetzten 52. R. 3. Br. der 6. Armee zugeführt würden. Vgl. S. 93.
2) An dieser Besprechung nahmen außerdem teil: der Generalquartiermeister, General Freiherr von Freytag-Loringhoven, der Generalintendant, General von Schüler sowie der Chef des Feldflugwesens, Major Thomsen. Der Chef der Operationsabteilung, General Tappen, war mit Rücksicht auf die Operationen an der Ostfront in Pleß zurückgeblieben.
3) Tagebuchaufzeichnung des damaligen Oberstleutnants von Mertz vom 29. Juli 1915.
Die Chef-Besprechung in Metz am 29. Juli.
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würde, nicht beabsichtigt sei, so müsse doch das Westheer noch auf längere Zeit in der Defensive verharren. Die „eiserne Mauer im Westen", an der in siegreicher Abwehr bisher alle feindlichen Angriffe zerschellt seien, habe auch weiterhin standzuhalten.
Über die Absichten und Pläne der verbündeten Westmächte herrsche noch keine Klarheit. Die Engländer schienen starke Kräfte und besonders viel Munition an den Dardanellen zum Einsatz bringen zu wollen1). Die französische Angriffsgruppe bei Arras sei aufgelöst worden. Cs sei aber noch keineswegs zu erkennen, ob die dort abgekämpften Korps durch frische ersetzt oder ob an anderer Stelle der Westfront ein neuer feindlicher Durchbruchsversuch unternommen werden solle. Ebensowenig lägen Anzeichen dafür vor, daß der Gegner im Elsaß oder in Lothringen eine große Angriffsoperation, deren Durchführung immerhin sehr schwierig sein würde, einzuleiten beabsichtige^). Wenn es naturgemäß auch schwer verständlich erschien, daß die Westmächte der Niederlage Rußlands untätig zusähen1), so kam General von Falkenhayn doch in Übereinstimmung mit sämtlichen Chefs der Generalstäbe der Westarmeen zu der Auffassung, daß für die nächsten Wochen größere Angriffe der we rbün deten West-mächte nicht zu erwarten seien.
Der Generalstabschef schloß seine Besprechung^) in Metz mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit, sich durch häufige kleine Angriffsunternehmungen Klarheit über den Feind, vornehmlich die Engländer, deren Stärke auf 27 Infanterie-Divisionen1) geschätzt wurde, zu verschaffen, vor allem aber hinter der Westfront Reserven zur Verfügung der Obersten Heeresleitung bereitzustellen.
Wie günstig General von Falkenhayn zu diesem Zeitpunkt die Lage an der Westfront beurteilte, geht aus einer Tagebuchaufzeichnung des Generals Tappen vom 30. Juli hervor: „Dort" (im Westen), so hieß es hier, „sehr gute Stimmung. Es können noch Reserven verfügbar gemacht werden."
*) Tagebuchaufzeichnungen des damaligen Oberstleutnants von Mertz vom 29. Juli 1915.
2) In einer Zuschrift des Generals von Kühl vom 9. Februar 1931 an das Reichsarchiv heißt es ausdrücklich, General von Falkenhayn habe gesagt, „eine große Offensive im Elsaß oder Lothringen ist nicht wahrscheinlich".
®) Bezüglich der Besprechung über die deutsche Offensive im Ober-Clsaß vgl. Teil V.
4) Rach einer Berechnung der Rachrichtenabteilung der O. H. L. vom 27. Juli 1915 befanden sich hiervon etwa 15 brit. Divisionen an der Front. Die belgische Armee wurde nach wie vor auf sechs Infanterie- und zwei Kavallerie-Divisionen geschätzt.
102
Die Westfront von Mitte April bis Anfang August 1915.
- Auf Grund der inzwischen durchgeführten Neuordnung des deutschen West he er es standen Ansang August hinter der Front folgende Reserven zur Verfügung der Obersten Heeresleitung: die 54. Reserve-Division bei Roulers, die 123. Infanterie-Division um Roubaix,
das III. Armeekorps mit je einer Division um Valenciennes und um Cambrai—Le Cateau, die 85. Reserve-Infanterie-Vrigade mit Reserve-Iäger-Vataillon 15 um Carignan,
die 56. Infanterie-Division um Saarburg.
In der Ausführung begriffen war ferner die Bereitstellung der:
115. Infanterie-Division bei Maziöres,
113. Infanterie-Division bei Metz,
183. Infanterie-Brigade bei Mörchingen,
185. Infanterie-Brigade bei Mülhausen.
Anfang August konnte demnach General von Falkenhayn an der Westfront wieder über eine H e e r e s r e s e r v e von annähernd neun Infanterie-Divisionen verfügen, deren weitere Verstärkung im Laufe des Monats August in Aussicht genommen war. Die Fußartillerie-Reserve der Obersten Heeresleitung bestand aus 21 schweren Feldhaubitz-, 19 Mörser- und 9 schweren Flachfeuer-Batterien. Ohne die Westfront in unzulässiger Weise zu gefährden, schien zu diesem Zeitpunkt ein Teil der dort stehenden Heeresreserven vorübergehend für Aufgaben auf anderen Kriegsschauplätzen verwendbar zu sein.
IV. Der Arteg gegen Rußland im Gommer und Herbst 5.
A. Die Front des Oberbefehlshabers Ost bis zum 2. Juli.
J. Die Weisung der Obersten Heeresleitung vom April.
Karle 18 Band VII.
In der Mitteilung, die die Oberste Heeresleitung dem MMeApr». Oberbefehlshaber Ost am 16. April1) über die in Galizien beabsichtigte Operation zugehen ließ, hatte es geheißen, seine Mitwirkung durch möglichst lange Täuschung und Bindung des Feindes nördlich der Pilica sei Vorbedingung für das Gelingen der Operation.
Als diese Weisung erteilt wurde, verfügte der Oberbefehlshaber Ost an seiner etwa 750 Kilometer messenden Front von der Pilica bis zur Ostsee bei Memel insgesamt über 38 Divisionen Infanterie, die überall auf russischem Boden standen, am dichtesten auf dem rechten Flügel, während der äußerste Nordflügel auf einer etwa 200 Kilometer langen Strecke so gut wie unbesetzt war. Die Kämpfe, die dem Abschluß der Winterschlacht in Masuren gefolgt und vor allem im Vorgelände der ostpreußischen Südgrenze sehr heftig gewesen waren, hatten seit Beginn des Monats nachgelassen. Gefechtsstärken und Kampfkraft waren aber besonders bei der Infanterie noch nicht überall wieder auf voller Höhe, die Munition der Artillerie dauernd knapp. Die Aufstellung von drei neuen Infanterie-Divisionen (101., 103. und 105.)°) aus Abgaben der bestehenden Divisionen war im Gange.
Im einzelnen war die L a g e folgende3):
Von der Pilica östlich von Tomaszow bis zur Weichsel halbwegs Plock—Nowogeorgiewsk stand längs der Rawka und Vzura die 9. A r m e e.
Ihre Front sprang damit gegenüber den Nachbararmeen um 20 bis 30 Kilometer vor. Als Nachfolger des Generalobersten von Mackensen führte
0 Band VII, S. 362. — 2) S. 18. — 3) Karte 18 Band VII zeigt die Truppen-einteilung vom 26. April, die von der hier gegebenen teilweise abweicht.
104 Die Front des Oberbefehlshabers Ost bis zum 2. Juli.
Mitte April. Generalfeldmarschall Leopold Prinz von Bayern den Oberbefehl*). Er verfügte insgesamt über 11% Divisionen Infanterie, davon 7% aktive und Reserve-Divisionen, und zwei Kavallerie-Divisionen2). Diese Kräfte standen schon seit den Dezemberkämpfen auf etwa 100 Kilometer Frontbreite in engster Berührung mit dem Gegner (russische 5. und 2. Armee), der, auf etwa 15 Divisionen geschäht, in gut ausgebauten zusammenhängenden Stellungen gegenüberlag.
Rechts der Weichsel von Plock bis zur Szkwa nördlich von Ostrolenka deckte die Armee - Gruppe Gallwih in Stärke von 12% Divisionen Infanterie, davon 7% aktive und Reserve-Divisionen, und zwei Kavallerie-Divisionen") eine Frontbreite von rund 260 Kilometern. Auch die Aufstellung des Feindes war hier lichter, der Abstand von ihm größer als bei der 9. Armee. Man rechnete mit reichlich 14 Divisionen der russischen 1. Armee als Gegner.
Östlich der Szkwa schloß in ähnlichen Verhältnissen die 8. Armee unter General der Infanterie Otto von Velow an, die mit 6%' Divisionen Infanterie, davon nur drei aktive und Reserve-Divisionen^), einen fast 100 Kilometer breiten Abschnitt bis östlich von Osowiec hielt. Die gegenüberstehende russische 12. Armee wurde auf 14 Divisionen geschäht; von den im März vor der Front festgestellten Verbänden fehlte bereits reichlich ein Korps.
Die 10. Arme e unter Generaloberst von Eichhorn stand mit 7% Divisionen Infanterie, davon sechs aktive und Reserve-Divisionen, und zwei Kavallerie-Divisionen") in etwa 120 Kilometer Frontbreite vorwärts der
0 Band VII, S. 295.
2) 9- Armee von rechts: Verst. XI. A. K. (Korps Plüskow mit Div.Menges*, 22. u. 38. Z. D., 29. Ldw. Br.), Korps Fromme! (H. K. K. 3 mit zwei Brigaden des Korps Posen, 9. u. 8. K. D.), XXV. R. K. (50. u. 49. R. D.), XVII. A. K. (35. u. 36. I. D.), verst. III. R. K. (Korps Beseler mit ■ % Korps Posen*, 5. u. % 6. R. D.. Abt. Westernhagen). — Die mit * versehenen Verbände bestanden vorwiegend aus Ldw.- u. Ldst.-Truppenteilen.
®) Armee-Gruppe Gallwih von rechts: Korps Dickhuth (Korps Schont mit etwa drei Brigaden*, eine G. K. Br. u. ö.°u. 3. K. D.), Gruppe Albrecht (2. K. D. u. 1. G. R. D.), Korps Suren (früher Zastrow mit Br. Pfeil*, Div. Breugel* u. Div. Wernih), Korps Matter (Gen. Kdo. XIII. A. K. mit zgs. 3. u. 26. F. D.), I.R.K. (1. u. 36. R. D.), Korps Kosch (Gen. Kdo. I. A. K. mit 2. F. D., 11. R. F. Dr., 37. I. D., 9. Ldw. Br.). Ferner bereit zum Abtransport zur 10. Armee: 78. R. D. — * s. Anm. 2.
r) 8. Armee von rechts: 75. R. D., 3. K. Br., 10. Ldw. D., Korps Scholtz (Gen. Kdo. XX. A. K. mit 41. F. D. u. l.Ldw. D.), 3. R. D. mit 6. Ldw. Br., 11. Ldw. D.
B) 10. Armee von rechts: XXXX.R. K. (79. u. 80. R. D.), Korps Lauenstein (Gen. Kdo. XXXIX. R. K. mit 77. u. 76. R. D.), 1. K. D., XXI. A. K. (31. u. 42. Z. D.), 4. K. D., 16. Ldw. D., Abt. Esebeck, 6. K. D. — * s. Anm. 2.
Hinter der Front: H. K. K. 1 mit 3. u. daher. K. D.
Gesamtlage und Aufgabe.
105
Linie Rajgrod—Suwalki—Marjampol. Von diesem Orte nach Nordwesten bis nördlich von Memel sicherten auf 200 Kilometer Breite nur noch Landwehr und Landsturm in der Gesamtstärke einer schwachen Division sowie eine Kavallerie-Division. Ähnlich stand, soweit man wußte, auch die russische 10. Armee südlich von Marjampol mit etwa 15 Divisionen, während nördlich davon im wesentlichen nur Truppen zweiter Ordnung in Stärke von höchstens zwei Divisionen angenommen wurden.
Bei Memel lehnte sich die deutsche Ostfront an die See an, die nach wie vor von den schwachen deutschen Ostsee-Streitkräften unter Großadmiral Heinrich Prinz von Preußen beherrscht wurde. Die russische Ostsee-Flotte war durch die Cisverhältnisse noch in den Häfen festgehalten.
Zuverlässige Erfahrungen im Stellungskriege fehlten damals noch. Angesichts der Gesamtlage an seiner Front hatte Generalfeldmarschall von Hindenburg aber doch Zweifel, ob die von der Obersten Heeresleitung geforderte Täuschung oder Bindung des Gegners möglich sein werde. Auch sein Generalstabschef, Generalleutnant Ludendorff, hielt „von solchem frontalen Angriffe wenig"1). Vor allem die Aufgabe, den Feind festzuhalten, war — wie er am 19. April an General von Gall-witz schrieb — „entgegen unseren früheren Anschauungen schwer durchzuführen gegenüber einem stark verschanzten Feinde und ohne die eigenen Truppen zu opfern; dies dürfe nach Ansicht des Herrn Feldmarschalls nicht geschehen". Generalfeldmarschall von Hindenburg hatte daher bereits am 17. April an den Kaiser gemeldet5), daß er nach besten Kräften den Feind täuschen und festhalten werde. Da dies aber ausdrücklich als Vorbedingung für das Gelingen der Operation in Galizien bezeichnet sei, so müsie er pflichtgemäß melden, daß er keine Gewähr dafür bieten könne, daß der in starker Stellung gegenüberstehende, an Infanterie zur Zeit beinahe doppelt überlegene Feind nicht doch Kräfte für anderweitige Verwendung freimache.
Am die gestellte Aufgabe nach Möglichkeit zu lösen, wollte der Oberbefehlshaber Ost die Russen an mehreren Stellen anfassen. Als größeres, den Feind auf längere Zeit fesselndes Anternehmen konnte er dabei nur einen tiefen Stoß in das dünn besetzte Gebiet nördlich des Njemen in Aussicht nehmen, etwa so, wie er bereits seit Ende März zur Erörterung stand5). Daneben kamen nur kleinere örtliche Kampfhandlungen in Frage, die den Gegner vorübergehend irreführen sollten.
1) Aus einer Mitteilung des Generals Ludendorff an das Reichsarchiv vom März 1931.
2) Band VII, S. 362.
3) S. 106 und Band VII, S. 296.
106
Die Front des Oberbefehlshabers Ost bis zum 2. Juli.
Ende April. Der 9. Armee befahl der Oberbefehlshaber Ost, vom 27. April ab
»durch lebhaftes Feuer von an geeigneten Stellen zusammengezogenen Gruppen schwerer Artillerie, durch vermehrte Erkundungstätigkeit sowie Vortreiben von Sappen den Eindruck zu erwecken, daß ein allgemeiner deutscher Angriff bevorsteht". Die Ausführung dieses Befehls brachte vorübergehend erhöhte Gefechtstätigkeit, die dann am 3. Mai, dem Tage nach dem Angriffsbeginn in Galizien, wieder eingestellt wurde.
Bei der Armee-Gruppe Gallwitz waren die Ablenkungsunternehmungen in ähnlichem Rahmen wie bei der 9. Armee gehalten. Sie brachten dem I. Reservekorps am 27. April bei Fednorozec nordöstlich von Przasnysz gegen 500 Gefangene und drei Maschinengewehre als Beute.
Die 8. Armee wollte die Ausgabe durch einen Vorstoß ihres rechten Flügels lösen. Der dazu für den 29. April zwischen Szkwa und Pissa angesetzte, von General der Kavallerie Burggraf und Gras zu Dohna-Schlobitten geleitete Angriff der 75. Reserve- und 10. Landwehr-Division Wrte jedoch nur auf dem äußersten rechten Flügel bei Lipniki zu Geländegewinn und mußte im übrigen abgebrochen werden, ohne die feindliche Stellung erreicht zu haben. Die Artilleriewirkung war nicht stark genug gewesen. Cs schien aber, daß der Gegner unter dem Eindruck dieses Angriffsversuches den schon eingeleiteten Abtransport seines XV. Korps vorübergehend wieder angehalten habe.
Bei der 10. Armee suchte man den Gegner durch starkes Artillerie-feuer zu täuschen, das in der Nacht zum 27. April plötzlich einsetzte. Fm Anschluß daran drängte die 76. Reserve-Division unter Generalmajor Clstermann von Elster östlich von Suwalki auf einer Breite von etwa 20 Kilometern russische Vortruppen zurück. Dieser Vorstoß sollte den Feind auch von dem zu derselben Zeit nördlich des Njemen beginnenden Hauptunternehmen ablenken.
2. Der Angriff nach Litauen und Rurland.
Karten 5 und 6, Skizzen 10 und 11, und Karte 18 Band VII. a) Das Unternehmen gegen Schauten, 27. April bis 3. Mai.
Bis r,. April. Als die Oberste Heeresleitung am 25. März, unmittelbar nach dem Ruffeneinbruch gegen Memel, angefragt hatte1), ob ein Vorstoß von zwei besonders dafür ausgestatteten Kavallerie-Divisionen an Kowno vorbei auf Wilna und damit in die Nordflanke der russischen Gesamtaufstellung Erfolg verspreche, hatte der Oberbefehlshaber Ost
2) Band VII, S. 282 f. und 296.
Absichten und Krästeeinsah.
107
diese Frage bejaht und einen Vorstoß nördlich des Rjemen in Aussicht genommen. Die daraufhin von der Obersten Heeresleitung aus dem Westen zugeführten Kavallerieverbände, 3. und bayerische Kavallerie-Division, wurden zunächst an der ostpreußischen Südgrenze bereitgestellt, da das Unternehmen angesichts der Schneeschmelze einstweilen noch nicht ausführbar war.
Seit den unbedeutenden Märzkämpfen herrschte nördlich des Rjemen Ruhe. Landwehr und Landsturm unter Generalleutnant von Pappritz, in Stärke einer schwachen Division, und die 6. Kavallerie-Division hielten hier Wacht. Ein 12 bis 15 Kilometer breiter Streifen war bis zu den vordersten russischen Sicherungen frei; sie standen östlich von Iurborg, und ihre Linie zog sich von da nordwärts über Konstantynow bis zur Küste nördlich von Polangen; die sehr weitläufige Aufstellung hatte eine Gesamtausdehnung von 150 Kilometern. Dahinter waren stärkere Kräfte vor allem bei Skaudwile angenommen, wo die halbe 68. Infanterie-Division stehen sollte. Alles Übrige schienen minder kampfkräftige Landwehrtruppen zu sein, die nach Ansicht des Oberbefehlshabers Ost nicht einmal für den deutschen Landsturm ein gleichwertiger Gegner waren. Alles in allem rechnete man mit einer Stärke von nur etwa 25 000 Mann mit 20 Maschinengewehren und 22 Geschützen. Dieser Feind genoß in seiner Südflanke den Schutz der großen Njemen-Festung Kowno, während in seiner Nordflanke der ehemalige Kriegshafen Libau so gut wie unbesetzt war.
Der Oberbefehlshaber Ost wollte die Russen durch überraschenden Angriff vom Njemen und von Kowno abdrängen mit dem Ziele, ihre Hauptkräfte abzufangen. Angesichts der zahlenmäßigen Schwäche und der geringen Kampfkraft des Gegners schien das eine besonders dankbare Aufgabe für Kavallerie zu sein. Die Infanterie sollte ihr lediglich als Rückhalt dienen und nur dann eingreifen, wenn stärkerer Widerstand die erwartete rasche Vorwärtsbewegung hinderte.
Die für das Unternehmen bestimmten Kräfte wurden erst unmittelbar vor besten Beginn im Angriffsraume zusammengezogen. Cs waren insgesamt etwa drei Infanterie- und drei Kavallerie-Divisionen^), die unter dem Kommandierenden General des XXXIX. Reservekorps, Generalleutnant von Lauen st ein, als besondere „Armee-Grupp e" dem Oberbefehlshaber Ost unmittelbar unterstellt wurden. Jeder Kavallerie-Division wurde wieder, wie einst im Bewegungskriege, ein Infanterie-Bataillon zugeteilt, die Fahrzeuge, soweit nötig, gegen leichtere umgetauscht. Trotzdem mußte sich bei den überaus ungünstigen Wegeverhältnissen der
1) Gen. Kdo. XXXIX. R. K. mit % 78. R. D. von der 10. Armee, 6. R. D. von der 9. Armee, Abt.PaPprih (bisher Esebeck), H.K.K. 1 mit 3. u. bayer. K. D., 6. K. D.
108
Die Front des Oberbefehlshabers Ost bis zum 2. Juli.
22. April.
26. April.
Nachschub schwierig gestalten; man hoffte aber, in dem weiten, vom Kriege bisher kaum berührten Gebiete ausreichende Verpflegung für die nur geringe Truppenstärke vorzufinden. Vom Oberbefehlshaber der Ostsee-Streitkräfte wurde die Mitwirkung eines Kreuzergeschwaders erbeten.
Am 22. April erteilte der Oberbefehlshaber Ost an Generalleutnant von Lauen st ein in Lötzen den Auftrag, die nördlich des unteren Njemen stehenden russischen Kräfte „möglichst vernichtend" zu schlagen; unter Sicherung gegen Kotono und Libau sollten die diese Orte verbindende Bahn und alle Drahtleitungen gründlich zerstört werden. Da mit späterer Wiederverwendung der zugeteilten Truppen südlich des Njemen zu rechnen sei, sollten die Gros der Kavallerie die genannte Bahn, die Masse der Infanterie die Linie Kielmy—Telsche nicht überschreiten. Diese Ziele bedeuteten für die Kavallerie das Durchmeffen einer Entfernung von 90 Kilometern Luftlinie, der Infanterie waren etwa 30 Kilometer weniger zugedacht.
Generalleutnant von Lauenstein wollte den Feind vor allem durch scharfen Druck von Süden her umfassen. Die rechte Flügelgruppe war daher am stärksten gemacht; sie bestand aus dem Kavalleriekorps des Generalleutnants Freiherrn von Nichthofen (3. und bayerische Kavallerie-Division) und %78. Reserve-Division, die sich bei Iurborg zu versammeln hatten. Ferner wurden bereitgestellt: bei Tauroggen die Abteilung Pappritz, bei Tenenie die 45. Brigade der 6. Kavallerie-Division, bei Wewirzany die 12. Reserve-Infanterie-Vrigade der 6. Reserve-Division und bei Rusfisch-Krottingen als linker Flügel wieder eine stärkere Gruppe: Vz6. Reserve-Division und % 6. Kavallerie-Division. Zum Schutze der rechten Flanke des Angriffs hatte die 10. A r m e e Schaft zu besetzen. Vor der linken Flanke sollte die F l o t t e die nahe der Küste bei Vudendingshof gemeldeten russischen Kräfte durch Feuer vertreiben. Darüber hinaus wünschten die Befehlshaber an Land zur Ablenkung des Gegners auch das Vortäuschen einer Landung bei Libau und sonstige Scheinunternehmungen vor Windau und Riga. Die verfügbaren Seestreitkräfte') reichten aber für so weitgehende Unternehmungen nicht aus. Die Marine mußte ihre Zusage auf Beschießung von Vudendingshof und eine Demonstration vor Libau beschränken.
Am Abend des 26. April standen alle Teile der Armee-Gruppe Lauenstein bereit. Die Lage beim Feind schien unverändert. Generalleutnant
0 Näheres siehe „Der Krieg zur See", Ostsee, Band II, S. 49 ff.
Der Versuch, den Gegner abzufangen.
109
von Lauenstein verlangte von den Flügelgruppen „starke Märsche, damit der Feind nicht entkommt". Es handelte sich dabei vor allem um die bei Skaudwile gemeldete russische % 68. Infanterie-Division. Sie stand an der großen Straße, die von Tilsit über Tauroggen nach Schauten führt und neben der Küstenstraße Memel—Libau damals die einzige feste Straße im ganzen Operationsraume war. Gegen diesen kampfkräftigsten Teil der feindlichen Aufstellung waren angesetzt: das Kavalleriekorps zum Vorgehen in seinen Rücken, % 78. Reserve-Division zum Angriff von Süden, die Abteilung Pappritz, erst später antretend, von Tauroggen her auf Skaudwile. Die Kavallerieverbände hatten unabhängig von der Infanterie vorwärtszureiten, damit ihre größere Marschgeschwindigkeit voll zur Wirkung kam.
In der Nacht zum 27. April begannen die Bewegungen.
Das Kavalleriekorps Richthofen, das dem Gegner „in weit ausholender Umfassung . . . den Rückzug besonders auf der einzigen großen Straße Tilsit—Schauten verlegen" sollte, hatte bereits einen Anmarsch von etwa 20 Kilometern hinter sich, als es von Iurborg antrat. Im Laufe des Tages erreichte die bayerische Kavallerie-Division unter Generalleutnant von Hellingrath nach einem weiteren Marsche von 50 Kilometern ohne Kampf Rossienie. Die 3. Kavallerie-Division unter Generalleutnant Kurt von Anger war durch Stockungen beim Rjemen-Abergang aufgehalten worden. Bei ihr ritt Generalleutnant von Richthosen selbst. Nach einem Vormärsche von etwa 40 Kilometern traf die Division nachmittags östlich von Skaudwile auf Feind, den sie als eine Seitendeckung bewertete, während andere russische Kräfte auf der großen Straße nordostwärts auf Kielmy im Abzug sein sollten. General von Anger griff die russische Seitendeckung an und drückte sie zurück. Erst in der Nacht um 11°, als die vordersten Teile der 78. Reserve-Division bereits heran waren, marschierte die gegen die große Straße selbst angesetzte 25. Kavallerie-Brigade weiter. In der Mitte des Vormarschraumes hatte der schwache Gegner vor den anrückenden deutschen Abteilungen überall rechtzeitig das Feld geräumt.
Auf dem äußersten linken Flügel war die 6. Kavallerie-Division unter Generalleutnant Egon Graf von Schmettow schon am Minge-Abschnitt bei Korciany auf Widerstand gestoßen, den sie nicht zu brechen vermochte. Angesichts der schwierigen Wegeverhältniffe seitwärts der Hauptstraße wartete sie das Eingreifen der halben 6. Reserve-Division ab, die unter Generalleutnant von Schickfus und Neudorff mittags zum Angriff vorging, während das Gros der Kavallerie-Division hinter ihrer Front rastete. Erst abends konnte die Infanterie die Minge überschreiten; die Kavallerie blieb dahinter. Zwei russische Landwehr-Bataillone hatten den deutschen
27. April.
110
Die Front des Oberbefehlshabers Ost bis zum 2. Juli.
28. April.
Vormarsch 15 Kilometer von seinem Ausgangspunkte einen vollen Tag aufgehalten.
An der Küste hatten bei Tagesanbruch zwei kleine Kreuzer der O st -see-Streitkräfte kurze Zeit Vudendingshof beschossen und waren dann bis gegen Libau vorgestoßen.
General von Lauen st ein in Tilsit war nach den eingegangenen Nachrichten am Abend des 27. April der Ansicht, daß der Gegner bei und östlich von Skaudwile noch stehe und daß ihm die Straße von dort nach Schauten bereits verlegt sei. Die von Südwesten auf der großen Straße gegen Skaudwile angesetzte Abteilung Pappritz meldete noch nach Dunkelwerden, sie sei vor Skaudwile auf „starken Feind" gestoßen. So setzte General von Lauenstein für den 28. April die 3. Kavallerie-Division, die 78. Reserve-Division und die Abteilung Pappritz zum allseits umfassenden Angriff auf Skaudwile an, die bayerische Kavallerie-Division von Rossienie nach Norden auf Kielmy.
Am 250 in der Nacht zum 28. April hatte die von der 3. Kavallerie-Division entsandte 25. Brigade die feindliche Rückzugs st raße am Wegekreuz Kryzborg, neun Kilometer nordöstlich von Skaudwile, erreicht und erfahren, daß starker Feind bereits in der Richtung auf Schauten durchmarschiert sei. Am 5° morgens hatte die 3. Kavallerie-Division Meldungen, die erkennen ließen, daß der Gegner vor ihrer Front von Skaudwile nach Nordosten abmarschiert war. Auch lag ein verspätet eingegangener Funkbefehl des Generals von Lauenstein vor, der nochmals Sperrung der großen Straße nach Schauten „mit starken Kräften noch am 27." angeordnet hatte.
Beim Generalkommando in Tilsit erfuhr man die völlig veränderte Lage zu spät. Aber auch der bei der 3. Kavallerie-Division befindliche Führer des Kavalleriekorps übersah sie nicht so klar, daß er sich veranlaßt gesehen hätte, nunmehr beide Divisionen an Kielmy vorbei zu weit überholender Verfolgung anzusetzen. So ritt denn die bayerische Kavallerie-Division am 28. April, dem Generalkommando-Befehle entsprechend, auf Kielmy, die 3. Kavallerie-Division und 78. Reserve-Division folgten dem Gegner längs und auf der großen Straße. Bei Kielmy leistete der Feind Widerstand. Die Bayern unter Generalleutnant von Hellingrath packten ihn gegen Mittag von der Flanke an. Ein Versuch, ihn zu überholen, wurde nicht gemacht. Auch eine östlich der Dubissa vorgehende Aufklärungs-Abteilung (zwei Schwadronen und ein Geschütz), die schon um 10° vormittags Meldung vom Weitermarsch des Gegners von Kielmy auf Vubje hatte, versuchte nicht, vor ihm die dortige Dubissa-Brücke zu er-
Der Versuch, den Gegner abzufangen.
111
reichen, sondern ging gegen seine Flanke vor. Als der russische Widerstand abends aufhörte, waren links neben der bayerischen Kavallerie auch die 3. Kavallerie- und 78. Reserve-Division eingetroffen.
Auf der übrigen Front der Armee-Gruppe hatte sich das mit großen Hoffnungen begonnene Unternehmen ebenfalls in rein frontale Verfolgung verwandelt. Die 6. Kavallerie-Division lag am Abend des 28. April mit ihren vordersten Teilen zehn Kilometer westlich von Telsche, nur etwa zehn Kilometer vor der vordersten Infanterie. Der Gegner war überall im vollen Rückzüge, hatte auch einige hundert Gefangene verloren.
Das Ziel des Unternehmens, ihn vernichtend zu treffen, war aber nicht erreicht. Teile der Ostsee-Flotte hatten, solange das Wetter einen Landungsversuch glaubhaft erscheinen ließ, mittags vor Libau gekreuzt.
Der Oberbefehlshaber Ost drückte seine Unzufriedenheit mit den bisherigen Ergebnissen des Unternehmens aus. Cr erwartete, wie General von Nichthofen am 28. April abends seinen Divisionen weitergab,
„morgen mehr" sowie einen Bericht darüber, warum die große Straße Skaudwile—Schaulen nicht befehlsgemäß am 27. April abends gesperrt worden sei. Als neues Verfolgungsziel, auch für die Infanterie, gab er nunmehr die Linie Radziwiliszki—Schaulen—Popeljany, also den Lauf der Eisenbahn Wilna—Libau.
General von Lauen st ein sehte die 78. Reserve-Division und hinter rs. April, ihr die Abteilung Papprih auf der großen Straße gegen Schaulen an; das Kavalleriekorps sollte rechts und links der Straße ausholen, um dem Feinde doch noch in den Rücken zu kommen. Die 78. Reserve-Division fand mittags die Brücke von Vubje zerstört und das Ostufer der Dubiffa beseht; Generalmajor von Müller bog sofort nordwärts über den Windau-Kanal aus, um des Feindes Flanke und den Weg auf Schaulen zu gewinnen.
Auch die bayerische Kavallerie-Division wurde durch zerstörte Brücken aufgehalten. So wurde bis zum Abend des 29. April nur die Linie Szawlany (bayerische Kavallerie-Division)—Gegend sechs Kilometer westlich von Vubje (78. Reserve-Division, dahinter Abteilung Papprih)—Kurschany (3. Kavallerie-Division)—Trischki (6. Kavallerie-Division, dahinter 6. Reserve-Division) erreicht. Streifabteilungen der Kavallerie war es gelungen, die Bahn Wilna—Libau beiderseits von Schaulen durch Sprengung zu unterbrechen. Einwohner- und Agentennachrichten über russische Verstärkungen, die mit Fußmarsch und Bahn von Kowno her in der Vorbewegung sein sollten, wurden durch Flieger- und Kavallerieaufklärung nicht bestätigt.
Die 78. Reserve-Division trat nach kurzer Rast schon mitten in der zo.Aprin Nacht zum 30. April wieder an, wurde aber durch russischen Widerstand
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Die Front des Oberbefehlshabers Ost bis zum 2. Juli.
aufgehalten und erreichte daher erst mittags Schauten; der Gegner war aber bereits abgezogen. Auch die über Radziwiliszki gegen seine Südflanke und seinen Rücken angesetzte bayerische Kavallerie-Division kam nur noch zurecht, um auf der großen Straße nordostwärts abmarschierende Truppen durch Artilleriefeuer zu schädigen, und zog dann dicht östlich von Schauten unter. Die von Westen gegen die russische Rückzugsstraße angesetzte 3. Kavallerie-Division hatte schon einen Teil ihrer Kräfte in der Gegend von Kurschany bei Plänkeleien gegen kleinere russische Abteilungen verausgabt. Mit 13 Schwadronen und 2% Batterien erreichte der Divisionskommandeur aber doch vor dem Feinde die große Straße nördlich des breiten und vielfach sumpfigen Muscha-Abschnittes; durch Entsendung der 25. Kavallerie-Brigade auf Ianischki, wo sie mit der Front nach Südwesten sperren sollte, wurde die Gefechtskraft der Division weiter geschwächt. Die an der Muscha zurückbleibenden Teile wurden durch russisches Artilleriefeuer überrascht; der Gegner schien sich im Walde südwestlich des Abschnittes zu entfalten; es begann zu dunkeln. Ohne Kenntnis von der Lage und vom Verbleib der übrigen Verbände, hielt der Divisionskommandeur seine Kräfte nunmehr für zu schwach, um den Gegner aufzuhalten. Unter Verlust von drei Geschützen^) wich er nach Nordwesten aus. Der Übergang über den Muscha-Abschnitt war für den Gegner frei, der nunmehr in der Nacht die 25. Kavallerie-Brigade bei Ianischki vertrieb und damit endgültig entkam.
Die vom Oberbefehlshaber Ost als Vormarschziel gegebene Linie war erreicht. Wegen der Bedrohung von Kowno her mußte der rechte Flügel angehalten werden. In der linken Flanke bedeutete L i b a u eine gewisse Gefahr. Man konnte es bei Mitwirkung der Flotte wahrscheinlich leicht nehmen und damit einen für spätere Operationen vielleicht wichtigen Hasen in die Hand bekommen. So erhielt General von Lauenstein am Abend des 30. April den Befehl, das Land westlich der Dubifia zu behaupten; nur die 6. Kavallerie-Division und kleinere Infanterieteile hatten im Vorgehen auf Mitau zu bleiben. Das Unternehmen gegen Libau war so vorzubereiten, daß es spätestens am 5. Mai beginnen konnte. i. bis r. Mar. Auf die Creignisie des 1. Mai hatten diese Weisungen noch keinen Einfluß. Der Tag verging mit Verfolgungsunternehmungen der gesamten Kavallerie. Von Kowno her schien jetzt aber doch neuer Feind im Anrücken. Am 2. Mai gelang es Teilen der 3. und 6. Kavallerie-Division, ein versprengtes russisches Bataillon mit vier Geschützen nördlich von Schauten abzufangen. Am Abend stand das Kavalleriekorps östlich der Straße Schau-
x) Zwei dieser Geschütze konnten später wieder geborgen werden.
Abschluß des Unternehmens gegen Schauten.
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len—Mitau beiderseits der Muscha, die 6. Kavallerie-Division lag 20 Kilometer südwestlich von Mitau bei Grünhof und drang am folgenden Tage noch bis zwei Kilometer an die Stadt heran vor. Damit fand die Verfolgung am Abend des 3. Mai ihren Abschluß.
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Im ganzen hatten nördlich des Njemen etwa 20 russische Bataillone, 20 Schwadronen und 30 Geschütze gestanden, meist Landwehr. Die Vorbereitungen für das deutsche Unternehmen waren ihnen nicht verborgen geblieben, denn zuverlässige Absperrung war bei der Weite des Raumes nicht möglich gewesen. Die russischen Hauptkräfte, yz 68. Infanterie-Division, hatten Skaudwile am Nachmittag des 27. April verlassen und die deutsche 3. Kavallerie-Division durch eine Seitendeckung vom Weitermarsch in entscheidender Richtung abgelenkt. Sie abzufangen, wäre nur noch möglich gewesen, wenn das ganze Kavalleriekorps am 28. April früh sofort die überholende Verfolgung östlich der Dubissa aufgenommen hätte, um sich etwa bei Vubje vorzulegen. Ob das angesichts der teilweise grundlosen Wege gelungen wäre, steht dahin, und damit ergibt sich die Frage, ob es nicht vielleicht zweckmäßiger gewesen wäre, das Kavalleriekorps schon bei Antritt der Bewegung mehr ostwärts, auf Schauten und Vubje statt auf Rossienie und Skaudwile, anzusetzen.
Der Gegner konnte am 28. April ungehindert auf der großen Straße von Kielmy nach Vubje weitermarschieren und sich hier und später bei Schauten einen vollen Tag halten. Erst gegen Abend des 30. April erreichte er den Muscha-Abschnitt, den er, nach dem Ausweichen der dort im Wege stehenden deutschen Kavallerie, in der Nacht zum 1. Mai ebenfalls ungestört überschritt. So war es, trotz des keineswegs überstürzten Abzuges der Rüsten den nach Zahl und Kampfkraft stark überlegenen und aus günstiger Richtung angesetzten deutschen Kräften, dabei allein mehr als 40 Schwadronen und sechs reitende Batterien, trotz äußerster Leistungen von Reiter und Roß nicht geglückt, den Gegner zu fasten. Auf der ganzen Front der Armee-Gruppe beschränkte sich die Beute bis zum 3. Mai auf etwa 2000 Gefangene und vier Geschütze. Das taktische Ziel der Unternehmung, Abfangen und Vernichten der russischen Kräfte nördlich des Njemen, war nicht erreicht worden.
b) Die Einnahme von Libau, 1. bis 8. Mai.
Am 1. Mat hatte der Oberbefehlshaber Ost über seine weiteren Absichten an die Oberste Heeresleitung gemeldet: „Ziel der Expedition Lauenstein mit Einnahme Schaulens vorläufig erreicht. Weitere Absicht ist, Dubista-Linie zu halten sowie einen Handstreich gegen Libau zu
t Weltkrieg. VIII. Band 8
114 Die Front des Oberbefehlshabers Ost bis zum 2. Juli.
i. ms s. Mai. versuchen. Die Dubissa-Linie soll demnächst Basis bilden für den Raid der Kavallerie-Divisionen in Richtung Wilna. Nach Durchführung der von Oberster Heeresleitung in Aussicht gestellten Aufstellung der neuen Divisionen') ist beabsichtigt, Gruppe Lauenstein nach Möglichkeit zu verstärken, um erneut Offensive zu ergreifen." General vonFalkenhayn antwortete am nächsten Tage: „Seine Majestät hat befohlen: Entsprechend den Gesichtspunkten, unter denen seinerzeit die Überweisung der 3. und bayerischen Kavallerie-Division erfolgte2), ist als wichtigstes Ziel der Armee-Gruppe Lauenstein die Einwirkung gegen die rückwärtigen Verbindungen des Gegners auf dem rechten Rjemen-Üfer festzuhalten. Ob sich daneben in zweiter Linie ein Handstreich gegen das von der Landseite schwer zugängliche Libau empfiehlt, muß der Erwägung Euerer Exzellenz ausschließlich überlassen bleiben." Da hierbei die Mitwirkung eines großen Teiles der Flotte in Frage komme, sei frühzeitige Mitteilung des Beabsichtigten geboten. Hinsichtlich einer späteren neuen Offensive der dazu zu verstärkenden Gruppe Lauenstein wurde darauf hingewiesen, daß es bei der schwierigen Gesamtlage^) nicht unbedingt sicher sei, ob die vom Oberbefehlshaber Ost aufzustellenden neuen Divisionen ihm auch verbleiben könnten. Cs werde vielmehr angenommen, daß er außer den Neubildungen möglichst auch Reserven für eigenen Gebrauch aus der Front herausziehe.
Der frühere russische Kriegshafen Libau war seit dem Jahre 1910 aus der Liste der Festungen gestrichen, hatte aber immer noch Bedeutung durch seine Lage an Eisenbahn und Straße, seine Hafeneinrichtungen und, wenn auch veralteten, Werke. Diese wurden durch die natürliche Stärke des Platzes unterstützt; zwischen Meer und Seen bildeten drei schmale Engen die einzigen Zugänge zur Stadt. Der Angriff mußte über teilweise sumpfiges, von Wasserläufen durchzogenes Gelände geführt werden, so daß ein zäher Verteidiger auch starke Übermacht aufhalten konnte. Die Besatzung sollte zur Zeit sehr gering sein. Seit der Einnahme von Schauten war eine wichtige Landverbindung Libaus in deutscher Hand, deutsche Kriegsschiffe beherrschten die See. So hielt der Oberbefehlshaber Ost den Augenblick zur Wegnahme des Platzes für besonders günstig; er glaubte, sie mit geringen Kräften erreichen und damit durch Gewinnung eines russischen Vahnendpunktes die recht ungünstigen rückwärtigen Verbindungen der Gruppe Lauenstein verbessern zu können. Auf Anfrage beim Oberbefehlshaber der Ostsee-Streitkräfte erhielt er dessen Mitwirkung bereitwilligst zugesichert. Der Obersten Heeresleitung meldete er,
0 S. 103. — 2) S. 106 f. — 3) Band VII, S. 419.
Die Einnahme von Libau.
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daß die gewünschte Kavallerie-Unternehmung durch den Angriff auf Libau in keiner Weise beeinträchtigt werde.
An Truppen sollten insgesamt nur fünf Bataillone, neun Schwadronen, acht Batterien1) eingesetzt werden, die sich seit dem 1. Mai in der Linie Salanty—Vudendingshof sammelten. Mit der Führung betraute General von Lauenstein den Kommandeur der 3. Kavallerie-Brigade, Oberst von der Schulenburg,, der den Befehl erhielt, am 5. Mai den Vormarsch anzutreten und Libau baldigst abzuschließen; der Angriff selbst werde am besten gegen die Ostfront gerichtet, wo die schwere Artillerie am schnellsten zur Wirkung kommen könne. Cr sollte von Konteradmiral Hopman unterstützt werden, dem dazu, nach Verstärkung durch die IV. Aufklärungsgruppe aus der Nordsee, sieben Kreuzer zur Verfügung standen2). Gegen Mitau hatte die 6. Kavallerie-Division zu sichern.
Ohne Kampf näherten sich die Hauptkräfte der Abteilung Schulenburg bis zum 6. Mai dem Vartau-Abschnitt östlich von Libau, der unbesetzt war; eine Seitenabteilung ging längs der Küste vor. Erkundende Minensuchboote und Marineflieger erhielten bei Libau selbst schwaches Feuer von leichter und mittlerer Artillerie. Die Befestigungen der Landfront schienen gesprengt. Auch am 7. Mai fand das Vorgehen keinen Widerstand, erlitt aber Aufenthalt durch Vrückenzerstörungen. Nachmittags eröffnete deutsche Artillerie von Land und von See her das Feuer; es wurde nicht erwidert. Nach Beendigung aller Vorbereitungen sollte am nächsten Morgen der Sturm stattfinden. Inzwischen hatte aber die aus Landsturm bestehende linke Seitenabteilung, vom Feuer der Schiffe unterstützt, das Südfort und den Südteil der Stadt bereits besetzt. Am Morgen des 8. Mai drang auch die Hauptabteilung in den Platz ein. 1600 Gefangene, 12 meist ältere Geschütze, 4 Maschinengewehre waren die Beute des Unternehmens; wertvolle Nohstofflager wurden vorgefunden. Schwacher Feind war nach Norden ausgewichen.
Libau hatte dem Oberbefehlshaber der russischen Ostseeflotte, Admiral von Esten, unterstanden, der aber am 30. April angesichts des deutschen Vormarsches auf Schauten und des Erscheinens deutscher Flottenteile vor der Stadt den Abzug der Besatzung (3%. Bataillone und Hilfswaffen) und die Zerstörung der ortsfesten Geschütze und Verteidigungs-
0 Cm zgs. 3. R. der 6. R. D., zwei Ldst. Vtle., 3. K. Br. (von der 8. Armee), fünf leichte, drei schwere (darunter eine Mrs.-) Vattr., ein Pi. Vtl. mit Belage-rungstrain.
2) Näheres über die Mitwirkung der Flotte s. Seekrieg, Ostsee, Band II, S. 57 ff.
8*
..bis 8. Mai.
. 3. bis 8. Mat.
116 Die Front des Oberbefehlshabers Ost bis zum 2. Juli.
einrichtungen angeordnet hatte. Auf Einspruch des Oberbefehlshabers der russischen Nordwestfront hatte er dann aber von der Obersten Heeresleitung den Vefehl erhalten, Libau wieder zu besetzen und die Landoperationen gegebenenfalls von See her zu unterstützen. Inwieweit noch versucht worden ist, diese Befehle auszuführen, ist indessen nicht bekannt.
c) Abwehr russischer Gegenangriffe, 3. bis 14. Mai.
Die Armee-Gruppe Lauen st ein hatte weiterhin das Gebiet westlich der Dubista zu behaupten1). Als am 3. Mai der Vormarsch gegen Libau bevorstand, waren ihre Truppen wie folgt gegliedert: 70. Reserve-Infanterie-Brigade der 36. Reserve-Division (I. Reservekorps), bisher Heeresreserve, bei Iurborg eingetroffen; Gros der ehemaligen Abteilung Pappritz, etwa eine Brigade, unter Generalmajor Freiherr von Esebeck bei Roffienie; 6. Reserve-Division bei Kielmy; 78. Reserve-Division bei Schauten; Kavalleriekorps Richthofen nordöstlich von Schauten beiderseits der Muscha, davon 1. bayerische Kavallerie-Brigade bei Schadow und Sredniki; 6. Kavallerie-Division vor Mitau; Abteilung Schulenburg bei Salanty, bereit zum Vorgehen gegen Libau.
Der Versuch, eine russische Infanterie- und eine Kavallerie-Division, die an diesem Tage von Osten gegen Rossienie vorgingen, am Morgen des 4. Mai durch allseitige Umfassung abzufangen, mißlang. Die Rüsten wichen rechtzeitig aus, hielten sich aber noch auf dem westlichen Dubista-Ufer. Reuer Feind war bei Schadow aufgetreten und hatte das Kavalleriekorps in unentschiedene Kämpfe verwickelt. Vor Mitau mußte die 6. Kavallerie-Division weichen; sie deckte seitdem das gegen Libau angesetzte Unternehmen. Am 6. Mai gelang es, den Gegner östlich von Rossienie über die Dubista zurückzuwerfen und das Ostufer zu gewinnen; den Russen den Rückzug zu verlegen, glückte aber auch dieses Mal nicht. Das hierzu angesetzte Kavalleriekorps hatte durch die vorhergegangenen Märsche und Kämpfe bei knapper Verpflegung erheblich gelitten, seine an sich schon geringe Kampfkraft war durch vielfach wechselnde Aufklärungsaufgaben arg zusammengeschmolzen. Jetzt sah es sich durch bei Kiejdany auftretenden neuen Feind vollauf gebunden.
Der Oberbefehlshaber Ost stellte den Rest des I.Reserve-korps unter Generalleutnant von Morgen zur Verstärkung der Armee-Gruppe bereit. Dieser hatte demnächst die Abwehr gegen Mitau zu übernehmen. Auf dem Südflügel sollte das Ostufer der Dubista einstweilen noch
0 S. 112.
Die Abwehr in Litauen und Kurland.
117
gehalten werden, um den Eindruck der deutschen Überlegenheit möglichst lange zu wahren.
Am 7. Mai stieß die bayerische Kavallerie-Division des Kavallerie- 7. Mai. korps Richthofen östlich von Kiejdany tief in den Rücken des dortigen Gegners vor und unterbrach nahe der Wilia die Bahn nach Wilna. Den russischen Widerstand im Raume von Kiejdany selbst zu brechen, gelang aber nicht. Drei russische Kavallerie-Divisionen sollten gegenüberstehen, nach Gefangenenaussagen außerdem ein russisches Korps ausgeladen werden.
Bon Mitau her, wo ebenfalls die Ausladung eines Korps gemeldet wurde, erreichte der Feind, auf der großen Straße vormarschierend, Ianischki und rückte außerdem mit mindestens sieben Bataillonen nördlich der Bahn Mitau—Murawjewo in der Richtung auf Libau vor, das aber am Abend des Tages bereits unmittelbar vor dem Fall stand. Cs machte sich fühlbar, daß der Gegner auf vier Vollbahnen, je einer von Wilna, Dünaburg, Iakobstadt und Riga, Verstärkungen heranführen konnte, während man deutscherseits von der Grenze an auf Fußmarsch angewiesen war. Die Russen versammelten anscheinend 2 y2Korps und drei bis vier Kavallerie-Divisionen im Raume Kowno—Poniewiez—Mitau. Damit war das operative Ziel des deutschen Unternehmens gegen Kurland, Ablenkung des Gegners und Abziehen seiner Reserven, erreicht. Schon jetzt waren dazu, abgesehen von den bisher im Abschnitte stehenden Kräften, insgesamt an die vier Divisionen Infanterie und zwei Kavallerie-Divisionen aufgeboten, die an anderer Stelle ausfielen.
Der Oberbefehlshaber Ost wünschte die errungenen Erfolge festzuhalten. Das war um so schwieriger, als die Front eine erhebliche Ausbuchtung erfahren hatte und jetzt um reichlich 100 Kilometer länger war als die Ausgangslinie Iurborg—Tauroggen—Polangen. Gerade am 7. Mai forderte aber die O b e r st e Heeresleitung^) „für den Fall, daß Italien auf seiten unserer Gegner in den Krieg eingreifen sollte", erhebliche Kräfte vom Oberbefehlshaber Ost. Die drei neu aufzustellenden Infanterie-Divisionen^) würden dann in keiner Weise genügen. Angesichts des Ernstes der Lage hätten in solchem Fall alle Rücksichten zweiter Ordnung selbstverständlich keinerlei Bedeutung; dem Oberbefehlshaber Ost müsse dann eine rein defensive Aufgabe zugewiesen werden. Sollte sich hierin infolge des Sieges in Galizien etwas ändern, so würde sich das Herausziehen von Kräften erübrigen. Generalfeldmarschall von Hindenburg antwortete, er werde außer den neuen Divisionen noch zwei Infanterie-Divi-
J) Band VII, S. 420. — 2) 103 u. 114.
118
Die Front des Oberbefehlshabers Ost bis zum 2. Juli.
8. und 8. Mai.
fronen frei machen können, darunter die 1. Reserve-Division des I. Reserve-korps; Teile könnten jetzt schon abgefahren werden.
Wenn diese Abgaben durchgeführt werden mußten, bestand aber kaum noch Aussicht, das eroberte Gebiet nördlich des Njemen zu behaupten; einstweilen aber dachte man es zu halten. General von Lauen st ein wollte die Abwehr an der Dubissa führen und nach Nordwesten unter Ausnutzung des Windau-Laufes Anschluß nach Libau nehmen, das sichere Anlehnung an die See bot. Ob Schauten, das als großer Ort wichtig war und reiche Vorräte barg, aber vorwärts der Dubissa—Windau-Linie lag, gehalten werden könne, war fraglich.
Als dann am 8. Mai Libau genommen war, die O b e r st e Heeresleitung auf den Abtransport der 1. Reserve-Division zunächst verzichtet hatte1) und die Russen von Mitau vorrückten, drahtete der Oberbefehlshaber Ost nach Pleß: „Wir müßen nun wissen, welche Bedeutung Libau für die Marine hat. Vorläufig richten wir Libau zur Verteidigung her und wollen es halten." Die Absicht, eine Infanterie-Brigade auf dem Seewege dorthin zu bringen, mußte jedoch aufgegeben werden, da Admiral Hopman die Sicherheit der Überfahrt nicht verbürgen konnte. Am 9. Mai antwortete die Oberste Heeresleitung, die Marine2) habe kein Interesse daran, Libau dauernd zu halten, und könne Truppen und Kampfmittel für diesen Zweck nicht in Aussicht stellen. Etwaige Verstärkungsarbeiten könnten „also nur Täuschungszwecken dienen". Daraufhin entschloß sich der Oberbefehlshaber Ost, Libau wenigstens so lange zu halten, als es die Verhältnisse gestatteten. Die Oberste Heeresleitung war einverstanden, doch zwinge die allgemeine Lage augenblicklich, „Vorkommnisse möglichst zu vermeiden, die von unseren Gegnern mit einem Schein von Recht als ernste Schlappe ausgelegt werden können. Eine etwa beabsichtigte Räumung der Stadt muß vorher von uns in vorbeugender Weise veröffentlicht werden". Truppen und Material sollten in Libau nur so weit festgelegt werden, als sichere Rückführung gewährleistet sei. Auf ernsthaften Kampf um die Stadt werde man sich schon deshalb nicht einlassen dürfen, weil es dann „schwer wäre, das Unternehmen Lauenstein als einen Täuschungs-Streifzug darzustellen, wozu es nach der jetzigen Lage doch wohl kommen wird".
Unter Leitung des inzwischen zum Gouverneur von Libau ernannten Generalleutnants von Pappritz begann der Ausbau des Platzes zu einem Stützpunkt für den deutschen linken Heeresflügel. Auch der Oberbefehlshaber der Ostsee-Streitkräfte maß dem Besitz des Hafens nach wie vor Bedeutung zu, wies aber auch darauf hin, daß die Unterstützung
*) Band VII, S. 420. — -) Seekrieg, Ostsee, Band II, S. 88 ff.
Abwehrkämpfe bei Schänken.
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von See her wegen der Zurücknahme eines Teiles seiner Schiffe nach Westen künftig nicht mehr gewährleistet sei.
Am 10. Mai näherten sich die Russen der Dubisia und griffen bei io.Mat. Schauten an. In dieser Lage verlangte die Ober st e Heeresleitung nun doch die Bereitstellung der vom Oberbefehlshaber O st angebotenen beiden Divisionen. Diesem aber schien es geboten, wenigstens den bei Schauten jetzt gerade begonnenen Kampf vorher zu Ende zu führen; dann räumte man als Sieger, nicht als Weichender das Feld. Die Oberste Heeresleitung stimmte zu.
Die Armee-Gruppe Laue n st ein hatte am Morgen des 10. Mai wie folgt zur Abwehr bereitgestanden: In fast 50 Kilometer Breite bildete die 36. Reserve-Division nebst der Abteilung Csebeck den Südflügel.
Die Dubissa gab diesem nur äußerst dünn besetzten Abschnitt einen gewissen Halt, wenn das Wasser auch an zahlreichen Stellen durchfurtet werden konnte. Das Kavalleriekorps Richthofen war im Zurückgehen auf die Flußlinie, um die Lücke zum „Korps Morgen" zu schließen, das die Abwehr an der großen Straße bei Schauten leisten sollte. Rechts an Sumpf und Seen angelehnt, hielt seine 78. Reserve-Division die Höhen, die die Stadt umgeben, während die 6. Reserve-Division im Anmarsch zum linken Flügel des Korps noch weiter ab war. In der Gegend von Murawjewo, 60 Kilometer nordwestlich von Schauten, war die 6. Kavallerie-Division hinter die Windau zurückgegangen, östlich von Libau stand die 3. Kavallerie-Brigade.
Zwei weitere Kavallerie-Brigaden^) waren aus der Gegend von Memel im Anmarsch auf Telsche; ihnen folgte die 1. Reserve-Division.
Bei Schauten drang der russische Angriff im Laufe des Tages bis tief l«.visi4.Mak. in die Nordflanke der 78. Reserve-Division. General von Morgen sah sich gezwungen, die Stadt unter ernsten Verlusten dem Gegner zu überlasten").
Am 11. Mai griff die deutsche 6. Reserve-Division ein und machte 1400 Gefangene. Trotz dieses Erfolges gelang es aber auch nach Eintreffen der 1. Reserve- und 6. Kavallerie-Division nicht, den russischen Widerstand zu brechen und wieder auf Schauten vorzudringen. Der Feind wurde auf 3y2 Infanterie-Divisionen und eine Kavallerie-Division veranschlagt, eine weitere Division war angeblich bei Ianischki im Eintreffen. So entschloß sich General von Morgen, den linken Flügel nunmehr zur Abwehr an die Windau zurückzunehmen, und ließ dazu die 1. Reserve-Division auf Kur-schany ausweichen.
0 18. und 38. K. 23r. — 2) Die Russen machten mehrere hundert Gefangene und erbeuteten fünf Geschütze.
120
Die Front des Oberbefehlshabers Ost bis zum 2. Juli.
d) Übergreifen der Kämpfe auf das Südufer des Njemen, 13. bis 24. Mai.
IZ. bi» 16.Mai. Der Nordflügel der 10. Arme e1), der südlich des Njemen der großen
Festung K o w n o gegenüber lag, hatte die Vorwärtsbewegung der Armee-Gruppe Lauenstein nur bis Schaki begleitet. Cr bestand nördlich der Bahn Insterburg—Kowno aus der 39. Kavallerie-Brigade und einigen Landsturm-Kompagnien, die eine mehr als 50 Kilometer breite Front sicherten. Zunächst hatte hier weiter Ruhe geherrscht. Seit dem 13. Mai aber schien sich der Gegner im Waldgebiete westlich der Festung zu verstärken und auch Kräfte vom nördlichen Njemen-Ufer heranzuziehen. Am 14. Mai drang er bis Schaki vor und damit bis tief in die Südstanke der deutschen Stellungen an der Dubissa. Generaloberst von Eichhorn rechnete mit starkem Angriff und traf umfangreiche Abwehrmaßnahmen.
Zu. dieser Zeit war die russische Front in Südpolen bereits im Weichen2). Der Oberbefehlshaber O st erwartete, falls die Bewegung auch auf den Raum nördlich der Pilica übergriff, als Vorbereitung dazu starke russische Entlastungsangriffe beiderseits des Njemen. So teilte er die Auffassung des Generalobersten von Eichhorn und setzte die 29. Landwehr-Brigade von der 9. Armee und sonst verfügbare kleinere Teile zum Nordflügel der 10. Armee in Marsch. Zwischen der Kownoer Bahn und dem Njemen wurde die Grenzstellung als Rückhalt besetzt und mit Geschützen aus ostpreußischen Festungen ausgestattet; die einzige Reserve des Dubissa-Abschnittes wurde gegen den Njemen nach Iurborg verschoben. Da griffen die Russen am 15. Mai wider Erwarten bei der Armee-Gruppe Lauen st ein gegen die Dubissa an und setzten sich nördlich von Cjragola auf dem Westufer des Flusses fest. Die 10. Armee aber sah die Lage schon am 16. Mai sehr viel günstiger an als zwei Tage zuvor und wollte selbst zum Angriff übergehen, sobald nur alle Verstärkungen heran waren. Auch beim Oberbefehlshaber Ost empfand man „eine gewisse Erleichterung"2). Immerhin war es fraglich, ob die Kräfte ausreichen würden, auch die Front bei Schauten weiterhin zu halten. Zuerst sollte jedenfalls mit allen verfügbaren Kräften die Lage beiderseits des Njemen gefestigt und dazu auch die bei Schauten stehende 78. Reserve-Division eingesetzt werden. Der Oberbefehlshaber Ost war damit einverstanden, daß General von Morgen bei Fortdauer der starken russischen Angriffe noch weiter westwärts ausweiche.
i7. bis ig.Mai. Der 17. Mai brachte Klarheit bei der 10. Armee. Der von General L i tz m a n n geleitete Angriff auf dem Nordflügel hatte Erfolg. Die an der Szeszupa von Pilwiszki bis Schillehnen und bei Iurborg bereit-
. 0 S. 104, 106 u. 108. — 2) S. 132 f. — 8) Ludendorff, Erinnerungen. S. 115.
Kämpfe an der Dubiffa und vor Kowno.
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gestellten deutschen Kräfte, alles in allem etwa zwei bunt zusammengewürfelte Divisionen Infanterie, deren Kern die „Division Veckmann" bildete, und eineinhalb Kavallerie-Divisionen^), drückten den Gegner ohne Schwierigkeit zurück und machten 1700 Gefangene. Man rechnete auf weitere Erfolge für den folgenden Tag. Als der Oberbefehlshaber O st am Morgen des 18.Mai von der Obersten Heeresleitung nach seinen Absichten im Gebiete nördlich des Rjemen gefragt wurde, antwortete er zuversichtlich: „Cs besteht nach wie vor die Absicht, die Linie der Dubissa und Windau, sowie Libau zu halten, zum mindesten bis die reichen Landesvorräte abtransportiert sind und die befestigte Grenzstellung fertig ist, was noch längere Zeit in Anspruch nehmen wird." Gerade am 18.Mai aber gestaltete sich die Gesamtlage bei der Armee-Gruppe Lauen st ein wieder schwieriger. Der Gegner setzte sich auch unmittelbar südlich von Ejragola auf dem westlichen Dubissa-Afer fest. Am die Russen, wenn möglich, abzufangen, sollte die 78. Reserve-Division über den Fluß nach Osten vorstoßen. Inzwischen ließ General von Lauenstein die Sicherungslinie südlich von Ejragola in der Nacht zum 19. Mai zunächst einmal etwa zehn Kilometer westwärts ausweichen, da auch der linke Flügel der 10. Armee noch zurück war. Gleichzeitig spitzte sich die Lage nördlich von Schauten zu. Flieger hatten etwa eineinhalb russische Divisionen im Vormarsch von Nordosten gegen die Linie Kurschany— Libau erkannt. General von Morgen nahm seine Truppen am 19. Mai in die Linie Vubje—Windau-Kanal—Trischki und nordwestlich zurück; er hatte künftig dem an der Dubiffa bevorstehenden deutschen Angriff den Rücken zu decken. Für alle Fälle wurde begonnen, die minder beweglichen Teile der in Libau eingesetzten Artillerie zurückzuziehen.
In der Rächt zum 20. Mai führte Generalmajor von Müller seine 78. Reserve-Division, verstärkt durch Kavallerie, nordöstlich von Rossienie auf einer Furt durch die Dubiffa zum Angriff. Die Überraschung glückte; 800 Gefangene wurden eingebracht. Vor anrückendem neuen Feinde nahm General von Lauenstein die Division aber schon in der folgenden Nacht wieder auf das Westufer zurück. Der linke Flügel der 10. Armee näherte sich unterdessen hinter dem hier weichenden Gegner der Dubiffa-Mündung.
Inzwischen hatte General v o n F a l k e n h a y n am 20. Mai gedrahtet, es sei ihm bekanntgeworden, daß der Oberbefehlshaber Ost bei
20. Ma«.
1) Zgs. Div. des Genmajors Veckmann (Kommandeurs der 80. R. D.), Reserven des Dubifla-Abschnittes, 1. K. D., 17. und 39. K. Br.
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Die Front des Oberbefehlshabers Ost bis zum 2. Juli.
23. Mai.
Verstärkung durch zwei Armeekorps es für möglich halte, „die endgültige Entscheidung in unserem Kampfe gegen Rußland zu erzwingen". Eine solche Gestaltung der Verhältnisse wäre bei der von Italien drohenden Gefahr, wie er nicht näher darzulegen brauche, von höchstem Wert. Cr fragte daher, wie die Durchführung gedacht sei und ob sich übersehen lasse, wann wieder nennenswerte Kräfte für andere Aufgaben stet sein würden. Der Oberbefehlshaber Ost antwortete sofort, eine endgültige Entscheidung gegen Rußland könne er auch bei Überweisung von zwei weiteren Armeekorps nicht gewährleisten. Dagegen würde es möglich sein, durch ihren Einsatz oder wenigstens den der drei an seiner Front neu gebildeten Divisionen1) „wirksame taktische Schläge zu führen. In Frage käme ein Angriff zur Vernichtung der nördlich des Njemen fechtenden, auf sieben bis acht Divisionen zu schätzenden russischen Kräfte oder ein Durchbruch auf die Linie Kalwarja—Marjampol". Auch verspräche er sich bei günstigem Winde viel von ihrem Einsatz bei der 9. Armee, wo gerade ein Gasangriff vorbereitet wurde'-). Einen genauen Zeitpunkt, wann diese Kräfte wieder für andere Aufgaben stet sein würden, könne er jedoch nicht angeben. Erhalte er keine Verstärkungen, so könne die 9. Armee nach Durchführung des Gasangriffes mindestens eine Division freimachen; eine weitere Division könne er abgeben, wenn das jetzt besetzte russische Gebiet nördlich des Rjemen nebst Libau geräumt würde. Vei der jetzigen starken russischen Truppenansammlung würde aber dort ein ganzes Korps nur dann entbehrt werden können, wenn die Preisgabe des Kreises Memel in Kauf genommen würde. Zu mündlicher Besprechung all dieser Fragen werde Generalleutnant Ludendorff — falls das erwünscht sei — nach Pleß kommen.
Das Ergebnis einer daraufhin am 23.Mai, dem Tage der italienischen Kriegserklärung an Osterreich-Angarn, in Pleß abgehaltenen Besprechung war, daß große neue Unternehmungen im Bereiche des Oberbefehlshabers Ost einstweilen nicht in Frage kämen. Das Bedürfnis, die jetzige Frontlinie zu halten, müsst möglichst mit der Notwendigkeit in Einklang gebracht werden, weitere Truppen zur Verfügung der Obersten Heeresleitung stei zu machen, wozu General Ludendorff durchaus bereit war3). Seinem Angebot entsprechend wurden die drei neugebildeten Divi-
!) S. 117. — 2) S. 133.
3) Der ihn begleitende Generalstabsoffizier, Hauptmann von Waldow, schrieb darüber am 24.Mai in sein Tagebuch: „Cs war so schön, wie General Luden-dorff sagte: »Ich gebe gern, wenn ich nur weiß, daß es auf der richtigen Stelle zum Siege eingesetzt wird.« Cr selber ist es gewesen, der der Heeresleitung die Divisionen angeboten hat."
Verhandlungen mit der Obersten Heeresleitung.
125
sionen (101., 103. und 105. Infanterie-Division) in den nächsten Tagen abgerufen, fünf weitere sollten nach und nach folgen, und zwar: die 3. Infanterie-Division von der Armee-Gruppe Gallwitz und die 41. von der 8. Armee nach Eintreffen von 15 bis 18 mobilen Landsturm-Bataillonen, die General von Falkenhayn in Aussicht gestellt hatte, eine neuzubildende 107. Infanterie-Division, eine Division der 9. Armee nach Durchführung des Gasangriffes, eine Division nach Ausbau der Grenzschuhstellung Iur-borg—Tauroggen—Polangen. Nach Abgabe der letztgenannten fünf Divisionen, so betonte der Oberbefehlshaber Ost in einer Meldung vom 25. Mai, würden ihm allerdings „keinerlei Reserven mehr zur Verfügung stehen, um schwierige Gefechtslagen auszugleichen". Cr hatte dann für die aus rund 850 Kilometer gedehnte Gesamtfront nur noch etwa 34 Divisionen, die zumeist nur drei Regimenter zählten, während er im April für 750 Kilometer 38 Divisionen zu vier Regimentern und dementsprechend auch stärkere Artillerie gehabt hatte1). Diese Schwächung konnte durch die inzwischen vermehrte Zuteilung von Maschinengewehren und Fortschritte des Stel-lungs-, vor allem des Hindernisbaues, um so weniger ausgeglichen werden, als mit Beginn der trockenen Jahreszeit viele bisher ungangbare Geländeabschnitte für Angriffe der landeskundigen Russen keine Hindernisse mehr bildeten.
Trotz dieser weitgehenden Truppenabgaben sollte der Kampf nörd-2r.bts24.Mai. lich des Njemen auch nach Ansicht der Obersten Heeresleitung weitergeführt werden. Der Gegner hatte in den letzten Tagen westlich der unteren Dubiffa vorwärtsgedrückt und sich auch nördlich von Rossienie auf dem westlichen Flußufer eingenistet. Zugleich hatte er das Korps Morgen in der Front und von Norden umfasiend angegriffen. Der Führer hatte an Ausweichen gedacht, General von Lauen st ein aber auf Durchhalten und Gegenstoß mit dem eigenen linken Flügel bestanden. Die Ausführung brachte am 22. Mai 1400 Gefangene. Die Gefahr an dieser Stelle war zunächst gebannt. Inzwischen hatte an der Dubissa nördlich von Rossienie die von der 10. Armee zugeführte Division Beckmann eingegriffen. Am 24. Mai gelang es, den Gegner hier über den Fluß zurückzuwerfen;
3200 Gefangene und zehn Maschinengewehre blieben in deutscher Hand.
General von Lauenstein wollte nunmehr auch die Lage am Unterlauf der Dubissa bereinigen.
Unterdessen trat ein Wechsel in der Vefehlsführung ein. 25.Mai. Mit dem Anwachsen der Armee-Gruppe Lauenstein hatte sich mehr und mehr
H S. 103.
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Die Front des Oberbefehlshabers Ost bis zum 2. Juli.
25. Mat.
26. Mai.
das Bedürfnis herausgestellt, das befehligende Generalkommando durch eine höhere Dienststelle zu ersehen. In der Meldung, die der Oberbefehlshaber Ost hierüber an die Oberste Heeresleitung erstattete, brachte er besonders zum Ausdruck, daß General von Lauenstein die bisherigen Operationen zur vollen Zufriedenheit geleitet habe. In vierwöchigen ununterbrochenen, anstrengenden Märschen und Kämpfen hatten seine Truppen insgesamt etwa 20 000 Gefangene, 16 Geschütze und 40 Maschinengewehre eingebracht. Etwa fünfeinhalb deutsche Infanterie- und dreieinhalb Kavallerie-Divisionen hatten, soweit man wußte, acht bis neun russische Infanterie- und viereinhalb Kavallerie-Divisionen auf sich gezogen.
e) Kämpfe der 10. und Njemen-Armee, 25. Mai bis 2. Juli.
Am 25. Mai übertrug der Oberbefehlshaber Ost dem General OttovonVelow mit dem Stabe des Armee-Oberkommandos 8 den Befehl über den nunmehr „Rj emen - Armee" genannten Truppenverband nördlich des Rjemen. Dabei war zunächst nur an einen vorübergehenden Zustand gedacht, der nach Abschluß der Kämpfe an dieser Front wieder geändert werden sollte. Die Führung der 8. Armee wurde für diese Zeit dem Kommandierenden General des XL. Armeekorps, General der Artillerie von Scholtz, übertragen. General von Velow erhielt bei der Durchfahrt durch Lötzen die mündliche Weisung, das nördlich des Njemen besetzte Gebiet „möglichst lange zu halten und auszunutzen und dem Feinde möglichst viel Abbruch zu tun"; falls die jetzige Linie unhaltbar werde, solle die Armee auf die Grenzstellung ausweichen, die aber erst in etwa 14 Tagen ausgebaut sein könne; die Festung Libau dürfe nicht ohne ausdrückliche Genehmigung des Oberbefehlshaber Ost aufgegeben werden.
Als General von Velow am 26. Mai abends in Tilsit den Befehl übernahm, war auf dem rechten Flügel des Korps Morgen gerade ein ernster Rückschlag eingetreten, indem die 6. Reserve-Division die starke Stellung bei Vubje verloren hatte und etwa sechs Kilometer westwärts zurückgewichen war; sie hatte dabei über 2000 Mann, davon die Mehrzahl Gefangene, eingebüßt. General von Morgen wollte das Verlorene am nächsten Tage durch Gegenangriff wiedernehmen. Dabei sollten Teile des südlich anschließenden Kavalleriekorps Richthofen mitwirken. Aber auch gegen den Südflügel hatte sich der russische Druck derart verstärkt, daß bereits General von Lauenstein der 36. Reserve-Division am 24. Mai besohlen hatte, nötigenfalls nach Westen noch weiter1) auszuweichen und zugleich Raum zu schaffen für einen Stoß, den nunmehr die 78. Reserve-
!) S. 121.
Bildung der Njemen-Slrmee und ihre ersten Kämpfe.
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Division auf dem westlichen Dubissa-Ufer von Norden nach Süden führen sollte. Den Befehl über die südlich vom Kavalleriekorps eingesetzten Teile (36. Reserve-Division, Abteilung (Esebeck, 78. Reserve-Division und Division Beckmann) und damit auch die Durchführung des hier bevorstehenden Angriffs übernahm jetzt General von Lauenstein selbst. Mehr als vier russische Infanterie-Divisionen schienen ihm gegenüberzustehen.
Am 27. Mai blieb der Gegenangriff gegen Vubje erfolglos. General ri.Maivts von Morgen wollte seinen stark erschöpften Südflügel daher noch weiter 3l3“nL zurücknehmen, doch versagte General von Velow die Genehmigung; die jetzige Linie sollte gehalten werden. Sie verlief etwa halbwegs zwischen Vubje und Szawkiany von Südost nach Nordwest von der Dubisia zur Windau.
Bei der G r u p p e L a u e n st e i n brachte der Angriff am 27. Mai einige Erfolge, am 28. gab der Gegner unter Verlust von mehr als 3000 Gefangenen in größerem Umfange nach; sein Südflügel vermochte sich aber auch jetzt noch in etwa 20 Kilometer Breite westlich der Dubisia zu behaupten.
Die deutsche Linie stand nunmehr auf gleicher Höhe mit dem linken Flügel der 10. A r m e e. Im übrigen vergingen die Tage mit Kleinkämpfen bald an dieser, bald an jener Stelle der mehr als 200 Kilometer langen Armeefront.
So hatte sich der Gegner schon am 28. Mai südöstlich von Kielmy wieder auf dem Westufer der Dubisia festgesetzt und deutschem Landsturm vier Geschütze abgenommen. Andererseits räumte er am 30. Mai das Westufer der unteren Dubisia. Am 1. Juni versuchte er vergeblich, bei Schauten weiter vorzudringen, und verlor dabei 500 Gefangene.
Hier erwartete General von Velow weitere Angriffe. Er beabsichtigte, inzwischen von der Grenze anrückende Verstärkungen (2. Kavallerie-Division, 72. Reserve-Infanterie-Brigade des I. Reservekorps und einige selbständige Einheiten) am Nordflügel der Gruppe Morgen bereitzustellen, damit sie eingriffen, sobald der Gegner seine Offensive fortsetzte. Gleichzeitig zog er an der Dubisia die Division Beckmann aus der Front, um den erwarteten russischen Angriff auch von Süden zu fassen. Falls aber der Gegner Zeit ließ, bis alle Verstärkungen heran waren, wollte General von Velow selbst zum Angriff übergehen und diesen in der Richtung auf Schauten führen. Daß sich der Gegner am 2. und 3. Juni wieder an mehreren Stellen auf dem Westufer der unteren Dubisia festsetzte, änderte an diesen Absichten nichts. Da er sich vor der Gruppe des Generals von Morgen weiterhin ruhig verhielt, wollte ihn General von Velow aber nunmehr von Süden her umfasiend angreifen. Mit der Leitung wurde Generalleutnant von Richthofen betraut. Am 4. Juni stieß die Division Beck- 4.biss.J»ui, mann bei Vulowiany über die Dubisia zum Angriff vor, hatte aber anfangs nur fünf Bataillone zur Hand und vermochte daher gegen zähen Widerstand
126
Die Front des Oberbefehlshabers Ost bis zum 2. Juli.
auf dem Ostufer nur wenig Gelände zu gewinnen. Vis zum Abend des 6. Juni hatte die Gruppe Richthofen aber doch in mehr als 20 Kilometer Breite und etwa 10 Kilometer Tiefe auf dem östlichen Dubiffa-Afer Fuß gefaßt. Inzwischen waren in der Nacht zum 5. Juni auch beide Flügel der Gruppe Morgen zum Angriff angetreten und hatten Erfolg. Vor allem waren bis zum Abend des 6. Juni die beherrschenden Höhen von Vubje östlich der Dubiffa umfaßt und wieder genommen; 5000 Gefangene wurden eingebracht.
Gleichzeitig war südlich des Njemen der linke Flügel der 10. Amte e1) unter General Lihmann (79. Reserve-Division, 1. und 4. Kavallerie-Division) in den Kownoer Wald eingedrungen. Generaloberst von Eichhorn hoffte, durch Einschwenken dieser Gruppe nach Süden weitere Teile der russischen Front zum Weichen zu bringen.
General von Velow wollte seine Erfolge nunmehr zu einem Durchbruch durch die russische Front erweitern, wobei die Gruppe Richthofen nach Süden abschwenken, die Gruppe Morgen den Angriff auf Schauten durchführen sollte. Zu dieser Absicht ließ der Oberbefehlshaber O st in seinem Kriegstagebuchs festlegen: Wenn auch geschloffener Einsah der gesamten verfügbaren Kräfte auf dem Nordflügel (linker Flügel Morgen) von vornherein größeren Erfolg versprochen hätte, so verkenne er die Entwicklung der Lage nicht. Wenn die Njemen-Armee, die seht eine offenbare Schwächung des Gegners melde, im Nachdrängen nach Südost und Nordost die Entscheidung erreichen wolle, so wolle der Oberbefehlshaber nicht eingreifen; aber nur einem geschlagenen Gegner gegenüber könne der Durchbruch mit diesen schwachen Kräften nachhaltigen Erfolg haben. General von Velow selbst war voller Vertrauen und hoffte, im weiteren Vorgehen mit dem linken Flügel bei Mitau Anlehnung an das Niederungsgebiet der Aa und damit an den Rigaer Meerbusen zu gewinnen, um dann hinter der Mitte seiner Gesamtfront Kräfte für weitere Operationen zusammenzuziehen. Mit diesen Gedanken war der Oberbefehlshaber Ost einverstanden. Auch der Nordflügel der 10. Armee hatte weitere Fortschritte gemacht und näherte sich im Kownoer Walde den Außenstellungen der Festung. Vei der 9. Armee stand ein neuer Gasangriff unmittelbar bevor2). In Galizien war Przemysl zurückgewonnen und der untere San erreicht. So sah der Oberbefehlshaber Ost die Gesamtlage jetzt hoffnungsvoll an. Generalleutnant Ludendorff legte Oberst Tappen dar: „Nach den entscheidenden Siegen in Galizien und den jüngsten Erfolgen der
0 S. 121. — 2) S. 135.
Erfolge vor Kowno und in Litauen.
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Njemen-Armee erscheint es mir unzweifelhaft, daß wir durch den Einsatz von auch nur zwei weiteren Divisionen nördlich des Rjemen dort einen Erfolg erringen können, der zur Vernichtung des Russenheeres sehr wesentlich beitragen wird. Ich bitte, dem Herrn Chef des Generalstabes des Feldheeres meine Ansicht zu melden, mit der der Generalfeldmarschall einverstanden ist." Da General vonFalkenhaynzu dieser Zeit an die Westfront gefahren war, kam die Antwort erst am 11. Juni; sie verwies den Oberbefehlshaber Ost auf die 3. und 41. Infanterie-Division, die nach Eintreffen der zugesagten Landstmm-Bataillone herausgezogen werden sollten1).
Auch damit war dieser einverstanden, wenngleich noch etwa zehn Tage vergehen mußten, bis die Divisionen verfügbar wurden.
Inzwischen war der Erfolg der 10. Armee südwärts erweitert, im8.bisls.guni. Kownoer Walde waren 3000 Gefangene eingebracht worden. Die Front verlief am 9. Juni vom Rjemen-Knie bei Sapiezyszki (15 Kilometer westlich Kowno) nach Süden zur Szeszupa nördlich von Marjampol. General L i tz m a n n schlug vor, unter dem Eindruck dieses Erfolges, alle verfügbare schwere Artillerie gegen die Vorstellungen von Kowno zusammenzufassen und die Festung nach überwältigender Beschießung zur Übergabe aufzufordern. Zur Durchführung dieses Gedankens reichten die Mittel der Armee aber nicht aus. Das Armee-Oberkommando entschied daher, daß der Angriff südwärts weitergeführt werden solle, um die russische Front aufzurollen. Dabei gelang es, bis zum 13. Juni östlich von Marjampol noch etwa zehn Kilometer vorwärtszukommen.
Die Njemen-Armee hatte unterdessen östlich der Dubissa sowie gegen Schauten weiter Raum gewonnen und seit dem 4. Juni insgesamt etwa 7000 Gefangene gemacht. Inzwischen aber hatte sich der Gegner so verstärkt, daß die Aussicht auf größere weitere Erfolge geschwunden war. General von Morgen erhielt die Aufgabe, vorläufig eine Stellung zu erkämpfen, die sich rechts an den Rakiewo-See anlehne und mit dem Nordflügel die Bahn Schauten— Libau beherrsche. Dieses Ziel wurde in teilweise zähem Ringen bis zum 13. Juni erreicht; abermals konnten mehr als 5000 Gefangene gemeldet werden. Inzwischen aber war der fast ausschließlich aus Kavallerie bestehende linke Flügel (6. und 2. Kavallerie-Division) aus der Linie Kurschany—Popeljany erheblich zurückgedrückt worden.
Am 14. Juni gab der Oberbefehlshaber O st der R j e m e n-14.bisi8.3tmi. Armee den Befehl, die jetzige Stellung bis zum Eintreffen der Verstärkungen zu halten, die in etwa einer Woche zu erwarten seien, dann
9 S. 123.
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Die Front des Oberbefehlshabers Ost bis zum 2. Juli.
aber sollte die Armee „durch weitausholende Umfassung des feindlichen rechten Flügels die vor ihr befindlichen Kräfte unter Sicherung gegen Riga schlagen" und weiterhin die aus der Linie Ianow—Mitau ostwärts führenden Eisenbahnen bis einschließlich der Strecke Wilna—Dünaburg— Riga zerstören. Ob hierzu nur durch Infanterie zu verstärkende Kavallerie-Divisionen oder die gesamte Armee eingesetzt werden müsse, werde von der Kriegslage abhängen; doch sei „die letztere Möglichkeit ins Auge zu saffen und ein Vormarsch der Armee nördlich von Kowno vorbei vorzubereiten". Am 16. Juni wurde es allerdings schon wieder zweifelhaft, ob die beiden zugesagten Divisionen nicht doch noch von der Ober st e n Heeresleitung für andere Zwecke beansprucht würden1).
Vei der 10. Armee gingen die deutschen Angriffe inzwischen weiter und dehnten sich immer mehr nach Süden aus. Am 15. Juni brachte ein von Generalleutnant Clstermann von Elster geleitetes Unternehmen der 76. Reserve-Division bei Kalwarja 2000 Gefangene. Der gestellten Aufgabe entsprechend setzte sich General Litzmann in beweglicher Kriegführung immer wieder neue Angriffsziele. Die Kraft der Truppe aber begann zu erlahmen. Der Versuch, südlich von Kalwarja durchzubrechen, um die Stellung der Russen nach Süden aufzurollen, führte am 18. Juni nur noch zu geringem Geländegewinn, aber zu schweren Verlusten.
Am 20. Juni meldete der Oberbefehlshaber Ost über die Gesamtlage an die Oberste Heeresleitung: Der Gasangriff der 9. Ar m e e, von dem das Freiwerden einer weiteren Division abhing, habe wegen ungünstigen Windes aufgeschoben werden müssen2). Die der Armee-Gruppe G a l l w i h") zur Fesselung des Gegners aufgetragenen Unternehmungen blieben im Gange, die 8. Armee1) sei nach ihrer Zusammensetzung zum Angriff künftig nicht mehr befähigt. „10. Armeeist auf starke feindliche Stellungen gestoßen; sie wird jedoch das gewonnene Gelände behaupten können. Rjemen-Armeehat starken Feind vor sich." Weitere russische Kräfteverschiebungen gegen diese Armee seien zu erwarten, könnten aber nicht verhindert werden. Unter diesen Verhältnissen erbat der Oberbefehlshaber Ost nochmals das Versügungsrecht über die 3. und 41. Infanterie-Division, deren allmähliche Ablösung im bisherigen Abschnitt heute beginne, und fügte hinzu: „Ich würde damit in der Lage sein, das Land auch nördlich des Rjemen zu halten, im günstigsten Falle hier einen Schlag zu führen; andernfalls würde ich voraussichtlich gezwungen sein. Gelände-gewinn nördlich des Rjemen auszugeben." Nunmehr gab General von Fal-
0 S. 244. — -) 6.123 und 136 ff. — --) 6.137f. — 0 6.104.
Weitere Pläne gegen Kowno und Litauen.
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kenhayn die beiden Divisionen frei. Im Stabe des Oberbefehlshabers Ost lebte man wieder auf und ging voller Hoffnung an die Vorbereitung der künftigen Operationen im Njemen-GebietP Über die weiteren Absichten heißt es im Kriegstagebuch unter dem 20. Juni, der Gegner verschiebe „langsam, aber unaufhaltsam seine Kräfte nach unserem linken Flügel". Der Stoß der Njemen-Armee solle gegen den feindlichen rechten Flügel mit den beiden Divisionen geschloffen geführt werden, nicht vor Anfang Juli. Ob dazu auch noch die 1. Garde-Reserve-Division von der Armee-Gruppe Gall-witz herangezogen werden könne, werde erwogen. „Beurteilung der Gesamtlage: Dieser Druck auf den russischen Nordflügel ist um so erfolgversprechender, als die Hauptkräfte des Feindes in Galizien gebunden und stark erschüttert sind."
Der Oberbefehlshaber Ost erwog daneben aber auch die Möglichkeit, die Festung K o w n o zu nehmen. Zu einer Besprechung über diesen zuerst von General Litzmann angeregten Gedanken wurde der Erste Generalstabsoffizier der 10. Armee, Major Keller, am 21. Juni nach Lötzen gerufen. Dort wurde ihm eröffnet, die 3. Infanterie-Division, schwere Batterien und Velagerungsformationen könnten so zur Verfügung gestellt werden, daß sie Anfang Juli vor der Festung bereit wären. Im Hinblick auf Nachrichten, die über die geringe Zahl und Kampfkraft der Besatzung, die Minderwertigkeit der Artillerieausstattung und die moralische Wirkung der schweren in Galizien gefallenen Schläge vorlägen, halte es der Oberbefehlshaber Ost für möglich, die Festung unter Umständen durch Handstreich unter starker Artillerievorbereitung zu nehmen. Doch dürfe dabei kein erkennbarer Rückschlag eintreten; das Unternehmen müffe vielmehr so eingeleitet werden, daß beim Mißlingen des Handstreichs die Truppen zur Einleitung planmäßiger Belagerung bereitgestellt zu sein schienen. Major Keller gab im Auftrage des Generalobersten von Eichhorn die Möglichkeit eines Handstreichs zu, doch erschienen ihm die Kräfte bei der Gefahr beiderseitiger Flankierung sehr gering. Er regte daher Aufrollen der feindlichen Front über Simno nach Süden oder Durchbruch über Preny gegen die Bahn Vialystok—Wilna an; für beide Operationen sei der Einsatz eines frischen Armeekorps nötig. Die letztere Operation verspräche übrigens beffere und schnellere Wirkung gegen die russische Front in Polen als der Einsatz weiterer Kräfte nördlich des Njemen. Der Oberbefehlshaber Ost befahl aber, vorbehaltlich etwaiger Änderungen, den Handstreich gegen Kowno vorzubereiten.
0 Tagebuchaufzeichnung des jetzigen Obersten von Waldow vom 21. Juni 1915 -+ Weltkrieg. VIII. Band. 9
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Die Front des Oberbefehlshabers Ost bis zum 2. Juli.
Btszumr.Zult. Bei der 10. und Njemen-Armee vergingen die Tage bis zum 2. Juli mit Vorbereitungen für den Einsatz der in Aussicht gestellten Verstärkungen. Bei der 10. Armee brachte ein gut gelungenes örtliches Angriffsunternehmen der Brigade des Obersten Baron Digeon von Mon-teton1) am 1. Juli bei Kalwarja mehr als 700 Gefangene. Bei der Njemen-Armee wurde der Gegner auf dem Nordflügel der Gruppe Morgen an der mittleren Windau unter Einsatz der von der 9. Armee neu eingetroffenen 8. Kavallerie-Division etwas zurückgedrängt. Hier schien sich der Feind auf weiteren Rückzug vorzubereiten. Ein Generalstabsoffizier des Oberbefehlshaber Ost schrieb am 27. Juni nieder2): „Eine Meldung von gestern können wir uns noch nicht erklären: Zn der Gegend von Frauenburg soll alles brennen, und aus Windau wird alles hastig abgefahren. Entweder gehen die Russen dort zurück und vernichten alle Güter und Vorräte, oder eine Revolutionsbewegung ist auf die armen Deutschen abgelenkt. . . In Riga werden alle Fabriken nach dem Reichsinnern verlegt."
Auch die Marine bereitete sich auf Fortführung der Operationen in Kurland vor, bei der ihr eine wichtige Rolle zufallen konnte. Sie war am 23.Juni von der Obersten Heeresleitung darauf hingewiesen worden, daß „späteres Vorgehen gegen Riga im Bereiche der Möglichkeit" liege. Damit und angesichts des Fehlens jeder Bahnverbindung von der deutschen Grenze bis zur russischen Querlinie Wilna—Schauten—Libau trat jetzt auch die Bedeutung von Libau stärker in den Vordergrund. Der Platz war so weit ausgebaut, daß er jedem russischen Angriff gewachsen und damit für den linken Heeresflügel wie für die Ostsee-Streitkräfte ein wichtiger Stützpunkt war. Der Oberbefehlshaber Ost wollte ihn, wie er der Obersten Heeresleitung am 21. Juni meldete, nunmehr unter allen Umständen halten, die Flotte ständig zwei ältere Linienschiffe dorthin legen.
Über Libau dachte man aber künftig auch den Nachschub für den linken Flügel der Njemen-Armee zu leiten. Die Inbetriebnahme der von hier nach Schauten und Mitau führenden Bahnen konnte den Einsatz stärkerer Kräfte bei dieser Armee und eine vorwärtsschreitende Offensive erleichtern. Da aber der Gegner fast alles rollende Material in Sicherheit gebracht hatte, wurden vom 28. Juni ab deutsche Lokomotiven und Güterwagen über See nach Libau zugeführt2). Ein Gefahrenmoment blieb allerdings die Strecke bis dorthin, die durch russische Unterseeboote gelegentlich unsicher gemacht wurde. Auch sonst zeigten sich die Russen zur
1) Teile der 80. R. D.; deren Hauptteil befand sich bei der Div. Beckmann.
2) Tagebuchaufzeichnung des jetzigen Obersten von Waldow.
3) Seekrieg, Ostsee, Band II, S. 132 ff.
Betrachtungen.
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See etwas tätiger, so daß es am 2. Juli an der Ostküste der schwedischen Insel Gotland zu einem Seegefecht bei Oestergarn kam, das zwar nicht entscheidend war, für die deutsche Seite aber doch unangenehme Verluste brachte1).
ff) Maßnahmen der Russen.
Die Aufgabe der nördlich des Njemen eingesetzten, nach und nach verstärkten russischen „Riga - Schaulen - Grupp e"2) war gewesen, den Deutschen das Vordringen im Küstengebiet, vor allem gegen Riga, zu verwehren, das mit 400 000 Einwohnern und einer für russische Verhältnisse reich entwickelten Industrie politisch und wirtschaftlich von Bedeutung war. Sie schützte damit gleichzeitig den Weg nach Petersburg. Als der deutsche Vorstoß Ende April begann, wurde der Riga-Schaulen-Gruppe als Verstärkung Kavallerie zugeführt, dann auch Infanterie, und schließlich wurde, dem Anwachsen der Kräfte entsprechend, ebenso wie auf deutscher Seite ein besonderes Armee-Oberkommando nördlich des Njemen eingesetzt.
Ein bewährter Armeeführer, General P l e h w e, erhielt am 5. Juni den Befehl über die nunmehr zur „5. Armee" zusammengefaßten Truppen, zu dieser Zeit insgesamt 8y2\Infanterie-, 7 Kavallerie-Divisionen«) und Festung Dünamünde. Die Armee, die in den nächsten Wochen noch um 31/2 Divisionen verstärkt wurde, sollte „mit verhältnismäßig schwachen Kräften ein möglichst großes Gebiet gegen die Ausnutzung durch den Gegner schützen" und ihn, wenn möglich, allmählich zurückdrängen.
Mitte Juni standen etwa 51/2 deutsche gegen mehr als 13 russische Divisionen, ferner fünf gegen acht Kavallerie-Divisionen. Cs war der deutschen Führung gelungen, bei geringem eigenen Einsatz weit überlegene Kräfte des Gegners vom Hauptkriegsschauplatz abzuziehen und ihnen insgesamt etwa 40 000 Gefangene abzunehmen1). Die Kämpfe wurden von beiden Seiten in großer Breite und ohne ausgesprochenen Schwerpunkt geführt. Auf russischer Seite hat General Alexejew, der Oberbefehlshaber der Nordwestfront, diese Art der Kampfführung scharf verurteilt und ihr die Schuld am Ausbleiben eines Erfolges zugeschrieben. Auf deutscher Seite hat sich der Oberbefehlshaber Ost am 7. Juni ähnlich ausgesprochen«). Ob aber angesichts der gewaltig angewachsenen russischen
0 Seekrieg, Ostsee, Band II, S. 173 ff.
2) S. 113.
8) HI-, XIX., XXXVII. Korps, 6. I. D., 1. saut. u. 3. turk. Sch. Br., selbst. I. Br. XIII. — 2., 3., 4., 5., 15. K. D., 2. Kub. Kos. D., 4. selbst. K. Br. und Hss. Reit. Br., zwei Ldw. Br.
4) S. 124. — 5) S. 126.
9*
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Die Front des Oberbefehlshabers Ost bis zum 2. Juli.
Übermacht bei schärferer Zusammenfassung der deutschen Kräfte Entscheidendes oder auch nur wesentlich Besseres erreicht werden konnte, steht dahin. Cs zeigte sich immer wieder, daß die Stoßkraft der eingesetzten Truppen nicht ausreichte zu Schlägen, die rasch in die Tiefe durchdrangen. Gestützt auf seine Eisenbahnen konnte der Gegner seine Truppen verhältnismäßig rasch verschieben, bequem versorgen und rechtzeitig die bedrohten Stellen stützen, während auf deutscher Seite jeder Mann, jede Granate und jede Verpflegungsportion von der deutschen Bahn etwa 100 Kilometer Landweg zurückzulegen hatte, um an die Front zu kommen.
Z. Ereignisse bei der 9. Armee, Armee-Gruppe Gallwiy und 8. Armee im Mai und Juni.
Karten 5 und 6, Skizze 12.
Anfang Mai. Nach dem Siege von Gorlice und dem deutschen Einbruch in das Gebiet nördlich des Njemen hatte man bei der 9. A r m e e1) mit gespanntester Aufmerksamkeit auf den Augenblick gewartet, wo sich diese Erfolge auch an der weit nach Westen vorspringenden Russenfront westlich der Weichsel auswirken würden. Eifrigste Lufterkundung, Patrouillentätigkeit und Über-wachung des feindlichen Funkenverkehrs ergaben jedoch nur das Bild vermehrter Bewegungen hinter den Stellungen bis zur Weichsel und boten keinen Anhalt dafür, daß der Gegner etwa zurückgehen wolle oder seine Front auch nur wesentlich schwäche. Er hielt seine Kampfstellungen nach wie vor besetzt. Einen starken Tagemarsch hinter diesen hatten Flieger bei Grojec und Vlonie seit langem stark ausgebaute rückwärtige Anlagen erkannt, die die Annäherung gegen die Weichsel und gegen Warschau verwehrten und nordwärts Anschluß an die große Festung Nowogeorgiewsk hatten.
Anfang Mai wurde der Abtransport einer russischen Division^) bekannt. Die zur Aufstellung eigener neuer Divisionen nötigen Abgaben hielten dem, was der Gegner etwa herauszog, zum mindesten die Waage. Die Frage, ob man nicht selbst zum Angriff übergehen könne, wurde verneint, da die Kräfte zu einer großen Offensive nicht ausreichten, kleine örtliche Erfolge aber die auch dabei unvermeidlichen Opfer nicht lohnen würden. Vor allem fehlte es an Munition, da der Nachschub wegen des Mehrbedarfs anderer Fronten aufs äußerste eingeschränkt worden war. i2.bi8te.9Rot. Am 12. Mai hatte sich der Erfolg in Galizien so weit ausgewirkt, daß der Gegner auch vor der Armee-Abteilung Wohrsch^) zu
!) S. 103 f. «. 106. — 2) 13. sib. Div. nach Galizien. — 3) Band VII, S. 434.
Lage westlich der Weichsel und Vorbereitungen zum Gasangriff.
133
weichen begann. Am folgenden Tage näherte sich deren linker Flügel südlich der Pilica dem Stellungsvorsprung der 9. Armee nördlich des Flusses.
Die dadurch frei werdende 29.Landwehr-Brigade wurde vom Oberbefehlshaber Ost sofort für die Kämpfe am Njemen beansprucht').
Am 14. Mai wurde das als Gastruppe soeben neu aufgestellte Pionier-Regiment 36 der 9. Armee zur Verfügung gestellt. Ihr Stellungsabschnitt schien für das Gasabblasen besonders geeignet, da er die Front gegen Osten hatte, was der vorherrschenden Windrichtung entsprach, und da die Entfernung bis zu den feindlichen Gräben geringer war als an den übrigen Teilen der Ostfront. Die mit dem neuen Kampfmittel soeben vor Apern gemachten Erfahrungen^) ließen bei gutem Winde solche Wirkung erwarten, daß das Armee-Oberkommando hoffte, die russischen Stellungen nunmehr glatt durchstoßen zu können. Bei Z)pern schienen nur die Kräfte gefehlt zu haben, um den überraschend günstigen örtlichen Erfolg auszunutzen. Bei der 9. Armee wollte man jetzt insgesamt 2yz Armeekorps zu dem Unternehmen einsetzen; es fragte sich nur noch, wo der Stoß geführt und welches Ziel ihm gegeben werden sollte.
Am 16. Mai war der Nordflügel der Armee-Abteilung W o y r s ch aus gleiche Höhe mit dem bei Domaniewice auf dem Nordufer der Pilica stehenden rechten Flügel der 9. Armee vorgekommen. Die gleichzeitige Linksschwenkung, die jene Armee hinter dem weichenden Feinde vollzogen hatte, war aber einstweilen doch nur bis in die Verlängerung der 9. Armee nach Südsüdosten gelangt; eine Umfassung des Gegners im Raume westlich der Weichsel also noch nicht erreicht. Immerhin trat ein allgemeiner Rückzug der Rüsten aus diesem Gebiete in den Bereich der Möglichkeit. In solchem Falle wollte der Oberbefehlshaber Ost die 9. Armee jetzt nicht nachdrängen lassen, sondern Truppen herausziehen, um sie am Njemen zu verwenden, wo der Gegner zu dieser Zeit anscheinend mit starken Kräften angrifft), man vermutete, zur Entlastung einer etwa in Westpolen geplanten Rückzugsbewegung. Hier aber stand der Feind einstweilen noch.
Am 18. Mai meldete die 9. Armee, daß sie die Gasflaschen in demi8.vtsrr.Mai. schon so oft und heiß umstrittenen Raume östlich der Nawka bei Humin, im Abschnitt des XVII. Armeekorps einbauen wolle. Angesichts der hohen Erwartungen, die man an die Wirkung des Gases knüpfte, und zur Wahrung der Überraschung wollte man auf artilleristische Angriffsvorbereitungen verzichten. Bei günstigem Winde sollte das Gas am 23. Mai morgens abgeblasen und, wenn alles gut ging, im Anschluß daran mit
!) S. 120. — 2) S. 35 ff. — 8) S. 120.
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Die Front des Oberbefehlshabers Ost bis zum 2. Juli.
2 y2Armeekorps auf Vlonie durchgestoßen werden. Demgegenüber bestimmte der Oberbefehlshaber Ost, daß es auf „Nachdrängen bis zur Vlonie-Stellung" weniger ankomme als darauf, „durch Nachstoßen in südöstlicher Richtung einen möglichst großen taktischen Erfolg zu erzielen". Beim Angriff war dem XVII. Armeekorps der Hauptstoß zugedacht, je eine Division der Nachbarabfchnitte sollte sich rechts und links anschließen. An Reserven hielt das Armee-Oberkommando eine Infanterie-Division und eine Kavallerie-Vrigade bereit. Die Armee-Gruppe G a l l w i h erhielt Weisung, durch eigene Unternehmungen den Feind zu binden, damit er keine Reserven an die Durchbruchsstelle schicken könne.
Am 22. Mai waren die Vorbereitungen abgeschlossen, der Angriff mußte aber wegen Ostwindes verschoben werden. z».«ndsi.Mat. Erst am Nachmittage des 30. Mai ließ die Wetterlage mit günstigem Wind für die kommende Nacht rechnen. Die Bereitstellung zum Angriff wurde besohlen; gegen 12 000 Gasflaschen waren eingebaut. Von 52 bei der Armee befindlichen schweren Batterien standen etwa 20 zur Wirkung in den im ganzen zwölf Kilometer breiten Angriffsraum bereit. General-feldmarschall Prinz Leopold begab sich auf den Gefechtsstand westlich von Volimow. Am 31.Mai, um 245 früh, wurde das Gas abgeblasen; die Wolke bewegte sich gegen die russischen Stellungen. Eine halbe Stunde später aber meldete das XVII. Armeekorps, das Gas sei anscheinend zu schnell über den Gegner hinweggegangen, Handgranatentrupps seien wegen russischen Feuers liegengeblieben. Um vorgehen zu können, forderte die Infanterie gründliche Artillerievorbereitung. Das Armee-Oberkommando ließ den Angriff einstellen. Die Erwartungen waren enttäuscht worden. Noch am 28. Mai hatte die Oberste Heeresleitung in anderem Zusammenhange4) dem Oberbefehlshaber Ost gegenüber geäußert: „Um unsere Operationen gegen Warschau vorzutragen, werden die an Vzura und Rawka jetzt stehenden Kräfte ausreichen, wenn das Gasmittel einigermaßen hält, was man nach den bisherigen Leistungen von ihm erwarten darf." Cs hatte aber bei weitem nicht die Wirkung gehabt, die die Truppe nach den ihr übermittelten Erfahrungen erhofft hatte. Sie war nur mit sehr unvollkommenen Gasschuhmitteln ausgestattet und hatte daher bei 374 Mann Gesamtverlust 56 Gaskranke. Man hielt es für möglich, daß die Russen vorher gewarnt seien und Schutzmittel angewandt hätten. Den Hauptgrund für das Versagen des noch wenig erprobten Kampfmittels sah man aber darin, daß starker, stoßweiser Wind die durch zu langsames Abblasen an sich schon nicht genügend dichte Gaswolke hoch-
Die Gasangriffe der 9. Armee.
135
gerissen und gerade über die vordersten feindlichen Gräben zu schnell Hinweggetrieben habe1).
Der Oberbefehlshaber Ost hielt es in Übereinstimmung mitl.bisu.I««i. der Ober st en Heeresleitung für zweckmäßig, den Gasangriff möglichst bald zu wiederholen; etwa bis zum 7. Juni konnten wieder gefüllte Flaschen bereitstehen; das Ziel sollte sein, dem Feinde möglichst viel Verluste zuzufügen. Am einem nochmaligen Mißerfolg vorzubeugen, erwirkte er die Zuweisung reichlicher Munition, um die Gaswirkung nötigenfalls ergänzen zu können. Das Armee-Oberkommando 9 wies seine Divisionen darauf hin, daß vom Gas „nicht der ganze Erfolg erwartet werden darf und daß der Weg zum Siege am sichersten durch die entschlossene Initiative der Führer aller Grade und die todesverach-tende Tapferkeit der Truppe gebahnt wird". Der Einsah der Gasflaschen wurde auf einen drei Kilometer breiten Raum an der Suchn, unmittelbar an ihrer Einmündung in die Bzura, beschränkt. Nachdem inzwischen die 22. Infanterie-Division an die Front in Galizien abgegeben war2), sollte General von Pannewih nur mit dem XVII. Armeekorps und % 5. Reserve-Division von der Gruppe Veseler den Angriff führen. Am für das Abblasen günstige Vorbedingungen zu schaffen, waren aber noch erhebliche Sappenarbeiten nötig, so daß sich die Durchführung um einige Tage verschob.
Am 12. Juni, um 330 früh, nach längerem Wirkungsschießen der 12.Juni. Artillerie, gab General von Pannewih den Befehl zum Abblasen des Gases, nahm ihn aber wegen Änderung der Windrichtung fünf Minuten später wieder zurück. Inzwischen waren von den eingebauten Gasflaschen etwa 4500, ein gutes Drittel, bereits entleert. Troh dieser Anstimmig-keiten hatte das Anternehmen Erfolg. Vis zum Mittag war Infanterie des XVII. Armeekorps und der 5. Reserve-Division im Sucha— Vzura-Winkel aus sechs Kilometer Breite in die feindliche Stellung eingebrochen und bis zu drei Kilometern vorwärtsgekommen. 1660 Gefangene, acht Geschütze und neun Maschinengewehre wurden eingebracht. Bei eigenem Gesamtverlust von 1100 Mann zählte man aber wiederum etwa 350 Gaskranke. Der moralische Eindruck bei den Russen schien jedoch
1) Rach Aussage eines später eingebrachten Gefangenen sollen die Russen 1200 Tote und 3100 Mann sonstige Gasverluste gehabt haben; andere Aussagen nannten noch höhere Zahlen.
2) S. 123.
156
Die Front des Oberbefehlshabers Ost bis zum 2. Juli.
groß gewesen zu sein; sie waren geflüchtet, als sie die Gaswolke kommen sahen1).
Auf die Meldung über das Ergebnis fragte der Oberbefehlshaber O ft noch am 12.Juni abends nach den weiteren Absichten und stellte dabei zur Wahl: entweder nachdrückliche Fortsetzung des Angriffs oder Bereitstellung starker Kräfte zum Abtransport, wobei er an Verwendung nördlich des Njemen dachte. Nachdem sich die 9. Armee für Fortsetzung des Angriffs ausgesprochen hatte, beschränkte der Oberbefehlshaber Ost ihre Abgaben auf die 8. Kavallerie-Division^) und befahl, den Angriff „kraftvoll fortzusetzen". Gas sollte aber künftig nur noch bei wirklich günstigem Winde abgeblasen werden.
iz.btsZo.J>»ni. Generalfeldmarschall Leopold Prinz von Bayern beabsichtigte, die bisherige Cinbruchsstelle nach Süden bis Humin zu erweitern. Daß der Gegner laut Gefangenenaussage etwa zwei neue Divisionen in den angegriffenen Abschnitt herangeführt habe, war vom Standpunkt der Gesamtlage an der Ostfront zu begrüßen. Es beeinflußte auch nicht den Entschluß der 9. Armee. Sie wollte den Angriff unter Ausnutzung des Gases weiterführen, von dessen Wirkung sie jetzt doch einen so günstigen Eindruck gewonnen hatte, daß sie auf einen möglicherweise noch größeren Erfolg als am 12. Juni rechnete. Am 17. und ebenso am 19. Juni mußte aber die bereits eingenommene Bereitstellung zum Angriff wegen Umschlagens des Windes wieder aufgegeben werden. Das Warten auf den Wind mit gefüllten Gasflaschen im Schützengraben wurde für Offizier und Mann eine harte Probe.
Nachdem am 22. Juni Lemberg genommen war"), rechnete der O b e r -befehlshaberOst mit der Möglichkeit weiteren Rückzuges der Russen auch in Westpolen; die 9. Armee sollte sie zunächst durch vermehrtes Artillerieseuer in Atem halten. Während die Russen dann am 24. Juni vor dem rechten Flügel der Armee-Abteilung Woyrsch und der südlich anschließenden ö.-u. 1. Armee weiter zurückgingen1), blieben sie vor der Hauptfront des Generalobersten von Woyrsch und vor der 9. Armee doch noch stehen. Sie hielten damit westlich der Weichsel auch jetzt noch eine Linie, die in ihrem Gesamtverlauf von Flza über Domaniewice auf Socha-
1) Das bisher dort stehende VI. sib. Korps ist bald darauf herausgezogen worden. Dazu heißt es am 3. Juli im Kriegstagebuch des Oberbefehlshabers Ost, es scheine durch den Gasangriff doch so gelitten zu haben, daß es für taktische Verwendung zunächst nicht mehr in Frage komme. Tatsächlich ist es aber an die Kampffront bei
Lublin befördert und dort bereits vom 5. Juli an wieder eingesetzt worden.
2) S. 130. — -°) S. 234. — *) S. 254.
Schwächung der 9. Armee. — Armee-Gruppe Gallwih und 8. Armee. 137
czew einen nur wenig westwärts gewölbten Bogen darstellte und daher kaum wirksam umfaßt werden konnte. Da diese Linie außerdem immer noch etwa 60 Kilometer von der Weichsel entfernt lag und die starken Ausnahmestellungen von Grojec, Vlonie und Rowogeorgiewsk hinter sich hatte, bot sich kaum irgendwelche Aussicht auf entscheidende Erfolge westlich des Stromes. Die Ober st e Heeresleitung empfahl daher nach abermaliger vergeblicher Bereitstellung zum Gasangriff am 28. Juni, am folgenden Tage „rücksichtslose" Schwächung4) der 9. Armee. Der Oberbefehlshaber Ost ordnete die Abgabe eines Armeekorps an, sobald die Armee-Abteilung Woyrsch weiter Raum gewinne. Wenn die Abgabe von dieser Voraussetzung abhängig gemacht und auch jetzt noch auf ein Armeekorps beschränkt wurde, obgleich in der Front der Armee neben anderen drei aktive und drei Reserve-Divisionen standen, so schwebte der Führung jetzt ein anderer Gedanke vor als Mitte Mat2); sie wollte dem erwarteten allgemeinen Rückzüge der Russen auch mit Teilen der 9. Armee in breiter Front folgen, ähnlich wie die von der Obersten Heeresleitung angesetzte Armee-Abteilung Woyrsch2). Andere Teile wollte der Oberbefehlshaber Ost für später, für die über Kowno geplante Offensive in der Hand behalten, wobei er besorgt war, daß sie, sofort herausgezogen, wahrscheinlich von der Obersten Heeresleitung für Zwecke beansprucht werden könnten, die ihm weniger dringlich erschienen. Als dann Generaloberst von Woyrsch bereits am 30. Juni mitteilen ließ, daß der Gegner vor seinem rechten Flügel weiche, wurde das XVII. Armeekorps herausgezogen.
Llber seine Verwendung schwebten noch Erwägungen.
Wesentlich stiller als bei der 9. Armee waren die Monate Mai und Mar«»dJ>»«t. Juni bei der Armee-Gruppe G a l l w i tz und der 8. Armee verlaufen, die durch Abgaben für die 10. und Rjemen-Armee und für neuzubildende Divisionen immer mehr geschwächt wurden4). Als Anfang
1) Insgesamt waren außer den neuaufgestellten Verbänden seit Mitte April abgegeben worden: 6. R. D. an Armee-Gruppe Lauenstein, 29. Ldw. Vr. an 10. Armee, 22. I. D. an Oberste Heeresleitung, 8. K. D. an Rjemen-Armee. In der Front standen unter anderem noch: 35., 36. u. 38.1. D. und 5., 49. u. 50. R. D.
2) S. 133. — 3) So vermutet General Ludendorff in einer Zuschrift vom De-
zember 1931 an das Reichsarchiv. Sonstige Nachrichten fehlen.
4) S. 104 u. 106. — Cs wurden abgegeben: von Armee-Gruppe Gallwitz Ende Mai 9. Ldw. Br. an 10. Armee, 2. K. D. an Rjemen-Armee, Ende Juni 3.1. D. bereit zur Abgabe; — von 8. Armee Ende April Teile der 4. K. D. an Armee-Gruppe Lauenstein und ö.-u. Front; im Mai etwa eine verst. Vr., Ende Juni 41. I. D. an Rjemen-Armee.
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Die Front des Oberbefehlshabers Ost bis zum 2. Juli.
J»ni. Juni Przemsyl wieder genommen war, der Angriff beiderseits des Njemen Fortschritte machte und der neue Gasangriff der 9. Armee bevorstand, hatte der Oberbefehlshaber Ost aber auch der Armee-Gruppe Gallwitz und der 8. Armee offensive Unternehmungen befohlen, um den „Feind festzuhalten und ihm dabei Abbruch zu tun". Sie brachten der Armee-Gruppe Gallwih bis Ende des Monats Juni neben einigem Geländegewinn insgesamt an 1500 Gefangene, aber auch erhebliche eigene Verluste. Bei der 8. Armee war der Gewinn noch geringer. Auch war es nicht gelungen, den Abtransport feindlicher Kräfte zu hindern. Im ganzen haben die Russen an der ostpreußischen Südfront im Juni fünf, in der ganzen Zeit seit Anfang Mai sogar 15 Divisionen Infanterie herausziehen und an andere Fronten abbefördern können.
B. Der Gommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
I.Die Erzwingung des San-Überganges bei Iaroslau vom J4. bis 20. Mai.
Karten 5 und 6, Skizzen 13 und 15.
Nach der von den Generalstabschefs der verbündeten Heere am 12.Mai in Pleß getroffenen Vereinbarung^) sollte die Verfolgungsoperation in Galizien zunächst bis an die San — Wisznia-Linie sowie gegen den oberen D n i e st e r fortgeführt werden. Cs war zu erwarten, daß hierbei noch starker Widerstand des Feindes zu überwinden sein würde. Waren diese Abschnitte fest in die Hand genommen, so sollte das weitere Verfahren auf dem galizischen Kriegsschauplatz vom Verlaufe der Dinge auf dem Ostflügel abhängig gemacht werden. Diesem kam im Hinblick auf die unsichere Haltung Rumäniens besondere Bedeutung zu. Gelang es schon durch das Vorgehen des rechten Flügels der ö.-u. 2.2lrmee und der deutschen Südarmee südlich des Dniester die in Ostgalizien und der Bukowina gegen die ö.-u. 7. Armee gerichtete russische Offensive zum Stillstand zu bringen, so wollte man sich auf das Halten des San—Wisznia—Dniester-Abschnitts beschränken. In diesem Falle beabsichtigte General von Falkenhayn, die 11. Armee zu anderweitiger Verwendung herauszuziehen und der ö.-u. Heeresleitung zu überlasten, ob und inwieweit sie noch mit ihren eigenen Truppen (einschließlich der deutschen 47. Reserve-Division und des Ves-kidenkorps) verfolgen wollte. Erwies sich hingegen der entlastende Druck der aus der Karpaten-Front vordringenden Armeen nicht als ausreichend, um in Ostgalizien und in der Bukowina einen entscheidenden Umschwung der Lage herbeizuführen, so war die Fortführung der Operation über den San und Dniester hinaus in Aussicht genommen, bei der der rechte Flügel der 11. Armee die Richtung auf Lemberg einschlagen sollte. General von Falkenhayn sah in solcher Entwicklung eine erwünschte Gelegenheit, den Russen, falls sie standhielten, nochmals einen ihre Offensivkraft auf lange Zeit lähmenden Schlag zu versetzen. Der ö.-u. Generalstabschef hielt für diesen Fall, wie er am 14. Mai an General von Falkenhayn schrieb, sogar „die energische gemeinsame Fortführung des Krieges gegen Rußland für geboten, mit dem Mindestziel der Wiedergewinnung des Gebietes
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
13. Mai.
der Monarchie und des als Kompensation für die Gebietsabtretungen an Italien uns zu überlassenden Gebietes Russisch-Polens am linken Weichsel-Ufer". Allerdings unterlag der Gedanke, die Operation in dieser Weise fortzuführen, dem durch die politische Lage bedingten Vorbehalt, daß der Eintritt Italiens in den Krieg und die nicht vorauszusehenden Wirkungen dieses Ereignisses aus die Haltung Rumäniens und Bulgariens völlig andere Entschließungen notwendig machen konnten.
Für alle Fälle bestand also das n ä ch st e Operationsziel in Galizien, das ohne Rücksicht auf die im Schoß der Zukunft ruhenden politischen Gefahren verfolgt werden sollte, in der Erreichung und Sicherung des San—Wisznia—Dniester-Abschnittes.
Der Hauptstoß sollte wiederum von der 11. Armee1) ausgehen und sich gegen den „San abwärts Przemysl"8) richten.
Aus aufgefangenen Funksprüchen wußte man, daß an diesem Abschnitt die russische 3. Armee des Generals Radko Dmitrijew wieder Front gemacht hatte8). Das XII. Korps stand in und nördlich der Festung Przemysl. Weitere San-Vrückenköpfe waren beseht, bei Radymno durch das XXI., bei Iaroslau durch das XXIV. und bei Sieniawa durch das III. kaukasische Korps. Auf die nördlich anschließende San-Front und in den San—Weichsel-Winkel südöstlich von Sandomierz waren das X. und IX. Korps zurückgegangen. Das XV. Korps befand sich im Antransport dorthin. Südlich anschließend an die 3. stand die russische 8. Armee des Generals Brussilow in der Linie Przemysl—Dobromil und sperrte weiterhin die nach Nordosten auslaufenden Karpaten-Täler. Nördlich der Weichsel hatte die russische 4. Armee des Generals Cwert ihren Südflügel weiter bis in die Gegend von Sandomierz zurückgebogen.
Der Aufmarsch der gegen diese neue feindliche Front angesetzten Armeen hatte sich am 13. Mat4) planmäßig vollzogen. Generaloberst von Mackensen gab um 6° abends den Angriffsbefehl für die ihm unterstellten beiden Armeen aus: „Die 11. Armee geht durch und beiderseits Iaroslau über den San. Die 4. Armee8) geht im Anschluß links über den
1) 11.Armee bestand aus: Gardekorps (1. und 2. G. I. D.), X.A.K. (19., 20. I. D.), XXXXI.R.K. (81., 82. R. D.), 11. bayer. Z. D., 56. I. D., 119. I. D., ö.-u. VI. Korps (ö.-u. 12., ung. 39. 3• D.).
2) Band VII, S. 426.
®) Band VII, S. 425.
4) Band VII, S. 426, 427.
°) Ö.-u. 4. Armee bestand aus: IX. Korps (ö.-u. 10., öst. 106. I. D.), XIV. Korps
(ö.-u. 3. und 8. I. D.), Korps Kirchbach (deutsche 47. R. D., ö.-u. komb. Div. Stöger-
Steiner), öst. 21. I.D., ung. 37. und 41. I. D., ung. 1.23r. Szende, ung. U.K. D.,
ö.-u. 14 2. K. D.
Aufmarsch gegen den San.
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Fluß und sichert die linke Flanke der 11. Armee." Man mußte nach den vorliegenden Nachrichtens mit hartnäckigem Widerstände rechnen. Daher wollte Generaloberst von Mackensen den Angriff planmäßig führen. Vom 14. bis 16. Mai sollten die Erkundungen, der Aufmarsch sowie das Cin-schießen der Artillerie stattfinden und am 17. Mai der Sturm durchgeführt werden. Dies war der früheste Zeitpunkt, der mit Rücksicht auf die Schwierigkeiten des Nachschubes3) gewählt werden konnte. Der Schwerpunkt des Angriffs der 11. Armee lag beiderseits von Iaroslau, wo das ö.-u. VI. und das Gardekorps auf schmalem Raume angesetzt wurden, mit der 56. Infanterie-Division als Armeereserve dahinter. Am möglichst starke Kräfte, auch das XXXXLReservekorps, zu dem entscheidenden Angriff gegen die San-Linie heranziehen zu können, wurde die Deckung gegen Przemysl dem neugebildeten Korps Kneußl (11. bayerische und 119. Infanterie-Division) übertragen. Dem nördlich der Garde vorgehenden X. Armeekorps fiel neben der Mitwirkung am Angriff in der Richtung auf die Lubaczowka-Mündung der Schutz gegen den russischen Brückenkopf von Sieniawa zu.
Der durch Flieger am Nachmittage des 13. Mai festgestellte Abmarsch starker feindlicher Kolonnen nach Osten ließ es im Gegensatz zu den bisherigen Vermutungen zweifelhaft erscheinen, ob die Russen noch nachhaltigen Widerstand am San leisten würden. Daher wies das Armee-Oberkommando auch darauf hin, daß „keinesfalls die Gelegenheit versäumt werden dürfe, dem abziehenden Gegner unmittelbar zu folgen und so vielleicht den Abschnitt ohne große Opfer zu bekommen". Das bisherige schnelle Zeitmaß der Operationen sollte in diesem Falle auch weiter gewahrt werden.
Die rechts benachbarte ö.-u. 3. Armee3) setzte ihren linken Flügel zum Angriff gegen die West- und Südfront von Przemysl an. Ihr rechter Flügel, das deutsche Veskidenkorps des Generals der Kavallerie von der Marwitz, sollte über Dobromil auf Mosciska vorrücken, um die rückwärtigen Verbindungen der Festung zu durchschneiden.
Die ö.-u. 2. A r m e c4) hatte den Vormarsch über die Linie Chyrow— Sambor—Horodyszcze fortzusetzen.
Am 14. Mai gelangten die Bewegungen der ö.-u. 3. und der 11. Armee l4.Ma«. in den unmittelbaren Wirkungsbereich der Festung Przemysl. Damit
i) Band VII, S. 425.
-) Band VII, S. 428.
3) ö.-u. 3. Armee bestand aus: VII. Korps (ö.-u. 17., ung. 20.3.®.), X. Korps (ö.-u. 24., öst. 45. 3. D.), XVII. Korps (ö.-u. 2. und 11., oft. 26. 3- D.), ung. 1. Ldst.
Huf. Br., ö.-u. 1. und 4. K. D., deutsches Veskidenkorps (4.3- D., 25. R. D., 35. R. D.).
4) ö.-u. 2. Armee bestand aus: V. Korps (öst. 13., ö.-u. 14. u. 33.3- D.),
XVIII. Korps (ö.-u. 9., öst. 43. u. 44. 3. D.), IV. Korps (ö.-u. 27., 31. und 32., ung. 51. 3. D), XIX. Korps (ö.-u. 29. u. 34. 3- D.).
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
konnte diese auf den weiteren Verlauf der Dinge erheblichen Einfluß gewinnen. Allerdings hoffte das Oberkommando der 3. Armee, die Südwestfront der Festung im Handstreich nehmen zu können, und auch das Oberkommando der 11. Armee wurde durch neue Fliegermeldungen in der Frühe des 14. Mai in der Auffassung bestärkt, der Feind würde nicht nur die San-Linie, sondern auch Przemysl ausgeben.
Zur Deckung der Südflanke der angreifenden 11. Armee gegen die Festung wurde die 119. Infanterie-Division des Generalmajors von Vehr unmittelbar nördlich des San bis westlich von Korytniki vorgezogen. Vor ihrer Front befanden sich noch Abteilungen der ö.-u. 3. Armee. Die 11. bayerische Infanterie-Division unter Generalmajor Ritter von Kneußl gewann die Ostausgänge des Wald- und Verggeländes nordwestlich von Przemysl. Das XXXXI. Reservekorps erreichte im Vormarsch auf Radymno die Linie Kaszyce—Chlopice—Morawsko. Der Feind hielt über den Festungsbereich vorgeschobene Vefestigungs-gruppen und anscheinend vorbereitete Stellungen im Hügelland westlich der Rada und vorwärts Ostrow besetzt. Die zum Hauptangriff auf Iaroslau angesetzten beiden Korps gingen abschnittsweise vor. Das ö.-u. VI. Korps hatte frühzeitig festgestellt, daß der Feind das Höhengelände südlich von Iaroslau und das Schloß südwestlich der Stadt stark beseht hielt. Feld-marschalleutnant von Arz wollte seine Divisionen unter dem Schuhe der Dunkelheit an diesen Feind heranführen, um ihn dann morgens überfallartig anzugreifen. Das Korps stieß auf starke Abwehr. Cs gelang nur dem rechten Flügel im Anschluß an das XXXXI. Reservekorps bis über Morawsko hinaus vorwärtszukommen. Im übrigen entbrannten auf der ganzen Angriffsfront heiße Kämpfe, die bis zum Abend nicht zur Entscheidung führten. Das Gardekorps war unter dem sich verstärkenden Eindruck einer nur schwachen Besetzung von Iaroslau allmählich näher an den Feind herangegangen. Als dann gegen Mittag der Führer der 2. Garde-Infan-terie-Division, Generalleutnant von Winckler, meldete, Iaroslau werde anscheinend geräumt, befahl der Kommandierende General, General der Infanterie Freiherr von Plettenberg, daß beide Divisionen, falls der Gegner keinen starken Widerstand leiste, sich in Besitz der San-Linie setzen sollten. Indessen auch der Angriff der 2. Garde-Infanterie-Division gegen Iaroslau traf wider Erwarten auf starken Feind. Das Vorgehen litt zudem unter der flankierenden Feuerwirkung vom Schloß Iaroslau her, das die Verbündeten trotz Einsatz von Unterstützungen der 2. Garde-Infanterie-Division dem Feinde nicht entreißen konnten; noch westlich der Stadt kam die Vorbewegung zum Stehen. Die 1. Garde-Infanterie-Division unter Führung des Obersten Eitel Friedrich Prinz von Preußen warf russische Postierun-
Der Angriff auf Iaroslau.
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gen über einen toten San-Arm nördlich von Iaroslau zurück und konnte dann erst gegen Abend mit ihrem rechten Flügel gegen die Nordfront der Stadt durchdringen.
Der Kommandierende General des L. A r m e e k o r p s, General der Infanterie von Cmmich, hatte unter dem Eindruck, daß der Feind den Rückzug fortsetzte, um llso vormittags der vorerst allein verfügbaren 19. In-fanterie-Division — die 20. befand sich im Marsch nach Lancut — die Verfolgung befohlen. Sie sollte mit Vortruppen die Vrückenstelle bei Nie-lepkowice erreichen. Da indessen feindlicher Widerstand bei Wola Vuchowska das Vorgehen in der linken Flanke bedrohte, entschloß sich Generalleutnant Hofmann, die Hauptkraft seiner Division zunächst hiergegen anzusetzen. Zu ernstem Gefecht kam es am Abend nicht mehr.
Angesichts der Entwicklung, die die Kämpfe am 14. Mai in der Mitte und auf dem linken Flügel der 11. Armee genommen hatten, kam das vom Oberkommando vorgesehene planmäßige Angriffsverfahren nicht mehr in Betracht. Andererseits hatte sich aber auch der Eindruck verstärkt, daß das östliche San-Üfer nicht mehr durch einen Überraschungserfolg zu gewinnen sei. Vielmehr war auch weiterhin mit Kämpfen noch diesseits des San zu rechnen.
Vor der ö.-u. 4. Armee war der Feind hinter den unteren Wislok und den San oberhalb von Krzeszow ausgewichen. Der rechte Flügel, auf dem der operative Schwerpunkt lag, erreichte kampflos den San unterhalb der Wislok-Mündung. Auch die Heereskavallerie (% 2. und 11. Kavallerie-Division) wurde dorthin gezogen. Der linke Armeeflügel schwenkte zur Sicherung der Flanke gegen eine im Waldgelände des San—Weichsel-Winkels südöstlich von Sandomierz erkannte feindliche Stellung ein.
Die ö.-u. 3. Armee gelangte mit ihrem linken Flügel noch nicht an die Stellungen des Festungsbereichs heran. Auf ihrem rechten Flügel erreichte das Veskidenkorps in der Verfolgung Dobromil. Die ö.-u. 2. Armee gewann die Karpaten-Ausgänge beiderseits von Stary Sambor.
Am 15. Mai schob die 119. Infanterie-Division Sicherungen gegen die Nordwestfront von Przemysl vor. Damit wurde die 11. bayerische Infanterie-Division für den unmittelbaren Flankenschutz des nunmehr ebenfalls zum Angriff gegen den San schreitenden XXXXJ.Reservekorps frei; sie ging gegen den Rada-Vach vor.
Erkundungen ergaben, daß die an die Festung anschließende Rada-Stellung und auch die weiter nördlich um Ostrow gruppierten Stellungen stark besetzt waren. Gegen diese war das XXXXI. Reservekorps in den Vormittagsstunden zum Angriff mit dem Ziel Radymno—Tuczepy angesetzt worden. Cs gelang jedoch nur dem rechten Flügel und der Mitte des
15. Mai.
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
Korps, bis zum Abend an die feindliche Hauptstellung heranzukommen. Der linke Flügel mußte gegenüber Vorstellungen auf Morawsko zurückgebogen bleiben, da hier der Südstügel des benachbarten ö.-u. VI. Korps festlag. Für dieses kam es darauf an, zunächst die beherrschenden Höhen um 264, den Schlüsselpunkt des Brückenkopfes von Iaroslau, zu Fall zu bringen. Das gelang erst um 6° abends. Hierdurch ausgelöste erbitterte Gegenangriffe des Feindes verhinderten zwar eine volle Ausnutzung dieses Erfolges, nach Norden wirkte er sich jedoch dahin aus, daß am späten Abend das Schloß Iaroslau dem Ansturm der inneren Flügel des VI. und Gardekorps erlag und damit zugleich die Bedrohung der Flanke und des Rückens der 2. Garde-Infanterie-Division beseitigt wurde. Das Gardekorps hatte erst am Nachmittage nach ausgiebiger Artillerievorbereitung gegen den vom Ostufer her verstärkten Feind zum Angriff schreiten können. Während die Hauptkräfte der 2. Garde-Infanterie-Divi-sion wegen der ständigen Bedrohung von Süden her auf ihrem rechten Flügel gegen die Westfront von Iaroslau nur hinhaltenden Kampf führten, sollte die 1. Garde-Infanterie-Division von Norden her zu entscheidender Umfassung auf Iaroslau angesetzt werden. Dieser Stoß des rechten Flügels der 1. Garde-Insanterie-Division, dem sich der linke Flügel der 2. Garde-Jnfanterie-Division anschloß, hatte zunächst gute Fortschritte gemacht, lief dann aber in Iaroslau fest. Hier war, als am Abend Schloß Iaroslau fiel, die Angriffsstont bereits erstarrt. Nur der linke Flügel der 1. Garde-Infanterie-Division warf den Feind über den San zurück und erreichte den breiten und tiefen Hauptarm des Flusses westlich von Goryle. Der sofortige Nachstoß über diesen, den das Generalkommando noch erhoffte, erwies sich bei der starken Besetzung des die Niederung überhöhenden Ostufers ohne ausreichende Artillerievorbereitung als undurchführbar.
Da es dem Gardekorps tags zuvor nicht gelungen war, den San-Abschnitt zu überwinden, und da die 19. Infanterie-Division mit Front nach Norden beträchtlichen Kräften des Feindes gegenüberstand, glaubte der Kommandierende General des X. Armeekorps, General der Infanterie von Cmmich, nunmehr mit starker Gegenwehr am San rechnen zu müßen. Teile der 20. Infanterie-Division waren daher schon frühzeitig nach Osten in Marsch gesetzt worden. Als dann um 11" vormittags die Weisung des Armee-Oberkommandos eintraf, im Anschluß an das Gardekorps den Angriff vorzutragen, erhielt der Führer der 20. Infanterie-Division, Generalleutnant Ritter und Edler von Oetinger, Befehl, sich in Besitz des San-Äberganges von Nielepkowice zu setzen. Im Laufe des Nachmittags warfen die Vortruppen feindliche Abteilungen, die sich noch auf dem Westufer befanden, über den San zurück. Das Gros der Division erreichte mit dem
Unterhalb von Iaroslau wird der San erreicht.
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Anfang üjezna. Die 19. Infanterie-Division unter Generalleutnant Hofmann nahm von einem in der Frühe des Tages geplanten Sturm gegen die starken russischen Stellungen in der Niederung zwischen Wislok und San auf Befehl des Kommandierenden Generals Abstand. General von Cmmich glaubte, daß der Feind schon unter dem Eindruck des Vorgehens der 20. Infanterie-Division und des rechten Flügels der ö.°u. 4. Armee gegen den San seine Stellungen gegenüber der 19. Infanterie-Division aufgeben würde. Diese sollte daher nur den Angriff der 20. Infanterie-Division über den San gegen eine Bedrohung aus dem Brückenkopf von Sieniawa sichern.
Der Führer der ö.-u. 4. Armee, Erzherzog Joseph Ferdinand, sah davon ab, den Saw-Übergang durch seinen rechten Armeeflügel noch am heutigen Tage erzwingen zu lassen, da das Armee-Oberkommando 11 auf eine Anfrage geantwortet hatte: „Gleichmäßige Forcierung auf ganzer Front zu erzwingen, heute nicht beabsichtigt. . . Gelingt einem Korps der Übergang, so wird dies Forcierung durch andere Korps nach sich ziehen." Die San-Front der 4. Armee streckte sich nach Norden bis in die Gegend westlich von Lllanow. Die feindlichen Stellungen im waldbedeckten, von zahlreichen Vachläufen durchzogenen San—Weichsel-Winkel erwiesen sich als tief ausgebaute Widerstandszone. Die Verschiebung russischer Verstärkungen über Sandomierz aus das östliche Weichsel-Üfer und der Einsah bereits nach Sandomierz zurückgenommener Kräfte gegen den rechten Flügel der ö.-u. 1. Armee westlich der Weichsel ließen auf die Absicht des Feindes schließen, den San—Weichsel-Winkel und den Anschluß an seine Stellungen auf dem jenseitigen Weichsel-Üfer zu halten. Damit schien er sich gleichzeitig auch die Möglichkeit einer Offensive aus dem Brückenkopf von Sandomierz gegen die Flanke der am San im Kampf stehenden Armeen wahren zu wollen. Die 4. Armee wollte sich demgegenüber zunächst auf die Herstellung einer „verstärkten Widerstandslinie" beschränken und für den eigenen Angriff erst die im Antransport befindlichen Verstärkungen^) abwarten.
Die ö.-u. 3. Armee schob ihren linken Flügel näher an die Südwest-sront von Przemysl heran. Das Veskidenkorps, das südlich der Festung den zurückgehenden russischen Hauptkräften folgte, stieß beiderseits von Husakow auf feste Stellungen hinter der Slotwina und Bucht«. Da dieser befestigte Abschnitt die von Przemysl ostwärts führende Straße und Bahn schuhte, mußte man mit starker feindlicher Abwehr rechnen. Das Veskidenkorps
0 Band VII, 6.421; — öst. 21. I. D. von 3. Armee, Kkdo.VIII., ung. 37. und 41. 3- D. von 2. Armee.
I Weltkrieg. VIII. Band. 10
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
,8. Mat.
entschloß sich daher, den Angriff am nächsten Tage einheitlich zu führen. Die ö.-u. 2. Armee hielt Anschluß an das Veskidenkorps und gelangte mit ihrem rechten Flügel am Dniester über Sambor hinaus.
Fliegeraufklärung bestätigte den durch die harten Kämpfe der 11. Armee gewonnenen Eindruck: Starke Teile des Feindes standen noch westlich des San. Trotzdem hoffte das Armee-Oberkommando am 16. Mai den Flutzübergang zu erzwingen. Die Schwierigkeiten des Nachschubes von den Vahnendpunkten Krosno und Frysztak nötigten jedoch zu begrenzter Zielsetzung, um so mehr, als damit zu rechnen war, daß die Russen Verstärkungen heranführen würden. Generaloberst von Mackensen faßte daher zunächst nur die Schaffung eines Brückenkopfes in der Linie Michalowka (östlich Radymno)—Ryszkowa Wola—Lubaczowka-Vach—Sieniawa ins Auge, um damit Freiheit für weiteres Handeln aus dem Ostufer des San zu gewinnen.
Unter dem Druck der am Abend des 15. Mai westlich und südlich von Iaroslau errungenen Erfolge räumte der Feind hier im Laufe der Nacht das linke Ufer. Die in der Frühe des 16.Mai nachstoßende 2. Garde-Infanterie-Division war schon um 730 vormittags im Besitz der ganzen Stadt Iaroslau. General Freiherr von Plettenberg hatte die Division angewiesen, vorläufig nur starke Patrouillen auf das Ostufer vorzutreiben. Der Divisionskommandeur, Generalleutnant von Winckler, gewann indessen durch persönliche Beobachtung die Ansicht, daß schnelles und kraftvolles Handeln geboten sei, da die Abwehr des Feindes auf dem Ostufer offenbar noch nicht feste Form gewonnen hatte. Cr befahl daher um 9° vormittags, den Übergang zu erzwingen. Um nachmittags begann das Übersetzen unter dem Schutze von Artillerie- und Maschinengewehrfeuer mit dem Erfolg, daß am Abend ein erheblicher Teil der Division auf dem östlichen San-Ufer festen Fuß gefaßt hatte. Starke Gegenangriffe wurden abgewiesen. Die weiter nördlich an den San herangekommene 1. G a r d e -Infanterie-Division mußte wegen des besonders schwierigen, weithin einzusehenden Geländes, das ein Vorziehen der Artillerie bei Tage nicht ratsam erscheinen ließ, den Uferwechsel auf den 17. Mai verschieben. Da feindliche Verstärkungen gegen den San im Abschnitt des Gardekorps im Anmarsch waren, standen dem Korps schwere Aufgaben bevor.
Auch das ö.-u. VI. Korps des Feldmarschalleutnants von Arz war dem nach nächtlichen Gegenstößen südlich von Iaroslau zurückgegangenen Feinde gefolgt. Um 10° vormittags erreichte der rechte Flügel in starkem Artilleriefeuer vom Ostufer her Tuczepy, um 2° nachmittags die Gesamtfront des Korps das westliche Flußufer. Nach Eintritt der Dämmerung wurde die linke, 12. Infanterie-Division, im Bereiche des Garde-
Garde- und X. Armeekorps erzwingen den San-Übergang. 147
korps über den San und dann in Richtung auf Sobiecin vorgeführt, das vom Feinde stark beseht war.
Roch war es fraglich, ob der bedeutsame Teilerfolg, den die Mitte der 11. Armee auf dem Kampffelde um Iaroslau errungen hatte, sich bis zur Erreichung des von der Führung erstrebten Zieles erweitern lassen würde. Die Entscheidung darüber hing sehr wesentlich von der Entwicklung der Dinge auf den beiden Armeeflügeln ab. Das XXXXI. Reservekorps des Generals von Francois hatte, sobald durch das Vorgehen des nördlichen Nachbarn die Gefahr für seine linke Flanke beseitigt war, unter der bereits eingeleiteten Rechtsschwenkung zum Angriff angesetzt. Vor dieser drohenden Umfassung wich der Feind über Tuczepy an der Straße nach Radymno zurück. Erst östlich von Tuczepy stieß der linke Flügel der 82. Reserve-Division auf den Nordteil der feindlichen Hauptstellung. Vor dieser kam nach harten Kämpfen am Nachmittag die gesamte Angriffslinie des XXXXI. Reservekorps zum Stehen. Der Absicht des Kommandierenden Generals, Generals der Infanterie von Frangois, den umfassenden Stoß von Norden fortzusetzen, konnte erst nach Auffüllung der Munition entsprochen werden. Zum Schutze des bei Zamojsce angehaltenen rechten Flügels war die 11. bayerische Infanterie-Division bis an die Rada herangeschoben. Die 119. Infanterie-Division schwenkte bis Batycze vor. Am 6° abends erhielt das Korps Kneußl die Mitteilung, daß ein Angriff gegen die besetzte Linie nördlich von Przemysl nicht im Sinne des Armee-Oberkommandos liege. Es würde das Kräfte-einsah in einer Richtung bedeuten, die mit den Aufgaben der Armee östlich des San nicht vereinbar sei. Gegen den Feind an der Rada seien daher nicht mehr Kräfte zu verwenden, als es der Schutz der rechten Flanke des XXXXI. Reservekorps erfordere. Die 119. Infanterie-Division sollte zurückgehalten werden, um jederzeit als Armeereserve verfügbar zu sein. Das Armee-Oberkommando hoffte, daß Przemysl dem Angriff der rechten Nachbararmee bald erliegen würde, und wollte die Stoßkraft der 11. Armee für den Durchbruch über den San abwärts von Przemysl mit dem Ziele Rawa Ruska unvermindert zusammenhalten.
Nördlich des Kampffeldes von Iaroslau stand die 20. Infanterie-Division vor der Aufgabe, den Flußübergang baldmöglichst zu erzwingen. In dem offenen Niederungsgelände war die Bereitstellung hierzu sehr schwierig. Erst in der Nacht war das übersetzen möglich, es gelang trotz beträchtlicher Verluste. Vkstlich von Wiazownica wurde ein Brückenkopf hergestellt. Cs lag in der Absicht des Generals von Cmmich, erst nach weiterem Vorwärtskommen der 20. Infanterie-Division auf dem östlichen Äser auch die 19. Infanterie-Division zum Angriff auf den ihr diesseits
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
17. Mai.
noch gegenüberstehenden Feind anzusetzen. Auf die Meldung vom Anmarsch feindlicher Kräfte gegen die Übergangsstelle der 20. Infanterie-Division befahl er jedoch der 19. Infanterie-Division, bereits am 17. Mai anzugreifen, um den feindlichen Kräftezufluß dorthin abzulenken.
An der San-Front der ö.°u. 4. Armee gelang der Aferwechsel nicht. Nördlich der Weichsel trat ein überraschender Rückschlag ein. Die ö.-u.
1. Armee und die Armee-AbteilungWoyrsch1) hatten in ihrer seit dem 11. Mai im Gang befindlichen Vorwärtsbewegung3) unter mehrfachen örtlichen Nachhutkämpfen gegen die nordostwärts abziehenden Rüsten am 16. Mai die allgemeine Linie: Koprzywnica—Stykow—Mirzec —nördlich von Wysoka—Gapinin erreicht3). Am Vormittage des 16. Mai gingen die Russen jedoch gegen die ö.-u. 1. Armee und den Südflügel der Armee-Abteilung Woyrsch zum Gegenangriff vor, der sich besonders gegen die inneren Flügel und die nur schwach gesicherte Lücke zwischen beiden Armeen richtete. Die hier entbrennenden Kämpfe zwangen die ö.-u. 1. Armee, ihren Nordflügel in einer Tiefe bis zu zehn Kilometern zurückzunehmen. Dies veranlaßte auch die 4. Armee, ihren linken Flügel zurückzuhalten. Hinter ihr hatten die drei herankommenden Verstärkungsdivisionen^) mit den Anfängen Debica, Radomysl und den Raum östlich von Tar-now erreicht. General von Conrad lenkte nunmehr eine dieser Divisionen (41. Infanterie-Division) über Szczucin zur Stützung der 1. Armee ab.
Der linke Flügel der ö.-u. 3. Armee gelangte bis unmittelbar vor die Werke westlich von Pralkowce. Auch beiderseits des Wiar schoben sich die Angriffslinien näher an die Fortlinie heran. Weiter östlich aber drang der Angriff gegen den Slotwina—Vuchta-Abschnitt nicht durch. Die Linie der ö.-u. 2. Armee verlief von hier nach Kaisersdorf am Dniester (20 Kilometer nordöstlich von Sambor).
Am 17. Mai nahm die Operation der 11. Armee ihren planmäßigen Fortgang. Das Korps Kneußl verblieb im Sinne des leitenden Gedankens in seiner Aufstellung. Auch das XXXXI. Reservekorps sah sich durch Munitionsmangel gezwungen, seinen Angriff noch hinaus-
!) ö.-u. 1. Armee bestand aus: II. Korps (ö.-u. 4. und 25. I. D., 1. Vrig. d. Poln. Leg.), I. Korps (öst. 46. I. D.), ö.-u. 2. K. D. Armee-Abteilung Woyrsch
bestand aus: Landw. Korps (3. und 4. L. D.), L. D. Bredow, ö.-u. Gr. Köveß (Kkdo. XI I., ö.-u. 16. und 35. 3- D., ö.-u. 9. und 7. K. D.).
2) Band VII, S. 434. Der aus der Armee-Abteilung Woyrsch und der ö.-u.
2. Armee gebildete Heereskörper ist bisher als „Armee Woyrsch" bezeichnet worden (Band VI, S. 100 Fußnote 1). Mit dem Ausscheiden der ö.-u. 2. Armee wird die Bezeichnung „Armee Woyrsch" wieder hinfällig.
8) Stellungsverlauf s. Skizze 15.
*) S. 145.
Erweiterung der gewonnenen San-Vrückenköpfe.
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zuschieben. Dem ö.-u. VI. Korps gelang es, nach dem Übergang weiterer Teile über den San, um 6° abends Sobiecin im Sturm zu nehmen. Gleichzeitig drückte sein rechter Flügel San aufwärts auf beiden Äsern vor, um weitere Äbergangsmöglichkeiten zu schassen. Östlich von Iaroslau wies die 2. Garde-Infanterie-Division neue Gegenstöße ab. Das Gardekorps beabsichtigte zunächst, östlich des San nicht weiter vorzugehen, da der frontale Übergang der 1. Garde-Infanterie-Division noch nicht gelang. Erst um 630 abends gingen Teile dieser Division bei Iaroslau über den Fluß, um nach Norden vorstoßend den Hauptkräften den Weg zu öffnen. Teile des linken Flügels benutzten abends auch die Brücke der benachbarten 20. Infanterie-Division zum Übergang. Diese Division hatte bereits in den Vormittagsstunden den in der Nacht gewonnenen Brückenkopf über Wiazownica hinaus tatkräftig erweitert und damit einen für den Fortgang der Operation ausschlaggebenden Erfolg errungen. Schon um 4° nachmittags konnten hier Teile der in zweiter Linie folgenden 56. Infanterie-Division den Fluß überschreiten. Unter dem Druck eines glänzend durchgeführten Angriffs der 19. Infanterie-Division räumte der Feind mit Einbuße von 7000 Gefangenen den San—Wislok-Winkel. Die Division bereitete daraufhin den San-Übergang bei Lezachow vor.
An der Front der ö.-u. 4. Armee traten Änderungen nicht ein. Da sich jedoch die Krise bei der ö.-u. 1. Armee jenseits der Weichsel verschärfte, war die 4. Armee genötigt, Reserven an der Weichsel bereitzustellen und die im Anmarsch befindlichen Verstärkungsdivisionen näher an den Fluß heranzuführen. Falls sie zu weiteren Abgaben gezwungen wurde, konnte auch sie in eine schwierige Lage geraten, da mit einem Übergreifen der feindlichen Angriffe in den Raum zwischen Weichsel und San gerechnet werden mußte.
Die ö.-u. 3. Armee sah sich genötigt, den Angriff auf Przemysl von weiterer Munitionszufuhr abhängig zu machen. Auch die ö.-u. 2. Armee lag vor starken feindlichen Stellungen fest. Der Führer des Beskidenkorps, General von der Marwitz, trug sich daher mit der Absicht, den Schwerpunkt des Angriffs nach seinem rechten Flügel zu verlegen, um gemeinsam mit dem linken Flügel der 2. Armee durchzubrechen.
Das Oberkommando der 11. Armee faßte in einem Bericht an die Oberste Heeresleitung seinen Eindruck dahin zusammen, daß der Feind entschlossen schiene, Przemysl und seine beiderseits anschließenden Stellungen zu halten. „Demgegenüber wird die Erweiterung der bisher gewonnenen beiden Brückenköpfe und Übergang der ganzen Armee jeden-
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
18. Mai.
falls erst nach gründlicher Vorbereitung möglich sein . . . Lage würde sich voraussichtlich wesentlich ändern, wenn Durchbruch 2. und rechten Flügels 3. Armee gelingt."
Dieser Beurteilung entsprechend sah Generaloberst von Mackensen seine nächste Aufgabe darin, durch Zusammenfassung möglichst starker Kräfte die Brückenköpfe auf dem Ostufer trotz der erwarteten Gegenwehr zu erweitern. Die 119. Infanterie-Division wurde als Armeereserve herausgezogen und an die Straße Zarzecze—Iaroslau geschoben. Zur Sicherung gegen Przemysl verblieben auch weiterhin Teile der ö.-u. 3. Armee unmittelbar nördlich des San. Das XXXXL Reservekorps, dem die 11. bayerische Infanterie-Division unterstellt wurde, sollte den Angriff auf Radymno zunächst einstellen.
Das ö.-u. VI., das Garde- und X. Armeekorps (mit unterstellter 56. Infanterie-Division) hatten ihre Angriffserfolge auf dem östlichen San-Afer auszuweiten. Als sich herausstellte, daß der Feind in der Nacht bereits zurückgegangen war, glaubte das Armee-Oberkommando ihn schon in vollem Rückzüge nach Osten und Nordosten und befahl um 835 vormittags, die Angriffskorps sollten bis zur Erreichung der ungefähren Linie Wietlin—Olchowa—Cetula—Lubaczowka-Bach folgen. Die 19. Infanterie-Division habe zur Verbindung mit der 4. Armee die Höhen von Leza-chow und östlich in die Hand zu nehmen. Sehr bald ergab indessen die Aufklärung, daß der Feind unter dem Schutze von Nachhuten nur auf eine in der Linie Wysocko—Bobrowka—Olchowa vorbereitete neue Abwehrfront zurückgegangen war, und daß er auch die diesseitigen Ränder der Waldzone südlich der Lubaczowka besetzt hielt.
Das ö.-u. VI. Korps wurde zum Angriff beiderseits des Szklo angesetzt. Bei dieser Rechtsschwenkung stieß der linke Flügel um 3® nachmittags östlich von Sobiecin vor. Dann kam der Angriff zum Stehen. Das Garde- und X. Armeekorps wollten nach dem Aferwechsel um 1® nachmittags zu gemeinsamem Angriff antreten. Die 2. Garde-Infan-terie-Division erreichte im Anschluß an die Verbündeten bis zum Abend Makowisko und die Straße westlich von Olchowa. Die 1. Garde-Insanterie-Division hatte bis zu der großen Waldzone westlich von Cetula offenes schwieriges Angriffsgelände zu überwinden. Ihr rechter Flügel stürmte abends Hutki und Buczyna. Ihr linker Flügel brach nachmittags in die Waldzone ein und wollte nach rechts in den Rücken des Feindes auf Cetula einschwenken. Der Versuch scheiterte aber an hartnäckigem Widerstände. Am rechten Flügel des X. Armeekorps warfen sich die aus beschwerlichem Vormarsch sofort in den Kampf tretenden Regimenter der
Starker Gegenangriff der Russen gegen die 11. Armee.
151
56. Infanterie-Division*) des Generalmajors Schach von Wittenau auf die russischen Waldstellungen und entrissen sie schon um 3° nachmittags dem Gegner. Links schloß sich die 20. Infanterie-Division, mit linkem Flügel beiderseits der Lubaczowka, dem Vorgehen an und erreichte um 3° nachmittags den Wald beiderseits von Terebnie, den der Feind freiwillig räumte. Beide Divisionen drängten durch den Wald bis an den Lubaczowka-Vogen nach. Der rechte Flügel der 56. Infanterie-Division suchte noch abends dem Gardekorps durch Vorstoß auf Cetula Entlastung zu bringen, drang aber gegen das Dorf nicht durch. Nördlich der Lubaczowka säuberten Teile der 20. Infanterie-Division den Flußwinkel bis in die Gegend westlich von Mielniki. Die 19. Infanterie-Division stieß zur Deckung ihrer Brückenstelle über Lezachow hinaus vor. Das Gesamtergebnis des Tages bestand also in einer erheblichen Erweiterung der Brückenköpfe.
Dank den Erfolgen des X. Armeekorps überschritt auch der rechte Flügel der ö.-u. 4. Armee den San. Cr sollte flußabwärts vorgehen, um den Äbergang bei Abieszyn zu öffnen und Sieniawa in Besitz zu nehmen. Das Armee-Oberkommando rechnete damit, daß der Feind, um den Einsatz weiterer Kräfte der 4. Armee auf dem östlichen Äser zu verhindern, gegen den Bruchpunkt der Armeefront am San vorstoßen würde. Daher wurde die Armeereserve dorthin verschoben. Am dem erwarteten Angriff der Nüssen aus dem Brückenkopf von Sandomierz auf dem Ostufer der Weichsel zuvorzukommen, entschloß sich das Oberkommando seine noch verfügbaren beiden Verstärkungsdivisionen (ungarische 37. und österreichische 21. Infanterie-Division) dem linken Armeeflügel zu baldigem Angriff weichselabwärts zuzuführen.
Die ö.-u. 3. und 2. Armee erzielten namentlich infolge nicht ausreichender Munitionszufuhr keine Fortschritte.
Der 19. Mai brachte bereits in den Morgenstunden starke Gegenangriffe des Feindes gegen die Gesamtfront der 11. Armee. Generaloberst von Mackensen schloß daraus auf weiter wachsende Gegenwehr der Nüssen; er wollte die 119. Infanterie-Division nach Iaroslau vorziehen und die ungarische 11. Kavallerie-Division nördlich von Iaroslau vereinigen, um sie je nach Bedarf schnell zum Einsatz bringen zu können. Als aber um 11° vormittags General von Frangois den Beginn wuchtigen feindlichen Artilleriefeuers gegen seine Front und die Ansammlung starker Kräfte vor seinem rechten Flügel meldete, wurde die 119. Infanterie-Division nach Süden, nach Voratyn, verschoben und General
19. Mai.
0 Die Infanterie der 56. Infanterie-Division war mit erbeuteten russischen Gewehren ausgerüstet.
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
von Frantzvis für den Notfall zur Verfügung gestellt. Gefangene sagten aus, daß hier der Sturmangriff der Rüsten am 19. Mai abends oder am 20. Mai beabsichtigt sei.
Das ö.-u. VI. Korp s griff in der Absicht an, seine Mitte auf Wiet-lin vorzutragen, gewann aber gegen frisch in den Kampf geworfene russische Kräfte nur langsam Boden. Auch westlich des San setzte der Gegner entlang der Straße von Radymno an der Naht des XXX XI. Reserve- und ö.-u. VI. Korps zu einem starken Cntlastungsstoß an, der jedoch um 70-abends zusammenbrach.
Gegenüber dem Gardekorps schien sich der Feind ebenfalls, namentlich an Artillerie, verstärkt zu haben. Von Oleszyce her wurden anscheinend mit der Bahn weitere Kräfte herangeführt. Das Gardekorps nahm daher, auch mit Rücksicht auf die eigene Munitionslage, von der Fortführung des Angriffs Abstand. Die Divisionen rüsteten sich hier wie auch an der anschließenden Lubaczowka-Front des X. Armeekorps zur Abwehr.
Rur nördlich der Lubaczowka bestand noch die Absicht, die Aufgabe der 19. Infanterie-Division südlich von Sieniawa offensiv durchzuführen. Allerdings hatte das Armee-Oberkommando gegen Mittag erwogen, auch diese Division anzuhalten, um sie aus dem rechten Armeeflügel, der im Augenblick stärker gefährdet erschien, verwenden zu können. Da es jedoch zunächst darauf ankam, für den Brückenkopf eine ausreichende Tiefe zu erkämpfen, sah das Armee-Oberkommando von der Verschiebung ab. Der in der Nacht hinter der 19. Infanterie-Division auf das Ostufer des San übergegangene rechte Flügel der ö.-u. 4.Armee, die 10.Infanterie-Division, hatte das vom Feinde geräumte Sieniawa besetzt. Dem am Nachmittage durchgeführten gemeinsamen Angriff dieser Division und der 19. Infanterie-Division gelang es dann, den Brückenkopf um Sieniawa zu erweitern. Der hartnäckig widerstehende Feind lag aber noch dicht gegenüber, vor allem auf der beherrschenden Slawa-Höhe östlich von Sieniawa. Ihr Fall war Vorbedingung für dauerndes Halten des Brückenkopfes. Der Sturm gegen die Slawa-Höhe und die Höhen südlich wurde von beiden Divisionen für die Frühe des 20. Mai ins Auge gefaßt. Weiter nördlich an der San-Front hatte der Feind während des ganzen Tages lebhafte Angriffstätigkeit entfaltet. Teile der Russen, die nördlich von Lezajsk in der Nacht übergesetzt waren, konnten über den San zurückgeworfen werden. Starke Angriffe erfolgten im Raume Alanow—Nisko (etwa 35 Kilometer nordwestlich von Lezajsk). Ihre Abwehr erforderte den Einsatz aller Reserven, ohne daß es gelang, den hierbei über den San vorgestoßenen Feind zurückzutreiben. Man machte sich nun auf einen baldigen Angriff
Ausweitung der Erfolge bei Sieniawa.
153
auch östlich der Weichsel gefaßt, zumal da die Lage der ö.-u. 1. Armee noch als kritisch angesehen wurde.
Bei der ö.-u. 3. Armee brachte der Angriff des Beskidenkorps einige Fortschritte. Auch die ö.-u. 2. Armee konnte ihre unmittelbar anschließende Kampffront vorschieben.
Am 20. Mai verhielt sich der Feind zurückhaltender als erwartet rv.Mak. worden war. In allen seinen Stellungen wurde eifrig geschanzt. Seine Artillerie schien weiter verstärkt zu werden. An der gesamten Front der 11. Armee fanden nur vereinzelte Kämpfe statt, ohne die Lage zu ändern.
Nur das Ringen um den Brückenkopf von Sieniawa wurde noch zu erfolgreichem Abschluß gebracht. Schon in der Frühe hatten sich die nördlich der Lubaczowka eingesetzten Teile der 20. sowie die 19. Infanterie-Division überraschend der Höhen zwischen MielnR und der Slawa-Höhe bemächtigt. Dann war der linke Flügel der 19. Infanterie-Division nach Norden eingeschwenkt, um die gegen die Slawa-Höhe angreifenden Verbündeten zu unterstützen. Nach ausgiebiger Artillerievorbereitung stel um 9° vormittags auch dieses Bollwerk. Nach solchen Mißerfolgen verschwand der Gegner, begünstigt durch wolkenbruchartigen Gewitterguß, eilends in den großen Waldungen östlich von Sieniawa; nur Kavallerie folgte ihm. Die gewonnenen Stellungen wurden zur Abwehr ausgebaut. An der übrigen San-Front der ö.-u. 4. Armee konnte die Lage wieder gebesiert werden.
Gegen ihre Nordfront zwischen San und Weichsel schob sich der Feind, zum Teil in Cinzelvorstößen, näher heran.
Bei der ö.-u. 1. Armee trat eine Entspannung ein. In viertägigen schweren Kämpfen war es dieser Armee und der durch Teile des Landwehr-korps verstärkten Landwehr-Division des Generalleutnants Grafen von Vredow gelungen, den russischen Angriff am 19.Mai in der Linie Koprzywnica—Zbielutka—Stykow zum Stehen zu bringen. Die in der Lücke zwischen Zbielutka und Chybice drohende Gefahr eines feindlichen Durchbruchs wurde durch den Einsah von Teilen der ö.-u. 1. Armee und der Landwehr-Division Vredow sowie der ö.-u. 7. Kavallerie-Division beseitigt; die ö.-u. 9. Kavallerie-Division stellte sich als Armeereserve hinter der Armeefront bereit. Auch der Südflügel des Landwehrkorps wies russische Angriffe in der Linie Stykow—Pomorzany ab. Das Vorgehen des linken Flügels des Landwehrkorps und der Gruppe Köveß kam in Linie Pomorzany—Mniszek—Gapinin zum Stehen.
An der Front der ö.-u. 3. Armee änderte sich bis aus einen örtlichen Gewinn des Beskidenkorps nichts. Der Feind schien sich vor den inneren Flügeln der ö.-u. 3. und 2. Armee zu verstärken.
Der Verlauf der letzten Tage hatte gezeigt, daß das Vorgehen der
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
11. Armee östlich des San und ihr gleichzeitig auf dem westlichen Flußufer nach Südosten ausgeübter Druck die auf die Festung Przemysl gestützte russische Abwehrfront am San stark bedrohte. Daraus erklärte sich das Armee-Oberkommando die wütenden feindlichen Gegenangriffe von Süden und Osten auf beiden Ufern des Flusses. Am die Operationen in der entscheidenden Richtung nach Südosten fortführen zu können, mußte Generaloberst von Mackensen darauf bedacht sein, weitere Kräfte freizumachen. Der Chef des Generalstabes der 11. Armee, Oberst von Seeckt, hatte daher bereits am Mittag des 19. Mai dem Korps Cmmich für später eine erhebliche Ausdehnung feiner Kampffront nach rechts in Aussicht gestellt, um das Gardekorps zur Verfügung der Armee herauslösen zu können.
2. Die Ereignisse auf dem rechten HeeresMgel bis zum 19. Mai.
Karten 5 und 6, Skizze 17.
12.Mai. Die deutsche Südarmee^) war unter der Führung des Generals der Infanterie von Linsingen am 12. Mai aus den Karpaten auf der ganzen Linie zum Angriff in der Richtung auf Dolina—Stryj—Dro-hobycz angetreten3). Vor ihrem linken Flügel wich der Feind, Teile der russischen 8. Armee3), ebenso wie vor der links benachbarten ö.-u. 2. Armee ohne ernsten Kampf zurück. Mitte und rechter Flügel der Südarmee begegneten noch starkem Widerstande seitens der russischen 11. Armee4). Während dieGruppeSzurmay und die ungarische 38. Infanterie-Division des Korps Vothmer die Linie Wolcze—Ilnik erreichten, stürmte die 3. Garde-Insanterie-Division unter Generalmajor von Friedeburg zum Teil unter schweren Verlusten starke feindliche Stellungen westlich von Zawadka und stieß dem fliehenden Gegner nach. Vei der 1. Infanterie-Division des Generalleutnants von Conta spielten sich erbitterte Kämpfe um die Höhe 927 südöstlich von Koziowa ab, die erst um 1° nachts genommen wurde. Die Korps Hofmann und Gerok sahen von dem nur unter großen Opfern durchführbaren Frontalangriff auf die in unverminderter Stärke besetzten russischen Gräben ab, eine im Swica-Tal auf Leopoldsdorf angesetzte Umgehung kam nicht zur Ausführung.
9 Südarmee bestand aus: Korps Geros (Genkdo. XXIV. R. K.: 48. R. D., ö.-u. 19. I. D.), ö.-u. Korps Hofmann (ö.-u. 55. I. D., ö.-u. 131. I. Br., öst. 12.Ldst. Terr. Br.), Korps Bothmer (3. G. I. D., 1. I. D., ung. 38. I. D.), ö.-u. Gruppe Szur-map (ö.-u. 7. I. D., ung. 40. I. D.).
2) Band VII, S. 430. — 3)S. 189. — «) S. 189.
Der Vormarsch der Südarmee.
155
Am nächsten Morgen (13. Mai) stellte sich indessen heraus, daß der 13. Mat. Feind auch vor dem rechten Armeeflügel abgezogen war. In der Verfolgung erreichten die Vortruppen des Korps (Seros Leopoldsdorf und Solotwina. Das Korps H 0 smann stand mit der ö.-u. 55. Infanterie-Division abends am Zusammenfluß von Opor und Orawa, nachdem der Widerstand schwacher Nachhuten auf den Bergen beiderseits der Bahn Tuchla—Skole gebrochen worden war. Vom Korps V 0 t h m e r gewann die 1. Infanterie-Division den Orawa-Abschnitt südöstlich von Korostow.
Die 3. Garde-Insanterie-Division gelangte bis südlich von Nybnik, die ungarische 38. Infanterie-Division auf die Höhen nördlich von Iastonka masiowa, die Gruppe Szurmay mit den Ansängen bis Turze und Topolnica, der rechte Flügel der 2. Armee auf die Höhen nördlich von Strzylki.
Auf Grund eines gegen Mittag eingegangenen Befehls der ö.-u. Heeresleitung, nach dem die Südarmee bei der Fortsetzung der Verfolgung ihren linken Flügel möglichst weit in der allgemeinen Richtung auf Drohobycz vornehmen sollte, setzte General von Linsingen die Gruppe Szurmay aus Drohobycz, das Korps Vothmer auf Stryj, die in die Gegend östlich von Tuchla gelangte ö.-u. 131. Infanterie-Brigade des Korps Hofmann über Bolechow auf Lisowice und das Korps Gerok im Mizunka- und Swica-Tal über Dolina auf Turza wielka an. Die Hauptteile des Korps Hosmann (ö.-u. 55. Infanterie-Division, öst. 12. Landsturm-Territorial-Brigade und die von der 3. Armee heranbesörderte, in Lawoczne in der Ausladung begriffene ö.-u. kombinierte Infanterie-Brigade Bolzano) wurden als Armeereserve zurückgehalten.
Die Verfolgung am 14. Mai brachte die Südarmee einen großen Sprung vorwärts, obwohl der Feind durch Zerstörung zahlreicher Brücken in den Gebirgstälern dem Vormarsch große Schwierigkeiten zu bereiten suchte. Die Artillerie mußte der vorauseilenden Infanterie teilweise auf zeitraubenden Umwegen nachgeführt werden. Nach frühzeitigem Ausbruch erreichte das Korps Gerok den Swica-Abschnitt südwestlich von Dolina, die ö.-u. 131. Infanterie-Brigade Vrzaza, das Korps V 0 t h m e r die Linie Rozhurcze—Orow—Voryslaw, dieGruppeSzurmaydie Gegend von Podbuz. Die Armeereserve schloß südlich von Skole auf. Der rechte Flügel der 2. Armee stand abends um Stary Sambor.
Die bisherigen Erfolge der deutschen Südarmee begannen sich nunmehr auch für die rechts benachbarte ö.-u. 7. Armee1) des Generals der
*) Ö.-u. 7. Armee bestand aus: Korps Korda (XI. Kkdo.: ring. 42.1. D., ung.
5. K. D., ö.-u. 6. K. D., ö.-u. komb. Br. Papp, 2. Br. d. Poln. Legion), Gruppe Marschall (ö.-u. 30. I. D., deutsche 5. K. D., ö.-u. 10. K. D.), Korps Krautwald
156
Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
Kavallerie Freiherrn von Pflanzer-Valtin fühlbar zu machen. Diese war am
13. und 14. Mai vor überlegenen feindlichen Kräften (russische 9. Strmee1)) in die befestigte Pruth-Linie mit ihren linksseitigen Brückenköpfen bei DubouH, Kolomea, Lanczyn und Delatyn sowie auf die Höhen zwischen Delatyn und Pasieczna zurückgenommen worden. Ihr linker Flügel, die Gruppe Ljubicic, versammelte sich bei Huta und sicherte im Lomnica-Tale bei und nordöstlich von Osmoloda. Unter der Einwirkung des Vormarsches der Südarmee ging der Gegner hier noch am 14. auf Perehinsko zurück, der östlich anschließenden Gruppe Rhemen folgte er nur noch bis dicht südlich von Radworna. Hingegen schritt er in den ersten Nachmittagsstunden des
14. Mai mit zweieinhalb Infanterie- und einer Kavallerie-Division zum konzentrischen Angriff auf den Brückenkopf von Kolomea. Zwar scheiterte dieser Stoß an dem zähen Widerstände der Gruppe Krautwald; da jedoch durch den schleppenden Antransport des von der 3. Armee heranrollenden III. Korps2) eine rechtzeitige und ausreichende Unterstützung der Besatzung des Brückenkopfes nicht gesichert schien, sah General von Pflanzer-Valtin in sofortiger Wiederaufnahme der Offensive seines linken Flügels die beste Entlastung. Cr setzte im Einvernehmen mit der Südarmee die Gruppen Czibulka, Rhemen und Ljubicic am 15. Mai zum Angriff in nordöstlicher Richtung an. Die Offensive sollte dann mit den Hauptkräften über Ottynia auf Tlumacz, mit der linken Flügelgruppe gegen die Höhen westlich von Stanislau und auf Kalusz fortgesetzt werden.
Das lag auch ganz im Sinne neuer Weisungen der ö.-u. Heeresleitung, die am frühen Nachmittage des 14. Mai bei den Oberkommandos der 7. und der Südarmee eingegangen waren. Danach sollte die 7. Armee sich mit ihrem Ostflügel am Pruth behaupten und ihre Hauptkräfte am Westflügel zusammenfassen, um sich dem allgemeinen Vormarsch in nordöstlicher Richtung anzuschließen. Die Südarmee erhielt eine doppelte Aufgabe. Mit ihrem rechten, bei Dolina—Volechow zu versammelnden Flügel sollte sie in allgemeiner Richtung auf Kalusz vorstoßen, um die feindliche Front zwischen der Vystrzyca und der Czeczwa unhaltbar zu machen und sie im Zusammenwirken mit der 7. Armee zu schlagen. Ihrem linken, über Stryj—Drohobycz vorgehenden Flügel fiel die Sicherung gegen die Dniester-Strecke Zydaczow—Mikolajow—Kolodruby zu. Die links benachbarte ö.-u. 2. Armee sollte ihre Offensive aus Czajkowice—Mosciska
(III. Kkdo.: öst. 22., ö.-u. 28. I. D. ö.-u. 8. K. D.), Korps Czibulka (ö.-u. 15. und 36. Z. D.), Korps Rhemen (XIII. Kkdo.: ö.-u. 5. I. D. ohne 9. Z. Br., ö.-u. 6. I. D.), Gruppe Ljubicic (ö.-u. 9. und 16. I. Br., Teile der ö.-u. 6. und 15. I. D.).
9 S. 189.
2) Band VII, S. 431.
Die Südarmee kommt vor neuen feindlichen Stellungen zum Stehen.
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(ausschließlich) fortsetzen. Unmittelbares Zusammenwirken zwischen ihr und der Südarmee schien danach nicht mehr in Betracht zu kommen.
Der Gang der (Ereignisse der nächsten Tage entsprach freilich nicht den Erwartungen der Heeresleitungen. Es stellte sich heraus, daß der Feind noch südlich des Dniester zu stärkster Gegenwehr entschlossen war.
Der Entlastungsstoß des linken Flügels der 7. A r m e e — Gruppen Rhemen und Ljubicic — kam sehr schnell am Morgen des 15.Mai vor starkem Gegner in der Linie Lanczyn—Pniow, östlich von Iablonka, bei Majdan und südlich von Perehinsko zum Stehen. Auch der rechte Flügel der Südarmee, das Korps Geros, fand auf den Waldhöhen südlich und südwestlich von Dolina heftigen Widerstand und mußte das Herankommen der Artillerie abwarten, ehe an eine Fortsetzung des Angriffs gedacht werden konnte. Größer war der Raumgewinn in der Mitte und auf dem linken Flügel. Die ö.-u. 131. Infanterie-Brigade besetzte nach kurzem Straßenkampf Bolechow und drang bis an die Swica vor. Vom Korps V o th m er erreichte die 1. Infanterie-Division die Gegend östlich und nordöstlich von Siemiginow; die 3. Garde-Infanterie-Division vertrieb schwachen Feind bei Aliczno, stand aber am späten Abend östlich davon beiderseits der Eisenbahn nach Stryj vor starken Stellungen. Die ungarische 38. und 40. Infanterie-Division fanden die Höhen östlich von Drohobycz ebenfalls besetzt; die ö.-u. 7. Infanterie-Division gelangte nach Lisznia. Die Armeereserve rückte bis Stynawa nizna nach. Der äußerste rechte Flügel der ö.-u. 2. Armee erreichte Dublany und trennte sich damit schon erheblich von der Südarmee.
Roch glaubte General von Linsingen nur schwache Nachhuten vor sich zu haben, deren Widerstand leicht zu brechen sein werde. Infolgedessen wies er den Korps auch für den 16. weitgesteckte Ziele. Das Korps Gerok wurde auf Nowica—Kalusz, die ö.-u. 131. Infanterie-Brigade auf Zawadka, das Korps Vothmer gegen die Linie Sulatycze—Nowesiolo, die Gruppe Szurmay auf Medenice, die Armeereserve auf Bolechow angesetzt.
Im Laufe dieses Tages erwies sich indessen, daß vor der ganzen Front der Südarmee stärkere russische Kräfte in anscheinend zusammenhängender, seit langem vorbereiteter Linie standen, die sich im Anschluß an die Stellungen vor dem linken Flügel der 7. Armee von Perehinsko über Spas— Morszyn—Gase wyzne bis Hruszow erstreckte. Auch vor der 2.Armee hatte der Gegner in befestigter Stellung von westlich Czajkowice bis Husakow Front gemacht.
Der Angriff der Südarmee auf diese neue Widerstandslinie der russischen 11. Armee drang am 16. nirgends durch. Rur einzelne Vorstellungen wurden genommen. So vertrieb die ö.-u. 19. Infanterie-Division des Korps G e r o k die Russen aus Spas; ihr Versuch, deren nördlich von Spas
15. Mai.
18. Mat.
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
angenommenen linken Flügel östlich ausholend zu umfassen, kam vor feindlichen Gräben südwestlich von Ianowka zum Stehen. Die 48. Reserve-Division unter Generalleutnant von Hahn legte den Schwerpunkt ihres Angriffs auf den linken Flügel. Feldmarschalleutnant Hof mann sehte die Brigade Bolzano links neben der 131. Infanterie-Brigade ein und zog die 55. Infanterie-Division und die 12. Landsturm-Territorial-Brigade nach Volechow heran. Die Hauptkräfte der 1. Infanterie-Division gingen ostwärts zum Angriff vor, blieben aber vor den russischen Stellungen am Cisen-bahndamm nordwestlich von Lisowice liegen und litten stark unter Flanken* feuer von Morszyn her. Die 3. Garde-Infanterie-Division stürmte feindliche Gräben beiderseits der Bahn nach Stryj, stand abends aber vor einer zweiten Linie, die von Holobutow südostwärts verlief. Auf den Höhen südöstlich und östlich von Drohobycz arbeiteten sich die 38. und 40. Infanterie-Division bis auf nahe Entfernung an den Gegner heran. Links daneben wurde die 7. Infanterie-Division gegen feindliche Stellungen nördlich der Tysmienica eingesetzt.
17.bis 19. Mai. Auch an den folgenden Tagen mühte sich die Südarmee vergeblich, den Gegner zu werfen. Rur die 1. Infanterie-Division konnte einen größeren örtlichen Erfolg buchen. Sie stürmte nach schweren, verlustreichen Kämpfen am Nachmittage des 18. Lisowice und die russischen Stellungen am Bahndamm nordwestlich davon. Als sie indessen tags darauf gemeinsam mit dem linken Flügel des inzwischen voll eingesetzten Korps Zofmann nach Nordosten vorzustoßen suchte, gebot ihr neuer feindlicher Widerstand sehr bald Halt. Der linke Flügel der Division hatte sich sogar starker russischer Gegenangriffe beiderseits der Bahn nach Stryj zu erwehren.
Den benachbarten Armeen blieb jeglicher Fortschritt versagt. Der rechte Flügel der ö.-u. 2. Armee kam am Strwiaz zum Stehen. Den Angriffsflügel der ö.-u. 7. Armee warf ein scharfer russischer Gegenstoß am 16. und 17. Mai in die Linie Lanczyn—Dyl [997]—Gtitofi zurück. Gleichzeitig berannte der Feind unter rücksichtslosem Menscheneinsatz den Brückenkopf von Kolomea, dessen inzwischen verstärkte Besatzung jedoch zähe standhielt. Dagegen glückte es den Russen, am 19. Mai bei Tluma-czyk in die Gräben auf dem südlichen Pruth-Afer einzubrechen, aus denen sie freilich alsbald wieder herausgeworfen wurden. Dann trat auf der ganzen Front der 7. Armee eine längere Kampfpause ein. Von einer Wiederaufnahme der Offensive sah General Freiherr von Pflanzer-Baltin mit Rücksicht auf die Stärke des gegenüberstehenden Feindes fürs erste ab.
Vorstoß der 11. Armee nach Südosten.
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Z. Die Schlacht nördlich von przemysl vom 21.bis 27. Mai.
Karten 5 und 6, Skizzen 14 und 15.
General von Falkenhayn hatte aus dem bisherigen Verlauf der Operationen an der galizischen Front erkannt, daß es jedenfalls noch erheblicher Anstrengungen bedurfte, um das nächste von den verbündeten Heeresleitungen am 12. Mai vereinbarte Operationsziel, die San—Wisznia— Dniester-Linie, zu erreichen. Am 18. Mai hatte er an das Armee-Oberkommando 11 gedrahtet, daß an eine anderweitige Verwendung der 11. Armee1) erst gedacht werden könne, wenn der Gegner aus seiner jetzigen Stellung geworfen sein würde. Je eher dies geschehe, um so willkommener werde es mit Rücksicht auf die allgemeine Lage sein. Der Stillstand im Angriff, der bei den südöstlich von Przemysl kämpfenden Armeen der Kar-paten-Front nach anfänglichen Erfolgen seit dem 17. Mai eingetreten war, ließ die Hoffnung auf schnelles Erreichen der Dniester—Wisznia-Linie und damit auf eine baldige Wendung der Lage in der Bukowina schwinden.
General von Falkenhayn sah das wirksamste Mittel, um die ins Stocken geratene Gesamtoperation wieder in Fluß zu bringen, in einem Vorstoß der 11. Armee nach Südosten. Am Nachmittage des 18. Mai hatte er, noch ohne Kenntnis vom Verlauf der Kämpfe des is. g»at. Tages, zunächst beim Armee-Oberkommando 11 angefragt, „warum nicht das VI. und Gardekorps nach Süden bzw. Südosten weiter vorstoßen, um dem LXLXI. Reservekorps und der 11. bayerischen Division bei Ra-dymno und Przemysl und im weiteren Verlauf auch dem linken Flügel der 3. Armee südöstlich Przemysl Lust zu machen". Diese Anfrage hatte sich mit einem Bericht des Armee-Oberkommandos 11 gekreuzt, in dem der allgemeine Eindruck ausgesprochen war, daß der Feind vor der Mitte und dem linken Flügel zurückgehe, hingegen den San von Radymno aufwärts sowie Przemysl zu halten versuche. Vor weiterer größerer Offensive sei die Neuregelung des Nachschubes und die Bildung einer neuen Basis am San erforderlich, was bei den schwierigen Wegeverhältniffen und der Entfernung der Bahnendpunkte^) einige Tage in Anspruch nehmen würde. Die Armee beabsichtige zunächst Radymno anzugreifen und dadurch Przemysl im Norden abzuschließen. Der insanteristische Angriff gegen Przemysl sei aber ohne besonderen Befehl nicht beabsichtigt.
Aus der Antwort, die dann das Armee-Oberkommando 11 auf die Anfrage selbst gab, ersah General von Falkenhayn, daß der von ihm angeregte Vorstoß nach Südosten auch schon von Generaloberst von Mackensen
1) S. 139. — 2) Frysztak und Krosno. S. 146.
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
in Aussicht genommen war, „sobald die Armeekorps genügend Raum und Bewegungsfreiheit nach Osten gewonnen haben". Zur Zeit ständen indessen noch alle Korps mit der Front nach Osten im Kampfe. Außerdem müsse die Munitionslage gebessert werden. Der Chef des Generalstabes m. Mat. des Feldheeres legte daraufhin am 19. Mai in einem ausführlichen Schreiben die entscheidende Bedeutung eines Durchbruchs der 11. Armee zu beiden Seiten der Wisznia nach Südosten dar. „Rach Entwicklung der letzten Tage" — so hieß es darin — „ist es zweifelhaft, ob 2., 3., ©üb-und 7. Armee bald das Ziel erreichen werden, wenn ihnen nicht durch einen erneuten Durchbruch der 11. Armee Erleichterung gebracht wird . . . Ich möchte bei der rapiden Zuspitzung der militärpolitischen Lage nicht unterlassen, die Bedeutung der Frage noch einmal hervorzuheben. Die gestern gemeldeten Bewegungen des Feindes mit Bahn und Fußmarsch lassen darauf schließen, daß er sich vor der eigentlichen Front der Armee erheblich geschwächt hat. Dagegen scheint er aus politischen Gründen Przemysl und seine dortigen Stellungen zu stärken. Soweit es von hier aus beurteilt werden kann, müßte es danach möglich sein, zur Deckung gegen Ost und Nord einen Schleier stehen zu lassen und mit eng versammelten Hauptkräften einen Durchbruchsstoß zu beiden Seiten der Wisznia zu versuchen."
In seiner Stellungnahme zu dieser Anregung wies der Generalstabschef der 11. Armee, Oberst von Seeckt, darauf hin, daß die 11. und 4. Armee am 19. Mai auf ihrer ganzen Front, am stärksten über Nadymno und südlich davon, angegriffen worden seien. Sobald die Lage geklärt und ausreichende Munition herangeschafft sei, würde der angeregte Durchbruch über die Linie Zablotce—Radymno—Lazy eingeleitet werden.
Das Armee-Oberkommando 11 beabsichtigte hierzu bis zum 22. Mai das XXXXI. Reservekorps, ö.-u. VI. Korps, Gardekorps sowie die 119. Infanterie-Division in der ungefähren Linie Kaszyce—Makowisko bereitzustellen, um am 23. den Angriff in der Richtung auf Vucow— Zalazie zu beginnen. Die 11. bayerische Infanterie-Division sollte gegen Przemysl decken, das X. Armeekorps die bisherige Front des Gardekorps mit übernehmen. Als Grenze gegen die ö.-u. 4. Armee war die Lubaczowka in Aussicht genommen. Dieser Armee wurde damit eine weitere Streckung ihrer schon weit gedehnten Front auferlegt. Das konnte nur unter Einsatz ihrer letzten Reserven am rechten Armeeflügel geschehen. Die beiden im Anmarsch befindlichen Verstärkungsdivisionen wurden daher nach rechts verschoben. Da jedoch bei Sieniawa auf dem rechten Flügel der 4. Armee ein örtlicher Rückschlag erfolgt war, wurde dieser nicht bis an die Lubaczowka, sondern nur bis Gajdy ausgedehnt.
Vorbereitungen zum Angriff.
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In dem am 20. Mai um 6° abends ausgegebenen Armeebefehl wurde 2«. Mai. als Zweck der neuen Offensive der 11. Armee bestimmt, „die rückwärtigen Verbindungen von Przemysl zu unterbinden und das Vorkommen der 3. und 2. Armee südöstlich Przemysl zu erleichtern". Das erforderte eine Schwenkung der Stoßgruppe nach Südosten. Dementsprechend wurden die Angriffsstreifen zugewiesen. Das ö.--u. VI. Korps und das Gardekorps hatten sich nach rechts zusammenzuziehen. Das XXXXI. Reservekorps wurde angewiesen, starke Kräfte hinter seinem linken Flügel zu staffeln. Für den Beginn des Angriffs konnte erst der 24. Mai vorgesehen werden, da die Ablösungen bei der 4. Armee sich verzögerten. Diese beabsichtigte, die ihr obliegende Deckung nach Norden durch eigene Offensive auf Sandomierz durchzuführen. Den beiden Nachbararmeen zur Rechten, der 3. und 2. Armee, befahl die ö.-u. Heeresleitung, unter Fortführung des planmäßigen Angriffs auf die Festung Przemysl mit den inneren Flügeln ebenfalls am 24. Mai durchzubrechen und durch die Vorberge der Karpaten „bis an die Bahn und Straße beiderseits Mosciska" vorzudringen.
An der ganzen Front der Verbündeten von der Karpaten-Mitte bis in dm Raum nördlich der Weichsel sollte also ein einheitlicher Angriff einsehen. Man hoffte, durch den Zangenangriff beiderseits von Przemysl die Festung schnell zu Fall zu bringen und damit freie Bahn zu schaffen zur Gewinnung des Wisznia—Dniester-Abschnittes.
Die Russen verhielten sich in den Tagen bis zum Angriffsbeginn auf21.ms2z.Mai. der Gesamtfront ruhig. Das kam dem planmäßigen Verlauf der Ablösungsbewegung und der Ergänzung der Munitionsvorräte zugute. Rach dem am 22. Mai ausgegebenen Armeebefehl der 11. Armee sollte dem (Bin* fchießen der Artillerie am 23. Mai das Wirkungsschießen am 24. Mai um 6° vormittags folgen. Der Sturm wurde auf 8° vormittags festgesetzt.
Die 119. Infanterie-Division sollte als Armeereserve bei Dobkowice—
Voratyn bereitstehen.
Die bei klarstem Wetter durchgeführten, durch Bildaufnahmen unterstützten Fliegererkundungen hatten die Feststellungen der Truppe über den Feind ergänzt. Die nördlich an die Rada anschließende, schon bekannte erste russische Stellung in der Linie Ostrow—Wietlin—Makowisko—Cetula war stark ausgebaut. Hinter ihr gliederte sich die Verteidigungszone, namentlich westlich von Rada und San vorwärts Radymno, stark in die Tiefe. So stellte der Brückenkopf von Radymno einen Waffenplatz von besonderer Abwehrkraft dar. Eine weitere Stellung, auf dem linken Flügel ebenfalls an die Rada anschließend, verlief über den engeren Brückenkopf östlich von Radymno hinter der Wisznia bis Lazy und war auf dem nördlichen Flügel aus die Höhen von Laszki und Tuchla zurück-
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
gebogen. Von der gegenüberstehenden russischen 3. Armee befand sich nach den bisherigen Feststellungen das XII. Korps (19., 12., ZL 81. Infanterie-und 3. Don-Kosaken-Division) nordöstlich von Przemysl, das XXI. Korps (33., 44. Infanterie-, 16. Kavallerie-Division) bei Radymno, das V. kaukasische Korps (3. kaukasische, 43. Infanterie-, 3. Schützen-, 7. Kavallerie-Divi-sion und drei Fußkosaken-Brigaden) nordöstlich von Iaroslau und das III. kaukasische Korps (34., 21., 52. Infanterie- und 13. sibirische Schützen-Division) bei Sieniawa. Man mußte mit zähem Widerstand der Russen rechnen. Denn die Front des Feindes deckte die wichtigsten Straßen- und Bahnverbindungen zur Hauptstadt Galiziens: von Przemysl über ©rodet,: von Radymno über Iaworow und von Iaroslau über Rawa Ruska auf Lemberg. Daher war es die Hauptsorge des Armee-Oberkommandos, für den Angriff ausreichende Munitionsmengen bereitzustellen. Da die Nachschubbahn der 11. Armee seit dem 19. Mai erst bis Strzyzow nordöstlich von Iaslo fertiggestellt war, wurden alle Truppen- und Kolonnenfahrzeuge und alles im Lande noch vorhandene Fuhrwerk mit größtem Nachdruck dem Munitionstransport dienstbar gemacht.
Das XXXXI. Reservekorps wollte den Schwerpunkt auf den Frontteil nördlich der Bahn legen, die Ostrow durchschneidet. Hier an der großen Straße nach Radymno bildeten eine Reihe von Schanzen und die Höhe 202,. die die Flußniederung weithin beherrschte, den Schlüsielpunkt der feindlichen Stellung. Die 82. Reserve-Division sollte gegen sie zu entscheidendem Durchstoß ansehen und dann die südlich anschließende Front von Norden her aufrollen. Das ö.-u. VI. Korps legte den Nachdruck seines Angriffs auf das Ostufer des San gegen Mietlin. Das Gardekorps wollte zunächst nur die verstärkte 1. Garde-Infanterie-Division gegen den Raum nördlich von Wiet-lin, zwischen Szklo und Makowisko ansehen, während die 2. Garde-Infan-terie-Diviston an der großen Straße auf Makowisko bereitgestellt wurde.. Sie sollte später, über Makowisko vorstoßend, die linke Flanke decken. Dem verstärkten X. Armeekorps war der Schuh des Angriffs nach Norden übertragen. General von Cmmich wollte diese Ausgabe offensiv lösen durch Angriff der 20. und 56. Infanterie-Division durch die Waldungen nördlich von Olchowa und auf die Höhen um Cetula, um möglichst starke Kräfte des Feindes hier festzuhalten. Die Lubaczowka-Front sollte defensiv bleiben.
Mit dem Schutz der rechten Flanke der angreifenden 11. Armee wurde die 11. bayerische Infanterie-Division mit der ihr unterstellten ungarischen 11. Kavallerie-Division betraut. Sie sollte ihren linken Flügel dem Fortschreiten des XXXXI. Reservekorps anpassen. Zugleich aber wurde ihr auch „die Einschließung der Nordfront von Przemysl" aufgetragen. 2)te
Durchbruch des XXXXI. Reservekorps.
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Mutmaßungen über Przemysl schwankten. Bei der 11. bayerischen Infanterie-Division glaubte man zunächst an eine starke Besetzung des Fortgürtels. Dann gewann man den Eindruck, daß keine namhaften russischen Kräfte sich in der Festung befänden. Abgehörte Gespräche deuteten sogar auf ihre baldige Räumung hin. Andere Nachrichten besagten, die Russen wollten aus politischen Gründen die Festung unbedingt halten. Anfangs hatte beim Oberkommando der 11. Armee nur die Absicht bestanden, gegen die Nordfront schwere Artillerie zusammenzuziehen, einen Angriff auf die Festung selbst ohne besonderen Befehl nicht durchzuführen'). Als dann jedoch der Gedanke einer gewaltsamen Wegnahme in Erwägung gezogen worden war, hatte General von Kneußl einen Angriff auf die Nordfront vorgeschlagen. Bei der Neuverteilung der schweren Artillerie war diesem Gesichtspunkt bereits Rechnung getragen. Die 11. bayerische Infanterie-Division war zugleich angewiesen, falls sich die Räumung der Festung bestätigen sollte, sofort zuzufassen. Noch aber stand dem Einrücken in die für die Einschließung der Nordfront von Przemysl vorgesehene Linie Mackowice—Vatycze—Walawa der Feind in der Stellung hinter der Rada im Wege. Man hoffte, daß der Druck der Hauptmasse der 11. Armee nach Südosten auch diese Stellung zu Fall bringen würde. Am die 11. bayerische Infanterie-Division für ihre neue Aufgabe zu stärken, wurde ihr rechter Flügel durch Kavallerie abgelöst.
Die ö.-u. 3. Armee konnte den Beginn des ihr übertragenen planmäßigen Angriffs auf die Südwestfront von Przemysl wegen des späten Eintreffens der schweren Artillerie erst für den 28. Mai in Aussicht stellen.
Noch lag dichter Frühnebel über der San-Niederung, als am 24. Mai 24. Mat. um 6° vormittags die Artillerie auf der ganzen Angriffsfront der 11. Armee mit dem Wirkungsfeuer einsetzte. Zeitgerecht um 8° vormittags begann der Sturm der Infanterie. Der zur Abwehr gerüstete Feind verfügte über eine an Zahl beträchtlichere und mit Munition reichlicher als bisher ausgestattete Artillerie. Auch aus dem Festungsbereich wirkten schwere Geschütze gegen die westlich des San angreifende Front mit. Das dort angesetzte XXXXI. Reservekorps stand daher vor einer schweren Aufgabe.
Aber schon nach wenigen Minuten führte ein entschlossener Sprung den Cnt-scheidungsflügel der 82. Reserve-Division in die Schanzen östlich von Tuczepy und weiter gegen den Nordteil von Ostrow vor. Dieser Einwirkung von Norden erlag rasch auch die Front westlich von Ostrow. Am 825 vormittags bereits konnte General von Franyois melden: „Höhen westlich und nordwest-
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lich Ostrow genommen." Kurz darauf drang die 82. Reserve-Division in den Nordteil und wenig später auch die 81. Reserve-Division in den Südteil des langgestreckten Dorfes ein. Unter dieser beiderseitigen Umfassung brach die Abwehr in Ostrow völlig zusammen. Auf dem Nordteil des Kampffeldes sehte nun Generalmajor Fabarius seiner 82. Reserve-Division die nächste Höhenlinie vor Radymno als Ziel und zog seine Reserven auf der großen Straße nach. Durch den schnellen, in entscheidender Richtung erzielten Erfolg war die russische Infanterie derart erschüttert, daß ihre Widerstandskraft versagte und sie sich in Masien ergab. Die unentwegt weiter stürmende Infanterie der 82. Reserve-Division erreichte die Höhenwellen vor Radymno, ehe es den dort im Feuer stehenden russischen Batterien möglich war, zu ihrer Rettung die Protzen heranzuziehen. Im Infanterie- und Maschinengewehr-feuer brachen die Gespanne zusammen. An der Straße auf Radymno durchbrechende Reserven gelangten in den Rücken der tapfer sich wehrenden Batterien. Nach diesen großen, hauptsächlich der Entschlußkraft der Truppe zu dankenden Erfolgen gewann die Führung der 82. Reserve-Division den Eindruck, daß bei entschlossenem Zufasien auch Radymno selbst sogleich fallen würde. General Fabarius befahl daher um 985 vormittags die Fortführung des Angriffs auf den Ort. Weiter südlich hatte die 81. Reserve-Division auf den Höhen westlich von Skoloszow neuen Widerstand gefunden. Nachdem aber Generalmajor von Stocken seinen bisher noch zurückgehaltenen rechten Flügel nordwestlich von Zamojsce zur Umfassung hatte antreten lassen, nach Süden gedeckt durch die 11. bayerische Infanterie-Division, brach die feindliche Abwehr so schnell zusammen, daß auch hier russische Batterien überrannt wurden. Nun wollte die 81. Reserve-Division mit der Masse in den Südteil von Skoloszow vorstoßen, während der rechte Flügel auf den Höhen nördlich der unteren, tief eingeschnittenen Rada dieses Vorgehen zu decken hatte. Beide Divisionen des XXXXI. Reservekorps waren also um 10° vormittags, nur zwei Stunden nach Beginn des Sturmes, bereits zum Angriff auf die zweite feindliche Stellungszone angesetzt. Flieger hatten östlich von Radymno zahlreiche Marschkolonnen im Rückzüge hinter den San beobachtet.
Nicht so erfolgreich verlief zunächst der Kampf beim ö.-u. VI. Korps. Zwar hatte sich sein rechter Flügel südlich des San dem schnellen Siegeslauf der 82. Reserve-Division angeschlossen. Um 10° vormittags war der Weg Ostrow—Wysocko erreicht. Einige Geschütze waren auch hier den Ungarn in die Hand gefallen. Die Front der ungarischen 39. Infanterie-Division des Feldmarschalleutnants von Hadfy hatte aber dabei gedehnt werden müssen, da ihr linker Flügel am San bei Adamowka zunächst gefesselt blieb. Denn dem Hauptangriff des VI. Korps auf dem rechten User gegen
Radymno wird genommen.
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Wietlin war ein schneller Erfolg nicht beschieden. An die San-Riederung und den Szklo angelehnt, leistete der Feind namentlich in Schanzen westlich von Wietlin hartnäckigen Widerstand. Der Angriff stockte hier völlig. Am das Vorgehen nördlich des San in Fluß zu bringen und damit auch das flankierende Feuer zu beseitigen, das den Angriff auf Radymno hemmte, schwenkte die Artillerie der ungarischen 39. Infanterie-Division und zum Teil auch die des XXXXI. Reservekorps ihr Feuer nach Norden. Indessen wirkte diese Unterstützung nur in den Kampfraum unmittelbar östlich des San. Vei Wietlin lag die ö.-u. 12. Infanterie-Division des Feld-marschalleutnants Kestranek vorerst noch fest.
Ebenso erging es dem links benachbarten Südflügel der 1. Garde-Infanterie-Division. Unter der Wirkung feindlichen Flankenfeuers von Wietlin her vermochte er zunächst nicht vorwärts zu kommen. Hingegen gelang ein weiter nördlich in der Mitte zwischen Szklo und Makowisko angesetzter Durchbruch. Rach Norden einschwenkende Teile schufen bald auch dem durch Makowiflo angreifenden linken Flügel freie Bahn zum Durchstoß durch die Bresche in Richtung auf Vobrowka. Die hier zur Unterstützung der 1. Garde-Infanterie-Division eingesetzten Verbände der 2. Garde-Infanterie-Division wurden dann zwecks einheitlicher Vefehlsführung auf dem linken Korpsflügel General von Winckler wieder unterstellt.
Das X. Armeekorps hatte bereits vor Beginn des allgemeinen Angriffs, der nach Gefangenenaussagen dem Feinde bekannt geworden sein sollte, in der Frühe des Morgens die Stellungen um Cetula durch überraschenden Angriff nehmen wollen. Das war jedoch nicht gelungen. Durch diesen Versuch aufmerksam gemacht, stand der Feind zur Abwehr gerüstet dem X. Armeekorps gegenüber. Zu einem einheitlichen Angriff kam es nun nicht mehr. Der rechte Korpsflügel, die 20. Infanterie-Division, von der Garde durch eine Sumpffläche getrennt, gewann wohl etwas Gelände in Richtung auf Olchowa. Aber der linke Flügel und die 56. Infanterie-Division lagen in schweren Kämpfen um Cetula fest.
Inzwischen hatte der Angriff des XXXXI. Reservekorps auf Radymno einen günstigen Fortgang genommen. Am Mittag befand sich der Ort in der Hand der 82. Reserve-Division, die 81. drang weiter südlich in das unmittelbar anschließende Dorf Skoloszow ein. Während dieser Kämpfe stellte die Fliegererkundung fest, daß die Chauffee von Radymno über Dunkowice auf Zaleska Wola mit mehreren nebeneinander zurückmarschierenden Kolonnen bedeckt war. Eiligst strebten Truppen aller Waffen den San-Brücken östlich von Radymno zu. Ein wildes Durcheinander entstand in den sich dort stauenden Masten. Flieger wiesen der weittragenden
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Artillerie diese willkommenen Ziele. Vei dem Vordringen der 82. Reserve-Division durch Radymno war unter der russischen Infanterie aufs neue heftige Panik entstanden, so daß weitere Batterien, die sich durch die Stadt zu retten suchten, in deutsche Hand fielen. Schon glaubten beide Divisionen, diesen in Auflösung begriffenen Verbänden zur Verfolgung nachstoßen zu können. Indessen setzte sich der Feind vor der 81. Reserve-Division auf den Höhen des östlichen Rada-Afers wieder in vorbereiteten Stellungen. Im Rada-Grunde ordnete sich die Division zu neuem Angriff, während der rechte Flügel auf dem östlichen Rada-Afer in Richtung auf Zadabrowie zur Flankensicherung vorstoßen sollte. Durch das Zusammenschieben der Division nach Skoloszow hinein war zwischen ihr und dem Nordflügel der 11. bayerischen Infanterie-Division, die inzwischen Zablotce besetzt hatte, eine merkliche Lücke entstanden. Die Fortführung des Angriffs stellte sich hier als unmöglich heraus, um so mehr, als der Feind selbst zum Gegenstoß antrat. Die 82. Reserve-Division vermochte zwar noch sich auf der flachen Höhe östlich von Radymno festzusetzen. Damit aber schien die Angriffskraft auch dieser im Ortskampf stark durcheinander geratenen Division zunächst erschöpft. Ihr linker Flügel mußte stark zurückgebogen bleiben, da die nördlich anschließenden Angarn dem schnellen Angriffsverlauf nicht hatten folgen können. Der Brückenkopf von Zagrody flankierte wirksam jedes weitere Vorgehen der Division. Gegen ihn schwenkten frisch herangeführte Reserven zunächst nach Osten ein, stießen dort aber um 3° nachmittags auf starke feindliche Abwehr. Obwohl somit der Angriff des XXXXI. Reservekorps auf der ganzen Linie zum Stehen gekommen war, gab sich General von Fr an 6 o i s doch der Hoffnung hin, noch heute an die San-Linie, womöglich noch weiter vorstoßen zu können. Auf diese dem Armee-Oberkommando gemeldete Absicht erging um 3® nachmittags die zustimmende Antwort: „Da Feind östlich Przemysl noch hält, ist baldiges Vorgehen gegen seinen Rücken sehr aussichtsvoll."
Als sich bald darauf herausstellte, daß es der russischen Führung doch gelungen war, ihre zusammengebrochene Front zwischen der Rada und dem Brückenkopf von Zagrody neu zu festigen, entschloß sich das Armee-Oberkommando, die Armeereserve in die Lücke einzuschieben, die zwischen der 11. bayerischen Infanterie-Division und dem XXXXT. Reservekorps entstanden war. Man hoffte damit dem Vorgehen dieses Korps gegen den San neuen Auftrieb zu geben. Am 445 nachmittags erging an die 119. Infanterie-Division der Befehl, über Zamojsce—Zadabrowie auf Dusowce anzutreten, „um morgen auf Medyka vorstoßen zu können". Die 11. bayerische Infanterie-Division befahl ihrem linken Flügel bei Zablotce, sich dem Vorgehen der Armeereserve anzuschließen. Die 119. Infanterie-
Auch östlich des San große Erfolge.
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Division erreichte aber erst nach Einbruch der Dunkelheit die Linie Zablotce—Zamojsce. Die Lücke war geschlossen. Zu einheitlichem Vorgehen beider Divisionen gegen die Stellungen auf den Höhen östlich der Rada kam es aber nicht mehr. Auch das XXXXI. Reservekorps verschob die Weiterführung seines Angriffs auf den folgenden Tag. Der 24. Mai war ein Ruhmestag für das Korps gewesen. Die in frischem Drang nach vorwärts scharf zufassende Infanterie hatte, wirksam unterstützt durch die sie begleitende Artillerie, zwei feindliche Stellungszonen durchstoßen und damit dem Gegner den starken Brückenkopf von Radymno entrissen. Hierbei waren 52 Geschütze erbeutet und 9000 Gefangene eingebracht worden.
Die am rechten Flügel des ö.-u. VI. Korps in dem schwierigen Riederungsgelände beiderseits des San angesetzte 39. Infanterie-Division hatte mit dem schnellen Vordringen des XXXXI. Reservekorps nicht Schritt halten können. Auch hemmte Flankenfeuer von Wietlin her ihren Angriff. Erst um 4° nachmittags war der Rordausgang von Radymno erreicht. Der Brückenkopf von Zagrody gebot auch hier, wie bei der rechts benachbarten 82. Reserve-Division, weiterem Vorgehen halt. Der frontale Angriff der Ungarn drang nicht durch. Auf dem Kampffelde der 12. Infanterie-Divi» sion um Wietlin war zwar um 11° vormittags die heiß umstrittene Schanze westlich des Ortes mit Unterstützung durch die 1. Garde-Infanterie-Division zu Fall gebracht worden. Wietlin selbst aber wurde immer noch hartnäckig vom Feinde gehalten. Erst als die Division ihren Hauptstoß durch den Nordteil des Ortes gegen die Straße Wysocko—Dresina richtete und diese um 2° nachmittags erreichte, brach endlich auch in Wietlin der Widerstand zusammen. In der Hoffnung, daß nun auch der durch besonders schwieriges sumpfiges Gelände zwischen dem San und Wietlin nur langsam vorgetragene Angriff der inneren Flügel beider Divisionen in schnelleren Fluß kommen würde, erhielt das ö.°u. VI. Korps um 3° nachmittags den Befehl des Armee-Oberkommandos, heute noch „die Linie östlich Grabowiec—Dunko-wice—Lazy im Anschluß an XXXXI. Reservekorps und Gardekorps zu gewinnen". Das stellte sich freilich als unmöglich heraus. Das Armee-Oberkommando betonte nunmehr, daß es darauf ankomme, „möglichst bald den Widerstand bei Zagrody durch Vorgehen auf dem rechten San-Afer zu brechen und so das Vorkommen des XXXXI. Reservekorps zu erleichtern . . . Vor allem müsse vom VI. Korps bald die Straße Radymno— Grabowiec unter Feuer genommen werden können". Es gelang jedoch der ö.-u. 12. Infanterie-Division in dem offenen, der Flankierung ausgesetzten Gelände nicht, gegen die starke feindliche Stellung zwischen Zagrody und Lazy noch erheblich voranzukommen. Rur unmittelbar am San erreichten die durch den Fluß getrennten Teile der ungarischen 39. Infanterie-Divi-
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sion den Zusammenschluß. Der schwere Kampftag hatte dem ö.-u. VI. Korps 7000 Gefangene und 16 Geschütze eingebracht.
Mit der günstigen Wendung, die der Kampf nördlich von Wietlin mittags genommen hatte, war auch für den rechten Flügel des Gardekorps eine Entlastung eingetreten. Aus ihn legte jetzt das Generalkommando den Schwerpunkt des weiteren Vorgehens. In Linie Dresina—AdamowkV) stieß die 1. Garde-Infanterie-Division um 1® mittags auf neuen starken Widerstand. Nachdem dieser gebrochen, drängte die Division gegen das stark besetzte Lazy vor. Der Feind antwortete mit heftigen Gegenstößen. Vis zum Abend tobten hier schwere Kämpfe, ohne daß erheblich Gelände gewonnen werden konnte. Auf dem linken Flügel schritt die 2. Garde-Infanterie-Division nach Einnahme der Höhen nordöstlich von Makowisko zum Angriff gegen Adamowka—Vobrowka. Aber auch hier stürzte sich der Feind um 6° abends dem Angreifer entgegen. Vobrowka wurde nicht mehr erreicht. 5000 Gefangene waren im Lause des Tages vom Gardekorps eingebracht worden.
Nach den Erfolgen der 2. Garde-Infanterie-Division bei Makowisko war auch der rechte Flügel des L A r m e e k o r p s am Nachmittag besser vorangekommen. Gegen 7®abends fielen die feindlichenWaldstellungen beiderseits vonOlchowa. In zähen Kämpfen stießen Teile der 20. Infanterie-Division bis zum Ostrande des Waldes durch, um 10° abends wurde Chodanie genommen. Der immer wieder heftig aufflammende Kamps um Cetula führte indessen nicht mehr zum Ziel. Die Führung gewann den Eindruck, daß hier und auch an der Lubaczowka-Front noch starke russische Kräfte standen. Dem Angriff des Korps Cmmich war es also trotz geringen Geländegewinns gelungen, beträchtlichen Feind hier, fern von der Entscheidung, festzuhalten.
Das Gesamtergebnis des Tages bestand darin, daß die 11. Armee die neu aufgerichtete feindliche Front auf 20 Kilometer Breite durchbrochen und 5 Kilometer Raum gewonnen hatte. Immerhin war es dem Feinde gelungen, sich, angelehnt an Przemysl, in einer nach Westen gerichteten Abwehrstellung zu sehen. Aus Gefangenenaussagen ging hervor, daß am 22. Mai der Befehl gegeben war, Przemysl zu halten. Flieger hatten am 24. Mai nur geringen Verkehr aus der Festung in östlicher Richtung festgestellt. Wurde diese behauptet, so mußte die 11. Armee damit rechnen, daß der Feind auch an seiner die Verbindungen von Przemysl schützenden Anschlußfront weiterhin stärksten Widerstand leisten würde. In einer um 7® abends an die Oberste Heeresleitung erstatteten Meldung, die auch
0 Südlich von Vobrowka, nördlich des Szklo gelegen; nicht zu verwechseln mit Wbamotvia nördlich von Radymno.
Wiedererstarken des Feindes westlich des San.
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den Generalkommandos zuging, sprach das Armee-Oberkommando seine weiteren Absichten dahin aus, „den heute errungenen Erfolg auszunutzen und mit möglichster Kraft in den Rücken des Feindes östlich Przemysl vor-zustoßen, ... um dem Feind nach Möglichkeit den Rückzug über Mosciska zu verlegen". Das XXXXI. Reservekorps sollte alles tun, „um der 119. Infanterie-Division den aussichtsreichen Vorstoß auf Medyka zu ermöglichen".
Da die Kämpfe am Abend noch nicht abgeschlossen waren, konnte das es. Mai. Oberkommando nicht übersehen, welche Lage sich am anderen Morgen er-geben würde. Cs blieb daher der Initiative der Unterführer überlassen, ihre bisherigen Erfolge im Rahmen der gegebenen Angriffsziele am 25. Mai auszuweiten. Auf dem rechten Armeeflügel gelang das zunächst noch nicht.
Die 11. bayerische Infanterie-Division hoffte, durch ihr Vorgehen im Anschluß an die 119. Infanterie-Division die Rada-Stellung von Norden her aufrollen und dann in die erstrebte Einschließungsstellung gegenüber der Nordfront von Przemysl einschwenken zu können. Die 119. Infanterie-Division hatte in der Nacht noch die Höhe östlich von Zablotce erreicht und wollte mit ihrem rechten Flügel in südlicher Richtung an der Rada entlang vorstoßen. Dieser Angriff kam aber bis zu den Mittagsstunden nicht vorwärts, während es den Bayern gelang, im Handstreich Drohojow zu nehmen. Beim XXXXI. Neserv ekorps machte die 81. Reserve-Division ihr weiteres Vordringen aus Zamojsce— Skoloszow nach Osten vom Vorwärtskommen der 119. Infanterie-Division in ihrer rechten Flanke abhängig. Da auch die 82. Reserve-Division in der Nacht starke Angriffe hatte abweisen müssen, hielt General von Francois eine planmäßige Vorbereitung des Angriffs gegen den wiedererstarkten Feind für erforderlich. Vor allem schien das Vorgehen der Division nach Osten erst möglich, wenn in der linken Flanke der Brückenkopf von Zagrody gefallen war.
Hier hatte der nächtliche und am Vormittage wiederholte Sturm der Angarn noch keinen Erfolg erzielt. Eine Entlastung durch die Mitte des ö.-u. VI. Korps, die in dem offenen Gelände nördlich des San nicht vorwärts kam, war nicht zu erwarten. Daher legte Feldmarschalleutnant von Arz den Nachdruck auf den linken Korpsflügel, um Lazy im Verein mit dem Südflügel der Garde zu nehmen. Dies gelang um 1030 vormittags.
Der Ortskampf zog aber auch weiter südlich angreifende Teile an. In der hierdurch entstandenen Lücke nördlich des San wurde nun die Korpsreserve gegen den Rücken des Brückenkopfes von Zagrody angesetzt.
Das Gardekorps beabsichtigte eine Linksschwenkung im Angriff. Während der linke Flügel die in den Morgenstunden erreichten Höhen um
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Vobrowka festhalten sollte, hatte der rechte über Lazy vorwärtszuschwenken. Nachdem dieser Ort genommen war, wurde hier ohne starke feindliche Gegenwehr der Anschluß an das VI. Korps erreicht. Die Mitte des Gardekorps hatte erhebliche Geländeschwierigkeiten in der sumpfigen Niederung namentlich für die Artillerie in ihrer Entwicklung zum Angriff zu überwinden.
Vor der Front des X. Armeekorps hatte der Feind noch in der Nacht das heiß umstrittene Cetula geräumt. Um 3*° vormittags war die in die Lubaczowka-Niederung vorspringende Höhennase östlich des Ortes von der 56. Infanterie-Division besetzt worden. General von Cmmich beabsichtigte nun, auch die 20. Infanterie-Division bei und nördlich von Chodanie zum Vorstoß gegen die obere Lubaczowka bereitzustellen. Dieser Entschluß ries zunächst beim Armee-Oberkommando eine gewisse Besorgnis hervor, daß der bisher gewonnene Brückenkopf aus östlicher Richtung bedroht werden könne. Die Sorge wurde indessen bald zerstreut, da bereits in den frühen Morgenstunden auch RyszkowaWola und Zapalow vom Feinde frei gefunden waren. Flieger bestätigten um 9° vormittags, daß die Russen ihre Kräfte nach Südosten zurückgenommen hatten. Die Vorbewegung der 20. Infanterie-Division sollte um Mittag vor sich gehen.
Das Oberkommando der 11. Armee beurteilte zu dieser Zeit die Lage dahin, daß die bisherigen guten Fortschritte nördlich der Wisznia auch der Angriffsgruppe beiderseits des San vorwärtshelfen würden, die östlich von Radymno noch starken Widerstand fand. Gelang es dieser, an und über den San zu kommen, wozu berechtigte Aussicht vorhanden zu sein schien, so mußte sich die Einwirkung auf den Feind vor der 3. und 2. Armee fühlbar machen und ihn zum Abzug zwingen. Daraus ergab sich die Notwendigkeit, den Angriff der 11. Armee in der eingeschlagenen Richtung mit allen Kräften fortzusetzen.
Die Hoffnungen des Armee-Oberkommandos sollten sich indessen zunächst noch nicht in vollem Umfange erfüllen. Der rechte Armeeflügel kam nicht wesentlich vorwärts. Im Laufe des Nachmittags gelang es der 11. bayerischen Infanterie-Division, unter heftigen Kämpfen ihren linken Flügel bei und nördlich von Drohojow vorzuschieben. Die 119. Infanterie-Division schloß sich auf den Höhen östlich der Rada an, lag aber bald wieder vor Zadabrowie fest. Infolgedessen konnte auch die auf dem rechten Flügel des XXXXI. Reservekorps unter starkem Artillerieflankenfeuer leidende 81. Reserve-Division nicht nennenswert Gelände gewinnen. Hingegen nahm die 82. Reserve-Division, als um 445 nachmittags der Brückenkopf von Zagrody gefallen war, vom linken Flügel aus, den Angriff gegen die Linie Swiete—Grabowiec wieder auf.
Fortschritte östlich des San am 25. Mai.
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General von Frangois beabsichtigte, die 81. Reserve-Division später hinter der 82. nachzuziehen, um sie aus dem Feuerbereich der Festung zu nehmen. Das Armee-Oberkommando war hiermit einverstanden und wies das Korps auf die Richtung Stubno östlich des San und auf die Besetzung von Sosnica zur Sicherung der rechten Flanke hin. Der 82. Reserve-Division gelang es, trotz eintretender Dunkelheit noch bis Swiete vorzustürmen. Dort traf sie aber auf so starken Widerstand, daß die Absicht, in der Nacht noch Swiete und Sosnica zu nehmen, nicht mehr durchgeführt werden konnte. Der linke Flügel hielt am San bei Grabowiec Anschluß an die Angarn. Da sich die Durchführung der Aufgaben des XXXXI. Reservekorps schwieriger als angenommen erwiesen hatte, war das Armee-Oberkommando bestrebt, bald wieder eine Versügungstruppe in die Hand zu bekommen, um nötigenfalls seinen Absichten Nachdruck geben zu können. Die 119. Infanterie-Division erhielt daher Befehl, vorerst bei Zablotce zu verbleiben.
Mehr Raumgewinn brachte der Kampf in der Mitte der 11. Armee. Durch den Stoß der Korpsreserve des ö.-u. VI. Korps, der um 4° nachmittags den Brückenkopf von Zagrody im Rücken traf, war dieser zu Fall gebracht. Daraufhin stieß die 39. Infanterie-Division auf dem Ostufer des San bis Grabowiec vor. Auch die 12. Infanterie-Division drängte nach siegreichem Abschluß der Kämpfe um Lazy im Laufe des Nachmit-tags über die Wisznia zwischen Dunkowice und Lazy dem weichenden Feinde nach.
Der rechte Flügel des Gardekorps stand zunächst am Rachmittage noch im Kampfe nördlich von Lazy. Die Mitte hatte bereits um 1® nachmittags zum Angriff gegen die Höhen westlich und nördlich von Laszki angesetzt. Trotz heftiger, auch offensiv geführter Abwehr und nach lebhaften Ortsgefechten mußte der Feind um 430 nachmittags Laszki preisgeben. Die Mitte gelangte abends beiderseits des Szklo noch bis Charytany—Zameznich. Auch der rechte Flügel konnte, ohne starken Widerstand zu finden, über Lazy hinaus nach Osten weiterbringen. Am linken Korpsflügel schritten kurz nach 2° nachmittags von Vobrowka aus die dort gestaffelten Kräfte zum Angriff auf ZagrodyH. Trotz starken Flankenfeuers von Norden her wurde um 6° abends der Westrand des Ortes erreicht.
Das X. Armeekorps vollzog im Laufe des Nachmittags die beabsichtigte Schwenkung seiner Mitte in die Linie Zapalow—Lubaczowka ohne feindliche Gegenwirkung. Teile der 20. Infanterie-Division beteiligten sich auch an dem Kampfe der Garde um Zagrody.
0 An der Bahn Vobrowka—Oleszyce, nicht zu verwechseln mit Zagrody am San auf dem Kampffeld des ö.°u. VI. Korps.
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Vei der ö.-u. 4. Armee war es seit Beginn der Schlacht nördlich von Przemysl zu entscheidenden Kampfhandlungen noch nicht gekommen. Ihr Befehlsbereich hatte sich inzwischen über die Weichsel ausgedehnt, indem ihr die ö.-u. 1. Armee als „Gruppe Kirchbach'") unterstellt wurde. Auf dem nördlichen Flußufer hatte der Feind am 22. Mai seine Stellungen vor dem linken Flügel der ö.-u. 1. Armee und der Landwehr-Division Vredow geräumt, sich jedoch bereits einige Kilometer weiter östlich zu neuem Widerstände gesetzt. Nach einem Scheinunternehmen am 24. Mai an der San-Front erfolgte am nächsten Tage beiderseits der Weichsel der geplante Vorstoß auf Sandomierz. Indessen nur einige feindliche Vorstellungen wurden überwunden. Das Oberkommando der 11. Armee ersuchte die 4. Armee um 7° abends, die im Brückenkopf von Sieniawa eingesetzten Teile der deutschen 19. Infanterie-Division abzulösen, um auch sie zum Durchbruch der 11. Armee heranziehen zu können. Die Ablösung wurde für die Nacht zum 27. Mai zugesagt.
Die Fortschritte der rechts benachbarten ö.-u. 3. und 2. Armee gegen die Straße ostwärts von Przemysl waren bisher gering gewesen. Der Forderung des Genemls von Conrad, daß der Angriff beider Armeen am 25. Mai die Straße Mosciska—Przemysl erreichen solle, hatte die Truppe nicht nachkommen können. Ein Einbruch in den Feind war nicht erfolgt. Ernsthafte Bedrohung der rückwärtigen Verbindungen von Przemysl aus südlicher Richtung bestand also bislang nicht. Viel trug hierzu der Amstand bei, daß zu dem Angriff der 3. Armee gegen die Westfront von Przemysl starke Artillerie eingesetzt werden mußte, so daß nur schwache Artillerie für den Stoß der inneren Flügel beider Armeen zur Verfügung stand. Dazu kam auch noch Munitionsmangel infolge der schwierigen Nachschubverhältnisse im Gebirge. Cs war beabsichtigt, das Veskidenkorps und den linken Flügel der 2. Armee am 26. Mai unter dem Befehl des Generals von der Marwitz enger zusammenzufassen, um einen Erfolg zu erreichen.
Am Abend stellten Flieger den Abmarsch feindlicher Kolonnen aus Przemysl nach Osten und von Valice vor dem rechten Flügel der 3. Armee nach Nordosten fest. Ob diese Bewegungen als Einleitung eines Abzuges des Feindes nach Osten anzusehen waren oder zur Verstärkung seiner von der 11. Armee schwer bedrängten Front dienen sollten, war ungewiß. Jedenfalls blieb für alle Armeen die Aufgabe bestehen, ihre Angriffe in den eingeschlagenen Richtungen mit allen Kräften fortzusetzen.
J) An Stelle des Generals der Kavallerie Frhr. von Kirchbach hatte am 22. Mai das Korpskdo. VIII. K. den Befehl über das bisherige Korps Kirchbach übernommen. Der bisherige Führer der ö.-u. 1. Armee, General der Kavallerie Dankl, fand Verwendung an der italienischen Front. Vgl. S. 26.
Korps Francois wird gegen den Rücken der Festung angesetzt.
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Der Vormittag des 26. Mai brachte für den rechten Flügel der 2«. Mar. 11. Armee keine Veränderung von Belang. Da die 119. Infanterie-Division durch das Armee-Oberkommando angehalten war, vermochte die auf sich allein angewiesene 11. bayerische Infanterie-Division jenseits der Nada nicht vorwärts zu kommen. Bei dem XXXXI. Reservekorps stand die 82. Reserve-Division auch weiterhin in zähem, entscheidungslosem Dorfkampf um Swiete. Vor dem ö.-u. VI. Korps war der Feind in eine Stellung östlich von Grabowiec—Nienowice—Piaski ausgewichen. Am 10° vormittags wurde er hier angegriffen. Auch vor dem Gardekorps war er zurückgegangen. Erst gegen Mittag stieß die 1. Garde-Infanterie-Division beiderseits von Zaleska Mola auf Widerstand. Die 2. Garde-Infanterie-Division durchschritt mittags im Vormarsch Miekisz Stary und Korzenica. Der Feind stand hier in Linie Tuchla—Miekisz Rowy—Bukowina gegenüber.
General Freiherr von Plettenberg beabsichtigte, unter Deckung der linken Flanke durch die 2. Garde-Infanterie-Division die 1. Garde-Infanterie-Division auf Chalupki Chotynieckie vorstoßen zu laßen.
In dieser Lage gab Generaloberst von Mackensen um 1° nachmittags an General von Francois folgenden Befehl: „Da das XXXXI. Reservekorps in der Front nicht mehr vorwärtskommt, muß es nunmehr versuchen, unter dem Schutze der für diesen Zweck von jetzt ab unterstellten 119. Infanterie-Division die 81. Reserve-Division herauszuziehen und links der 82. Reserve-Division über den San zu bringen ... Die Gesamtlage erfordert dringend, daß noch heute der San in Linie Varycz—Nienowice überschritten wird."
General von Francois befahl daraufhin um 330 nachmittags der 82. Reserve-Division, bis zum Südrand von Swiete durchzustoßen. Dieses Ziel war um 5° nachmittags erreicht. Äon der 81. Reserve-Division sollten schon jetzt die zunächst verfügbaren Teile und in der Nacht nach Ablösung durch die 119. Infanterie-Division der Rest hinter der Kampffront der 82. Reserve-Division über Michalowka das östliche San-Afer erreichen, um später auf dem kürzesten Wege über Stubno—Vucow gegen die Straße Przemysl—Mosciska vorzustoßen und die der Division zur Verfügung gestellte weittragende Artillerie gegen die Verbindungen der Festung wirken zu lassen. Während der Nacht schob sich die 81. Reserve-Division zwischen die am Ostufer des San befindlichen Teile der 82. Reserve-Division und das ö.-u. VI. Korps ein.
Dieses Korps hatte um 7° abends mit der 39. Infanterie-Division Nienowice dem Feinde entrissen und ihn bis Gaje verfolgt. Die 12. Infanterie-Division war, schwachem Feinde nachdrängend, bis Chotyniec gelangt.
So war ein Keil weit nach Südosten vorgetrieben worden. Links gestaffelt
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
schob sich die 1. Garde-Infanterie-Division unter Kämpfen mit feindlichen Nachhuten durch Zaleska Wola vor. Durch die breite Szklo-Niederung von ihr getrennt, gelangte die 2. Gard e-Infant erie-D i v i s i o n bis an die Höhen westlich von Tuchla. Als Armeegrenze für das X. Armeekorps wurde der Unterlauf der Lubaczowka festgelegt, nachdem die 19. Infanterie-Division aus der Front gelöst und bei Iaroslau versammelt war. Kämpfe fanden an diesem Tage hier nicht mehr statt.
Die ö.-u. 4. Armee hatte den Angriff auf Sandomierz an der Weichsel von dem Vorwärtskommen der weiter östlich eingesetzten deutschen 47. Reserve-Division abhängig gemacht. Diese Division lag aber sehr bald vor starken Waldstellungen fest. Ohne erheblichen Mehreinsatz an Artillerie war hier ein Erfolg nicht zu erwarten. Auch an der Naht der ö.-u. 3. und 2. Armee wurden am 26. Mai keine Erfolge erzielt.
Die verbündeten Heeresleitungen hatten bei ihren Vereinbarungen über die Fortführung der Operationen am 12. Mai1) den späteren Ausbau der San—Wisznia-Linie vorgesehen. Nachdem nunmehr wichtige Teile dieses Abschnitts in die Hand der angreifenden Armeen gefallen waren, ordnete General von Conrad am 26. Mai den Ausbau der San-Linie und der gewonnenen Brückenköpfe mit dem Hinzufügen an, daß dies „natürlich die Fortsetzung der Offensive in keiner Weise behindern dürfe". Die ö.-u. 4. Armee sollte den Brückenkopf von Sieniawa und im San—Weichsel-Winkel die bisher erreichte Linie befestigen. Die 11. Armee befahl daraufhin dem X. und Gardekorps den Ausbau ihrer Stellungen nach Vorschieben des rechten Flügels bis Mlyny nördlich der großen Straße nach Krakowiec. Das ö.-u. VI. Korps sollte zuvor nördlich der Wisznia über Kalnikow —Zalazie hinaus vorstoßen. Für die Angriffsgruppe des Generals von Francois wurde befohlen: „XXXXI. Reservekorps mit 119. Infanterie-Division behält die Aufgabe, südlich der Wisznia, die nunmehr die Grenze zum VI. Korps bildet, in Richtung auf die Straße Medyka— Mosciska vorzustoßen. Rechte Grenze frei." Die Deckung der rechten Flanke auf dem westlichen San-Afer verblieb der 11. bayerischen Infanterie-Division mit der ungarischen 11. Kavallerie-Division. Damit wurde General von Frangois weiter Spielraum gegeben, um den Angriffskeil aus dem bisher gewonnenen großen Brückenkopf der 11. Armee heraus gegen die Verbindungen von Przemysl vorzutreiben. Das VI. und Gardekorps sollten zum Schutz der linken Flanke gestaffelt nach Südosten folgen.
*) S. 139.
Die Stoßgruppe Franeois wird geschwächt.
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Im Sinne des ihm gewordenen Auftrages beabsichtigte General von Irangors am 27.Mai, seine drei Divisionen baldmöglichst auf dem Ostufer des San zum entscheidenden Stoße anzusetzen. Er forderte daher um ll45 vormittags die 11. bayerische Infanterie-Division auf, alle auf dem Westufer des San befindlichen Truppen der 119. Infanterie- und der 82. Reserve-Division abzulösen. General vonKneußl hingegen war der Ansicht, daß bei der dadurch bedingten Ausdehnung seiner Division auf zwölf Kilometer ihm die Überwindung der feindlichen Höhenstellung östlich der Rada nicht mehr möglich sei. Er hielt die Mitwirkung der dem General von Frangois unterstellten Verbände bei dieser Aufgabe auf dem westlichen San-Ufer noch für erforderlich und wurde in dem Sinne bei General von Frangois vorstellig. Dieser war jedoch überzeugt, daß durch den mit voller Kraft geführten Stoß auf dem östlichen Äser auch der Widerstand auf dem westlichen gegenüber der 11. bayerischen Infanterie-Division zusammenbrechen würde. Das Armee-Oberkommando hatte zunächst den Maßnahmen des Generals von Frangois zugestimmt, entschied jedoch nach Eingang der Stellungnahme des Generals von Kneußl für diesen und befahl um 315 nachmittags: „XXXXI. Reservekorps hat sich zunächst mit seinem rechten Flügel in den gesicherten Besitz von Sosnica zu setzen, mit dem linken Flügel über Stubienko auf Stubno vorzuschreiten. Rach Gewinnung von Sosnica hat der rechte Flügel die Richtung auf Vucow zu nehmen. Die 119. Infanterie-Division ist zunächst auf Sosnica nachzuziehen. Anschluß an 11. bayerische Infanterie-Division über Zadabrowie auf Drohojow." Unter diesen Umständen konnte der entscheidende Vorstoß auf dem Ostufer mit voller Wucht erst wirksam werden, wenn die Gruppe Frangois ihre Aufgabe auf dem Westufer erledigt hatte. Die Einwirkung der Festung Przemysl auf den Gang der Operationen machte sich geltend.
Der inzwischen eingeleitete Angriffskampf des XXXXI. Reservekorps auf beiden San-Ufern blieb durch diesen Meinungsaustausch unberührt. Die 119. Infanterie-Division entriß erst abends dem Feinde die Höhen unmittelbar südlich von Zamojsce und hielt dort Anschluß an die 82. Reserve-Division. Den mehrfach wiederholten Angriffen dieser Division gegen den auch durch Artillerie der Festung wirksam unterstützten Feind war ein Erfolg versagt geblieben. Erst als nachmittags Teile der Division vom anderen San-Ufer eingriffen, gelang es schließlich, in den Nordteil von Sosnica einzudringen. Die nunmehr auf dem flachen Ostufer zwischen San und Wisznia eingesetzte 81. Reserve-Division drückte mit dem Schwerpunkt auf dem linken Flügel nach Südosten vor. Auf harten Widerstand stieß sie in der Linie Varycz—Stubienko. Unter dem Druck ihrer Umfassung mußte der Feind aber um 4* nachmittags Stubienko und um 615
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
abends auch Stubno aufgeben. Die Division wollte nun noch bis Poz-dziacz vorgehen, um Einwirkung auf Bahn und Straße Przemysl—Medyka —Mosciska zu gewinnen, indessen genügte ihre Stoßkraft hierzu in dem immer breiter werdenden Angriffsraum nicht mehr. Ihr rechter Flügel blieb am San vor Varycz liegen, ihr linker konnte am Abend noch Raklo dem Feinde entreißen.
östlich der Wisznia hatten das ö.-u. "VI. und das Gardekorps das Vorgehen des XXXXI.Reservekorps mit Staffeln vom rechten Flügel
begleitet. In den Nachmittagsstunden nahmen die Verbündeten nach hartem Kampf Kalnikow und die Höhen südlich des Ortes. Weiter nördlich wurde die Linie Ostrand Kalnikow—westlich von Mlyny—Höhe westlich von Tuchla erkämpft, in der die geplante Abwehrfront ausgebaut werden sollte.
Auf dem linken Armeeflügel kündigte sich eine ernste Gefahr an. Schon in der Nacht und während des ganzen Tages mußten auf der Gesamtfront der 20. und der nunmehr über elf Kilometer ausgedehnten 56. Infanterie-Division starke Vorstöße des Feindes über die Lubaczowka abgewiesen werden. Namentlich vor dem linken Flügel der 56. Infanterie-Division am Lubaczowka-Knie östlich von CzerwonaWola schienen sich starke feindliche Kräfte zusammenzuballen. Der Anmarsch beträchtlicher, bei Lubaczow ausgeladener Truppen wurde um Mittag durch Flieger gemeldet. Das Armee-Oberkommando stellte daher aus der als Reserve zurückgezogenen 19. Infanterie-Division ein Regiment bei Piwoda für den rechten Flügel des X. Armeekorps bereit und ein weiteres Regiment der 56. Infanterie-Division zur Verfügung.
Während der linke Flügel der 11. Armee trotz der feindlichen Angriffe unerschüttert feststand, war den Russen nördlich der Lubaczowka gegen den Brückenkopf von Sieniawa ein großer Erfolg beschieden. Nachdem durch das Versagen tschechischer Truppen nachts die Slawa-Höhe verloren gegangen war, brach die ganze Abwehr des Verbündeten völlig zusammen. Zahlreiche ö.-u. Batterien fielen hierbei in Feindeshand. Reserven vermochten die Lage nicht wieder herzustellen. Das selbst auf das heftigste angegriffene deutsche X. Armeekorps war außerstande, Hilfe zu leisten. So mußte der rechte Flügel der ö.-u. 4. Armee nach mehreren vergeblichen Versuchen, die Abwehr noch östlich des San wieder aufzubauen, hinter die Lubaczowka und den San zurückgehen. Am 845 abends genehmigte Generaloberst von Mackensen diese Anordnung, befahl aber gleichzeitig auch, die Angriffsbewegung gegen Sandomierz einzustellen, um Kräfte für den gefährdeten rechten Flügel der ö.-u. 4. Armee freizubekommen. Auch auf dem linken Weichsel-Äser war der Angriff der Gruppe Kirchbach und des rechten
Erfolgreicher russischer Gegenangriff bei Sieniawa.
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Flügels der Armee-Abteilung Woyrsch in der Linie Klimontow—Iezow—
Stykow endgültig zum Stehen gekommen.
Durch diese Vorgänge bei der ö.°u. 4. Armee war eine ernste Krise für den linken Flügel der 11. Armee entstanden. Wollte die Armee ihre Offensivaufgabe weiter durchführen, so durfte ihre linke Flanke nicht eingedrückt werden. Am 9° abends befahl daher das Armee-Oberkommando, die 119. Infanterie-Division zu seiner unmittelbaren Verfügung anzuhalten.
Das bedeutete für den Auftrag des Generals von Francois eine weitere starke Einbuße an Stoßkraft.
Die Fronten der ö.°u. 3. und 2. Armee waren nahezu zum Stillstand gekommen.
4. Der Nampf um przemysl vom 28. Mai bis Z. Juni.
Karte 6, Skizze 14.
Am 28. Mai trat an der Front der 11. Armee eine Entspannung ein. 2». Mai. Unter dem Eindruck des kühnen Vorstoßes der 81. Reserve-Division auf dem Ostufer des San war der Gegner vor der Gesamtfront des Generals von Frangois im Zurückgehen. Die übrige Front der Armee behauptete feindlichen Teilangriffen gegenüber bis auf eine örtliche Einbuße bei Kal-nikow ihre Stellungen. So war es dem Armee-Oberkommando möglich,
Kräfte herauszulösen, um einer Ausdehnung der russischen Erfolge bei Sieniawa auf das westliche San-Afer und gegen die linke Flanke der 11. Armee Zu begegnen. Teile der 19. Infanterie-Division wurden nach Wola Vuchowska entsandt. Die 119. Infanterie-Division wurde — außer dem Divisionsstabe und einem verstärkten Infanterie-Regiment, die der 11. bayerischen Infanteriedivision unterstellt wurden — nach Iaroslau gezogen, wohin auch zwei Bataillone des Gardekorps verschoben waren. Die ungarische 11. Kavallerie-Division, ohne ihre Schützen-Abteilung, die bei der 11. bayerischen Infanterie-Division blieb, wurde ebenfalls nach Iaroslau in Marsch gesetzt. Damit standen am Abend ausreichende Reserven an der Naht beider Armeen bereit.
Inzwischen war der Feind vor dem rechten Flügel der 11. Armee bis in die Linie Malkowice—Walawa zurückgegangen. General von Kneußl schob seine Linien entsprechend nach. Auch das XXXXI. Reservekorps folgte dem Feinde auf beiden San-Afern, wobei der Schwerpunkt noch mehr auf das Ostuser verlegt wurde. Hier erreichten die Vortruppen die Linie Chalupki—Raklo. Am 910 abends jedoch befahl das Armee-Oberkommando, die 82. Reserve-Division südlich von Sosnica anzuhalten und auch auf dem Ostufer nicht über die Linie Walawa—Pozdziacz hinauszugehen. Diese
t Weltkrieg. VIII. Band. 12
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
Maßnahme erschien notwendig, um im Bedarfsfälle auch auf das Reservekorps zur Stützung des linken Armeeflügels zurückgreifen zu können. General von Francois aber drängte trotz der durch die Vorgänge bei Sieniawa hervorgerufenen erheblichen Schwächung seiner Kräfte auf möglichst schnelle Fortführung des ihm übertragenen Stoßes gegen die Verbindungen von Przemysl, da er in den ohne Zusammenhang geführten Einzelangriffen des Feindes ein Erlahmen seiner Kraft sah, was auf baldige Räumung der Festung schließen ließ. Auch hatten Gefangene ausgesagt, starke Kräfte würden am 28. Mai die Festung verlassen. Die 82. Reserve-Division sollte daher am 29. Mai Walawa—Torki, die 81. Reserve-Division Pozdziacz—Starzawa erstreben.
Auch das Oberkommando der 11. Armee gewann den Eindruck, daß der Feind Przemysl nicht mehr ernstlich verteidigen wolle. Am eine planmäßige Rückführung seiner Kräfte und Kampfmittel aus der Festung zu verhindern, galt es, ihn zur überstürzten Räumung zu zwingen. Mit einem schnellen Erfolg der ö.-u. 3. Armee gegen die Festung konnte man indessen nach dem bisherigen Angriffsverlauf kaum rechnen. Rach Lage der Dinge kam daher nur die 11. bayerische Infanterie-Division in Betracht, um den raschen Fall der Festung herbeizuführen. Generaloberst von Mackensen befahl dieser Division den „abgekürzten Angriff auf Przemysl".
Die Festung Przemysl, am tief eingeschnittenen Austritt des San aus dem Gebirge gelegen, war von einem Ring modern ausgebauter Forts und Zwischenwerke umschlossen. Im Süden, Westen und Norden waren diese auf das umliegende Höhengelände weit vorgeschoben, an der Ostfront lagen sie in der sich weitenden Flußniederung. Wohl hatten die vor der Übergabe der Festung an die Russen im März des Jahres in Eile vorgenommenen Sprengungen die Verteidigungsfähigkeit der Werke in mancher Hinsicht gemindert, indessen nicht die gesicherte Unterkunft in unversehrten Kasematten und erhalten gebliebenen Panzerbatterien und Veobachtungsständen beeinträchtigt. Auch hatten die Russen inzwischen mit Eifer an der Wiederherstellung der Werke und dem Ausbau der Zwischenlinien gearbeitet sowie die Hindernisse erheblich verstärkt. Die innere Amwallung der Festung war veraltet und gegenüber moderner Ge-schüHwirkung ohne Widerstandskraft.
Der Führer der 11. bayerischen Infanterie-Division, General v o n K n e u ß l, wählte als Angriffsziel den Raum der Forts X und XI. In zwei Abschnitten wurden je zwei Infanterie-Regimenter unter Befehl der Generale von Schoch1) und von Beht2) eingesetzt. Rach rechts sicherte
!) Kommandeur der 21. bayr. I. Br. — 2) Kommandeur der 119. I. D.
Der abgekürzte Angriff auf Przemysl wird befohlen.
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nur Kavallerie, links schloß die Schützen-Abteilung der ungarischen 11. Kavallerie-Division an. Es war beabsichtigt, am 29. Mai die Infanterie an die Fortlinie heranzuschieben. Die unter Befehl des Generalmajors Ziethen stehende Artillerie*) sollte am 30. Mai das Feuer eröffnen, die Infanterie in der folgenden Nacht die Sturmstellung erreichen und am 31. stürmen. Die ö.-u. 3. Armee sagte den gleichzeitigen Angriff gegen die Südwestfront zu.
Die am 29. Mai und in der anschließenden regnerischen Nacht durch- 29.-m«. geführten Bewegungen und das Instellunggehen der Artillerie vollzogen sich ohne Störung durch den Feind. Die Truppe gewann aber doch den Eindruck, daß dieser in seiner festen, zum Teil mit Panzerwerken ausgestatteten Fortlinie noch nachhaltigen Widerstand zu leisten gewillt war.
Das XXXXI. Reservekorps konnte am 29. Mai seinen rechten Flügel beiderseits des San unbehelligt bis zum Südrande von Walawa und in gleiche Höhe mit Naklo vorschieben. Am 4® nachmittags brachte dann die 82. Reserve-Division dicht hinter ihrer Infanterie Mörser und 10 oin-Kanonen in Stellung, die das Feuer auf die Bahn bei Medyka eröffneten. So war jetzt wenigstens eine Störung der Verbindungen von Przemysl erreicht. Starke Kräfte schien der Feind an der Turzyna-Höhe gegenüber dem linken Korpsflügel zusammenzuziehen. Daher wurden Teile der 82. Reserve-Division hinter der 81. nach Stubno verschoben, womit gleichzeitig auch dem auf Kalnikow ausgewichenen rechten Flügel des ö.-u.
VI. Korps ein Rückhalt gegeben werden konnte; er wurde wieder vorgeführt. Im übrigen hatte die anschließende Front des VI., des Garde-und X. Armeekorps nur schwache Vorstöße abzuwehren. Am linken Armeeflügel aber richtete der Feind, um seinen Erfolg von Sieniawa auszuweiten, gegen die nunmehr bis zum San gedehnte Front des X. Armeekorps (56. Infanterie-Division) kräftige, aber vergebliche Angriffe. Die ö.-u. 4. Armee gruppierte auf dem Westufer des San ihren rechten Flügel um.
Rach der operativen Gesamtlage war es unbedingt erforderlich, daß der bisher erfolglose Druck der ö.-u. 3. und 2. Armee gegen die Straße östlich von Przemysl gesteigert wurde, um die an dieser Front befindlichen feindlichen Kräfte wenigstens festzuhalten. Bereits waren starke Teile der russischen 8. Armee gegenüber der 11. Armee östlich des San aufgetreten. Infolgedessen glaubte Generaloberst von Mackensen im Hinblick auf die
0 Zwei ö.-u. Geb. Kan.-, eine ö.-u. Geb. Haub.-, neun Feld-Kan.-, drei l. Feld-Haub.-, zwei s. Feld-Haub.-, eine 15 cm°Kan.°, vier 21 cm-, eine 28 cm-, eine 42 cm-, drei ö.-u. 30,5 crn-Mörs.-Vattr., zwei s., drei mittlere und eine l. Min.-Werfer-Abteilung.
12*
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
30. Mai.
Vorgänge bei Sieniawa es nicht auf sich nehmen zu dürfen, außer dem XXXXT. Reservekorps weitere Kräfte für den Cntscheidungsstoß nach Süden zu verwenden, durch die gleichzeitig der Fall von Przemysl hätte beschleunigt werden können. „Fällt Przemysl", so führte Oberst von Seeckt in einer Beurteilung der Lage aus, „so ist damit wenigstens die Stellung vor der Wisznia-Linie erledigt. Cs erscheint daher notwendig, die Operationen in der eingeleiteten Weise fortzusetzen, also dem Druck von Osten gegen den Brückenkopf bei Iaroslau standzuhalten, von Norden und Süden gegen Straße Przemysl—Mosciska weiter vorzudringen und Przemysl zu nehmen."
Die Angriffsvorbereitungen der 11. bayerischen Infanterie-Division gegen Przemysl selbst verliefen am 30. Mai planmäßig. Ilm 11° vormittags begann die Artillerie bei klarem Wetter ihr Feuer. Der Sturm wurde für den 31. Mai auf 615 vormittags angesetzt. General von Francois trachtete nach wie vor danach, seinen rechten Flügel beiderseits des San vorwärts zu treiben, um seine schwere Artillerie noch weiter nach Süden zu kraftvoller Wirkung gegen die Verbindungen von Przemysl zu bringen. Wenn in Richtung auf Pozdziacz weitere Fortschritte erzielt sein würden, beabsichtigte er, auch die das Kampffeld weithin beherrschende Turzyna-Höhe anzugreifen. Das Armee-Oberkommando besorgte jedoch, daß durch einen solchen Angriff das XXXXI. Reservekorps von seiner Hauptstoßrichtung nach Süden abgelenkt werden könnte, und empfahl, die Turzyna-Höhe nur durch Artilleriefeuer beider benachbarten Korps niederzuhalten. Während es der 82. Reserve-Division im Laufe des Nachmittags gelang, östlich des San etwas vorzudringen, kam ihr Angriff westlich des Flusses nicht recht vorwärts. Gegenüber den schwachen, im Raum zwischen der 82. Reserve- und 11. bayerischen Infanterie-Division eingesetzten ungarischen Kavallerieschützen war der Frontabschnitt von Malkowice vom Feinde stark besetzt. Da hierin eine Gefahr für den linken Flügel des Festungsangriffs lag, wies das Armee-Oberkommando um 455 nachmittags General von Francois an, „unter Festhaltung der jetzt erreichten Stellung auf dem östlichen San-Afer" mit Nachdruck auf dem Westuser vorzugehen und die Gehöfte „zu Malkowice" zu nehmen. Dieser Befehl wurde um 6° abends wiederholt und hierbei auch als weiteres Ziel Wyszatyce genannt. Entscheidende Fortschritte wurden indessen auf dem Westufer des San am 30. Mai nicht mehr erzielt. Das ö.-u. VI., Garde- und X. Armeekorps konnten ihre Abwehrstellungen weiter ausbauen. Die beiden nach Iaroslau zurückgezogenen Garde-Bataillone wurden als Rückhalt für das in seiner Kampfkraft geschwächte ö.-u. VI. Korps nach Dunkowice geschoben. Die neue Front an der unteren Lubaczowka sah sich schon in der Nacht
Einbruch in die Fortlinie von Przemysl.
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starken, am Tage wiederholten Massenangriffen ausgesetzt, an denen sieben russische Divisionen beteiligt waren. Sie wurden vollkommen, meist in harten Nahkämpfen, abgewiesen. Die Krise schien hier überwunden.
Auch bei der ö.-u. 3. Armee hatte das Artilleriefeuer gegen Przemysl am 30. Mai eingesetzt. Der Sturm war hier ebenfalls für den folgenden Tag vorgesehen. Aber schon um 7® abends war es der Infanterie gelungen, das Fort VII bei Pralkowce überraschend zu nehmen.
Im Angriffsabschnitt der 11. bayerischen Infanterie- si.stat. Division erschien in der Frühe des 31.Mai der in die Sturmstellungen eingerückten Infanterie die Wirkung des Artilleriefeuers noch nicht als ausreichend. Daher wurde der Sturm aus den 1. Juni verschoben, das Wirkungsschießen auf die in Aussicht genommene Cinbruchsstelle fortgesetzt. Die links anschließende 82. Neserve-Division stand am Vormittage westlich des San in schwerem Angriffskampf, um die Gehöfte „zu Mal-kowice" dem Feinde zu entreißen und aus Walawa nach Süden vorzustoßen. In dieser Lage traf um 250 nachmittags beim Armee-Oberkommando ein Befehl der ö.-u. Heeresleitung ein, der unter Hinweis auf die bedenklichen Vorgänge bei Sieniawa und die dortigen feindlichen Kräfteansammlungen folgendes anordnete: „11. und 4. Armee sorgen für besonders starke Einrichtung ihrer Kampflinien und stellen alle entbehrlichen Kräfte als Reserven für die Abwehr bereit. 3. und 2. Armee führen Angriff auf Przemysl und gegen Linie Przemysl—Rudki mit aller Entschiedenheit fort." Das Armee-Oberkommando 11 entnahm hieraus den an sich gewiß begreiflichen Wunsch der ö.-u. Heeresleitung, die im März trotz tapferer Verteidigung verlorene Festung durch Kräfte der eigenen Armeen wiedergewinnen zu lasten. Cs glaubte indessen diesem Ersuchen in der augenblicklichen operativen Lage nicht entsprechen zu dürfen, da bei plötzlichem Verzicht der 11. Armee auf die Durchführung des Angriffs auf Przemysl und auf den Vorstoß von Norden in den Rücken der Festung die Gefahr drohte, daß die ganze Angriffsoperation zum Stillstand kam, — dies um so mehr, als kurz darauf die Nachricht einging, daß die Verbündeten das abends zuvor genommene Fort VII wieder aufgegeben hätten. Im Vollgefühl seiner Verantwortung sah Generaloberst von Mackensen von der Abänderung seiner bisherigen Befehle ab. Das fand seine ebenso schnelle wie glänzende Rechtfertigung durch das Verhalten der mit dem Angriff auf Przemysl betrauten Truppen.
Die bis 4° nachmittags dauernde neue Beschießung der Angriffsfront war sichtlich von größter Wirkung. Der letzte glückliche Schuß eines 42 cm-Mörsers hatte den Rest einer gefährlichen Grabenstreiche an der Westflanke des Forts XI zerschmettert. Diese günstigen Umstände erkennend, brach
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
1. Juni.
die Angriffsinfanterie, vom linken Flügel beginnend, aus eigenem Antriebe aus ihrer Stellung vor. Der Sturm hatte vollen Erfolg. Die Fortlinie Xa bis XI wurde genommen. Die überraschten Russen hatten die Brustwehren meist nicht mehr rechtzeitig besetzen können. Ihre vereinzelten Gegenangriffe wurden abgewiesen und zahlreiche Gefangene gemacht. Der sofort über die Ringstraße vorgetragene Angriff erreichte schon um 5° nachmittags die Höhen zwischen Fort X und Dunkowiczki. Der'erste, wichtigste Schritt zur Einnahme der Festung war damit getan. Als Unterstützung wurden General von Kneußl die beiden bei Dunkowice stehenden Garde-Bataillone zugeführt. Am nächsten Tage sollte die Artillerie die Erweiterung des Einbruchs nach Osten vorbereiten. Dazu war das Vorwärtskommen der anschließenden 82. Reserve-Division unerläßlich. Das Armee-Oberkommando forderte daher um 545 nachmittags vom XXXXI. Reservekorps den Einsatz aller verfügbaren Kräfte, um sofort „die Deckung der bayerischen Division zwischen Malkowice und dem San" sicherzustellen. Die Artillerie des XXXXI. Reservekorps sollte gegen die Fortlinie Dunkowiczki—Vole-straszyce angesetzt werden. Alle sonstigen Aufgaben des Korps, außer der artilleristischen Beschießung der Bahn bei Medyka, sollten hiergegen zurücktreten. Dementsprechend wurden der vor den Gehöften „zu Malkowice" im Kampf liegenden Angriffsgruppe der 82. Reserve-Division auch vom Ostufer her Verstärkungen an Infanterie und Artillerie zugeführt, um am kommenden Morgen mit aller Kraft den Angriff fortsetzen zu können.
An der Front der 11. Armee östlich des San blieben die erwarteten starken Angriffe des Feindes aus.
Am an der gemeinsamen Angriffsfront der ö.-u. 3. und 2. Armee mehr wie bisher einheitliche Kampfführung zu gewährleisten, wurde das Beskidenkorps der 2. Armee unterstellt. Hier war der Angriff am 2. Juni beabsichtigt.
Feindnachrichten gaben darüber Aufschluß, daß die Kräfteverschiebung der Russen nach Nordosten auch eine neue Einteilung ihrer Front herbeigeführt hatte. Die russische 8. Armee erstreckte sich jetzt bis an die Luba-czowka bei Nowa Grobla. In Przemysl wurden drei Infanterie-Divisionen und drei Landwehr-Brigaden angenommen, weitere 18 Infanterie- und drei Kavallerie-Divisionen vor der 11. Armee sowie elf Infanterie- und drei Kavallerie-Divisionen vor der ö.-u. 4. Armee.
General von Kneußl setzte alles daran, am 1. Juni die Cin-bruchsfront in den Fortgürtel, die für weiteres Vordringen nach Süden noch zu schmal war, nach beiden Seiten zu erweitern, vor allem nach Osten, da hierdurch zugleich der Druck gegen die Verbindungen der Festung verstärkt werden konnte. Der Angriff des linken Flügels der 11. bayerischen
Die Cinbruchstelle wird erweitert.
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Infanterie-Division über Dunkowiczki litt aber stark unter flankierendem Feuer, da in der linken Flanke die Gehöfte „zu Malkowice" von der 82. Reserve-Division noch nicht genommen waren.
In der Nacht hatte der Feind neue Angriffe gegen den großen Brückenkopf der 11. Armee östlich des San, mit besonderer Kraft gegen die Lubaczowka-Front gerichtet. Sie waren abgewiesen worden. Der nicht angegriffene rechte Flügel der ö.-u. 4. Armee konnte sich durch Zuführung weiterer Verstärkungen festigen. Auf Grund dieser um 9° vormittags zu übersehenden Lage verschob Generaloberst von Mackensen die am linken Armeeflügel befindlichen Reserven über Iaroslau auf beiden San-Afern nach Süden, um sie nötigenfalls auch zur Unterstützung des Festungsangriffes oder des Vorstoßes östlich des San verwenden zu können.
An der Front des Generals von Kneußl hatte sich der linke Flügel unter weiteren schweren Kämpfen durch Dunkowiczki vorarbeiten können. Am 550 nachmittags meldete der General, daß der Gegner sich nur langsam zurückdrücken ließe. Inzwischen hatte aber die 82. Reserve-Division, unterstützt durch Artillerie des Generals von Kneußl, bereits um 12° mittags dem Feinde die Gehöfte „zu Malkowice" entrissen und war ihm bis in Höhe von Dunkowiczki und bis westlich von Wyszatyce nachgestoßen. Diese günstige Entwicklung der Lage veranlaßte General von Frangois zu der Anfrage beim Armee-Oberkommando, ob sich die 82. Reserve-Division nunmehr nicht an dem Angriff gegen die Festung beteiligen solle. Hierauf erging um 215 nachmittags der Entscheid, daß nur „die Wirkung mit schwerer Artillerie gegen die Nordsront der Festung" und die Sicherung der Flanke des Festungsangriffes Aufgabe der Division sei. Am diese Beschießung wirkungsvoll zu gestalten, wurde weitere Artillerie vom Ostufer des San herangezogen. Die guten Fortschritte der 82. Reserve-Division mußten aber auch dem linken Flügel des Festungsangriffes erhebliche Entlastung bringen. Gegen 8° abends wurde von diesem ein Werk südlich von Dunkowiczki erstürmt und das Vorgelände bis Fort XII genommen.
Vor der Gesamtfront östlich des San, namentlich vor dem Garde-undX. Armeekorps (einschließlich 56. Infanterie-Division), hatte sich der Feind weiter verstärkt.
Da für die Durchführung des Festungsangriffes der ö.-u. 3. A r m e e die bisherige Artillerievorbereitung nicht ausgereicht hatte, regte das Oberkommando der 11. Armee um 7° abends an, die bisher an der Nordfront bei der 11. bayerischen Infanterie-Division gewonnenen Vorteile durch Zuteilung von Infanterie der 3. Armee zu erweitern, falls ein baldiger Erfolg bei dieser Armee nicht zu erwarten sei.
184
Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
2. Juni.
Nach Abweisung nächtlicher Gegenstöße begann am frühen Morgen die planmäßige Beschießung des Forts X. Mittags erstürmte der rechte Flügel der 11. bayerischen Infanterie-Division dieses durch Artilleriefeuer fast völlig zerstörte, trotzdem bis zuletzt zäh verteidigte Fort. Mit seinem Fall war die Grundlage für die Fortsetzung des Angriffs nach Süden geschaffen. Am hierbei die Sicherung der linken Flanke zu gewährleisten, bat General von Kneußl um 215 nachmittags das Armee-Oberkommando, daß entgegen den bisherigen Anordnungen nun auch der rechte Flügel des XX XXI. Reservekorps weiter gegen die Festung vorgeführt werden möge. Dies hatte inzwischen General von Francois bereits selbständig angeordnet. So in der linken Flanke gesichert, konnte die gesamte Angriffsfront des Generals von Kneußl nach Abwehr feindlicher Gegenstöße aus Zurawica zwischen 4° und 5° nachmittags dem Feinde über dieses Dorf hinaus nachstoßen. Damit gewann der Angriff freilich die bedenkliche Ausdehnung von zwölf Kilometer Breite, ohne daß Reserven verfügbar waren. Da man auch künftig mit harten Kämpfen rechnete, erwog das Armee-Oberkommando die Heranziehung weiterer Kräfte des XXXXI. Reservekorps. Auch wiederholte es um 74® abends seine Anregung, Infanterie der ö.-u. 3. Armee dem Angriff des Generals von Kneußl zuzuführen. „Wenn nicht von dort noch heute Nacht Infanterie in die Einbruchslücke der 11. bayerischen Infanterie-Division nachgeschoben wird, ist diese Division nicht in der Lage, den Erfolg weiter auszunützen, sondern wird Mühe haben, das Erreichte festzuhalten." General von Conrad hielt aber den für den 3. Juni früh vorgesehenen Sturm der 3. Armee gegen die Südwestfront der Festung, an dessen Gelingen nicht gezweifelt wurde, für die wirksamste Unterstützung der 11. bayerischen Infanterie-Division. Im übrigen hatten sich im Laufe des Tages die Anzeichen vermehrt, daß der Feind im Begriff stand, die Festung planmäßig zu räumen. Schon in der Frühe hatten Flieger auf der Straße Przemysl—Mosciska nach Osten abmarschierende Kolonnen festgestellt. Sie waren von den 10 cm-Kanonen des XXXXI. Reservekorps unter Feuer genommen worden. Die russische Artillerie hatte sich nach Ansicht der Flieger geschwächt. Teile von ihr waren auch im Abmarsch beobachtet. Die feindliche Gefechtstätigkeit auf dem Ostufer des San war abgeflaut. Infolgedessen war General von Francois bestrebt, immer weiter nach Südosten vorzudrücken und später auch die Turzyna-Höhe anzugreifen. Auf seine Anfrage erklärte das Armee-Oberkommando um 1230 nachmittags: „Vorstoß auf Medyka baldigst erwünscht." Daraufhin befahl General von Francois um l30 nachmittags, östlich des San in Richtung auf Torki—Pozdziacz zunächst so weit vorzugehen, daß auch Feldartillerie gegen die Straße von Medyka wirken könnte. Der linke Korpsflügel fühlte
Vorstoß des XXXXI. Reservekorps gegen die Straße von Medyka.
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gegen die Turzyna-Höhe vor. itrn 7° abends gab jedoch das Armee-Oberkommando die Weisung, die Höhe nur anzugreifen, falls dadurch das Vorgehen auf Medyka erleichtert würde. Keinesfalls dürfe hierdurch der rechte Armeeflügel weiter auseinandergezogen werden, „dessen Aufgabe zunächst noch Fortnähme und Abschließung von Przemysl bleibt". Cs sei möglich, daß hierzu noch Kräfte des XXXXI. Reservekorps beansprucht würden. Für den nächsten Tag befahl dementsprechend General von Franyois, daß die 82. Reserve-Division westlich des San gegen die Festung weiter vorgehen und „wo sich Gelegenheit biete, Forts in Besitz zu nehmen, entschlossen zufassen" solle, während auf dem Ostufer der Vorstoß gegen Medyka—Vucow unter Sicherung gegen die Turzyna-Höhe durchzuführen sei.
Die übrige Front der 11. Armee östlich des San hatte durch weiteren Ausbau an Festigkeit gewonnen. Starke feindliche Kräfteansammlungen vor ihr machten es wahrscheinlich, daß die Russen bald zu einer Cnt-lastungsoffensive, namentlich gegen die Flanke der 11. Armee an der Luba-czowka, schreiten würden.
Eine bedenkliche Wendung hingegen drohte die Lage aufs neue bei der ö.°u. 4. A r m e e zu nehmen. Bereits am 1. Juni hatten feindliche Angriffe im Raum zwischen San und Weichsel eingesetzt, die freilich bis auf einen örtlichen Mißerfolg bei Rudnik abgewiesen worden waren. Am 2. Juni war es dem Feinde gelungen, seinen Einbruch südwestlich von Rudnik zu erweitern. Hier waren die Verbündeten in ihre zweite Stellung zurückgegangen, so daß auch die deutsche 47. Reserve-Division sich gezwungen sah, ihren in den Wäldern östlich des Leg-Vaches stehenden rechten Flügel zurückzunehmen. Abends schien die Front auch bei Lezajsk zu wanken. Die ungarische 11. Kavallerie-Division wurde dorthin entsandt. Generaloberst von Mackensen wies das Oberkommando der 4. Armee auf die schweren Folgen hin, die weiteres Nachgeben für den Angriff gegen Przemysl und für die nach dem Fall der Festung in Aussicht genommene Operation*) haben mußte. Auch auf den inneren Flügeln der ö.-u. 3. und 2. Armee waren keine Fortschritte erzielt worden.
Der weitere Angriff auf Przemysl verlief indessen sehr viel günstiger, als das Oberkommando angenommen hatte. Noch im Laufe des Nachmittages waren auch die rechts und links an die Cinbruchsstelle anschließenden Werke gefallen. Sofort ordnete General von Kneußl die Fortsetzung des Angriffs gegen die feindlichen Stellungen südlich von Zurawica an. Die siegreich vorstoßenden Truppen gewannen bald den Eindruck, daß
*) S. 202.
186
Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
3. Juni.
die russische Abwehr ermattete, und erreichten, ohne nachhaltigen Widerstand zu finden, die erstrebte nächste Höhenlinie. Die abendliche Fliegeraufklärung stellte die Fortsetzung des feindlichen Abmarsches aus der Festung und zahlreiche Brände namentlich ant Bahnhof Przemysl fest. Die Räumung der Festung schien also in vollem Gange. Daher befahl General von Kneutzl um 8° abends, noch weiter bis zur Kernumwallung vorzugehen und wenn möglich in die Stadt selbst einzudringen, wie dies Generalmajor von Vehr bereits beabsichtigt hatte. Die Artillerie nahm das Feuer auf die Kernbefestigungen auf1). Der Fall der Festung war nur noch eine Frage weniger Stunden.
Tatsächlich fand denn auch die Kavallerie der 11. bayerischen Infanterie-Division um Mitternacht zum 3. Juni die Werke IX a und IX vom Feinde verlassen. Auch die übrigen anschließenden Werke nördlich des San wurden bis 4° früh von Kavallerie der ö.-u. 3. Armee besetzt. Zu dieser Zeit nahm General von Kneußl auf Grund der Meldungen seines rechten Flügelabschnitts an, daß der Feind auch die innere Fortlinie nicht mehr halten würde. Cr erneuerte daher um 4° vormittags den Befehl für den rechten Abschnitt des Generalmajors von Schoch, in das Stadtinnere vorzudringen. Der linke Angriffsabschnitt unter Generalmajor von Vehr, von dem Meldungen noch nicht vorlagen, sollte sofort ostwärts an der Festung vorbei über den San vorstoßen, um den aus der Festung abziehenden Feind möglichst noch zu fassen. Am 545 vormittags ging dann aber beim Armee-Oberkommando unmittelbar die Meldung des Generalmajors von Vehr ein, daß Przemysl um 3S0 vormittags von seinen Truppen besetzt worden sei. Cin dem General von Vehr zur Verfügung gestelltes Garde-Vataillon war in der Rächt als erstes durch die innere Am-wallung vorgestoßen und hatte die Stadt vom Feinde verlassen gefunden. General von Kneußl erreichte diese Meldung erst um 6° vormittags gleichzeitig mit einer Fliegernachricht, nach der die letzte russische Infanterie vor einer Stunde um Przekopana östlich von Przemysl und von Torki im Abmarsch auf Medyka beobachtet war. Weiter östlich zogen lange Infanterie-und Fahrzeugkolonnen auf und südlich der großen Straße nach Osten. General von Kneußl setzte nunmehr alle seine Truppen auf kürzesten Wegen über Przemysl zur Verfolgung an. Auch die auf dem Westufer des San befindlichen Teile des XXXXII. Reservekorps hatten sich dem Vorgehen der 11. bayerischen Infanterie-Division angeschloffen. Am 435 vormittags hatte die 82. Reserve-Division die zwischen Zurawica und dem San ge-
1) Gesamter Munitionsverbrauch der schweren Artillerie beim Angriff auf Przemysl im Abschnitt des Generals von Kneußl: 7067 Schuß.
Przemysl fällt.
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legenen, vom Feinde aufgegebenen Forts besetzt und schwenkte weiter gegen den San östlich von Przemysl vor. Die ö.-u. 4. Kavallerie-Division der
3. Armee ritt kurz vor 7° vormittags in die Stadt ein.
Da sich auf diese Weise die inneren Flügel der 11. und ö.-u. 3. Armee in und um Przemysl zusammenzuschieben drohten, war es nötig, Anordnungen für die Fortführung der Operationen zu treffen. Am 8° vormittags befahl das Armee-Oberkommando, die 11. bayerische Infanterie-Division solle bis zum Ostgürtel der Festung vorgehen und das XXXXI. Reservekorps den San südlich von Volestraszyce sowie die Linie Torki—Turzyna-Höhe erreichen. Die ö.-u. 3. Armee trat zu einer Rechtsschwenkung mit ihrem linken Flügel durch Przemysl an. Gegen Mittag rückte das ö.-u. X. Korps in die Stadt südlich des San ein. Abends standen die Linien des Verbündeten auf und beiderseits der Höhen von Siedliska. Als Grenze zwischen beiden Armeen war die Linie Medyka—Vucow vereinbart. Bis an diese schwenkte bei Medyka das XXXXI. Reservekorps vor. Torki und Pozdziacz waren vom Feinde frei. Der linke Korpsflügel stellte sich nachmittags zum Angriff gegen die noch immer besetzte Turzyna-Höhe bereit. Am 3° nachmittags wurde sie nach hartem Kampf erstürmt. An der Wisznia und in Starzawa hielt der Feind noch stand. Die erwartete große Gegenoffensive gegen die Front der 11. Armee weiter nördlich blieb jedoch aus.
Bei der ö.-u. 4. Armee war die Lage noch gespannt. Bei Lezajsk eingebrochener Feind konnte nicht restlos über den San zurückgeworfen werden. Gegen die neue Front südwestlich von Rudnik schien sich ein Angriff vorzubereiten. Die deutsche 47. Reserve-Division des Generalleutnants von Vesser beiderseits des Leg wurde bereits heftig, aber erfolglos berannt. Die Reserven der 4. Armee waren auf der langgestreckten Front verbraucht. Einer Anregung des Generalobersten von Mackensen folgend, entschloß sich daher die ö.-u. Heeresleitung, das linke Flügelkorps der 3. Armee, das X., sofort der 4. Armee zuzuführen.
Betrachtungen.
Die Operationen der Verbündeten in Westgali-zien von Mitte Mai bis Anfang Juni waren anders verlaufen, als die Führung ursprünglich geplant hatte. Als Hauptträger der Offensive sollte die 11. Armee, in der linken Flanke gedeckt durch die ö.-u.
4. Armee, den Abergang über den San in der Gegend von Iaroslau erzwingen, also außerhalb des taktischen Wirkungsbereichs der Festung Przemysl, um für den zunächst noch ungewissen Fall einer Fortführung der Ope-
188
Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
rationen über den Fluß hinaus mit ihrem rechten Flügel die Richtung auf Lemberg einschlagen zu können. Die Wegnahme der Festung, sei es durch Handstreich, sei es durch planmäßigen Angriff, war Aufgabe der rechts benachbarten ö.-u. 3. Armee. Im übrigen sollte aber auch diese von vornherein ihren Schwerpunkt im Zusammenwirken mit der ö.-u. 2. Armee in den Raum südöstlich von Przemysl legen.
Der Zielsetzung für die 11. Armee entsprach es durchaus, daß Generaloberst von Mackensen zu dem Vorstoß über den San bei Jaroslau möglichst starke Kräfte nach der Mitte zusammenfaßte und auch seinen schwach gehaltenen rechten Flügel nur mit defensivem FlankenschuH gegen die Festung betraute. Den ersten Anstoß zu einer Änderung dieser Aufgabe brachte am 18. Mai die Anregung des Generals von Falkenhayn, aus dem inzwischen gewonnenen Brückenkopf von Jaroslau nach Süd osten beiderseits der Wisznia durchzubrechen. Gewiß war dabei noch keineswegs an einen Angriff des rechten Flügels der 11. Armee gegen die Nordfront der Festung gedacht, vielmehr an das Durchschneiden ihrer rückwärtigen Verbindungen und an die operative Entlastung der rechts benachbarten Armeen des Verbündeten, deren Offensive fast zum Stillstand gekommen war. Indessen so sehr Generaloberst von Mackensen auch bestrebt war, bei der Durchführung dieser Anregung das Schwergewicht des Stoßes in südöstliche Richtung auf Mosciska zu legen, so ließ sich doch nicht vermeiden, daß sein rechter Flügel nunmehr in enge Berührung mit der Festung trat. Zunächst glaubte man dabei noch, sich auf die Abschließung ihrer Nordfront beschränken zu können. Der starke Widerstand aber, den die hiermit beauftragte 11. bayerische Infanterie-Division fand, ließ Generaloberst von Mackensen die taktische Mitwirkung des um die 119. Infanterie-Division verstärkten XXXXT. Re-servekorps wünschenswert erscheinen. Aus den geringen Fortschritten der rechten Nachbararmee sowohl gegen Przemysl selbst als auch beim Vordringen gegen den Raum östlich davon ergab sich dann, wenn auch gewiß nicht zwangsläufig, so doch begreiflicherweise, der Entschluß, die Festung durch Angriff auf ihre Nordfront schnell zu Fall zu bringen. Am des Erfolges sicher zu sein, glaubte der Armeesührer auch hierbei auf eine wenigstens mittelbare Unterstützung durch das XXXXI. Reservekorps nicht verzichten zu können. Dadurch ging dem Stoß gegen die rückwärtigen Verbindungen ein nicht unerheblicher Teil seiner ursprünglichen Kraft verloren. Hierfür einen Ausgleich zu schaffen durch Zuführung anderer Verbände, verbot die Rücksicht auf die bedenkliche Lage, in die gleichzeitig die linke Nachbararmee geraten war. Am hierbei die Nordflanke der 11. Armee zu sichern, mußten der Stoßgruppe Francois sogar nicht unbeträchtliche Teile entzogen werden.
Kräfteverteilung der russischen Südwestfront Mitte Mai.
189
So kam es, daß das schließliche Ergebnis hinter der vom Armee-Oberkommando anfangs scharf betonten und auch von General von Francois zäh verfolgten Absicht, durch Vorstoß nach Südosten die Festung zu umklammern und damit die Besatzung samt dem reichen Kriegsmaterial') in die Hand zu bekommen, zurückblieb. Das wurde freilich ausgewogen durch die für den Fortgang der Operationen entscheidende Tatsache, daß endlich das Hindernis beseitigt war, das bisher dem unmittelbaren Zu-sammenwirken der 11. Armee und ihrer rechten Nachbararmee im Wege gestanden hatte. Die Verkürzung der Front machte Kräfte zu anderweitiger Verwendung frei. Neben diesem operativen Vorteil bedeutete der Fall von Przemysl aber auch einen neuen, hoch zu bewertenden moralischen Erfolg der verbündeten Heere.
5. Die russische Südwestfront von Mitte Mai bis Anfang Juni?)
Karten 5 und 6, Skizzen 13 und 14.
Um Mitte Mai hatte die russische Südwestfront unter General Iwanow, in fünf Armeen gegliedert, zwischen der Pilica und der rumänischen Grenze zu neuen Kämpfen bereitgestandenP.
4. Armee (General Cwert: XIV., XVI., Grenadier-, XXV., XXXI. Korps): 10 Infanterie-Divisionen, 5 Landwehr-Brigaden, 2y2 Kavallerie-Divisionen;
3. Armee (General Radko Dmitrijew, vom 20. Mai an General Lösch: IX., X., III. kaukasisches, XXIV., XXI., XII. Korps): 201/2 Infanterie-Divisionen, 5 Landwehr-Brigaden, 5%Kavallerie-Divisionen;
8. Armee (General Vrussilow: VIII., XVII., XXVIII., VII. Korps):
10% Infanterie-Divisionen, 1 Landwehr-Brigade, 1% Kavallerie-Divisionen;
11. Armee (General Schtscherbatschew: XXII., XVIII. Korps): 6% Infanterie-Divisionen, 1 Landwehr-Brigade;
9. Armee (General Letschizki: XI., XXX., XXXIII. Korps, 2. und
3. Kavalleriekorps, XXXII. Korps: 9 Infanterie-Divisionen, 6 Landwehr-Brigaden, 8 Kavallerie-Divisionen.
') 3m Verlaufe der Kämpfe um Przemysl wurden von den Angriffstruppen des Generals von Kneußl insgesamt etwa 8300 Gefangene eingebracht. Ferner fielen ihnen die in den Forts eingebauten Geschütze, meist zerstört, sowie ein großes Lager unbrauchbar gemachter ö.°u. Beute-Geschütze in die Hand.
2) Vgl. Band VII, S. 435/36.
8) Karte 18, Band VII, zeigt Frontverlauf und Armeegrenzen. Die Zu-sammensehung der einzelnen Armeen enthält einige Änderungen gegen Karte 18.
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
Bereits am 14. Mai sahen sich die 3. Arm e e und der rechte Flügel der 8. angegriffen. Zn der Nacht zum 16. Mai mußte das XXIV. Korps der 3. Armee den Brückenkopf von Iaroslau aufgeben und im Abschnitt Lubaczowka-Mündung—Wietlin hinter den San zurückgehen. General Iwanow befahl am 16. Mai hartnäckigste Verteidigung der Gesamtfront; an der stark bedrohten San-Linie sollte sie mit einer Gegenoffensive verbunden werden. Hierzu wurde der Übertritt der beiden linken Flügelkorps (XXI. und XII.) der 3. Armee zur 8. angeordnet, die 3. dafür durch die von der Nordwestfront soeben eingetroffene 8. Division des XV. Korps verstärkt. Die 8. Armee sollte mit Teilen aus Przemysl heraus in die Flanke des dem XXI. und XII. Korps am San gegenüberstehenden Feindes vorstoßen. Die Führung im Brennpunkt des Kampfes an der Südwestfront ging damit an General Vrussilow über.
Indesien schon am 16. und 17. Mai trat ein neuer Rückschlag bei der 3. Armee ein: die deutsche 11. Armee warf das XXIV. und III. kaukasische Korps zurück und überschritt selbst bei Iaroslau und unterhalb den San. General Iwanow sah sich daher gezwungen, die 3. Armee durch ein zusammengesetztes Korps (3. kaukasische Schützen-Division des in Heeresreserve bei Lemberg stehenden V. kaukasischen Korps, 77. Infanterie-Division von der Nordwestfront und eine Kavallerie-Division) zu stützen, das zunächst im Raum südwestlich von Lubaczow versammelt wurde. Er befahl, den Gegner wieder über den San zurückzuwerfen.
Obwohl die 8. Armee diesen Gegenangriff durch Vorgehen besonders gegen Iaroslau unterstützte, mißlang er am 19. Mai; das XXIV. Korps wurde sogar an der Lubaczowka eingedrückt. In die dadurch zwischen diesem und dem III. kaukasischen Korps entstandene Lücke mußte General Radko Dmitrijew schleunigst die 77. Infanterie-Division und einen großen Teil seiner Kavallerie (7., 11., 16. Kavallerie-Division, 3. Don- und 3. kaukasische Kosaken-Division) einschieben. Zur weiteren Stützung seines linken Flügels wurde am 20. Mai auch noch das V. kaukasische Korps (3. kaukasische Schützen-Division und zwei Kuban-Fuß-kosaken-Vrigaden) hier eingesetzt.
Inzwischen war aber auch die Stellung der 8. Armee südlich von Prze-mysl von der ö.-u. 3. Armee teilweise eingedrückt worden. General Iwanow sah die Lage jetzt für so ernst an, daß er sich in der Nacht zum 21. Mai zur Räumung der Festung entschloß. Da indessen der Druck der Verbündeten am San nachließ und die Lage der 3. Armee sich festigte, wurde die Räumung zunächst noch aufgeschoben. Als Verstärkung wurden der Südwestfront die 20. Infanterie-Division vom Kaukasus sowie die 3. Garde-Infanterie-Divi-
Der Gegenangriff der russischen 3. Armee.
191
sion und das II. kaukasische Korps von der Nordwestfront zugeführt. Die Verfügung über diese Kräfte behielt sich zunächst noch die Heeresleitung vor; die 20. Infanterie-Division wurde mit der 3. Garde-Infanterie-Division zum XXIII. Korps zusammengefaßt. Am 24. Mai aber nahmen die Verbündeten ihre Angriffe an der San-Front wieder auf und warfen im Verlauf der Kämpfe das XXIX. Korps (aus je einer Division des XIV. und XXIV. Korps zusammengesetzt) hinter die Lubaczowka und das V. kaukasische in die Linie Bobrowka—Lazy zurück; auch der rechte Flügel der 8. Armee (XXI. Korps) mußte ausweichen. Links von ihm hielt sich das XII. Korps nur mit Mühe noch westlich des San.
Infolgedeffen sah sich die russische Heeresleitung genötigt, das II. kaukasische Korps der Südwestfront zur Verfügung zu stellen. Durch den Kbertritt des V. kaukasischen Korps zur 8. Armee erstreckte sich deren rechter Flügel nunmehr bis zur Lubaczowka. Inzwischen hatten die fortgesetzten Angriffe der Verbündeten und die bedenkliche Lage auf dem linken Flügel der 3. Armee General Vrussilow bewogen, die Zurücknahme seines rechten Flügels in die Linie südlich von Lubaczow—Mosciska und damit auch die Aufgabe von Przemysl für die Nacht zum 27. Mai anzuordnen. Auf Weisung der Heeresleitung wurde diese Maßnahme indessen widerrufen; gleichzeitig errang der neue Führer der 3. Armee, General Lösch, nördlich der Lubaczowka durch Gegenangriff gegen die ö.-u. 4. Armee einen erheblichen örtlichen Erfolg. Gleichwohl konnte nicht verhindert werden, daß die deutsche 11. Armee nördlich von Przemysl ihren Durchbruch in der entscheidenden Richtung nach Osten erweiterte: der rechte Flügel der 8. Armee mußte in die Linie Zagrody—Mlyny—Kalnikow zurückgehen.
Noch gab die russische Führung freilich den Versuch nicht aus, die Lage wiederherzustellen und die Initiative an sich zu reißen. General Iwanow entschloß sich im Einvernehmen mit der Heeresleitung, in der Nacht zum l.Iuni auf der ganzen Front zur Gegenoffensive überzugehen. Hierzu wurde die 8. Armee durch die Heeresreserve (II. kaukasisches, XXIII. Korps), der rechte Flügel der 3. durch das XIV. Korps (eine Division von der 4. Armee) und das 4. Kavalleriekorps verstärkt. Die 4. Armee trat in den Befehlsbereich der Nordwestfront über, so daß General Iwanow seine ganze Kraft der geplanten Offensive widmen konnte. Diese kam indesien nur bei der 3. Armee beiderseits des San zur Durchführung und lief auch hier nach einigen Teilerfolgen gegen die ö.-u. 4. Armee fest. Im Kampfraum der 8. Armee mußte die Festung Przemysl nach hartnäckiger Gegenwehr schließlich in der Nacht zum 3. Juni aufgegeben und die Front in die Linie Starzawa—Siedliska zurückgenommen
192
Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
werden. Auf Weisung der Heeresleitung wurden drei nicht mehr kampfkräftige Divisionen der 3. Armee (63. Infanterie-Division, 12. und 13. sibirische Schützen-Division) nach Riga gefahren.
6.Der Vorstoß der Güdarmee gegen den oberen Dniester vom 20. bis Z. Juni.
Karten 5 und 6, Skizzen 17 und 18.
Während die Angriffsgruppe des Generalobersten von Mackensen mit der Errichtung einer festen Front auf dem Ostufer des San und mit der Einnahme der Festung Przemysl die ihr im Rahmen der operativen Gesamthandlung gestellte Teilaufgabe zum glücklichen Abschluß brachte, gelang es auch der deutschen Südarmee, sich den Weg bis nahe an das ihr zugewiesene nächste Operationsziel, den Oberlauf des Dniester, zu erkämpfen.
General der Infanterie von Linsingen war nach dem unbefriedigenden Ausgang der Mitte Mai begonnenen Angriffe*) gegen die Stellungen der russischen 11. Armee südlich des oberen Dniester eifrig bestrebt gewesen, die Offensive baldigst wieder in Fluß zu bringen. Da er aus den schweren Kämpfen der letzten Tage die Überzeugung gewonnen hatte, daß von gleichzeitig an mehreren Stellen der Front durchgeführten, zusammenhanglosen Angriffen ein durchschlagender Erfolg nicht zu erwarten sei, entschloß er sich, eine neue Armeereserve zu bilden und diese an entscheidender Stelle zum Durchbruch einzusetzen. Hierfür sollten am 20. Mai in Volechow die verstärkte 95. Reserve-Insanterie-Brigade des Korps Gerok und die österreichische 12. Landsturm-Territorial-Vrigade des Korps Hofmann, bei Mczno die ungarische 38. Infanterie-Division bereitstehen, deren Abschnitt die Gruppe Szurmay mit zu übernehmen hatte.
2».bis 25.Mat. Da es der 38. Infanterie-Division indessen im Verein mit der 40. am
frühen Morgen des 20. Mai gelang, dem Feinde die Höhen östlich von Dro-hobycz zu entreißen, wurde sie zur Ausnutzung dieses Erfolges zunächst noch bei der Gruppe Szurmay belassen und erst, als der Nachstoß beider Divisionen am folgenden Tage vor einer neuen russischen Stellung zum Stehen gekommen war, herausgezogen und nordwestlich von Mczno bereitgestellt.
Auf Grund eingehender Erkundungen beabsichtigte General von Lin-singen, den entscheidenden Stoß zur Durchbrechung der feindlichen Front auf S t r y j zu führen. Cr beauftragte hiermit am 23. Mai das
0 S. 154 ff.
Erfolgloser Angriff der Südarmee.
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Korps Vothmer, dem die Armeereserven zur Verfügung gestellt wurden.
Cs sollte mit starken Flügeln beiderseits umfassend angreifen und nach Wegnahme von Stryj die nördlich und südlich anschließenden Fronten aufrollen.
Das Korps Gerok hatte Dolina zu nehmen; die östlich der Czeczwa stehenden Teile der ö.-u. 19. Infanterie-Division wurden hinter den Fluß in die Gegend von Spas zurückgenommen, da ihre rechte Flanke infolge des starken Abhängens der 7. Armee durch russische Truppenansammlungen bei und südlich von Krasna bedroht war. Das Korps Hofmann hatte nach Osten und auf dem linken Swica-Ufer in der Richtung auf Sokolow vorzustoßen, die Gruppe Szurmay mit starkem rechten Flügel die feindlichen Stellungen bei Gase wyzne zu stürmen und den Gegner nach Norden aufzurollen. Der Angriff sollte am 26. Mai bei Tagesanbruch beginnen, der 24.und 25. zu stärkster Artillerievorbereitung benutzt werden. Seiner möglichst schnellen Durchführung bis zu voller Entscheidung legte General von Falkenhayn im Hinblick auf den Eintritt Italiens in den Krieg besondere Bedeutung bei.
Die Südarmee stieß indessen auch diesmal wieder überall auf so zähen 26.6i63o.smai. Widerstand, daß wesentliche Erfolge nirgends erzielt wurden. Die auf dem rechten Flügel des Korps Vothmer östlich der Bahn Lisowice—Stryj eingesetzte Division Puttkamer (verstärkte 95. Reserve-Infanterie-Vrigade und österreichische 12. Landsturm-Territorial-Vrigade) vermochte am 26. Mai trotz ungestümen Draufgehens die hier besonders starke russische Stellung nicht zu nehmen und erlitt schwere Verluste. Die in der Richtung auf Stup-nica angreifende 38. Infanterie-Division (deutsche zusammengesetzte Brigade Kumme und ungarische 75. Infanterie-Brigade) drang in die Wälder westlich von Holobutow ein, kam aber bald vor neuen, stark verdrahteten Gräben in der Linie Holobutow—Gase wyzne zum Stehen. Auch die Fortsetzung des Angriffs am 27. Mai zeitigte keine besseren (Ergebnisse. Dem Korps Gerok konnte der Feind im Gegenstoß sogar einen am Vortage südöstlich von Turza mala genommenen Stützpunkt wieder entreißen. Der Versuch, die feindliche Front bei Stryj durch umfassenden Angriff beider Flügel des Korps Vothmer zu durchbrechen, mußte sonach fürs erste als mißlungen betrachtet werden. Seine Wiederholung bot auf dem rechten Flügel in dem schwierigen Vergwald zwischen dem Sukiel und dem Stryj wenig Aussicht auf Erfolg. Dagegen schienen für den linken Flügel günstigere Verhältnisse vorzuliegen. Dieser sollte daher nach Verstärkung durch eine Brigade der 1. Infanterie-Division sowie schwere und schwerste Artillerie von neuem angreifen. Einstweilen hatte sich die Infanterie mit Sappen näher an den Gegner heranzuarbeiten. Am Abend des 29. Mai stand die Brigade Paschen der 1. Infanterie-Division hinter der 3. Garde-Infanterie-Division bereit.
In der Frühe des 31. sollte diese die feindliche Front bei Zawadow und
f Weltkrieg. VIN. Band. 13
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
Holobutow durchstoßen und Stryj nehmen. Da trat ein Ereignis ein, das den Angriff völlig in Frage zu stellen drohte.
Bereits am 28. Mai hatte das Korps Hofmann seine Mitte vor starken russischen Gegenstößen auf das linke Swica-!lfer zurücknehmen muffen. In der Nacht zum 30. von neuem auf der ganzen Front angegriffen und um 4° morgens südöstlich von Volechow durchbrochen, gab das Korps seine Stellungen auf und ging an den Höhenrand beiderseits Volechow zurück. Feldmarschalleutnant Hofmann glaubte, nicht einmal diese Linie mit seinen schwer erschütterten Truppen sicher halten zu können, und bat um Verstärkung durch fünf bis sechs Bataillone noch im Laufe des Tages.
General von Linsingen stand vor der Frage, ob er diese Kräfte dem Korps Vothmer entnehmen und damit auf die bei Stryj erstrebte Entscheidung verzichten oder den beabsichtigten Angriff ohne Rücksicht auf die Lage beim Korps Hofmann durchführen sollte. Cr entschloß sich auf Vorschlag des Generals Grafen von Vothmer zu letzterem, in der Erwägung, daß es durchaus nicht feststand, ob der Feind überhaupt weiter angreifen und, wenn er es tat, Erfolg haben würde. Dem Korps Hofmann befahl er, nicht nur seine neuen Stellungen zu halten, sondern durch Angriff das Verlorene wiederzugewinnen. Das Korps Geros, das infolge der Ereigniffe beim Korps Hofmann seinen linken Flügel an den Nordausgang von Knia-zoluka hatte zurückbiegen müssen, wurde angewiesen, sich rückgängigen Bewegungen seines Nachbars nicht anzuschließen, vielmehr den Feind durch Gegenangriff zum Stehen zu bringen und das befohlene Vorgehen des Korps Hofmann nach Kräften zu unterstützen. Der ö.-u. Heeresleitung meldete General von Linsingen, daß der Gegner nach einer soeben eingelaufenen Mitteilung der 7. Armee vor dieser Verschiebungen nach Westen vornehme, und daß die Südarmee ihre Offensive mit Erfolg nur dann fortsetzen könne, wenn die 7. Armee die ihr gegenüberstehende russische 9. Armee durch Angriff binde. General von Conrad befahl daraufhin der 7. Armee, mit ihrem linken Flügel anzugreifen, „um jedes Abziehen feindlicher Kräfte unbedingt zu verhindern". Spät abends teilte General von Pflanzer-Baltin der Südarmee mit, daß sein linker Flügel am 31. Mai über die Linie Pasieczna—Sliwki vorgehen werde.
3i.Mai. Dem kühnen Entschluß des Generals von Linsingen war ein voller Erfolg beschieden. Nach 1-Mtündiger, sich zum stärksten Trommelfeuer steigernder Artillerievorbereitung brach die verstärkte 3. Garde-Infanterie-Division am 31. Mai um 545 morgens aus ihren Gräben vor und nahm im ersten Anlauf die gesamten feindlichen Stellungen von Duliby bis südwestlich von Stupnica. Über 5000 Gefangene und acht Geschütze fielen in ihre Hände. Dem fliehenden Feinde auf den Fersen,
Der Durchbruch der Südarmee bei Stryj.
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stieß die rechte Angriffsgruppe durch Stryj hindurch bis an den Ost- und Nordrand der Stadt vor, w-o eiligst herangeführte russische Reserven vorerst Halt geboten. Der äußerste rechte Flügel der Division nahm Vratkowce.
Die linke Angriffsgruppe warf den Gegner über die Eisenbahn auf Zapla-tyn und über den Riezachowka-Bach zurück, vermochte aber das Tagesziel, die Linie Dobrzany—Vrigidau, nicht mehr zu gewinnen. Auf dem rechten Flügel der 38. Infanterie-Division wurde die Brigade Kumme, die dem weichenden Gegner auf Stupnica gefolgt war, südlich dieses Dorfes von einem russischen Massenstoß getroffen, der erst nach längerem, hin- und herwogendem, besonders erbittertem Ringen abgewehrt werden konnte. Vor dem linken Flügel der Division und vor der Gruppe Szurmay hielt der Feind seine Stellungen mit großer Zähigkeit fest. Nur einen Stützpunkt südöstlich von Gaje wyzne vermochte ihm die 40. Infanterie-Division gegen Abend zu entreißen.
Auf dem rechten Armeeflügel trat keine Änderung ein. Die vom Korps Hofmann befürchtete Fortführung der feindlichen Offensive erfolgte nicht. Der linke Flügel der 7. Armee stieß mit 24 Bataillonen der Gruppe Schön-bürg*) bis in die Gegend beiderseits von Maniawa und südlich und westlich von Majdan vor, wo er auf hartnäckigen Widerstand traf und schwere Verluste erlitt. Am Nachmittag zwang ein heftiger russischer Gegenstoß von Majdan her die ganze Gruppe zum Zurückgehen in die Ausgangsstellungen.
Ein um 2® nachmittags aus Teschen eingehender Befehl umriß nochmals die dem rechten Heeresflügel gestellte Aufgabe. Danach sollte die Südarmee „bei weiterem Vordringen gegen den Dniester bei Kolodruby und Mikolajow sichern und den Angriff in östlicher Richtung fortsetzen".
Ihm hatte sich die 7. Armee vom linken Flügel aus, dem die Richtung auf Stanislau gewiesen wurde, anzuschließen.
Vorerst hatte sich indessen der in seine Ausgangsstellungen zurück- i.J««,. gewichene linke Flügel der 7. Armee heftiger russischer Angriffe, besonders östlich des Dyl und südwestlich von Majdan, zu erwehren. Auch in der zum rechten Flügel der Südarmee bestehenden Lücke zwischen dem Lomnica-und Czeczwa-Tale fühlte der Gegner mit stärkeren Kräften vor. Bei dem den Korps Gerok und Hofmann wie auch der 1. Infanterie-Division gegenüberliegenden Feinde machte sich eine Einwirkung des Durchbruchs bei Stryj am 1. Juni noch nicht bemerkbar. Die Russen hielten hier ihre Stellungen immer noch stark besetzt. Der linke Armeeflügel hingegen konnte weitere, zum Teil sehr beträchtliche Fortschritte machen. Die 3. Garde-
*) Feldzeugmeister Ljubicic war inzwischen durch den Führer der ö.-u. 6. I. D., Feldmarschalleutnant Fürst Schönburg, ersetzt worden.
13*
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
2. Juni.
Infanterie-Division warf den Gegner auf dem rechten Stryj-Afer auf die Höhen bei Strzalkow, links des Flusses vom Cisenbahndamm nördlich von Stryj nach Nordosten zurück und besetzte abends Dobrzany. Vor der 38. Infanterie-Division war der Feind bereits in der Nacht abgezogen. Über Vrigidau—Kawsko nachstoßend, erreichte die Division um 2° nachmittags Königsau. Zur gleichen Zeit war die 40. Infanterie-Division, teilweise noch unter heftigen Kämpfen, bis in die Linie Lasowy—Slonsko gelangt. Vor der 7. Infanterie-Division hielt der Gegner seine Stellungen zäh fest. Da durch den weiten Vorstoß der 38. Infanterie-Division sich die Möglichkeit zu bieten schien, Teile des Nordflügels der russischen 11. Armee völlig abzuschneiden, wurden diese Division und der linke Flügel der 7. mittags aus Horucko angesetzt. Kurz darauf teilte die 2. A r m e e mit, daß der bei Woloszcza stehende rechte Flügel ihrer 14. Infanterie-Division (fünf Bataillone und iy2 Batterien) sowie die ö.-u. 1. Kavallerie-Division unter Generalmajor Freiherrn von Leonhardi den Befehl erhalten hätten, auf Medenice vorzugehen, um dem vor der 7. Infanterie-Division stehenden Gegner den Rückzug zu verlegen. General von Linsingen wies diesen Kräften, die ihm von der ö.-u. Heeresleitung vorübergehend unterstellt wurden, im Armeebefehl von ll30 abends ebenfalls die Richtung auf Horucko. Die 38. und 40. Infanterie-Division, die abends im Angriff auf neue feindliche Stellungen in der Linie Iosefsberg—Opary standen, sollten ihr Vorgehen nach Norden fortsetzen. Das Armee-Oberkommando hoffte, daß der rechte Flügel der russischen 11. Armee am Morgen des nächsten Tages vernichtet werden würde. Alsdann sollte die 38. Infanterie-Division in südöstlicher Richtung zum Angriff über den Stryj vorgeführt werden, die Gruppe Szurmay unter Sicherung gegen den Dniester links gestaffelt folgen.
Die Einkreisung der Russen gelang indessen nicht. Die 38. und 40. Infanterie-Division warfen zwar den Gegner schon in den ersten Morgenstunden des 2. Juni nach Norden zurück, die 7. Infanterie-Division aber ließ ihn gerade noch rechtzeitig ungehindert abziehen, und die Gruppe Leonhardi traf erst um 2° morgens westlich von Zady ein, viel zu spät, um den Gegner noch südlich des Dniester abzufangen. Die Gruppe Szurmay erhielt nunmehr den Auftrag, das südliche Dniester-Üfer schleunigst vom Feinde zu säubern, mit einer Brigade der 7. Infanterie-Division und der Infanterie der Gruppe Leonhardi am Dniester von Nadiatycze bis zur Vystrzyca-Mündung zu sichern und sich in den Besitz von Mikolajow sowie des Überganges von Kolodruby zu setzen. Der Rest der 7. und die 40. Infanterie-Division sollten bei Medenice—Iosefsberg versammelt werden. Die 1. Kavallerie-Division wurde über Medenice—Krynica auf Derzow angesetzt, um in den Rücken des Gegners zu gelangen.
Die Mitte der Südarmee schwenkt nach Südosten ein.
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Auch diese Weisung kam indessen nicht zur Ausführung. Die Russen hatten noch einmal hart südlich des Dniester Front gemacht. Feldmarschallleutnant Szurmay sehte den größten Teil seiner Kräfte, auch die ganze Gruppe Leonhardi, zum Angriff an, vermochte aber dem Gegner an diesem Tage nur noch Horucko zu entreißen. General von Linsingen war mit dieser Verwendung der 1. Kavallerie-Division nicht einverstanden; er befahl nochmals ihren Vormarsch auf Derzow. Die Division konnte nun aber erst nach Anbruch der Nacht aus der Front gezogen werden; sie kam infolgedessen nur noch bis in die Gegend von Krynica, wo inzwischen auch die mit der Dniester-Sicherung beiderseits der Bahn Stryj—Lemberg beauftragte 71. Infanterie-Vrigade der 7. Infanterie-Division eingetroffen war.
Gegen die weite Entsendung der 1. Kavallerie-Division auf Derzow erhob die Führung der 2. Armee Einspruch. Sie wollte den Südrand des Sumpfgeländes (Wielkie Vloto) von Terszakow bis Vilina durch die 1. Kavallerie-Division gesichert wissen, da sie hierfür keine Kräfte mehr zur Verfügung habe. Die ö.-u. Heeresleitung entschied jedoch für die Belastung der Division bei der Südarmee und übertrug der 2. Armee die Sicherung des Südrandes des Wielkie Vloto bis in die Gegend von Woloszcza. Die 38. Infanterie-Division war schon am Morgen in der Annahme, daß die 40. Infanterie-Division Horucko erreicht habe, nach Südosten abmarschiert.
Sie gelangte über Kawsko nach Wownia. Der linke Flügel der 3. Garde-Infanterie-Division nahm am Nachmittage des 2. Juni Lisiatycze und Kawczykat und drang nachts in Tejsarow ein. Ihr rechter Flügel und der linke der 1. Infanterie-Division (ungarische 76. Infanterie-Vrigade) machten auf dem Ostufer des Stryj nur geringe Fortschritte. Vor den Korps Hofmann und Gerok stand der Gegner noch in voller Stärke.
An dieser Lage rechts des Stryj änderte sich auch am 3. Juni noch s.guni. nichts. Zwar wurden von Fliegern hinter der feindlichen Front rückgängige Bewegungen in größerem Ilmfange als bisher beobachtet, doch widerstand der Gegner den Angriffen des in der Nacht durch die 95. Reserve-Infanterie-Vrigade verstärkten linken Flügels der 1. Infanterie-Division und des rechten der Garde nach wie vor hartnäckig und erfolgreich. Die linke Flügelgruppe der 3. Garde-Infanterie-Division und die ungarische 38. Infanterie-Division trieben die Russen weiter nach Nordosten zurück und überschritten alsdann den Stryj bei Kawczykat und Chodowice, um die südlich des Flusses noch standhaltenden Teile des Gegners nunmehr von Norden aufzurollen.
Die Angarn schoben sich so in die Lücke zwischen den bisher getrennten Kampfgruppen der 3. Garde-Infanterie-Division. Sie stellten sich abends zum Angriff auf die stark besetzten Gelsendorfer Höhen bereit; der linke Flügel der Garde gelangte kämpfend bis Ruda und sicherte seine linke Flanke
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
durch Besetzung von Wolica und Cuculowce. Damit war es gelungen, starke Kräfte auf das rechte Stryj-Ufer zu schieben, wo nach der Weisung der ö.-u. Heeresleitung der Schwerpunkt der Operation lag. Die 1. Kavallerie-Division stieß am Niezachowka-Abschnitt auf Feind und ging daher südlich um den Bilczeski las herum auf Derzow vor. Die Gruppe Szurmay, auf deren rechtem Flügel sich die 71. Infanterie-Brigade gegen Rudniki entwickelte, mühte sich vergeblich, die russischen Stellungen südlich des Dniester zu nehmen. Die Infanterie der Gruppe Leonhardi wurde sogar durch einen Gegenstoß bis an den Ostrand von Zady zurückgeworfen.
Wenn es somit bisher auch noch nicht gelungen war, den Feind vom Südufer des Dniester zu vertreiben und auf die Übergänge bei Mikolajow und Kolodruby Hand zu legen, so glaubte das Oberkommando der Südarmee doch mit berechtigten Hoffnungen dem Fortgang der Offensive auf dem rechten Stryj-llfer in östlicher Richtung entgegensehen zu dürfen.
7. Operative Erwägungen und Entschlüsse.
Karten 5 und 6, Skizze 14.
Die Eroberung von Przemysl und der mit ihr verbundene Raumgewinn stellte die verbündeten Heeresleitungen vor die Frage, wie die Operationen fortgeführt werden sollten.
Schon geraume Zeit, bevor dieses Ergebnis in greifbare Nähe gerückt war, hatte sich General von Falkenhayn angesichts des schleppenden Ganges, den die Ereignisse auf dem galizischen Kriegsschauplatz in der zweiten Hälfte des Mai nahmen, mit dem Gedanken der Flüssigmachung von Verstärkungen beschäftigt. Die Entscheidung, woher diese Kräfte zu nehmen seien, war freilich nicht einfach. Die erst vor kurzem im Bereich des Oberbefehlshabers Ost neu gebildeten drei Divisionen*) — 101., 103., 105. Infanterie-Division — waren soeben (vom 24. Mai ab) auf Drängen des Generals von Conrad nach Südungarn gefahren worden, um von hier je nach Erfordernis gegen Italien oder Serbien verwendet werden zu können. Der ö.-u. Generalstabschef stand dem Wunsche des Generals von Falkenhayn, diese Divisionen nunmehr auf den Kriegsschauplatz nördlich der Karpaten heranzuziehen, ablehnend gegenüber mit der Begründung, daß er einen Angriff der Serben nach Syrmien oder Bosnien nicht für ausgeschlosien halte.
Es blieb daher nichts übrig, als die Front des Oberbefehls-rr. bis 28. Mai. habersOst noch weiter zu schwächen. Bereits am 23. Mai hatte General
0 S. 18, 103 und 122/123.
Erwägungen über den Einsatz von Verstärkungen an der Ostfront. 199
von Falkenhayn dem zu mündlicher Aussprache nach Pleß berufenen General Ludendorff dargelegt, daß große Unternehmungen im Bereich des Oberbefehlshabers Ost einstweilen nicht in Frage Emen1). Der Wunsch, die jetzige Frontlinie zu halten, müsse in Einklang gebracht werden mit der Notwendigkeit, weitere Truppen zur Verfügung der Obersten Heeresleitung herauszuziehen. Den daraufhin von General Ludendorff gemachten Vorschlägen entsprechend folgte am 25. Mai die Mitteilung an Generalfeldmarschall von Hindenburg, daß die allgemeine Kriegslage unbedingt zur Bereitstellung von Heeresreserven in weitestem Umfange nötige. Zu diesem Zwecke seien aus seinem Befehlsbereiche nach und nach fünf Divisionen freizumachen^). Sofort verfügbar waren also auch diese Kräfte für den galizischen Kriegsschauplatz nicht. Die Oberste Heeresleitung behielt sich zunächst nur das Verfügungsrecht vor über eine zum 3. Juni verladebereit zu stellende Division der 9. Armee — der Oberbefehlshaber Ost bestimmte hierzu die 22. Infanterie-Division — und über die neuzubildende 107. Infanterie-Division, deren Aufstellung in Thorn Anfang Juni abgeschlossen sein sollte.
Der We st front Kräfte zu entziehen, erschien bei der dort immer noch gespannten Lage bedenklich^). Trotzdem beschloß General von Falkenhayn am 1.Juni das Wagnis auf sich zu nehmen, das vom Armee-Oberkommando 4 zur Verfügung gestellte XXII. Reservekorps (ohne 85. Reserve-Infanterie-Brigade) und die vorübergehend aus der Front zurückgezogene 8. bayerische Reserve-Division dem Osten zuzuführen^). So gelang es schließlich, im ganzen viereinhalb Infanterie-Divisionen als Verstärkungen für die Fortführung der Offensivoperation auf dem Kriegsschauplätze nördlich der Karpaten flüssig zu machen.
Über den Punkt des Einsatzes waren die Ansichten anfangs auseinandergegangen. General von Falkenhayn versprach sich von einer unmittelbaren Verstärkung der in Galizien kämpfenden Truppen eine weniger große Wirkung als von ihrer mittelbaren Unterstützung durch den Einsatz der frischen Kräfte an der Front nördlich der Weichsel im Befehlsbereich des Generalobersten von Woyrsch. Rach mündlicher Rücksprache mit dessen Generalstabschef, Oberstleutnant Heye, äußerte er sich hierüber am 28. Mai in einem Schreiben an den Oberbefehlshaber Ost folgendermaßen^):
„. . . Wenig aussichtsvoll ist die Lage in Galizien. Bei der geringen Offensivkraft unserer Verbündeten und der täglich sich verstärkenden Überlegenheit des Feindes stehen wir dort über kurz oder lang vor der Gefahr eines völligen Stillstandes, die für uns jetzt nach dem Eingreifen Italiens
0 S. 122. — 2) Näheres S. 122/123. — 3) S. 73/74. — 4) S. 79. — "■) S. 264/265.
200
Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
29. Mai.
noch bedenklicher ist, als sie es schon bisher war. Dennoch scheint mir die unmittelbare Verstärkung unserer Truppen dort nicht angezeigt zu sein. Nur durch Einsah von außerordentlich viel Vlut und Munition würde an einen Erfolg zu denken sein. Wir haben aber allen Anlaß, mit beidem sparsam umzugehen. Näher liegt es, eine Operation gegen die durch Herausziehen von Verbänden geschwächten Teile der feindlichen Front in Rechnung zu ziehen, um indirekt Erleichterung zu bringen. Da die Narew-Front in dieser Verbindung keine Rolle spielt, auch jede Offensive dort selbst durch schwächere Kräfte am Sumpfabschnitt leicht zu unabsehbarem Aufenthalt gebracht werden kann, kommt, wie der General Ludendorff bei seiner Besprechung mit mir ja auch erwähnte, nur die Weichsel-Front südlich der Pilica in Frage. Nach meiner Ansicht unterliegt es keinem Zweifel, daß ein Einsatz von drei bis vier frischen Divisionen die dortige dünne russische Linie durchstoßen, zum völligen Wanken bringen und wahrscheinlich mit dem Gegner gleichzeitig das rechte Weichsel-Ufer abwärts der San-Mündung erreichen würde. Damit würde auch die San-Linie für die Nüssen unhaltbar gemacht werden. Der Aufmarsch der vier Divisionen könnte verhältnismäßig schnell und überraschend ... erfolgen .. ."
Der O berbesehlshaber Ost stimmte diesen Ausführungen noch am gleichen Tage in sachlicher Hinsicht zu, erklärte sich indessen außerstande, über die ihm bereits auferlegten Abgaben hinaus neue Kräfte zur Verfügung zu stellen1).
Aus der am 29. Mai eintreffenden schriftlichen Stellungnahme des Armee-Oberkommandos Woyrsch ging hervor, daß dieses bei einer Verstärkung um drei Infanterie- und eine Kavallerie-Division zwar einen Durchbruch über Ostrowiec gegen die Brückenköpfe von Dembno und Iozefow bis zur Weichsel für möglich hielt, hingegen die Fortführung des Stoßes jenseits des Stromes bis zur wirksamen Entlastung der galizischen Front mit Rücksicht auf die von Iwangorod her zu erwartende Flankenbedrohung als zweifelhaft ansah. Oberstleutnant Heye vertrat diesen Standpunkt auch tags darauf bei einer Aussprache in Pleß. Im Gegensatz zur Auffassung des Generals von Falkenhayn hielt der Chef der Operationsabteilung, Oberst Tappen, den Einsatz von Verstärkungen bei der bisher siegreichen 11. Armee für wirkungsvoller als im Befehlsbereich des Generalobersten von Woyrsch. Cr betonte, daß die Rüsten in Galizien, obwohl sie sich an Zahl erheblich vermehrt hatten, doch unter dem lähmenden Eindruck ihrer bisherigen Niederlagen bereits stark zermürbt seien und hier am leichtesten entscheidend getroffen werden könnten. In
Generaloberst v. Mackensen erbittet Einsatz d. Verstärkungen bei 11. Armee. 201
dem Einsatz von Verstärkungen an jeder anderen Stelle sah er zudem einen „nicht wieder gut zu machenden Zeitverlust"*).
Eine dritte Möglichkeit schwebte dem Chef des ö.-u. General-stabes vor. Dieser hatte zwar am 21. Mai in einer Aussprache in Teschen General von Falkenhayn gegenüber die Notwendigkeit anerkannt, die Angriffskraft der Russen durch weitere Schläge in Galizien zu lähmen2), sich dann aber am 23. Mai schriftlich dahin geäußert, daß der Wunsch, „mit den russischen Kräften möglichst weitgehend abzurechnen", seine Grenze an der dringenden Forderung finden müsse, „die Italiener nicht bis in jene Gebietsteile vordringen zu lasten, bei deren Verlust die Monarchie vital getroffen und die Führung des Krieges überhaupt unmöglich gemacht, der Krieg somit zugunsten unserer Gegner entschieden wäre". Bei dieser Grundeinstellung war General von Conrad nicht abgeneigt, von weitreichenden Operationen auf dem Kriegsschauplätze nördlich der Karpaten Abstand zu nehmen und sich mit der Erreichung und Sicherung des bisher erstrebten Operationszieles, der San—Wisznia—Dniester-Linie, zu begnügen. Hierzu erschien es ihm im Augenblick als das Wichtigste, die ö.-u.
4. Armee, die durch den erfolgreichen Gegenangriff der Russen bei Sieniawa in eine schwierige Lage geraten war, unmittelbar zu stützen. Auch für den Fall der Fortsetzung der Offensive über San und Wisznia versprach er sich größeren Erfolg, wenn der Nachdruck auf das Vorgehen der ö.-u. 4. Armee gelegt wurde, da er glaubte, daß die Grodeker Seenkette einem Angriff außerordentliche Schwierigkeiten bereiten würde. Cr regte daher in einer Aussprache mit General von Falkenhayn am 30. Mai in Pleß den Einsatz der so. M-u »t# Verstärkungen bei dieser Armee an. 1*3ttnt*
Am gleichen Tage wurde Ober st Tappen zum Armee-Oberkommando 11 nach Iaroslau entsandt, um besten Ansicht einzuholen. Generaloberst von Mackensen und sein Generalstabschef vertraten trotz der zur Zeit noch unentschiedenen Kampftage an der San- und Wisznia-Front die gleiche Anschauung wie der Chef der Operationsabteilung. In seiner schriftlichen Stellungnahme vom 31. Mai machte der Oberbefehlshaber der 11. Armee gegen den Einsatz von Verstärkungen bei der Armee-Abteilung Woyrsch geltend, daß dort eine Offensive spätestens nach geglücktem Weichselübergang vor schnell zusammengezogenen russischen Kräften zum Stehen kommen und somit keine Wirkung auf die Dniester-Front ausüben würde. Wörtlich hieß es dann: „Ein Stoß über Iaroslau wird jene beabsichtigte Wirkung schneller herbeiführen. Cr hat nicht mit einer besetzten
0 Aus nichtveröffentlichten Kriegserinnerungen des jetzigen Generalleutnants a. D. Tappen. — 2) S. 10.
202
Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
Flußbarriere, sondern nur mit dem der 4. und 11. Armee gegenüberstehenden Feinde zu rechnen. Dieser ist allerdings den ersteren an Zahl überlegen. Aber die Truppen der 11. Armee gleichen dies durch Tüchtigkeit aus und können zudem gleich der 4. Armee verstärkt werden durch Truppen, die beim bevorstehenden Fall von Przemysl frei werden und durch die im Inlande noch verfügbar gemachten Divisionen. Cin Stoß über Iaroslau in der allgemeinen Richtung Rawa Ruska ist erfolgversprechend, wenn die 4. Armee der 11. die linke Flanke schützt und die rechte österreichische Nachbararmee den längs der Grodeker Seenreihe stehenden Feind nicht aus seiner Stellung vorbrechen läßt. Beides wird mit den vorhandenen und den in Aussicht gestellten neuen Kräften zu erreichen sein, setzt aber voraus, daß der Führer der 11. Armee einen unmittelbaren Einfluß auf beide Nachbararmeen ausüben darf."
Als Oberst Tappen mit dieser Stellungnahme des Generalobersten von Mackensen am Abend des 31. Mai in Pleß wieder eintraf, war dort bereits bekannt, daß die ersten Forts der Festung Przemysl erstürmt waren, und daß die Südarmee Stryj genommen hatte. General von Falken-h a y n sah darin verheißungsvolle Anzeichen einer sich in Galizien anbahnenden günstigen Entwicklung der Dinge. Cr entschloß sich nunmehr am 2. Juni, dem Vorschlage des Obersten Tappen und der Stellungnahme des Generalobersten von Mackensen entsprechend, zum Einsah der Verstärkungen bei der 11. Armee. Der Oberbefehlshaber Ost erhielt Befehl, die 22. Infan-2. Sttttt. terie-Division vom 2. Juni ab von Lowicz, die 107. Infanterie-Division vom 5. Juni ab von Thorn abzubefördernP Auch die Heranführung der Verstärkungen aus der Westfront begann am 2. Juni. Der ö.-u. Heeresleitung wurde mitgeteilt, daß vom 4. Juni beginnend auf den Bahnen über Debica und Iaslo in Rzeszow viereinhalb Infanterie-Divisionen nebst schwerer Artillerie2) eintreffen würden. „Diese Divisionen", hieß es dabei, „sollen dazu dienen, die Operationen gegen den östlich des San befindlichen Gegner bis zu einer für unsere Zwecke genügenden Entscheidung durchzuführen." In fast dem gleichen Wortlaut war die Mitteilung an das Armee-Oberkommando 11 abgefaßt.
An die S ü d a r m e e, deren linker Flügel am 2. Juni den Feind gegen den Dniester zurückwarf, erging nachstehender Fernspruch: „Der glänzende Verlauf der Operationen der Südarmee gestern und heute wird hoffentlich bedeutende Folgen haben. Sie könnten noch gesteigert werden, wenn es sich als möglich erweisen sollte, bald eine Kolonne auf nördliches Dniester-Afer zu bringen und dort stromabwärts vordringen zu lasten."
r) S. 199. — 2) Je ein halbes Mörser- und 10 cin-Kanonen-Vataillon wurden von Metz am 4. Juni abbefördert.
Der Operationsplan des Oberkommandos der 11. Armee.
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Am 3. Juni um 830 vormittags, also unmittelbar nach der Einnahme 3.311m. von Przemysl, unterbreitete das Armee-Oberkommando 11 den verbündeten Heeresleitungen seine Absichten über die Weiterführung der Operationen. Cs schlug zunächst die Auflösung der im Raume von Przemysl zusammengedrängten ö.-u. 3. Armee vor. Das X. und XVII. Korps sollten an die ö.-u. 4. Armee, das deutsche Beskidenkorps an die ö.-u.
2. Armee abgegeben, die heranrollenden Verstärkungen der 11. Armee zugeteilt werden. Generaloberst von Mackensen erbat für sich den gemeinsamen Oberbefehl über alle drei Armeen. Beabsichtigt war zunächst. Teile der 11. Armee aus dem Brückenkopf nach Norden vorstoßen zu lassen, um dem rechten Flügel der 4. Armee bei Sieniawa den Übergang über den San zu erleichtern. Rach Eintreffen der Verstärkungen war dann die Fortsetzung der Offensive der 11. Armee in tiefer Staffelung aus der Linie Starzawa—Molodycz über Starzyska—Rawa Ruska nördlich am Grodek-Abschnitt vorbei ins Auge gefaßt, um diesen unhaltbar zu machen. Die 2. Armee sollte hierbei durch Vorgehen aus der Linie Chlopczyce— Mosciska gegen die Linie Komarno—Ianow die rechte Flanke der 11. Armee decken, während die gleiche Aufgabe für die linke Flanke der 4. Armee zugedacht war. Diese sollte mit zwei Korps auf Rudka (20 Kilometer nordöstlich von Lubaczow)—Rarol Miasto vorgehen, mit zwei Korps die Deckung gegen den Tanew-Abschnitt, mit dem Rest die Deckung im San— Weichsel-Dreieck übernehmen.
Die verbündeten General st abschefs erklärten sich in einer Aussprache am 3. Juni nachmittags in Pleß mit diesen Absichten des Armee-Oberkommandos 11 einverstanden und vereinbarten außerdem, daß die Slldarmee den Angriff mit ihren Hauptkräften in südöstlicher Richtung gegen die rechte Flanke des der bedrängten ö.-u. 7. Armee gegenüberstehenden Feindes fortsetzen sollte. Am 4. Juni ergingen daraufhin die neuen Weisungen. Sie lauteten im wesentlichen: „Generaloberst von Mackensen mit der 11. Armee und den noch zurollenden Truppen setzt den Stoß südlich des Tanew fort, um den ihm gegenüberstehenden Feind entscheidend zu schlagen. Die 2. Armee schließt sich rechts diesem Vorstoß an und übernimmt in der Folge den Schutz der rechten Flanke, die 4. Armee den Schutz des Vorstoßes in der nördlichen Flanke . . . Am den Einklang bei dieser Operation sicherzustellen, werden für die Dauer derselben die 4. und 2. Armee an die Befehle des Generaloberst von Mackensen gewiesen. Die Südarmee dringt südlich des Dniester gegen den rechten Flügel der der 7. Armee gegenüberstehenden feindlichen Kräfte vor, um im Verein mit dieser den südlich des Dniester stehenden Feind endgültig zu schlagen. Sie übernimmt hierbei auch die Sicherung am Dniester."
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
8. Die Kämpfe auf dem rechten Heeresflügel vom 4. bis 13. Juni.
Karten 5 und 6, Skizzen 17 und 18
Der in den Weisungen der ö.-u. Heeresleitung vom 4. Juni enthaltene Auftrag für die deutsche Südarmee deckte sich ganz mit den Absichten ihres Führers, des Generals von Linsingen. Dieser hatte bereits am 3. Juni der Heeresleitung in Teschen gemeldet, daß seine Armee am nächsten Tage auf ihrer ganzen Front — mit dem linken Flügel aus der Linie Strzalkow—Chodowice—Pokrowce — zum Angriff in südöstlicher Richtung antreten werde, um den Gegner vor der ö.-u. 7. Armee aufzurollen. Cr hatte hierfür die Unterstellung des linken Flügels dieser Armee unter seinen Befehl beantragt. In seiner ablehnenden Antwort hatte General von Conrad mitgeteilt, daß die 7. Armee zur Zeit vom Gegner heftig angegriffen werde und aller Kräfte bedürfe, daß sie aber nach Abweisung des feindlichen Vorstoßes mit Nachdruck in die Offensive der Südarmee eingreifen werde.
Nach vierzehntägiger Kampfpause war nämlich die russische 9. Armee am 2. Juni von neuem zum Angriff gegen die Mitte der ö.-u. 7. Armee vorgegangen. Während sie östlich von Kolomea und bei Lanczyn nur vorübergehend auf das Südufer des Pruth gelangt war, hatte sie südlich von Sadzawka festen Fuß fassen können. Durch fortgesetzte Vorstöße suchte sie hier am 3. Juni weiter auf Mlodiatyn Raum zu gewinnen. Der Führer der ö.-u. 7. Armee, General der Kavallerie Freiherr von Pflanzer-Baltin, setzte alle verfügbaren Armeereserven zur Gruppe Czibulka in Marsch, die in scharfem Abwehrkampf den feindlichen Einbruch abzuriegeln bemüht war. Da sich die Lage am Nachmittag nicht unbedenklich zuspitzte, mußte von einer Offensive des linken Armeeflügels einstweilen abgesehen werden.
So war die Südarmee zunächst auf sich allein angewiesen. Das am 3. Juni von Fliegern beobachtete Herausziehen von Kräften aus der Front gegenüber den Korps Gerok und Hofmann nach Norden ließ indessen nun auch hier ein baldiges Nachlassen des feindlichen Widerstandes erhoffen. General von Linsingen machte daher in dem spät abends ausgegebenen Armeebefehl beiden Korps zur Pflicht, „einen etwa beginnenden Rückzug des Gegners durch schnelles und ungestümes Nachdrängen in Flucht zu verwandeln". Das Korps Vothmer sollte seinen umfaffenden Angriff gegen den feindlichen rechten Flügel südlich des Dniester fortsetzen, die ö.-u. 1. Kavallerie-Division über Hnizdyczow auf Krechow vorstoßen, die Gruppe Szurmay am Dniester von Nadiatycze bis Kolodruby sichern und mit der ungarischen 40. Infanterie-Division Derzow erreichen.
Der Vormarsch der Südarmee nach Osten.
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In der Tat gab der Gegner am frühen Morgen des 4. Juni seine «.Jma. Stellungen südlich von Stryj auf und ging nach Osten zurück. Die Korps Gerok und Hofmann sowie die 1. Infanterie-Division folgten ihm in breiter Front, ohne zunächst auf ernsten Widerstand zu stoßen. Dagegen suchte der Feind ein weiteres Vordringen der ungarischen 38. Infanterie-Division, die im Morgengrauen die Gelsendorfer Höhen genommen hatte, und der 3. Garde-Infanterie-Division, die von Ruda auf Nowesiolo gegen seine Rückzugsstraßen drückte, um jeden Preis zu verhindern. Gegen die linke Flanke der Garde führte er von Zablotowce her einen tiefgegliederten Massenangriff, der zwar abgewiesen wurde, aber doch den Erfolg hatte, daß die nördlich der Swica zurückflutenden Kräfte der Russen in den Brückenkopf von Zurawno entkommen konnten. Für die weitere Verfolgung gab General von Linsingen dem Korps Gerok Kalusz, dem Korps Hofmann Wierzchnia als Tagesziel. Das Korps Bothmer sollte sich durch schnelles Zufassen in den Besitz des Dniester-Äberganges bei Zurawno setzen, die 1. Kavallerie-Division, die auf dem Marsche nach ihrem ursprünglichen Ziel Krechow am Vormittag bis Lowczyce gelangt war, nunmehr den Dniester bei Holeszow überschreiten. Die aus der Kampflinie der Gruppe Szurmay herausgelöste 40. Infanterie-Division hatte noch heute Hnizdyczow zu erreichen, der Rest der Gruppe Szurmay die Dniester-Sicherung zwischen Zydaczow und Terszakow zu übernehmen.
Diese Tagesziele wurden indessen nirgends erreicht. Drückende Hitze und starke Staubentwicklung auf schlechten Straßen gestalteten die Märsche überaus anstrengend. Das Korps Gerok stieß abends östlich von Holyn, das Korps Hofmann bei Kadobna und Zawadka auf stärkeren Feind. Vom Korps Bothmer erreichte die 1. Infanterie-Division die Swica bei und aufwärts von Lachowice. Die ungarische 38. und die 3. Garde-Infanterie-Divi-sion trieben die Russen vor sich her nach Zurawno hinein, vermochten sich des Brückenkopfes aber nicht mehr zu bemächtigen; der linke Flügel der Garde nahm Zablotowce, ihre rechte Angriffsgruppe, die bisher im Kampf gegen die Höhen südöstlich von Stryj gestanden hatte1), wurde nach Ruda herangezogen. Die 1. Kavallerie-Division nächtigte in Zablotowce und Hnizdyczow; ihre auf Zydaczow angesetzten Aufklärungsabteilungen stießen südlich des Ortes überall auf Feind. Gegen die westlich des Stryj verbliebenen Teile der Gruppe Szurmay setzte der Gegner seine demonstrativen Vorstöße fort, Horucko fiel wieder in seine Hand; am Nachmittage ging er beiderseits der Straße nach Stryj vor. Feldmarschalleutnant Szurmay befürchtete einen stärkeren Angriff und stellte Teile der auf dem Marsch nach Hnizdyczow
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
5« «Nd 6. Juni.
befindlichen 40. Infanterie-Division zur Abwehr bereit. Aber auch hier handelte es sich nur um Täuschung. Durch sie war die 40. Infanterie-Division so lange aufgehalten worden, daß sie erst um Mitternacht die Gegend von Tejsarow erreichte.
An die 7. Arm e e hatte General von Linsingen schon um 5° morgens die Aufforderung gerichtet, sich vom linken Flügel aus dem. Vorgehen der Südarmee anzuschließen. Obwohl der Feind seine heftigen Vorstöße südlich von Sadzawka während der ganzen Nacht fortgesetzt hatte und um 4° morgens hier durchgebrochen war, und obwohl General von Pflanzer-Valtin sich nunmehr genötigt sah, zur Wiederherstellung der Lage auch auf die Reserven der Gruppen Marschall, Krautwald und Rhemen zurückzugreifen, setzte er auf die Nachricht, daß der rechte Flügel der Südarmee noch heute Kalusz erreichen wolle, mittags die Gruppen Rhemen und Schönburg zum Angriff in nordöstlicher Richtung an. Während ein von den inneren Flügeln der Gruppen Czibulka und Rhemen auf dem nördlichen Pruth-Afer in der Richtung auf Lanczyn geführter Cntlastungsstoß an starker russischer Gegenwehr scheiterte und die Gruppe Rhemen auch sonst nur wenig Voden gewann, drang die Gruppe Schönburg bis in die Linie Maniawa—östlich von Perehinsko vor. Hier fand sie indessen am folgenden Tage so zähen Widerstand, daß sie keine weiteren Fortschritte zu erzielen vermochte. Cin russischer Gegenstoß westlich von Majdan warf den Angreifer sogar ein Stück wieder zurück. Inzwischen hatte sich die Lage der Gruppe Czibulka weiter verschlechtert. Der Feind führte fortgesetzt neue Kräfte in den Kampf und konnte seinen Einbruch trotz verzweifelter Gegenwehr des Verteidigers erweitern. Im Laufe des 5. Juni faßte er in Mlodiatyn Fuß. General von Pflanzer-Valtin hatte außer der Armee-reserve bereits alle irgend freizumachenden Kräfte der anderen Gruppen Feldmarschalleutnant Czibulka zur Verfügung gestellt. Eine weitere Schwächung des Ostflügels der Armee hielt er nicht für angängig. Von der inzwischen festgelaufenen Offensive seines linken Armeeflügels war eine schnelle Entlastung auch nicht zu erwarten. Sie konnte nur noch durch günstigen Fortgang der Operationen der Südarmee herbeigeführt werden. An diese wandte sich daher General von Pflanzer-Valtin in den ersten Nachmittagsstunden mit der Bitte, wenn möglich mit Teilen des Südflügels unmittelbar in der Richtung auf und über Vohorodczany einzugreifen.
General von Linsingen hatte seiner Armee als Tagesziel für den 5. Juni die Linie Majdan (nordwestlich von Stanislaus—Bukaczowce bezeichnet. Cr versprach sich von einem Vorstoß in den Rücken des der Armee Pflanzer gegenüberstehenden Gegners einen entscheidenden Erfolg und befahl daher dem Korps Gerok am Vormittag des 5. Juni, „sich durch
Die Mitte der Südarmee überschreitet den Dniester.
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keine Rücksichten auf den zurückbleibenden Flügel der 7. Armee von schnellstem Vorgehen Richtung Stanislau abhalten zu lassen". Diese Weisung wurde auch nach dem Eintreffen der Bitte des Generals von Pflanzer-Baltin um unmittelbare Hilfeleistung ausdrücklich aufrechterhalten. Das Korps Gerok vermochte jedoch den feindlichen Widerstand östlich und nördlich von Holyn am 5. Juni nicht mehr zu brechen. Auch das Korps Hofmann kam zunächst nicht vorwärts. Erst am Nachmittag konnte es die russischen Stellungen auf den Höhen beiderseits von Zawadka nehmen und in sofort einsetzender Verfolgung nach Osten Raum gewinnen. Infolgedessen zog der Gegner während der Nacht auch weiter südlich beiderseits der Lomnica ab. An den Westrändern von Nowica, Kalusz, Kopanka und Tomaszowce fanden jedoch die Korps Gerok und Hofmann am nächsten Tage neuen hartnäckigen Widerstand, dessen Riederkämpfung sich zum Teil bis in die ersten Morgenstunden des 7. Juni hinzog. Südlich der Swica und des Dniester folgte die 1. Infanterie-Division dem weichenden Gegner am 5. und 6. Juni bis Dolzka und Slope. Die 38. Infanterie- und 3. Garde-Insanterie-Division drangen am Abend des 5. in das zäh verteidigte Zurawno ein und in äußerst erbitterten, verlustreichen Straßenkämpfen bis an den Dniester vor. Teile beider Divisionen folgten im Morgengrauen des 6. Juni dem flüchtenden Feinde auf dem Fuße über zwei von ihm nicht rechtzeitig zerstörte Behelfsbrücken auf das jenseitige Ufer, wo heftiges Feuer von den Berghängen sie zwang, sich einzugraben.
Am Nachmittag ließ die feindliche Gegenwirkung nach, der Feind schien abzuziehen. Die Verbündeten erstiegen die steilen Höhen und setzten sich beiderseits von Vakoczin fest. Der linke Flügel der Garde erkämpfte sich mittags den Übergang bei Holeszow. Nachmittags vollzog die 1. Kavallerie-Division bei Zurawno den Aferwechsel.
Am 7. Juni sollte die Offensive von den Korps Gerok, Hofmann und 7.3»»t. Bothmer in südöstlicher Richtung auf Stanislau, Iezupol und Halicz fortgesetzt werden. Den Schutz der linken Flanke des Korps Bothmer hatte die 40. Infanterie-Division zu übernehmen, die an den beiden letzten Tagen nach Zyrawa herangezogen worden war und nun über Zurawno bis zur Eisenbahnstation Nowosielce vorgehen sollte. Die Aufklärung nach Norden bis zur Bahn Rohatyn—Chodorow wurde der 1. Kavallerie-Division übertragen.
Während der rechte Armeeflügel südlich des Dniester im Laufe des Tages unter leichteren Kämpfen bis Majdan, Kudlatowka und über den Siwka-Abschnitt von Wojmlow abwärts vordrang, verzögerte sich der befohlene Rechtsabmarsch der 38. Infanterie-und 3. Garde-Infanterie-Division nach Südosten, da zunächst noch heftiger Widerstand beiderseits Nowoszyn
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
S. Juni.
gebrochen werden mußte. Infolgedessen erreichten die Ungarn nur noch Vukaczowce und Czerniow. Die Garde warf ihren zähen Gegner bis zum Abend in schwierigen Waldkämpfen über die Bahn auf Hrehorow und über Czeremchow zurück. Sie sollte dann durch die 40. Infanterie-Division abgelöst werden und noch heute auf Czahrow abmarschieren. Da diese Division aber nur 2000 Gewehre zählte — sie hatte vier Bataillone zur Sicherung gegen Zydaczow in der Linie Zurawkow—Hnizdyczow zurückgelassen — und überdies von den anstrengenden Märschen der letzten Tage sehr mitgenommen war, so schien angesichts des zweifellos noch kampfkräftigen Gegners sofortiges Wegziehen der Garde nicht unbedenklich. Cs wurde daher auf den nächsten Morgen verschoben. Westlich des Stryj hatte die Gruppe Szurmay am 6. Juni mit der Säuberung des südlichen Dniester-Ufers begonnen; sie arbeitete sich bis zum Abend des 7. an die feindliche Hauptstellung Demenka—Ugartsberg heran. Ihr rechter Flügel entriß dem Gegner Turady und Iwanowce. Dagegen wichen die südlich von Zydaczow stehengebliebenen Teile der 40. Infanterie-Division, von stärkeren feindlichen Kräften von Molotow her in der Flanke gefaßt, bis in die Linie Ruda—Hnizdyczow zurück. Nach Aussage Gefangener gehörten diese Kräfte dem russischen VI. Korps an, das bereits am 4. Juni, von der Front westlich Warschau kommend, in Mikolajow ausgeladen sein sollte1).
General von Linsingen hielt die Meldungen vom Auftreten stärkeren Feindes südlich von Zydaczow für übertrieben. Cr glaubte nicht an einen ernsthaften russischen Vorstoß gegen seine linke Flanke und hielt deren Sicherung durch die schwache Gruppe Szurmay für ausreichend. Sein Blick war nach Südosten gerichtet, wo mit der angestrebten Vernichtung des vor der 7. Armee stehenden Gegners ein großer Erfolg zu winken schien. Sollte der beabsichtigte Schlag gelingen, so mußte die Armee freilich in unaufhaltsamem Vordringen bleiben; denn bereits seit dem Mittag des 6. Juni suchte die russische 9. Armee sich der ihr drohenden Gefahr durch Rückzug auf den Dniester zu entziehen. General von Pflan-zer-Valtin hatte sogleich die Verfolgung aufgenommen und mit den Gruppen Czibulka, Rhemen und Schönburg unter Kämpfen am Abend des 7. Juni die Linie Tlumaczyk—Hawrylowka—Horocholina erreicht. Auch die Gruppen Korda und Marschall hatten bereits bei Nepolokoutz und Zablotow das nördliche Pruth-Ufer gewinnen können.
Im Laufe des 8. Juni mußte sich General von Linsingen indessen davon überzeugen, daß die ihm vorschwebende operative Absicht nicht mehr
!) Tatsächlich waren bei der russischen 11. Armee Anfang Juni das VI. Korps und die 3. G. g. D. von der Nordwestsront her eingetroffen.
Der russische Gegenangriff am Dniester.
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zu verwirklichen war. Vor der ganzen 7, Armee wie auch vor dem rechten Flügel der Südarmee ging der Feind kampflos in Cile auf den Dniester zurück. Die Divisionen des Generals von Pflanzer-Baltin folgten bis in die Linie Ascie—Gwozdziec—Otchnia. Das Korps Gerok erreichte abends Stanislau und Iamnica. Nur auf den Höhen westlich von Iezupol und südwestlich und westlich von Halicz widerstand der Gegner in verstärkten Stellungen den Truppen des Feldmarschalleutnants Hofmann und des Generals von Conta. Gegen die auf dem nördlichen Dniester-Ufer stehen-den Divisionen des Korps Vothmer und die Gruppe Szurmay aber führten die Russen starke Kräfte mit zahlreicher Artillerie zum Angriff vor.
Glücklicherweise war die befohlene Ablösung der 3. Garde-Infanterie-Division durch die ungarische 40. Infanterie-Division auch am Morgen des 8. Juni noch nicht völlig durchgeführt; bei Hrehorow und Czeremchow standen noch vier preußische Bataillone in vorderster Linie. Da sich der gegenüberliegende Feind dauernd verstärkte, schien es nicht angängig, sie jetzt noch herauszuziehen. Weitere zwei Bataillone mußten aus die Nachricht vom Zurückgehen der Sicherungen südlich von Zydaczow als Flankenschuh nach Holeszow entsandt werden. Unter diesen Umständen kam ein Abmarsch der 3. Garde-Infanterie-Division nach Czahrow einstweilen nicht in Frage. Cr mußte bald ganz aufgegeben werden; denn gegen Mittag brachen die Rusien nach kräftiger Artillerievorbereitung auf der ganzen Front zum Angriff vor. Während sie bei Hrehorow und Czeremchow im deutschen Abwehrfeuer liegen blieben, gelang es ihnen, die anschließend bis Vortniki sichernden schwachen ungarischen Bataillone im ersten Anlauf zu durchstoßen und über Molodynce beiderseits der Bahn nach Südosten sowie nach Süden auf Holeszow vorzudringen. Da gleichzeitig auf dem entgegengesetzten Flügel die 38. Infanterie-Division in die Linie Kozara— Wiszniow zurückgedrängt wurde, mußte nachmittags auch die deutsche Mitte nach Nowoszyn zurückgenommen werden. Die Lücke zwischen ihr und der 38. Infanterie-Division schloß die 1. Kavallerie-Division. Für den nächsten Tag rechnete General Graf von Vothmer mit einer Fortsetzung der feindlichen Offensive.
In dem Winkel zwischen Dniester und Stryj konnte hingegen die Lage im Laufe des 8. Juni wiederhergestellt werden. Der Gegner, deffen Stärke weit überschätzt worden war, ging in seine Vrückenkopfstellungen zurück; die bisherige Sicherungslinie Zurawkow—Hnizdyczow wurde wieder eingenommen. Westlich des Stryj hatte die Gruppe Szurmay noch während der Nacht die russischen Gräben beiderseits der Lemberger Bahn und das Dorf Horucko erstürmt, nachmittags warf sie aber ein starker Gegenstoß bis in und über ihre Ausgangsstellungen zurück.
t Weltkrieg. VIII. Band. 14
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien
9. Juni.
General von Linsingen sah die Lage auf seinem Nordflügel einstweilen nicht als bedrohlich an. Er traute dem Gegner keine Offensivkraft mehr zu, glaubte vielmehr, daß seine heutigen Angriffe nur zur Deckung des Abzuges seiner Hauptkräfte auf Rohatyn hatten dienen sollen. In dieser Ansicht bestärkte ihn eine Fliegermeldung, nach der am Nachmittag starke Kolonnen im Marsch von Vursztyn und Chodorow auf Rohatyn beobachtet worden waren. Der seit einigen Tagen immer wiederkehrenden Nachricht vom Auftreten des bisher an der Front westlich von Warschau verwendeten russischen VI. Korps vor der Gruppe Szurmay scheint das Armee-Oberkommando keine besondere Bedeutung beigemesien zu haben. Von einer Fortsetzung der Offensive in südöstlicher Richtung freilich sah es ab, da keine Aussicht mehr bestand, die vor der 7. Armee zurückgehenden Russen noch südlich des Dniester abzufangen. Statt dessen wollte es nun seinen rechten Armeeflügel nach Nordosten und Norden einschwenken lassen, um ihn nach Äberschreiten des Dniester zwischen Ascie Zie-lone und Halicz gegen die inneren Flanken der russischen 9. und 11. Armee vorzuführen. Darin sprach sich ein neuer operativer Gedanke in der Verwendung der Südarmee im Rahmen der Gesamtoperation aus, der auf konzentrisches Zusammenwirken mit den Armeen des Generalobersten von Mackensen im Nordostteil Galiziens hinauslief. Hierzu wurde das Korps Gerok auf Ieziorko, das Korps Hofmann auf Slobodka und die 1. Infanterie-Division auf Vursztyn angesetzt. Die Hauptkräfte des Korps Vothmer sollten den gegenüberstehenden Feind zurückwerfen, die für eigenen Angriff zu schwache Gruppe Szurmay sich einstweilen verteidigen.
Auch diese neue operative Absicht kam indessen nicht zur Durchführung. Wie General Graf von Vothmer erwartet hatte, setzte der Gegner am 9. Juni seine Vorstöße gegen den Nordflügel der Südarmee mit weit überlegenen Kräften fort. Noch vor Tagesanbruch gelang es ihm, den schwachen linken Flügel der Gruppe Szurmay — er zählte nur 2400 Gewehre — bei Medenice und Litynia zu durchbrechen und in Auflösung nach Süden und Südwesten zurückzuwerfen. General von Linsingen, der sich sogleich auf das Gefechtsfeld begab, um durch persönliches Eingreifen eine Katastrophe zu verhüten, gewann den Eindruck, daß bei Fortsetzung des feindlichen Angriffs, an der kaum zu zweifeln war, Stryj und damit die einzige Eisenbahnstrecke, über die die Südarmee verfügte, aufs äußerste bedroht würde. Cr bat daher die ö.-u. Heeresleitung und die 2. Armee um vorübergehende Zuweisung einer Division nach Drohobycz. General der Kavallerie von Vöhm-Crmolli setzte sogleich die durch Infanterie und Artillerie verstärkte ö.°u. 4. Kavallerie-Division unter Generalmajor Verndt auf Dobrowlany in Marsch, wo sie am Nachmittage eintreffen sollte.
Die Südarmee gibt den Vormarsch nach Südosten auf.
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General von Linsingen hielt indessen bei dem Zustand, in dem sich die Truppen des Feldmarschalleutnants Szurmay befanden, diese Vorkehrungen nicht für ausreichend zur zuverlässigen Sicherung seiner linken Flanke. Diese schien ihm nur verbürgt, wenn der Gegner über den Dniester zurückgeworfen wurde, was freilich nur durch Einsatz stärkerer Kräfte geschehen konnte. Reserven standen nicht zur Verfügung. Die auf dem nördlichen Dniester-Afer eingesetzten Divisionen des Korps Vothmer lagen ebenfalls seit frühem Morgen in schärfstem Abwehrkampf und bedurften selbst dringend der Unterstützung. Unter diesen Umständen blieb nichts übrig, als von einer Fortsetzung der Offensive des rechten Armeeflügels in nordöstlicher und nördlicher Richtung zunächst Abstand zu nehmen und ihn auf die Verteidigung des Erreichten zu verweisen, um seine Hauptkräfte zum Gegenstoß nach Nordwesten freizumachen. Noch am Vormittag des 9. Juni befahl General von Linsingen dem im Angriff auf die Höhen nordöstlich von Stanislau begriffenen Korps Gerok, sogleich nach Wojnilow abzurücken und dort am nächsten Morgen zum Weitermarsch bereitzustehen. Zurückbleibende schwache Sicherungen sollten im Laufe des 10. Juni von der bisher bei der Gruppe Marschall der 7. Armee verwendeten 5. Kavallerie-Division abgelöst werden, die samt den deutschen Offizieren des Gruppenkommandos Marschall dem General von Linsingen auf seine Bitte schon am 8. von der ö.°u. Heeresleitung wieder zur Verfügung gestellt worden war und sich von Zablotow her über Ottynia im Anmarsch auf Stanislau befand. Das zwischen der Vystrzyca und Lomnica angreifende Korps Hofmann hatte sich, wo es stand, einzugraben und auf dem linken Lomnica-Afer die 1. Infanterie-Division abzulösen; diese sollte nach Zurawno abmarschieren. General Graf von Vothmer wurden auch die zwischen Dniester und Stryj kämpfenden Truppen unterstellt, Feldmarschalleutnant Szurmay erhielt Befehl, keinen Schritt mehr zurückzuweichen und die Gruppe Berndt offensiv zu verwenden. Den verbündeten Heeresleitungen meldete General von Linsingen seine Anordnungen mit dem Zusatz: „Absicht: Flankenmarsch und endgültige Vernichtung des aus nördlicher Richtung angreifenden Gegners, alsdann Offensive nördlich des Dniesters." In einem zweiten Funkspruch beantragte er unter Hinweis auf den äußerst bedenklichen Zustand der 7. und auch der 40. Infanterie-D ivision, die zu nachhaltiger Verteidigung nicht mehr fähig, geschweige denn offensiv zu verwenden seien, die Zuführung einer deutschen Infanterie-Division.
General von Conrad hatte sich noch ohne Kenntnis dieser Absichten und Anordnungen am frühen Nachmittag des 9. Juni in einer Weisung an die 11., 2., Süd- und 7. Armee dahin geäußert, der Vorstoß der Russen gegen und über den Dniester dürfe weder den Angriff der Heeres-
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
gruppe Mackensen noch das Vorgehen des Ostflügels der Südarmee und jenes der 7.2trmee über den Dniester bei und abwärts Halicz beeinträchtigen, wo der Feind anscheinend überall hinter den Fluß zurückgehe. Cs sei aber notwendig, den russischen Vorstoß über den Dniester zu begrenzen und eine Einwirkung gegen die rechte Flanke der 2. und die linke der Südarmee zu verhindern. Hierzu sei zunächst die 4. Kavallerie-Division nach Dobro-wlany in Marsch gesetzt worden. Darüber hinaus sollte die 2. Armee schnellstens eine Division an ihrem rechten Flügel als Armeereserve bereitstellen. Nachdem General von Conrad im Laufe des Nachmittags jedoch die Meldungen der Südarmee von der Einstellung der Offensive ihres rechten Flügels und dem beabsichtigten Flankenstoß in nordwestlicher Richtung erhalten hatte, sah er sich zu neuen Weisungen an die 7. A r m e e genötigt. Diese hatte am 9. Juni in der bisherigen Vormarschrichtung nach Nord-osten weitere Fortschritte gemacht und stand abends mit dem Korps Korda südlich von Kotzman, mit der ehemaligen Gruppe Marschall, deren Führung Feldmarschalleutnant Kaiser übernommen hatte, bei Iasienow Polny, mit dem Korps Krautwald südwestlich von Horodenka und mit den Gruppen Czibulka, Rhemen und Schönburg im Angriff gegen feindliche Nachhut-stellungen auf den Höhen zwischen Obertyn und Ottynia. Nunmehr erhielt die 7. Armee Befehl, mit ihren Hauptkräften nach Norden einzuschwenken und ihre Offensive über den Dniester auf Buczacz—Maryampol fortzusetzen; der rechte Flügel (die Gruppen Korda und Kaiser) hingegen sollte zwischen Pruth und Dniester sowie von Zaleszczyki bis westlich Uscieczko sichern.
Während so die höhere Führung bemüht war, durch tatkräftiges (Eingreifen den Rückschlag auf dem linken Flügel der Südarmee örtlich zu begrenzen und die Lage durch Umgruppierung der Kräfte wiederherzustellen, kam es beim Korps Bothmer zu einer nicht minder schweren Krise. Vis in den Nachmittag hinein war es dort gelungen, die ohne Rücksicht auf Verluste immer wieder gegen die Gräben der Verbündeten auf dem nördlichen Dniester-Ufer anstürmenden russischen Masten abzuwehren. Auch diesseits des Flustes hatte der auf Zurawno zielende, daher besonders bedrohliche Vorstoß starker feindlicher Kräfte durch Einsatz der letzten deutschen Reserven am Nordrande von Mlyniska aufgefangen werden können. Um 6° abends jedoch wurde die bei Wiszniow eingesetzte 1. Kavallerie-Division durchbrochen und in völliger Auflösung auf den Dniester zurückgeworfen. Gleichzeitig gab auch die rechts benachbarte 38. Infanterie-Division Nach und ging bei Kozara und Starawies auf das Südufer zurück. Gegen die so entblößte Flanke der 3. Garde-Infanterie-Division und gegen die Brücke bei Zurawno drang überlegener Feind unaufhaltsam vor. Irgendwelche Kräfte, die ihm hätten entgegengeworfen werden können,
Das Korps Vothmer geht über den Dniester zurück.
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waren nicht mehr vorhanden. So mußten die Garde und die Reste der 40. Infanterie-Division (rund 700 Gewehre) in die Stellungen vom Abend des 6. Juni dicht nördlich des Flusses zurückgenommen werden. Da die seit Mittag im Anmarsch befindliche 1. Infanterie-Division jedoch nicht vor dem nächsten Morgen zur Stelle sein konnte — nur ein Bataillon traf spät abends völlig erschöpft in Zurawno ein —, und da es fraglich schien, ob es gelingen würde, den russischen Vorstoß auf dem rechten Dniester-Üser so lange aufzuhalten, die schwer bedrängte Garde aber nicht der Vernichtung ausgesetzt werden durfte, so entschloß sich General Graf von Vothmer zur Räumung des Nordufers während der Nacht und nahm die 3. Garde-Infanterie-Division ohne Störung durch den Feind bis hinter die Swica in die Gegend von Tarnawka zurück. Rechts neben ihr sollte die 1. Infanterie-Division aufmarschieren, von beiden Divisionen am nächsten Tage der Angriff nach Nordwesten wieder aufgenommen werden. Der 38. Infanterie-Division wurde die Sicherung am Dniester von Cwitowa bis zur Swica-Mündung übertragen. General von Linsingen billigte diese Maßnahmen.
Der rechte Flügel der Gruppe Szurmay hatte sich bis in den Nachmittag hinein der feindlichen Übermacht nur mühsam erwehrt. Cr ging gegen Abend in die Linie Stare selo—Zarika zurück und stellte die Verbindung zum linken Flügel wieder her, der sich nördlich von Königsau hatte halten können. Der erst abends bei Dobrowlany eintreffenden 4. Kavallerie-Division wurde befohlen, den Winkel zwischen Tysmienica und Vystrzyca vom Feinde zu säubern und alsdann gegen den Rücken der in der Linie Iosefsberg—Opary stehenden Ruffen vorzugehen.
Während der Nacht verhielt sich der Feind ruhig. Am 10. Juni besetzte er das vom Korps Vothmer geräumte linke Dniester-Üfer und fühlte vorsichtig nach Zurawno hinein. Im Dniester—Stryj-Winkel ging er im Laufe des Tages bis über die Linie Zurawno—Pokrowce vor. Der Gruppe Szurmay stand er morgens auf naher Entfernung gegenüber, vor der 4. Kavallerie-Division hielt er die Linie Lipowiec—Hruszow.
Dieses zögernde Verhalten kam der Einleitung der neuen Operation der Südarmee zustatten. Die am Vormittag in und nördlich von Stanislau eintreffende deutsche 5. Kavallerie-Division und das Korps Hofmann unterstellte General von Linsingen dem General der Kavallerie Freiherrn M a r s ch a l l mit dem Aufträge, bei rückgängigen Bewegungen des Gegners sofort zum Angriff überzugehen. Die vom Korps Gerok zurückgebliebenen Teile der ö.°u. 19. Infanterie-Division wurden der 5. Kavallerie-Division noch bis zum nächsten Morgen belassen, da der Feind nach einem bei der 7. Armee abgehorchten Ferngespräch mit je einer Infanterie- und Kaval-
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
11. Juni.
lerie-Division einen überfall auf Stanislau zu planen schien. Eine am Nachmittag einsehende heftige Beschießung der Stadt und der nördlich gelegenen Ortschaften konnte als Vorbereitung hierzu angesehen werden.
Das Korps Gerok traf erst mittags stark ermüdet in und südlich von Wojnilow ein. Es sollte dort eine Brigade der 19. Infanterie-Division als Armeereserve zurücklassen, die halbe 48. Reserve-Division^) zum Korps Vothmer nach Tarnawka in Marsch sehen und mit dem Rest der 19. Infanterie-Division und der nur noch 1100 Gewehre zählenden 38. Infanterie-Division am Dniester von Kurypow bis zur Swica-Mündung sichern.
Das Korps Vothmer hatte noch am 10. Juni mit Vortruppen die Straße Zurawno—Nowesiolo zu erreichen und am nächsten Morgen über diese Linie in nordwestlicher Richtung vorzugehen, bei feindlichem Angriff auf die Gruppe Szurmay aber dem Gegner sofort in die Flanke zu stoßen. Feldmarschalleutnant Szurmay sollte auf beiden Flügeln angreifen, in der Mitte seine Stellungen halten. Zweck der Operation war, wie General von Linsingen in dem um 580 nachmittags ausgegebenen Armeebefehl betonte, endgültige Abrechnung mit dem Gegner vor der Gruppe Szurmay und Wegnahme der Dniester-Übergänge. Staffelung starker Reserven hinter dem rechten Flügel des Korps Vothmer wurde hierzu als erforderlich bezeichnet.
Infolge der starken Erschöpfung der Truppe kamen die befohlenen Bewegungen nur langsam in Gang. Erst am Morgen des 11. Juni drang der rechte Flügel der 1. Infanterie-Division in das in einen rauchenden Trümmerhaufen verwandelte Zurawno ein. Gleichzeitig überschritten die übrigen Teile des Korps Vothmer die von dort nach Nowesiolo führende Straße und stießen unter dauernden Gefechten mit schwächeren feindlichen Abteilungen nach Norden vor. Während die 1. Infanterie-Division gegen einen im Halbkreis um Mlyniska gezogenen starken Brückenkopf einschwenkte, arbeitete sich die Garde an die von Zydaczow nach Osten verlaufende schwer verdrahtete Eisenbahnlinie und an das festungsartig ausgebaute Dorf Rogozno heran; die halbe 48. Reserve-Division folgte als Korpsreserve. Die 1. Kavallerie-Division, die bei Nowesiolo genächtigt hatte, durchfurtete bei Pokrowce den Stryj und vertrieb den Gegner aus Wolica, der äußerste rechte Flügel der Gruppe Szurmay nahm abends Cuculowce wieder.
Auf dem linken Flügel dieser Gruppe hatte die 4. Kavallerie-Division schon im Laufe des 10. Juni die Russen etwas zurückgedrängt, sich dann
0 Die verstärkte 95. R. I. Br. war noch immer der 1. I. D. zugeteilt (s. S. 197); die Führung der 48. R. D. hatte am 8. Zum Generalleutnant von Oppeln-Vronikowski übernommen.
Der Flankenstotz des Korps Vothmer auf Zydaszow.
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aber angesichts der Stärke des Feindes darauf beschränken müssen, die Linie Wroblowice—Hruszow festzuhalten. Um die Offensive hier wieder in Fluß zu bringen, vereinigte die 2. Armee die Gruppe Verndt mit der auf Befehl der Heeresleitung*) seit dem 10. Juni mittags hinter ihrem rechten Flügel bereitgestellten ungarischen 51. Infanterie-Division unter dem Kommando des Feldmarschalleutnants von Kornhaber. Cr wurde beauftragt, „den Feind im Raume Tynow (hart östlich von Hruszow)—
Litynia—Opary zu schlagen und dann beschleunigt auf Mikolajow vorzudringen, um den Feind vor Gruppe Szurmay in Flanke und Rücken zu fassen und ihm den Rückzug an den Dniester zu verlegen". Die 51. Infanterie-Division erreichte am 11. Juni nachmittags die Linie Glinne—Bykow, aus der sie am nächsten Morgen auf Litynia vorgehen sollte.
Am 12. Juni sehte das Korps Vothmer den Angriff fort. Die 1. In-i2.undir.Jum. fanterie-Division fand den Brückenkopf von Mlyniska geräumt und ging unter Sicherung am Dniester gemeinsam mit dem rechten Flügel der 3. Garde-Infanterie-Division gegen das zäh verteidigte Rogozno vor, das erst am folgenden Tage nach erbittertem, verlustreichem Kampfe unter Mitwirkung von Teilen der Korpsreserve in deutsche Hand fiel. Der linke Flügel der Garde arbeitete sich im Laufe der beiden Tage bis auf nächste Entfernung an Zydaczow heran und wies einen feindlichen Gegenangriff ab. Die der Gruppe Szurmay wieder unterstellte 40. Infanterie-Division löste die auf dem westlichen Stryj-Afer vorgedrungene 1. Kavallerie-Division ab und nahm Iwanowce. Szurmays Mitte gewann den Rordrand von Derzow und des Bilczeski las, sein linker Flügel entriß dem Gegner Bilcze, Iosefsberg und Opary. Die Gruppe Kornhaber hingegen gelangte nicht zu der ihr zugedachten entscheidenden Einwirkung. Sie stieß bei und nördlich von Litynia aus stärksten Widerstand, den sie nicht zu brechen vermochte.
Inzwischen war es auch auf dem rechten Armeeflügel zu heftigen Kämpfen gekommen. Am Morgen des 11. Juni war der Feind, wie erwartet, über die Bystrzyca Radwornianska zum Angriff auf Stanislau vorgegangen, indessen blutig abgewiesen worden. Im Gegenstoß warf ihn die 5. Kavallerie-Division am folgenden Tage über den Worona-Abschnitt zurück und folgte am 13. den auf Iezupol und über den Dniester abziehenden Ruffen bis in die Gegend von Hanusowce. In den nächsten Tagen beabsichtigte General von Linsingen, wie er den verbündeten Heeresleitungen am Nachmittag des 13. Juni meldete, die Säuberung des rechten Dniester-Afers vom Feinde fortzusetzen und sich Übergangsstellen zu schaffen. Zu-
0 S. 220.
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
4. bis 11. Juni.
gleich sollten die durcheinandergekommenen Verbände geordnet und die auf etwa 20 000 deutsche sowie 25 000 ö.-u. Gewehre und Karabiner herabgesunkene Gefechtskraft durch Einstellung des heranrollenden Ersatzes wieder aufgefüllt werden. Alsdann wollte er den Dniester in nördlicher Richtung überschreiten. General von Conrad erklärte sich tags darauf mit diesen Absichten einverstanden. „Cs wird", so fügte er hinzu, „zunächst Aufgabe der Südarmee sein, auch nach Erreichen des Dniester die vor ihr befindlichen Kräfte des Feindes verläßlich zu binden und jedes Abziehen gegen den Stoß der 2., 11. und 4. Armee sowie gegen die 7. Armee zu hindern."
Die Hauptkräfte der ö.°u. 7. Armee waren gemäß den neuen Weisungen der Heeresleitung*) am 10. Juni aus der bisherigen nordöstlichen Vormarschrichtung nach Norden eingeschwenkt. Während die Gruppe Schönburg im Anschluß an den rechten Flügel der Südarmee bis zum Abend des 13. den Dniester bei Maryampol erreichte und die Gruppen Rhemen und Czibulka das russische XXX. Korps in den Brückenkopf von Nizniow zurückwarfen, kam das Korps Krautwald vor starken feindlichen Stellungen südlich von Czernelica zum Stehen und sah sich am 13. Juni zur Hilfeleistung an die Gruppe Kaiser genötigt, die am 10. und 11. auf dem nördlichen Dniester-Llfer bei Zezawa und Zaleszczyki Fuß gefaßt hatte, seitdem aber heftigen russischen Gegenstößen ausgesetzt war. Das mit dem Schutz der rechten Armeeflanke betraute, zwischen Pruth und Dniester nach Osten angreifende Korps Korda fand auf den Höhen jenseits der russischen Grenze stärkeren Widerstand. Seine beiden am Nordflügel zu einem Korps zusammengefaßten Kavallerie-Divisionen stießen über Rzawiency noch 20 Kilometer ostwärts vor.
9. Die Offensive Mackensens auf Lemberg im Juni.
Karten 5 und 6, Skizze 16. a) Aufmarsch und Vorbereitungen.
Während die Südarmee in der ersten Iunihälste mit wechselndem Erfolge um den Besitz der Dniester-Linie rang, trafen die drei Generaloberst von Mackensen unterstellten Armeen die Vorbereitungen zur Fortsetzung der ihnen anbefohlenen Offensive auf Lemberg. Aus den Beobachtungen der nach dem Fall von Przemhsl angesetzten Fliegeraufklärung ergab sich am Abend des 3. Juni der Gesamteindruck, daß der Gegner seine geschlagenen Truppen in der Richtung auf Lemberg zurücknahm, gleichzeitig aber mit Bahn und Fußmärschen neue starke Kräfte etwa in
S. 212.
Aufmarsch zur Offensive der Heeresgruppe Mackensen auf Lemberg. 217
die Linie Mosciska—Krakowiec—Lubaczow heranführte. Hier war hinter der zur Zeit vom Feinde noch gehaltenen Front eine zweite ausgebaute Stellung erkannt. Als weitere starke Sperrstellung legte sich die Seenkette der Wereszyca (Grodek-Stellung) und als Fortsetzung nach Norden der Höhenzug über Niemirow nach Narol Miasto schützend vor Lemberg. Hinter dieser räumlich tief gegliederten Abwehrzone bildete die Bahn Cho-dorow—Lemberg—Rawa Ruska eine günstige Querverbindung, während sechs Bahnlinien von ihr aus als Zubringerlinien zu diesen neuen Kampffronten dienten. Erheblich ungünstiger war die Cisenbahnlage auf seiten der Verbündeten. In den Raum der drei Angriffsarmeen des Generalobersten von Mackensen führten nur die Bahn über Sanok, auf der in den nächsten Tagen Transporte bis Przemysl möglich wurden, und über Rzeszow, die vom 3. Juni ab bis Iaroslau fertiggestellt war. Auf dieser letzteren Bahn mußte der Antransport der Verstärkungen für die 11. Armee und der Nachschub der Heeresbedürfnisie durchgeführt werden. Erschwerend kam der Zustand der Straßen und Wege hinzu, die durch ihre starke Inanspruchnahme tief ausgefahren und infolge von häufigen Gewitterregen mit zähem Schlamm bedeckt waren. Es galt daher zunächst eine feste Basis für die neue Offensive der verbündeten Armeen zu schaffen. Erst dann und nach Durchführung der Truppenverschiebungen von der ö.-u. 3. zur 4. Armee konnten die Operationen beginnen. Die nächsten Tage dienten also der Versammlung der neu hinzutretenden Kräfte hinter der Front der 11. Armee und der Gliederung der drei Armeen in ihren künftigen Kampffronten.
Daneben galt es die noch nicht abgeschloffenen Kampfhandlungen östlich von Przemysl mit dem neuen operativen Gedanken in Einklang zu bringen. Hierzu sollte der bisherige linke Flügel der ö.°u. 2. Armee bis Mosciska vorschwenken, links anschließend das Veskidenkorps bis Hodynie, das ö.-u. XV l.T. Korps bis Czerniawa vorgehen. Der Abmarsch dieses letzteren Korps zur ö.-u. 4. Armee hatte erst zu erfolgen, nachdem sein Abschnitt vom Veskidenkorps übernommen sein würde. Dem XXXXT. Reservekorps lag eine Linksschwenkung bis an die Wisznia in Linie Czerniawa—Starzawa ob. Bei den hierzu erforderlichen Bewegungen stieß das Veskidenkorps bereits am 4. Juni auf eine stark ausgebaute feindliche Stellung, die anschließend an das Sieczna-Knie über die Höhen diesseits der Wisznia nach Starzawa verlief. Der zähe Abwehrkampf der Ruffen zeigte, daß es sich nicht bloß um Nachhutstellungen handeln konnte. Am 5. Juni schloffen auch das ö.-u. XVII. Korps und das XXXXI. Reservekorps vor dieser Front zusammen. Dabei konnten in heißem Kamps nur in Starzawa Fortschritte erzielt werden. Dort lag der Nachdruck des
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
Angriffs, um die feindliche Stellung von Norden her aufzurollen. Am 6. Juni erlag Starzawa und die Stellung südlich davon dem Ansturm des XXXXI. Reservekorps. Im Nachstoß wurde Czerniawa erreicht. Dadurch wurde auch der linke Flügel des ö.-u. XVII. Korps vorgetragen, die Vuczki-Höhe südwestlich von Czerniawa von ihm erstürmt. Der rechte Korpsflügel aber blieb vor Iozesowka hängen. Mehrfache starke Gegenstöße der Russen scheiterten. Am 7. Juni wurde nunmehr die Ablösung des XVII. Korps durch das Beskidenkorps und die 11. bayerische Infanterie-Division befohlen. Die zunächst bestehende Absicht, bei Fortsetzung des Angriffs den Druck von Norden her durch das XXXXI. Reservekorps aufrechtzuerhalten, ließ Generaloberst von Mackensen fallen, da er die Kampfkraft der gegenüberstehenden Ruffen nur noch gering einschätzte. Die 11. bayerische Infanterie-Division sollte, nur durch die Artillerie des XXXXI. Reservekorps unterstützt, in der Richtung auf Hodynie—Czerniawa angreifen. Der Hauptstoß war gegen Iozesowka gerichtet. Er drang jedoch am 8. Juni nicht durch. Auch dem Beskidenkorps waren nur einige örtliche Erfolge beschieden. Am 9. Juni mehrfach wiederholte blutige Stürme gegen Iozesowka vermochten dieses Bollwerk, das auch die zu beiden Seiten angelehnten Fronten stützte, nicht zu Fall zu bringen. Daher entschloß sich Generaloberst von Mackensen, den Angriff in der bisher erreichten Linie einzustellen und ihn erst mit Beginn der allgemeinen Offensive wieder aufzunehmen. Die 11. bayerische Infanterie-Division wurde durch das Bes-kidenkorps abgelöst und schied als Armeereserve aus der Kampffront aus. Auch die ö.-u. 2. Armee mußte ihre Teilangriffe einstellen, da sie zum Schutz ihrer rechten Flanke gegen den Vorstoß der Russen über den Dniester^) Kräfte aus ihrer Front hatte herausziehen müssen. Im Raume östlich von Przemysl gelang es also nicht, die für die große Offensive erstrebte Ausgangsstellung bei Mosciska zu erreichen.
Auch in der Nordflanke der 11. Armee ging nicht alles nach den Wünschen des Armee-Oberkommandos 11. Die feindlichen Vorstöße gegen die Nordfront der ö.-u. 4. Armee hielten an. Man rechnete mit einem starken Angriff der Russen. Die Lage blieb hier also bis zum Eintreffen der beiden von der 3. Armee entsandten Verstärkungskorps (X. und XVII.) noch gespannt. Das bedeutete eine Gefahr für die Bahn Rze-szow—Iaroslau und damit für den gesamten Aufmarsch. Daher wurde von den zur 11. Armee anrollenden Verstärkungen am 4. Juni die zuerst eintreffende 22. Infanterie-Division^) als Stütze hinter dem rechten Flügel der ö.-u. 4. Armee bereitgestellt.
*) S. 210. - 2) S. 202.
Die Angriffsvorbereitungen.
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Durch größere Angriffsunternehmungen des Feindes wurde indessen der Aufmarsch nicht mehr gestört. Vielmehr konnte Generaloberst von Mackensen bereits am 7. Juni die Aussichten für die neue Offensive als günstig bezeichnen. Vor der Front der 11. und 4. Armee waren Teile des Feindes nach Südosten gegen die Südarmee abgezogen, weiterhin wurden Abmärsche aus der vordersten Stellung nach Osten beobachtet. Der Gegner gliederte sich offenbar zur Abwehr in die Tiefe. Am 10. Juni gab Generaloberst von Mackensen den A n g r i f f s b e f e h l für den 13. aus.
Hierzu hatten Erkundungen und Vorbereitungen auf der Gesamtfront der 11. Armee bereits am 6. Juni eingesetzt. Der allgemeinen Offensive sollte am 12. Juni ein Teilvorstoß der unter Befehl des Generals von Vehr zusammengefaßten 56. und 119. Infanterie-Division über die untere Lubaczowka in der Richtung auf Sieniawa vorangehen, um der ö.-u. 4. Armee den Übergang über den San zu erleichtern. Die Hauptstoß-gruppe der 11. Armee, das ö.-u. VI.Korps, das Garde- und XXII.Reservekorps*), hatte die Aufgabe, in nordöstlicher Richtung durchzubrechen. Das X. Armeekorps sollte sich zunächst nur mit seinem rechten Flügel dem Angriff anschließen, im übrigen die linke Armeeflanke decken, bis auch das Korps Vehr den Vormarsch nach Osten antreten konnte. Am rechten Armeeflügel sollte das XXXXI. Reservekorps den breiten Wisznia-Abschnitt überwinden, um dadurch sowohl dem VI. Korps wie auch dem linken Flügel der ö.-u. 2. Armee das Vorgehen zu erleichtern. Als Armeereserven waren die 11. bayerische Infanterie-Division, die 8. bayerische Reserve-Division und die 88. Reserve-Infanterie-Vrigade des XXII. Reservekorps ausgeschieden. Die ungarische 11. Kavallerie-Division sollte zur Verfügung des Oberkommandos Mackensen hinter dem rechten Flügel der 4. Armee folgen.
Der ö.-u. 2. Armee war bereits am 6. Juni die Weisung des Generalobersten von Mackensen zugegangen, „ihren linken Flügel möglichst stark zu halten, um unter Anfassen der ganzen besetzten Grodek-Front diese nördlich zu umfasten und aufzurollen, während das Vordringen der 11. nördlich an der genannten Front vorbei ihr längeres Halten dem Feinde schon unmöglich machen werde". Demgemäß legte General der Kavallerie von Vöhm-Crmolli den Nachdruck auf seinen linken Armeeflügel. Hier sollten das ö.-u. IV. und das Veskidenkorps am 13. Juni unter dem Befehl des Generals von der Marwitz vereinigt werden. Ihrem Angriff hatten sich dann die anderen Korps staffelweise anzuschließen. Gegenüber dem rechten Flügel der 2. Armee hatte der Feind, um dem bereits über den
9 Die 43. (ohne 85. R. I. Vr.), 44. R. D. und 107. I. D.
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
Dniester ausgreifenden Vorgehen der Südarmee Einhalt zu tun, starke Kräfte in der Gegend um Litynia zum Gegenstoß zusammengezogen. Als Flankenschuh hiergegen war bei der 2. Armee eine besondere Kampfgruppe unter Feldmarschalleutnant von Kornhaber gebildet worden, die bis zum 12. Juni den Feind werfen sollte, um dann am 13. Juni mit Beginn der allgemeinen Offensive sich der 2. Armee wieder anzuschließen.
Die ö.-u. 4. Armee des Generals der Infanterie Erzherzogs Josef Ferdinand sollte im unmittelbaren Anschluß an den Vorstoß des linken Flügels der 11. Armee auf Sieniawa am 12. Juni den San zwischen Sieniawa und Alanow mit möglichst starken Kräften in Richtung auf Rawa Ruska—Narol Miasto überschreiten und am Tanew-Abschnitt die Deckung der linken Flanke übernehmen. Für die Eröffnung der Offensive über den San war der Armee bereits am 9. Juni die deutsche 22. Infanterie-Division unterstellt worden, um sie am rechten Flügel beim ö.-u. XVII. Korps einzusetzen. Das Korpskommando befahl der Division für den 12. Juni den frontalen Angriff über den San auf der Strecke Luba-czowka-Mündung—Lezachow. Der Divisionskommandeur, Generalleutnant Dieffenbach, bat jedoch, die im Lubaczowka—San-Winkel erkannten starken Stützpunkte auch von Süden her angreifen zu dürfen, worauf seiner Division der Raum bis östlich von Manasterz zugewiesen wurde. Die Division sollte dann in der Nacht zum 14. Juni vom XVII. Korps abgelöst werden und dem linken Flügel der 11. Armee folgen. Im übrigen wies Generaloberst von Mackensen die 4. Armee auf die Notwendigkeit eines gleichzeitigen frontalen Angriffs gegen die San-Front hin. Beim weiteren Vorgehen nach Osten rechnete er mit einem Offensivstoß des Feindes gegen die linke Flanke der 11. Armee. „Gegen diese Möglichkeit gilt es, das Vorgehen der 11. Armee zu decken", so legte Oberst von Seeckt in einem Schreiben an das Oberkommando der 4. Armee dar, „denn muß sie selbst frühzeitig eigene Kräfte abzweigen, so erlahmt ihre Stoßkraft nach Osten." Die 4. Armee sollte daher von vornherein möglichst geringe Kräfte für die Defensivaufgabe am Tanew-Abschnitt vorsehen. Erzherzog Josef Ferdinand beabsichtigte, den Vormarsch der 11. Armee bis Cewkow durch das XVII. und IX. Korps und von dort bis Cieszanow durch das XVII. Korps begleiten zu lassen. Zwei weitere Divisionen sollten in zweiter Linie folgen.
Das Oberkommando der bisherigen ö.-u. 3. Armee übernahm die Führung der Gruppe Kirchbach aus dem westlichen Weichsel-Afer, aus der wieder eine selbständige ö.-u. 1. Armee gebildet wurde.
Der Vorstoß bei Sieniawa glückt.
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b) Die Durchbruchsschlacht von Lubaczow vom 12. bis 15. Juni.
Der Vorstoß der inneren Flügel der 11. und ö.-u. 4. Armee im Fluß- 12,3m». winket von Sieniawa am 12. Juni hatte den gewünschten Crsolg. Der linke Flügel der 56. Infanterie-Division schwenkte in der Frühe im Angriff über die Lubaczowka vor und hielt in den Vormittagsstunden südlich des Kotowka-Waldes Gegenstößen des Feindes stand. Dadurch in der Flanke gedeckt, trug die gleichzeitig kühn über die Lubaczowka vorstoßende 119. I n f a n t e r i e - D i v i s i 0 n des Generalmajors von Vehr ihren Angriff über mehrere Stellungen hinweg nach Norden vor. Cnt-lastungsstöße der Russen aus den Waldungen von Osten und Westen her wurden abgewehrt. Die 22. Infanterie-Division war im Flußbogen nördlich von Manasterz auf erhebliche Gegenwehr gestoßen, die erst gegen Mittag durch frontalen Angriff und Umfassung von Osten gebrochen wurde. Die Division warf dann den Feind bis auf die Höhen südöstlich von Sieniawa zurück. Gegen 5° nachmittags wurde auch Sieniawa besetzt.
Diesen Erfolgen war es zu danken, daß nun auch das bisher vergeblich versuchte übersetzen der Truppen des Verbündeten über den San gelang. Bei Sieniawa fanden sie Anschluß an die deutsche Gefechtsfront. Auf die alsbaldige Durchführung des Angriffs gegen die Slawa-Höhe mußte die 22. Infanterie-Division verzichten, da ihre auf dem westlichen San-Afer eingesetzte Artillerie nicht rechtzeitig zur Stelle sein konnte. Die von den Verbündeten geschlagene Brücke bei Lezachow wurde erst abends fertig.
Gegen die tiefe rechte Flanke der 119. Infanterie-Division am Kotowka-Walde setzten gegen Abend heftige Gegenstöße der Rüsten ein, denen durch rechtzeitiges Verschieben von Kräften vom linken zum rechten Flügel begegnet werden konnte. Die Division war jedoch so stark in den nächtlichen Nahkampf verstrickt, daß ihre sofortige Ablösung durch die hinter der Front eingetroffene ö.-u. 11. Infanterie-Division nicht möglich war.
In der Frühe des 13. Juni trat die 11. Armee zum frontalen Durchbruch an. Das in der Mitte der Hauptstoßgruppe angesetzte Garde-korp s errang einen großen Erfolg. Der 2. Garde-Infanterie-Division unter Generalleutnant von Winckler gelang es um 9° vormittags, Tuchla dem Gegner zu entreißen. Nachdrängend nahm die Division um 2° nachmittags Kobylnica Ruska und bemächtigte sich der nördlich anschließenden Höhe. Am 5° nachmittags stellte sich der Feind weiter östlich zu neuer Gegenwehr. Anter dem Eindruck dieser schnellen Erfolge war auch der zunächst hartnäckige Widerstand vor der 1. Garde-Insanterie-Division er-
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
mattet. Diese warf die Russen in den Vormittagsstunden über die Szklo-Niederung. Abends erreichte sie südlich von Kobylnica Ruska den Anschluß an die Nachbardivision. Die Fortsetzung des Angriffs des Gardekorps in die Nacht hinein gegen den in starker Stellung auf den Höhen beiderseits von Wielkie Oczy gemeldeten Feind erschien nicht angebracht und unterblieb. Auch so schon wirkte der tiefe Durchbruch günstig auf den Kampfverlauf an den Anschlußfronten.
Das ö.-u. VI. Korps war bei Zagrebla und Zalazie in die Stellung des Feindes eingebrochen. Aber nur der 12. Infanterie-Division gelang es, weiter durchzustoßen und dadurch eine Ilmfassung von Norden her einzuleiten. Erst gegen 3° nachmittags brach der Widerstand auch vor der 39. In-fanterie-Division zusammen. Beide Divisionen arbeiteten sich dann bis zum Ostrand der großen Waldzone hindurch, wo sie um 6° abends auf neue feindliche Stellungen stießen. Das XXXXI. Reservekorps trat nach Anfangserfolgen beiderseits der Wisznia bei Ostrow und weiter nördlich in schweren, wechselvollen Kampf. Erst als die 81. Reserve-Division um 6® abends Malnow durchstieß, trat eine Entlastung für die in der Wisznia-Niederung schwerringende 82. Reserve-Division ein. Die abendliche Erstürmung der Lukowa-Höhe nördlich von Malnow schuf nach Norden hin Anschluß an die Verbündeten. Nach rechts wurde die Fühlung mit dem Veskidenkorps der ö.-u. 2.Armee an der Wisznia aufrechterhalten. Dessen Angriff erlag das feindliche Bollwerk Iozefowka. Weitere Fortschritte beiderseits der Vachniederung nach Osten wurden jedoch durch russische Gegenangriffe verhindert. 2luch eine gegen Hodynie von Norden her eingeleitete Umfassung brachte nur die Höhen diesseits des Ortes in den Besitz des Angreifers.
Aus dem Nordflügel der Hauptstoßgruppe begegnete das Vorgehen des XXII. Reservekorps unter der Führung des Generals der Kavallerie von Falkenhayn besonderen Schwierigkeiten, da die feindlichen Stellungen sich gegenseitig geschickt flankierten. Hauptziel des Angriffs für die 43. Reserve- und 107. Infanterie-Division war das nach mehreren Fronten ausgebaute Dorf Miekisz Nowy. Erst als durch den schnellen Erfolg der Garde bei Tuchla und nach Fortschritten der 107. Infanterie-Division die beiderseitige Flankenwirkung des Feindes gegen den Angriff auf Miekisz Nowy beseitigt war, wurde das Dorf gegen Mittag erstürmt. Da der Kampfraum sich nach Eintritt in die großen Waldungen erweiterte, wurde die 44. Reserve-Division in die Mitte eingeschoben. Dem im Vergwald der Panska Niwa vordringenden rechten Flügel des Korps gebot die Dunkelheit Halt. Der linke Flügel lag abends an der Czerniawka fest, hinter der sich die feindliche Stellung nach Nordwesten fortsetzte.
Großer Erfolg am ersten Angriffstage.
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Vom X. Armeekorps griff zunächst nur die 20. Infanterie-Division an. Sie traf beim Vorgehen über die deckungslose Sumpfniederung auf harten Widerstand. Gegen Mittag gewann der rechte Flügel, unterstützt durch die 107. Infanterie-Division, Gelände. Gleichzeitig wurde der Feind auch über die Lubaczowka geworfen. Nachmittags drängte die 20. Infanterie-Division über diesen Fluß bis an den Vachabschnitt beiderseits von Onyszki nach. Damit war Raum gewonnen für den Einsatz der in zweiter Linie nachgeführten Masse der 19. Infanterie-Division. In schwieriger Entwicklung nach der Flanke überwand diese die breite Lubaczowka-Niederung und setzte ihren Angriff auch in der Nacht noch fort. Am 3° nachts fiel Wulka Zapalowska.
An der Front des Korps Vehr war der Kampf nördlich der Lubaczowka erst in der Frühe des 13. Juni abgeflaut. Der Gegner wich zurück. Die Ablösung der 119. Infanterie-Division durch die Verbündeten war um 11° vormittags durchgeführt. Die Division suchte durch den Kotowka-Wald zu flankierender Wirkung nach Süden einzuschwenken, stieß aber im Walde auf Feind. So gelang es nur, die inneren Flügel der 56. und 119. Infanterie-Division südlich des Waldes vorzuschieben.
Gegen Sieniawa hatten die Nüssen in der Nacht vom 12. zum 13. Juni mehrere Vorstöße gerichtet, die jedoch offensichtlich nur ihren Abzug nach Osten und Norden decken sollten. Gegen 7° vormittags hatte die 22. Infanterie-Division die Slawa-Höhe besetzt. Abends wurde sie abgelöst. Die links anschließende Linie der ö.-u. 4. Armee dehnte den Brückenkopf bis Piskorowice (zehn Kilometer nordwestlich von Sieniawa) aus.
So hatte die neue Offensivoperation gleich am ersten Tage einen verheißungsvollen Anfangserfolg erzielt. Die Spitze des Durchbruchskeiles der Garde war weit nach Osten bis dicht an die von der Lufterkundung festgelegte Zwischenstellung Krakowiec — Wielkie Oczy — Lukawiec — Lubaczow durchgedrungen. Da der Feind bereits hinter der Front Reserven in die Grodek—Magierow-Stellung zurückführte, glaubte das Armee-Oberkommando 11 nicht mehr mit nachhaltiger Abwehr in der davor liegenden Zwischenstellung rechnen zu sollen. Cs hoffte, daß die Fortsetzung des Durchbruchs diese schnell zu Fall bringen würde. Generaloberst von Mackensen befahl: „Das Gardekorps setzt morgen sein erfolgreiches und entscheidendes Vorgehen bis auf die Höhen des Abschnittes von Wielkie Oczy fort." Die Mitte des ö.-u. VI. Korps wurde auf Krakowiec, die des XXXXI. Reservekorps auf Sarny angesetzt. Nördlich vom Gardekorps sollte das XXII. Reservekorps durch die Waldzone weiter hindurchstoßen und die von der Garde eingeleitete Umfassung des Vucznik von Norden her unterstützen. Das X. Armeekorps hatte den Zusammenhang mit dem Korps
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14. Zuni.
Vehr aufrechtzuhalten, das seinen konzentrischen Angriff im Kotowka-Walde durchzuführen und seinen rechten Flügel auf Oleszyce vorzuführen gedachte. Die ö.-u. 4. Armee wurde nach Osten auf Cewkow und nach Norden auf Krzeszow am San angesetzt. Der rechten Nachbararmee wurde befohlen, den Angriff „fortzusetzen oder nachdrücklichst zu beginnen". Unter der Wirkung des Durchbruchs der 11. Armee war indessen der Feind auch vor der ö.-u. 2. Armee bereits in der Nacht zum 14. Juni in die allgemeine Linie Strwiaz—Vonow zurückgegangen. Sie schwenkte rechts und schritt zum Angriff gegen diese Stellung.
Auch dem rechten Flügel der 11. Armee, dem XXXXI. Reserve-und ö.-u. VI. Korps, stellte sich der Feind am 14. Juni erst in den Stellungen beiderseits des Krakowiec-Sees. In erbitterten Vorfeldkämpfen schob sich das XXXXI. Reservekorps an die Höhen diesseits des Szklo heran. Die Absicht der ungarischen 39. Infanterie-Division, südlich des Sees das Korps des Generals von Frangois zu entlasten, gelang nicht, da sie selbst auf Feind stieß. Auch die ö.-u. 12. Infanterie-Division stand nördlich des Sees vor einem schwierigen Frontalangriff. Der Übergang über die Szklo-Niederung wurde ihr durch ihren mit dem Gardekorps vorgehenden linken Flügel geöffnet. Sie gelangte daraufhin noch bis in Höhe des Ostrandes des großen Sees und nachts noch bis vor Swidnica.
Das Gardekorps traf wider Erwarten bei Wielkie Oczy auf besonders harten Widerstand. Erst um 4° nachmittags konnten die Divisionen zum Sturm antreten. Die 1. Garde-Infanterie-Division unter Oberst Eitel Friedrich Prinz von Preußen überwand den Vereznik und weitete diesen Erfolg nach Norden aus. Dann stieß auch der linke Flügel der Division über Wielkie Oczy durch. Die geplante Umfassung der 2. Garde-Infanterie-Division von Norden her war an der Stärke des Vucznik-Massivs gescheitert. Erst nach der Entlastung durch die 1. Garde-Infanterie-Division konnte ihr rechter Flügel um 7° abends nach hartem Kampf in Wielkie Oczy eindringen und dann an den rechten Nachbar Anschluß gewinnen. Dadurch auch von Süden umfaßt, fiel der Vucznik. Indessen kam der linke Flügel nicht mehr erheblich vorwärts, zumal da die Lage in der Waldzone weiter nördlich nicht geklärt war. Hier waren die beiden südlichen Divisionen des XXII. Reservekorps dem auf die Ladowa Niwa-Höhe zurückgehenden Feinde gefolgt. Nach beschwerlichem Vormarsch nahm die 43. Reserve-Division des Generalmajors von Runckel um 7° abends die dortige Stellung in Besitz. Die 44. Reserve-Division erreichte erst bei Dunkelheit den Raum südlich von Lukawiec, Teile von ihr schwenkten auf Lukawiec ab. Dort trat auch die 107. Infanterie-Division, nachdem sie feindliche Nachhuten von Abschnitt zu Abschnitt zurück-
Der Angriffskeil stößt weiter durch.
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geworfen hatte, um 6° abends in den Kampf. Um 8° abends wurden das Dorf und die Höhen weiter östlich im Sturm genommen.
Nördlich der Lubaczowka hatte das X. Armeekorps harte Kämpfe beiderseits von Onyszki zu bestehen. Als der rechte Flügel der 20. Infanterie-Division an der Lubaczowka durchbrach und nach links hin flankierte, gab der Feind um Mittag seine Stellung auf. Den Versuchen der 19. Infanterie-Division, ihren nächtlichen Erfolg bei Wulka Zapalowska nach Osten und Norden zu erweitern, sehten die Russen starken Widerstand entgegen. Auch hier wurden erst gegen Mittag Fortschritte erzielt. In den Nachmittagsstunden ging es auf der ganzen Front des X. Armeekorps, wenn auch nach den schweren Kämpfen langsam, voran. Bis zum Abend wurde an der Lubaczowka der Anschluß an das XXII. Reservekorps und südlich von Lipina der nördliche Waldrand erreicht.
Auch die 56. Infanterie - Division unter Generalmajor Schach von Wittenau durchstieß die Lubaczowka-Front und warf den Feind in die Wälder weiter nördlich zurück. Ihr linker Flügel drang nach Nordwesten vor, um den rechten Flügel der 119. Infanterie-Division zu unterstützen. Dieser gelangte um 8° abends am Südrand des Kotowka-Waldes entlang bis Kopan. Der linke Flügel der Division hingegen kam ebenso wie die anschließende Gefechtsfront der Verbündeten in schweren Waldkämpfen nur mühsam vorwärts. Daher hielt die Führung der ö.-u. 4. Armee eine Entlastung durch Vorstoß nördlich des Kotowka-Waldes in Richtung auf die Czarne-Höhe für erforderlich. Hierzu erbat und erhielt sie die deutsche 22. Infanterie-Division. Diese schob sich östlich der Slawa-Höhe in die Kampflinie ein, um am folgenden Tage anzugreifen. Sanabwärts wurde nur wenig Gelände gewonnen.
Bereits um die Mittagsstunde hatte Generaloberst vonMackensen unter dem Eindruck der Nückzugsbewegung der Russen vor der Front der 2. Armee und auf Grund von Nachrichten über Märsche aus der Linie Kra-kowiec—Lubaczow nach Osten und Nordosten den Befehl zur Verfolgung bis zur Grodek-Stellung gegeben. Der weitere Verlauf des Tages bewies aber, daß der Feind vor der 2. Armee nur in eine feste Stellung zehn Kilometer rückwärts ausgewichen war, und daß er auch vor der 11. Armee sich zu neuer Abwehr — nach Gefangenenaussagen in Stärke von 19 Divisionen — gestellt hatte. Nur im Abschnitt nördlich des Szklo und beiderseits der Lubaczowka war bisher ein Einbruch in diese Stellung gelungen.
Der am 15. Juni einsehende Angriff der ö.-u. 2. Armee brachte nur am Nordflügel, beim Veskidenkorps, das in Anlehnung an das XXXXI. Reservekorps kämpfte, einige örtliche Erfolge westlich von Vonow. Sie führten aber nicht zu der beabsichtigten Umfassung von Norden her.
Weltkrieg VIII. Band. ] 5
15. Sunt.
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
Der linke Flügel des XXXXI. Reservekorps gelangte frühzeitig über Morance an den sumpfigen Szczan. Der Übergang über einen Damm östlich des Krakowiec-Sees mißlang jedoch. Weiter südlich wurden nach hartem Kampf die noch westlich des Szczan-Abschnittes gehaltenen russischen Stellungen durchstoßen. Danach konnte dann abends auch der rechte Flügel westlich von Vonow in die Gräben des Feindes eindringen. Vom ö.-u. VI. Korps trieb die 12. Infanterie-Division den Gegner bis über den Lipowiec-Abschnitt zurück. Auch die Masse der 39. Infanterie-Division wurde nördlich um den Krakowiec-See nachgezogen. Während ihr linker Flügel dann Anschluß an die 12. Infanterie-Division halten konnte, blieb dem entscheidenden Vorstoß ihres rechten Flügels nach Südosten ein Erfolg versagt.
Das Gardekorps trug auch am 15. Juni seinen Angriff weiter tief in das Verteidigungssystem des Feindes vor. Die 1. Garde-Infanterie-Division traf am Lipowiec-Bach auf starke russische Stellungen. Durch ihre Nachbardivision von Norden her unterstützt, konnte sie diesen Widerstand um 6° abends brechen und Anschluß an die 2. Garde-Infanterie-Division gewinnen, die 20 Kilometer über Wielkie Oczy hinaus bis Luzki vorgestoßen war. Auch das XXII. Reservekorps warf den Feind in dem durchschnittenen Gelände von Abschnitt zu Abschnitt zurück. Trotz größter Marschschwierigkeiten erreichten alle drei Divisionen nachmittags den Zawadowka-Abschnitt. Sie hatten damit den Durchbruch der Garde nach Norden erheblich erweitert.
Das X. Armeekorps trieb seine 20. Infanterie-Division entlang der Lubaczowka vorwärts. Erst am Przerwa-Abschnitt traf diese auf Widerstand, der jedoch durch Umfassung vom Ostufer der Lubaczowka aus um 7® abends überwunden wurde. Die Division erreichte dann mit ihrem rechten Flügel noch die Zawadowka. Die Stellungen östlich von Lipina waren bereits um 10° vormittags von den inneren Flügeln der 20. und 19. Infanterie-Division gestürmt worden. Die letztere drückte im übrigen im offenen Gelände weiter westlich den Gegner von Stellung zu Stellung auf Oleszyce und in die Waldungen nördlich davon zurück. Die Masse der 19. Infanterie-Division wandte sich dann gleichfalls nach Osten. Abends umschloß das X. Armeekorps in weitem Vogen das von Vachniederungen schützend umgebene Lubaczow.
Das Korps Vehr war noch weit zurück. Die 56. Infanterie-Division warf gegen Mittag durch Angriff nach Nordosten den südlich von Molodycz noch haltenden Feind und entlastete hierdurch die im Kotowka-Walde kämpfende 119. Infanterie-Division. Diese selbst erstürmte, durch Truppen der ö.-u. 4. Armee unterstützt, die dortigen starken Stellungen. In
Der Feind weicht in die Grodek—Magierow-Stellung aus. 227
gemeinsamem Angriff beider Divisionen gelang es dann abends noch, den Feind aus seinen Stellungen um Molodycz zu werfen. Hm 4° nachmittags hatte das Oberkommando der 11. Armee befohlen, daß die 8. bayerische Reserve-Division, die inzwischen zur Sicherung der tiefen linken Flanke des X. Armeekorps vorgezogen war, auf Oleszyce—Zabiala angesetzt und mit der links anschließenden 56. Infanterie-Division zu einem Korps unter Befehl des bayerischen Generalleutnants Freiherrn von Stein zusammengefaßt werden sollte. Die 8. bayerische Reserve-Division gelangte mit ihren vordersten Teilen noch bis Oleszyce. Die 119. Infanterie-Division sollte Armeereserve werden.
Auf dem rechten Flügel der ö.-u. 4. A r m e e durchstieß die nördlich des Kotowka-Waldes vorgehende 22. Infanterie-Division um 11» vormittags zugleich mit der im Walde kämpfenden ö.-u. 11. Infanterie-Division die feindlichen Stellungen. Beide Divisionen drangen noch erheblich über die Czarne-Höhe hinaus vor. Die übrige Front der 4. Armee östlich des San schob sich nach Norden an die vom Gegner besetzten Höhenstellungen beiderseits von Cieplice heran.
Das Oberkommando Mackensen beurteilte am Nachmittage die Gesamtlage der 11. Armee sehr aussichtsvoll. Hm 6° abends richtete Oberst von Seeckt an die Generalstabschefs der Korps folgende Weisung:
„Das Verfolgungsgefecht ist auf der ganzen Front der drei Armeen in gutem Fortschreiten. Die Lage hat sich seit gestern zu unseren Gunsten dahin geändert, daß der Feind Teile seiner Hauptkräfte uns wieder ent-gegengeworsen hat und uns dadurch die Möglichkeit bietet, ihn im freien Feld zu schlagen. Wir werden daher in der von ihm vorbereiteten Hauptstellung geringeren Widerstand finden und vielleicht mit ihm in sie eindringen können. In diesem Sinne bleibt die Verfolgung in den Gefechtsstreifen rastlos fortzusetzen." Hm die Kräfte der 11. Armee zu dem Durchbruchsstoß auf Magierow noch enger zusammenzufassen, wurde ihre Grenze zur ö.-u. 2. Armee nach links in Richtung auf die Waldkuppe des Kubyn verschoben, womit gleichzeitig für diese Armee eine Hmfafiung der Grodek-Stellung nördlich um den Ianow-See herum ermöglicht werden sollte.
Vor der ö.-u. 2. Armee ging der Feind in der Nacht zum 16. Juni is.J>»«i. auf die Grodek-Stellung zurück. Die Armee folgte auf der ganzen Linie, mit dem linken Flügel bis Szklo. Auch der rechte Flügel und die Mitte der 11. Armee setzten die Verfolgung unaufhaltsam fort. Feindliche Nachhuten vor sich hertreibend, erreichten die vier südlichen Korps trotz großer Marschschwierigkeiten die Linie Szklo—Niemirow und nördlich.
Nur zur Besetzung von Niemirow war ein längerer Angriffskampf erforderlich. Der Kommandierende General des XXII. Neservekorps, General der
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
Kavallerie von Falkenhayn, beabsichtigte, während seines Vormarsches Teile nach Norden einschwenken zu lassen, um zum Schuhe seiner linken Flanke in die Kämpfe des X. Armeekorps bei Lubaczow einzugreifen. Das Armee-Oberkommando ließ dies nicht zu, da es die Verfolgung nach Osten für wichtiger hielt.
Das X. Armeekorps wurde denn auch allein des Widerstandes Herr, den es in der von Natur festen und stark besetzten Stellung um Lubaczow fand. Die 20. Infanterie-Division war von Süden, die 19. Infanterie-Division von Westen her zum Angriff angesetzt. Bald nach Mittag wurden die Stellungen im Sturm genommen. Auf den Höhen südlich der Solotwa setzte sich der Feind zu neuer Gegenwehr. Der Angriff wurde der 19. Infanterie-Division übertragen, kam indessen bei der vorgerückten Tageszeit nicht mehr zur Durchführung, Die 20. Infanterie-Division marschierte ostwärts auf Sieniawka ab. Die ungarische 11. Kavallerie-Division wurde zur Schließung der Lücke zwischen dem XXII. Reservekorps und X. Armeekorps vorgezogen. Vor der 8. bayerischen Reserve-Division hielt der Feind noch Stellungen nördlich von Oleszyce und am Waldrande dahinter besetzt. Die Division rüstete sich zu beiderseits umfassendem Angriff. Ihr linker Flügel überschritt gegen Mittag den Bachabschnitt bei Zabiala. Am Spätnachmittag erschien noch nordwestlich von Zabiala nach beschwerlichem Marsch auf tiefsandigen Waldwegen die 56. Infanterie-Division auf dem Gefechtsfelde. Inzwischen hatten bereits die Bayern die feindlichen Vorstellungen nördlich von Oleszyce genommen. Beide Divisionen sollten nun auf Befehl des Generals von Stein gemeinsam am nächsten Tage den Kubaszyna-Wald umfassend angreifen. Das machte eine Linksschwenkung der 8. bayerischen Reserve-Division notwendig. Roch in der Nacht nahm sie Dachnow in Besitz. Durch dieses kühne Vorgehen war der Feind im Kubaszyna-Wald von drei Seiten umstellt. War somit auch der linke Flügel der 11. Armee nicht unerheblich im Vergleich zur Mitte und dem rechten Flügel zurückgeblieben, so bestand doch begründete Aussicht, daß er nach Überwindung des russischen Widerstandes sich bald dem Vormarsch nach Osten links gestaffelt anschließen würde.
Der rechte Flügel der ö.-u. 4. Armee erreichte die Waldränder südlich von Cewkow. Hier hielt der Feind noch. Weiter westlich schritt die Armee über Cieplice vor. Das Oberkommando der Armee beabsichtigte, nun erst nach Norden vorzustoßen, da es auf dem östlichen San-Afer einen russischen Angriff erwartete. Generaloberst von Mackensen wies jedoch darauf hin, daß „das Vorgehen nach Osten durchgeführt werden müsse, bis ein feindlicher Angriff und nicht die Befürchtung eines solchen zum Halt
Der Angriff auf die Grodek—Magierow-Stellung.
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zwinge". Cieszanow wurde als nächstes Ziel gesetzt, unter Staffelung gegen Tarnogrod. Auf die Nachricht, daß auch auf dem Westufer des San Rückwärtsbewegungen beim Feinde eingeleitet seien, wurde der 4. Armee mitgeteilt: „Danach erscheint das heute abend anbefohlene Vorrücken . . . nach Osten erleichtert und der Angriff der im San—Weichsel-Winkel stehenden Teile aussichtsvoll und erforderlich."
Im Laufe des 16. Juni eingegangene Fliegermeldungen ergaben einwandfrei das Bild des allgemeinen feindlichen Rückmarsches in und hinter die Grodek—Magierow-Stellung, die sich nach Nordwesten zum Tanew-Abschnitt fortsetzte. Die Gefangenen berichteten allgemein über großen Munitionsmangel bei den Russen und hoben die gewaltige moralische Wirkung der deutschen Artillerie hervor. Der Ersatz der Infanterie sollte sich infolge zu kurzer und mangelhafter Ausbildung zusehends verschlechtert haben, zumal da es den Ausbildungsdepots an Gewehren gebrach. Generaloberst von Mackensen wies die unterstellten Kommandobehörden darauf hin, daß „geschlagene Truppen" die neuen Stellungen besetzt hätten. Die Korps müßten selbständig entscheiden, ob schneller Zugriff oder planmäßiger Angriff am Platze sei. „Daß eine schnelle Entscheidung vorteilhaft und erforderlich ist, wird jeder Stelle klar sein." Rach wie vor lag der Schwerpunkt der Operation in der Mitte der 11. Armee. Dem wurde auch durch die Überweisung weiterer schwerer Artillerie vom linken Armee-flügel an das ö.-u. VI. und das Gardekorps Ausdruck gegeben.
c) Der Durchbruch durch die Grodek—Magierow-Stellung und die Einnahme von Lemberg. 17. bis 22. Juni.
Am 17.Juni fühlte die ö.-u. 2. Armee gegen die Grodek-Stellung i7.g»»u vor. Cs gelang hierbei bereits, in den Ort Grodek einzudringen. Den Hauptdurchbruchsstoß plante General von Vöhm-Crmolli aber auf seinem linken Flügel zwischen Kamienobrod und Ianow.
Bei der 11. Armee stand auch dieser Tag noch unter dem Zeichen scharfen Nachdrängens hinter dem weichenden Feinde. Erst vor stark besetzten Höhenstellungen in der allgemeinen Linie Majdan-See—Magie-row—Dobniowice-Höhe kam der Vormarsch der Korps zum Stehen. Auf dem linken Armeeflügel erreichte das Korps Stein, dessen drohendem Zugriff im Kubaszyna-Walde der Gegner sich rechtzeitig entzogen hatte, die Höhen südlich von Cieszanow. 5lm den Zusammenhang mit der linken Nachbararmee zu wahren, sollten diese Höhen zunächst nicht überschritten werden.
Nur südlich der Swidnica wurden Teile zur Deckung der linken Flanke des X. Armeekorps weiter nach Osten vorgeschoben. Im Hinblick auf die Stärke der Höhenstellungen, vor denen die 11. Armee nunmehr
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18. Zuni.
19. Zuni.
auf der ganzen Front stand, erwies fiel). ausgiebige Artillerievorbereitung vor Beginn des Infanterieangriffs als nötig. Infolge der großen Wegeschwierigkeiten war aber die schwere Artillerie zum größten Teil noch nicht herangekommen. Generaloberst von Mackensen befahl daher um 1030 abends: „Der 18. Juni ist zur Erkundung, zum Aufmarsch und Cinschießen der Artillerie zu verwenden. Für 19. früh Sturm geplant."
Vor der ö.-u. 4. Armee hatte der Feind unter der Einwirkung des Erfolges der 8. bayerischen Reserve-Division bei Dachnow und eines nächtlichen Vorstoßes der Verbündeten westlich von Cewkow seine Stellungen östlich des San aufgegeben. Der rechte Flügel der 4. Armee besetzte Cie-szanow. Dahinter verblieb die deutsche 22. Infanterie-Division als Reserve der 11. Armee. Im übrigen wurden die Linie Alazow—Tarnogrod, der Tanew und die Höhen von Krzeszow am San erreicht.
Am 18. Juni schoben sich die beiden Armeen der Angriffsfront unter Vorfeldgefechten noch näher an die Stellungen des Feindes heran. Auch das Korps Stein gelangte nach zum Teil schweren Kämpfen bei und östlich von Rudka auf gleiche Höhe mit den übrigen Korps der 11. Armee, während der linke Flügel der über die Vrusienka hinübergreifenden 56. In-fanterie-Division gezwungen war, sich gegenüber stark besetzten Flankenstellungen nordöstlich von Cieszanow tief zu staffeln. Die ö.-u. 4. Armee erreichte den Wirowa—Tanew-Abschnitt. Einen Vorstoß über die Wirowa hinaus auf Rarol Miasto ließ Generaloberst von Mackensen nicht zu, um die Sicherheit der Flanke der 11. Armee nicht durch einen etwaigen Rückschlag in Frage zu stellen. Im San—Weichsel-Winkel schien der Feind auf seinen letzten Brückenkopf in Linie Rozwadow—Sandomierz zurückzugehen.
Am 19. Juni traten die Armeen zum entscheidenden Angriff an.
Die ö.-u. 2. Armee, deren Aufgabe es war, „unter Fortnähme von Lemberg den vor ihr stehenden Feind nach Osten abzudrängen und damit die feindliche Dniester-Front aufzurollen", erzielte gegen den Dniester und im Raume zwischen ihm und der Wereszyca sowie in Grodek nur örtliche Fortschritte. An ihrem Nordflügel brach jedoch die 35. Reserve-Division des Beskidenkorps unter Führung des Generalleutnants von Schmettau nach Einsatz der gesamten schweren Artillerie des Korps bei Stawki tief in die feindlichen Stellungen ein.
Entscheidende Erfolge brachte der Angriff der 11. Armee. Bei ihr waren die vier südlichen Korps zum Durchbruch gegen die Straße Lem-berg—Rawa Ruska angesetzt mit der Absicht, „die feindlichen Kräfte zu trennen." Das X. Armeekorps, Korps Stein und die ungarische 11. Kavallerie-Division, unter dem Befehl des Generals der Infanterie
Durchbruch der Garde bei Magierow.
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von Emmich einheitlich zusammengefaßt, hatten diesen Angriff nach Norden gegen Rawa Ruska zu decken.
Das XXXXI. Reservekorps griff wegen der sumpfigen Riede-rungen beiderseits des Majdan-Sees mit dem Schwerpunkt am Nordflügel an und gewann die Höhen östlich des Sosnina-Waldes. Als dann dort aber weitere Fortschritte nicht erzielt werden konnten, sehte General von Francois um 530 nachmittags seine Reserven in der Mitte ein. Hier gelang es um 7° abends durchzubrechen, worauf auch weiter südlich der schwere Angriff auf die Ostufer-Höhen des Majdan-Sees Erfolg hatte. Für das ö.-u. VI. Korps kam es bei seinem schwierigen Vorgehen in zerklüftetem Vergland zunächst vor allem auf den Gewinn des Horodysko-Massivs an. Dieses erlag mittags dem Ansturm seiner beiden Divisionen, als die Umfassung durch den Sosnina-Wald wirksam wurde. Zn flottem Vorwärtsgehen erreichte nun die ö.-u. 12. Infanterie-Division den Anschluß an das Gardekorps bei Kunin, während der rechte Korps-flügel tief gestaffelt bis in die Gegend westlich von Szabelnia gelangte, das der Feind hartnäckig hielt.
Von entscheidender Bedeutung für die beabsichtigte Trennung der russischen Kräfte war das Vorgehen des Gardekorps, da hier auf dem kürzesten Wege Straße und Bahn Zolkiew—Rawa Ruska erreicht werden konnten. Der Angriff der rechts befindlichen 1. Garde-Infanterie-Division drang in dem vielfach durchschnittenen Gelände zunächst nicht durch, hingegen nahm die 2. Garde-Infanterie-Division unter Generalleutnant von Winckler frühzeitig die das ganze Angriffsfeld beherrschende Höhe von Mazury und stieß gleichzeitig weiter südlich vor. Der von der Mitte des Korps in der Richtung auf Magierow vorgetriebene Keil übte dann für den ganzen Korpsabschnitt einen flankierenden Druck aus. Bis Mittag war der feindliche Widerstand überall zusammengebrochen. Der Kommandierende General, General Freiherr von Plettenberg, entschloß sich alsbald zur Fortsetzung des Durchbruchs über Magierow hinaus. Unter starken Marschleistungen und Kämpfen gegen russische Nachhuten gelang es bis zum Abend, über die Bahn und die Sttaße bei Dobrosin vorzustoßen. Tiefe Staffelung schützte beide Flanken, da die Nachbarkorps nicht so schnell hatten folgen können. Schon bald nach Mittag war die 119. Infanterie-Division dem Gardekorps zur Verfügung gestellt worden. Sie trat nicht mehr in Tätigkeit.
Das XXII. Reservekorps hatte seinen Schwerpunkt auf den rechten Flügel gelegt, um den Zusammenhang mit dem Gardekorps zu wahren. Der Frontalangriff blieb zunächst erfolglos. Erst als sich um 10° vormittags das schnelle Vorgehen der 2. Garde-Infanterie-Division
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2». Juni.
Nhlbar machte, gelang der 43. Reserve-Division der Einbruch in die feindliche Stellung. Am die schwer ringende Mitte zu entlasten, sah sich das Generalkommando genötigt, auch die 107. Infanterie-Division des Generalmajors von Moser am linken Korpsflügel zum Durchstoß anzusetzen. Aber schon bevor sie eingriff wurde die Südflanke des Feindes östlich des Schlosses Wysiecz aufgerissen, und am frühen Nachmittage gab er auf der ganzen Linie nach. Im Nachstoß konnte der rechte Flügel nördlich von Lawrykow den Anschluß an die Garde aufnehmen, der linke blieb südlich von Rawa Ruska gestaffelt.
General von Cmmich hatte hinter dem rechten Flügel seiner Abwehrfront eine aus Teilen der 19. und 20. Infanterie-Division zusammengesetzte Division unter Führung des Generalleutnants Hofmann bereitgestellt, um gegebenenfalls den Erfolg des XXII. Reservekorps nach Norden ausweiten zu können. Am 4° nachmittags war diese Division im Vorgehen beiderseits der Straße Niemirow—Rawa Ruska, während der rechte Flügel der 20. Infanterie-Division, entsprechend dem Vorwärtskommen der 107. Infanterie-Division, sich nach Osten vorzuschieben suchte. Der Feind wich unter dem von Süden ausgeübten Druck aus. Das X. Armeekorps konnte bis zum Abend in die Linie Manasterek—Dobnio-wice-Höhe vorschwenken. Das Korps Stein stand vor starken russischen Stellungen, die sich um die Vuszyna-Waldhöhe gruppierten. Auf betn linken Flügel herrschte bei Rudka enge Gefechtsberührung. Die ö.-u. 4. Armee baute ihre neuen Stellungen aus. Drei Divisionen standen als Reserve auf dem Ostufer des San.
Als gegen Abend der Erfolg des Durchbruchs von Magierow zu übersehen war, meldete Generaloberst von Mackensen der ö.-u. Heeresleitung, er beabsichtige nicht, die Straße Zolkiew—Rawa Ruska nach Osten zu überschreiten, sondern würde „zur Verfolgung des zum größten Teile nach Norden abgezogenen Feindes fortfahren, sich nach links zu staffeln".
Am 20. Juni sollte dementsprechend das Gardekorps an der großen Straße ausschließen, während die südlich anschließenden Korps der 11. Armee den Vormarsch gegen die Straße beiderseits von Zolkiew fortzusetzen hatten. Nördlich des Gardekorps sollte das XXII. Reservekorps nur seinen rechten Flügel an die Straße heranschieben, sonst aber in tiefer Linksstaffelung bleiben, um Anschluß an die Gruppe Cmmich zu halten, deren linker Flügel um Rudka nach Norden einzuschwenken hatte. General von Conrad war Swar mit dem Grundgedanken dieser Anordnungen einverstanden, wies jedoch darauf hin, daß im Zusammenhang mit dem Angriff der ö.-u. 2. Armee gegen Lemberg zunächst noch ein Einschwenken von Teilen der 11. Armee gegen die Nordfront von Lemberg notwendig werden könnte.
Der Feind weicht auf Lemberg zurück.
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Einer solchen Unterstützung bedurfte indessen die rechte Nachbararmee nicht. Schon in der Nacht waren bei ihr einzelne örtliche Einbrüche in die eigentliche Grodek-Stellung zu erheblichem Raumgewinn erweitert worden. Daraufhin war der Feind noch vor Morgengrauen auf der ganzen Linie nach Osten ausgewichen. Die Verfolgung führte die 2. Armee bis an den Dniester bei Mikolajow und an den Szczerek—Stawezanka-Abschnitt, den der Gegner in Anlehnung an Lemberg hielt, sowie unmittelbar vor die durch behelfsmäßige Werke geschützte Westfront der Stadt. Am Nordflügel zielte das Vorgehen des Veskidenkorps auf Kulikow.
Auch vor der 11. Armee war der Feind beiderseits der Durchbruchsstelle des Gardekorps zurückgegangen. Das XXXXI. Neservekorps stieß aber schon vormittags auf neue, sehr starke Stellungen auf den Höhen und Vraunkohlenhalden bei und südlich von Glinsko. Der Angriff mußte auf den folgenden Tag verschoben werden, da der rechte Korpsflügel und die schwere Artillerie erst nach unendlich schwierigem Vormarsch durch die Waldberge abends zum Eingreifen bereitstanden. Auch das ö.-u. VI. Korps begegnete sehr bald neuem feindlichen Widerstande und hatte sich sogar heftiger Gegenstöße zu erwehren. Nur sein äußerster nördlicher Flügel konnte im Anschluß an das Gardekorps die große Straße erreichen. Dieses erweiterte bei Dobrosin seine Front nach Norden. Ein beabsichtigter Vorstoß der ungarischen 11. Kavallerie-Division gegen die Straße Zolkiew—
Mosty Wielkie erwies sich als nicht durchführbar, da der Feind vor dem Gardekorps seine Front nahezu wieder geschlossen hatte. Das XXII. Reservekorps erreichte ohne Widerstand eine Linie vorwärts Pogorzelisko.
Hier schien nur feindliche Kavallerie gegenüberzustehen. Von Rawa Ruska zogen Marschkolonnen nach Osten ab. Das X. Armeekorps schob sich ebenfalls kampflos gegen Rawa Ruska vor. Eine zusammengesetzte Abteilung wurde dorthin entsandt. Das Korps Stein traf bei seiner Schwenkung nach Norden um den Drehpunkt östlich von Rudka auf stark besetzte russische Stellungen. Wirksam unterstützt durch die Artillerie der 20. und 56. Infanterie-Division und verstärkt durch Teile der letzteren Division, gelang der 8. bayerischen Reserve-Division von Süden her die Amfassung des Feindes. Gegen 1° nachmittags gab er an der Vuszyna-Höhe nach.
Durch geschickte Erweiterung der Amfassungsbewegung wurden abends auch die Höhen weiter nördlich in schneidigem Ansturm genommen.
Die ö.-u. 4. Armee ging mit ihrem rechten Flügel an den Abschnitt beiderseits von Zukow heran.
Am 21.Juni gewann die ö.-u. 2.Armee nur wenig nach Osten zi.guni. Raum. Von entscheidender Bedeutung für den Ausgang des Kampfes war es jedoch, daß dem Veskidenkorps des Generals von der Marwitz
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22. gttoi.
unter Einsatz seiner gesamten Gefechtskraft der Einbruch in die an die Nordftont von Lemberg angelehnte starke Höhenstellung westlich von Kulikow gelang. Damit war die erstrebte Einwirkung gegen die Nordftont von Lemberg sichergestellt.
Vei der 11.Armee standen nur noch die beiden südlichen Korps im Angriffskampf. Das XXXXI. Reservekorps arbeitete sich unter grossen Schwierigkeiten auf den vom Regen aufgeweichten, steilen Waldwegen durch Skwarzawa Nowa und gegen Glinsko vor. Diese Stellung hielt der Feind zm Deckung von Zolkiew zähe fest. Daher wurde dem XXXXI. Reservekorps aus der Armeereserve noch die 11. bayerische Infanterie-Division zur Verfügung gestellt. Auch das ö.-u. VI. Korps, dem die 11. Kavallerie-Division zugeführt wurde, drang nicht durch. Vor dem Gardekorps, XXII. Reserve- und X. Armeekorps hatte sich der Feind unter Deckung durch Kavallerie weiter nach Norden zurückgezogen. Beim Korps Stein bestand noch Gefechtsberührung.
Im Bereich der ö.°u. 4. A r m e e fanden nur örtliche Kämpfe statt.
Am folgenden Tage wurde das Schicksal der galizischen Hauptstadt besiegelt. Roch in der Nacht zum 22. Juni hatte das Veskidenkorps auf dem Kampffelde nördlich von Lemberg seinen Einbruch in der Richtung auf Kulikow erweitern können. Durch diesen starken, auf die Nordftont von Lemberg wirkenden Druck unterstützt, gelang es den anderen Korps des linken Flügels der ö.-u. 2. Armee im Laufe des Vormittags, in die Werke der West- und Nordfront einzudringen und durch diese breite Bresche gegen die Stadt selbst vorzugehen. Der Feind hatte Lemberg preisgegeben. Die Verfolgung wurde bis zur Linie Czyszki—Zapytow geführt, weiter nördlich kam sie vor russischen Nachhutstellungen bei Remenow und Zoltance zum Stehen. Auch auf seinem Südsiügel sah sich der Gegner nun zum Zurückgehen in die ungefähre Linie Dornfeld—Krotoszyn gezwungen. Ein durch Lemberg in den Rücken dieser Stellung angesetzter Stoß auf Vobrka wurde von den Russen aufgefangen.
Inzwischen hatte auch der rechte Flügel der 11. Armee Bewegungsfreiheit gewonnen und war dem in der Nacht über Zolkiew zurückgegangenen Feinde gefolgt. Das XXXXI. Reservekorps schob unter Kämpfen gegen Nachhuten seine Linien bis über Dzibulki und durch große Waldungen nach Norden an den Zeldec-Abschnitt vor. Die vom ö.-u. VI. Korps aus Mosty Wielkie entsandte 11. Kavallerie-Division vermochte trotz Unterstützung durch die ihr folgende ungarische 39. Infanterie-Division nicht über Turynka hinauszukommen. Bei Zameczek deckte die ö.-u. 12. Infanterie-Division die linke Flanke und hielt Verbindung mit dem Gardekorps. Gegenüber der Nordfront der 11. Armee schanzte Feind nördlich
Die Einnahme von Lemberg.
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von Rawa Ruska und jenseits der Rata. Rur am äußersten linken Armeeflügel kam es noch zu örtlichen Kämpfen.
Die ö.°u. 4. Armee wurde angewiesen, dem Gegner, dessen Rückzug östlich des San als wahrscheinlich angesehen wurde, sofort zu folgen und, falls er den Brückenkopf von Sandomierz noch halten sollte, beiderseits des San zum Angriff zu schreiten. Auch auf dem linken Weichsel-Ufer sollten die ö.°u. 1. Armee und die Armee-Abteilung Woyrsch gegebenenfalls sofort nachstoßen.
Jo. Betrachtungen.
Mit dem Fall von Lemberg war der dritte Operationsabschnitt der galizischen Offensive siegreich zu Ende geführt. Der mit allen Mitteln betriebene Ausbau der starken Grodek—Magierow-Stellung und die Befestigung von Lemberg hatten die neue Niederlage der zur Behauptung der Hauptstadt Galiziens eingesetzten russischen Armeen nicht abwenden können. Die erstrebte Trennung der feindlichen Kräfte schien gelungen zu sein. Ein großer Teil hatte nach Norden Anschluß gesucht an die in Polen stehende russische Nordwestfront.
Auch in diesem dritten Operationsabschnitt war der 11. Armee im Rahmen der Gesamthandlung die entscheidende Aufgabe des Durchbruchs durch die feindliche Front zugewiesen worden. Der Versuch, einen solchen gegen die von Natur starke und besonders widerstandsfähig ausgebaute Seenstellung westlich von Lemberg zu erzwingen, hätte wenig Erfolg ver-sprochen. Mit Recht war daher der rechte Flügel nicht, wie früher in Aus-sicht genommen, auf Lemberg angesetzt, sondern der ganzen 11. Armee die Richtung weiter nördlich auf Zolkiew—Rawa Ruska gegeben worden. Ähnlich wie bei der Erzwingung des San-Äberganges bei Iaroslau hatte Generaloberst von Mackensen durch Zusammenziehung starker Kräfte nach der Mitte einen Angriffskeil von großer Stoßkraft gebildet, der denn auch seine Aufgabe glänzend gelöst hat. Die unmittelbare Sicherung der Flanken geschah durch tiefe Staffelung hinter beiden Flügeln. Im übrigen flel der operative Flankenschutz den Nachbararmeen zur Rechten und Linken zu. ^
Für die aus engem Raume versammelte ö.-u. 2. Armee ergab sich ohne weiteres die offensive Lösung dieser Aufgabe durch frontales Anpacken der Grodek-Seenstellung, wobei ihr Freiheit gelassen wurde, um die Stellung nördlich zu umfassen und aufrollen zu können. Angünstiger lagen die Verhältniße für die links benachbarte ö.-u. 4. Armee, die weit auseinander-gezogen noch westlich des San stand. Trotzdem forderte Generaloberst von Mackensen mit Recht auch von ihr die Beteiligung namhafter
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Kräfte an dem Vorgehen nach Osten, um von der 11. Armee nicht mehr Truppen als unbedingt nötig für Zwecke der Flankensicherung abzweigen zu müssen. Diese Absicht ist nicht voll erreicht worden. Cs war schon mißlich, daß der linke Flügel der 11. Armee einen Tag vor Beginn der allgemeinen Offensive den exzentrischen Stoß im Flußwinkel von Sieniawa führen mußte, um der ö.-u. 4. Armee den Übergang über den San zu öffnen. Von den hierbei verausgabten drei Divisionen haben zwei — die 56. und die 22. Infanterie-Division — im Verlauf der ganzen Operation mit der linken Nachbararmee zusammengewirkt, die dritte, 119. Infanterie-Division, schließlich zurückgezogen, ist nicht mehr zum Einsah an anderer Stelle gelangt. Auch eine Division der Armeereserve, die 8. bayerische Reserve-Division, hat außer dem X. Armeekorps zum Schutz der linken Flanke Verwendung finden müssen. Dieser starke Ausfall an Durchschlagskraft hat freilich für den Fortgang der Operation keine nachteiligen Folgen gezeitigt, weil nach dem taktischen Durchbruch der Armeemitte bei Magierow die Offensive in östlicher Richtung nicht mehr fortgesetzt wurde, sondern in eine allmähliche Schwenkung nach Norden überging. Bei dieser konnten die zum Flankenschuh links rückwärts gestaffelten Kräfte schnell in der neuen Front zum Einsatz gelangen.
Überblickt man die Gesamtoperation von Gorlice bis L e m b e r g, so war die Offensive der Verbündeten in sieben Wochen mehr als 300 Kilometer über zahlreiche, unter Heranziehung der Einwohner sorgfältig ausgebaute feindliche Stellungen hinweg nach Osten vorgetragen worden unter ständigen schweren Kämpfen, die in vier siegreich durchfochtenen großen Durchbruchsschlachten gipfelten. Die Kampfverluste der 11. Armee beliefen sich auf etwa 87 000 Mann, davon 12 000 Tote. Was die Truppe und die Nachschub-Formationen daneben während dieser Zeit in unentwegtem Vormarsch meist bei glühender Hitze auf schlammbedeckten Straßen, tiefen Sand- oder schlechten Gebirgswegen geleistet und an Entbehrungen in dem vom Feinde ausgesogenen, kaum Unterkunft bietenden Lande ertragen haben, kann der Kampftätigkeit und Führung würdig an die Seite gestellt werden. In gesundheitlicher Hinsicht besonders gefahrvolle Gebiete mit äußerst schlechten Wafferverhältniffen waren zu durchschreiten gewesen. Vom San ab traten Cholera und Typhus auf, und die galizische Ruhr griff um sich. Trotzdem war infolge der umsichtigen und gründlichen sanitären Maßnahmen und der aufopfernden Hingabe des Sanitätspersonals der Gesundheitszustand der Armeen derart, daß der Gang der militärischen Operationen gesichert blieb.
Ungleich schwerer waren die blutigen und vor allem die sonstigen Opfer der Nüssen. Mehr als eine Viertelmillion Kriegsgefangener,
Neue Krise bei der Südarmee.
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224 Geschütze, über 600 Maschinengewehre ließen sie allein in der Hand der 11. Armee. Der Verlust der galizischen Hauptstadt, in der sich der Zar selbst erst vor wenigen Wochen unter festlichem Gepränge als „Befreier Galiziens" hatte feiern lasten, bedeutete für das russische Volk und seinen Herrscher eine schwere moralische Einbuße, deren Tragweite auch in politischer Hinsicht nicht abzusehen war.
\\.Die Rümpfe an der Dniester-Front vom 14. bis 22.Juni.
Karten 5 und 6, Skizzen 17 und 18.
Der erfolgreiche Verlauf der Offensive des Generalobersten von Mackensen auf Lemberg hatte sich inzwischen auch für den Gang der Begebenheiten an der Dniester-Front fühlbar gemacht. Bei der S ü d -armee war es zunächst freilich zu einer neuen ernsten Krise gekommen, indem deren linker Flügel am 14. Juni nochmals durch einen Gegenangriff starker russischer Kräfte getroffen wurde. Nordwestlich von Vortniki brachen russische Garden über den Dniester vor und warfen die 1. Infanterie-Division des Korps Vothmer an die von Zurawno nach Zydaczow führende Straße zurück; durch Einsatz der Korpsreserve und mit Hilfe des rechten Flügels der 3. Garde-Infanterie-Division gelang es, bis zum Abend einen Teil des verlorenen Bodens wieder zu nehmen. Westlich des Stryj hingegen mußte der rechte Flügel der Gruppe Szurmay nach zähem Widerstande bis halbwegs Tejsarow zurückgebogen werden. Westlich der Lemberger Bahn ging Vilcze verloren. Auch die Gruppe Kornhaber auf dem rechten Flügel der ö.-u. 2. Armee war vorübergehend zur Aufgabe ihrer Stellungen gezwungen. Während sich der Feind am folgenden Tage dem Korps Vothmer gegenüber darauf beschränkte, das gewonnene Gelände festzuhalten, setzte er seinen Angriff auf die Gruppe Szurmay mit unverminderter Kraft fort und drückte sie in erbitterten Kämpfen in die Linie Tejsarow—Letnia zurück. Abermals war Stryj ernstlich bedroht. General von Linsingen sah sich genötigt, zur Stützung seines linken Flügels anderweitig Kräfte freizumachen. Noch am Nachmittag des 15. wurden zwei Bataillone des Korps Vothmer der Gruppe Szurmay zu Hilfe gesandt. Darüber hinaus erhielt General von Gerok Befehl, die ungarische 38. Infanterie-Division in der kommenden Nacht durch die in Wojnilow als Armeereserve zurückgehaltene halbe 19. Infanterie-Division ablösen zu lasten und nach Ruda in Marsch zu setzen.
Die beiden deutschen Bataillone wurden zum Gegenstoß bei Wolica eingesetzt, wo der Feind am Morgen des 16. Juni von neuem angegriffen und Raum gewonnen hatte, ilm jedem ferneren Vorstoße der Russen
14. und
15. Juni.
16. Juni.
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
beiderseits der Lemberger Bahn in der für die Südarmee so bedrohlichen Richtung auf Stryj rechtzeitig begegnen zu können, setzte General von Lin-singen noch zwei Bataillone des Korps Bothmer sowie drei Batterien der 38. Infanterie-Division nach Wolica in Marsch und unterstellte diese Kräfte dem Generalmajor Gentner. Die aufgegebenen Stellungen konnten abends wieder besetzt werden. i7.»is2o.3«ttt. Der Gegner nahm nunmehr unter der Einwirkung der Offensive des Generalobersten von Mackensen von der Fortführung seiner Angriffe südlich des Dniester Abstand. Auf der ganzen Front der Südarmee trat Ruhe ein. Am 17. Juni löste die dem General Grafen von Bothmer unterstellte 38. Infanterie-Division die 40. in ihren Stellungen auf dem Westufer des Stryj ab. Feldmarschalleutnant von Kornhaber nahm die Masse der 51. Infanterie-Division auf das rechte Tysmienica-Ufer hinüber und schritt im Rahmen der der ö.-u. 2. Armee obliegenden Offensivaufgabe*) im Morgengrauen des 18. zum Angriff. Der linke Flügel der Südarmee — die Gruppe Szurmay und die 38. Infanterie-Division — schloffen sich an. Der Feind wich unter schwacher Gegenwehr auf den Dniester zurück und gab tags darauf das Südufer ganz auf. Rur die Brückenköpfe von Zydaczow und Wolcniow hielt er noch mit starken Kräften besetzt. Gegen letzteren ging die 38. Infanterie-Division zum Angriff vor, der nur langsam Boden gewann. Die Gruppe Szurmay folgte beiderseits der Lemberger Bahn bis an den Dniester und setzte die 40. Infanterie-Division rechts neben der 7. an Stelle der Truppen des Generals Gentner ein, die zum Korps Bothmer zurücktraten. Die 51. Infanterie-Division vollzog am 20. Juni bei Kolo-druby den Uferwechsel und fand wieder Anschluß an den rechten Flügel ihrer Armee, der gegen den Szczerek-Abschnitt vorgingt). Auf die Nachricht hiervon befahl General von Linsingen nachmittags der Gruppe Szurmay, sich dem Vorgehen ihres linken Nachbars über den Dniester anzuschließen, und dem Korps Bothmer, sich in den Besitz von Zydaczow und Wolcniow zu setzen und dann ebenfalls den Fluß zu überschreiten. Im übrigen beabsichtigte er, wie er den Heeresleitungen bereits am 17. Juni gemeldet hatte, mit seinen Hauptkräften den Übergang über den Dniester wiederum beiderseits von Zurawno zwischen Bukaczowce und Holeszow zu erzwingen, da ihm dort günstigere Verhältnisse vorzuliegen schienen als weiter stromaufwärts. In den nächsten Tagen wurde die hierfür erforderliche Umgruppierung der Armee durchgeführt. Die Gruppe Szurmay schied am Abend des 20. Juni aus der Südarmee aus und trat zur ö.-u. 2. Armee über3). Der Gruppe Marschall gegenüber hielt der Feind nach wie vor seine starken Vrückenkopfstellungen um Halicz—Iezupol fest.
*) S. 220. — 2) S. 233. — -) S. 246.
Die Kämpfe der ö.-u. 7. Armee am Dniester.
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Zarte und wechselvolle Kämpfe hatte auch die ö.-u. 7. Armee in15.ets22.3unt. diesen Tagen noch um die Dniester-Linie zu bestehen. Ihr linker Flügel konnte am 15. Juni dem Gegner den Brückenkopf von Nizmow entreißen.
Hingegen sah sich General von Pflanzer-Baltin am gleichen Tage genötigt, das im Raum zwischen Pruth und Dniester ostwärts angreifende Korps Korbet in die Linie Vojan— Horoszowa zurückzunehmen, da nach einem aufgefangenen russischen Befehl mit einem feindlichen Vorstoß über den Dniester unterhalb Zaleszczyki gerechnet werden mußte. Die Flußsicherung in der Lücke zwischen dem Korps Korda und der Gruppe Kaiser wurde der halben 8. und 10. Kavallerie-Division übertragen, dahinter um Zastawna aus je einer Brigade der 8. und 5. Kavallerie-Division sowie Teilen des Korps Krautwald eine Armeereserve gebildet. Der Angriff des Gegners erfolgte indessen nicht, wie erwartet, von Norden her, sondern gegen die Front des Korps Korda, das in der Nacht zum 16. ungestört seine neuen Stellungen hatte beziehen können. Es mußte sich an den folgenden Tagen immer wiederholter Massenanstürme des russischen XXXII. Korps und 3. Kavalleriekorps erwehren, was nur unter Einsatz der Armeereserve gelang. Die jetzt nördlich des Korps Korda vereinigten vier Kavallerie-Divisionen (ungarische 5., ö.-u. 6., 8. und 10.) wurden zu einer Gruppe unter Feldmarschalleutnant von Venigni zusammengefaßt und diese durch eiligst vom linken Armeeflügel heranbeförderte Kräfte verstärkt, da nach neuen Nachrichten nun auch russische Angriffe vom nördlichen Dniester-Afer her zu erwarten standen. In der Tat besetzte der Feind am 20. die Dniester-Schleife westlich von Ascie Biskupie und ging tags daraus von hier und aus dem großen Waldgebiet östlich von Rzawiency zum konzentrischen Angriff vor. Der Verteidiger mußte auf die Höhen westlich von Onuth zurückweichen; hier schlug er am 22. Juni alle Anstürme des Gegners ab.
Auf dem linken Armeeflügel waren nach der Einnahme des Brückenkopfes von Nizniow an der Dniester-Strecke von Ostra bis Maryampol nur schwächere Teile der Gruppe Schönburg zurückgeblieben. Die Hauptkräfte seines Westflügels hatte General von Pflanzer-Baltin über den Dniester gegen die Linie Potok Zloty—Koropiec angesetzt, um den Feind durch Rückenbedrohung zur Aufgabe seiner Stellungen südlich des Flusses bei Czernelica zu zwingen. Mit der einheitlichen Führung der Operation war General von Rhemen beauftragt worden. Bereits in der Nacht zum 16. Juni faßte die Gruppe Czibulka in der Flußschleife südlich von Kosmier-zyn Fuß. Im Laufe des Tages vollzogen auch Teile der Gruppe Schönburg und des Korps Rhemen bei und südlich von Ostra den Übergang. In verlustreichen, durch die Geländegestaltung äußerst erschwerten Kämpfen
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warfen die Angreifer den zäh sich wehrenden Gegner bis zum Abend des 18. Zum über Kosmierzyn und auf Koropiec zurück. Am nächsten Tage sollte die Offensive mit ganzer Kraft fortgeführt und dabei mit Teilen nach Osten und Westen eingeschwenkt werden, um den Feind zur Räumung des Czernelica-Vogens und des Nordufers von Nizniow aufwärts zu nötigen. Durch heftige Gegenangriffe der Rüsten, die mit dem 19. Juni einsetzten, sah sich General von Rhemen in die Verteidigung gedrängt und mußte Kosmierzyn wieder aufgeben. Da die weitere Verstärkung der Gruppe Venigni inzwischen dringlich geworden war, so befahl General von Pflanzer am 20. die Einstellung der Offensive über den Dniester und verschob die hier entbehrlichen Kräfte nach dem rechten Armeeflügel.
Die am 12. Mai begonnene Offensive der deutschen Südarmee hatte sehr bald darunter gelitten, daß ihr eine Doppelaufgabe gestellt worden war, die nach zwei verschiedenen Richtungen wies. Sie sollte einmal im Anschluß an die links benachbarte ö.-u. 2. Armee und damit an die westgalizische Front der Verbündeten den oberen Dniester erreichen, also nach Norden vorgehen, zum anderen einen operativen Druck in östlicher Richtung ausüben, um die im Raume zwischen Dniester und Pruth gegen ihre rechte Nachbararmee gerichtete Offensive der russischen 9. Armee zum Stehen zu bringen.
Diese Doppelaufgabe hatte, obwohl die Südarmee an Einheiten {SV*Infanterie-Divisionen) zunächst über eine nicht unbeträchtliche Überlegenheit über die ihr gegenüberstehende russische 11. Armee (6% Infanterie-Divisionen) verfügte, eine Schwerpunktsbildung erschwert. Nach ziemlich mühelos errungenen, räumlich beträchtlichen Anfangserfolgen, die sich aus dem freiwilligen Zurückweichen des Feindes erklärten, waren die Fortschritte der in breiter Front angreifenden Armee von dem Augenblicke an gering, wo sie auf hartnäckigen Widerstand traf. Erst als General von Lin-singen Ende Mai die Kräfte seines linken Flügels eng zusammenfaßte, wobei er die Schwächung des rechten und die Gefahr eines Rückschlages dort bewußt in Kauf nahm, bahnte der Stoß auf Stryj eine entscheidende Wendung der Lage an. Da indessen dieser Erfolg nicht mit aller verfügbaren Kraft nach Norden hin bis zur Vertreibung des Feindes vom südlichen Dniester-Afer erweitert, der Schwerpunkt vielmehr auf Weisung der Heeresleitungen zum Zweck des Zusammenwirkens mit der rechten Nachbararmee auf das rechte Stryj-Ufer in östliche, beinahe südöstliche Richtung gelegt wurde, entstand eine ernste Gefahr für den nicht hinreichend gesicherten linken Armeeflügel. Sie äußerte sich nach wenigen Tagen, als die
Das Ergebnis der Offensive der Südarmee.
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Russen Verstärkungen erhalten hatten, in dem schweren und verlustreichen Rückschläge nördlich von Stryj und bei Zurawno. Wenn dieser auch durch die tatkräftigen Gegenmaßnahmen des Armeeführers und durch die Tapferkeit der Truppe wieder ausgeglichen werden konnte, so hatte er doch den völligen Stillstand der Offensive der Armee auf der ganzen Front für längere Zeit zur Folge. Daß die Rüsten schließlich das südliche Dniester-Ufer preisgaben, geschah unter dem Eindruck der Mißerfolge ihrer Nachbar-armeen im Raume westlich von Lemberg. Eine entscheidende Einwirkung auf den Verlauf der Offensive des Generalobersten von Mackensen, wie sie General von Linsingen am 8. Juni, freilich nur vorübergehend, ins Auge gefaßt hatte, blieb den beiden Armeen des rechten Heeresflügels der Verbündeten bis zum Fall von Lemberg versagt. Mittelbar trugen sie aber zu deren Gelingen durch Fesselung starker Kräfte des Feindes an ihrer Front bei.
42. Die verbündeten Heeresleitungen während der Operation
auf Lemberg.
Karten 5 und 6, Skizze 16.
General von Falkenhayn hatte sich bald nach Erlaß der entscheidenden Weisungen vom 4. Juni für die Fortführung der Offensive in Galiziens zu einem kurzen Besuch an die deutsche Westfront begeben^). Die dort empfangenen Eindrücke scheinen ihn in der Auffassung bestärkt zu haben, daß die seit Mitte April eingetretene weitgehende Entblößung der Weststont von Heeresreserven nur noch auf beschränkte Zeit tragbar sei. Eine Rückführung von Kräften vom östlichen Kriegsschauplatz konnte daher unter Umständen früher notwendig werden, als er bisher angenommen hatte. Bald nach seiner Rückkehr nach Pleß erinnerte er General von Conrad in einem Schreiben vom 12. Juni an „die sofortige Durchführung der Verstärkungsarbeiten an der Dniester-, Wisznia- und San-Linie mit allen erdenklichen Mitteln". Als Grund hierfür gab er die Befürchtung an, „daß der Ausbau möglicherweise noch nicht weit genug vorgeschritten sein möchte, wenn wir durch die Lage gezwungen würden, erhebliche Kräfte aus Galizien zu ziehen. Eine solche Situation könne überraschend eintreten, obschon er gegenwärtig keine Anhaltspunkte dafür habe".
General von Conrad stellte in seiner Erwiderung zunächst fest, daß alle Anordnungen für die stärkste Einrichtung der San-Linie, soweit diese schon in eigenem Besitze sei, und der unteren Wisznia-Linie getroffen
J) S. 203. — 2) S. 77. Welllrieg, VIII. Band.
16
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
seien, während der Anschluß an den oberen Dniester und die Dniester-Linie selbst erst erkämpft werden müßten. Im übrigen betonte er, „daß die Zwangslage, starke Kräfte aus Galizien auf einen anderen Kriegsschauplatz abzutransportieren, ebenso wie für Deutschland auch für Österreich-Ungarn in absehbarer Zeit gewiß eintreten könne. Er hoffe jedoch, daß der jetzt gemeinsam von den Verbündeten angesetzte Stoß in Galizien bis zur entscheidenden Niederlage des russischen Heeres mit ganzer Kraft weitergeführt werden würde".
General von Falkenhayn stimmte zwar, wie seine am 13. Juni erteilte Antwort bewies, durchaus bei, daß das gemeinsame Ziel „vorderhand die entscheidende Niederwerfung" des Gegners bleiben müsie. Cr wies in-dessen gleichzeitig darauf hin, daß „die Operationen in Galizien durch verschiedene Zwischenfälle sehr beeinträchtigt worden" seien, und gab dem Zweifel Ausdruck, „ob es gelingen werde, sie bis zur entscheidenden Niederlage des Feindes weiterzuführen". „Dieser wird sich dem Stoße zu entziehen suchen, und unbeschränkt nachlaufen können wir ihm nicht." Im Laufe des 13. Juni näherte sich indessen seine Auffassung der des Generals von Conrad. Aus der Berichterstattung der Oberkommandos der 11. und der Südarmee über die hartnäckigen Kämpfe des TagesH gewann er die Anschauung, daß die Russen entschlossen waren, sich mit ganzer Kraft zur Wehr zu setzen. Damit stieg auch für ihn die Hoffnung auf das Gelingen eines entscheidenden Schlages. Noch am Abend des 13. Juni trat er in einem Schreiben an General von Conrad mit dem Vorschlag hervor, die drei noch in Syrmien befindlichen deutschen Divisionen?), deren weiteres Verbleiben an der serbischen Grenze ihm nicht mehr erforderlich schien, auf den galizischen Kriegsschauplatz zu befördern und hier der Südarmee zuzuführen, „damit diese die nötigen Kräfte erhalte, um über den Dniester hinaus der Armee Mackensen den Weg nach Osten zu erleichtern".
General von Conrad entnahm hieraus zu seiner Freude die Übereinstimmung mit seiner eigenen Auffassung, „daß die Hauptentscheidung gegen das russische Heer in Galizien mit aller Kraft zu suchen sei". In der Annahme, „daß der Feind diesen Cntscheidungskampf spätestens in der allgemeinen Linie Wereszyca—Magierow—Narol annehmen" würde, erschien auch ihm das Vorgehen starker Kräfte von Süden über den Dniester besonders wichtig für den Erfolg. Er erklärte jedoch die Belastung mindestens einer deutschen Division in Syrmien zur Verhütung eines Einbruchs der Serben für unerläßlich und war nur zum sofortigen Abtransport des Generalkommandos des X. Reservekorps und der 101. und 105. In-
0 S. 222 und 215/216. — 2) S. 198. 101., 103., 105. I. D.
Vorschlag des Obersten von Seeckt zum Einschwenken nach Norden.
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fanterie-Division zur Südarmee bereit. Die Anordnungen hierzu ergingen am Nachmittage des 14. Juni.
Am 15. Juni legte der Generalstabschef der 11. Armee, Oberst von Seeckt, in einer der deutschen Obersten Heeresleitung unterbreiteten Beurteilung der Lage dar, wie Generaloberst von Mackensen sich die Fortführung der Gesamtoperationen auf dem galizischen Kriegsschauplatz nach der erhofften und erstrebten Durchbrechung der feindlichen Stellungen westlich und nordwestlich von Lemberg dachte. Der Stoß der 11. Armee sollte dann noch so weit nach Osten fortgesetzt werden, daß der größte Teil der in Galizien befindlichen russischen Kräfte von der Hauptmaste ihres Heeres abgesprengt wurde. Eine Einkreisung namhafter Kräfte auf dem nördlichen Ufer des Dniester durch umfastendes Vorgehen östlich und nördlich von Lemberg hielt Oberst von Seeckt bei frühzeitig erfolgendem Rückzug des Feindes nicht für wahrscheinlich, doch hoffte er, starke Teile durch kräftigen Druck gegen die von Lemberg nach Norden führenden Straßen in östlicher und nordöstlicher Richtung abdrängen zu können. Damit sah er die Aufgabe der 11. Armee nach dieser Seite hin als voraussichtlich beendet an. Das weitere Zurückdrängen des Feindes in Galizien nach Nordosten und Osten sollte der ö.-u. 7. Armee und der Südarmee zufallen. Für den gesamten linken Heeresflügel, die 2., 11. und 4. Armee, schlug Oberst von Seeckt Einschwenken nach Norden vor. „Das Ziel dieser Operation", so hieß es in dem Schreiben, „wäre dann das Vorgehen der 2. und 11. Armee zwischen Bug und Weichsel gegen die Linie Brest Litowsk—Warschau, während die 4.Armee beiderseits der Weichsel vorgeht. Damit wäre die Entscheidung gegen die russische West - und Nordwest front herbeizuführen."
Hier wurde zum ersten Male der große operative Gedanke ausgesprochen, der dann später, wenn auch unter veränderten Umständen, Wirklichkeit werden sollte. General von Falkenhayn stand ihm in diesem Zeitpunkt noch sehr zurückhaltend gegenüber, wie seine Randbemerkung zu dem letzten Satz des Schreibens des Obersten von Seeckt beweist: „Ein schöner Gedanke! Aber?" Der hierin ausgedrückte Zweifel des Leiters der Ge-samtoperationen an der Möglichkeit, nach Abschluß der zur Zeit noch im Gang befindlichen Operationen in Galizien eine neue, weitzielende Offensive auf dem östlichen Kriegsschauplätze einzuleiten und durchzuführen, entsprang vornehmlich der Sorge um die Aufrechterhaltung des Widerstandsvermögens der deutschen Westfront, gegen die gerade jetzt wieder an mehreren Stellen neue schwere Angriffe bevorzustehen schienen*). General
*) S. 87.
16*
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von Falkenhayn trug sich sogar, allerdings nur vorübergehend, mit dem Gedanken, die beiden aus Syrmien nach Galizien zur Südarmee rollenden Divisionen nach dem westlichen Kriegsschauplätze abzulenken'). Auch stimmte ihn ein von Oberst von Seeckt in seiner Beurteilung der Lage ausgesprochener Zweifel bedenklich, ob die ö.-u. 4. Armee allein imstande sein würde, während der noch laufenden Operation auch weiterhin die linke Flanke der 11. Armee zu decken. Am 16. Juni sah er sich zu der Mitteilung an den Oberbefehlshaber Ost veranlaßt, daß dieser auf zwei soeben in seinem Befehlsbereich durch Einsatz von Landstmmformationen freiwerdende Divisionen nicht sicher für seine Zwecke rechnen dürfe2). In dem Schreiben hieß es: „Der Druck der Westfront wird jetzt so stark und die Notwendigkeit, die linke Flanke der 11. Armee während ihres entscheidenden Vorstoßes nach Osten wirksam zu unterstützen, kann so zwingend werden, daß der Einsatz der Divisionen an der einen oder anderen Stelle unvermeidlich werden könnte."
Eine ähnliche Auffassung über die Fortführung der Operationen auf dem östlichen Kriegsschauplätze wie Oberst von Seeckt vertrat unabhängig von ihm der Chef der Operationsabteilung, Oberst Tappen. Am 18. Juni schlug er General von Falkenhayn vor, nach dem Falle von Lemberg „zwischen Bug und Weichsel in Richtung auf Warschau und gegen die dort befindlichen starken russischen Kräfte vorzustoßen, um den Krieg mit Rußland damit zu Ende zu bringen oder wenigstens seine Widerstandskraft ganz zu brechen2)". Er glaubte, daß es zur Lösung dieser Aufgabe nicht mehr aller zur Zeit in Galizien eingesetzten deutschen Kräfte bedürfe, und schlug vor, nach Abschluß der gegenwärtigen Operation zwei Armeekorps nach dem westlichen Kriegsschauplatz zurückzubefördern, um mit ihnen bei der 6. Armee erforderliche Ablösungen vorzunehmen. General von Falkenhayn selbst hoffte in der Verminderung der deutschen Oststreitkräfte noch erheblich weiter gehen zu können. „Seine Exzellenz einverstanden", so heißt es im privaten Tagebuch des Obersten Tappen, „will aber noch drei Korps zu Gaede bringen, um Elsaß zu säubern. Ob diese drei Ziele gleichzeitig zu erreichen sind, muß noch geprüft werden." Wenn sich das hier vermerkte Einverständnis des Generals von Falkenhayn nicht nur auf die Zurückbeförderung der Kräfte nach dem Westen, sondern auch auf die Fortführung der Operationen im Osten entsprechend dem Vorschlage des Obersten Tappen bezogen hat, so ist kaum anzunehmen, daß der Chef des Generalstabes des
1) Tagebuchnotiz des damaligen Obersten Groener.
2) S. 128.
3) Aus nichtveröffentlichten Kriegserinnerungen des jetzigen Generalleutnants a. D. Tappen.
Die Heeresleitungen stimmen der Schwenkung nach Norden zu.
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Feldheeres dabei an eine entscheidungsuchende Offensive zwischen Vug und Weichsel gegen die Hauptmasse des russischen Heeres gedacht haben sollte. Denn bei einer Verminderung der Kräfte um fünf Armeekorps konnte er eine solche weitzielende Operation schwerlich als erfolgverheißend ansehen.
Am Abend des 18. Juni begab sich der Deutsche Kais er in Begleitung des Generals von Falkenhayn zur 11. Armee. Auf der Eisenbahn-fahrt von Iaroslau nach Radymno berichtete am Morgen des 19. Juni Generaloberst von Mackensen über den günstigen Fortgang der Offensives. Ob hierbei der Gedanke, eine neue Operation im Raume zwischen Vug und Weichsel einzuleiten, zur Sprache gekommen ist, und welche Stellung zutreffendenfalls General von Falkenhayn eingenommen hat, hat sich nicht mehr feststellen lassen. Jedenfalls war aber das Armee-Oberkommando 11 selbst angesichts des günstigen Verlaufs der Kämpfe nordwestlich von Lemberg bestrebt, die Bewegungen der ihm unterstellten Armeen während der noch lausenden Operation bereits nach Möglichkeit dem neuen operativen Gedanken, der ihm vorschwebte, anzupassen. Als sich nach dem großen Durchbruchserfolge bei Magierow am Abend des 19. Juni herausstellte, daß der größte Teil des der 11. Armee gegenüber befindlichen Feindes nach Norden abgezogen war, entschloß sich Generaloberst von Mackensen, das Vorgehen seiner Armee nach Osten nicht über die Straße Lemberg—Rawa Ruska hinaus fortzusetzen, sondern der Verfolgung unter Linksstaffelung der Kräfte allmählich die Richtung nach Norden zu geben2). Am späten Abend des 19. Juni trug Oberst von Seeckt auf dem Bahnhof in Iaroslau General von Falkenhayn nach dessen Rückkehr von Radymno an der Hand einer flüchtig hingeworfenen Skizze den Plan für das Einschwenken nach Norden vor. Der deutsche Generalstabsches billigte den Grundgedanken und die getroffenen Anordnungen, behielt sich aber die endgültige Zustimmung noch vor2).
General von Conrad trat dem Entschlüsse des Armee-Oberkommandos 11 sogleich bei, ließ nur noch die Frage offen, ob Teile der 11. Armee vorerst zum umfassenden Vorgehen gegen die Nord-front von Lemberg im Einklang mit der 2. Armee Verwendung finden müßten. Schon am nächsten Tage, dem 20. Juni, erwies sich, daß dies nicht erforderlich war4). Im Sinne seines operativen Leitgedankens versagte sich daher das Armee-Oberkommando 11 nunmehr auch einer Anregung des Kommandierenden Generals des XXII. Reservekorps, dessen rechter Flügel vormittags im Anschluß an das Gardekorps die Bahnlinie
1) Tagebuchnotiz des Generalobersten von Plessen. — 2) S. 232. — 3) Zu-
schrift des Generalobersten von Seeckt vom 27. Juni 1931 an das Reichsarchiv. —
4) S. 233.
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
Zolkiew—Rawa Ruska erreicht hatte, durch einen Vorstoß nach Osten zu versuchen, den Feind am Abzug zu verhindern. „Die Nützlichkeit eines taktischen Teilerfolges trat gegen den operativen Gedanken zurück1)."
Nach seiner Rückkehr vom galizischen Kriegsschauplätze hatte General von Falkenhayn am Nachmittage des 20. Juni in Pleß eine Besprechung mit General von Conrad. Dieser stellte sich hierbei auf den Standpunkt, daß ohne Rücksicht auf die Kampflage vor Lemberg, dessen Einnahme Aufgabe der ö.-u. 2. Armee sei, die 11. und 4. Armee zwischen Bug und Weichsel nach Norden vorstoßen sollten. General von Falkenhayn machte hiergegen geltend, daß ihm eine Trennung der Aufgaben der Armeen des Generalobersten von Mackensen noch verfrüht erscheine. Cr schlug vor, die Entscheidung über die Fortführung der Operationen im großen erst nach dem in Bälde zu erwartenden Falle von Lemberg zu treffen. Infolgedessen wurde zunächst nur folgende Weisung für alle Armeen vereinbart:
„Die jetzt so erfolgreich im Zuge befindlichen Operationen hat Generaloberst von Mackensen mit der 4., 11. und 2. Armee bis zur Einnahme von Lemberg durchzuführen. Gleichzeitig ist auch die Auflösung des in nördlicher Richtung weichenden Feindes durch Angriff, wo er sich stellt, zu vollenden. Die Gruppe Szurmay wird nunmehr dem 2. Armeekommando unterstellt). Die Südarmee hat den Dniester zu überschreiten und gegen den Raum östlich Lemberg vorzustoßen. Die 7.Armee stößt über den Dniester vor und sichert die rechte Fanke der Armee und den unbedingten Besitz von Czernowitz."
Die Weisung ging noch am Abend des 20. Juni hinaus. Sie war nichts anderes als eine Wiederholung der den einzelnen Armeen schon übertragenen Aufgaben, mit deren Lösung sie zur Zeit noch beschäftigt waren. Die Beweggründe des Generals von Falkenhayn zu dieser Fasiung der Anweisung sind ersichtlich aus einem gleichzeitig abgesandten, nur für Generaloberst von Mackensen und seinen Generalstabschef bestimmten Fernschreiben: „Die Anweisung hat ihre Fasiung erhalten, weil einmal Euer Exzellenz unter Velassung aller Ihnen unterstehenden Kräfte zunächst volle Handlungsfreiheit behalten sollten, weil andererseits aber die Oberste Heeresleitung mit Rücksicht auf die Gesamtlage es sich vorbehalten muß, sobald es ihr notwendig erscheint, neue Direktiven, erforderlichenfalls unter Verminderung der dortigen Kräfte, ergehen zu lasten. Rach Durchführung der Operationen gemäß vorstehender Anweisung wird es jedenfalls nötig werden, etwa vier deutsche Divisionen aus der 11. Armee zur Verwendung im Westen herauszuziehen. Bedingen besondere Umstände keine anderen
0 Zuschrift des Generalobersten von Seeckt vom 26. Juli 1927 an das Reichsarchiv. — 2) S. 238.
Die Weisungen für die neue Operation.
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Maßnahmen, so besteht alsdann die Absicht: 2. Armee scheidet aus Heeresgruppe Mackensen aus, um mit Teilen der jetzigen Südarmee und 7. Armee Galizien vom Gegner zu säubern und die rechte Flanke der 11. Armee zu decken. 11. Armee (ohne die abzugebenden Divisionen) und 4. Armee unter Euer Exzellenz Befehl stoßen weichselabwärts weiter vor."
Hiernach war General v o n Falkenh ay n bereit, für die Fortführung der Operationen nach dem Falle von Lemberg sich dem Vorschlage des Generals von Conrad anzuschließen, der dahin ging, die ö.-u. 2. Armee aus dem Befehlsbereich des Generalobersten von Mackensen herauszulösen und nicht an dem Vorstoß weichselabwärts zu beteiligen. Hält man hierzu seine Absicht, die 11. Armee um vier Divisionen zu vermindern, so tritt der Unterschied gegen den von Oberst von Seeckt am 15. Juni gemachten Operationsvorschlag deutlich hervor. Danach scheint General von Falkenhayn bei dem in Aussicht genommenen Vorstoß der 11. und 4. Armee zwischen Bug und Weichsel nicht die Einleitung einer neuen Operation mit weitgesteckten Zielen, sondern nur eine räumlich begrenzte Verfolgung vor-geschwebt zu haben, wie sie auch in der Weisung selbst mit den Worten ausgedrückt war, „die Auflösung des in nördlicher Richtung weichenden Feindes durch Angriff, wo er sich stellt, zu vollenden". Infolgedessen trug der Chef des Generalstabes des Feldheeres auch kein Bedenken, dem Oberbefehlshaber Ost auf seinen am 20. Juni einlaufenden Antrag das kurz zuvor eingeschränkte Verfügungsrecht über die beiden in seinem Befehls-bereich aus der Front zu lösenden Divisionen^) zurückzugeben. Er glaubte ihrer auf dem Kriegsschauplatz zwischen Bug und Weichsel nicht zu bedürfen.
Am 22. Juni, noch bevor die Nachricht vom Fall von Lemberg thn erreicht hatte, wandte sich General von Conrad im Sinne seiner bisherigen Auffassung mit folgendem Operationsvorschlag an General von Falkenhayn:
„2. Armee dürfte heute Lemberg nehmen. Von vereinbarten Aufgaben ist sodann die eine erfüllt, die andere, Verfolgung durch 4. Armee und 11. Armee gegen Norden, noch zu erfüllen. Mein Vorschlag: Generaloberst von Mackensen führt diese Aufgabe mit 4. und 11. Armee durch. Der letzteren wird Veskidenkorps zur Deckung der Ostffanke in Richtung Kamionka Strumilowa unterstellt. 2. Armee tritt aus dem Verband der Armee-Gruppe Mackensen und verfolgt den Feind in Richtung Busk (einschließlich)—Firlejow (einschließlich). Südarmee forciert, wie sie schon als Absicht gemeldet hat, mit starkem rechten Flügel den Dniester abwärts
!) S. 128/129.
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
Zurawno, um Halicz von Norden abzuschließen und über die untere Gnila Lipa bis einschließlich Rohatyn vorzudringen. 7.Armee behält bisherige Aufgaben."
General von Falkenhayn erklärte sich mit diesem Vorschlage einverstanden. Cr bat jedoch, der Südarmee ein Endziel nicht vorzuschreiben'). Je weiter sie vorwärts komme, desto besser sei es. Auch die Bindung des Veskidenkorps an die Richtung Kamionka Strumilowa hielt er für entbehrlich, da sie nicht zwingend sein dürfe. Für die Fortsetzung der Operationen erbat er möglichst beschleunigten Ausbau der Bahnstrecken Stryj— Chodorow, Przemysl—Lemberg und Jaroslau-Rawa Ruska").
Angeachtet seiner Zustimmung zu dem Operationsvorschlage des Generals von Conrad hielt der deutsche Generalstabschef an der Absicht fest, vier Divisionen aus dem Bereich der 11. Armee auf den westlichen Kriegsschauplatz zurückzubeordern. Noch am 22. Juni ergingen entsprechende Befehle. Die 8. bayerische Reserve-Division sollte mit ihrem Abtransport aus der Gegend von Jaroslau am 26. Juni beginnen, die 56. Infanterie-Division und das XXXXI. Reservekorps etwa am 28. sich anschließen. Begründet war die Maßnahme damit, daß „nach gegenwärtiger Lage in Verbindung mit den Verlusten, die den Russen seit Beginn dieses Ope-rationsabschnittes zugefügt wurden, eine Verminderung der deutschen Streitkräfte im Südosten ohne Schädigung der noch zu lösenden Aufgaben möglich und mit Rücksicht aus die Lage an der Westfront^) nötig" sei. Dem General von Conrad machte General von Falkenhayn am Nachmittag des 22. Juni bei einer Zusammenkunft in Teschen mündlich Mitteilung von dem bevorstehenden Abtransport. Einige Tage lang trug er sich sogar noch mit der schon am 18. Juni zu Oberst Tappen geäußerten Absicht, außer diesen vier Divisionen noch weitere drei Korps von der 11. und Südarmee nach dem Westen zu befördern, „um das Oberelsaß vom Feinde zu säubern')".
J) Auch bor Vorschlag des Generals von Conrad schrieb der Südarmee kein Endziel vor, sah vielmehr ein Vordringen über die untere Gnila Lipa vor. Rohatyn war nur angegeben als linke Grenze des Vormarschraumes der Südarmee.
2) Auf den beiden für die bisherige Gruppe Mackensen in Betracht kommenden Bahnen war die Strecke Przemysl—Mosciska am 19. Juni fertiggestellt worden. Die Herstellung der Strecke Jaroslau—Lubaczow konnte für den 24. Juni erwartet werden.
s) S. 94.
4) S. 609. Oberst Groener schreibt hierzu in seinem privaten Tagebuch am 23. Juni: „Befehl für den Abtransport von vier Divisionen aus Galizien nach Westen. Für die Operationen gegen die Rüsten zu früh." Am 24. Juni: „Beim Vortrag entwickelt General von Falkenhayn seine Pläne, will dem Westen wieder Reserven zuführen und das Oberelsaß von den Franzosen säubern. Außer den vier
Entschluß des Generals von Linsingen zum Dniester-Übergang. 249
4 Z. Die Rümpfe der Südarmee Ende Juni.
Skizze 17.
Der Oberbefehlshaber der Südarmee, General von Linsingen,20.bis23.sunt, hatte den verbündeten Heeresleitungen bereits am 17. Juni gemeldet), er beabsichtige, nach Eintreffen der ihm am 14. zur Verfügung gestellten, aus Südungarn nach Stryj heranrollenden beiden Divisionen^) in der Nacht vom 21. zum 22. Juni den Dniester-Äbergang von neuem beiderseits von Zurawno zu erzwingen. Die am Abend des 20. aus Teschen eintreffenden Weisungen3) stellten der Armee die weitere operative Aufgabe, nach vollzogenem llferwechsel „gegen den Raum östlich Lemberg vorzustoßen". Entgegen dem Wunsche des Generals von Conrad, mit dem linken Flügel der Südarmee bei Wolcniow überzugehen, hielt General von Linsingen an der von ihm gewählten Stelle bei und unterhalb von Zurawno fest, da er hoffte, daß die Südarmee von hier aus in die Lage kommen würde, die von den Russen hinter der Gnila Lipa angelegte Verteidigungsstellung zu durchbrechen und von Süden aufzurollen sowie Halicz von Norden und den Feind vor der 7. Armee in seiner rechten Flanke zu bedrohen. Die Erzwingung des Dniester-Llbergangs sollte jedoch erst in der Nacht vom 22. zum 23. vor sich gehen, da von den anrollenden Verstärkungen bisher nur wenig mehr als die Hälfte in Stryj ausgeladen war. General von Conrad erklärte sich hiermit einverstanden und stimmte auch der weiteren operativen Absicht zu, über die untere Gnila Lipa vorzudringen. Seine am 22. Juni eintreffenden neuen Weisungen*) waren in diesem Sinne gehalten. Der deutsche Generalstabschef betonte noch besonders, daß es darauf ankomme, „den Stoß der Südarmee mit größtmöglicher Beschleunigung aus nördlichem Dniester-Itfer vorzutragen, wenn auch nur an einer Stelle, um den von südlich Lemberg weichenden Feind zu schädigen".
Obwohl auch am 22. Juni noch ein Drittel der Infanterie und die Hälfte der Artillerie der 101. und 105. Infanterie-Division fehlten, sah General von Linsingen im Hinblick auf die Gesamtlage, insbesondere die abends bekanntgewordene Einnahme von Lemberg, von einer nochmaligen Verschiebung des Angriffs ab und beließ es bei dem schon am Morgen
Divisionen, deren Transport bereits angeordnet ist, drei Korps von 11. und Südarmee ins Elsaß." Am 25. Juni: „General von Falkenhayn sagt, daß es von Anfang an seine Ansicht gewesen sei, die Verstärkung der 11. Armee nur zum kurzen Durchstoß in Galizien zu belassen, dann aber gleich wieder nach dem Westen zurückzunehmen." Am 26. Juni: „Ich gehe mit General Wild von Hohenborn einig, daß in Galizien keine weiteren Kräfte herausgezogen werden sollen." i) S. 238. — 2) S. 242 f. — 3) S. 246. — 4) S. 247 f.
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des 22. ausgegebenen Befehl, nach dem der Dniester-Übergang in der Frühe des nächsten Tages stattfinden sollte. Seiner Anregung, den linken Flügel der 7. Armee durch Vorstoß aus der Gegend von Maryampol nach Nord-westen mitwirken zu lassen, konnte nicht stattgegeben werden, da die hier sichernden Kräfte für eine offensive Verwendung zu schwach waren und die gespannte Lage an der übrigen Arwefront1) ihre Verstärkung nicht erlaubte. Nur Täuschungsmaßnahmen sagte General von Pflanzer zu.
Die Gruppe Marschall (5. Kavallerie-Division und ö.-u. Korps Hofmann) hatte die im Brückenkopf von Iezupol—Halicz stehenden starken feindlichen Kräfte schon vom 22. ab durch demonstrative Vorstöße zu binden. Die Korps Gerok (ö.-u. Brigade Bolzano und ö.-u. 19. Infanterie-Division), Kosch (Generalkommando des X. Neservekorps mit 101. und 105. Infanterie-Division) und Bothmer (3. Garde-Infanterie-Division und 1. Infanterie-Division) sollten ihre Infanterie zwischen Ostrow und Holeszow noch in der Dunkelheit überraschend über den Fluß werfen und den Widerstand des Feindes bei Tagesanbruch durch überwältigendes Artilleriefeuer im Keime ersticken. Dem linken, ebenfalls General Graf von Bothmer unterstehenden Armeeflügel (48. Reserve-Division, ungarische 38. Infanterie-Division und ö.-u. 1. Kavallerie-Division) fiel im Anschluß an die Gruppe Szurmay der ö.-u. 2. Armee die Flankensicherung der übergehenden Truppen, besonders gegen Zydaczow, zu.
Die Dinge nahmen jedoch nicht den geplanten Verlauf. Cs bedurfte tagelanger, erbitterter Kämpfe, bis das erstrebte nächste Ziel erreicht war. Die noch während der Nacht vom 22. zum 23. Juni übersetzende Infanterie der drei Korps stieß überall auf äußerst starken Widerstand und vermochte nur an einigen wenigen Punkten auf dem Nordufer Fuß zu fassen. Auch im Laufe des Tages gelang es nicht, die Einbruchsstellen wesentlich zu erweitern. Hingegen hatte der Feind, offenbar unter dem Eindruck der für ihn ungünstig verlausenden Kämpfe um Lemberg, vor dem linken Armeeflügel und der Gruppe Szurmay noch in der Nacht die Brückenköpfe von Zydaczow Wolcniow und das linke Dniester-Aser geräumt und war nach Osten abgezogen. In sofort aufgenommener Verfolgung stießen die 48. Reserve-Division bis westlich von Chodorow, die ungarische 38. Infanterie-Division weiter nördlich bis Ostrow nach. Die ö.-u. 1. Kavallerie-Division wahrte den Anschluß zum rechten Flügel der 2. Armee, der die Linie Wybranowka—Lopuszna erreichte. Die hierbei aus der Front ausgesparte Gruppe Szurmay wurde tags darauf um Mikolajow gesammelt und am 25. nach Norden verschoben.
0 S. 239.
Die Südarmee überschreitet den Dniester.
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Auch während der Nacht zum 24. Juni vermochten die Korps Gerok,24.bis27.Zu»i. Kosch und Vothmer nicht, stärkere Kräfte auf das Nordufer zu bringen, da der Feind durch anhaltendes Artilleriefeuer den Einbau von Brücken und Stegen zu verhindern wußte. Mit Tagesanbruch fetzten ungestüme russische Gegenangriffe ein, deren sich die wenigen übergegangenen Bataillone der Verbündeten nur mühsam um den Preis schwerer Verluste erwehrten.
Die 3. Garde-Infanterie-Division sah unter diesen Umständen von weiteren Übergang?versuchen bei Holeszow ab, wo sich bisher nur einige Kompagnien auf dem Nordufer hatten festsetzen können, und überschritt mit dem Gros den Dniester hinter der 48. Reserve-Division östlich von Ipdaezow, um durch Flankenstoß über Bortniki den zähen Verteidiger zum Weichen zu zwingen. Dem Vordringen des linken Armeeflügels und des benachbarten ö.-u. y. Korps nach Osten trat der Feind an dem Seen- und Bachabschnitt zwischen Bortniki und Bobrka entgegen.
Obwohl infolge Steigens des Dniester die Furien undurchschreitbar wurden und die Vrückenstellen nach wie vor unter starkem feindlichen Feuer lagen, gelang es in der folgenden Nacht doch endlich, die Masse der Infanterie des Korps Kosch und der 1. Infanterie-Division auf das jenseitige Ufer zu bringen. Im Laufe des 25. Juni wurden dem Gegner die Höhen westlich von Vukaczowce und nordöstlich von Zurawno entrissen. Holeszow fiel in die Hand der Garde. Deren Gros aber konnte Bortniki nicht nehmen. Auch den nordwärts anschließenden Teilen des Korps Vothmer blieben größere
Erfolge versagt. ,
Am nächsten Tage warf das Korps Kosch den Feind hinter den Swrrz-Abschnitt. Die drei deutschen Divisionen des Generals Grafen von Vothmer drangen kämpfend bis zur Linie Hrehorow—Chodorow vor. Für den weiteren Angriff gegen und über die Gnila Lipa stellte General von Lin-singen die am Nordflügel entbehrlich gewordene 48. Reserve-Division dem Korps Geros wieder zur Verfügung, dessen übergegangene Teile nach wie vor vom Gegner stark bedrängt wurden.
In der Nacht zum 27.räumten die Russen den Brückenkopf von Iezu-p„l—Hctlicz; tagsüber gingen sie nun auch vor dem Korps Vothmer und dem rechten Flügel der 2. Armee hinter den Swirz-Abschnitt zurück, der von den Verbündeten überall erreicht, vom Korps Kosch nördlich von Vuka-czowce unter schweren Kämpfen überschritten wurde. Gegenüber Halicz sollte nach Fliegermeldungen und sonstigen Nachrichten das linke Dniester-Ufer nur noch schwach besetzt, die ehemalige Besatzung des Brückenkopfes bereits hinter die Zlota Lipa abmarschiert sein. General von Linsingen befahl daher der Gruppe Marschall, der er die Brigade Bolzano wieder unterstellte, den Dniester unverzüglich mit starken Kräften zu überschreiten
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
und die Gnila Lipa-Stellung von Süden her aufzurollen. Im übrigen sollte die Offensive in nordöstlicher Richtung, mit dem linken Flügel auf Rarajow fortgesetzt werden.
28. ms zo. Zum. Schon in den Vormittagsstunden des 28. Juni erreichte die Armee, dem noch während der Nacht abgezogenen Gegner folgend, auf der ganzen Front die Gnila Lipa. Auf ihrem Ostufer nahm General von Linsingen nur schwache Nachhuten an, die feindlichen Hauptkräfte wähnte er im ununterbrochenen Rückzug nach Osten. Deshalb trieb er seine Korps an, noch im Laufe des Tages den Fluß zu überschreiten und den Gegner zu werfen, ehe er sich in den ausgebauten Stellungen festsetzen konnte. Diese erwiesen sich indessen als so stark und zäh verteidigt, daß der Übergang an keiner Stelle glückte. Nur in Nohatyn drangen Teile der 1. Infanterie-Division ein. Bei der Gruppe Marschall gelang der Dniester-übergang nur ber Halicz, hingegen weiter stromabwärts nicht; die 5. Kavallerie-Division lag gegenüber Maryampol fest.
Den Schwerpunkt des Angriffs gedachte das Armee-Oberkommando hinfort auf den rechten Flügel zu legen, der hierzu durch die ö.-u. 1. Kavallerie-Division und das Korps Kosch verstärkt werden sollte. Erstere hatte am 29. abends die Gegend von Vukaczowce, letzteres aus der Straße über Vursztyn Halicz zu erreichen. Da jedoch auch an diesem Tage der starke feindliche Widerstand noch nicht gebrochen und das Ostufer der Gnila Lipa nur stellenweise erkämpft werden konnte, ließ sich die geplante Verschiebung des Korps Kosch einstweilen nicht verwirklichen. Beim Korps Gerok trat die inzwischen eingetroffene 48. Reserve-Diviston rechts von der ö -u 19. Infanterie-Division ins Gefecht. Sie füllte die Lücke, die bisher zur Brigade Bolzano bestanden hatte. Am 30. Juni konnten die Korps Kosch und Vothmer zwar die östlichen Aferhöhen in erbittertem Ringen erkämpfen und gegen wuchtige Gegenstöße des Feindes behaupten, ein ent-scheidender Erfolg aber wurde auch an diesem Tage noch nicht erzielt.
Somit war es der Südarmee auch jetzt nicht gelungen, zu operativer Einwirkung auf den Verlauf der Dinge bei den links benachbarten Armeen des Generalobersten von Mackensen zu kommen. Sie hatte aber durch die hartnäckige Fortführung ihres Angriffs den ihr gegenüberstehenden Feind in ferner Bewegungsfreiheit völlig lahmgelegt und ihm schwere Verluste zugefügt. Nahezu 60 000 Gefangene, 24 Geschütze und über 100 Maschinengewehre blieben in den Monaten Mai und Juni in ihrer Hand. Ihre eigenen blutigen Verluste allein im Juni') beliefen sich auf rund 25 000 Mann, die Zahl der Vermißten betrug etwa 11 000.
') Die Verluste der Südarmee im Mai haben sich nicht feststellen lassen.
Die Kämpfe der Südarmee an der Gnila Lipa.
255
Die ö.-u. 7. Armee hatte sich im letzten Drittel des Monats Juni starker russischer Durchbruchsversuche bei Dobronoutz und Onuth zu erwehren und erwartete neue Angriffe gegen die Gruppe Krautwald bei Zaleszczyki.
14. Die Verfolgung nach der Einnahme von Lemberg bis Ende Juni.
Karten 5 und 6, Skizzen 16, 24, 25.
Auf Grund der nach dem Fall von Lemberg gegebenen Weisungen*) hatte die ö.-u. 2. Armee die Verfolgung des Feindes nach Osten fortzusetzen mit linkem Flügel in der Richtung auf Vusk, während die dem General-feldmarschal?) von Mackensen unterstellte 11. und ö.-u. 4. Armee zwischen Vug und Weichsel in nördlicher Richtung vorstoßen sollten. Das mußte im Verlauf der Bewegungen eine ständig sich erweiternde Lücke zwischen der 2. und 11. Armee herbeiführen. Die verbündeten Heeresleitungen waren hierbei von der Annahme ausgegangen, daß die durch die bisherige Operation erstrebte Trennung der feindlichen Kräfte in eine Ost- und eine Nordgruppe geglückt sei. Rach den am 23. Juni vorliegenden Nachrichten stand die russische 3. Armee in südwärts gerichteter Front mit linkem Flügel nördlich von RawaRuska. Dort schloß sich die russische 8. Armee, Lemberg in großem Vogen östlich umspannend, an. Wohl konnte starkes Durcheinander bei den geschlagenen Verbänden des Feindes festgestellt werden, indessen ließ sich bereits erkennen, daß das operative Ziel ihrer Trennung bisher doch noch nicht voll erreicht war. Die Oberkommandos der 2. und 11. Mmee waren daher mit Recht um ihre inneren Flügel besorgt. In der Frage, wie diese gedeckt werden sollten, gingen ihre Ansichten auseinander. Die ö.-u. Heeresleitung entschied auf Antrag der 11. Armee, daß die Deckung am Vug bis Kamionka Strumilowa abwärts zunächst Aufgabe der 2. Armee sei. Von dort ab mußte dann die 11. Armee selbst durch das ihr neu unterstellte Veskidenkorps, nach dessen Herauslösung aus der 2. Armee, für den Schutz ihrer rechten Flanke sorgen.
Im Vormarschraum zwischen Vug und Weichsel war durch die Luftaufklärung eine ausgebaute S p e r r st e l l u n g zwischen Hrubieszow und Iozefow erkannt. Cine Vorstellung zog sich am Nordufer der Rata über Narol Miasto und nördlich des Tanew-Sumpfgebietes hin. Während die Armeen des Generalfeldmarschalls von Mackensen ihre neue Front nach Norden einnahmen, mußten die nötigen Umgruppierungen unter
23. Juni.
*) S. 247. — 2) Am 22. Juni zu diesem Dienstgrad befördert.
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
gleichzeitiger Berücksichtigung der der 11. Armee auferlegten Abgaben durchgeführt werden. Mitte und linker Flügel der 11. Armee sowie die ö.-u. 4. Armee wurden hierbei nicht durch den Feind gestört. Vielmehr gaben die Russen vor dem linken Flügel der 4. Armee den San—Weichsel-Winkel am 23. Juni völlig frei. Auch auf dem linken Weichsel-ilfer konnten die verbündeten Truppen dem über Sandomierz hinaus zurückweichenden Gegner folgen. Die ö.-u. 1. Armee ging dort bis an die russische Stellung in Linie Zawichost (an der Weichsel)—Ozarow heran, rechter Flügel und Mitte der Armee-Abteilung Woyrsch erreichten den Nordostrand des großen Waldgebietes südwestlich der Linie Valtow—Sienno—Ilza. Die übrige Front bis zur Pilica blieb unverändert.
Schwierigkeiten bei der Neugruppierung der Kräfte ergaben sich am rechten Füget der 11. Armee nordöstlich von Lemberg. Hier waren aus den Höhen um Zoltance das XXXXI. Reservekorps und der Nordflügel des Beskidenkorps noch in harte Kämpfe verstrickt, wodurch sich die Herauslösung der letzten Teile des XXXXI. Neservekorps und die Ablösung des Beskidenkorps südlich der Straße Zoltance—Kamionka erheblich verzögerte. Die ö.-u. 2. Armee, deren Südflügel am 23. Juni an die Dawidowka vorschwenkte, entschloß sich daher, um die Ablösung des Beskidenkorps zu beschleunigen, zum Einsatz der Gruppe Kreysa') östlich von Lemberg und, um die Streckung der Armee nach Norden zu ermöglichen, auch zur Verschiebung der Gruppe Szurmay^) vom rechten auf den linken Armeeflügel. Diese 24.»tsMaßnahmen konnten aber erst allmählich wirksam werden. Andererseits
durfte durch die Bindung des rechten Flügels der 11. Armee die Ver-
solgungsoperation zwischen Bug und Weichsel nicht aufgehalten werden.
Infolgedessen schoben sich Mitte und linker Flügel der 11. Armee am 25. Juni über die obere Rata an die erkannte russische Vorstellung heran. Dem für den 26. Juni beabsichtigten Angriff wich der Gegner aus und zog sich unter zusammenhanglosen Nachhutgefechten zurück. Die 11. Armee stieß mit ihrer Mitte durch die Waldungen südlich von Ahnow nach und konnte auch ihren linken Flügel, in der Flanke durch die 4. Armee wirksam unterstützt, bis auf die Höhen südöstlich von Narol Miasto vorführen. Fhr rechter Flügel blieb zunächst noch bei Zoltance gefesselt. Erst am 27. Juni konnte hier das Beskidenkorps, im Verein mit der nunmehr am Nordflügel der ö.-u. 2. Armee eingesetzten Gruppe Kreysa, sich dem Vorgehen anschließen. An diesem Tage erkämpfte sich die ö.-u. 2. Armee die Höhenlinie westlich der Gnila Lipa und erreichte mit ihrem linken Flügel Zadworze und die Gegend südlich von Kamionka. Hier schloß das Beskidenkorps mit Siche-
J) 13. und 31. I. D. des ö.-u. IV. Korps. — S. 154.
Der Durchstoß durch die russische Heeresfront ist gelungen.
255
rungen gegen Kamionka an. Die 11. bayerische Infanterie-Division und das ö.-u. VI. Korps schoben sich als Flankenschutz gegen Mosty Wielkie und Velz vor. Nur die drei Armeekorps des linken Flügels der 11. Armee — das Gardekorps, XXII. Reservekorps und X. Armeekorps — konnten die Verfolgung weiter nordwärts bis über Ahnow—Velzec hinaustragen. Den für die Sicherung seines Rückzugs wichtigen Straßenknotenpunkt Rarol Miasto hielt der Feind noch fest. Seine bisherigen Bewegungen ließen zwei Richtungen erkennen, eine östliche vor dem rechten Flügel der Armee sowie eine nördliche und nordöstliche vor dem linken Flügel. Die vor der Front des Gardekorps bestehende Lücke schien nur durch russische Kavallerie ausgefüllt zu sein. Das Vorgehen der drei westlichen Korps der 11. Armee am 28. Juni bis an die Huczwa-Niederung westlich von Zerniki und über Tomaszow hinaus machte eine noch weitere Streckung der mit dem Flankenschutz auf dem rechten Flügel betrauten Kräfte notwendig. Daher wurde die 119. Infanterie-Division in den Abschnitt der 11. bayerischen Infanterie-Division eingeschoben. Beide Divisionen wurden dem Befehl des Generals von Kneußl unterstellt. Bei und westlich von Sielec leistete der Feind noch hartnäckigen Widerstand, um den Abfluß seiner auf Sokal und hinter den Bug weichenden Kräfte zu sichern. Am Nordflügel der ö.-u. 2. Armee erreichte die Gruppe Kreysa an diesem Tage bei Kamionka Strumilowa den Bug. Im übrigen stieß die Armee bis an die Gnila Lipa und in die Gegend westlich von Gliniany vor. Hinter diesem Abschnitt und nördlich anschließend hinter dem Bug stand der Gegner anscheinend in fester Stellung.
Die Erkundungsergebnisse bestätigten den Eindruck, daß die erstrebte Trennung des Feindes nunmehr erreicht war. Die Russen zogen sich in zwei Gruppen sowohl nach Osten hinter den Bug wie nach Norden auf Zamosc zurück. Ihre 3. Armee trat in den Operationsraum der russischen NordwestfrontH. Damit hatte die am 2. Mai in Westgali-zien begonnene undnahezu zwei Monate beharrlich fortgeführte Offensive ihre Krönung in dem Durchbruch durch die feindliche Heeresfront gefunden. Generalfeldmarschall von Mackensen war bestrebt, aus dieser jetzt klar erkannten Lage für den Fortgang der Verfolgung soviel als möglich Vorteil zu ziehen. Cr beschloß, durch das Vortreiben seines linken Armeeflügels in nordwestlicher Richtung auf Zamosc die russische Stellung am Tanew-Abschnitt unhaltbar zu machen und der links benachbarten ö.-u. 4. Armee
2) Nur das XII. Korps hatte sich größtenteils nach Osten auf Sokal gewandt. Vor der deutschen 11. Armee befanden sich der Rest des XII., das XXIII. und II. kauk. Korps und das 4. Kav.-Korps, vor der ö.-u. 4. Armee das XXIX., XXIV., X., III. kauk. Korps.
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
dadurch wieder volle Bewegungsfreiheit zu verschaffen. Der Nachdruck der Operation zwischen Bug und Weichsel lag also jetzt beiderseits der Straße Tomaszow—Zamosc, wo 4% Divisionen der 11. Armee (XXII. Reserve-und X. Armeekorps einschließlich 22. Infanterie-Division) auf schmalem Raum, dahinter die 107. Infanterie-Division als Armeereserve eingesetzt waren. Dementsprechend wollte die 11. Armee auch am 29. Juni ihren Vorstoß nach Nordwesten fortsetzen. Mißlich war dabei nur, daß ihr rechter Flügel, von dem bereits sieben Infanterie-Divisionen und eine Kavallerie-Division für die Sicherung am Bug oder gegen ihn Verwendung fanden, sich bei Fortführung dieser Bewegung noch mehr nach Nordwesten strecken und weitere Kräfte für die Aufgabe des Flankenschutzes festlegen mußte. Damit drohte die ganze Verfolgungsoperation des Generalfeldmarschalls von Mackensen zu erlahmen. Cs war also höchste Zeit, daß durchgreifende Maßnahmen getroffen wurden, um der 11. Armee die Sorge um ihre rechte Flanke abzunehmen.
In den am Abend des 22. Juni erlassenen Weisungen der ö.-u. Heeresleitung war der 11. und der ö.°u. 4. Armee die Verfolgung des nach Norden weichenden Feindes aufgetragen worden. An eine weitzielende Operation war dabei offenbar noch nicht gedacht. Wieder, wie schon um die Mitte des Monats, war es der Generalstabschef des Generalfeldmarschalls von Mackensen, Generalmajor*) von S e e ck t, der jetzt die Anregung gab, die Verfolgungsaufgabe zu einer neuen ents cheidungsuchenden Offensive zu erweitern. Am 24. Juni unterbreitete er den verbündeten Heeresleitungen eine ausführliche Beurteilung der Lage, in der er zunächst als den „eigentlichen Kriegszweck auf dem östlichen Schauplatz die baldige völlige Niederwerfung Rußlands" bezeichnete. Cr fuhr dann fort:
„Die südöstliche russische Heeresfront ist geschlagen. Ungeschlagen ist die Nordwesthälfte. Sie kann nur geschlagen werden, wenn sie zum Aufgeben ihrer starken Front gezwungen und im Zurückgehen von Süden umfaßt wird. Wie empfindlich dem Feinde dieser Druck ist, beweist, daß allein auf die neu eingenommene Frontstellung der 4. und der linken Hälfte der 11. Armee nach Norden der Feind anfing, seine Stellung im Weichsel— San-Dreieck auch gegenüber 1. Armee und Woyrsch aufzugeben. Das ladet desto mehr dazu ein, den Stoß auf dem rechten Weichsel-Ufer östlich Iwan-gorod mit starker Kraft durchzuführen. Cr wird die ganze russische Nordwestfront werfen.
1) Nach Lemberg zu diesem Dienstgrad befördert.
Gen. von Seeckt schlägt Cntscheidungsoffensive zwischen Bug und Weichsel vor. 257
An sich werden die Kräfte der 4. und 11. Armee, wenn sie nicht weiter geschwächt werden, genügen. Sie würden noch anwachsen, wenn Teile der 1. Armee zur Verwendung auf dem rechten Weichsel-Ufer frei würden. Voraussetzung für die Stärke des Stoßes ist, daß er ohne Kräfteabgabe zur Deckung seiner rechten Flanke durchgeführt werden kann. Man muß die wahrscheinlichen Gegenmaßregeln des Feindes beachten, der kaum schon bereit sein wird, hinter den Bug zu gehen. Cr wird aus der Front oder vom rechten Flügel Teile herausziehen und sie in einer Stellung zwischen Weichsel und Vug etwa in Linie Iwangorod—Wlodawa dem Angriff von Süden entgegenstellen. Er wird aber auch unter Ausnutzung der Bahnverbindungen über Brest Litowsk und Kowel verfügbar gemachte Kräfte gegen die rechte Flanke des Vormarsches werfen. Vor solcher Entwicklung muß dieser gesichert sein. Das Armee-Oberkommando^) hat diese Notwendigkeit bereits für den Anfang dadurch anerkannt, daß es den linken Flügel der 2. Armee auf Kamionka Strumilowa gewiesen hat. Ich glaube, daß es erforderlich ist, schon jetzt die Weiterleitung der 2. Armee in dieser Richtung ins Auge zu fassen. Das Veskidenkorps genügt hierfür nicht, wenn sich der Vormarsch des rechten Flügels der 11. Armee über Velz auf Hrubieszow und Cholm zieht. Soweit westlich muß er aber herangehalten werden, soll die Kraft der Front nicht durch Vreitenausdehnung einbüßen. Cs wird daher gebeten, in Erwägung zu ziehen, ob nicht die 2. Armee sich dem Vormarsch in nördlicher Richtung in Staffeln vom linken Flügel anschließen müßte mit der allgemeinen Marschrichtung Wladimir Wolynsk. Bleibt die vermutete Einwirkung von Osten aus, so ergibt diese Vormarschrichtung schon in ihrer Fortsetzung die Umgehung einer bei Wlodawa an den Vug angelehnten feindlichen Stellung und später die Deckung gegen Brest Litowsk. Zur endgültigen Räumung Galiziens und zur Fortsetzung der Operationen gegen russische 8. und 9. Armee dürften wohl die Kräfte der 7. und der jetzt verstärkten Südarmee genügen, vielleicht unter Zugabe des V. Armeekorps und Gruppe Szurmay, während die 2. Armee mit IV., XIX. und XVIII. Armeekorps gegen die Linie Radziechow—Krystynopol nach Norden abschwenkt. Die Grenze zwischen beiden Hauptgruppen würde etwa die Bahn Lemberg—Vrody bilden."
Während sich Generaloberst von Conrad^), vom 23. bis 26. Juni auf einer Frontfahrt im Bereich von Lemberg begriffen, zunächst noch einer Stellungnahme zu diesem Plan enthielt, erklärte General von Falkenhayn sofort sein Einverständnis. Allerdings fügte er hinzu, daß
*) ö.-u. Heeresleitung.
2) Rach der Einnahme von Lemberg zu diesem Dienstgrad befördert, -t Weltkrieg. VIII. Band 17
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
es sich noch nicht sagen ließe, ob es zu der ins Auge gefaßten Operation kommen würde, weil die Verhältnisse östlich von Lemberg durchaus noch nicht geklärt und die Bedingungen für das Festlegen aller deutschen Truppen rechts der Weichsel noch nicht zu übersehen seien. Eintretendenfalls würde eine neue Vereinbarung der Heeresleitungen die erforderlichen Weisungen bringen. Cs bestehe indessen kein Bedenken, daß die große Operation inzwischen schon vorbereitet würde. General von Seeckt machte daher in einem Schreiben vom 26. Juni die Generalstabschefs der Korps mit dem Grundgedanken seines Planes vertraut. In einer gleichzeitigen Eingabe an die ö.-u. Heeresleitung wurde auf die besondere Bedeutung hingewiesen, die den Eisenbahnen bei der künftigen Operation auf der inneren Linie zufallen würde. Die 11. Armee werde in ihrem Bereich alles Erreichbare zur Wiederherstellung und Inbetriebnahme der Eisenbahnen veranlassen und bitte, gleiches der 2. Armee für ihren Bereich aufzugeben. Im wesentlichen käme es auf die baldige Ausgestaltung der Verbindungen Sambor—Lemberg—Rawa Ruska—Iaroslau—Przemysl—Lemberg an und auf unmittelbares Folgen des Betriebes hinter den Armeeanfängen. Ein Wagenpark bei Lemberg sei nötig1).
Am 27.Juni übersandte Generaloberst von Conrad dem General von Falkenhayn seine Vorschläge für die Fortführung der Operationen. Cr ging dabei von der Annahme aus, daß die Russen, die nicht nur vor der 11. Armee und dem rechten Flügel der 4. Armee nach Norden, sondern auch vor der 2. und der Südarmee nach Nordosten zurückgingen, sich in der Linie Gnila Lipa—Vusk—Kamionka Strumilowa zu neuem Widerstände sehen würden. Den Grundgedanken des Vorschlags des Generals von Seeckt, die Offensive der 11. und 4. Armee zwischen Bug und Weichsel nordwärts weiterzuführen, hatte sich Generaloberst von Conrad voll zu eigen gemacht. Cr versprach sich hiervon in Verbindung mit dem im Zuge befindlichen Angriff der ö.°u. 1. Armee zunächst ein weiteres Zurückbiegen des noch bei Zawichost stehenden linken Flügels der russischen Weichsel-Front. Als unerläßliche Voraussetzung für einen durchschlagenden Erfolg im Raum zwischen Bug und Weichsel sah auch Generaloberst von Conrad die Sicherstellung des Schuhes der rechten Flanke der 11. Armee an. Hierzu Teile der ö.-u. 2. Armee zu verwenden, wie General von Seeckt es vorgeschlagen hatte, schien ihm jedoch wegen der damit verbundenen Schwächung der nach Osten gerichteten Front in Galizien nicht angezeigt. Cr gedachte daher, die drei Divisionen der ö.-u. 1. Armee nach Erledigung ihrer augenblicklichen Ausgabe
H Hinter der 11. Armee war am 26. Juni der Ausbau der Bahnen über Przemysl bis Mosciska und über Iaroslau bis Lubaczow fertiggestellt.
Gen.-Oberst von Conrad regt Mitwirkung der Front des Oberbefehlsh. Ost an. 259
westlich der Weichsel mit der Bahn über Lemberg heranzuführen, „um — nebst sicherer Deckung in Ostgalizien gegen Ost — noch Kräfte über Sokal—Radziechow vorrücken zu lassen und bereit zu sein, mit diesen je nach Bedarf nordwärts oder zur Mitwirkung mit der Ostfront einzugreifen". Da diese Umgruppierung aber erst in einigen Tagen möglich sein würde, bat er, das XXXXI. Reservekorps, wenn irgend angängig, nicht nach dem westlichen Kriegsschauplätze abzubefördern, sondern mit der Sicherung der rechten Flanke der 11. Armee zu beauftragen. Im übrigen entwickelte Generalober st von Conrad, über die Erwägungen des Generals von Seeckt hinausgreifend, einen neuen operativen Gedanken, indem er die Mitwirkung der Front des Oberbefehlshabers Ost anregte, „um die russische Hauptkraft zu schlagen und den Feind hinter die Weichsel zurückzuzwingen". Zu diesem Zwecke empfahl er einen Angriff aus dem Raum der durch Abgaben anderer Frontteile zu verstärkenden Armee-Gruppe Gallwitz in allgemeiner Richtung auf Siedlce. Ihm schwebte dabei, wie er schrieb, jene Operation vor, „welche bei Feldzugsbeginn unsererseits eingeleitet wurde, damals aber angesichts der russischen Übermacht und infolge Ausbleibens des deutschen Stoßes auf Siedlce nicht durchzudringen vermochte".
General von Falkenhayns Auffassung wich zunächst in einigen Punkten von diesen Vorschlägen des ö.-u. Generalstabschefs ab. Seine Stellungnahme geht aus dem Entwurf eines Operationsbesehls hervor, den er am Morgen des 28. Juni nach Teschen mit dem Hinzufügen sandte, es sei zweckmäßig, diesen Befehl sogleich an die Armeen auszugeben, falls Generaloberst von Conrad ihn billige. General von Falkenhayn war zwar mit der Velassung des XXXXI. Reservekorps im Verbände der 11. Armee einverstanden^). Da dieses jedoch zur Zeit bereits nach Iaroslau zurückgezogen war, kam es zunächst als Flankenschutz für die 11. Armee nicht in Frage. Zu diesem Zwecke hielt der deutsche Generalstabschef vielmehr das sofortige Vorgehen der ö.-u. 2. Armee gegen die Bug-Linie Vusk—Sokal für erforderlich. Rechts von ihr sollte die Südarmee ihren Vormarsch über die Linie Vrzezany—Krasne (südlich Vusk) ohne Aufenthalt nach Osten fortführen und ihre rechte Flanke selbst gegen den Abschnitt der unteren Zlota Lipa sichern. Zu ihrer Unterstützung war die Heranführung der letzten, noch in Südungarn befindlichen deutschen Division, der 103. Infanterie-Division, über Delatyn und Stryj nach Stanislau ins Auge gefaßt. Auch die ö.-u. 7. Armee sollte ohne jeden Verzug mit starkem linken Flügel über den
0 6.248.
17*
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
Dniester bis zur Lime Vuczacz—Podhajce vorstoßen, im übrigen ihre Stellungen von Vojan (östlich von Czernowitz) bis nördlich von Horodenka halten. Die Aufgabe der ö.-u. 1. Armee und der Armee-Abteilung Woyrsch sah General von Falkenhayn zunächst darin, den Feind weiter auf und über die Weichsel-Linie zurückzuwerfen. Im ganzen hatte er sich also den Vorschlägen des Generals von Seeckt angeschlossen, über die für später geplante Umgruppierung der ö.-u. 1. Armee sowie über die operative Mitwirkung von Teilkräften des Oberbefehlshabers Ost enthielt er sich noch einer Äußerung.
Die hiernach bestehenden Meinungsverschiedenheiten wurden durch mündliche Aussprache der beiden Generalstabschefs noch am Nachmittage des 28. Juni in Pleß behoben. General von Falkenhayn gab dabei allen Wünschen des Generalobersten von Conrad nach. Die ö.-u. 2. Armee sollte vorerst nur bis an die obere Zlota Lipa (bis Dunajow einschließlich) und bis Vusk—Kamionka Strumilowa (einschließlich) folgen mit starken Reserven am Nordflügel zur Sicherung der Bug-Strecke bis zur Einmündung der Rata. Damit kam sie als Flankenschuh für die 11. Armee nur noch begrenzt in Betracht. Statt besten hielt Generaloberst von Conrad an seiner Absicht fest, die ö.-u. 1. Armee demnächst, das heißt nach Durchbrechung der russischen Stellung südlich der Kamienna in der Richtung auf Tarlow, über Lemberg heranzuführen und sie dann über Radziechow— Sokal vorrücken zu lasten, bereit, je nach Bedarf nach links oder rechts einzugreifen. Das Vorgehen der Südarmee über die Gnila Lipa sollte vorerst nur bis zur Zlota Lipa abwärts Dunajow erfolgen. Von einer Heranführung der 103. Infanterie-Division aus Südungarn bat Generaloberst von Conrad Abstand zu nehmen, da er sie an der serbischen Front noch nicht für entbehrlich hielt. Die 7. Armee sollte wie bisher die rechte Flanke und den vorläufigen Besitz von Czernowitz sichern. Im ganzen war damit für die nach Osten gerichtete Deckungsfront nur ein räumlich begrenztes Vorgehen ins Auge gefaßt. Die auf dem linken Weichsel-User verbleibende Armee-Abteilung Woyrsch hatte die ganze dortige Front bis zur Pilica zu übernehmen, jedes Abziehen russischer Kräfte zum Angriff auszunutzen und bis an die Weichsel zu folgen.
Roch am Abend des 28. Juni ergingen in diesem Sinne Weisungen an alle Armeen. In einem Begleitschreiben an General von Seeckt begründete der Chef der ö.-u. Operationskanzlei, Generalmajor Metzger, die für den unmittelbaren Flankenschutz der 11. Armee in Aussicht genommenen Maßnahmen: „. . . Die Verstärkung der Deckungsfront gegenüber den drei Armeen der russischen Südwestfront soll insbesondere dem Zwecke dienen.
General von Falkenhayn stimmt der Amfassungsoffensive zu.
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eine zur Verfügung des k. u. k. Oberkommandos*) verbleibende, zum Vorgehen östlich des Bug bestimmte Armee zu bilden, da der Schutz der Ostflanke der 11. Armee auf die Dauer nur offensiv möglich ist. Eine nur verteidigungsweise Flankensicherung an der Bug-, Lipa-, Dniester-Linie ist bei weiterem Vordringen der 11. und 4. Armee verläßlich nicht durchführbar und wäre durch bloßes Strecken der nur über sehr geringe Stände verfügenden 2. Armee nicht zu erzielen, das um so weniger, als hier angenommen wird, daß der Feind Truppen aus anderen Frontteilen über Kowel— Wladimir Wolynsk und über Dubno—Vrody heranführen wird, um nicht nur die Lücke zwischen seiner 3. und 8. Armee zu schließen, sondern auch die 8. Armee angriffsfähig zu machen."
Die Aussprache der Generalstabschefs der Verbündeten in Pleß am Nachmittage des 28. Juni schuf weiterhin Einhelligkeit in der Auffasiung, daß zur Crringung eines großen operativen Erfolges gegen die russischen Hauptkräfte in Polen die Mitwirkung von Teilen des Oberbefehlshabers Ost entscheidend beitragen würde. In der Wahl des Ausgangspunktes und der Angriffsrichtung einer Offensive aus der deutschen Ostfront, für die verschiedene Möglichkeiten in Frage kamen, behielt sich General von Falkenhayn noch freie Hand, da er hierüber zunächst die Anficht des Generalfeldmarschalls von Hindenburg hören wollte. Neben dem von Generaloberst von Conrad empfohlenen Angriff gegen den unteren Narew zog er auch einen Vorstoß längs der Pilica bis über die Weichsel sowie eine gleichzeitige Unternehmung bei oder unterhalb von Osowiec in Erwägung. In diesem Sinne richtete er noch am 28. Juni eine Anfrage an den Oberbefehlshaber Ost und erbat besten Stellungnahme^).
JS.Die russische Güdwestfronr im Juni?)
Karten 5 und 6, Skizzen 16 und 17.
Die kurze Kampfpause nach dem Falle von Przemysl hatte General Iwanow zur Bildung neuer Reserven auszunutzen gesucht, die sich bei Lubaczow, Lemberg und Rohatyn sammeln sollten. Indessen schon am
12. und 13. Juni setzten neue Angriffe gegen die Front der 3. und 8. Armee ein. Unter schwersten Verlusten, die beim XX IV. Korps allein am 12. und
13. Juni sich aus etwa 70 vom Hundert der Gefechtsstärken beliefen, leisteten die Armeen hartnäckigsten Widerstand. Als aber die 3. Armee in heftigen Kämpfen am 14. Juni in die Linie östlich von Lezajsk—Lubaczow zurückgeworfen wurde, nahm General Vrussilow in der Nacht zum 16. Juni
1) Ö.°u. Heeresleitung. — 2) S. 266. — 3) Anschluß an S. 192.
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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
seine 8. Armee in die seit langem vorbereitete Grodek-Stellung in Linie südwestlich von Werchrata—Magierow—Grodek—südlich von Lubien zurück.
Angesichts der bedrohlichen Anhäufung feindlicher Kräfte nördlich und östlich von Iaroslau hatte der Oberbefehlshaber der Südwestfront bereits am 15. Juni am Bruchpunkt der 3. und 8. Armee um Lubaczow aus zum Teil als Heeresreserven bestimmten Verbänden eine besondere Gruppe unter General Olochow (XXIX., II. und V. kaukasisches, XXIII. Korps, 4. Kavalleriekorps) gebildet. Sie blieb der 3. Armee unterstellt und sollte den rechten Flügel der 8. Armee decken sowie die Verbindung zu ihm aufrechterhalten. Den übrigen Korps der 3. Armee (XV., IX., XIV., X., III. kaukasisches, XXIV.) fiel ebenso wie der 8. Armee die Aufgabe zu, ihre Stellungen bis zum äußersten zu halten. Die 11. Armee hatte den Dniester-Abschnitt von Czajkowice bis Siwka zu behaupten. Im Anschluß an sie war der 9. Armee, die vom 5. Juni an mit dem rechten Flügel entsprechend den Bewegungen der 11. Armee allmählich in die Linie Halicz—Sniatyn zurückgegangen war, die Flußverteidigung bis Chotin zugedacht, während ihr linker Flügel im Raume von Czernowitz aufs neue offensiv werden sollte.
Bereits am 16. Juni wurde die Gruppe Olochow angegriffen und ebenso wie der linke Flügel der 3. Armee gezwungen, in der Nacht zum 17. Juni in vorbereitete Stellungen auf dem nördlichen Tanew-Llfer zurückzugehen. Wenige Tage später, in der Rächt zum 20. Juni, mußte auch die 8. Armee unter dem Drucke der deutschen 11. Armee und des linken Flügels der ö.-u. 2. Armee die Grodek-Stellung räumen und in die Stellungen von Lemberg ausweichen. Die zwischen den beiden russischen Armeen entstandene Lücke war nur durch Kavallerie gedeckt. Auf Weisung des Großfürsten Nikolaus Nikolajewitsch ging auch der rechte Flügel der 3. Armee bis zum 23. Juni kampflos hinter den San zurück und nahm bei Zawichost Anschluß an die 4. Armee.
Inzwischen hatte sich das Schicksal von Lemberg entschieden. Bereits am 20. Juni hatte der Höchstkommandierende die Räumung der Stadt und auch des Restes von Galizien befohlen. Als in der Nacht zum 22. Juni das XXVIII. und VIII. Korps aus ihren Stellungen bei Zolkiew geworfen wurden, trat General Vrussilow am Vormittag des 22. Juni den Rückzug in die Linie nördlich von Rawa Ruska—nordöstlich von Zolkiew— Vobrka an. Am gleichen Tage erließ General Iwanow neue Weisungen für die Südwestfront: die 3. Armee und Gruppe Olochow hatten in enger Verbindung mit der 4. die nach Süden gerichtete Front Lublin—Wladimir Wolynsk zu decken, die 8. und 11. Armee, nach Osten weichend, dem Gegner
Die russische Südwestfront.
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soviel als möglich Aufenthalt zu bereiten und ihn in der Linie Velz— Vusk—Zlota Lipa endgültig zum Stehen zu bringen. Die 9. Armee sollte sich mit ihrem rechten Flügel den Bewegungen der 11. Armee anpassen und durch offensive Ausnutzung ihrer in den letzten Tagen zwischen Dniester und Pruth errungenen Teilerfolge die Rückzugsoperation der Südwest-sront entlasten. Die 3. Armee und die Gruppe Olochow traten in der Nacht zum 25. Juni zur Nordwestfront über.
Die nächsten Tage führten zu weiterer Zurücknahme der Fronten. Vis Ende Juni erreichte die 8. Armee (XII., XXVIII., VIII., XVII., VII. Korps) unter dauerndem feindlichen Drucke die Linie Sokal— Kamionka—Gliniany; südlich schloß in Linie Gliniany—Rohatyn— Vursztyn die 11. Armee (VI., XVIII., XXII. Korps) an, die, nach einem erfolgreichen Gegenangriff am 14. und 15. Juni, zunächst ihre Front gehalten hatte, dann aber von der deutschen Südarmee hinter die Gnila Lipa gedrängt worden war. Die 9. Armee (XL, XXX., XXXIII. Korps, 2. und 3. Kavalleriekorps, XXXII. Korps) hatte infolge beträchtlicher Ver-stärkung der ö.-u. 7. Armee auf offensive Betätigung verzichtet und hielt die Dniester-Linie Volszowce—Ufere Viskupie und von dort die Landesgrenze bis Bojan.
Nach ihrem Ausscheiden aus der Südwestfront mußte die Gruppe Olochow, stark gedrängt, bis zum 29. Juni in die Linie Grabowiec—Krylow zurückgehen. Den Zwischenraum bis zum linken Flügel der 3. Armee, der in die Gegend von Zamosc auswich, deckte nur eine verstärkte Kavallerie-Division. Am 29. Juni wurden das von der Narew-Front nach Cholm herangeführte Garde- und das XXXI. Korps (bisher bei der 4. Armee westlich der Weichsel) der Gruppe Olochow zur Verfügung gestellt.
In Übereinstimmung mit der 4. Armee, die ihren linken Flügel bis Iozefow zurücknehmen mußte, wurde die 3. Armee (einschließlich Gruppe Olochow) angewiesen, sich in der Linie Arzendow—Krasnik—Grabowiec— Krylow—Gegend nördlich von Sokal zu halten. Zur Verfügung des Oberbefehlshabers der Nordwestfront wurden von der 1. Armee das II. sibirische Korps und von der 4. Armee die 13. Kavallerie-Division in die Gegend von Cholm zurückgezogen.
C. Der Eingriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russtsche Narew-Front.
J. Die entscheidende Besprechung am 2. Juli in Posen.
Karten 5 und 6, Skizze 19.
Ende Mai. Je mehr sich der Angriff in Galizien zum großen Entscheidungskampfe auswuchs, um so stärker hatte der Oberbefehlshaber O st das Ve-dürfnis empfunden, bei ihm mitzuwirken, soweit es die eigenen Kräfte irgend gestatteten. Diese reichten aber für größere Angriffsunternehmungen keinesfalls aus, sofern nicht die Oberste Heeresleitung wenigstens die nötige Munition zur Verfügung stellte; auch schrumpften sie durch Abgaben an die galizische Front und durch Herausziehen von Einheiten für neue Divisionen4) immer mehr zusammen. Der Ablenkungsfeldzug nach Litauen und Kurland und die Gasangriffe der 9. Armee waren unter solchen Verhältnissen das Äußerste gewesen, was geleistet werden konnte. Nach Durchführung der letzten, noch in Aussicht stehenden Abgaben konnte der Oberbefehlshaber Ost an seiner rund 850 Kilometer langen Front im ganzen nur noch mit etwa 34 Divisionen rechnen, die meist nur neun Bataillone zählten, während etwa 50 russische Divisionen zu 16 Bataillonen gegenüberstanden.
Nach dem Eintritt Italiens in den Krieg hatte General von Falkenhayn ^ am 28. Mai die Stellungnahme des Oberbefehlshabers Ost zur Weiterführung der Gesamtoperationen gegen Rußland erbeten, in der Auffassung, daß die Russen ihre Anstrengungen in nächster Zeit lediglich darauf richten würden, einerseits Libau wieder in die Hand zu bekommen, andererseits Warschau sowie Ostgalizien mit Przemysl und Lemberg nicht wieder zu verlieren. Die „zwischen diesen Brennpunkten" liegenden Fronten werde der Feind rücksichtslos von Kräften entblößen und sei auch schon im Begriff, dies durchzuführen. Man müsse also mit schweren Kämpfen an den genannten drei Stellen rechnen. Der Generalstabsches hoffte aber, daß Libau noch für längere Zeit gehalten werden könne. Gegen Warschau dachte er mit Hilfe des damals noch bevorstehenden Gasangriffes') weiter zu kommen. Der Lage in Galizien wollte er durch Angriffe an anderer Stelle „indirekt Erleichterung" bringen. Dazu führte er aus4), daß die Narew-Front in dieser Verbindung keine Rolle spiele; jede Offensive könne dort durch schwächere Kräfte leicht zu unabsehbarem Aufenthalt gebracht werden.
0 S. 18, 117, 121 f. — 2) S. 10. — 3) S. 133 ff. — *) S. 200.
Das Streben, die Gesamtoperationen zu unterstützen.
265
Daher komme, wie auch General Ludendorff schon geäußert habe1), nur der Angriff südlich der Pilica in Frage. Cr bat um Stellungnahme zu diesem Plane und fragte, ob es möglich sei, dafür vier Divisionen aus der Narew-Front freizumachen. Der Oberbefehlshaber Ost stimmte den operativen Ausführungen „vollkommen" zu, hatte aber Bedenken wegen der Abgabe noch weiterer Kräfte, als bereits vereinbart war, denn die Front werde schon danach so dünn sein, daß sie nur dank stark ausgebauten vorderen Linien und rückwärtigen Stellungen gehalten werden könne.
Am 1. Juni bat General von Falkenhayn, die 9. Armee in i.su»t. nächster Zeit nicht in ihrem Bestände zu schmälern, da er „im Falle dringender Not" auf alle bei ihr entbehrlichen Kräfte zurückgreifen müffe, um sie „im Süden" zu verwenden. Im Kriegstagebuch des Oberkommandos O st wurde dazu vermerkt, daß nunmehr insgesamt neun russische Divisionen8) von der eigenen Front an die galizische verlegt worden seien.
Der Schwerpunkt der Kämpfe sei damit nach dem Südosten verschoben. Der Oberbefehlshaber sehe seine Aufgabe jetzt darin, sich mit möglichst geringen Kräften zu halten und durch Abgabe von Truppen die Entscheidung zu unterstützen. Die Schaulen-Gegend und Libau aufzugeben, sei dazu einstweilen noch nicht nötig8).
Am 2. Juni teilte General von Falkenhayn mit, daß der 2.tmi.suni. Angriff südlich der Pilica nicht mehr in Frage komme, da die Widerstandskraft des Gegners in Galizien nachlasse. Dagegen regte er am folgenden Tage an, die dortigen Kämpfe durch Wiederholung des Gas-abblasens1) der 9. Armee und vielleicht auch durch Unternehmungen „nördlich der Weichsel" zu unterstützen, die er für aussichtsvoll hielt, da die
Russen durchweg unter Munitionsmangel litten. Der Oberbefehlshaber Ost beurteilte die Aussichten nach den bisherigen Erfahrungen doch nicht so günstig und antwortete daher am 4. Juni: „Die mir unterstellten Armeen greifen nach Möglichkeit an. Nachdem ich aber der Gesamtlage zufolge dauernd Kräfte abzugeben habe, verfüge ich zur Zeit außer bei der 9. Armee und nördlich des Njemen nicht mehr über hinreichende Reserven zu einem wirkungsvollen Angriff." General von Falkenhayn, der diese Darlegungen nicht als stichhaltig ansah, verzichtete auf eine Entgegnung. Bald darauf schien sich die Lage nördlich des Njemen so günstig zu gestalten, daß der Oberbefehlshaber Ost doch die Mög-
r) Besprechung vom 23. Mai 1915 (S. 122).
4 III. tauf. Korps (21. u. 52. Div.); 3. Garde-, 8., 51., 62., 63., 77. u. 13. sib.
Div. — Die Oberste Heeresleitung rechnete am 4. Juni mit elf bis zwölf Divisionen.
Tatsächlich waren es zehn (nach Abzug von zwei wieder zurückgegebenen); man war
also gut unterrichtet. — 3) S. 124 ff. — *) S. 135.
266 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Rarew-Front.
lichkeit in Aussicht stellte, dort einen großen Erfolg zu erringen1). So war denn General von Falkenhayn am 11. Juni damit einverstanden, daß die „für die entscheidende Offensive nördlich des Njemen gewünschten zwei Divisionen, wenn nicht unvorgesehene Ereignisse" einträten, den Verbänden entnommen würden, die bei der 9. Armee herauszuziehen seien.
2o.6t3 25.3«tti. Seitdem beschäftigte sich der Oberbefehlshaber O st vor allem mit dem Gedanken des Unternehmens gegen Kowno und der künftigen Operation nördlich des Njemen, bei der er als weiteres Ziel einen „Vormarsch nördlich an Kowno vorbei" im Auge hatte. Als er am 20. Juni an die Oberste Heeresleitung meldete2), daß er den Gasangriff der 9. Armee noch verschieben müsse und daher zwei Divisionen von der 8. Armee und der Armee-Gruppe Gallwih statt von der 9. Armee nördlich des Njemen einsetzen wolle, hatte General von Falkenhayn „nach gegenwärtiger Lgge keine Bedenken". Der Oberbefehlshaber Ost glaubte sich in voller Übereinstimmung mit ihm und mußte darin noch bestärkt werden, als er am 25. Juni erfuhr, daß Generalfeldmarschall von Mackensen jetzt zwischen Bug und Weichsel nach Norden dm weichenden Feind „angreifen solle, wo er ihn finde", und daß General von Falkenhayn der Marine sogar von der Möglichkeit späteren Vorgehens gegen Riga gesprochen hatte, wobei er die Unterstützung der Ostsee-Flotte in Anspruch nehmen wollte. Das ging noch über die bis dahin gehegten Pläne des Oberbefehlshabers Ost hinaus, der Mitau als Ziel für den linken Flügel in Aussicht genommen hatte.
28. Juni. Zn dieser Lage erhielt der Oberbefehlshaber Ost die durch den Vorschlag des Generalobersten von Conrad veranlaßte Anfrage des Generals von Falkenhayn vom 28. Juni2). In ihr hieß es: Der von Ostgalizien her ausgeübte Druck müsse aus dem linken Weichsel-Ufer bald fühlbar werden. Die Armee-Abteilung Woyrsch solle gegen die Weichsel ober-halb der Pilica-Mündung vorgehen. „Seine Majestät nimmt an, daß auch die Euerer Exzellenz unterstellten Truppen in Erweiterung der Weisung vom 16. April1) bei der Operation werden mitwirken können." Dabei könne neben der schon eingeleiteten Unternehmung gegen Kowno „als besondere Maßnahme zu einem gegebenen Zeitpunkt die rücksichtslose Entblößung der jetzt durch die 9. Armee gehaltenen Front und ein Vorstoß mit den so erhaltmen Kräften, sei es längs der Pilica bis über die Weichsel, sei es gegen eine Stelle der unteren Narew-Linie, in Frage kommen. Der Feind würde aus der Schwächung der Vzura- und Rawka-Stellung keinen wesentlichen Nutzen
0 S. 126 f. — 2) S. 128. — 3) S. 261. — 0 S. 103 u. Band VII, S. 362.
Reue Pläne der Obersten Heeresleitung.
267
ziehen können, solange die Vorbewegung zwischen Bug und Narew im Gange bliebe. Auf der anderen Seite würde diese Vorbewegung gerade durch einen rechtzeitig einsetzenden, selbst schwächeren Stoß in der Nähe der Pilica oder über die jetzt wohl bald überall gangbare Narew-Niede-rung bei oder unterhalb Osowiec1) in unschätzbarer Weise erleichtert werden. Übrigens gibt es möglicherweise auch noch andere Front-stellen^), wo man für diesen überragenden Zweck Truppen verfügbar zu machen in der Lage ist". Fm Westen und im Südosten sei dies allerdings ausgeschlossen. Dagegen würde es der Obersten Heeresleitung „vielleicht möglich sein, — zu Täuschungszwecken an den zu entblößenden Fronten — noch einige Landsturm-Regimenter und etwas, freilich nur unbewegliche Artillerie verfügbar zu machen".
Diese Drahtung der Obersten Heeresleitung traf den Ober- 29. Juni, befehlshaber Ost, wie es in seinem Kriegstagebuch heißt, insofern nicht unerwartet, als er die Unterstützung der Gesamtoperation dauernd im Auge gehabt hatte. Er war einverstanden mit der anempfohlenen „rücksichtslosen Schwächung" der 9. Armee. Daß er sich dazu selbst noch nicht entschlossen habe, liege daran, daß bisher immer noch von einem Umschwung des Wetters ein weiterer Erfolg des Gasangriffs und damit eine unmittelbare Unterstützung der Stoßgruppe im Süden erwartet wurde. Über die Richtung, in der die neue Offensivoperation angesetzt werden solle, war er sich zunächst noch nicht schlüssig. An demselben 28. Juni weilte General vonGallwitz inLötzen. Sein Generalstabschef,OberstMarquard,hatte schon vorher in beachtenswerter Form „Gesichtspunkte für den Angriff aus befestigte Stellungen" entworfen. Jetzt trug General von Gollwitz selbst über den Plan eines Angriffs gegen den Raum von P r z a s n y s z vor, mit anschließendem Vorgehen auf Ciechanow^). Der Oberbefehlshaber Ost hielt aber gerade diese Angriffsrichtung nach wie vor für operativ wenig wirksam, da sie nicht die Tiefe der russischen Aufstellung traf; auch führte sie gegen eine der stärksten Stellen der feindlichen Front und dann in den Wirkungsbereich der großen Festung Nowogeorgiewsk, mußte also besonders schwierig sein. Am 29. Juni antwortete er General von Falkenhayn: „Eine möglichst entscheidende Mitwirkung der mir unterstellten Truppen im Rahmen der Gesamtlage war von mir in Aussicht genommen, sobald ich durch Euerer Exzellenz Telegramm vom Aufträge der Armee Mackensen Kenntnis erhielt.
Ein Vorstoß der 9. Armee gegen die Weichsel ist von mir nicht beabsichtigt.
x) Osowiee liegt tatsächlich am Vobr, nicht am Narew.
2i) Damit war vermutlich die Front der 10. und Njemen-Armee gemeint. 3) von Gallwitz, 6. 264.
268 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
29. und da er drei vorbereitete Stellungen, zuletzt die von der Weichsel nördlich der so. Zum. Piliea-Mündung über Piaseczno—Nadarzyn—Blonie laufende, überwinden müßte. Herausziehen weiterer Kräfte der 9. Armee ist deshalb vom 2. Juli ab angeordnet. Auch auf eine Verstärkung und Offensive der Armee-Gruppe Gallwitz habe ich verzichtet. Ob nun der Stoß in Gegend Osowiec, in Gegend Kowno oder noch nördlicher erfolgen wird, mache ich von den bereits angeordneten Erhebungen abhängig. Meinen endgültigen Entschluß werde ich baldmöglichst melden. Ich bitte um Mitteilung, auf wieviel Landsturm-Regimenter ich rechnen kann und wann sie eintreffen würden."
Statt des Angriffs bei Kowno und nördlich des Rjemen konnte, wie General Ludendorff später schrieb^), auch ein solcher über Osowiec— Grodno, vielleicht auch noch über Lomza in Frage kommen, wie er schon im Anschluß an die Winterschlacht geplant gewesen war. Solche Offensive konnte entscheidende Wirkung haben, sie führte „auf räumlich kürzestem Wege in den Rücken des aus Ostgalizien zwischen Weichsel und Bug zurückweichenden russischen Heeres". Gerade deshalb war aber auch mit „ernstem Widerstand in der taktisch schon an und für sich sehr starken und vermutlich auch stark besetzten Linie Osowiec—Grodno" zu rechnen, und es fragte sich daher sehr, ob der Angriff über die breite Sumpfniederung des Vobr Aussicht auf Erfolg haben könne. Bevor sich der Oberbefehlshaber Ost endgültig entschied, berief er die Generalstabschefs der für den Angriff in Frage kommenden Armeen (Armee-Gruppe Gallwitz, 8., 10. und Rjemen-Armee) auf den 30. Juni nach Lötzen, um sie über die Angriffsmöglichkeiten in ihren Abschnitten zu hören. Dabei legte Oberst Graf von Schwerin') für die 8. Armee dar, daß der Angriff bei Osowiec der Geländeverhältniffe wegen nicht möglich sei; er empfahl die Offensive auf Lomza und westlich. Diese Zwischenlösung wurde aber nicht weiter erörtert'), vielmehr sprach sich Generalleutnant Ludendorff unter diesen Umständen entschieden für die Offensive im Rjemen-Gebiet und gleichzeitige Durchführung des gegen Kowno beabsichtigten überraschenden
9 Erinnerungen, S. 114. — -) Mitteilung des Generalmajors a. D. Grafen von Schwerin vom Sommer 1931 an baß Reichsarchiv.
3) Rach einer Mitteilung des Generals Ludendorff vom Dezember 1931 an das Reichsarchiv sei das dortige teils tief sandige, teils sumpfige und äußerst wegearme Waldgelände nach den Erfahrungen der Frühjahrskämpfe als ungeeignet für die Bereitstellung größerer Truppenmaffen bekannt gewesen. Dieselbe Auffassung vertritt General von Gallwih (S. 278 f.), während General Graf Schwerin in einer Zuschrift vom Sommer 1931 an das Reichsarchiv die Verhältnisse günstiger beurteilt und meint, daß eine große Offensive auch gegen die Front Rowogrod—Lomza ausführbar gewesen wäre.
Denkschrift des Generals Ludendorff.
269
Angriffs aus. Die 10. und Njemen-Armee sollten dazu außer durch die bereits im Njemen-Gebiet befindliche 41. und die dorthin bestimmte 3. Infanterie-Division noch durch eine Garde-Division (inzwischen neu gebildete 4. Garde-Infanterie- oder 1. Garde-Reserve-Division) und durch das XVII. Armeekorps verstärkt werden.
Nach der Besprechung ging ein Telegramm des Generals von Fal-k e n h a y n ein, in dem es hieß: Das Unternehmen gegen Kowno werde, baldigst ausgeführt, bei seinem Gelingen zweifellos von großer Bedeutung für die Gesamtlage sein. Inwiefern dagegen eine Operation nördlich von Osowiec dem in seinem Telegramm vom 28. Juni dargelegten Zweck besonders förderlich fein würde, vermöge er noch nicht zu erkennen. Cr stellte für einen der nächsten Tage den Besuch des Kaisers bei der 9. Armee in Aussicht; dabei sollten dann in Posen die Meinungsverschiedenheiten in persönlicherAussprache geklärt werden. Inzwischen drängte aber auch der österreichisch-ungarische Verbindungsoffizier beim Oberbefehlshaber Ost, Major von Fleischmann, im Auftrage des Generalobersten v o n C o n r a d auf den Stoß über den unteren Narew in den Rücken von Warschau auf Siedlce.
Am l.Iuli legte Generalleutnant Ludendorff seine Auffassung in folgender Denkschrift fest:
„Das Ostheer hat den Auftrag vom 16. April: — »Täuschung und Bindung des Gegners nördlich der Pilica« — vornehmlich durch die Offensive nördlich des Njemen erfüllt. Der Ruffe hat neun Infanterie- und neun Kavallerie-Divisionen dorthin gefahren. Die 10. Armee hat durch ihren Vorstoß den vor ihr befindlichen Feind festgehalten; dagegen haben die Offensivunternehmungen der Armee-Gruppe Gallwitz und der 9. Armee den Feind nicht am Abtransport von Kräften verhindert. — Die beiderseitige Kräfteverteilung geht aus der Anlage hervor*).
Das Ostheer steht überall gleichen oder an Zahl überlegenen, stark verschanzten Kräften gegenüber, die durchbrochen werden müffen; nur der Nordflügel hat operative Freiheit. Das Ostheer hat auch fernerhin an der Entscheidung mitzuwirken, die durch die Operationen in Galizien angebahnt ist. Cs kann zum Einsatz an anderer Stelle freimachen:
3. Reserve-Division vom 3. Juli ab;
XVII. Armeekorps mit 36. Infanterie-Division vom 3. Juli, mit 35. Infanterie-Division vom 8. Juli ab;
1. Garde-Reserve-Division (ihre Ablösung soll durch Landsturm-Regimenter erfolgen, Freimachen nicht vor dem 10. Juli möglich).
S. 270.
270 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
Anlage:
In«. Beiderseitige Kräfteverteilung am 1. Juli 1915.
deutsche4) russische —
Inf. Div. Kav.Div. Inf. Div. Kav.Div. Bemerkungen
9. Armee 10*) 1 io 7i 0 *) einschl.
Armee-Gruppe Gallwih . 9 V2**) 0 8i/4***) 1 XVII. A. K.
8. Armee 5V2 0 772 0 **) einschl.
10. Armee 7 2 io V, 3 3. I. D.
Njemen-Armee 7 Vs 572 9 9 ***) ohne TT ftf»
39% 872 457, 13 11. sio. 3v.
Bemerkung: Die deutschen Infanterie-Divisionen bestehen zum größten Teil aus drei Regimentern zu drei Bataillonen, die russischen aus vier Regimentern zu vier Bataillonen; die Zahl der Eskadrons der deutschen und russischen Kavallerie-Divisionen ist gleich.
1. Cm Einsatz von drei Divisionen^) im Rahmen der Armee Woyrsch zu einem Uferwechsel südlich Iwangorod führt zu einer unmittelbaren, aber wahrscheinlich nur frontalen Unterstützung der Stoßgruppe. Eine offensive Betätigung des Ostheeres hört damit jedoch aus.
2.Eine Verstärkung der 9. Armee um zwei Divisionen3) wäre nicht wirksam genug, um die Gesamtlage zu beeinflussen. Der Russe hat hier zahlreiche Stellungen vorbereitet, die durchbrochen werden müßten.
3. Die Armee-Gruppe Gallwitz durch XVII. Armeekorps verstärkt, könnte in schweren Kämpfen die Russen bis in die Linie Plonsk— Pultusk zurückwerfen. Diesen müßte sich der Angriff auf Rowogeorgiewsk anschließen. Die Unternehmungen sind aussichtsvoll, falls für den Angriff auf Rowogeorgiewsk schwerste Artillerie zur Verfügung gestellt werden kann. Die Operation steht im Rahmen der Gesamthandlung,
-unterstützt sie aber nicht in wirkungsvollster Richtung.
4.Diese liegt an sich bei O s o w i e c. Rach eingehender Prüfung der Verhältnisse ist aber festzustellen, daß ein Infanterieangriff über den Vobr südlich Osowiec und auf Gonionds") zwar möglich ist; er müßte aber
"9 ©eit April (vgl. S. 104) war die 22. I. D. abgegeben worden; als Neubildungen waren 4. G. I. D., Div. Beckmann und Abt. Libau hinzugekommen. Anker den Infanterie-Divistonen befanden sich bei der 9. Armee, der Rjemen-Armee und der Armee-Gruppe Gallwih je sechs, bei der 10. Armee fünf und bei der 8. Armee zwei aktive oder Reserve-Divisionen. — Alle übrigen Verbände kamen ihrer Zusammensetzung nach für Teilnahme an entscheidenden Angriffsunternehmungen erst in zweiter Linie in Frage.
2) Über Verwendung der vierten Division siehe S. 272.
3) Rur zwei Divisionen, da das XVII. A. K. ohnehin zur 9. Armee gehörte.
4) Ort unmittelbar östlich von Osowiec.
Denkschrift des Generals Ludendorff.
271
in einem Stoß gelingen, sonst kommt die Infanterie in dem Sumpfgelände in eine schwierige Lage. Cin Eingraben ist wegen des hohen Grund-wassers nicht möglich. Eine wirksame Artillerieunterstühung des Infanterieangriffs ist ausgeschlossen. Die Sicherheit des Unternehmens ist nicht gewährleistet. Gelingt es nicht, so führt es zu einem schweren Rückschlag. Im Falle des Gelingens können sich die Truppen nach dem Fall von Osowiec günstigenfalls nur in einem mehr oder weniger weit vorgeschobenen Brückenkopf südlich Osowiec halten. Eine Fortsetzung der Offensive in Richtung Vialystok ist nicht möglich; dazu reichen die Kräfte nicht aus, da mit Sicherheit darauf zu rechnen ist, daß der Rüste dorthin Kräfte zusammenfahren wird. Im Rahmen der Gesamtoperation tritt hierdurch für andere Kräfte eine Erleichterung ein, zu einem unmittelbaren taktischen Zusammenwirken, das eine wirklich entscheidende Operation krönen müßte, kommt es indes nicht. Ohne daß die Vorteile verkannt werden, ist die Unternehmung doch nicht zu empfehlen, da ihr Gelingen nicht gewährleistet ist. Der Einsatz ist dem etwaigen Erfolg gegenüber zu hoch.
5. Eine Verstärkung der 10. Armee und eine Offensive hart südlich Kotono vorbei und über den Rjemen hinweg ist nur dann angezeigt, falls die in Aussicht genommene Unternehmung gegen Kowno Erfolg hat. Ob dies der Fall ist, hängt von Zufälligkeiten ab, die außerhalb der militärischen Einwirkung liegen. Eine Operation kann hierauf nicht aufgebaut werden. Cs muß hierbei hervorgehoben werden, daß der geplante Handstreich gegen Kowno durch Beigabe schwerster Artillerie sehr wesentlich unterstützt würde. Dies kann auch zur Fortnähme von Kowno führen, wenn die anderen Voraussetzungen nicht eintreffen.
6. Der Einsatz der freigemachten Kräfte bei der Rjemen-Armee möglichst mit einem gleichzeitigen Angriff auf Kowno kann hier einen vollen taktischen Erfolg herbeiführen; ein Mißerfolg, wie bei der Unternehmung bei Osowiec möglich, ist hier ausgeschlossen. Wieweit der taktische Erfolg die Rjemen-Armee nach Osten, beziehungsweise in Richtung Wilna führen wird, muß dahingestellt bleiben. Die Tatsache, daß der Rüste sehr erhebliche Kräfte in die Gegend nördlich des Rjemen geführt hat, sobald er hier eine Bedrohung fühlte, macht es wahrscheinlich, daß er nach einer Niederlage seiner 5. Armee von neuem Verstärkungen gegen die Rjemen-Armee heranführen wird. Dadurch tritt an anderer Stelle der Gesamtfront eine Entlastung ebenso ein wie bei einer etwaigen Unternehmung bei Osowiec. Gelingt zudem die Wegnahme von Kowno, so würde in weiterer Folge ein großer strategischer Erfolg gezeitigt werden.
Der Einsatz der hier freizumachenden Kräfte kann demnach erfolgen: 1. in Gegend südlich Iwangorod oder 2. bei der Rjemen-Armee.
272 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
1. Der Einsatz südlich Iwangorod bedeutet einen unmittelbaren, aber nur frontalen Kräftezuwachs von drei Divisionen für die Hauptentscheidung östlich der Weichsel. Die vierte Division müßte zur Verfügung des Oberbefehlshabers Ost bleiben, um allen Verhältnissen gewachsen zu sein, da es durchaus möglich ist, daß der Russe sich durch Kräfteverschiebung noch zu einem Schlag gegen die 10. oder die Rjemen-Armee aufrafft. Rach Abgabe der drei Divisionen müßte das Ostheer untätig sein und könnte nur nachrücken, wo der Russe freiwillig vor ihm zurückgeht.
2. Werden die Divisionen der Rjemen-Armee zugeführt, so werden hierdurch die 734: Infanterie- und 534 Kavallerie-Divisionen der Rjemen-Armee zur Offensive befähigt. Der tatsächliche offensive Kräftezuwachs ist für das verbündete Heer erheblich größer als bei einem Einsatz der drei Divisionen bei Iwangorod. Wenn auch scheinbar fern der Haupt-entscheidung, wird diese durch den Einsatz der Kräfte nördlich des Rjemen mehr beeinflußt werden wie durch die unmittelbare Zuführung.
Die Verstärkung der Rjemen-Armee und ihre Offensive unter gleichzeitigem Angriff auf Kotono erscheint deshalb als die wirksamste Betätigung des Ostheeres im Rahmen der Gesamtoperation."
Mit dieser Denkschrift kam der Oberbefehlshaber O st auf die bereits am 20. Mai gemachten Vorschläge*) zurück. Cr dachte ebenso wie damals zunächst nur an mittelbare Unterstützung der Offensive des Generalfeldmarschalls von Mackensen durch einen taktischen Erfolg an der eigenen Front, nicht aber an eine große eigene Operation, die zum Zusammenwirken mit jener Offensive und damit schließlich zur Feldzugsentscheidung gegen Rußland führen könnte. Zu solcher Zielsetzung reichten die Kräfte seines Erachtens nicht. Da nun die Aussichten für den taktischen Erfolg an der Stelle, wo die stärkste operative Wirkung zu erwarten stand, bei Osowiec, wenig günstig waren, trat er für den Angriff bei Kotono und nördlich ein, der „an anderer Stelle der Gesamtfront eine Entlastung" bringen sollte. Rur wenn die Wegnahme der starken FestungKowno gelang, erhoffte er „in weiterer Folge einen großen strategischen Erfolg"").
0 S. 122.
2) Ähnlich heißt es bei Ludendorff, Erinnerungen, S. 114: „War Kowno, der Eckpfeiler der russischen Rjemen-Verteidigung, gefallen, so war der Weg auf Wilna und in den Rücken der Hauptkräfte des russischen Heeres geöffnet. Cs mußte daraufhin einen gewaltigen Sprung nach rückwärts ausführen. Konnten die Rjemen- und 10. Armee auch nur geringe Verstärkungen rechtzeitig erhalten und mit Kolonnen und Trains reichhaltig ausgestattet werden, so war zu hoffen, diesen Sprung derart von Norden über Wilna in die Flanke zu fasten, daß der Sommerfeldzug 1915 mit einer entscheidenden Einbuße des russischen Heeres endigen würde."
Auffassung des Generals von Falkenhayn.
273
General von Falkenhayn, der am 1. Juli eine Aussprache mit r. zu«. Generalfeldmarschall von Mackensen in Rawa Ruska gehabt und dabei den Eindruck gewonnen hatte, daß dort alles gut vorwärtsgehe*), traf über Pleß am 2.Juli morgens in Posen ein. Seine Auffassung war folgende^):
Die Lage im Westen schien nach dem Scheitern der französisch-englischen Angriffe entspannt, doch mußte man auf Wiederholung ähnlicher Durchbruchsversuche gefaßt sein. Sie konnten dazu zwingen, das Schwergewicht der Kriegführung schleunigst wieder an die Westfront zu verlegen. Daneben heischte die bedrängte Lage der Türkei immer gebieterischer aktives Eingreifen gegen Serbien. Wie lange die österreichisch-ungarische Heeresleitung an der italienischen Front mit den dort eingesetzten Kräften auskommen werde, stand dahin, wenn auch bisher alle Angriffe abgeschlagen waren. Trotz der großen Erfolge in Galizien und der zur Zeit günstigen Aussichten der Heeresgruppe Mackensen schien es daher erforderlich, die Offensive gegen Rußland weiterhin mit räumlich und zeitlich begrenztem Ziele zu führen, damit die Oberste Heeresleitung jederzeit in der Lage blieb, nötigenfalls schnell wieder starke Kräfte an eine andere Front zu verlegen. Möglichst baldiger Abschluß der jetzt bereits zwei Monate währenden Ostoperation war also dringend erwünscht. Der dazu notwendige große Waffenerfolg schien durch unmittelbares Zusammenwirken der Heeresgruppen Mackensen und Hindenburg im Raunte zwischen Bug, Weichsel und Rarew am sichersten und schnellsten erreichbar.
Auf Grund dieser Erwägungen lehnte General von Falkenhayn eine Offensive über Kowno und nördlich, wie sie der Oberbefehlshaber Ost offenbar vorschlagen wollte, entschieden ab; er hatte auch Zweifel, ob auf diesem Wege „überhaupt eine Wirkung würde erzielt werden können, die der Hauptoperation zugute käme". Die erst im Frühjahr (Februar/März) bei ähnlichem Versuche gemachten Erfahrungen schienen dagegen zu sprechen. Auch damals hatte der Oberbefehlshaber Ost sehr weitgehende Hoffnungen gehegt), die sich dann aber nicht erfüllten. Ein örtlicher taktischer Sieg genügte nicht, „insbesondere nicht, wenn er, wie im vorliegenden Falle,
*) Tagebuchaufzeichnung des Generalobersten von Plessen vom 2. Juli 1915. 2) Belege für die nachstehend wiedergegeben« Auffassung des Generals von Falkenhayn sind in den Akten nicht enthalten. Sie ist nur nachträglichen Niederschriften zu entnehmen, vor allem dem späteren Schriftwechsel mit dem Oberbefehlshaber Ost und dem nach dem Kriege verfaßten Werke des Generals (S. 97 ff.). Daß allerdings das dort Zusammengefaßte in vollem Umfange und in allen Einzelheiten auch am 2. Juli zur Sprache gekommen sei, ist nicht sehr wahrscheinlich.
s) Bericht des Oberbefehlshabers Ost an den Kaiser vom 9. Januar 1915, Band VII, S. 11.
t Weltkrieg. VIII. Band. 18
274 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
2. In«. Gefahr lief, in exzentrischer Richtung zu zerflattern und lediglich zu größerer Ausdehnung zu führen". Die Oberste Heeresleitung brauchte einen Erfolg, der rasche und entscheidende Wirkung auf das Ringen zwischen Vug und Weichsel versprach. Einen solchen aber erwartete General von Falkenhayn von der Operation über Kowno selbst dann nicht, wenn sich ein erheblich größerer Krästezuwachs für diesen Frontabschnitt ermöglichen ließe, als er ihn angesichts der Gesamtlage für zulässig hielt, und wenn es damit gelänge, die Offensive des linken Heeresflügels in der Richtung auf und über Wilna gegen die rückwärtigen Verbindungen des Feindes fortzuführen. „Die Russen hatten die Gefahren der operativen Auffassung längst erkannt . . . und die Gegenmittel dagegen anzuwenden gelernt. Deren Gebrauch erleichterte ihnen ihre Überlegenheit in der Zahl, ihr leistungsfähigeres Eisenbahnnetz und die Rücksichtslosigkeit, mit der sie Boden preisgeben konnten und erfahrungsgemäß preisgaben, sobald es ihnen zweckmäßig schien1)."
Run hatte die Heeresgruppe Mackensen am 28. Juni den Auftrag erhalten, gegen die Russen zwischen Vug und Weichsel vorzugehen«); die Opemtionsrichtung des Oberbefehlshabers Ost war dabei zunächst noch offengelaffen worden. Inzwischen aber hatte sich General von Falkenhayn im Sinne des Conradschen Planes«) für die Offensive aus dem Raum der Armee-Gruppe Gallwitz gegen und über den unteren Rarew entschieden, mit dem weiteren Ziele eines Stoßes östlich an Warschau vorbei1). Frühere Bedenken gegen diese Operation über den „Sumpfabschnitt" des Rarew hatte er aufgegeben, da das Niederungsland „jetzt wohl bald überall gangbar" sein werbe5). Als Endziel schwebte dem deutschen Generalstabschef vor, durch gleichzeitigen Druck von Süden und von Nordwesten die feindlichen Massen in Polen zusammenzupressen und ihnen wenn möglich den Rückweg abzuschneiden. Entscheidender Sieg über diese namhaften Teil-kräfte des Gegners sollte die bereits in Galizien offenbar gewordenen Erschütterungen des russischen Heeres derart steigern und erweitern, daß es zu offensiver Betätigung auf lange Zeit hinaus unfähig wurde; solche Wirkung schien ihm das Höchste, was mit den vorhandenen Mitteln in absehbarer Zeit zu erreichen war, und „ein für die Zwecke der Obersten Heeresleitung vollauf genügender Erfolg".
Dieser Auffassung entsprechend hielt der Chef des Generalstabes dem Kaiser im Königlichen Schlöffe zu Posen Vortrag und empfahl „die Mitwirkung der Kräfte Hindenburgs zugunsten der Operation
1) von Falkenhayn, S. 197. —, 2) S. 260. — 3) S. 259. — 4) Tagebuchaufzeich-
nung des Generals Tappen vom 2. Juli 1915. — 5) S. 200 und 267.
Die entscheidende Besprechung in Posen.
275
auf dem östlichen Weichsel-Ufer aus der Gegend von Przasnysz und nicht von Kowno her"P Der Kaiser teilte diese Auffassung. Angesichts der Gefamtlage wie der besonderen Verhältnisse des russischen Kriegsschauplatzes war auch er durchaus der Ansicht, daß der Angriff über den Narew weit bessere Aussichten biete als bei Kowno. Nach dem Vortrage des Generals von Falkenhayn empfing der Kaiser Gew bürg und Generalleutnant Ludendorff.
rralfeldmarschall von Zinden -Der Oberbefehlshaber Ost trug in Gegenwart des Generals von Falkenhayn über die Gesamtlage im Osten
und über seine Absichten entsprechend der dorff vor. Es war seit dem Winter das geben war, zur Frage der großen Opera
seine Auffassung darzulegen. Cr schlug die Offensive der zu verstärkenden
Njemen-Armee vor unter gleichzeitigem würfe des Kaisers hin gab er aber zu, t ob man an der Narew^Front oder nördlich des Njemen angreifen sollte"2) Cr glaubte dabei zum Nutzen des Ganzen zu handeln, wenn er zur Vermeidung weiterer unerwünschter Reibung sichten des Chefs des Generalstabes des gäbe, um den eigenen Plan zu gegebener
Dann führte der Kaiser seine Ab — wie Generaloberst von Plessen dam scheidung für die Offensive aus der Gegend von Przasnysz gefallen war ... Auf alle Fälle kommt auf diese Weise der Nähe wegen die Einwirkung fühlbarer und schneller zur Geltung, als solche von Kowno her erfolgen kann".
Cin schriftlicher Befehl, der die Aufgabe des Oberbefehlshabers Ost klar umrissen hätte, ist nicht gegeben worden, und so gehen die Auffassungen über das Ergebnis der Besprechung in manchen Einzelheiten auseinander2).
Denkschrift des Generals Ludenerstemal, daß ihm Gelegenheit ge-ionen dem Obersten Kriegsherrn
Angriff gegen Kowno; auf (Einaß es „mehr Gefühlssache wäre.
en den Widerstand gegen die Ab-Feldheeres einstweilen auf-Zeit wieder aufzugreifen.
'ichten des näheren aus, „womit" als niederschrieb — „die Cnt-
H Tagebuchaufzeichnung des Generalobersten von Plessen, der dem Vortrage beiwohnte, vom 2. Juli 1915.
2) von Falkenhayn, S. 98. Diese Worte finden sich zuerst in einem Telegramm des Generals von Falkenhayn an den Oberbefehlshaber Ost vom 8. Oktober 1915. General Ludendorff bestätigte den Hergang durch eine Mitteilung vom Dezember 1931 an das Reichsarchiv. Cs steht aber dahin, ob die Worte vom Kaiser oder vom Generalseldmarschall von Hindenburg gesprochen worden sind (vgl. von Hindenburg, S. 127 s.).
3) Abgesehen von der Tagebuchaufzeichnung des Generalobersten von Plessen sind nur noch folgende Unterlagen aus jenen Tagen vorhanden: General Ludendorff vermerkte unter der Denkschrift vom 1. Juli: „Vortrag gehalten am 2. Juli Seiner Majestät durch den Generalfeldmarschall. Seine Majestät hat im Sinne der Ziffer 3 entschieden." — In einem abends eingehenden Telegramm der Ober st en
276 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
2. Zu«. Insbesondere scheint der Oberbefehlshaber Ost die Aufgabe der Armee-Gruppe Gallwitz enger aufgefaßt zu haben, als es den Absichten des Generals von Falkenhayn entspracht). Demgemäß ist er hinsichtlich der Entblößung der Front westlich der Weichsel und der Kräftebemessung für den Narew-Stoß zu einem anderen Ergebnis gekommen, als es die Oberste Heeresleitung gewünscht haben mag. Diese Meinungsverschiedenheiten sind nicht offen zum Ausdruck gekommen, vielmehr hat sich General von Falkenhayn im wesentlichen mit dem abgefunden, was der Oberbefehlshaber Ost für richtig erachtete.
Dem Angriff der Armee-Gruppe Gallwitz sollte sich die 8. Armee anschließen. Im übrigen wurde, wie General von Falkenhayn nach dem Kriege schrieb52), „die Aufmerksamkeit des Oberbefehlshabers darauf gelenkt, daß es notwendig wäre, vorläufig die gesamten, an seiner Front sonst noch verfügbaren Kräfte" an der Narew-Operation zu beteiligen. Vis diese durchgeführt sei, müßten „alle Unternehmungen, die nicht unmittelbar Siche-rungszwecken dienten, auch im Norden, zurückgestellt werden. Andererseits wäre es angezeigt, Vorkehrungen zu treffen, die ein schnelles Verschieben von Truppen aus der Narew-Gruppe nach Norden zu einem späteren Stoß
Heeresleitung hieß es: „In Bestätigung der heutigen Besprechung erwartet Seine Majestät, daß die in Aussicht genommene Operation gegen einen Teil der Narew-Front geführt werde. Je früher der Stoß dem Gegner fühlbar wird, um so wirksamer im Sinne des Ganzen würde er sein." — Im Kriegstagebuch des Oberbefehlshabers Ost heißt es nur, daß der „Einsah der verfügbaren Kräfte bei der Armee-Gruppe Gallwitz" erfolgen solle.
*) General Ludend orff schrieb im Jahre 1919 (Erinnerungen, S. 115), der Kaiser habe die Fortführung der Offensive in Polen angeordnet, insonderheit daß die Armee-Gruppe Gallwitz „den vor ihr befindlichen Feind zu durchbrechen und gegen den Narew vorzudringen habe, während die 9. Armee und General von Woyrsch gegen die Weichsel vorgehen sollten". Im Gegensatz dazu erwähnte General vonFalkenhaynin seinem etwas später erschienenen Buche (S. 99) nichts davon, daß die 9. Armee und die Armee-Abteilung Woyrsch gegen die Weichsel vorgehen sollten, sondern schrieb: Der Oberbefehlshaber Ost erhielt Weisung, die Armee-Gruppe Gallwitz „zu beiden Seiten von Przasnysz die russischen Stellungen am unteren Narew durchbrechen und zur Cnlastung der Heeresgruppe Mackensen gegen den Bug vorgehen zu lasten. Daß dabei das Abschneiden der an der Weichsel und vor Mackensen stehenden feindlichen Massen angestrebt werden mußte, lag auf der Hand". Nach dieser sicherlich genau durchdachten Fassung ist es zum mindesten zweifelhaft, ob das „Abschneiden der feindlichen Massen" bei Erteilung des Auftrages überhaupt erwähnt, und vollends, ob es als das Ziel des Angriffs angegeben wurde, als solches scheint vielmehr nur die „Entlastung der Heeresgruppe Mackensen" bezeichnet worden zu sein.
2) von Falkenhayn, S. 98.
Die entscheidende Besprechung in Posen.
277
gegen die russischen Verbindungen anzubahnen geeignet wären. Es würde dann voraussichtlich zweckmäßig sein, den Stoß über den mittleren Njemen in südöstlicher Richtung zu führen, anstatt ihn in den weiten Gebieten nördlich des Stromes anzusetzen". Sicher ist, daß solche Hinweise nach der Auffassung des Kaisers wie seines Generalstabschefs im Sinne der getroffenen Entscheidung lagen. Sie sind jedoch nach den von General von Falkenhayn gewählten Cinleitungsworten, wenn überhaupt schon bei dieser Gelegenheit), so doch wohl mehr als Wünsche oder Anregungen der Obersten Heeresleitung und in wenig bestimmter Form vorgebracht worden.
Sicher aber ist andererseits auch, daß der Oberbefehlshaber Ost die Hinweise nicht als bindenden Befehl aufgefaßt hat, sondern sich berechtigt glaubte, in den berührten Fragen nach eigenem Ermessen auch anders zu handeln.
2. Durchführung des Angriffs.
a) Vorbereitungen.
Karte 6 und Skizzen 19, 20, 21.
Da die Entscheidung für den Falkenhaynschen Plan gefallen war, sah r.J»«. sich der Oberbefehlshaber O st vor eine Aufgabe gestellt, der er innerlich widerstrebte, deren Erfolg er taktisch nicht als gewährleistet ansah, und die ihm auch im besten Falle keine Aussicht auf entscheidende operative Wirkung zu bieten schien2). Unter dem ersten Eindrücke jener Entscheidung hatte er der 10. Armee am 2. Juli die Mitteilung gesandt, daß die Oberste Heeresleitung befohlen habe, von dem beabsichtigten Angriff auf Kowno Abstand zu nehmen. Dagegen vermochte er sich nicht zu entschließen, auch den nördlich des Njemen vorbereiteten Angriff ganz aufzugeben. Er wollte ihn vielmehr, soweit möglich, neben der Narew-Operation weiterführen, um einerseits von dieser abzulenken, andererseits die für später auch von der
*) Welche Unterlagen General von Falkenhayn für ferne Darstellung gehabt hat, ist nicht bekannt; die Akten geben keinen Aufschluß.
2) Major von Fleischmann berichtete in der Rächt zum 3. Juli über den bei Przasnysz beabsichtigten Angriff nach Teschen: „Keinesfalls besteht vorläufig auf Grund des beiderseitigen Kräfteverhältnisses in diesem Raume die Hoffnung, die Offensive bis Siebtee vortragen zu können, solange der Russe am Rarem nicht infolge der (Ereignisse bei Lublin zurückweicht." Ferner heißt es in einer späteren Tagebuchaufzeichnung des damaligen Obersten von Verendt, der den Artillerieeinsatz zu leiten hatte, am 5. Juli 1915 über ein Gespräch mit Oberst Marquarb: „Ludendorff hat den Durchbruch nicht für möglich gehalten; Marqard hat ihn vom Gegenteil überzeugt."
278 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
2.IM. Obersten Heeresleitung in Aussicht genommene Operation über den mittleren Njemen vorzubereiten. Die 41. Infanterie-Division sollte daher der Rjemen-Armee verbleiben.
Der Armee-Gruppe GallwiH eröffnete Generalleutnant Ludendorff noch am Nachmittage des 2. Juli, daß der Hauptangriff in ihrem Abschnitt zu führen sei, und daß dazu das XVII. Armeekorps überwiesen werde. Die beiden anderen als Kräftezuschuß in Aussicht genommenen Divisionen (3. Infanterie- und eine Garde-Division) befanden sich ohnehin schon dort. Schwere Artillerie sollte von der 8. und 9. Armee zugeführt werden.
General von GallwiH verfügte in seinem 150 Kilometer breiten Abschnitte zwischen unterer Weichsel und Szkwa bisher über insgesamt etwa zehn Divisionen4); davon kamen aber nur sieben2) für die zu lösende Ausgabe in Frage. Etwa 844 russische Divisionen schienen gegenüberzustehen. Östlich der Szkwa schloß in 70 Kilometer Breite bis zum Vobr unterhalb von Osowiec der rechte Flügel der 8. A r m e e an, der bei einer Gesamtbesehung von vier Divisionen einige weitere stoßkräftige Ditnstonrn3) aufwies. Diesem Frontabschnitt standen aber etwa sechs russische aktive Divisionen gegenüber, darunter das Gardekorps.
Am Abend des Tages teilte Oberstleutnant Hoffmann, der in Löhen zurückgeblieben und durch Ferngespräch über das Ergebnis der Posener Besprechung unterrichtet worden war, an die Armee-Gruppe GallwiH mit4), wie man sich beim Oberkommando Ost die Durchführung denke. Als Ziel des Durchstoßes sei S i e d l c e in Aussicht genommen; in dieser Richtung solle „auf dem nächsten Wege" vom linken Flügel vorgegangen werden. Ein solcher Angriff führte bei Ostrolenka über den Narew. „Der kühne Gedanke," — so schrieb General von GallwiH nach dem Kriege3) — „direkt tief in den Rücken des Feindes vorzustoßen — Siedlce lag 140 Kilometer vor meiner Front —, beschäftigte mich lebhaft." Für ein so weitgreifendes Unternehmen erschien ihm die Verstärkung durch das in Aussicht gestellte XVII. Armeekorps allein nicht ausreichend und auch das „höchst unwegsame" Gelände zwischen Orzyc, Omulew, Rozoga und Szkwa mit der dicht dahinter liegenden Strombarriere des
0 S. 270, Denkschrift des Generals Ludendorff; dort sind allerdings, vielleicht etwas knapp, nur neuneinhalb Divisionen gerechnet.
a) 4. G. Z. D. und 1. G.R. D.; 2., 3., 26., 37. und 86. I. D. (diese, bisherige Div. Wernih des Korps Suren, bestand vorwiegend aus Ersatz-Truppenteilen).
8) Vor allem 3. und 75. R. D.
4) Soffmann, I, S. 272. Aufzeichnung vom 2. Juli. — von GallwiH, S. 268.
5) von GallwiH, S. 268.
Die Wahl der Angriffsrichtung.
279
Narew bei Ostrolenka und Nowogrod wenig geeignet. General von Gallwitz war in Übereinstimmung mit seinem Generalstabschef, Oberst Mar-quard, „der Auffassung, daß vor einem so tiefen Stoß eine Abrechnung mit dem bei Przasnysz gegenüberstehenden Gegner, der russischen 1. Armee und besonders deren Kernstück, dem I. sibirischen Korps, erfolgt sein müsse und hierzu eine Entwicklung weiter westlich aus taktischen und Geländerücksichten vorzuziehen wäre". Diese Auffassung entsprach dem Angriffsplane gegen den Raum von Przasnysz, den General von Gallwitz dem Oberbefehlshaber Ost schon am 28. Juni vorgetragen hatte und der dann in die Denkschrift des Generals Ludendorff ausgenommen worden war. Er fand jetzt die Zustimmung des Oberbefehlshabers Ost, der es angesichts der Schwierigkeit der Aufgabe für bedenklich hielt, einen bewährten Armeeführer in der Ausführung allzusehr zu binden. Am Morgen des 3. Juli 3. gutt. teilte Generalleutnant Ludendorff dem Oberkommando Gallwitz mit, „daß das Ziel Siedlce zunächst zurückzutreten hätte, ein taktischer Erfolg unbedingt im Vordergründe stände'"), denn er war Vorbedingung für jede weiterreichende operative Wirkung. Die Armee-Gruppe solle „in Richtung Pultusk vorstoßen", wurde an diesem Tage der 9. Armee mitgeteilt, die als weitere Verstärkung % XI. Armeekorps (38. Infanterie-Division) stellen sollte. Damit verfügte General von Gallwitz im ganzen über zehn angriffskräftige Divisionen, was nach Ansicht des Oberbefehlshabers Ost ausreichend war.
Die Weisungen des Oberbefehlshabers Ost für die bevorstehenden Operationen lauteten2): „1.) 11. und österreichisch-ungarische 4. Armee bleiben im Vormarsch in nördlicher Richtung. Armee-Abteilung Woyrsch deckt gegen Iwangorod und Pilica-Mündung und wird, wenn der Feind zurückgeht, in dieser Richtung folgen. — 2.) 9. Armee hat zunächst Polen links der Weichsel unter Festhalten des linken Flügels an der Weichsel und im Bedarfsfälle unter Aufgeben der Verbindung mit Armee-Abteilung Woyrsch zu decken. Sollte die 2. russische Armee zurückgehen, so hat 9. Armee zu folgen und den Abschluß von Warschau—Nowogeorgiewsk auf dem linken Weichsel-Afer zu bewirken. — 3.) Der Schwerpunkt des Ostheeres liegt bei der Armee-Gruppe Gallwitz. Sie hat nach Eintreffen der Verstärkungen die russische 1. Armee zu durchbrechen und zu schlagen und weiterhin durch Vormarsch gegen Nowogeorgiewsk—Szkwa-Mündung einen entscheidenden Druck gegen diese Linie der russischen Nord-
x) von Gallwitz, S. 264.
2) Tag der Ausgabe nicht sicher festzustellen, vermutlich aber vor dem 5. Juli.
280 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
Westfront auszuüben. Ein Weitermarsch über den Narew mit den Hauptkräften in Richtung Siedlce und Angriff auf Nowogeorgiewsk ist ins Auge zu fassen. — 4.) 8. Armee verstärkt sich zwischen Szkwa und Pissa, um sich auf Befehl dem Vorgehen der Armee-Gruppe Gallwitz anzuschließen. Sie hält im übrigen ihre Stellungen. — 5.) 10. Armee deckt in ihrer bisherigen ausgedehnten Stellung die linke Flanke des Ostheeres zwischen Naj-grod-See und dem Njemen westlich Kowno. Auf Verstärkungen kann die 10. Armee nicht rechnen. — 6.) Rjemen-Armee hat die russische 5. Armee anzugreifen und damit auch die 10. Armee zu entlasten."
4. dis s. st«». Am 4. Juli traf Generalleutnant Ludendorff im Armee-Hauptquartier Soldau ein, um mit General von Gallwitz Lage und Absichten durchzusprechen. Cs „bestand Einhelligkeit über das einzuschlagende Verfahren, wobei General Ludendorff dem Vorgehen gegen die Rarew-Linie Pultusk—Rozan (nicht Ostrolenka) den Vorzug gab. Munition sicherte er in Massen zu"1). Als Angriffstag wurde zunächst der 11. Juli in Aussicht genommen.
Am 5. Juli erteilte General von Gallwitz die grundlegenden Weisungen für den Angriff. Sie entsprachen der schon erwähnten Marquardschen Denkschrift über Angriffsverfahren, die unter anderem zangenartigen Ansatz zum Einbruch forderte. Das stark befestigte Przasnysz sollte daher zunächst ausgelaffen werden, um es nach Wegnahme des Höhengeländes im Westen und Osten der Stadt um so leichter zu Fall zu bringen. So ergaben sich bei einer Angriffsbreite von insgesamt etwa 36 Kilometern, in deren Mitte Przasnysz lag, zwei getrennte Abschnitte. In ihnen sollten drei Korps mit zusammen sieben Divisionen im ersten Treffen angreifen, eine achte Division hinter der Mitte folgen2). Die Truppen der Nachbar-abschnitte, darunter östlich vom Orzye zwei aktive Divisionen, hatten den Gegner durch eigene Unternehmungen zu fesseln und abzulenken und sich später dem Angriff anzuschließen.
Als am 6. Juli der Abtransport dreier russischer Korps aus Nord-polen2) bekannt wurde, beurteilte auch der Oberbefehlshaber Ost die Angriffsaussichten günstiger. „Der Russe hat nun kaum noch Kräfte, um sie einem Durchbruch frontal und durch Flankenangriff entgegenzuwersen", heißt es in seinem Kriegstagebuchs. Am folgenden Tage äußerte er zwar
J) von Gallwitz, S. 269.
2) Näheres S. 283.
3) Gardekorps bei Lomza, II. stb. Korps südlich von Przasnysz, VI. Korps vor der deutschen 9. Armee, wo außerdem noch das VI. stb. Korps in den letzten Tagen herausgezogen worden war; sämtlich zur Verwendung in Südpolen und Galizien.
Vorbereitungen zum Angriff bei Przasnysz.
281
Bedenken, ob der Angriff nicht zu breit fei1). General von Gallwitz hielt aber an seinem Plane fest; er erachtete „die Zahl der Angriffstruppen für ausreichend; wenn auch die feindlichen Stellungen großartig ausgebaut waren, war die Besetzung nach dem Abzug des II. sibirischen Korps keine besonders dichte mehr". Immerhin entschloß er sich, aus Kräften der Nachbarabschnitte noch eine Landwehr-Brigade hinter dem rechten, eine aktive Division hinter dem linken Angriffsflügel bereitzustellen?).
Ein Angriffsunternehmen der 10. Armee und neuer Gasangriff der 9. Arme es) sollten inzwischen zur Ablenkung des Gegners und zur Fesselung seiner Kräfte beitragen; weitere Unternehmungen, vor allem die Offensive der Njemen-Armee, standen noch bevor. Für den Angriff gegen Kowno sollten, wenn an seine Durchführung auch zunächst nicht zu denken war, doch wenigstens die Vorbereitungen wieder aufgenommen und dazu der nächste freiwerdende Verband dorthin gegeben werden. Im übrigen bedeutete der für den rechten Flügel der 8. A r m e e in Aussicht genommene Angriff die unmittelbarste Unterstützung der Armee-Gruppe Gallwitz.
Am 9. Juli meldete der Oberbefehlshaber Ost an die Oberste Heeres-s. leitung auf deren Anfrage: „Entsprechend den mir am 2. des Monats in Posen gegebenen Weisungen wird die durch XVII. Armeekorps, 38. Infanterie-Division sowie alle verfügbare Artillerie verstärkte Gruppe Gallwitz zu beiden Seiten von Przasnysz angreifen und die russische Stellung durchbrechen. Rechter Flügel 8. Armee wird durch Angriff zwischen Szkwa und Pisia Offensive der Gruppe Gallwitz unterstützen. Angriff kann nicht vor 12. Juli beginnen . . . Das Unternehmen gegen Kowno habe ich zurückstellen müssen, da dazu zur Zeit Truppen nicht verfügbar." Anknüpfend an diesen Schlußsatz fragte General von Falkenhayn nach der Verwendung der 41. Infanterie-Division, da ihm die zum Rarew-Stoß angesetzten Kräfte zu schwach erschienen. In seinem Auftrage traf am 10. Juli Generalmajor Tappen1) beim Oberbefehlshaber Ost in Lötzen ein. Die gegen den Raum von Przasnysz angesetzte Stoßgruppe wurde nunmehr durch die 50. Reserve-Division von der 9. Armee noch weiter verstärkt, so daß sie im ganzen 10%! Divisionen zählte. Die 9. Armee hatte damit insgesamt vier statt der ursprünglich in Aussicht genommenen zwei Divisionen abgegeben.
1) von ©allttHtz, S. 270.
a) Ldw. Br. des Obersten Grafen von Pfeil und Klein-Cllguth vom XVII. R. K. (bisher Korps Sur6n) und Division Falk aus Truppen des Korps Eben gebildet.
3) Die Unternehmungen aller anderen Armeen (außer Armee-Gruppe Gallwitz und 8. Armee) werden später besonders geschildert.
4) Am 26. Juni zu diesem Dienstgrad befördert.
282 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew°Front.
13. Juli.
b) Durchbruch durch die russischen Stellungen vom 13. bis 15. Juli.
Skizzen 19, 20, 21.
An der Front der Armee-Gruppe Gallwitz waren die Tage seit dem 2. Juli mit Vorbereitungen für den Angriff rasch vergangen. Sein Beginn hatte schließlich auf den 13. Juli verschoben werden müssen. Da die vorderste russische Linie stellenweise bis zu 1000 Metern von der deutschen Front entfernt war, hatten die Truppen Zeit gebraucht, um sich — damaligen Anschauungen und Kampfverhältnissen entsprechend — in nächtlicher Spatenarbeit auf die Sturmentfernung von etwa 250 Metern heranzuschieben. Die Verstärkungsdivisionen hatten daher bereits am 8. und 9. Juli in ihre Abschnitte einrücken müssen und sich seitdem gegen den Feind vorgearbeitet. Diesen über die Angriffsabsichten zu täuschen, wurde dadurch fast unmöglich, zumal da die Tarnung der unvermeidlichen umfangreichen sonstigen Bewegungen und Angriffsvorbereitungen durch die kurze Dauer der Sommernächte ohnehin schon äußert erschwert war.
Der Gegner schien in vielleicht verminderter Stärke, aber sonst unverändert in seinen bisherigen Stellungen zu stehen. Cr lag in weit verzweigten und tiefgegliederten Verteidigungsanlagen, die gruppenweise angeordnet, aber mit durchlaufendem Hindernis verbunden waren und sorg-fällig ausgebaut zu sein schienen. Zwei Stellungsfysteme waren zu unterscheiden. Das vordere bestand aus drei Stellungen, von denen die dritte, durchschnittlich drei Kilometer hinter der ersten verlaufend, nur durch eine Reihe von Stützpunkten gebildet wurde; in ihrer Mitte war die Stadt Przasnysz festungsartig ausgebaut. In der Linie Ciechanow—Krasnosielc lag ein zusammenhängendes zweites Stellungssystem, das durch die Riegelstellung Ciechanow—Przasnysz mit dem ersten verbunden war.
Die Höhen dicht im Rücken der deutschen Stellungen boten der Artillerie gute Veobachtungsmöglichkeit. Der Angriff führte westlich von Przasnysz über reich gegliedertes und vielfach bedecktes Gelände, das östlich von Grudusk (Höhen 175 und 179) Höhenunterschiede bis zu 50 Metern aufwies. Im Angriffsabschnitte des linken Flügels zeigte das Gelände allgemein einfachere und größere Formen, war dafür aber stärker mit Wald bedeckt. Auf Feldern und Wiesen stand ausgewachsenes Korn oder hohes Sommergras. Rur eine einzige große Straße, die aber schräg zur Angriffsrichtung von Mlawa über Przasnysz und Makow zur Querstraße Pultusk—Rozan führte, durchzog das Angriffsgelände; sonst war man auf reine Naturwege angewiesen.
Am frühen Morgen des 13. Juli standen die deutschen Angriffs-truppen wie folgt bereit:
Die Bereitstellung zum Angriff bei Przasnysz.
283
Erstes Treffen:
Truppen Breite Artillerie
nördlich von Grudusk:
Gen. d. Inf. von Plüskow (Gen. Kdo. XI. A. K.) 38. Inf. Div. 86. Inf. Div. 11 km 33 Battrn., davon zehn sch w. Feldh. (15 cm), eine Mrs.(21crn).
östlich anschließend bis zur Straßengabel nördlich von Mchowo:
Gen. d. Inf. von Pannewih (Gen. Kdo. XVII. A. K.) I.G.Res.Div. 36. Inf. Div. 11 km 46 Battrn., davon acht schw. Feldh. (15 cm), drei Mrs.(21crn).
östlich anschließend bis zum Orzyc:
Genlt. Frhr. von Matter (Gen.Kdo.XIII. württ.A.K.) 26. (württ.) Inf. Div. 3. Inf. Div. 4.G.Inf.Div. 17 km 441/223ottm., davon zehn schw. Feldh. (15 cm), zwei Mrs.(21crn).
zusammen 7 Divisionen 39 km (davon beim ersten Einbruch beiderseits von PrzasnyszlOkm ausgespart) 123% Battrn., davon 28 schw. Feldh. (15cm), sechs Mrs.(21crn).
Zweites Treffen:
hinter dem rechten Flügel:
hinter der Mitte: hinter dem linken Flügel:
zusges. Ldw. Vrig. Pfeil.
50. Res. Div., im Eintreffen vom Bahnhof Mlawa her.
35. Inf. Div. des XVII. A. K's. zusges. Inf. Div. Falk (Teile der 2. und 37. Inf. Div.).
13. Juli.
284 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
Die Gesamtzahl von etwa 500 Geschützen*) mit rund 400 000 Schuß entsprach etwa dem Einsätze, der bei Gorlice Erfolg gebracht hatte, erhielt aber durch Ausstattung der schweren Feldhaubitzbatterien mit 1000 Schuß gegen nur 600 bei Gorlice noch stärkere Kraft. Diese Artillerie, deren Aufmarsch von Oberst von Verendt als „General der Fußartillerie" geleitet wurde, hatte sich möglichst unauffällig einschießen sollen, um am 13. Juli nach Tagesanbruch, sobald Beobachtung gesichert war, das Wirkungsschießen zu beginnen. In der Anweisung'), die General von Gallwitz, der langjährige Inspekteur der deutschen Feldartillerie, seinen Truppen gegeben hatte, hieß es: „Wohlgezieltes, lebhaftes und sicher beobachtetes Punktfeuer. Großer Munitionseinsatz in kurzer Zeit, aber kein Trommelfeuer, das Beobachtung ausschließt. Die moralische Wirkung erlischt, wenn wenig getroffen wird. Zeitweise Steigerung des Feuers bis zu starken Feuerwellen, um Feind in Erwartung des Angriffs zur Besetzung seiner Gräben zu zwingen. Kurz vor dem Sturm höchste Feuersteigerung; plötz-liche Vorverlegung auf verabredetes Zeichen, dann vorbrechen. Artillerie muß der Infanterie bis zum Einbrüche selbst den nötigen Feuerschutz gewähren. Unmittelbar hinter der letzten Granate muß der erste Mann der Sturmkolonne im feindlichen Schützengraben sein."
Den Angriff der Korps Plüskow und Pannewitz westlich von Prza-snysz wollte General von Gallwitz persönlich leiten; sein Gefechtsstand war in Dzierzgowo nördlich von Grudusk eingerichtet. Das Korps Plüskow hatte die Aufgabe, den aus der russischen Gesamtsront etwas herausspringenden Abschnitt Grudusk (einschließlich)—Pawlowo Koscielne (ausschließlich) „entscheidend" anzugreifen; das war eine Breite von etwa sieben Kilometern. Das Korps Pannewitz hatte den „Hauptangriff gegen die Front Zberoz (ausschließlich)—Höhe 154 östlich Olszewiec (einschließlich)" zu füh-ren; das war eine Breite von 4,5 Kilometern. Um 8° vormittags sollte die Infanterie beider Korps zum Sturm antreten und möglichst noch an demselben Tage die Höhenstellungen beiderseits von Czernice Vorowe erreichen. Auf dem Ostflügel war Generalleutnant Freiherr von Matter selbständig und hatte auch die Verfügung über die Division Falk. Cr sollte die zehn Kilometer breite Linie Osowiec—Stegna angreifen, um die feindliche Front zwischen Murawka und Orzyc zu durchbrechen; die Linie Vartniki—Dem-
*) Die amtliche russische Darstellung von Korolkow kommt irrigerweise zu einer sehr viel höheren Zahl, wobei sie die Batterien offenbar zu sechs Geschützen rechnet. Tatsächlich hatten sie mit ganz wenigen Ausnahmen (26. Inf. Di».) nur vier Geschütze.
a) Rach Meyer: „Durchbruch am Narew", S. 33; — in den Akten war die Anweisung nicht zu finden; vielleicht entstammt sie der Denkschrift des Obersten Mar-quard, die aber ebenfalls nicht mehr aufgefunden werden konnte.
Die Befehle für den Angriff bei Przasnysz.
285
biny war ihm als weiteres Ziel genannt. An den übrigen Teilen der Angriffsfront war der Gegner zunächst niederzuhalten und zu fesseln. Die Nachbarabschnitte, vor allem das westwärts anschließende Korps Suren, hatten den Feind durch kleinere Unternehmungen und erhöhte Feuertätigkeit zu täuschen und sollten sich bereithalten, im Anschluß an die Stoßgruppe später ebenfalls vorzugehen.
Im ganzen rechnete man vor der Front der sieben im ersten Treffen angreifenden deutschen Divisionen (zu je neun Bataillonen) auf etwa drei russische Divisionen (zu je 16 Bataillonen), und zwar nahm man westlich von Przasnysz Teile des I. turkestanischen Korps, bei Przasnysz und östlich das I. sibirische Korps an, durchweg als kampftüchtig bekannte Truppen.
Für die Fortführung des Angriffs nach dem ersten Einbruch hatte General von Gallwitz den Korps Plüskow und Panne-witz befohlen: „In der Ausnutzung gewonnener Erfolge zur Fortsetzung des Durchbruchs will ich die Kommandierenden Generale nicht beschränken, ersuche jedoch innerhalb der streng innezuhaltenden Gefechtsstreifen unentwegt geradeaus zu bleiben. Sorgfältiger Erwägung wird bedürfen, inwieweit der Angriff auf die zweite oder dritte feindliche Stellung erneuter planmäßiger Vorbereitung bedarf oder ein abgekürztes Verfahren zulässig erscheint. Je mehr der Feind bei Wegnahme der vorderen Linie gelitten hat, um so geringer wird seine Widerstandsfähigkeit in den nächsten Stellungen sein." Im übrigen beabsichtigte General von Gallwitz das Vorgehen je nach den Ergebnissen des Angriffs von Fall zu Fall zu regeln; erst nach Wegnahme der Stellungen von Czernice Borowe und Bart-niki—Dembiny sollte von Nordwesten und Nordosten zugleich der Angriff gegen das als Straßenknoten weiterhin besonders wichtige Przasnysz geführt werden. Daneben rechnete er aber auch mit der Möglichkeit, „daß der Gegner nach Durchbruch seiner vorderen Linien derart in Auflösung zurückgeht, daß seine Hinteren Abschnitte bei raschem Zugreifen überrannt werden können. Selbst gegen Przasnysz kann ein Handstreich Erfolg versprechen, wenn es den Nüssen nicht mehr gelingt, hinlängliche Kräfte zur Besetzung der Werke zusammenzuraffen".
Bei unsichtigem Wetter und Regen begann am 13. Juli um 4° morgens das Wirkungsschießen an der gesamten Angriffsfront; erschwerte Beobachtung schien das Ergebnis zu beeinträchtigen. General von Gallwitz ließ es den beiden Korps des rechten Flügels frei, den Sturmbeginn bis zu einer Stunde zu verschieben.
Beim KorpsPlüskow,zu dessen Unterstützung auch die schweren Batterien der 50. Reserve-Division vorgeholt worden waren, schien die
mittags melden: „Die zweite feindliche Stellung von dem stark befestigten Höhengelände bei Wisniewo an bis zu dem Walde nordöstlich Czernice Vorowe und zu dem Punkte 150 nördlich Chojnowo ist in unserem Besitz. Einige tausend Gefangene, einige Geschütze und Maschinengewehre ge-
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Der erste Tag des Angriffs bei Przasnysz.
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nommen. Gegner anscheinend völlig überrascht. Cs soll auch noch die dritte feindliche Hauptstellung angegriffen werden." Diese lag etwa zwei Kilometer südlich der Straße Grudusk—Czernice, an die sie sich bei Chojnowo heranzog. In der Meldung hieß es weiter, das Korps Matter sei im Besitze von Szla, im Walde östlich des Ortes werde aber noch gekämpft; auf dem linken Flügel des Korps rücke die Division Falk in die Front ein.
Am 315 nachmittags wurde der Angriff des rechten Flügels neu geregelt. Das Korps Plüskow erhielt das Höhengelände unmittelbar südlich der Linie Grudusk—Czernice als Tagesziel; die nachrückende Brigade Pfeil wurde ihm zur Verfügung gestellt, um beim weiteren Vorgehen die Flanke zu decken. Dem Korps Pannewitz, dem später die Aufgabe zufallen mußte, nach Südosten gegen Przasnysz abzuschwenken und damit seine Front ebenfalls erheblich zu dehnen, wurde die 35. Infanterie-Division zugewiesen und damit das XVII. Armeekorps wieder vereinigt.
Im Laufe des Nachmittags wurde das Vorgehen langsamer. Das Nachziehen der Artillerie erforderte Zeit, die Kraft der von Linie zu Linie vorstürmenden Infanterie begann nachzulassen.
General von Plüskow hatte seine 38. Infanterie-Division südlich von Grudusk vorübergehend angehalten, um abzuwarten, bis die 86. Infanterie-Division die Straße Grudusk—Czernice erreiche. Am l45 nachmittags wußte er von der 38. Infanterie-Division, daß der Feind Lysakowo halte; im übrigen sei er nach Patrouillenmeldungen „in vollem Rückzüge" gegen die südlich der großen Straße liegende dritte Stellung. Als die Straße um 3° nachmittags von der 86. Infanterie-Division erreicht war, befahl der Kommandierende General den neuen Angriff. Nach anfänglich guten Fortschritten verstärkte sich indes das feindliche Artillerieseuer; der Gegner schien sich wieder gesetzt zu haben. Von Lysakowo her griff er gegen die Flanke der 38. Infanterie-Division an. Mühsam arbeitete sich die deutsche Infanterie weiter vorwärts und nahm abends nach Einsatz der Brigade Pfeil die starken Anlagen von Pszczolki Gerne. Die deutsche Artilleriewirkung aber litt bei fortdauerndem Regen unter schlechter Beobachtung. So kam der Angriff gegen die russische dritte Stellung im übrigen vor Lysakowo und am Südrande von Czernice zum Stehen. Wirkungsschießen der Artillerie und Sturm wurden auf den Morgen des 14. Juli verschoben.
Inzwischen hatte der O b e r b e f e h l s h a b e r O st angeregt, mit Hilfe der noch frischen 35. Infanterie-Division das anscheinend nur schwach besetzte Przasnysz möglichst durch Handstreich, von Süden umfassend, zu nehmen. Am 515 nachmittags gab General von Pannewitz, der diese Division vorher schon zum Einsatz zwischen der 1. Garde-Reserve- und 36. Infan-
288 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
iz.Z«u. terie-Division bestimmt hatte, den Befehl zur Schwenkung gegen die Straße Laguny—Przasnysz—Mchowo. Zu dieser Zeit hatte aber die 1. Garde-Reserve-Division noch nicht die Straße Czernice—Chojnowo erreicht. Erst um 7° konnte sie den Angriff gegen die starken Stellungen zwischen Dzielin und Chojnowo beginnen, und erst um 760 war links vor ihr die 35. Infanterie-Division unter Generalmajor von Hahn in die vordere Linie eingerückt. Es begann bereits zu dunkeln, als die 1. Garde-Reserve-Division um 9° abends Chojnowo nahm; die starke Stellung nordöstlich des Ortes konnte dem Feinde in verlustreichem Angriff durch die 35. Infanterie-Division sogar erst um 10° entrissen werden. So kam man an diesem Tage, trotz aller Hingebung der Truppe, über die Linie Chojnowo—deutsche Ausgangsstellung bei Mchowo nicht hinaus und war damit von Przasnysz immer noch etwa fünf Kilometer ab.
Das Generalkommando Matter hatte um 330 nachmittags den Eindruck gehabt, daß der Gegner überall im Rückzüge sei und nur noch mit Nachhuten an einigen Stellen Widerstand leiste. Bei Regen und Waldkämpfen ging es aber doch nur langsam vorwärts. Der Feind schien Verstärkungen zu erhalten. Die von General von Gallwitz als weiteres Ziel gesetzte Linie Vartniki—Dembiny lag durchschnittlich noch drei Kilometer vor der deutschen Front, als der Kampf nach 10° abends auch hier verstummte. Auf dem linken Flügel war die Division des Generalleutnants von Falk in die vordere Linie eingerückt; die breite Wiesenniederung des Orzyc bot ihrer Ostflanke Schutz.
Das Gesamtergebnis des ersten Angriffstages entsprach nicht ganz den hochgespannten Hoffnungen der Vormittags- und Mittagsstunden, wenngleich der Einbruch in die feindlichen Stellungen westlich von Przasnysz doch bis zu sechs, östlich des Ortes bis zu 4%[ Kilometer Tiefe erreicht hatte. Die beiden vorderen Stellungen der Rüsten waren an zwei Stellen auf je 15 Kilometer Breite durchstoßen, an vielen Punkten war die dritte Stellung erreicht; bei Czernice waren die gesamten russischen Batterie-stellungen genommen. Trotzdem konnten nur 5400 Gefangene, fünf Geschütze und 20 Maschinengewehre als Beute gemeldet werden; denn der Gegner hatte seine Anlagen nur schwach besetzt, seine an Zahl geringe Artillerie weit zurückgezogen gehabt und Zeit gefunden, sie rechtzeitig in Sicherheit zu bringen; die dritte Stellung wollte er anscheinend halten.
Auch in den Nachbarabschnitten hatten die Unternehmungen des 13. Juli Erfolg gehabt.
Bei dem westlich an das Korps Plüskow anschließenden Korps Suren hatte die 85. Landwehr-Division unter Generalleutnant Clifford
Die Fortsetzung des Angriffs bei Przasnysz.
289
Kocq von Vreugel die russische erste Stellung an und westlich der Bahn nach Ciechanow in etwa sechs Kilometer Breite gestürmt. Da weiteres Vorgehen an dieser Stelle nur unter Einsatz neuer Kräfte möglich schien, wollte Generalleutnant Suren am nächsten Tage auf seinem Ostflügel angreifen, um den Hauptangriff unmittelbar zu unterstützen.
Bei der 8. Armee hatte die 75. Reserve-Division unter Generalleutnant von Seydewitz am 13. Juli am Ostuser der Szkwa die Höhenstellungen südlich von Lipniki erstürmt und 1800 Gefangene gemacht; weiter östlich war die von Generalleutnant Clausius geführte 10. Landwehr-Division bei Krusza in die russischen Linien eingebrochen und hatte ebenfalls 600 Gefangene eingebracht. An beiden Stellen sollten die Angriffe am nächsten Tage weitergeführt werden.
Hinter der russischen Front hatte die deutsche Lufterkundung bisher nur unwesentliche Bewegungen von Reserven festgestellt; auf einen Tagemarsch nach rückwärts waren nirgends größere geschloffene Verbände erkannt worden. Die Überraschung des Gegners schien geglückt; auch alle Gefangenen bestätigten diese Auffaffung.
Für den 14.Juli befahl General von Gallwitz die Fortsetzung des A n g r i f s s ; vor allem galt es, Przasnysz in die Hand zu bekommen. Das Korps Plüskow und das XVII. Armeekorps sollten die südlich der Straße Grudusk—Czernice sowie bei Chojnowo und östlich gelegene starke russische dritte Stellung nehmen, das XVII. Armeekorps sich dann weiter gegen Przasnysz wenden; die 50. Reserve-Division sollte hinter dem rechten Flügel auf Grudusk folgen. Das Korps Matter hatte die Straße Vartniki —Dronzdzewo zu erreichen, bereit, bei Bedarf später auch gegen Przasnysz mitzuwirken. Weiter hieß es im Befehl: „Geht der Feind in der Nacht zurück, so folgen alle Korps unentwegt in ihren Gefechtsstreifen." Diese liefen gegen das zweite Stellungssystem der Russen, und zwar für das Korps Plüskow auf Opinogora und östlich, für das XVII. Armeekorps auf Sie* lona und östlich bis Vogate, für das Korps Matter östlich der Wengierka.
Der Kampf war an einzelnen Stellen die Nacht hindurch fortgesetzt worden. Dabei hatten die Divisionen des Korps Plüskow das ihnen für den 14. Juli gegebene erste Ziel größtenteils schon erreicht. Mit Morgengrauen ging der Angriff auf der gesamten Durchbruchsfront weiter. Bald aber stellte sich heraus, daß nur noch Nachhuten gegenüberstanden. Flieger, die seit 3° früh unterwegs waren und tief in das Hintergelände vorstießen, fanden die Wege, vor allem die große Straße Przasnysz—Makow—Pul-tusk, von südwärts ziehenden Fahrzeugkolonnen bedeckt; Magazine gingen in Flammen auf. Der Gegner war in vollem Rückzüge; selbst
t Weltkrieg. VIII. Band. 19
14. ZU«.
290 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Rarew-Front.
i4. Zu«. Przasnysz war geräumt. Zuerst in Gefechtsentwicklung, bald aber in Marschkolonnen folgten ihm in breiter Front die deutschen Korps. General von Gallwitz ließ ihnen bereits um 9° vormittags die Weisung zukommen: ,>Der Verfolgungsgedanke muß bei den nächsten Operationen der leitende bleiben. Feindliche Nachhutstellungen müssen ohne Verzug angegriffen und überrannt werden." Die Riegelstellung längs der Straße Ciechanow— Przasnysz wurde unbesetzt gefunden. Mittags meldete General von Gattwitz dem Oberbefehlshaber Ost als weitere Absicht: „Vorführung der Armeemitte gegen den letzten besetzten Abschnitt Ciechanow—Vogate— Krasnosielc, der angegriffen werden soll." Inzwischen hatte der Gegner auch vor dem ganzen Westflügel der Armee-Gruppe den Rückzug angetreten. Die Korps Dickhuth und Suren folgten. Östlich des Orzyc und vor der 8. Armee hielten die Rüsten noch.
Bei trübem und regnerischem Wetter und infolgedessen grundlosen Wegen näherten sich die drei Korps der deutschen Durchbruchsfront in den ersten Nachmittagsstunden dem russischen zweiten Stellungssystem. Einige vorgeschobenen Anlagen wurden genommen. General von Gallwitz, der die beiden westlich der Wengierka vorgehenden Korps auch weiterhin persönlich leitete, dachte die Durchführung des Angriffs auf den nächsten Morgen zu verschieben, ließ die Korps dann aber gewähren, als sie die russischen Stellungen noch am Abend nehmen wollten, bevor der Gegner Verstärkungen heranführe. Die Versuche mußten jedoch aufgegeben werden, da die Artillerie bei ungünstigen Veobachtungsverhältnisten keine genügende Wirkung erzielte. Bei einbrechender Dunkelheit lagen die Angreifer den feindlichen Stellungen überall angriffsbereit dicht gegenüber. Hinter dem Korps Plüs-kow war die 50. Reserve-Division nachgerückt, beim XVII. Armeekorps die 36. Infanterie-Division als Reserve herausgezogen worden.
Auch der Angriff des Korps Matter war nach unbedeutenden Cinzel-erfolgen abends vor starkem russischen Widerstand zum Stehen gekommen. Zäh hielt der Gegner von Vogate bis Dronzdzewo seine ausgebauten Stellungen auf dem westlichen Orzyc-Afer. Das Korps hatte allmählich eine Schwenkung gegen Südosten vollzogen und seinen linken Flügel durch Landwehr verlängert, da der Gegner auf dem rechten Orzyc-Afer vor dem Korps Eben und vor der 8. Armee noch immer in den alten Stellungen stand.
Auf dem Westflügel der Armee-Gruppe hatte das Korps Suren dem weichenden Gegner folgen können. Dabei hatte sich die 85. Landwehr-Division den Stellungen von Ciechanow genähert. Die Kämpfe dauerten hier bis in die Dunkelheit an. Weiter westlich und beim Korps Dickhuth war man an das über Plonsk nach Wyszogrod an der Weichsel verlaufende
Der zweite und dritte Tag des Durchbruchs.
291
russische zweite Stellungssystem bis auf acht Kilometer herangekommen, stand teilweise aber auch noch weiter von ihm ab.
Insgesamt hatte der Angriff der Armee-Gruppe Gallwitz in zwei Tagen 10 bis 15 Kilometer Raum nach vorwärts gewonnen. Die Beute hatte sich auf 7100 Gefangene erhöht, die eigenen Verluste waren mit 2700 Mann mäßig zu nennen. Es stellte sich heraus, daß der Kampf bisher im wesentlichen nur gegen die 11. und 2. sibirische Division geführt worden war. Weiterhin war aber auch mit der ganzen Kraft der in Reserve gehaltenen 1. sibirischen Division sowie mit Verstärkungen zu rechnen, die nach Fliegermeldungen mit Bahn und Fußmarsch heraneilten. Cs stand ein vielleicht schwerer neuer Angriff bevor; an seinem Ausgange hatte man aber nach den bisherigen Erfolgen keinen Zweifel.
Die Infanterie der deutschen Angriffskorps schob sich am 15. Juli noch bei Dunkelheit näher an die feindlichen Stellungen heran; bei Tagesanbruch begann die Artillerie das Feuer. Es stellte sich heraus, daß man recht starke, durch Hindernisse reichlich geschützte Anlagen vor sich hatte. Die Angriffsaufgabe schien der, die am 13. Juli nach gründlichster Vorbereitung mit ganz frischen Truppen gelöst worden war, nicht viel nachzustehen; sie auf der ganzen Breite der Front durchzuführen, reichten die Kräfte nicht aus. General von Gallwitz wies die beiden westlichen Korps um IO40 darauf hin, daß der Gegner Verstärkungen heranführe, und daß es daher nötig sei, „nach Möglichkeit heute noch an einer Stelle den Durchbruch durch die feindliche Stellung zu versuchen". Da diese nach dem Ergebnis der Lufterkundung in der Gegend von Zielona am wenigsten stark ausgebaut zu sein schien, wollte er hier den Stoß ansetzen.
General von Plüskow bereitete den Einbruch auf seinem linken Flügel im Raume westlich von Zielona, General von Pannewitz auf seinem rechten Flügel östlich des genannten Ortes vor. Während die Artillerie ihr Feuer gegen diese Stellen vereinigte, meldeten die Flieger bei Rasielsk und nördlich weitere Ausladungen russischer Verstärkungen, die auf Pultusk und Cie-chanow weitermarschierten. Unter diesen Umständen übersandte General von Gallwitz den Korps die Weisung, es käme jetzt, da man die letzte feindliche Stellung vor sich habe, zunächst nicht mehr auf tiefes Durchstoßen an, sondern auf baldiges Einschwenken zum Aufrollen der russischen Linien. Zwischen 2° und 3° nachmittags gelang der 1. Garde-Reserve-Division unter Generalmajor Albrecht der Einbruch im Raume von Zbiki südöstlich von Zielona; er wurde unter Mithilfe von Teilen der 36. Infanterie-Division rasch nach Osten erweitert. Diese Division selbst wurde zwischen der 1. Garde-Reserve- und der 35. Infanterie-Division eingeschoben, um in der
19*
15.3»«.
292 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-FronL.
IS. Juli. Richtung auf Wenzewo am Wege nach Pultusk durchzustoßen. Etwas später als beim XVII. Armeekorps glückte auch westlich von Zielona der 86. Infanterie-Division unter Generalleutnant von Wernitz nach hartem Kampfe der Einbruch; er wurde alsbald nach Westen erweitert. Schon hier hatten Teile der 50. Reserve-Division mitgewirkt; jetzt wurde diese ganze Division zum Durchstoßen auf Kolaczkowo eingeschoben. Inzwischen brach um 5° nachmittags auch weiter westlich die 38. Infanterie-Division unter Generalmajor Schultheis in die hartnäckig verteidigte russische Stellung bei Opinogora ein; der Feind wich von hier auf Ciechanow zurück.
Um 630 abends befahl General von Gallwitz den beiden westlichen Korps: „Wenn das Austollen der feindlichen Stellung dahin geführt hat, daß der Gegner auf der ganzen Linie räumt", solle das Korps Plüskow nach Süden auf Sonst—Garnowo, das XVII. Armeekorps nach Südosten abschwenkend auf Karniewo—Makow vorgehen, die 50. Reserve-Division in der Richtung auf Stary Golymin die Lücke zwischen beiden füllen. Dem Oberbefehlshaber Ost konnte er um 645 melden: „Die festungsartig ausgebaute letzte feindliche Stellung Ciechanow—Krasnosielc ist nach schwerem Kampf bei Zielona auf etwa sieben Kilometer durchbrochen, fünf große Stützpunkte genommen." Cr mußte aber gleichzeitig aus beginnende Schwie-rigkeiten in der Rachsührung der Munition aufmerksam machen.
Auf den äußeren Flügeln der beiden Korps, nordöstlich von Ciechanow und bei Vogate, leistete der Feind noch zähen Widerstand, gegen den — ganz im Sinne des Generals von Gallwitz — das Korps Plüskow nach rechts, das XVII. Armeekorps nach links abschwenkten, während in der Stoßrichtung nach Süden allein die 50. Reserve-Division unter General der Kavallerie Freiherr von der Goltz weiter ging; hier war die ganze russische 30. Division des IV. Korps, die mit der Bahn herangekommen war, als neuer Gegner festgestellt. Die Ausladungen an der Warschauer Bahn gingen weiter, auch auf der Straße Rozan—Makow marschierte neuer Feind an. General von Gallwitz mahnte daher wiederholt zu tatkräftigem Nachstoßen sowie zum Austollen der bei Vogate noch haltenden Teile der russischen Front. Cr wollte die „unmittelbar winkenden Früchte des Sieges nicht liegenlassen" und hoffte, vor allem durch Zusammenwirken der Korps Plüskow und Suren, die Rüsten bei Ciechanow vielleicht noch abzufangen.
Trotz der Ermüdung der Truppen wurden Bewegungen und Kämpfe teilweise bis tief in die Nacht hinein weitergeführt, ohne aber bis zu den gesteckten Zielen durchzudringen. Das Korps Plüskow erreichte die Straße Ciechanow—Pultusk nur am Straßensteuz Pomorze mit einer zur Unterbrechung der Warschauer Bahn angesetzten Abteilung, blieb aber mit der
Der Durchbruch durch die letzte feindliche Stellung.
293
38. und 86. Infanterie-Division im übrigen noch durchschnittlich drei Kilo» meter von ihr entfernt; die 50. Reserve-Division, die sich erst unter Schwierigkeiten hatte zusammenziehen müssen, war fast noch weniger, bis Kola-czkowo, vorwärtsgekommen. Beim XVII. Armeekorps gelangte die 1. Garde-Reserve-Division nur mit vorgeschobenen Abteilungen über die am Nachmittage genommene Stellung hinaus; die Verfolgung der aus Krasne herumschwenkenden 36. Infanterie-Division kam in der Nacht vor Wenzewo zum Stehen, bei Vogate hielt der Feind noch immer. Dabei wirkte mit, daß der deutsche Angriff auf dem Ostufer der Wengierka um etwa zwei Kilo-meter zurückgeblieben war.
Die vier Divisionen des Generalleutnants von Walter sahen sich dort einem Gegner gegenüber, der in starken Stellungen überall zähe standhielt. Der für den 15. Juli befohlene allgemeine planmäßige Angriff führte nur zu örtlichen Erfolgen. Vor dem rechten Flügel und der Mitte des Korps hielten die Russen noch die Waldstücke östlich von Vogate und das Westufer des Orzyc, bei Krasnosielc in einer sehr starken Brückenkopf-stellung. Der deutsche linke Flügel erreichte südöstlich von Dronzdzewo den Fluß. Weiter nördlich sicherten auch weiterhin Landwehrtruppen mit der Front nach Nordosten, denn vor dem Korps Eben und östlich stand der Feind immer noch. Dagegen gab er bei der 8. Armee an diesem Tage im vorspringenden Vogen von Krusza dem Angriff der 10. Landwehr-Division nach, so daß in der Richtung auf Nowogrod Fortschritte erzielt werden konnten.
Auch der W e st f l ü g e l der Armee-Gruppe Gallwitz hatte hinter dem abziehenden Feinde Boden gewonnen. Der linke Flügel des Korps Dick-huth und das Korps Suren waren bis vor das russische zweite Stellungs-system gefolgt, das sich von Wyszogrod über Plonsk auf Ciechanow zog. Hier lag der linke Flügel des Korps Suren, die 85. Landwehr-Division, schon seit dem Abend des Vortages fest; den Angriff gegen die Höhen-stellungen von Ciechanow durchzuführen, war sie zu schwach. Der Erfolg wurde vom weiteren Vorwärtskommen des Korps Plüskow erwartet.
c) Fortsetzung des Angriffs bis an den Rarew.
Skizzen 19, 20, 21, 22.
Der Oberbefehlshaber Ost, der sich am Nachmittage des 15. Juli wieder nach Löhen zurückbegeben hatte, war mit den Erfolgen der Armee-Gruppe Gallwitz sehr zufrieden. Man hatte, wie General Ludendorff abends am Fernsprecher zu General von Gallwitz äußerte*), nicht
0 von Gallwitz, S. 283. (Vgl. S. 277, Anm. 2.)
294 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
15.3«»«. geglaubt, daß der Angriff das russische Stellungsnetz so schnell durchdringen werde. Cs erhob sich die Frage, in welcher Richtung die Operation weiter zu führen sei.
Fm Nahmen der G e s a m t l a g e i n Polen hatte das rein fron-tale Zurückweichen der Russen auf Wyszogrod—Plonsk—Makow noch nichts Entscheidendes zu bedeuten. Links der unteren Weichsel war ihre Front vor der deutschen 9. Armee schon seit langem bis in Höhe von Wyszogrod zurückgedrückt gewesen; sie wurde erst dann unhaltbar, wenn die Rarew-Linie selbst fiel. Trotzdem lagen aber schon seit Monatsanfang Anzeichen dafür vor, daß die Russen auch links der Weichsel ausweichen wollten, und zwar zunächst in die Grojec—Vlonie-Stellung, die in dem starken Eckpfeiler Rowogeorgiewsk völlig gesicherten Anschluß an die Rarew-Linie bot. Lust-erkundung, abgehörte Funksprüche und Gefangenenaussagen ergaben übereinstimmend den Eindruck, daß die planmäßige Räumung des Gebietes westlich der Weichsel eingeleitet werde. Ausgedehnte Zerstörungsmaßnahmen schienen im Gange zu sein; Dörfer gingen in Flammen auf; die Bevölkerung, so hieß es, werde abgeschoben. Zwei russische Korps (VI. sibi-risches und IV.) waren weggezogen worden; die Stellungen vor dem Südflügel der 9. Armee sollten wesentlich schwächer als früher besetzt sein. So mußte jederzeit mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß der Gegner vor der 9. Armee auswich. Ob er dann versuchen würde, im Anschluß an die große und starke Festung Rowogeorgiewsk die Grojec—Vlonie-Stellung im Süden und die Rarew-Linie im Norden weiterhin zu halten, oder ob er unter dem Drucke der Offensive der Heeresgruppe Mackensen, die zwischen Bug und Weichsel nach vorübergehendem Stillstände fortgesetzt werden sollte1), alsbald weiter zurückweichen würde — immer blieb es wichtig, daß der Stoß der Armee-Gruppe Gallwitz möglichst tief in seinen Rücken traf, daß sie also beim weiteren Angriff ostwärts vorhielt.
Demgegenüber hatte General von Gallwitz die Absicht, mit seinen Hauptkräften in der Richtung auf Pultusk—Nozan weiterzugehen; das Korps Eben sollte gegen Ostrolenka decken, das, wie er hoffte, von der 8. Armee angegriffen werde. Bei einem Ferngespräch über diese Frage wollte General Ludendorff, nachdem jetzt die feindlichen Stellungen in ihrer ganzen Tiefe durchstoßen waren, den entscheidenden Angriff doch „mehr gegen Ostrolenka gerichtet haben und dafür lieber an der Weichsel Gelände freigeben". General von Gallwitz hielt solche Ausdehnung des Angriffs aber für zu breit; nach der jetzt entstandenen Lage sei Rozan der am leichtesten anzupackende Punkt. Ein Ausgreifen bis Ostrolenka brächte uns vor
*) Die Bug-Armee griff bereits an diesem Tage (15. Juli) an; vgl. S. 387.
Die Frage der weiteren Angriffsrichtung.
295
einen festen Platz mehr und vor die ungeschlagenen Truppen des IV. sibirischen und V. Korps. Als er schließlich „die bestimmte Frage" stellte, ob er Ostrolenka angreifen solle, gab ihm „der Feldmarschall, der bei Ludendorff war, daraufhin sogleich Freiheit des Handelns; auch letzterer lenkte ein'"). Dafür war maßgebend, daß auch jetzt noch in erster Linie der taktische Erfolg, Bezwingung der Narew-Linie, erstrebt wurde. Dabei aber wollte auch General Ludendorff dem Oberkommando Gallwitz, zu dem er Vertrauen hatte, in seinen Entschließungen möglichst freie Hand taffen2).
So blieb es bei dessen Absichten.
Nach Abschluß der Bewegungen am Abend des 15. Juli nahm General von Gallwitz an, daß sich die Russen in der Linie Nowogeorgiewsk— vorgeschobene Stellungen von Pultusk—Gegend von Vogate—Orzyc festsetzen und versuchen würden, sich in dieser, gegen früher wesentlich verkürzten Linie zu halten. Cr befahl die Fortsetzung des Angriffs in südlicher und südöstlicher Richtung. Dazu sollte der linke Flügel des XVII. Armeekorps den Feind in den starken Stellungen von Vogate „nur beschäftigen", um vor allem das Herumschwenken des deutschen rechten Flügels wirken zu lassen.
Ant 16. Juli hielt der Gegner vor der langgestreckten Front des Korps ie.su«. Dickhuth und vor dem rechten Flügel des Korps Suren sein vorbereitetes zweites Stellungssystem; die Stoßkraft dieser deutschen Truppen reichte in keiner Weise aus, ihn hier mit Gewalt zu vertreiben. Dagegen hatte er das durch Umfassung bedrohte Städtchen Ciechanow nachts geräumt. Die 86. Infanterie-Division des Korps Plüskow konnte acht Geschütze als Beute ihres nächtlichen Nachstoßens melden. Weiter östlich war der Feind unter Nach. Hutkämpfen im Weichen. Das Korps drängte aber befehlsgemäß zunächst in südwestlicher Richtung vor, gegen die Rückzugsstraßen des von Ciechanow abziehenden Gegners, wobei es gelang, eine attackierende russische Kavallerie-Brigade zusammenzuschießen, und nahm erst nachmittags wieder die entscheidende Stoßrichtung gegen Pultusk auf. Inzwischen hatte sich der feindliche Widerstand im Anschluß an die noch gehaltenen Stellungsteile nördlich von Sochocin einerseits und von Vogate andererseits von neuem verstärken können. Vis zum Abend kam der linke Flügel des Korps Suren bis östlich von Sonsk, im Anschluß daran stand das Korps Plüskow, dessen Mitte, an der Pultusker Straße vorgehend, bis Stary Golymin gekommen war, während seine beiden Flügel etwas abhingen.
Sehr viel schwerer war der Tag für das XVII. Armeekorps und das
x) von Gallwitz, 6. 283.
2) Mitteilung des Generals Ludendorff vom Dezember 1931 an das Reichsarchiv.
296 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
i6. Zu«. Korps Matter. Ersteres konnte allerdings die tags zuvor eingeleitete Schwenkung nach Südosten gegen nur schwachen Widerstand der Ruffen zunächst fortsetzen. Auch sah die Lage vorübergehend so günstig aus, daß General von Pannewitz sein Korps schon nach Osten abdrehen wollte, um dem Gegner des Korps Matter in den Rücken zu gehen. Nachmittags aber traf man beiderseits von Krasne auf sehr nachhaltigen neuen Widerstand; es schien, daß der Gegner weitere Verstärkungen erhalten habe. Erst spät abends gelang es Teilen der 36. und 35. Infanterie-Division, in den Nord-teil des zäh verteidigten Ortes einzudringen. Auch südlich von Vogate konnten trotz heftiger russischer Gegenwehr, die bis in die Nacht hinein währte, Erfolge errungen werden; Teile der 35. Infanterie-Division gingen auf das östliche Wengierka-Afer über. Ebenso starken Widerstand hatte das Korps Matter gefunden, das an mehreren Stellen zugleich den Orzyc-Über-gang erzwingen wollte. Die 26. Infanterie-Division konnte den Fluß nur mit ihrem linken Flügel südlich von Podos erreichen. Die 3. Infanterie-Division nahm den Übergang bei diesem Ort nach schwerem, verlustreichem Kamps, mußte ihn aber gegen neuauftretende turkestanische Bataillone wieder aufgeben; erst abends blieb er endgültig in deutscher Hand. Die 4. Garde-Infanterie-Division und der rechte Flügel der Division Falk konnten zu beiden Seiten von Krasnosielc nur bis an den Fluß herankommen und mußten hier nachmittags heftige Gegenangriffe abwehren, wo-bei der stark ausgebaute Ort Krasnosielc die Hauptstütze des russischen Widerstandes bildete.
Zwischen oberem Orzyc und Pisset dagegen hatte der Gegner in der Nacht zum 16. Juli seine durch Monate gehaltene Abwehrfront ausgegeben und war auf fast 60 Kilometer Breite zurückgegangen. Der linke Flügel der Division Falk hatte bis zum Mittag südöstlich von Dronzdzewo den Orzyc in breiter Front überschritten und stand am Abend dieses Tages auf dem östlichen Ufer nordöstlich von Krasnosielc bereit, den bei diesem Ort noch haltenden Ruffen am nächsten Morgen in Flanke und Rücken zu stoßen. Auch das Korps Eben und der rechte Flügel der 8. Armee waren aus ihren Stellungen heraus zur Verfolgung angetreten und dem Feinde bis halbwegs zum Narew gefolgt.
Viel war gewonnen, und doch war der nach dem Durchstoßen der letzten vorbereiteten Stellung des Gegners erhoffte größere Raumgewinn einstweilen nur in der operativ am wenigsten wirksamen Richtung, gegen die Nordweststont von Puttust, erreicht. In der Richtung auf Rozan war man überhaupt kaum vorwärtsgekommen, und um die Lage zwischen Orzyc und Piffa auszunutzen, reichte die Stoßkraft der hier nur in dünner Linie folgenden deutschen Divisionen in keiner Weise aus. An der eigentlichen
Die erste Stockung im Angriff.
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Angriffsfront machten sich Schwierigkeiten bemerkbar. Obgleich sich in den vier Tagen seit dem 13. Juli nur zwei ihrer Divisionen etwas mehr als 30 Kilometer, also V/% Tagemärsche, von der eigenen Ausgangsstellung entfernt hatten, wurde doch schon fühlbar, daß die zur Überwindung jedes neuen Widerstandes in sehr großen Mengen nötige Artilleriemunition infolge schwieriger Wegeverhältnisse nicht mehr in genügender Menge nach vorn kam. Auch waren es immer dieselben zehn Divisionen, die jetzt schon den vierten Tag ohne Unterbrechung angriffen, während sich ihre Front inzwischen von noch nicht 40 aus 50 Kilometer gedehnt hatte. Frische Truppen, die dem Angriff wieder neuen Antrieb geben und die Bildung eines Schwerpunktes an operativ entscheidender Stelle ermöglichen konnten, fehlten und standen auch einstweilen noch nicht in Aussicht. Daß sich allerdings, wenn sie dagewesen wären, die Nachschubschwierigkeiten noch mehr gesteigert hätten, ist anzunehmen.
Zur Verstärkung konnte der Oberbefehlshaber Ost nur auf die 9. Armee zurückgreifen, die seit dem 10.Juli noch zwei Generalkommandos mit sechs Divisionen, darunter die 5. und 49. Reserve-Division, sonst Crsatztruppen und Landwehr, und einigen Landsturm zählte. Wenn der Gegner dieser Armee auch immer noch zum mindesten an Infanterie erheblich überlegen sein mochte, so bestand doch an ihrer Front zur Zeit keinerlei Gefahr. Je länger und je stärker die Russen an der Rawka und Vzura stehenblieben, um so größer mußte das Ergebnis der Operation auf Pultusk—Rozan werden. Der Oberbefehlshaber Ost hatte aber bisher nicht die Absicht, alle wesentlichen Teile der 9. Armee an die Durchbruchsfront am Rarew zu verschieben, sondern hatte ihnen die Ausgabe zugedacht, beim Weichen der Russen zu folgen, um sich gegen die Grojec—Vlonie-Stellung und Nowogeorgiewsk und später gegen Warschau zu wenden. Als nun die Fortschritte der Armee-Gruppe Gallwitz auch das Zurückgehen des Gegners vor der 9. Armee immer wahrscheinlicher machten, entschloß er sich am 16. Juli, falls der Gegner hier weiche, doch Kräfte dieser Armee auf das rechte Weichsel-Üfer zu ziehen. Mittags befahl er, die am Nordflügel aus Landwehr- und Landsturmtruppen des bisherigen Korps Posen neugebildete 83. Infanterie-Division in der Richtung auf Wyszogrod zum Übergang über den Strom zusammenzuziehen und die den Südflügel bildende Division Menges zur Abbeförderung bereitzustellen. Später entschloß er sich, auch für die 83. Infanterie-Division Bahntransport vorzubereiten, um sie nach Willenberg hinter den Ostflügel der Armee-Gruppe Gallwitz zu fahren. Die der 9. Armee dann noch verbleibenden vier Divisionen*) und Land-
es 5. und 49. R. D., 84. I. D. (aus Teilen des Korps Posen neugebildet) und Div. Westernhagen. Die beiden letzteren Divisionen bestanden vorwiegend aus Landwehr.
298 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
sturm hatten sich auch weiterhin zur Verfolgung und zum Angriff gegen Rowogeorgiewsk und Warschau bereitzuhalten. Als die Oberste Heeresleitung am folgenden Morgen anfragen ließ, „ob noch Truppen zu Gallwitz gezogen werden", konnte auf diese Anordnungen hingewiesen werden. Gleich darauf wurden alle befohlenen Bewegungen be-gönnen, da der Gegner vor der 9. Armee schon in der Nacht den erwarteten Rückzug angetreten hatte.
Vor der Armee-Gruppe Gallwitz hatte der Gegner die Dunkelheit benutzt, um sich abermals auf breiten Teilen der Front dem deutschen Drucke zu entziehen. Widerstand leistete er nur noch nördlich von Pultusk und nordwestlich von Rozan. Diese befestigten Brückenköpfe der Narew-Linie schien er halten zu wollen; gegen sie führte er Verstärkungen heran. 5lm 8° morgens regelte General von Gallwitz das weitere Vorgehen seiner Korps. Cr beabsichtigte mit dem rechten Flügel die Nordsront von Nowogeorgiewsk—Zegrze abzuschließen, mit der Mitte gegen den Narew-Abschnitt Pultusk—Rozan vorzugehen. Dazu wurde das Korps Plüskow, zu dem auch die 1. Garde-Reserve-Division übertreten sollte, auf Pultusk angesetzt, das XVII. Armeekorps gegen den Rarew zwischen Pultusk und Rozan, das Korps Matter gegen Rozan; die Division Falk sollte beim weiteren Vorgehen zum Korps Eben zurücktreten, das damit künftig wieder über zwei aktive Divisionen und zwölf Landsturm-Bataillone verfügte. Cs hatte mit seinem linken Flügel Ostrolenka abzuschließen. Diese Vefehls-regelung für den linken Armeeflügel trug in gewisser Weise der Auffassung des Oberbefehlshabers Ost Rechnung, der wünschte, daß der Schwerpunkt mehr nach Osten verlegt werde, schwächte aber dafür die Stoßkraft in der Durchbruchsrichtung Pultusk—Rozan. Das Armee-Hauptquartier wurde nach Leszno südöstlich von Przasnysz vorverlegt.
Fm Laufe des Tages kamen die Korps Dickhuth und Suren bis Wyszo-grod—Rowe Miasto und östlich, das Korps Plüskow mit der Mitte bis unmittelbar vor die stark ausgebauten vorgeschobenen Stellungen der Rord-weststont von Pultusk. Die zeitweise gehegte Hoffnung, hier vielleicht durch einen Handstreich zum Ziele zu kommen, mußte man nach den inzwischen vorliegenden Crkundungsergebnissen fallen lassen. Auf dem linken Flügel des Korps fand die 50. Reserve-Division am Wegekreuz von Karniewo heftigen Widerstand. In einer Linie, die von hier nach Nordosten zur Einmündung der Wengierka in den Orzyc und weiter über die 70 Meter hoch ansteigenden befestigten Höhen südöstlich von Podos (Höhe 171) nach Osten verlief, hatte sich der Gegner wieder gesetzt. Im Angriff gegen ihn stießen
Zurückdrängen des Feindes gegen den Narew.
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die beiden aktiven Divisionen des XVII. Armeekorps beiderseits der Straße nach Makow durch. Die 36. Infanterie-Division erreichte abends diesen Ort, während rechts von ihr die 1. G arde-Reserve-Division im Nordrande des Waldes östlich von Karniewo trotz Unterstützung durch die 50. Reserve-Division nicht durchdrang, und links die 35. Infanterie-Division über den Orzyc hinüber gegen die Flanke des vor dem Korps Matter stehenden Gegners abgedreht wurde; sie konnte hier zurückgehenden Teilen schwere Verluste zufügen und machte allein 1200 Gefangene. Das Korps Matter selbst war an den vom Gegner zerstörten Orzyc-Brücken aufgehalten worden und konnte sich daher erst bis zum Abend an die neuen russischen Stellungen südöstlich von Podos heranarbeiten. Dabei wurde im Einvernehmen mit dem Armee-Oberkommando die Entscheidung für den nächsten Tag von der 35. Infanterie-Division erwartet, die Flanke und Rücken des Feindes angreifen sollte. Dieser schien weitere Verstärkungen erhalten zu haben, die er, wie sie eintrafen, in den Kampf warf. Beim Korps Eben kam nur die Division Falk gut vorwärts. Im übrigen konnten dieses Korps und der rechte Flügel der 8. Arme e im Wald- und Sumpf-gelände nordöstlich von Ostrolenka bei vielfach fußtiefen Sandwegen nur geringe Fortschritte machen. General von Scholtz wollte den Angriff am folgenden Tage auch östlich der Pissa aufnehmen.
Am Morgen des 18. Juli hatte der Feind seine Stellungen vor dem i8.g»H. linken Flügel des Korps Plüskow, dem XVII. Armeekorps und dem Korps Matter geräumt; die Fühlung mit ihm war meist verloren gegangen. Erst allmählich ergab sich, daß die Russen in einem Zuge bis in den befestigten Raum von Pultusk und Rozan und zwischen beiden Plätzen gegen den Narew zurückgegangen waren. Der Armeebefehl vom Morgen des 17. Juli hatte dieser Möglichkeit bereits Rechnung getragen. So folgten die deutschen Truppen jetzt bis vor die Nordwest- und Nordfront der Stellungen von Pultusk und Rozan. Zwischen beiden Plätzen hielten sie sich vom Narew zunächst noch etwa sechs Kilometer entfernt. Auf dem linken Flügel reichte die Kraft des Korps Eben trotz Rückkehr der Division Falk nicht aus, um den Gegner gegen Ostrolenka weiter zurückzudrängen. Auch auf der ganzen übrigen Front der Armee-Gruppe und bei der 8. A r m e e herrschte Stillstand, oder wurden doch nur unbedeutende Fortschritte erzielt.
Inzwischen war die Veute auf rund 24 000 Gefangene gestiegen, dabei war aber die Zahl von nur 110 Offizieren und im ganzen nur 14 Geschützen auffallend gering. Andererseits hatten sich die eigenen blutigen Verluste durch die teilweise sehr hartnäckigen Kämpfe, die dem ersten Einbruch folgten, auf etwa 20 000 Mann erhöht.
300 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
18. Juli. Am 18. Juli erhielt der Oberbefehlshaber Ost folgendes Telegramm des Generals von Falkenhayn: „Seine Majestät hat von den Berichten über die unter Euerer Exzellenz Leitung in den letzten Tagen durch die Armeen Gallwitz, Scholtz und Beloto1) erstrittenen großen Erfolge mit besonderer Freude Kenntnis genommen. Gleichzeitig gab Seine Majestät der Zuversicht Ausdruck, daß der gegen den Narew geführte Stoß nicht an diesem Abschnitt zum Halten kommen, vielmehr mit allen Mitteln angestrebt werden wird, ihn so schleunig wie möglich gegen den unteren Bug weiter zu führen." Für die soeben wieder aufgenommene Offensive der Heeresgruppe Mackensen") war es von größter Bedeutung, daß kein Stillstand eintrat.
Alles hing jetzt davon ab, daß es gelang, in der von General von Gall-Witz beabsichtigten Richtung Pultusk—Rozan schnell über den Narew zu kommen, wobei der nach des Generals Ansicht „am leichtesten anzupackende Punkt" Rozan zugleich auch die operativ wirksamere Richtung darstellte. Jede Verzögerung mußte dem Gegner zugute kommen, der — wie sich aus dem Anpeilen seiner Funkstationen ergab — jetzt dauernd neue Kräfte heranführte. Sein XXI. Korps aus Galizien war als neuer Feind bei Rozan festgestellt, das III. sibirische Korps sollte von der Rjemen-Front im Anmarsch sein, und leicht konnte er aus dem Raume westlich der Weichsel, wo außer der deutschen 9. Armee seit dem 17. Juli auch die Armee-Abteilung Woyrschb) gegen Iwangorod in Bewegung war, weitere Kräfte freimachen. Inzwischen waren aber die Schwierigkeiten der Operation so weit gewachsen, daß ein vorübergehender Stillstand eintreten mußte, bevor an die Überwindung der Narew-Lime gegangen werden konnte. Munition und schwerste Artillerie heranzuschaffen, erforderte mit zunehmender Entfernung von der Eisenbahn viel Zeit. Vis zu diesem Tage, dem 18. Juli, war die von Mlawa nach Warschau führende Vollbahn bis Ciechanow auf deutsche Spur umgenagelt und wiederhergestellt; Feldbahnen von Mlawa auf Przasnysz und von Willenberg auf Ostrolenka waren im Vau.
In der Denkschrift des Generals Ludendorff vom I.Iuli hatte es geheißen?): Die Armee-Gruppe Gallwitz „könnte in schweren Kämpfen die Rusien bis in die Linie Plonsk—Pultusk zurückwerfen". Dieses Ziel war in sechstägigem Ringen erreicht, auf den Flügeln sogar schon erheblich überschritten. Die „Zange von Przasnysz" hatte das russische erste Stellungssystem in 40 Kilometer Breite aufgerissen, der „Hammer von Zbiki" das entscheidende Loch auch in die Stellungslinie Ciechanow—Kras-nosielc geschlagen. Auf 30 Kilometer Tiefe war die russische Front durch-
0 S. 459. — 2) S. 392. — =») S. 335 und 394. — *) S. 270.
Vor der befestigten Narew-Linie.
301
stoßen und der Gegner dadurch gezwungen worden, seine in monatelanger Arbeit stark ausgebauten Anlagen von der unteren Weichsel bis zur Piffa aufzugeben und auch die bisher zäh verteidigte Front westlich der Weichsel zurückzunehmen^). Ob nicht dasselbe Ergebnis auch erreicht worden wäre, wenn der Angriff dem operativen Ziele Siedlce entsprechend von Beginn an mit dem Schwerpunkt auf dem linken Flügel etwa gegen Ostrolenka angesetzt wurde, läßt sich nachträglich nicht entscheiden. Der Kampf gegen das als Kern des russischen Widerstandes eingeschätzte 1. sibirische Korps wäre dabei sicher leichter gewesen, denn man hätte es nicht frontal in seinen besonders starken Abwehrstellungen bei Przasnysz getroffen, sondern seine Flanke gewonnen und es damit gezwungen, im freien Felde und mit verkehrter Front zu fechten. Nach Ansicht der verantwortlichen Stellen schloffen indeffen die Geländeverhältnisse solche Operation aus.
d) Maßnahmen des Gegners.
Skizzen 19, 20, 21.
Der Angriff des Generals von Gallwitz hatte den rechten Flügel der e. m 12. Zu«, russischen 1. Armee (General Litwinow) getroffen, die mit sechs Divisionen den etwa 60 Kilometer breiten Raum zwischen Orzyc und Weichsel zu verteidigen hatte2).
Als der deutsche Angriff losbrach, war der Gegner davon keineswegs so überrascht, wie man es auf deutscher Seite annahm. Cr hatte schon am 6. Juli durch Gefangenenaussagen das Eintreffen deutscher Verstärkungen bei Chorzele erfahren. In den folgenden Tagen stellte seine Erd- und Lufterkundung unter anderem Vermehrung der Artillerie, der Wagenge-täusche und des Förderbahnbaus fest; er schloß aus diesen Anzeichen auf bevorstehenden deutschen Angriff. Fast jede Nacht brachte einzelne Gefangene. Dabei wurde das bisher an der Rawka stehende deutsche XVII. Armeekorps als neuer Gegner ermittelt. In der Nacht zum 11. Juli wurde endgültig festgestellt, daß sich die Deutschen näher heranarbeiteten, auch die Breite des deutschen Angriffs wurde vom Oberkommando der russischen 1. Armee richtig beurteilt. Es erwartete den Angriffsbeginn für den 12. Juli. An diesem Tage machte das Cinschießen der deutschen Artillerie so starken Eindruck, daß der 12. Juli in den Aufzeichnungen mancher Truppenteile als „Kampftag" hervorgehoben wurde. Mit den eigenen Abwehrvorbereitungen aber kam man zu spät.
0 Beute und Verluste siehe S. 299.
2) Als Unterlage für die Darstellung der Hergänge auf russischer Seite diente in erster Linie das Buch von Korolkow, „Przasnysz".
302 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
Die russischen Stellungen waren am 13. Juli, ebenso wie bisher, auf der 40 Kilometer breiten Angriffsfront im ganzen von nur zwei Divisionen, der 2.sibirischen des I. sibirischen Korps östlich, der 11. sibirischen des I. tur-kestanischen Korps westlich von Przasnysz, beseht, die zusammen 32 Bataillone und etwa 100 Geschütze zählten. Als Reserve war die 1. sibirische Division des I. sibirischen Korps in der Nacht zum 12. Juli nach Makow vorgezogen worden und stand damit einen starken Tagemarsch hinter der Front; hinter der 11. sibirischen Division war eine turkestanische Brigade als Reserve bereitgestellt worden. Weitere Kräfte suchte man an mehr westlich gelegenen Abschnitten freizumachen.
Am 13. Juli setzte sich östlich von Przasnysz die 2. sibirische Division gegen den Angriff von vier deutschen Divisionen kräftig zur Wehr. Im Raume von Przasnysz selbst wurde % 1. sibirische Division eingeschoben, westlich der Stadt die Abwehr der 11. sibirischen Division vor dem Angriff von zunächst fünf deutschen Divisionen schon frühzeitig in die Zwischenstellung von Czernice zurückgenommen. Der Widerstand begann aber trotz Einsatzes der turkestanischen Brigade auch hier schon nachmittags zusammenzubrechen; Teile fluteten in Auflösung zurück. Inzwischen befahl der Führer des I. sibirischen Korps den Rückzug in das über Krasnosielc— Podos nach Vogate verlaufende zweite Stellungssystem, und gegen Mitternacht ordnete General Litwinow den Rückzug der ganzen Armee an. Sie sollte die genannte Linie und ihre über Ciechanow auf Wyszogrod an der Weichsel laufende Verlängerung halten. Die Infanterie der 11. sibirischen Division war von 14 500 auf etwa 5000 Gewehre zusammengeschmolzen, auch die der 2. sibirischen Division hatte wohl ein Drittel ihres Bestandes eingebüßt. Rach russischer Auffassung ist die Gunst der Lage deutscherseits an diesem Tage nicht genügend ausgenutzt worden. Rur dadurch, daß die Deutschen im Angriff mehrfach haltgemacht hätten, sei es gelungen, die durch das überwältigende Artilleriefeuer aufs schwerste erschütterten russischen Truppen zu neuem Widerstände zu ordnen. In diesem Zusammenhange wird das Verfahren des Korps Plüskow, das den Angriff in der Nacht zum 14. Juli ohne Unterbrechung fortgeführt habe, russischerseits als besonders wirksam und daher vorbildlich hingestellt. i4.wtt»i5.Stttf. Bis zum Abend des 14. Juli stand das I. sibirische Korps (2. sibirische Division rechts, 1. links) von nordöstlich Krasnosielc, wo es Anschluß an den entsprechend zurückgebogenen Westflügel der 12. Armee hatte, bis westlich von Vogate zu neuer Abwehr bereit. Hier war bereits die mit der Bahn herangeführte 30. Infanterie-Division des IV. Korps im Eintreffen, außerdem die 14. Kavallerie-Division hinter der Front bereitgestellt. Nach Westen schloß das ernstlich geschwächte I. turkestanische Korps an, dessen linker Flü-
Maßnahmen der Russen.
303
gel die Stellungen um Ciechanow hielt. So standen am 15. Juli insgesamt etwa fünf russische Divisionen?), davon zwei schwer erschüttert, in vorbereiteter Stellung gegen elf angreifende deutsche Divisionen. Aber die Munition war knapp; die herangeführten Verstärkungen waren zunächst ohne Kolonnen eingetroffen. Der russische rechte Flügel war etwas dichter als der linke beseht. Gegen diesen gelang der deutsche Durchbruch bei Zielona vor allem dank planmäßiger Vorbereitung durch die an Zahl mehr als dreifach überlegene deutsche Artillerie. Als Ergebnis berichtet die russische Darstellung, daß die hier nochmals besonders schwer getroffene 11. sibi-rische Division damit als Kampfverband zu bestehen aufgehört habe.
Während die östlich des Orzyc anschließende Front der russischen 12. Armee in der Nacht zum 16. Juli planmäßig zurückgenommen wurde, hoffte der Oberbefehlshaber der 1. Armee, die Lage bei Zielona unter Einsatz der inzwischen herangekommenen y2i40. Infanterie-Division (IV. Korps) wieder herzustellen. Cr befahl den allgemeinen Angriff des I. sibirischen und I. turkestanischen Korps, mußte diesen Befehl aber wegen der von der Front einlaufenden Nachrichten alsbald wieder abschwächen. Die Truppen des I. turkestanischen Korps hielten nicht mehr stand; der Mangel an Munition für Geschütze und Gewehre stieg. Der Armeeführer sah sich daher genötigt, mittags den Rückzug zu befehlen, um, gestützt auf anrückende neue Verstärkungen, den Widerstand weiter nach rückwärts zu verlegen. Die Kämpfe des 17. Juli lösten dann den Entschluß aus, das ganze rechte Narew-Afer aufzugeben und dort nur noch die Vrückenkopfstellungen vor Rozan, Pultusk und Nowogeorgiewfl zu halten. Die Munitionslage war von Tag zu Tag verzweifelter geworden.
Alles in allem war es den Rüsten gelungen, dem weit überlegenen Gegner in zähem Ringen erheblichen Widerstand zu leisten. Am 13. Juli hatten einschließlich der Reserven etwa 100 deutsche Bataillone und gegen 600 Geschütze zum Angriff bereitgestanden, ihnen gegenüber nur etwa 50 russische Bataillone mit 150 Geschützen; allmählich aber war die deutsche Überlegenheit durch das Herankommen feindlicher Verstärkungen beträchtlich gesunken.
Rach russischer Austastung ist die deutsche Vorwärtsbewegung durch das Fehlen ausreichender Reserven und das daher erforderliche wiederholte Abschwenken gegen noch stehende Teile des Gegners erheblich verlangsamt worden. Für die ersten Tage, und hier insbesondere für das Abdrehen des Korps Plüskow am 15. Juli nach Westen gegen Ciechanow"), mag dies
0 I. sib. Korps, %I. turk. Korps, 30. Div. des IV. Korps, 14. K. D.
a) S. 291 ff.
304 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
Arteil zutreffen; für später ergibt sich aber das schon erwähnte Bedenken, daß Munitions- und Verpflegungsnachschub dann wohl noch eher ins Stocken geraten wären, als dies ohnehin schon der Fall nxtr1).
e) Der Angriff über den Narew.
Skizzen 19, 20, 21, 22.
Mit der Annäherung an die befestigte Narew-Linie stand die Armee-Gruppe GallwiH vor einer neuen Aufgabe. Es galt, angesichts des abwehrbereiten Gegners den Übergang über einen Fluß zu erzwingen, dessen Verteidigung sich außer auf einige ständige Werke auf Feldbefestigungen stützen konnte, die in monatelanger Arbeit ausgebaut waren.
Der Narew selbst war auf der, ohne die kleineren Flußschleifen etwa 100 Kilometer langen Strecke zwischen der Bug-Mündung oberhalb von Nowogeorgiewsk und dem Brückenköpfe von Ostrolenka ein starkes natür-liches Hindernis. Cr war im Sommer 1915 etwa 80 bis 150 Meter breit, wies stellenweise Sandbänke und auch einige buschbewachsene Inseln auf und hatte nach trockenem Frühjahr niedrigen Wasserstand. Ausgesprochene Furten waren selten und in ihrer Lage veränderlich. Zu Fuß konnte man den Fluß an vielen Stellen durchwaten; für Geschütze und Fahrzeuge waren jedoch Brücken erforderlich. Die den Wasserlauf in wechselnder Breite begleitende Niederung war bei Annäherung der deutschen Truppen fast überall trocken und gangbar.
Für die Armee-Gruppe GallwiH galt es, mit der großen Festung Nowo-georgiewsk in der rechten Flanke die ausgedehnten Anlagen von Pultusk und die an Umfang kleineren von Nozan zu überwinden, wenn möglich aber gleichzeitig außerhalb dieser beiden Plätze den Übergang über den Fluß durchzuführen. Pultusk mit seinen nahe der dortigen Brücke gelegenen zwei alten Forts war durch etwa zehn Kilometer vorgeschobene, tief gegliederte Verteidigungsanlagen zu einem geräumigen Waffenplatze aus-gebaut; bei R o z a n, das ebenfalls einige alte Forts hatte, betrug der Abstand der neuen Anlagen von der Vrückensteüe nur etwa drei Kilometer. Bei beiden Plätzen traten die Höhen des westlichen rechten Ufers dicht an den hier von Nord nach Süd fließenden Fluß heran, während sie an der Ostseite einige Kilometer weit entfernt lagen. Die von Osten nach Westen verlaufende Flußstrecke zwischen beiden Plätzen zeigte weniger ausgesprochene Höhenunterschiede und war auf beiden Ufern weithin von einer breiten, viel-fach bewaldeten Niederung begleitet. Ein ähnliches Bild bot auch die Gegend oberhalb von Nozan, bei Ostrolenka und gegen Lomza hin.
0 Weiteres zur Frage des Krästeeinsatzes s. S. 371 f.
Absichten und Vorbereitungen.
305
Das Oberkommando Gallwitz hatte sich schon seit mehreren Tagen mit der Frage beschäftigt, wie der Narew-Übergang erzwungen werden könne, und dem Korps Eben aufgetragen, die nördlichen Nebenflüsse anzustauen, um den Wasserstand weiter zu senken; eine Wirkung war davon aber nicht so bald zu erhoffen.
Am Abend des 18.Juli gab General von Gallwitz eine „An- is.gu«. Weisung für den Angriff gegen die Narew - Front" aus.
General von Plüskow sollte mit vier Divisionen, dabei 56 Batterien (von ihnen 18 schweres und eine schwerstes Steilfeuer), den „nördlichen Teil des Brückenkopfes" von Pultusk angreifen, und zwar mit der 86. und den „abkömmlichen Teilen" der 38. Infanterie-Division westlich, mit der 50. und der 1. Garde-Reserve-Division östlich der Straße von Ciechanow, hier „hauptsächlich den an den Narew angelehnten Teil". Der Angriff des XVII. Armeekorps sollte „zunächst die Schaffung leistungsfähiger Übergänge und deren Sicherung" zwischen Pultusk und Nozan zum Ziele haben.
Cr werde, so hieß es, „derart zu führen sein, daß der Brückenschlag unter dem Schutze vorher bereitgestellter starker Artillerie an zwei Stellen gleichzeitig und überraschend erfolgen kann, während an mehreren anderen Stellen zu demonstrieren ist". Als zweckmäßige Übergangsstellen erschienen Gost-kowo und LachyP doch hatte Erkundung erst die Bestätigung zu erbringen.
Auf jede Übergangsstelle sollte eine Division angesetzt werden. Das Korps Matter mit drei Divisionen, dabei 39 Batterien (von ihnen elf schweres und eine schwerstes Steilfeuer) wurde gegen Rozan bestimmt und sollte den Hauptangriff gegen die Westfront führen. Der Angriff gegen die beiden Festungen war von den Korps einzuleiten und nach Maßgabe der erreichten Fortschritte durchzuführen; den Zeitpunkt für den Angriff des XVII. Armeekorps wollte General von Gallwitz selbst bestimmen. Die Nachbarkorps, das XVII. Reservekorps und das Korps Eben, hatten den Feind vor ihrer Front zu beschäftigen und dadurch die Flanken des Angriffs zu decken.
Am 19. Juli blieb die Lage auf dem rechten Flügel der Armee-Gruppe la.s»«» unverändert. Die Mitte schob sich ohne nennenswerte Kämpfe näher an die anzugreifenden Stellungen und an den Narew heran. Beim Oberkommando trat dabei mehr und mehr der Gedanke in den Vordergrund, zwischen Pultusk und Rozan über den Fluß durchzustoßen und dadurch vor allem Pultusk zu Fall zu bringen.
General von Plüskow beabsichtigte, den Hauptangriff gegen Pultusk von Nordwesten zu führen. General von Gallwitz aber legte im Sinne seiner Anweisung besonderen Wert darauf, daß auch ein auf der Nordfront
1) Drei bzw. zwölf Kilometer östlich der Orzyc-Mündung. -l Weltkrieg. VIII. Band.
20
506 Der Angriff des Oberbefehlshabers Oft gegen die russische Narew-Front.
is. Zu«, bei Chmielewo am Narew vorgeschobenes Werk angegriffen werde, um den Fluß an der dort weit nach Norden ausbiegenden Schleife zu überschreiten und Pultusk von rückwärts zu fassen; er wollte den Schwerpunkt des Angriffs daher mehr nach Osten verlegt wissen. Am diese Auffassung durchzudrücken, traf der Generalstabschef der Armee-Gruppe, Oberst Marquard, morgens bei General von Plüskow ein. Die Änderung erforderte aber Verschiebungen in der Angriffsfront und damit Zeit. Der nunmehr gegen die Nordfront zu richtende entscheidende Angriff konnte daher erst am 22. Juli beginnen, einen Tag später als beabsichtigt war. Inzwischen sollte zur Fesselung des Feindes am 20. Juli das Artilleriefeuer und am 21. Juli der Angriff gegen die Nordwestfront eröffnet werden. Auf die beabsichtigte Mitwirkung der 42<;ui-Geschütze mußte voraussichtlich verzichtet werden, da sie mangels tragfähiger Brücken kaum rechtzeitig herankommen konnten.
Das XVII. Armeekorps, das am Morgen die Weisung erhielt, in seinem von der Orzyc-Mündung nach Osten ziehenden Abschnitte das Gelände nördlich des Narew an diesem Tage in Besitz zu nehmen, blieb vom Flusse selbst fast überall noch so weit ab, daß sich russische Kavallerie auf dem Nordufer, vor allem in dem Flußknie östlich von Lachy, halten konnte. Auf dem Südufer schanzte der Gegner.
Das Korps W a t t e r, das morgens ebenfalls den Befehl erhielt, südlich von Rozan an den Narew heranzugehen, setzte hierzu ein Bataillon, ein Kavallerie-Regiment und eine Batterie ein, die vor feindlichem Widerstand bei Napiorki liegenblieben. Die Artillerie des Korps begann mit Teilen das Feuer gegen die Anlagen; von Nozan; zwei schwerste Geschütze wurden als Verstärkung noch erwartet. Die Russen erwiderten das Feuer schwach, die Masse ihrer Artillerie schienen sie über den Fluß zurückgenommen zu haben; sie schanzten in der Verlängerung der Nordfront der Festung auf dem östlichen Narew-Afer. Generalleutnant von Matter hielt es daher für fraglich, ob sie die Anlagen westlich des Flusses überhaupt verteidigen würden, richtete sich aber doch auch darauf ein, diese in zähem Kampfe erobern zu müssen. In solchem Falle wollte er in belagerungsmäßigem Angriff ein Stück der feindlichen Front nach dem anderen zu Fall bringen und hoffte, auf diese Art mit geringen eigenen Verlusten zum Ziele zu kommen. Am 20. Juli früh sollte das Artilleriefeuer beginnen, um zunächst eine vorgeschobene russische Stellung an der Pultufker Straße wegzunehmen.
Oberhalb von Rozan bis westlich von Nowogrod war der Gegner in der Nacht zum 19. Juli auf der ganzen Front nach dem Narew zurückgegangen. Das Korps Eben folgte bis dicht an den Fluß. Cs fand die bei Ostrolenka auf dem rechten Äser liegenden Befestigungsanlagen geräumt und besetzte sie gegen Mitternacht. Der Gegner schien hier schwach. Das
Das Herangehen an die Brückenköpfe und den Fluß.
307
Korps Eben aber besaß keine ausreichende Stoßkraft, um diese Gelegenheit auszunutzen; sein Antrag auf Verstärkung an schwerer Artillerie war angesichts der vor Pultusk und Rozan noch zu lösenden Aufgaben abgelehnt worden.
Auch der rechte Flügel der 8. Armee erreichte an einzelnen Stellen den Rarew. Vor ihrer Mitte hielt sich der Gegner noch in einem größeren Brückenköpfe nordwestlich von Nowogrod, weiter östlich in seinen bisherigen Stellungen.
In Erwartung der nach Willenberg anrollenden 83. Infanterie-Division wollte General von Gallwitz die aktiven Truppen des Korps Eben demnächst nach rechts zusammenziehen, um den Narew-Kbergang auch zwischen Rozan und Ostrolenka zu erzwingen. Der Oberbefehlshaber O st stellte an weiteren Verstärkungen die Division Menges in Aussicht, die General von Gallwitz hinter seinen rechten Flügel nach Mlawa erbat, sowie das Luftschiff Z 121), das die feindlichen Cntlade-bahnhöfe angreifen sollte. Auch hatte er der 8. Armee Vesehl gegeben, nach Erreichen des Narew-Afers eine Division mit starker Artillerie aus ihrem rechten Flügel zusammenzuziehen, um gegen Ostrolenka zu wirken oder an der Rozoga-Mündung über den Fluß zu gehen. Ebenso verlangte er näheres Herangehen des rechten Flügels der Armee-Gruppe Gallwitz an Rowogeorgiewsk und die Stellungen von Nasielfl, wo der Gegner sein XXVII. Korps abzubefördern schien.
General von Gallwitz verfügte jetzt insgesamt über 17% Divisionen; andererseits hatten die Kämpfe einen Ausfall von etwa 20 000 Mann gebracht, für den bisher nur 3000 Mann Ersatz eingetroffen waren. Für die Versorgung der Truppe beim weiteren Vormarsch beantragte er den Weiterbau der Feldbahn von Przasnysz nach Rozan und den Vau einer Vollbahn nach Ostrolenka zum Anschluß an das russische Vahnnetz.
Am Morgen des 20. Juli eröffneten Teile der Artillerie des Korps Matter das Feuer gegen die Stellungen von Rozan. Diese lagen wie tot da; kein Artillerieschuß fiel von russischer Seite, so daß Zweifel auftraten, ob nicht alles geräumt sei. Die 26. (Württembergische) Infanterie-Division meldete, daß sie die an der Südwestftont vorgeschobene feindliche Höhenstellung 132 stürmen wollte; etwa 600 Gefangene waren das Ergebnis. Dieser Erfolg schien ein guter Anfang und weckte die Hoffnung auf weitere Fortschritte. In einem Ferngespräch, das General Ludendorff an diesem Vormittage mit der Obersten Heeresleitung führte, kam die Zu-
1) Vorher im Westen.
20.3»«.
20*
308 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Rarew-Front.
20.Zun. verficht zum Ausdruck, daß der Angriff „glatt über Narew und Vug kommen würde", Verstärkungen daher hier nicht nötig feien1).
Dem XVII. Armeekorps hatte General von Gallwih schon vorher nahegelegt, bei Lachy möglichst bald Teile über den Narew gehen zu lassen. General von Pannewitz hatte daher seiner rechten 36. Infanterie-Division besohlen, aus dem Raume hart östlich der Orzyc-Mündung hinter der 35. Division nach Osten zu rücken, um aus dem linken Flügel des Korps in dem am weitesten gegen den Feind ausspringenden Flußbogen von Ostrykol überzugehen. Hier aber stand der Feind noch aus dem rechten User des Narew und griff, bevor die 36. Infanterie-Division heran war, mit Kräften an, die aus östlicher Richtung südlich von Rozan, mit schwächeren teilen auch von Süden her westlich von Lachy, über den Fluß vorbrachen und den rechten Flügel des Korps Matter, vor allem aber das X VII. Armeekorps, bedrängten. Weitere russische Kräfte stießen gleichzeitig auch westlich der Orzyc-Mündung und aus der Nordsront von Pultusk gegen den linken Flügel des Korps Plüskow vor.
So kam es zu einer Reihe teilweise hartnäckiger Kämpfe. General von Plüskow zog die Masse der 38.Infanterie-Division als Reserve von seinem rechten Flügel hinter den linken; auch glaubte er aus die Mitwirkung der 42 cm-Gefchütze gegen Pultusk jetzt doch nicht verzichten zu können. Beim XVII. Armeekorps sah es zeitweise ernst aus; nachmittags hatte General vonPannewitz seine letzten Reserven eingesetzt und erbat Verstärkungen. Erst abends erschien die Lage überall wieder hergestellt; der große Flußbogen südlich von Rozan war aber in Feindeshand geblieben; insgesamt etwa eine russische Infanterie-Division und eine Kavallerie-Division waren hier am Kampfe beteiligt gewesen, bei Pultusk wohl etwas stärkere Kräfte. Die eigenen Verluste waren erheblich; beim Korps Plüskow hatten zwar die 1. Garde- und die 50. Reserve-Division zusammen etwa 1000 Gefangene gemacht, aber doch auch je etwa 600 Mann verloren. Cs kam hinzu, daß außerdem bei der 86. Infanterie-Division des Korps Plüskow ein Vataillon, das drei Choleratote gehabt hatte, aus der Front gezogen werden mußte und auch Ausfälle durch Ruhrerkrankungen eintraten.
Mes in allem waren die bisher hochgespannten Hoffnungen durch die Ereignisse des Tages etwas gedämpft worden; es hatte sich gezeigt, daß die Überwindung der Rarew-Linie doch größere Schwierigkeiten bereiten werde, als man erwartete. Der Feind hatte den Schwerpunkt seiner Abwehr in zunehmendem Maße in den Raum Pultusk—Rozan verlegt. Südlich und östlich von Pultusk schien das I. turkestanische Korps zu stehen, in Pultusk
0 Eigenhändiger Aktenvermerk des Gen. von Falkenhayn vom 22. Juli.
Russische Gegenangriffe.
309
selbst das IV. Korps, nordöstlich davon am Narew die 14. Kavallerie-Division und weiter rückwärts das I. sibirische Korps, bei Rozan das neu herangekommene XXL Korps, bei Ostrolenka das IV. sibirische Korps, während das XXVII. Korps nach Wyszkow anzurollen schien. Cs waren also zusammen mindestens zehn, zum Teil ganz frische feindliche Divisionen, die es aus starken Stellungen zu werfen galt. Mit weiteren schweren Kämpfen war daher zu rechnen.
Nach den Wechselfällen des Tages richteten sich die drei deutschen Angriffskörps für den 21. Juli zunächst auf Abwehr ein. General von Gall-witz sagte sich, „daß ein Anfassen der Rarew-Front durch das schwache XVII. Armeekorps, ehe wir die Flügelfesten in der Hand hielten, keine Aussicht böte", es also keinen Zweck habe. Teile des Korps in gefährdeter Lage im Narew-Vogen stehenzulassen*). Er ließ diesen von Gostkowo bis südlich von Rozan in der Nacht räumen.
Aber auch auf den Flügeln der Armee-Gruppe waren größere Erfolge zunächst nicht zu erwarten. Wohl hatte der Kommandierende General des XVII. Reservekorps, Generalleutnant Suren, die Besatzung von Nowogeorgiewsk nach Abzug des russischen XXVII. Korps so gering eingeschätzt, daß er einen Handstreich seiner Landwehr-Divisionen, zum mindesten gegen die Stellungen der Nordfront, versuchen wollte. Damit war General von Gallwitz auch zunächst einverstanden gewesen2). Angesichts der Stärke der Festung zweifelte er dann aber doch an dem Erfolg eines solchen Unternehmens; er hielt es nach der Gesamtlage für richtiger, die 85. Landwehr-Division des Korps nach Osten hinter den rechten Flügel des Korps Plüskow zu ziehen. Damit fiel auch der Plan des Generalleutnants Suren. Gleichzeitig stellte der Oberbefehlshaber Ost das bisher zur 9. Armee gehörige Generalkommando des III. Refervekorps für einheitliche Leitung des Angriffs aus die große russische Festung zur Verfügung. Auf dem linken Flügel wollte General von Eben am Narew südlich von Ostrolenka am 21. Juli ein Scheinunternehmen durchführen, um dann am 22. bei diesem Orte selbst den Übergang zu erzwingen. Aber auch dieser Plan wurde hinfällig, da General von Gallwitz die Bereitstellung der Hauptkrüfte des Korps hart nördlich von Rozan befahl. Damit wurden die letzten kampfkräftigen Teile der Armee-Gruppe an die eigentliche Durchbruchsfront gezogen, die dadurch — ohne die noch mit der Bahn zu erwartenden Kräfte (83. Infanterie-Division und Division Menges) — eine Stärke von zwölf Divisionen erreichte.
1) von Gallwitz, S. 294. — 2) Mitteilung des Genlt. a. D. Kubisch (damals Chef
des Genst. des XVII. R. K.) vom Sommer 1931 an das Reichsarchiv. Näheres über den Angriff auf Nowogeorgiewsk s. S. 375 ff.
510 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
Bei der 8. A r m e e hatte die 75. Reserve-Division den Rarem, der hier nur sehr wenig Wasser führte, am 20. Juli an der Szkwa-Mündung erreicht, die 10. Landwehr-Division war dis unmittelbar vor Rowogrod gelangt. Die Armee meldete, sie habe Aussicht, an diesen beiden Stellen über den Fluß zu kommen, und erbat dazu die Verstärkung ihres rechten Flügels durch eine Division. Angesichts der Schwierigkeiten, die sich bei der Armee-Gruppe Gallwitz gezeigt hatten, erwog der Oberbefehls-Hab er O st daher vorübergehend, die nach Willenberg rollende 83. Infanterie-Division bis Kolno weiterzufahren, ließ diesen Gedanken dann aber wieder fallen, da er eine Zersplitterung der Kräfte bedeutet hätte. Cr hatte das feste Vertrauen, daß der Angriff der Armee-Gruppe Gallwitz gelingen müsse.
Am Morgen des 21. Juli sah General v o n G a l l w i tz die Lage beruhigter an als unter dem Eindruck der Abendnachrichtew), doch glaubte er mit Wiederholung der russischen Angriffe rechnen zu müssen. Andererseits war er sich darüber klar, daß baldige Fortsetzung des eigenen Angriffs, auf die auch der Oberbefehlshaber Ost immer wieder drängte, geboten sei. Die Vorbereitungen waren jedoch weder beim Korps Plüskow noch beim Korps Matter so weit gediehen, daß schon am 22. Juli ein voller Erfolg gewährleistet schien. Daher war General von Gallwitz damit einverstanden, daß der Angriff beim Korps Plüskow aus den Morgen des 23. Juli verschoben und dann möglichst in einem Zuge bis zu den Vrückenstellen durchgeführt werden sollte. Auch vor Rozan wollte General von Matter am 22. nur einen weiteren Teil der Vorstellungen nehmen, um am 23. den Angriff gegen die innere Linie durchzuführen. Da sich der Gegner zwischen Pultusk und Rozan, wo er nach wie vor mit Teilen auf dem rechten Rarew-Üfer stand, jetzt ruhig verhielt, sollte auch das XVII. Armeekorps wieder angreifen, indem es in der Nacht zum 23. Juli den Übergang erzwang, dieses Mal aber nicht wieder im Vogen von Ostrykol, sondern weiter westlich im unmittelbaren Anschluß an den Angriff des Korps Plüskow. Außerdem wollte in derselben Nacht auch das Korps Eben im Raume nördlich von Rozan den Übergang erkämpfen, ebenso die 8. A r m e e an der Szkwa-Mündung. Damit stand für den 23. Juli der allgemeine Angriff in dem im ganzen 75 Kilometer breiten Raume von Pultusk bis zur Szkwa in Aussicht. Das Armee-Oberkommando Gallwitz war noch am 21. Juli nach Krasne vor-verlegt worden.
Als General von Gallwitz ant Vormittage des 22. Juli auf unmittelbare Anfrage an General von Falkenhayn über Lage und Absichten
0 von Gallwitz, S. 295.
Bereitstellung zum Angriff gegen Pultusk und Rozan.
311
meldete, schloß er: „Jedenfalls stehen wir dem Ausgang der Unternehmungen mit großer Zuversicht gegenüber." Am Abend dieses Tages standen die Truppen in folgender neuer Gliederung bereit:
Dem General von Veseler unterstellt das Korps Dickhuth und die 14. Landwehr-Division des bisherigen Korps Suren vor der Nordfront von Nowogeorgiewsk und den Stellungen von Rasielsk, gegen die am 23. Juli Scheinunternehmungen durchgeführt werden sollten, um die Aufmerksamkeit des Gegners abzulenken.
Gruppe Plüskow mit dem seht vereinigten XVII. Reservekorps (86. Infanterie-Division und Landwehr-Brigade Pfeil, dahinter 85. Landwehr-Division), 50. und 1. Garde-Reserve-Division (diese beiden unter Befehl des Kommandeurs der 50. Reserve-Division, Generals Freiherrn von der Goltz, zusammengefaßt) zum Angriff auf Pultusk.
XVII. Armeekorps (36. und 35. Infanterie-Division), auf dem rechten Flügel verlängert durch die südlich Szelkow eingetroffene 38. Infanterie-Division, zum Narew-Kbergang bei Zambski und östlich von Gostkowo (bei Rowy).
Korps Matter mit 26. und 3. Infanterie- und 4. Garde-Infanterie-Division vor Rozan. Hier war das Ergebnis des nachmittags durchgeführten Teilangriffs gegen die Nordwestfront hinter den Erwartungen zurückgeblieben.
Korps Eben mit 2.und 37. Infanterie-Division und der von Willenberg nachrückenden, überwiegend aus Landsturm bestehenden 83. Infanterie-Division zum Rarew-Übergang zwischen Rozan und Ostrolenka. Daß dieser schon am folgenden Morgen stattfinden könne, war nach den Erkundungsergebnissen allerdings unwahrscheinlich geworden.
Als Armeereserve war die Division Menges im Anrücken von Mlawa auf Ciechanow, und damit allerdings hinter den operativ minder wirkungsvollen rechten Flügel des Angriffsabschnittes.
Gegen Pultusk hatte General vonPlüskow westlich der Pelta 23.1«u. das XVII. Reservekorps zum Angriff angesetzt, östlich der Pelta bis zum Rarew bei Chmielewo die Gruppe Goltz. Die Artillerie war so weit wie möglich nach vorwärts geschoben worden, die hintersten Batterien standen aber von der feindlichen vordersten Linie doch immer noch vier bis fünf Kilometer ab. Das am Morgen des 23. Juli beginnende Wirkungsschießen aus mehr als 200 Rohren (davon etwa 80 schweres Steilfeuer und ein 42 cm) war scharf zusammengefaßt gegen die beabsichtigten Einbruchsstellen, deren eine zwischen der Straße von Stary Golymin und der Pelta lag.
512 Der Angriff des Oberbefehlshabers Oft gegen die russische Narew-Front.
>. Juli, während der Hauptangriff am Wege von Makow und östlich erfolgen sollte. Nach Durchstoßen der vorgeschobenen Stellungen sollte der Angriff ununterbrochen weitergeführt werden, um noch an demselben Tage auch die innere Verteidigungslinie und die Brücken in die Hand zu bekommen.
Russische Artillerie erwiderte kaum. Am 820 vormittags brach als erste die 1. Garde-Reserve-Division des Generalmajors Albrecht am Wege von Makow in die Nordfront ein, bald darauf rechts neben ihr die 50. Reserve-Division des Generals von der Goltz, um 920 auch die 86. Infanterie-Division des XVII. Reservekorps unter Generalleutnant von Wernitz, in deren Raum die 42 cm-Batterie gewirkt hatte. Cs vergingen aber noch Stunden, bis die ganze Nordfront genommen war. Erst nach 11° vor-mittags ging es an der Straße von Stary Golymin vorwärts, und erst nach 12° war auf dem Höhenrande über dem Narew das große Crdwerk von Chmielewo in der Hand der 1. Garde-Reserve-Division. General von Gollwitz ließ diese Division anhalten, damit sie sofort über den Fluß gehe und möglichst noch bis zum Abend im Rücken von Pultusk die Straße nach Wyszkow erreiche. Im übrigen sollte der errungene Erfolg bis zum äußersten ausgenutzt werden, um schnellstens die Stadt und die Übergänge zu gewinnen. Alle anderen Rücksichten hatten demgegenüber zurückzutreten.
Cs war aber nicht leicht, das gesteckte Ziel zu erreichen, da aus der bisherigen Artillerieaufstellung nur zwei Flachfeuer-Batterien, eine 10 einund eine 13 cm-Battme, diese mit nur sehr geringer Schußzahl ausgestattet, gegen die durchschnittlich sechs Kilometer hinter der vorderen Stellung gelegene innere Verteidigungslinie und die Brücken wirken konnte. So wurde ein völlig neuer Artillerieaufmarsch nötig. Auch gewann der Angriff der 85. Landwehr-, 86. Infanterie- und 50. Reserve-Division nicht mit der erhofften Schnelligkeit Boden. Bei der 50. Reserve-Division hatten Teile erhebliche Verluste gehabt, andere beim Aufrollen der russischen Vorstellung zwar viele Gefangene eingebracht, aber auch Zeit verloren. Verdrahtungen der ausgedehnten Waldstücke behinderten das rasche Folgen hinter dem Gegner, dessen Rückzug sich nach Beobachtungen der Flieger an den Brücken von Pultusk staute, von der deutschen Artillerie aber nicht wirksam gefaßt werden konnte. Auch die Flieger selbst waren nach damaliger Ausstattung nicht in der Lage, ihn durch Bombenabwurf ernsthaft zu stören. Die Angriffsbewegung kam gegen Abend vor der inneren Verteidigungslinie zum Stehen, die im Anschluß an die beiden ständigen Werke die Stadt Pultusk und die Übergangsstellen unmittelbar deckte und stark besetzt schien. Frische Kräfte, die imstande gewesen wären, den Angriff wieder in Gang zu bringen, fehlten, denn die inzwischen dem XVII. Reservekorps über-wiesene Division Menges (Landwehr und Ersatztruppen) war nach
Durchführung des Angriffs auf Pultusk und Rozan.
313
25 Kilometer Anmarsch, der teilweise in unmittelbarem Anschluß an 40stün-dige Bahnfahrt geleistet wurde, derart ermüdet, daß mit ihrem Eingreifen an diesem Tage nicht mehr zu rechnen war. So meldete General von Plüs-kow um 8° abends an General von Gallwitz: „In Anbetracht der großen Anstrengungen und der hereinbrechenden Dunkelheit muß vom Sturm heute abend noch abgesehen werden. Bei Tagesanbruch soll die Stellung durchbrochen werden." Inzwischen hatte die 1. Garde-Reserve-Division bei Chmielewo und Gnojno Infanterie auf das Südufer des Rarew gebracht. Aber erst um 3° nachts sollte eine Brücke fertiggestellt sein, so daß die Division auch dann erst in den Rücken von Pultusk vorgehen konnte. Dieser Bedrohung — so glaubte General von Plüskow — werde sich der Gegner aber wohl durch rechtzeitige Räumung des Westufers entziehen.
Im Raume des XVII. Armeekorps war der Rarew-Llbergang der 38. Infanterie-Division, die den Feind erst am vorhergehenden Nachmittage vom Nordufer vertrieben hatte, bei Zambski nicht geglückt, dagegen hatte weiter östlich die 36. Infanterie-Division unter Generalleutnant von Heineccius, deren Infanterie den Fluß teilweise durchwatete, schon am frühen Morgen des 23. Juli das Südufer erreicht und von hier aus vorwärtsgedrängt. Vis zum Mittag gelang es auch dem rechten Flügel der 35. Infanterie-Division, das Südufer zu gewinnen, während Infanterie der 38. Infanterie-Division im Raume der 36. überging und sich dann westwärts Raum schaffte. Der Einbau von Brücken kam aber infolge russischer Gegenwirkung nur langsam vorwärts. Bei der 36. Infanterie-Division traten so große Verluste an Gerät ein, daß auf den Vrückentrain der 35. zurückgegriffen werden mußte, wodurch sich wieder deren Vau verzögerte; die 38. Infanterie-Division konnte bei Zambski erst gegen Abend mit dem Vau beginnen.
Immerhin hatte man im Laufe des 23. Juli auf der 16 Kilometer langen Flußstrecke von Chmielewo bis Vinduzka auf dem Südufer des Rarew festen Fuß gefaßt und einschließlich des Baues der 1. Garde-Reserve-Division vier Brücken beginnen können. Der anscheinend nicht sehr starke Gegner stand aber noch nahe gegenüber, hielt im Bogen von Ostrykol sogar noch das rechte Äser.
Bei Rozan hatte sich General von Matter am 23. Juli darauf beschränken wollen, die Vorstellungen der Rordwestfront vollends in Besitz zu nehmen. Aber auch dieses Teilziel wurde nicht voll erreicht. Da die feindlichen Stellungen noch nicht überall sturmreif schienen, kam es nur zur Wegnahme einiger stark ausgebauter Anlagen nördlich der Pultusker Straße; unter ganz geringen eigenen Verlusten wurden dabei 1100 Gefangene eingebracht. Die etwa 1%Kilometer weiter zurückliegende, eben-
314 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Rarew-Front.
falls stark ausgebaute russische zweite Stellung sollte erst am folgenden oder übernächsten Tage genommen werden. „Ich stimmte in der Hoffnung zu", so schrieb General von Gallwitz später'), „daß sich inzwischen die Erfolge der Nachbarkorps geltend machen würden und bei Rozan stärkeres Blutvergießen vermieden werden könne." Er rechnete dabei einerseits mit der nächtlichen Räumung von Pultusk und weiterem Vorwärtskommen des XVII. Armeekorps, andererseits mit dem noch in Aussicht stehenden Narew-Äbergang des Korps Eben, der in der Frühe des 24. Juli zwischen Rozan und Ostrolenka erzwungen werden sollte.
Bei der 8. Armee hatten die für den 23.Juli gegen den Narew angesetzten. Unternehmungen kein Ergebnis gebracht.
In der Nacht zum 24. Juli erfüllten sich die Erwartungen des Generals von Gallwitz. Die Rüsten räumten Pultusk und Rozan. Teile der 86. Infanterie- und 50. Reserve-Division rückten bereits in der Nacht in Pultusk ein. Am 5°vormittags war die Meldung darüber in den Händen des Oberkommandos, um 6° folgte die Nachricht, daß auch die Vortruppen der 3. Infanterie-Division in Rozan eingedrungen seien. Bei beiden Orten waren die Brücken zerstört, ausgenommen eine Kriegsbrücke und ein Steg dicht nördlich des Ortes Rozan, die aber unter so starkem feindlichen Feuer lagen, daß sie vorerst nicht benutzt werden konnten. Rozan selbst hatten die Rüsten, ähnlich wie schon vorher andere Orte, beim Rückzüge in Brand gesteckt; nur etwa ein Drittel der Häuser konnte noch gerettet werden. Pultusk dagegen wies nur geringe Schäden aus.
General von Gallwitz selbst urteilte später über den Erfolg: „Die berühmte Narew-Linie war nach reichlich sorgsamer Vorbereitung, aber schließlich kurzem Kampfe genommen. Was war über dieses Problem in der Militärliteratur und bei strategischen Aufgaben nicht alles erwogen worden! Es war etwas des Erlebens Wertes. Freilich waren seit dem Angriff bei Przasnysz elf Tage vergangen, für die Kartenentfernung zuviel. Was hatte der Russe aber an Werken in diesem Raum aufgeschichtet, und brav gewehrt hatte er sich meistens auch!" Etwa 37 000 Gefangene und 105 Maschinengewehre, aber nur 14 Geschütze betrug die Gesamtbeute seit dem 13. Juli, davon 8500 Gefangene, 49 Maschinengewehre, aber nicht ein einziges Geschütz aus der Zeit seit dem 18. Juli. In den befestigten Brückenköpfen von Pultusk und Rozan waren wider Erwarten zusammen nur 3600 Gefangene gemacht worden. Der Gegner hatte seine ausgedehnten Verteidigungsanlagen aus dem rechten Narew-Afer in der Hauptsache mit
') von Gallwitz, S. 300.
Übergang über den Fluß und Ergebnis der Kämpfe.
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Infanterie allein so lange zu halten vermocht, bis sie durch den Masseneinsah deutscher Artillerie zerschlagen wurden. Trotz aller Anstrengungen der braven deutschen Truppe, die allein am 23. Juli etwa 3000 Mann Verluste hatte, war es den Russen geglückt, die in den Brückenköpfen eingesetzten Kräfte dann doch noch ohne größere Einbuße an Gefangenen und ohne jeden Verlust an Gerät in einer kurzen Sommernacht über den Fluß zurückzuführen.
Z. Die Fortsetzung des Angriffs gegen den Bug.
a) Einwirkung der Obersten Heeresleitung^).
General von Falkenhayn sah in dem günstigen Verlaufe, derm.mtbro.gu«. die Operationen seit Mitte Juli nicht nur bei der Armee-Gruppe Gall-witz, sondern auch bei der Armee-Abteilung Woyrsch") und der Heeresgruppe Mackensew) genommen hatten, verheißungsvolle Anzeichen für das Heranreifen des zwischen Weichsel, Rarew und Bug erhofften großen Erfolges.
„General von Falkenhayn bringt gute Nachricht. Alles geht im Osten vorwärts. Im Westen ist der Feind ruhig .. . Falkenhayn sagt, es schiene, als würde der Feldzug jetzt im Osten entschieden!" — so schrieb Generaloberst von Plessen am 19. Juli in sein Tagebuch. In solcher Hoffnung hatte sich der deutsche Generalstabschef entschlossen, noch zwei Divisionen vom Westen heranzuholen^). Bisher waren alle Abgaben anderer Kriegsschauplätze der Heeresgruppe Mackensen zugeflossen. Da deren weitere Verstärkung aber wegen langer Transportwege und schwieriger Nachschubverhältnisse nicht vorteilhaft schien, neigte General von Falkenhayn dazu, die beiden Divisionen der 9. Armee zuzuführen, damit diese zwischen Iwangorod und Warschau über die Weichsel in den Rücken des am Rarew noch haltenden Feindes vorstoßen könne. Er ging dann aber auf den Vorschlag des Generalobersten von Conrad ein, der den Einsatz bei der Armee-Gruppe Gallwitz befürwortete. General von Falkenhayn teilte daher am 20. Juli dem Oberbefehlshaber Ost mit: „Nach Verlauf der jüngsten Ereignisse ist es in hohem Grade wahrscheinlich, daß die Entscheidung in dem Kampf gegen Rußland in dem Raum südlich des Rarew fallen wird. In ihm ist daher der Einsatz auch des letzten, an anderer Stelle nicht unbedingt nötigen Bataillons gerechtfertigt und erforderlich. Seine Majestät hat infolgedessen die Heranführung der 54. und 58. Infanterie-Division sowie des Minen-werfer-Vataillons Rr. 1 vom Westkriegsschauplatz befohlen. Der Trans-
0 Karten 6 und 7. — 2) S. 394. — --) S. 390 ff. — *) S. 100.
316 S)er Stngriff des Oberbefehlshabers Off gegen die russische Narew-Front.
Port beginnt am 20. Juli')." Am Angabe der beabsichtigten Verwendung und der gewünschten Ausladebahnhöfe wurde ersucht.
20. Juri. Als dieses Fernschreiben beim Oberbefehlshabers) st einging, war es 2° nachmittags^). Der Gegner hatte am vergangenen Abend das auf dem Westufer des Narew gelegene Fort von Ostrolenka geräumt, die Armee-Gruppe ©allwitz soeben den ersten Erfolg auch gegen Rozan gemeldet, die Schwere der später einsetzenden russischen Gegenangriffe über den Narew zwischen Pultusk und Ostrolenka war aber noch nicht erkannt. Man war im Stabe noch voller Hoffnung, die Narew-Linie rasch zu überwinden. Links der Weichsel war die 9. Armee im Vordringen gegen die Grojec— Vlonie-Stellung"), der rechte Flügel der Armee-Abteilung Woyrsüss) näherte sich von Süden her der Festung Iwangorod. Auf der Front von Lomza über Osowiec und Kowno bis Schauten war die Lage im wesentlichen unverändert; im äußersten Norden war der linke Flügel der Njemen-Armee bis dicht vor Mitau gekommen^).
Der Oberbefehlshaber Ost war im Gegensatz zu der Obersten Heeresleitung nach wie vor der Ansicht, daß der Stoß über den unteren Narew operativ unwirksam bleiben werde, und daß je eher, desto besser alle verfügbare Kraft am Njemen eingesetzt werden müsse; der Rückzug der Russen aus dem linken Äser der mittleren Weichsel mochte ihn in dieser Ausfassung bestärken. Cr hatte daher schon tags zuvor die überzählige dritte Brigade der Division Menges für die 10. Armee bestimmt, um gegen den Njemen und Kowno weiter vorwärts zu drücken, nach einer Tagebuchaufzeichnung des Generalmajors Groener aus jener Zeit dachte er dabei an einen „Durchbruch bei Olita . Nur ein Erfolg im Njemen-Gebiet schien jetzt noch operative Wirkung zu versprechen. Den Entschluß über die Verwendung und die Ausladebahnhöfe für die vom Westen anrollenden Divisionen wollte sich der Oberbefehlshaber Ost daher vorbehalten, bis die Anfänge am übernächsten Morgen die Weichsel erreichten; bis dahin sah er voraussichtlich auch klarer über das weitere Ergebnis des Angriffs am Narew. Hier trieb er scharf vorwärts und entsprach damit auch den Wünschen der Obersten Heeresleitung. Bei dieser bat General Ludendorff in einem Ferngespräch"), das er mit Generalmajor Tappen führte, die Entscheidung über den Einsah der beiden Westdivisionen bis zum Morgen des 22. Fuli zu verschieben, und gab dabei der Aberzeugung Ausdruck, daß die Armeen Gall-wih und Scholh auch ohne die beiden in Aussicht gestellten Divisionen glatt
') 6.100. — 2) S. 307 f. — 8) S. 335 f. — *) S. 396. — °) S. 460.
6) Diese und die folgenden Ausführungen nach einem von General von Falkenhayn zwei Tage später (am 22. Juli) eigenhändig gemachten Aktenvermerk.
Auseinandersetzung mit der Obersten Heeresleitung.
317
über den Narew und den Vug kommen und die von der Obersten Heeresleitung geforderte Wirkung auf die Kämpfe bei Lublin ausüben würden'). Daher böte sich jetzt vielleicht doch Gelegenheit, die neuen Divisionen gegen die russische Njemen-Front einzusetzen.
Inzwischen hatten aber die Creignisie des 20. Juli die Aussicht, rasch über den Narew zu kommen, erheblich gemindert^). Cs schien, daß der Gegner vor der 9. Armee Kräfte wegzog und dadurch seine Narew-Front verstärkte. So hielt der Oberbefehlshaber Ost jetzt scharfes Zufassen der 9. Armee für möglich und auch notwendig. Cr gab ihr abends den Befehl, die feindlichen Stellungen auf dem linken Weichsel-Afer zu durchbrechen, um oberhalb von Warschau den Strom zu überschreiten^). Er begegnete sich dabei mit den Gedanken des Generals von Falkenhayn^). Er dachte an Zusammenwirken mit dem linken Flügel der Armee-Abteilung Woyrsch und wurde in diesem Sinne möglicherweise auch bei der Obersten Heeresleitung vorstellig^). Im übrigen traf er nunmehr die ersten Anordnungen für die Einschließung von Nowogeorgiewsk.
Am 21. Juli morgens ging die Entscheidung des Generals v o n F a l -k e n h a y n ein. Mochte schon der nicht voll befriedigende Verlauf des 20. Juli an der Narew-Front leise Zweifel bei ihm wachgerufen haben, ob sich die hochgespannten Hoffnungen erfüllen würden, die er gerade in den letzten Tagen an die Gesamtoperation geknüpft hatte, so mußte es ihn vollends nachdenklich stimmen, daß inzwischen auch die Offensive der Heeresgruppe Mackensen vor unerwartet hartnäckiger Gegenwehr zum Stillstand zu kommen drohte. Trat das ein, so war das Gelingen der ganzen Operation in Frage gestellt. Dringendstes Erfordernis schien es ihm daher, den Angriff auf die Narew-Front in Fluß zu halten. Cr teilte General Ludendorff mit: „Da die Lage zwischen Vug und Weichsel baldige Entlastung durch den Stoß von Norden dringend verlangt, kann ich zu meinem
') Im Entwurf des Gen. von Falkenhayn vom 20. Juli zu einem Schreiben an Gen. Ludendorff, das aber nicht abgesandt worden ist, heißt es: „Wenigstens sagte mir Tappen, Sie hätten — in Abweichung von Ihrer und des Feldmarschalls Ansicht in Posen — gemeint, die Kräfte der Armeen Gallwitz und Scholtz würden vollkommen genügen, den Angriff über den Narew und den Vug so weit vorzutragen, daß ihre Einwirkung auf die Creignisie bei Lublin sicher wäre."
2) S. 308 f. — --) S. 336. — 4) S. 315.
6) Major von Fleischmann brachte in einem Gespräch mit der ö.-u. Heeresleitung in der Nacht zum 22. Juli zum Ausdruck, daß der damals auch von der O. H. L. erwogene Vorstoß der Armee-Abteilung Woyrsch über die Weichsel (S. 397 f.) zuerst »on Gen. Ludendorff angeregt worden sei (Akten des Kriegsarchivs Wien).
318 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
21.1««. Bedauern Abänderung des allgemeinen Operationsplanes im Sinne der dortigen Anregung, die von Westen kommenden Divisionen gegen die Njemen-Front einzusetzen, nicht ins Auge fassen."
Inzwischen hatte der Gegner vor der 9. Armee die Grojec-Stellung in der Nacht geräumt. Bei der Njemen-Armee war jetzt auch der ganze Süd-flügel im Vorrücken, 3400 Gefangene waren gemeldet. Schauten war wieder genommen. Am 12“ mittags traf eine weitere Mitteilung des Generals von Falkenhayn an General Ludendorff in Lötzen ein, in der es hieß: „Auch für den von Ihnen im gestrigen Ferngespräch mit Tappen erwähnten Fall, daß Gruppe Gallwitz gut vorwärtskäme, würde nach meiner Ansicht jetzt leider noch keine Abweichung von den Allerhöchsten Bestimmungen eintreten dürfen."
Nun wandte sich Generalfeldmarschall von Hindenburg um 12“ mittags selbst an die Oberste Heeresleitung: „Auch bei uns besteht Absicht, Narew-Linie unter allen Umständen zu durchstoßen. Da jedoch Möglichkeit vorhanden war, dies Ziel auch ohne Einsatz der neuen Einheiten zu erreichen und ihre Verwendung weiter östlich dann wirksamer werden mußte, hat General Ludendorff meine Absicht mitgeteilt, endgültige Bestimmung des Cinsatzpunktes aufzuschieben, bis Anfänge der Divisionen die Weichsel überschreiten." Als Antwort hierauf legte General vonFalkenhayn seine Auffassung eingehend dar: Wegen der Lage am Balkan dränge die Zeit. Cs sei aber nicht anzunehmen, daß die Heeresgruppe Mackensen nach den Leistungen und Anstrengungen, die sie schon hinter sich habe, „aus sich selbst schnell vorwärtskommen" werde; auch die Mitwirkung der Armee-Abteilung Woyrsch und der 9. Armee genüge nicht. „So bleibt nur übrig, alles daran zu setzen, die Narew-Stoßgruppe so stark wie irgend möglich zu machen, damit sie schnell die Entscheidung erzwingt, und deshalb ist Zuteilung der beiden frischen Westdivisionen an sie erfolgt. — Das hindert nicht, daß, sobald sichere Anzeichen über Zusammenbruch und Nachgeben des Feindes zwischen Weichsel und Bug erkennbar werden, starke Kräfte von der Narew-Stoßgruppe an den Njemen geworfen werden, um den von Euerer Exzellenz angestrebten Zweck zu verfolgen." Voraussetzung sei nur „beschleunigter Ausbau von Bahnlinien von der ostpreußischen Grenze an und über den Narew". Sie bildeten auch nach der Auffassung des Oberbefehlshabers Oft1) die Vorbedingung für ungehinderten Fortschritt der Armee-Gruppe Gallwitz.
Der Oberbefehlshaber Ost entschloß sich nunmehr, von den beiden anrollenden Infanterie-Divisionen die 54. dem linken Flügel der
0 Mitteilung des Gen. Ludendorff vom Dezember 1931 an das Reichsarchiv.
Auseinandersetzungen mit der Obersten Heeresleitung.
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Armee-Gruppe Gallwih, die 58. der 8. Armee zuzuführen, um jetzt auch auf dem bisher nur dünn besetzten Frontabschnitt östlich von Ostrolenka vor-wärtszudrücken. So wie die Dinge lagen, teilte er die Auffassung des Generals von Falkenhayn. „Cs muß", heißt es in seinem Kriegstagebuch, „zunächst die einmal begonnene Rarew-Operation durchgeführt werden. Jedoch wird hier bezweifelt, daß die Narew-Operation zu einer Entscheidung führen kann. Die Entscheidung liegt bei Kowno, Wegnahme dieser Festung und Vorstoß Richtung Wilna." Man befürchtete, wie im Stabe immer wieder erörtert und betont wurde, „daß der Russe bei seiner großen Gewandtheit im Rückzüge am Rarew unter Opferung von Nachhuten den Kops aus der Schlinge ziehen werde'").
Am 22. Juli legte Generalfeldmarschall von Hindenburg seine Absichten der Obersten Heeresleitung dar: „Rach den Befehlen Seiner Majestät wird von mir der größte Nachdruck auf die Operationen gegen den Rarew gelegt. Da Rarew zur Zeit noch nicht überschritten ist, werden die neuen Infanterie-Divisionen bei Puppen und Kolno ausgeladen, um Rarew-Stoßgruppe zu verstärken. Rach überschreiten des Rarew wird rechter Flügel Gallwih mit möglichst schwachen Kräften die Befestigungen bei Zegrze nehmen, Rowogeorgiewsk von Norden und Nordosten einschließen und es angreifen. 9. Armee hat russische Stellung vorwärts Warschau zu durchbrechen, um dann mit Teilen die Weichsel oberhalb zu überschreiten und Warschau anzugreifen. Ein enges Zusammenwirken zwischen 9. Armee und dem rechten Flügel Gallwih ist bei dem Kampf um Warschau und Rowogeorgiewsk unerläßlich und wird von mir im Auge behalten, ebenso das Freimachen von Teilen der 9. Armee zur Offensive nach Osten. 10. Armee2) greift mit ihren schwachen Kräften weiter an. Njemen-Armee2) führt ihren taktischen Erfolg durch. Ich behalte mir die Entscheidung noch vor, wieweit sie in Richtung Wilna vorgeführt wird. — Ich weise pflichtgemäß darauf hin, daß ich noch immer von einer Verstärkung der 10. Armee und Wegnahme von Kowno einen durchschlagenden Erfolg und eine schnelle und entscheidende Entlastung von Mackensen erwarte."
Der 23. Juli brachte die bereits geschilderten^) Fortschritte der Armee-Gruppe Gallwih gegen Pultusk und Rozan und den Rarew-Übergang zwischen beiden Plätzen. Außerdem aber konnte Generalfeldmarschall von Hindenburg dem Kaiser abends auch einen vollen Sieg der Rjemen-Armee melden2). Die seit dem 14. Juli gemachte Beute betrage dort etwa 27 000 Ge-
J) Mitteilung des Obersten von Waldow vom Sommer 1931 an das Reichsarchiv. Ähnlich berichtete am 20. Juli 1915 auch Major von Fleischmann an die ö.-u. Heeresleitung (Akten des Kriegsarchivs Wien).
2) S. 473. — 3) S. 461 f. — *) S. 313 f. — 5) S. 462 f.
22. Juki.
23. Juli.
320 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Rarew-Front.
24, IM.
fangene und 23 Geschütze. Nach Meldung des Generals von Velow sei „das bei Schauten fechtende Gros der russischen 5. Armee zersprengt". Diesen Erfolg weiter auszubauen, fehlte es aber an Kräften, denn die ganze Sorge des Oberbefehlshabers Ost galt jetzt zunächst der Fortführung der Narew-Operation. Sie sollte nach Überwindung des Flusses eine mehr östliche Richtung erhalten. Man konnte dann je nach Bedarf mit dem rechten Flügel in der Gegend von Wyszkow den Bug-Übergang erzwingen und damit den noch bei Warschau haltenden Russen unmittelbar in den Rücken gehen, oder auch — auf dem rechten Bug-Ufer bleibend — die Richtung auf Brest Litowsk und damit gegen die Tiefe der russischen Verbindungen einschlagen. Ein entsprechender Befehl wurde bereits nach den ersten Meldungen über die bei Pultusk errungenen Erfolge mittags an die Armee-Gruppe Gallwitz und an die 8. Armee gegeben*).
Die am folgenden Tage, dem 24. Juli, eingehende Entscheidung der OberstenHeeresleitung deckte sich — soweit die Weiterführung der Rarew-Operation in Frage kam — mit dem, was der Oberbefehlshaber Ost bereits angeordnet hatte. Sie lautete: „Reich Kenntnisnahme der Absichten Euerer Exzellenz hat Seine Majestät befohlen: Die schleunige Fortführung der Operationen der Rarew-Stoßgruppe in allgemein südöstlicher Richtung ist notwendig. Je mehr es dabei gelingt, den Nachdruck auf den linken Flügel zu legen, um so bester wird es sein. Die Ausladungen bei Kolno und Puppen bahnen dies ja schon an. Die Maßnahmen gegen die Festungen Warschau, Rowogeorgiewsk und Zegrze werden dem leitenden Gedanken anzupassen, daher vorläufig so wenig Kräfte wie irgend möglich dagegen einzusetzen sein. Auf die Einnahme der Festungen wird im Vergleich zu der Bedeutung des Stoßes nach Südosten gegenwärtig kein Wert gelegt. — Die Absicht Euerer Exzellenz, Teile der 9. Armee nach Durchbrechen der Vorstellung bei Vlonie—Radarzyn über die Weichsel anzusetzen, kommt den Plänen der Obersten Heeresleitung entgegen. Eine Verstärkung der 10. Armee ist zur Zeit leider noch nicht durchführbar, womit auch der Schlußsatz des Telegramms beantwortet wird. Von hoher Bedeutung für die Gesamtoperationen wird es sein, wenn die Njemen-Armee zum wenigsten mit starker Kavallerie gegen die russischen rückwärtigen Verbindungen in die Gegend von Wilna bald vorgeht."
Damit war in den augenblicklich zu treffenden Maßnahmen die Übereinstimmung mit der Obersten Heeresleitung wiederhergestellt. Das Verhältnis zu ihr hatte aber durch die Schärfe der vorangegangenen Aus-
Die Fortsetzung des Angriffs gegen den Vug.
321
einandersetzungen eine unerwünschte Zuspitzung erfahren; die tiefer liegenden Gegensätze waren nicht behoben.
b) Die Kämpfe der Armee-Gruppe Gallwitz und der 8. Armee vom 24. bis 26. Juli*).
Karten 6 und 7, Skizzen 21 und 22.
Der Befehl des Oberkommandos O ft, der am Nachmittag23.tmt>24.3#a. des 23. Juli bei General von Gallwitz einging, lautete: „Nach Erzwingung des Narew hat rechter Flügel der Armee Gallwitz Dembe, Zegrze und Ven-jaminow zu nehmen und Nowogeorgiewsk anzugreifen^). Masse der Armee hat Vormarsch über Linie Myszkow—Ostrom und Straße Ostrom—Lomza bis zum Ruz-Vach fortzusetzen. — Rechter Flügel 8. Armee Hat längs des Ruz-Vaches vorzugehen." Dabei sollte ihm, wie sich aus einer späteren Meldung des Generals von Gallwitz an die Oberste Heeresleitung ergibtl durch den Vormarsch der Armee-Gruppe Gallwitz der Weg geöffnet werden. Da der Kampf um die Narew-Äbergänge bei Eingang dieses Befehls noch in vollem Gange war, gab General von Gallwitz im Sinne des Heeresbefehles zunächst nur dem Korps Plüskow die neue Weisung, nach Wegnahme von Pultusk die Richtung auf Wyszkow einzuschlagen. Dem X VII. Armeekorps befahl er, mit dem rechten Flügel auf dem Höhenrande südöstlich von Zambski festen Fuß zu fassen und mit der 35. Infanterie-Division den Rarew-Äbergang im vorspringenden Vogen von Ostrykol zu erzwingen.
Als sich dann am Morgen des 24. Juli herausstellte, daß der Gegner die Brückenköpfe von Pultusk und Rozan bereits geräumt hatte, folgte ein Armeebefehl, der den Vormarsch gegen den Bug regelte. Die Gruppe Veseler (Korps Dickhuth und 14. Landwehr-Division, zu der die Brigade Pfeil zurücktrat, und zwölf bis dahin an der Narew-Front verwendete schwere und schwerste Batterien) hatte Nasielsk zu nehmen und sich gegen die Nord- und Nordostfront von Nowogeorgiewsk zusammenzuziehen.
Im Raume Pultusk—Rozan war bis zum Morgen des Tages nur die Brücke bei Chmielewo (1. Garde-Reserve-Division) sowie die bei Zambski und Rowy (38. und 36. Infanterie-Division) benutzbar, und erst nachmittags wurde eine vierte Brücke bei Pultusk fertig; mehrfach hatte russisches Feuer, das noch auf den Übergangsstellen lag, den Vau verzögert. Die Bewegung sollte in folgender Gliederung fortgesetzt werden:
Das XVII. Neservekorps (85. Landwehr- und 86. Infanterie-Division, dazu jetzt statt der Division Menges die 1. Garde-Reserve-Division) hatte
*) Anschluß an S. 315. — -) S. 309 und 375 ff. Weltkrieg. VIII. Band.
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Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
».Sun. beiderseits des Narew nach Süden und Südosten vorzurücken, linker Flügel auf der Straße nach Wyszkow, und die Deckung gegen Warschau zu übernehmen. Das Korps Plüskow (jetzt 50. Reserve-Division, Division Menges und 38. Infanterie-Division), das XVII. Armeekorps (36. und
35. Infanterie-Division) und das Korps Matter (wie bisher 26. und 3. Infanterie- und 4. Garde-Infanterie-Division) erhielten die Richtung auf Wyszkow (ausschließlich)—Ostrow. Das Korps Eben (wie bisher 83., 2. und 37. Infanterie-Division mit nur geringer schwerer Artillerie) bekam den westlich des Ruz-Vaches liegenden Abschnitt der Straße Ostrow (ausschließlich)—Lomza als Ziel.
Inzwischen hatten heftige Regengüsie eingesetzt. Im Laufe des Tages wurde rechts des Narew ohne wesentliche Kämpfe die Gegend von Nasielff und östlich erreicht. Links des Flusies hing das Vorwärtskommen zunächst von der Schnelligkeit ab, mit der die Truppen über die Brücken vorgeführt werden konnten, dann aber machte sich hier bald auch neuer russischer Widerstand bemerkbar. Die 86. Infanterie-Division, die bei Pultusk erst spät übergehen konnte, stieß abends zwölf Kilometer südlich der Übergangsstelle am Prut-Abschnitt auf Feind in starker Stellung. Links daneben kamen, nach ununterbrochenen Plänkeleien in den Waldungen östlich von Pultusk, die 1. Garde-Reserve-Division und die 38. Infanterie-Division bis etwa auf gleiche Höhe mit jener Division, während die 50. Reserve-Division und die Division Menges, die erst später hatten übergehen können, noch zurück waren. Nördlich des ausgedehnten Pulwy-Vruches, der aber zur Zeit im wesentlichen trocken war, kam das XVII. Armeekorps mit der
36. Infanterie-Division auf dem linken Narew-Ufer bis in Höhe der Schleife von Ostrykol. Der 35. Infanterie-Division glückte der Brückenschlag in dem Flußbogen selbst an zwei Stellen, dann aber lag sie vor sich verstärkendem feindlichen Widerstand in engen Brückenköpfen fest. Ähnlich ging es dem Korps Watter, das angesichts starker russischer Abwehr bei Rozan nur schwache Infanterie über den Fluß zu bringen vermochte. Auch dem Korps Eben gelang es nicht, vorwärtszukommen. Wohl hatte seine 83. Infanterie-Division unter Generalleutnant Stumpff zwei, weiter nördlich bei Kamionka die 2. Infanterie-Division unter Generalleutnant von Falk vier Bataillone über den Narew gebracht. Diese schwachen Kräfte, die den Fluß durchwatet hatten, vermochten sich aber gegen immer wiederholte russische Angriffe nur unter starken Verlusten und mit äußerster Mühe zu behaupten; Flankenfeuer aus gut versteckten Stellungen hinderte ihre Verstärkung wie ihre Versorgung mit Munition und Verpflegung.
Gerade das Vorwärtskommen des linken Armeeflügels lag dem Oberbefehlshaber aber jetzt besonders am Herzen. Blieb diesem der Erfolg ver-
Zwischen Narew und Bug. Neuer Aufenthalt.
323
sagt, während der rechte Flügel Gelände gewann, so ergab sich eine Schwenkung, die mehr und mehr zu rein frontalem Nachdrängen hinter dem allmählich ostwärts weichenden Feinde führen mußte; auf operative Wirkung war dann kaum noch zu hoffen. Am Fernsprecher erkundigte sich General von Gallwih nachmittags eingehend bei General von Eben nach den Aussichten des Flußüberganges nördlich von Rozan und erwog, ihn nunmehr doch bei Ostrolenka zu versuchen, wie es auch General von Eben ursprünglich beabsichtigt hatte1); aber auch hier hatte sich der Gegner inzwischen verstärkt, und ein neuer Versuch an dieser Stelle erforderte so umfangreiche Umgruppierungen an Truppen und Munition, daß er erst am 27. Juli unternommen werden konnte. Das schien jedoch zu spät. So stimmte General von Gallwitz dem Vorschlage des Generals von Eben zu, der — ohne allerdings eine Gewähr für den Ausgang übernehmen zu können — in Übereinstimmung mit dem bei Kamionka befehligenden Generalleutnant von Falk der Hoffnung war, daß man dort, wenn auch in zähem Ringen, allmählich zum Ziele kommen werde. „Wir müssen unbedingt durchkommen", so heißt es in der beim Oberkommando Gallwih über diese Aussprache gemachten Aufzeichnung, „es ist für die Operation von größter Bedeutung".
In der irrigen Annahme, daß General von Eben nun doch bei Ostrolenka übergehen werde, hielt sich die 8. Armee bereit, sich diesem Vorgehen mit dem eigenen rechten Flügel anzuschließen.
Bis zum Morgen des 25. Juli waren bei der Armee-Gruppe Gallwitz im Raume Pultusk—Rozan sieben Rarew-Brücken fertig, je eine weitere wurde acht Kilometer südlich von Pultusk und bei Rozan begonnen. Der Feind aber hatte inzwischen Zeit gehabt, sich wieder zu setzen und weiter zu verstärken. An der Front von Rowogeorgiewsk bis Lomza, beide Plätze einschließlich, schienen jetzt bis zu 17 russische Divisionen^) zu stehen, am dichtesten gerade vor dem Teil der deutschen Front, an dem der Narew bereits überschritten war. Gleichzeitig machten sich neue Stockungen im R a ch s ch u b, vor allem in der Zuführung von Munition, bemerkbar; die Wege von den Voll- und Feldbahnendpunkten waren länger geworden, die wenigen vorhandenen Straßen bei starkem Verkehr und neuen Regengüssen völlig zerfahren und vielfach grundlos. So ergab sich an der kämpfenden Front eine Munitionsknappheit, die rascher Fortführung des An-
!) S. 309.
2) Nach einer Lagenkarte, die 63. I. D., I. turk. Korps, IV. Korps, 2. Z. D., XXVII. Korps, I. fib. Korps, XXI. Korps, IV. sib. Korps, V. Korps aufführte, außerdem einige einzelne Brigaden und drei Kav. Div. — Tatsächlich zählte der Gegner sogar 20 Inf.- und dreieinhalb Kav. Div.
21*
25.ZU«.
324 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Rarew-Froni.
25.Juli, griffs um so mehr hinderlich wurde, als die Ansprüche der Infanterie an kräftige Llrtillerievorbereitung wuchsen. Cs begannen Klagen über Munitionsmangel; es mußte gespart werden. Das Korps Eben hatte am 24. Juli bereits gemeldet, um bei Ostrolenka überzugehen, müsse es erst die bei Kami-onka bereitgelegte Munition von dort abholen.
General von Gallwitz hatte die Leitung des Angriffs zwischen dem Narew südlich von Pultusk und dem Pulwy-Vruch General von Plüskow übertragen. Der Tag verging hier mit dem Vorfühlen gegen die neuen russischen Stellungen und sonstigen Angriffsvorbereitungen. Nördlich des Pulwv-Bruches schloß das XVII. Armeekorps nach vorwärts auf und näherte sich der am Ostrande der Niederung verlaufenden Bahn Wyszkow— Ostrolenka, an der der Gegner in anscheinend starker Stellung wieder Front gemacht hatte. Beim Korps Matter lagen die Brücken von Rozan immer noch unter russischem Feuer. Die Infanterie sehte sich im Vorland der Narew-Niederung fest, die gesamte Artillerie stand aber abends noch auf dem Westufer. „Für die Divisionen des Korps handelte es sich zunächst darum, die gewonnenen Stellungen einzurichten", heißt es an diesem Tage im Kriegstagebuch des Korps. Auch dem Korps Eben blieb jeder weitere Erfolg versagt. Die Lage der östlich des Fluffes heldenmütig ringenden, inzwischen auf acht Bataillone verstärkten Truppen wurde immer schwieriger, da es trotz aller Bemühungen nicht gelang, das russische Artillerie-unb Maschinengewehrfeuer zum Schweigen zu bringen; es kam aus Waldstellungen, die nicht aufzufinden waren und daher bei beschränkter Munition nicht niedergekämpft werden konnten. So stiegen die Verluste an dieser einen Stelle auf fast 1000 Mann. Als besonderes Erschwernis trat hinzu, daß sich die Wassertiefen der Furten durch den Einschlag schwerer russischer Granaten und durch Regen derart veränderten, daß schließlich fast jede Verbindung zum Ostufer unterbrochen war.
Bei der 8. A r m e e war es der 75. Reserve-Division gelungen, östlich der Szkwa-Mündung eine Kompagnie über den Fluß zu bringen; weitere Fortschritte wurden aber auch hier durch starke feindliche Gegenwirkung verhindert.
Die Hoffnung, daß es nach der Überwindung des Narew bei und östlich von Pultusk flott vorwärts gehen und dadurch der Übergang weiter oberhalb erleichtert werden würde, schien sich nicht zu erfüllen. Bei einem Ferngespräch, das General von Gallwitz mit dem Oberkommando Ost') hatte, wünschte General Ludendorff mehr Nachdruck hinter dem XVII. Armeekorps, um zwischen Bug und Narew nach Osten Raum zu ge-
') Nach von Gallwitz, S. 307.
Zwischen Narew und Vug. Russischer Gegenangriff.
325
mittuen1). Demgegenüber hielt General von Gallwitz selbst das Vorwärtsdrücken und Herumschwenken des aus vier Divisionen verstärkten Korps Matter nach Süden gegen den Vug für erstrebenswert. Es kam ihm deshalb darauf an, auch seinen linken Flügel über den Narew zu bringen. Da es bei Kamionka nicht vorwärts ging, regte er bei General von Eben nochmals an, den Übergang nun doch bei Ostrolenka im Raume der 37. Infanterie-Division zu versuchen, und stellte ihm dazu die anrückende 54. Infanterie-Division zur Verfügung. Mit dieser Verstärkung glaubte General von Eben, die Aufgabe lösen zu können; er setzte die 54. Infanterie-Division für den 26. Juli auf Ostrolenka an.
Vei der 8. Armee hoffte General von Scholtz, durch scharfes Zusammenfassen der Truppen mit Anbruch des nächsten Tages den Übergang im Raume der 75. Reserve-Division zu erzwingen. Hinter ihr war inzwischen auch die 58. Infanterie-Division eingetroffen. So stand jetzt auf der Grenze der beiden Armeen im Raume Ostrolenka—Szkwa-Mündung die Stoßkraft von im ganzen vier angriffstüchtigen Divisionen bereit.
Vei der Armee-Gruppe Gallwitz sollte der Angriff am26.Juli rs.Ju«. auf der ganzen Front fortgesetzt werden. Auf dem rechten Flügel hatte das Korps Plüskow den Hauptstoß zu führen, indem es die russische Stellung bei Pniewo an der Straße nach Wyszkow durchbrach. Bevor es aber dazu kam, setzte, etwa 8° morgens beginnend, auf 60 Kilometer Breite ein allgemeiner russischer Gegenangriff ein. Sein linker Flügel traf westlich des unteren Narew die 85. Landwehr-Division, sein rechter die 4. Garde-Infanterie-Division nordöstlich von Rozan. In stellenweise erbittertem Ringen gelang es, den Gegner überall abzuweisen, ihm etwa 3000 Gefangene abzunehmen und an einzelnen Punkten im Nachstoß auch örtliche Vorteile zu erringen. Im ganzen aber hatte der, wie es schien, mit erheblicher Kraft an Menschen und Munition geführte russische Stoß die deutschen Truppen doch stark in Anspruch genommen. Die 50. Reserve- und die 1. Garde-Reserve-Division hatten zusammen abermals 1500 Mann verloren; allgemein waren die Kräfte der Truppe sehr erschöpft, die Artilleriemunition knapp. General von Plüskow meldete, daß ein neuer Angriff vor (Eintreffen ausreichender Munitionsmengen nicht möglich sei. Beim Korps Matter hatte der russische Vorstoß nur den Südflügel getroffen und war leicht abgewiesen worden. Im Anschluß daran war es gelungen, in den Waldungen östlich von Rozan weiter vorzudringen. Auf dem linken Flügel hatte die 83. Infanterie-Division des Korps Eben mitgewirkt, die in-
1) Mitteilung des Gen. Ludendorff vom Dezember 1931 an das Reichsarchiv.
326 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
26. Juli, zwischen der 4. Garde-Infanterie-Division über den Fluß nachgeführt worden war. Der Brückenkopf auf dem Ostufer des Rarew bei Rozan war damit in dreitägigem Kampfe aber doch erst auf etwa drei Kilometer Tiefe erweitert, dabei allerdings auch gegen Norden. Das — hoffte man — werde der 2. Infanterie-Division bei Kamionka zugute kommen, die immer noch unter den schwierigsten Verhältnissen um den Übergang kämpfte. Trotz ernster Verluste wollte Generalleutnant von Falk hier nicht nachgeben, sondern verstärkte weiterhin die übergegangenen Teile, ohne daß diese allerdings wesentlich nach vorwärts Raum gewannen.
Bei Ostrolenka traten neue Verzögerungen ein. General von Gallwitz, der auf rasches Vorwärtskommen gerade an dieser Stelle besonderen Wert legte und daher drängte, mußte den Einwendungen des Generals von Eben nachgeben, der den Kbergang nach den Erfahrungen von Kamionka nur nach gründlicher Vorbereitung ausführen lassen wollte. Generalmajor Freiherr von Watter, der Kommandeur der anrückenden 54. Infanterie-Division, meldete, daß er bei allem Streben nach Beschleunigung doch erst am 28. übergehen könne. Dazu wirkte unter anderem mit, daß die ungewohnten Wegeverhältniffe des Ostens für seine aus dem Westen kommenden Fahrzeuge große, durch Regengüffe noch gesteigerte Schwierigkeiten boten.
Auch bei der 8. Armee wurden am 26. Juli kaum Fortschritte erzielt. Zwei Bataillone der 75. Reserve-Division erreichten das linke Rarew-Afer; ihre Lage drohte aber schwierig zu werden, als der Gegner durch Artilleriefeuer und Scheinwerferbeleuchtung auch hier den Brückenschlag hinderte.
In einer vormittags von der Obersten Heeresleitung unmittelbar eingeforderten Meldung über die Lage hatte General von Gallwitz über seinen jetzigen Auftrag berichtet und seine Kräfte gegen den bisher gegenüberstehenden Feind als ausreichend bezeichnet. Zu wirksamer Fortsetzung des Angriffs brauche die Truppe aber eine Ruhepause und vor allem Munition. In der Vorwärtsbewegung mußten daher weitere Stockungen eintreten. General von Gallwitz beschäftigte sich mit dem Gedanken, nunmehr zunächst alle Kraft dem linken Flügel zuzuwenden, mit dem er dann nach Süden einschwenken wollte. Den seines Erachtens weniger dringlichen Angriff des rechten Flügels wollte er aber doch noch verschieben.
e) Der Stillstand im Angriff vom 27. Juli bis 6. August.
27.3»«. Für den rechten Flügel und die Mitte der Armee-Gruppe Gallwitz war der 27. Juli nach den schweren Kämpfen des 26. im wesentlichen ein Tag des Stillstandes. In manchen Abschnitten beobachtete die Truppe, wie der Gegner seine Stellungen ausbaute und verdrahtete; aber
Zwischen Rarew und Bug. Kämpfe ohne Fortschritte.
327
auch sie selbst war zunächst auf Abwehr eingestellt. General von Plüskow hielt ein Herausziehen von Teilen, die besonders schwer gelitten hatten, sogar erst für möglich, „wenn eine rückwärtige Stellung ausgehoben sei".
Auf dem linken Flügel wurde bei Rozan, wo der Gegner das Waldgelände östlich des Flusses nachts geräumt hatte, der Brückenkopf bis Goworowo erweitert und erreichte damit elf Kilometer Tiefe; gleichzeitig konnte sich die 83. Infanterie-Division im Angriff nach Norden der Übergangsstelle von Kamionka bis auf etwa fünf Kilometer nähern; im ganzen wurden mehr als 2000 Gefangene eingebracht. Die für die Lage der 2. Infanterie-Division erhoffte Erleichterung blieb aber zunächst noch aus. Der zum Übergang bei Ostrolenka angesetzten 54. Infanterie-Division fehlten noch die in Aussicht gestellten Pontons sowie ein Teil der Munition, so daß der Fluß-Übergang am 28. Juli früh nach Ansicht der Truppenführer noch nicht möglich schien. General von Eben ließ es aber jetzt bei der einmal festgesetzten Angriffszeit.
Bei der 8. Armee war es der 75.Reserve-Division des Generalleutnants von Seydewitz gelungen, in der Nacht eine Brücke an der Szkwa-Mündung fertigzustellen und im Laufe des Tages ihre gesamte Infanterie trotz feindlichen Feuers auf das Südufer des Narew zu bringen; die 58. Infanterie-Division war hinter ihr eingetroffen. Als weitere Aufgabe dieses Flügels der 8.Armee bezeichnete Generalleutnant Ludendorff jetzt das Vorgehen nach Osten gegen den Rücken von Lomza; zwei Mörser-Batterien des Korps Eben stellte er dazu in Aussicht, sobald dieses Korps den Übergang durchgeführt habe. Da die bei Pultusk und Rozan freigewordenen schweren Batterien zur Gruppe Veseler getreten waren, mußten der linke Flügel der Armee-Gruppe Gallwitz und der rechte der 8. Armee mit ihrer bisherigen Artillerie auskommen, die für die zu lösende Aufgabe recht gering war; das Korps Eben hatte bei drei Infanterie-Divisionen im ganzen nur sechs schwere Steilfeuer-Batterien.
Am 28. Juli morgens meldete die Armee-Gruppe Gallwitz 28.su«. der Obersten Heeresleitung, offenbar auf deren Anfrage, unmittelbar: Auf dem rechten Flügel werde in etwa drei Tagen der Angriff gegen Dembe—Serock möglich sein; „bis dahin erschöpfen sich die Russen in erfolglosen Angriffen". Auch die Prut-Stellung, die sich als stark aus-gebaut erwiesen habe, solle angegriffen werden; es werde aber zwei bis drei Tage dauern, ehe die Munition heran sei. Am Pulwy-Vruch und nördlich werde das XVII. Armeekorps in breiter Front hinhaltend fechten. Wichtig sei jetzt, zunächst dem Korps Eben über den Rarew zu helfen. Wenn ihm der Übergang bei Ostrolenka heute oder morgen gelinge, so könne die Offensive in zwei bis drei Tagen auch auf diesem Flügel mit neun Divisionen
328 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Rarew-Front.
rs.JE. fortgesetzt werden. Als gleich darauf dem Oberkommando Ost von dieser Meldung an die Oberste Heeresleitung berichtet wurde, offenbarte sich deutlich die Verschiedenheit der Ansichten über die weiteren Stete1). Während Oberst Marquard daraus hinwies, „der Kessel um Warschau müsse geschlossen und enger" werden, der linke Flügel dürfe daher nicht weiter gegen die 8. Armee hin gedehnt werden, vielmehr sei diese, wenn möglich, zu verstärken, vertrat Oberstleutnant Hoffmann die Auffassung des Oberbefehlshabers Ost, der sich vom Stoß nach Süden gegen und über den Vug nicht viel versprach, dagegen ostwärts Raum zu gewinnen wünschte; die Armee-Gruppe Gallwitz müsse zunächst mit der 8. Armee zusammenwirken und ihr den Rarew-Kbergang in der Richtung auf Sniadowo öffnen; ehe Lomza nicht gefallen sei, könne sie ohnehin nicht über den Vug.
Vom rechten Flügel der Armee-Gruppe kamen auch an diesem Tage Meldungen über russische Angriffstätigkeit. In einer Aussprache mit dem Korps Plüskow hoffte Oberst Marquard, daß sich die Russen in den fortwährenden Angriffen verbluten würden. Einstweilen sei der deutsche Angriff überall aufgehalten. Als Zeitpunkt für seine Wiederaufnahme beim Korps Plüskow wurde jetzt der 3. August in Aussicht genommen; bis dahin sollte Munition herangeschafft werden. Damit war der rechte Armeeflügel nicht nur — wie noch morgens in der Meldung an die Oberste Heeresleitung angenommen — für drei Tage, sondern für fast eine Woche stillgelegt, der Vorstoß gegen den Vug unmittelbar in den Rücken von Warschau, um dort den Kessel zu schließen, entsprechend weit hinausgeschoben. Aber auch an der übrigen Front ging es am 28. Juli nicht nach Wunsch vorwärts.
Beim Korps Matter war nur ein örtlicher Erfolg bei Goworowo zu verzeichnen; die dem Korps vorübergehend unterstellte, nach Norden angesetzte 83. Infanterie-Division, Ersatz-, Landwehr- und Landsturmtruppen mit nur etwa sechs Batterien, war zu wenig kampffähig, um nach dem Erfolge des Vortages noch Fortschritte zu erzielen. Beim Korps Eben war es der hartnäckig ausharrenden 2. Infanterie-Division zwar gelungen, in der Nacht auch fünf Batterien über den Fluß zu bringen — Teile der 37. Infanterie-Division waren gefolgt —, doch konnte die Lage zunächst auch damit noch nicht entscheidend gefördert werden.
Bei Ostrolenka war der Kbergangsversuch der 54. Infanterie-Division frühmorgens gegen die gut vorbereitete Abwehr des Feindes nur teilweise geglückt, so daß das Armee-Oberkommando angesichts der bei Kamionka gemachten Erfahrungen zur Erwägung stellen ließ, das Unternehmen nun doch
') S. 325.
Zwischen Rarew und DUg. Kämpfe ohne Fortschritte.
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wieder abzubrechen, um die Division über eine südlich von Kamionka inzwischen begonnene Brücke aus das linke Narew-Afer zu bringen. Demgegenüber hielt der Divisionskommandeur, Generalmajor von Matter, die Durchführung des einmal eingeleiteten Unternehmens auch jetzt noch für aussichtsvoll und „im Interesse der Truppe und der Sache" für notwendig.
Cr wollte in der kommenden Nacht an mehreren Stellen, also in breiterer Front, übergehen lassen, womit auch General von Eben einverstanden war. Nunmehr griff aber General von Gallwitz durch den Befehl ein, die Division zum Abmarsch nach Süden bereitzustellen, wo gesicherter Übergang gewährleistet war und gegen den zähen Widerstand des Gegners frische Kampfkraft dringend gebraucht wurde.
Bei der 8. Armee konnte die 75. Reserve-Division ihre Stellung südlich des Narew bei ansteigendem Waffer nicht wesentlich erweitern; ihre Truppen waren, wie es im Kriegstagebuchs heißt, „nach den enormen Anstrengungen am Ende ihrer Kräfte". Zur Weiterführung des Angriffs wurde dem Kommandeur, Generalleutnant von Seydewitz, auch die 58. Infanterie-Division unterstellt und auf dem rechten Flügel eingesetzt.
Der 29. Juli brachte vormittags die überraschende Nachricht, daß die 29.311a. Armee-Abteilung Woyrsch zwischen Iwangorod und Warschau mit mehreren Spitzen das rechte Weichsel-Afer gewonnen habe1). An der eigenen Front aber herrschte völliger Stillstand; der Gegner schien sich hier noch zu verstärken; bei Wyszkow hatten Flieger Ausladungen von Truppen gemeldet, die auf Ostrow weiterzumarschieren schienen. Wenn der Gegner von der Weichsel zurückging, war es möglich, daß er sich nach Norden Luft zu machen suchte. General von Gallwitz befahl daher für seinen ganzen rechten Flügel bis zum XVII. Armeekorps einschließlich, die Stellungen zu verstärken und zu verdrahten und Reserven herauszuziehen. Auf dem linken Armeeflügel sollte am 30. Juli, sofern bis dahin nicht eine „wesentliche Änderung der Lage eintrete", nur das Korps Eben angreifen, zu dem die 83. Infanterie-Division zurücktrat. Das Ziel war, das bei Ostrolenka stehende IV. sibirische Korps von Süden zu umfaßen. Das Korps Matter hatte die rechte Flanke dieses Angriffs zu decken. Wie General von Gallwitz General Ludendorff darlegte2), war seine weitere Absicht nach wie vor: „Rechts hinhalten, gegen die Festungen zunächst noch kein Angriff.
Links mit zehn Divisionen, gegen Osten durch die 8. Armee gedeckt, auf Ostrow—Malkin vorstoßen", also eine große Rechtsschwenkung gegen den Bug. Vom Korps Plüskow sollte die 1. Garde-Reserve-Division als
1) S. 405. — 2) von Gallwitz, S. 310.
330 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
ZI. Juli.
Armeereserve nach Szelkow zurückmarschieren, von wo sie über Rozan zur Verstärkung des linken Armeeflügels herangezogen werden konnte.
Der Angriff des Korps Eben begann am 30. Juli erst mittags und blieb, trotz Einsatzes der 54. Infanterie-Division auf dem rechten Flügel, in seinen Crgebnisien wiederum weit hinter den Hoffnungen des Oberkommandos Gallwitz zurück. Vei dem zähen Widerstand der Russen kam es statt zu ihrer Umfassung nur zu frontalem Zurückdrängen um einige Kilometer in nordöstlicher Richtung. Welche Schwierigkeiten allgemeiner Art raschem Vorwärtskommen entgegenstanden, mit welchem Nachdruck aber die Führung trotzdem an der Erreichung eines großen Zieles durch Angriff festhielt, zeigt eine Weisung, die General von Gallwitz an diesem Tage an die Kommandierenden Generale und Divisionskommandeure gab. In ihr hieß es: „Die großen Erfolge, die beim Kampf um stark befestigte Stellungen durch den Einsatz schwerer und schwerster Artillerie erzielt worden sind, dürfen nicht dazu führen, daß nunmehr auf die Mitwirkung derartiger Kampfmittel auch in solchen Fällen gewartet wird, wo der Kampf ohne sie durchgeführt werden kann." Die 21 orn-Mörser seien gegen stark befestigte Stützpunkte, gegen breite Drahthindernisse, unter Umständen auch gegen Ortschaften mit starkem Mauerwerk bestimmt. Der Nachschub der Munition sei aber schwierig und bei den länger werdenden Verbindungslinien nur auf Kosten der Feldartilleriemunition und der Verpflegung durchführbar. So sehr es geboten sei, der Infanterie „Verluste nach Möglichkeit zu ersparen, so dürfen wir auch die Truppe nicht zu sehr verwöhnen. Flüchtig ausgebaute Stützpunkte, zu deren Herstellung dem Feind nur wenige Tage zur Verfügung standen, müssen unter Mitwirkung der Feldartillerie und schwerer Feldhaubitzen bezwungen werden. Je länger mit dem Angriff auf solche Punkte gezögert wird, um so mehr hat der Feind Zeit, sie zu verstärken".
Auch bei der 8. Armee machte sich Munitionsmangel geltend. Der an westliche Kampfverhältnisse gewöhnte Kommandeur der 58. Infanterie-Division, Generalleutnant von Gersdorff, ließ melden, daß nach seiner Ansicht „mit den vollkommen ungenügenden Mitteln eine Fortsetzung des Angriffs ausgeschlossen" sei. Für den Rarew-Äbergang wurde erst die Nacht zum 2. August in Aussicht genommen.
Seit einer Woche stand die Operation im wesentlichen still. General von Gallwitz führte seinem linken Flügel die 1. Garde-Reserve-Division zu. Als er dann am 31. Juli auch noch die 50. Reserve-Division aus der Gruppe Plüskow herauszog, fühlte sich diese nur noch zum Halten der Stellung, aber nicht mehr zum Angriff befähigt. An demselben Tage durchbrach beim Korps Eben ein russischer Gegenangriff vorübergehend die 83. Infanterie-
Zwischen Narew und Vug. Steigende Munitionsforderungen. 331
Division und fügte ihr schwere Verluste zu. Zugleich hatte sich ergeben, daß die Lage der bei Kamionka über den Narew gegangenen Teile noch wesentlich ungünstiger war, als General von Gallwitz nach den bisherigen Meldungen angenommen hatte. General von Eben hatte zwar die Fortsetzung des Angriffs auf der ganzen Front östlich des Narew besohlen, mußte aber abends melden, daß seine Munitionskolonnen an der Ausgabestelle Krempa, wo auch das Korps Matter empfange, tagelang warten müßten, um gefüllt zu werden; den Anforderungen seines Korps werde dort kaum zu einem Drittel entsprochen; das bedeute für die Weiterführung des Angriffs ernsteste Gefahr. Immerhin wurden bei der 2. Infanterie-Division im Laufe des Nachmittags Fortschritte erzielt, vor allem die den Übergang beherrschende russische Stellung bei Punkt 92 endlich genommen. Bei Ostrolenka wurden auf dem Südufer des Narew rückwärtige Bewegungen des Gegners erkannt. Andererseits war bei der 8. Armee die Narew-Vrücke der 75. Reserve-Division durch russisches Feuer wieder zerstört worden. Um 11° abends befahl General von Eben für den folgenden Tag die Fortsetzung des Angriffs auf der ganzen Front, um der 8. Armee den Flußübergang zu öffnen.
Auch der 1. August brachte noch keine entscheidenden Fortschritte. Die Klagen über Munitionsmangel hielten an, während die russische Artillerie sich tätiger als bisher zeigte. Zwar war nach Ansicht des Generalmajors Tappen von der Obersten Heeresleitung, der an diesem Tage im Armee-Hauptquartier Krasne vorsprach, genug Munition für den Osten vorhanden; sie kam aber wegen langer und schlechter Wegeverbindungen von den Cnt-ladebahnhösen bei weitem nicht in dem erforderlichen Maße nach vorn. Nicht nur der Generalstabschef des Korps Eben, Generalmajor von Woyna, sondern ebenso der des Korps Matter, Oberstleutnant Reinhardt, führte in Ferngesprächen mit dem Oberkommando nachdrücklich Klage über diesen Zustand. Auch die Choleragefahr war noch nicht überwunden*). Man zählte 97 Fälle; als Spezialist zu ihrer Bekämpfung trat Generalarzt Dr. Hintermann zur Armee-Gruppe.
Inzwischen wurde bekannt, daß der Angriff der Heeresgruppe Mackensen jetzt im Fortschreiten und daß auch bereits eines der Werke von Iwangorod gefallen sei. In ausländischen Zeitungen war von der bevorstehenden Räumung Warschaus die Rede. Dabei schien es, daß die Russen den Zugang zu der großen zweigleisigen Bahn Warschau—Vialystok, die ihnen für Rückführung von Gerät und Vorräten wichtig sein mußte, einstweilen noch hartnäckig verteidigen wollten.
*) S. 308 und von Gallwitz, S. 314.
3*)2 2)ct Slngriff des Oberbefehlshabers Oft gegen bis russische Naretv-Front.
2.«nd3.A«gust. Am 2. August berichteten Flieger, daß die Räumung Warschaus bereits weit fortgeschritten scheine; südlich des Bug gegen Nowo Minsk hin waren zahlreiche größere Biwaks beobachtet worden. Immer mehr mußte mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß der Gegner nun auch vor der Front der Armee-Gruppe Gallwitz nachgab. Hier errang aber an diesem Tage nur das Korps Eben einige Fortschritte; am 3. August fand es die russischen Stellungen am Rarew bei Ostrolenka geräumt und kam vorwärts. Bis zum Abend war von Goworowo bis südöstlich von Ostrolenka die Eisenbahn erreicht; mehr als 2000 Gefangene waren eingebracht. „Die Bahn für den allgemeinen Angriff in südöstlicher Richtung war frei", schrieb später General von Gallwitz'); er sollte am 4. August beginnen. Statt dessen befahl der Oberbefehlshabers st jetzt Fortsetzung des Angriffs mit dem linken Flügel auf Sniadowo, also scharf nach Osten. Das verlangte Abschwenken aus der bisher nach Südosten gerichteten Front und endgültiges Aufgeben des Stoßes nach Süden über den Bug in den Rücken von Warschau. Etwas abweichend von der Entscheidung des Oberbefehlshabers Ost hielt aber General von Gallwitz einstweilen doch noch an dem Gedanken fest, seinen linken Flügel in mehr südöstlicher Richtung vorzuführen, um mit der Heeresgruppe Mackensen zusammenzuwirken.
4. A«g«st. Am 4. August wurde der Angriff auch beim Korps Matter, das inzwischen durch die 1. Garde-Reserve-Division verstärkt worden war, wieder aufgenommen und der Gegner östlich von Goworowo, an und nördlich der Straße nach Ostrow in hartem Kampfe aus seinen Stellungen geworfen. Gleichzeitig kam das Korps Eben bis 15 Kilometer östlich von Ostrolenka vorwärts. Im Anschluß daran trat das „Korps Seydewitz" (58. Infanterie-uni) 75. Reserve-Division) der 8. Armee südlich des Rarew den Vormarsch nach Osten an. Bei dem Städtchen Nowogrod ging die 10. Landwehr-Division über den Fluß. 5000 Gefangene waren die Beute des Tages bei der Armee-Gruppe Gallwitz, davon 4000 beim Korps Matter. Der Geländegewinn war jedoch bei diesem Korps, vor allem aus seinem rechten Flügel, gering geblieben. Abends erfuhr man aber auch, daß der Gegner vor der 9. Armee inzwischen bis hinter die Werke von Warschau zurückgegangen war, und daß er bei Iwangorod das linke Weichsel-Ufer ganz geräumt habe. „Man fühlte nahende Entscheidung", zeichnete General von Gallwitz dazu an diesem Tage aus). Er rechnete aber doch auf neuen Widerstand des Gegners in einer inzwischen vorbereiteten Stellung, die an das Nordostende des Pulwy-Vruches anschließend ziemlich geradlinig bis in die Gegend westlich von Lomza verlies.
') von Gallwitz, S. 314. — 2) Ebenda, S. 316.
Zwischen Rarew und Bug. Fortschritte, aber keine Entscheidung. 333
Der 5. August zeigte, daß der Feind zunächst noch nicht einmal gesonnen war, bis in diese Linien zurückzugehen. Der Tag brachte keine Fortschritte. Vom rechten Flügel der Armee-Gruppe wurde nun auch die 38. Infanterie-Division zum linken Flügel bestimmt, das Generalkommando des XI. Armeekorps sollte dorthin folgen. Der Gegner aber hatte, wie man erfuhr, inzwischen auch Warschau bereits aufgegeben; die 9. Armee war dort bis zur Weichsel gefolgt). „Die Russen wehren sich verzweifelt und haben sich erneut verschanzt", schrieb an diesem Tage der Erste Generalstabsoffizier der Armee-Gruppe, Major Stapsf, nieder. „Ich hoffe aber doch, daß wir durchkommen und ihnen, zusammenwirkend mit Mackensen, die Kehle zuschnüren."
Am 6.August erreichte der linke Flügel der Gruppe Veseler das vom Gegner nicht verteidigte Fort Dembe am Rarew. Auch sonst brachte der Tag in zähem Ringen in der Richtung nach Südosten, vor allem bei Wonsewo und Czerwin, einige Fortschritte, die zwar operativ nicht viel bedeuteten, aber zusammen mit den Kämpfen der drei letzten Tage seit langem wieder einmal eine größere Zahl von Gefangenen, 14 000 Mann nebst 69 Maschinengewehren, und auch eine Beute von sechs Geschützen ergaben. Ein bei der 8. A r m e e an diesem Tage unternommener Versuch, gegen O s o w i e c durch Abblasen von Gas vorwärtszukommen, blieb dagegen ohne den erhofften Erfolg. Andererseits meldeten verschiedene Stellen der Front rückgängige Bewegungen beim Gegner; zahlreiche Brände von Ortschaften deuteten auf nahe bevorstehende, vielleicht größere Rückzugsabsichten der Rüsten hin.
4. Die Ereignisse bei der 9. Armee und die Einnahme von Warschaus.
Karten 5, 6 und 7, Skizze 12.
Als Generalfeldmarschall von Hindenburg am 3. Juli den grundlegenden Befehl für die Einleitung der Rarew-Operation gab, hatte die 9. Armee den Auftrag erhalten3), zunächst Polen links der Weichsel zu decken. Falls aber die Russen hier zurückgingen, sollte sie ihnen folgen, um Warschau und Rowogeorgiewsk auf dem linken Weichsel-Äser abzuschließen.
Rach Abgabe des XVII. und % XL Armeekorps für den Rarew-Angriff verfügte Generalfeldmarschall Leopold Prinz von Bayern, mit Generalmajor Grünert als Generalstabschef, an seiner an-
5. August.
6. August.
L bis 5. Juli.
9 S. 340. — -) Anschluß an S. 137. — 9 S. 279.
334 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
«.Juli.
nähernd 100 Kilometer langen Front noch über 6y2 Divisionen Infanterie, darunter an vollwertigen Angriffstruppen die 5., 49. und 50. Reserve-Division, ferner über eine Kavallerie-Division4). Das Stärkeverhältnis zur gegenüberstehenden russischen 2. Armee veranschlagte man beim Oberkommando auf 83 deutsche gegen 148 russische Bataillone, doch fühlte man sich an Artillerie jeden Kalibers und an Munition erheblich überlegen. Da die Ergebnisse der Lufterkundung immer wieder darauf hindeuteten, daß der Gegner demnächst in die Grojec—Vlonie-Stellung zurückgehen werde, stand der Verfolgungsgedanke gegenüber der Deckungsaufgabe im Vordergrund. Auch wünschten die Ober sie Heeresleitung wie der Oberbefehlshaber Ost, daß dem Gegner, bevor er abzog, durch Wiederholung des Gasangriffes, wenn möglich, nochmals Abbruch getan werde, um die Offensive der Heeresgruppe Mackensen wie auch den bevorstehenden Angriff gegen den Rarew zu entlasten.
Am 6. Juli befahl Generalfeldmarschall Prinz Leopold, Gas abzublasen, sobald sich nach der Wetterlage Gelegenheit dazu biete. Cs komme darauf an, den Feind „zu schädigen, ehe es zu spät wird, auch wenn auf eine volle taktische Ausnutzung der Wirkung verzichtet werden muß". Gasflaschen waren im Raume des XXV. Reservekorps zwischen Humin und der Sucha und im nördlich anschließenden Vzura-Bogen bei der Gruppe Veseler eingebaut. Der Zeitpunkt des Abblasens wurde den Kommandierenden Generalen überlassen.
Schon am Abend des Tages schien die Wetterlage im südlichen Abschnitte so günstig, daß General von Scheffer um 946 abzublasen befahl. Zwischen Humin und Vorzymow schien der Erfolg gut. Weiter nördlich war das Abblasen wegen zu geringer Windstärke unterblieben, dorthin aber schlug dann die Gaswolke zurück, die sich weiter südlich gebildet hatte, und zog den Stellungen entlang nordwärts bis über die Sucha. Sie kam für die hier stehenden deutschen Truppen völlig unerwartet und wurde in der Dunkelheit auch gar nicht erkannt. So traten ernste Verluste ein; einer Gesamteinbuße von nur 29 Mann durch russisches Feuer stand eine solche von etwa 1450 Mann durch eigenes Gas gegenüber, davon — einschließlich aller, die auch in den nächsten Tagen noch an den Folgen starben — 138 Tote. Auch beim Gegner scheint die Wirkung erheblich gewesen zu sein. Stoßtrupps
H Einteilung am 3. Juli (vom rechten Flügel): Div. des Genlt. von Menges (Crs.- und Ldw.-Truppen vom ehemaligen Korps Breslau), Gruppe des Gen. von Fromme!: 9. K. D., 84. I. D. (Ldw.- und Ldst.-Truppen des ehemaligen Korps Posen), XXV. 9t. K. (50. und 49. R. D.), Gruppe des Gen. von Veseler: III. 91. K!.
(5. R. D.), 83. F. D. (Ldw.- und Ldst.-Truppen des ehemaligen Korps Posen), Abt. Westernhagen (Ldw.° und Ldst.-Truppen).
Gleichzeitige Kämpfe der 9. Armee.
535
konnten aus seinen Stellungen 112 Gefangene, 11 Maschinengewehre,
1700 Gewehre und sonstiges Gerät als Veute zurückbringen. Aus dem Verlaufe dieses dritten Gasunternehmens zog man die Lehre, daß Abblasen bei Nacht erst dann wieder in Frage komme, wenn die eigene Truppe mit ausreichenden Schutzmitteln versehen sei.
In den folgenden Tagen mehrten sich die Anzeichen für bevorstehenden Rückzug des Gegners. Vor dem rechten Flügel der Armee war das russische IV. Korps aus der Front zurückgezogen, auch vor der südlich anschließenden Armee-Abteilung Woyrsch schwächte sich der Feind. Täglich meldeten die Flieger starken Vahnverkehr im Hintergelände. Gefangene sagten aus, daß das Gebiet vor der Blonie-Stellung verwüstet, Ortschaften dort niedergebrannt würden. Der größte Teil der Bevölkerung werde abtransportiert, außerdem aber alles weggeschafft, was irgendwie von Nutzen sein könne, vor allem Metalle, selbst Kirchenglocken und Türklinken.
Als am 13. Juli der Angriff bei Przasnysz begann, steigerte sich die iz.btsi«.J«n. Spannung, die 9. Armee selbst aber wurde weiter geschwächt. Die 50. Reserve-Division hatte sie bereits abgegeben; Landsturmtruppen und unbe-spannte Artillerie waren an ihre Stelle getreten und unter Generalmajor Gereke zu einer Division zusammengefaßt worden1). Als dann der Angriff der Armee-Gruppe Gallwitz gute Fortschritte machte und auch deren rechter Flügel, der gegenüber der 9. Armee bisher zurückhing, auf dem rechten Weichsel-Ufer in Bewegung kam, ließ der Oberbefehlshaber Ost am 16. Juli mitteilen, die 9. Armee habe sich auf die Belagerung von Warschau und Nowogeorgiewsk vorzubereiten; im übrigen seien aber bei russischem Rückzug weitere Kräfte abzugeben. Die 83. Infanterie-Division und die Division Menges wurden dazu ausersehew).
Schon am folgenden Morgen ergab sich, daß der russische Rückzug 17. bis is.Ji»«. Tatsache geworden war. Fast kampflos konnte die 9. Armee am 17. Juli und den beiden folgenden Tagen bis vor die Grojec—Blonie-Stellung folgen, in der sich der Gegner wieder gefetzt hatte. Etwas über 1300 Gefangene waren die Gesamtbeute. Zur Überwindung der seit langem vorbereiteten ausgedehnten feindlichen Stellung reichte aber die Kraft, nach Abgabe der beiden vom Oberbefehlshaber Ost geforderten Divisionen, kaum noch aus; vor allem fehlte es an der für solche Aufgabe erforderlichen Munitionsmenge.
Am 20. Juli, als der gegen die Armee-Gruppe Gallwitz gerichtete russische 20.3««. Gegenangriff annehmen ließ, daß der Feind stärkere Kräfte von der Front der
0 S. 268 und 281. — S. 297.
336 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
9. Armee wegzögt), währen- sich die Armee-Abteilung Woyrsch mit ihrem rechten Flügel von Süden her bereits Iwangorod näherte2), glaubte das Oberkommando 9, daß der Gegner die Grojec-Stellung nicht ernstlich verteidigen, sondern alsbald auf die Weichsel und den Brückenkopf von Gora Kalwarja ausweichen werde. Der Oberbefehlshaber O st gab die Weisung, die feindlichen Stellungen zwischen Grojec und Vlonie in der Richtung auf Tarczyn zu durchbrechen, um „oberhalb Warschaus das rechte Weichsel-Ufer zu gewinnen2) und Warschau anzugreifen"; Munition stellte er besonders zur Verfügung. Links sollte sich die Armee gegen Nowo-georgiewsk sichern, für dessen spätere Belagerung General von Veseler mit dem Generalkommando des III. Reservekorps zur Armee-Gruppe Gallwih übertrat4), während Generalleutnant von Diringshofen den Befehl über die Truppen des linken Armeeflügels übernahm, er. vis 24. Zu». Schon am Morgen des 21. Juli bestätigte sich die Erwartung des Oberkommandos 9. Der Gegner hatte die Grojec-Stellung nachts geräumt, bei Blonie hielt er aber noch. Dem bisher zum Durchbruch auf Tarczyn angesetzten Korps Scheffer (49. Reserve-Division und Landsturm-Division Gereke) wurde die Richtung nach Nordosten auf Piaseczno gegeben.
Am 22. Juli erreichte die 9. Kavallerie-Division als rechter Flügel der Armee, dem Gegner folgend, die Weichsel an der Pilica-Mündung und schwenkte nach Norden gegen Gora Kalwarja ein. Die neue russische Stellung zog sich in einem Halbkreise von etwa zehn Kilometern um diesen Ort und schloß dann an die Vorstellung von Warschau an, die von Piaseczno über Nadarzyn und Vlonie zur Weichsel westlich von Nowo-georgiewsk lief.
An diesem Tage hatte die Oberste Heeresleitung mitgeteilt, daß nach vertrauenswürdigen Nachrichten mit baldiger Räumung Warschaus zu rechnen sei, um es nicht einer Beschießung auszusetzen. Links der Weichsel waren die ausgedehnten Befestigungsanlagen der Stadt, wie die Lufterkundung zeigte, vom Gegner bereits gesprengt. Die Oberste Heeresleitung legte Wert darauf, den Angriff auf die Vorstellung der Festung zu beschleunigen. Die 9. Armee nahm den 25. Juli dafür in Aussicht. Generalfeldmarschall Prinz Leopold setzte den Durchbruch gegen den Abschnitt Piaseczno—Nadarzyn an, mit dem Ziele, hier frühzeitig an Warschau heranzukommen. Die nächsten Tage vergingen mit Vorbereitungen für den Angriff, vor allem mit Fnstellungbringen der zum Teil unbe-spannten Batterien und ihrer Munition; Fliegerangriffe wurden gegen den Bahnhof von Warschau und gegen die Weichsel-Brücken angesetzt. Als
1) S. 308 ff. und 317. — 2) S. 396. — --) Vgl. S. 341, Anm. — «) S. 309.
Angriff der 9. Armee gegen die Vorstellungen von Warschau.
337
dann am 24.Juli die Nachricht von der Einnahme der Narew-Festungen Pultusk und Rozan kam, schien es der Obersten Heeresleitung wie dem Oberbefehlshaber Ost höchste Zeit, nun auch von Westen her mit besonderem Nachdruck gegen die Rüsten vorzustoßen. Der Angriff sollte nach Möglichkeit beschleunigt werden.
Planmäßig begann unter Leitung des Generals der Fußartillerie, rs.I«u. Obersten Hüther, am 25. Juli um 11° vormittags das Wirkungsschießen aus rund 150 Rohren, davon etwa 80 schweres und ein schwerstes Steilfeuer, gegen den acht Kilometer breiten Angriffsabschnitt westlich von Piaseczno.
16 Bataillone Infanterie standen zur Verfügung; sie sollten um 3° nachmittags zum Sturm antreten. Den Kern bildete die Infanterie der 49. Re-serve-Division, die aber zur Vorbereitung auf ihre Aufgabe nur so wenig Zeit gehabt hatte, daß sie sich bis zum Beginn des Wirkungsschießens erst auf 600 bis 800 Meter an die Stellungen des Gegners heranarbeiten konnte und schließlich aus 400 Meter Entfernung den Sturm versuchte. Sie stieß meist schon im Vorfelde auf russische Postierungen und fand die feindlichen Drahthindernisse noch unversehrt. Die zu einem erheblichen Teil aus Landsturm mit älteren Geschützen bestehende Artillerie hatte bei Regen und schlechter Sicht nicht die erhoffte Wirkung gehabt. Starkes russisches Feuer schlug den Angreifenden entgegen. Am 7° abends ließ General von Scheffer dem Armee-Oberkommando melden, es sei trotz Einsatzes aller verfügbaren Munition nicht gelungen, die russische Stellung sturmreif zu machen. Cr ließ den Angriff einstellen. Der Versuch hatte 750 Mann Verluste gekostet.
Der Oberbefehlshaber, der dem Angriff der 49. Reserve-Division persönlich beigewohnt hatte, befahl nochmalige sorgfältige Artillerievorbereitung, um im Anschluß daran den Angriff zu wiederholen. Dazu mußte neue Munition abgewartet werden.
Inzwischen begann man aber die Widerstandskraft der russischen Stel- r«.su«. lungen doch höher zu bewerten. Rach Meldungen der Artillerie schienen sie insgesamt stärker ausgebaut zu sein, als es bei Gorlice der Fall gewesen sei; die zur Bekämpfung zugewiesenen Munitionsmengen aber seien dort größer gewesen. Abends wurde vom Oberbefehlshaber Ost an die Oberste Heeresleitung gemeldet: Der gestrige Kampf und Erkundungen hätten ergeben, daß die russischen Stellungen außerordentlich stark seien. Schwere Feldhaubitzen durchschlügen die Deckungen nicht; ob diese betoniert seien, wäre noch nicht festgestellt. In Übereinstimmung mit dem Oberkommando 9 hielt der Oberbefehlshaber Ost einen Durchbruch daher nur „nach systematischer Zerstörung der Stellung durch schweres Steilfeuer mit entsprechendem Munitionseinsah" für möglich. Im übrigen seien jetzt auch
t Weltkrieg. VIII. Band. 2.2
338 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Rarew-Front.
auf dem rechten Weichsel-Afer östlich von Gora Kalwarja starke, neue russische Stellungen erkannt worden.
27.IU«. Am 27.Juli ließ Generaloberst von Woyrsch an den Oberbefehlshaber Ost mitteilen, daß sein linker Flügel, das deutsche Landwehrkorps, in der Nacht zum 29. Juli zwischen Iwangorod und Gora Kalwarja, an der Radomka-Mündung, denWeichsel-Äbergang erzwingen solle1). Dazu erbat er die Unterstützung der 9. A r m e e durch Scheinunternehmungen unterhalb der Pilica-Mündung. Gerade hier aber drängte der Gegner die in 22 Kilometer Breite stehende deutsche 9. Kavallerie-Division an diesem Tage etwas zurück. Man sah die weitgedehnte Aufstellung der Armee daher nicht einmal als ganz unbedenklich an, denn sie hatte ihre ganze Kraft auf engem Raume gegen die geplante Durchbruchsstelle vereinigt und war ihrer ganzen Zusammensetzung nach mit eingebauten, zum Teil unbespannten Geschützen und zahlreichem Velagerungs- und Brückengerät auch nicht mehr so beweglich, daß sie jederzeit ausweichen konnte. Gleichzeitig aber ergab sich, daß die zur Zerstörung der russischen Stellung und für anschließende neue Angriffsvorbereitungen nötige Munitionsmenge wahrscheinlich gar nicht verfügbar sein werde. Vielmehr hatte die Oberste Heeresleitung darauf hingewiesen, daß nach der gestrigen Abendmeldung auf baldige Erfolge gegen die Vlonie-Stellung wenig Aussicht zu sein scheine; in diesem Falle komme eine Verstärkung der Narew-Stoßgruppe oder der Armee-Abteilung Woyrsch durch Teile der 9. Armee in Frage, „dies um so mehr, als nach allen Nachrichten die Rüsten Warschau, wenn es von Osten bedroht ist, kaum halten werden".
Der OberbefehlshaberOst antwortete: Die Russen Hütten in der Vlonie-Stellung etwa sechs Divisionen und führten die Verteidigung sehr aktiv. Eine weitere Schwächung der 9. Armee sei daher, auch wenn der Angriff eingestellt werde, unmöglich. Im Hinblick auf den zur Zeit hohen Wasserstand der Weichsel und die russischen Befestigungen längs des östlichen Äsers erscheine ihm der Kbergangsversuch an der Radomka-Mündung wenig aussichtsvoll. „Im Rahmen der jetzigen Operationen dürfte es deshalb erfolgversprechender sein, entweder die 9. Armee durch das Landwehrkorps zu verstärken, um die Russen zunächst nach Warschau hineinzuwerfen, und so starke Kräfte frei zu bekommen — oder Landwehrkorps auf dem rechten Flügel der Narew-Stoßgruppe einzusetzen, um den Fall Warschaus durch energischen Druck von Norden zu beschleunigen." General vonFalkenhayn antwortete: „Obgleich ich ein Vorbrechen der
i) S. 406.
Kämpfe der 9. Armee vor Warschau.
339
Russen aus der Vlonie-Stellung nach Westen mit weiterem Ziel nicht für wahrscheinlich halte, wird auf Abgabe von Kräften seitens der 9. Armee mit Rücksicht auf Euerer Exzellenz Stellungnahme vorläufig verzichtet."
Dagegen müsse aus verschiedenen Gründen am Kbergangsversuch der Armee-Abteilung Woyrsch festgehalten werden. Eine gleichzeitige Unternehmung der 9. Armee nördlich der Pilica-Mündung sei dringend erwünscht. Nunmehr befahl der Oberbefehlshaber Ost der 9. Armee, den Durchbruchsversuch „wegen des großen Munitionsaufwandes" einzustellen und das Unternehmen des Generalobersten von Woyrsch zu unterstützen.
Der Gedanke, die Vorstellungen von Warschau zu durchbrechen, war 28.bts3i.J«u. damit aufgegeben. Generalfeldmarschall PrinzLeopold ließ die Truppen wieder gleichmäßiger auf die Front verteilen, vor allem den rechten Flügel, die Gruppe Frommel, verstärken, die den Gegner wieder auf Gora Kal-warja zurückwerfen mußte, bevor an unmittelbare Unterstützung der Armee-Abteilung Woyrsch zu denken war. Drei schwerste Batterien, die inzwischen zum Einsatz gegen die Befestigungen von Warschau eingetroffen waren, sollten wieder abgegeben, die bisher erreichte Stellung sollte zur Verteidigung ausgebaut werden.
Am 28. und 29. Juli wich der Gegner vor der Gruppe Frommel wieder auf Gora Kalwarja zurück, während gleichzeitig der linke Flügel des Generalobersten von Woyrsch südlich der Pilica überraschend auf dem Ostufer der Weichsel Fuß faßte1). Um weiter vorzudringen, erbat der Generaloberst auch fernerhin die Unterstützung der 9. Armee, die daraufhin zunächst am 30. Juli einen Angriff ihrer 14 Flugzeuge gegen die Vahnhofsanlagen von Warschau durchführen ließ. Weitere Angriffe, auch durch das Luftschiff Z 12, folgten, ohne aber bei dem damaligen Stande des Bombenabwurfs entscheidende Zerstörungen zu erreichen. Im übrigen sollte die 9. Kavallerie-Division, wie schon bisher, mit der Armee-Abteilung Woyrsch zusammen wirken. Sie trat nebst dem Höheren Kavalleriekommandeur 3, General von Frommel, demnächst zu ihr über.
Im Laufe des 3. August ergab sich, daß der Gegner den erwarteten 3. A«g„s«. Rückzug aus der Vlonie-Stellung bereits angetreten hatte. Mittags war er, ohne daß es noch zu Kämpfen gekommen wäre, vor der ganzen Front der 9. Armee in vollem Abmarsche. Vor den nachdrängenden deutschen Truppen schien er bis zum Abend des Tages mit den Hauptkräften aus die äußeren Forts von Warschau zurückgegangen zu sein; nur an und nördlich der Straße von Vlonie hielt er sich noch im Vorgelände. Nach Fliegermeldungen waren die Trümmerhaufen der gesprengten Warschauer Befestigungen
9 S. 407 f.
22*
340 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-FronL.
4.«rrd5.Airgush
Bis 26. Juli.
durch feldmäßige Anlagen zu einer zusammenhängenden Stellung ausgebaut und verbunden. Generalfeldmarschall Prinz Leopold hatte befohlen, den Feind am folgenden Tage nach Warschau hineinzuwerfen.
Am 4. August fand das Vorgehen vor der besetzten Linie der Forts nochmals Aufenthalt; dahinter schien der Gegner den Rückzug durch die Stadt und über die Weichsel nach Osten fortzusetzen. Am folgenden Tage sollte das Korps Scheffer längs der Straße von Piaseczno durchstoßen. Aber schon in der Nacht räumten die Russen die Forts-Linie und Warschau selbst und gingen auf das rechte Weichsel-Afer zurück. Am Morgen des 5. August rückten die Truppen der deutschen 9. Armee in die Stadt ein. Die Bevölkerung verhielt sich ruhig. Die Weichsel-Brücken waren zerstört; über den Fluß hinüber entspann sich ein Feuerkamps.
Mit der Einnahme der polnischen Haupt st adt war ein weithin sichtbarer Erfolg der Operationen in Polen erreicht. War auch militärische Beute1) kaum zu verzeichnen, so war doch der Eindruck in der ganzen Welt von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Kriegsgerät und militärisch wichtige Vorräte hatten die Russen vor dem Abzüge vernichtet. Stadt und Bevölkerung hatten wenig gelitten; der Verkehr vollzog sich in gewohnter Weise.
5. Auseinandersetzungen zwischen der Obersten Heeresleitung und dem Oberbefehlshaber Ost. — Bildung der Heeresgruppe
Prinz Leopold.
Karten 6 und 7.
Als gegen Ende Juli der Angriff in Kurland mit dem Erreichen des Aa-Abschnittes abgeschlossen3) und der des Generals von Gallwitz abermals zum Stehen gekommen war3), hielt es der Oberbefehlshaber Ost für dringend, die schon zu Anfang des Monats in Posen und seitdem mehr-fach, zuletzt am 22. Juli befürwortete Operation über den Rjemen gegen Wilna und gegen die russischen Verbindungen in Gang zu bringen1) und dazu zunächst Kowno zu nehmen. Rach dem, was General vonFalken-hayn selbst in seinen Drahtungen vom 21. und 24.Iuli°) geäußert hatte, schien auch er diesem Plane zuzustimmen und nur die Zeit für seine Durchführung noch nicht als gekommen zu erachten. Gerade jetzt hatte er die Zuführung zweier schwerster ö.-u. Batterien, die der Oberbefehlshaber Ost
!) Über die Beute der 9. Armee beim Vormarsch gegen die Weichsel waren Angaben nicht zu ermitteln, die Verluste betrugen etwa 7000 Mann.
-) S. 464. — 3) S. 326 ff. — *)S. 271 ff. und 317 ff. — ■>) Ebenda.
Einnahme von Warschau. — Frage der Njemen-Operation._______________341
zum Einsatz gegen Kowno von Generaloberst von Conrad unmittelbar erbeten und auch zugesichert erhalten hatte, unter Hinweis darauf verhindert, daß sie gegen Iwangorod, für den Weichsel-Übergang und für das Vorwärtskommen der ö.°u. 4. Armee gebraucht würden. Da das aber eine rein österreichisch-ungarische Aufgabe zu sein schien, über die zu entscheiden in erster Linie Generaloberst von Conrad berufen war, hielt man diese Begründung beim Oberbefehlshaber Ost für nicht ganz stichhaltig.
Am 26. Juli wandte sich Generalfeldmarschall von Hinden-burg mit folgendem Bericht an den Kaiser: „Euerer Kaiserlichen und Königlichen Majestät wage ich in Ehrfurcht und pflichtmäßig meine Auffassung der gegenwärtigen Kriegslage alleruntertänigst zu unterbreiten: Vor den Armeen des Feldmarschalls von Mackensen zieht der Feind Kräfte in Richtung Brest Litowsk zurück. Ihr Abtransport ist wahrscheinlich, sei es gegen Armee-Gruppe Gallwitz, sei es in Richtung Wilna. Die Stoßkraft der Armeen des Feldmarschalls von Mackensen ist scheinbar durch die anhaltenden Kämpfe im wesentlichen erschöpft, und damit das Gelingen der von Euerer Majestät befohlenen Operationen in Frage gestellt. Die Weichsel ist durch anhaltenden Regen breiter geworden, ein Übergang zwischen Iwangorod und Warschau, solange der Feind das rechte üfer besetzt hält, meines Erachtens daher nicht mehr ausführbar*). Die Armee-Gruppe Gallwitz^) wird noch mehr Gelände gewinnen. Seht aber der Feind neue Kräfte gegen sie ein, so wird auch ihre Stoßkraft bald erlahmen, wenn sie nicht weiter unmittelbar verstärkt wird. Ist sie dann auch erfolgreich, so wird doch ihr Vormarsch nie zur Niederwerfung des feindlichen Heeres führen. Sie vermag höchstens, die Russen gegen die Linie Brest Litowst Vialystok zurückzudrängen. Damit ist aber die Entscheidung des Krieges trotz aller Erfolge noch nicht gewonnen. Der Russe muß viel empfindlicher getroffen werden! Dies kann bei der jetzigen Kriegslage nur erreicht werden durch eine Verstärkung der 10. Armee, die Wegnahme von Kowno und Offensive der 10. und Njemen-Armee gegen die russischen Verbindungen. Diese Operation könnte durch Bereitstellen von Angriffsgerät auf Kowno und durch Verstärkung der 10. Armee durch Teile der Armeen des Feldmarschalls von Mackensen, der Armee-Abteilung Woyrsch und der 9. Armee — von dieser aber erst nach Durchführung ihres jetzigen Angriffs — in die Wege geleitet werden."
Als das Schreiben in Pleß einging, war General vonFalkenhayn gerade nach dem westlichen Kriegsschauplatz abgereist3). Die Antwort verzögerte sich daher bis zum 30. Juli. An diesem Tage holte der General-
!) S. 320 und 336. — 2) 6. 325 ff. — 3) S. 100.
542 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
>.Z«n. stabschef unmittelbar nach seiner Rückkehr vom westlichen Kriegsschauplatz die Entscheidung des Kaisers ein. Vor knapp einer Woche, am 24. Juli, hatte er ihm die Absicht vorgetragen, die Festungen Iwangorod, Warschau, Rowogeorgiewsk „mit abzuschließen, aber sonst der zurück-' weichenden, russischen Armee nachzujagen, um sie zu vernichten, ehe sie den Vug überschreitet'"). Inzwischen war am 29. Juli der Weichsel-Übergang der Armee-Abteilung Woyrsch geglückt, und gleichzeitig hatte die Heeresgruppe Mackensen ihre Offensive nach mehrtägiger Pause mit einem beträchtlichen Anfangserfolge wieder ausgenommen. So konnte General von Falkenhayn jetzt darauf hinweisen, daß der Oberbefehlshaber Ost bei der Beurteilung der Schwierigkeiten dieser beiden Heeresteile von unzutreffenden Voraussetzungen ausgegangen sei. Die erfreuliche Wendung auf dem südlichen Teile des polnischen Kriegsschauplatzes hatte aber auch wieder die Hoffnung in ihm belebt, auf dem eingeschlagenen Wege noch einen großen Erfolg zu erringen. Cr glaubte nicht, daß sich die Russen durch baldigen Rückzug auf die Linie Brest—Vialystok der Schlachtentscheidung entziehen würden. Die darauf bezügliche Stelle im Schreiben des Generalfeldmar-schalls versah er mit der Randbemerkung: „Vorher müssen die Russen geschlagen sein, ehe sie sich dazu entschließen."
Der Kaiser stimmte den Vorschlägen seines Generalstabschefs zu. Das Schreiben, in dem dieser dem Oberbefehlshaber Ost von der Entscheidung Kenntnis gab, enthielt aber zum ersten Male auch ein gewisses Zuge-ständnis an den operativen Grundgedanken, den dieser seit der Besprechung in Posen am 2. Juli mit ständig gesteigertem Nachdruck vertreten hatte. General von Falkenhayn gab zu, daß es an sich zweifellos höchst wünschenswert sei, mit einer starken Armee am mittleren Rj einen zur Offensive zu schreiten, fuhr dann aber fort: „Zeit und Raum machen es aber leider unmöglich, diese Armee aus Abgaben von Woyrsch und Mackensen so zu bilden, daß der Feind nicht unschwer rechtzeitig Gegenmaßregeln treffen könnte. Eine sichere Folge wäre das Festlegen unserer gesamten jetzt hier eingesetzten Kräfte bis in den Winter hinein. Dies muß jedoch unter allen Umständen vermieden werden. Cs bleibt also nur übrig, die Niederwerfung des Gegners durch kräftigste Fortführung der im
9 Tagebuchaufzeichnung des Generalobersten von Plessen, der hinzugefügt hatte: „Diese Absicht wird uns, fürchte ich, nicht mehr gelingen, da der Abmarsch rechtzeitig begonnen, sehr geschickt ausgeführt wird. Mit dieser Lage verschlechtert sich unsere Sache sehr, da wir den hinter dem Bug gesammelten Kräften gegenüber mehr stehen lassen müssen, als wir wünschten, in Anbetracht der dringenden Rot, mit viel Armeekorps nach dem Westen zu eilen." Tatsächlich wies die Lage im Westen so dringende Rot damals allerdings nicht auf (S. 99 f.).
Auseinandersetzung mit der Obersten Heeresleitung.
343
Gange befindlichen Operationen anzustreben*). Seine Majestät hofft, daß Euere Exzellenz durch möglichst schnelles Vortreiben von starken Teilen der Narew-Stoßtruppe auf dem rechten Vug-Afer und ebensolches Vorschieben von Teilen der Njemen-Armee im Raum östlich des Rjemen wesentlich zum Gelingen werden beitragen können."
Entscheidend für diese ablehnende Stellungnahme war somit nach wie so.««»$1.3««. vor der Wunsch, die Offensive auf dem östlichen Kriegsschauplätze in absehbarer Zeit zum Abschluß zu bringen. Diesem Gedankengange ent-sprang auch die Absicht, dem zwar geglückten, im Cndersolge aber noch keineswegs gesicherten Weichsel-Übergang der Armee-Abteilung Woyrsch durch Zuführung von Verstärkungen weitere Auswirkung zu geben. Am 31.Juli erging daher an den Oberbefehlshaber Ost die Anfrage:
„Der Weichsel-übergang des Landwehrkorps hat schon jetzt zu willkommener Einwirkung aus den Feind geführt. Die Wirkung würde durch Zuführung weiterer Kräfte aber noch erheblich gesteigert werden. Es wird versucht werden, Truppen aus der Südostfront für diese Zwecke verfügbar zu machen. Schneller würde seitens der 9. Armee Unterstützung geleistet werden können. Euere Exzellenz bitte ich daher um schleunige Mitteilung, ob sich nicht die Abgabe wenigstens einer Infanterie-Division dieser Armee ermöglichen läßt." Da das Oberkommando 9 bei der Breite seines Abschnittes die Abgabe einer Infanterie-Division nicht für tragbar hielt, wurde nur eine Kavallerie-Division abgegeben^). ________________________________________
1) Demgegenüber vertraten der im Großen Hauptquartier anwesende Kriegsminister, General Wild von Hohenborn, und der Chef des Feldeisenbahnwesens, Generalmajor Groener, im wesentlichen den gleichen Standpunkt wie der Oberbefehlshaber Ost. General Groener verzeichnete in seinem Privattagebuch:
„28. Juli. Unterredung mit General von Wild. Wir sind in wenigen Minuten einig über eine Offensive bei 10. Armee. General von Falkenhayn zu wenig beweglich in seinem Denken, hält starr an dem einmal gefaßten Entschluß fest und kommt immer wieder darauf zurück. General von Falkenhayn ist auch für weiteres frontales Vorgehen bei Gallwitz auf Siedlce anstatt auf Malkin. — 31. Juli. Gespräch mit Tappen über die Operation. Cr ist der Ansicht, daß uns die Kräfte fehlen für die große Zange. Cr will noch III. Armeekorps vom Westen herüberholen zu Gallwitz, wo alles Verfügbare eingesetzt werden müsse. Der Fehler ist, daß weder Tappen noch Falkenhayn darauf abzielen, das russische Heer möglichst zu vernichten. Sie wollen sich mit der Defensive in der Bug-Linie begnügen, um dann ihre zehn Korps zum Durchbruch nach Westen zu bringen. Auf diesen Gedanken kommt Falkenhayn immer wieder zurück. Ich würde die Aufgabe jetzt darin erblicken, die Entscheidung im Osten durch eine große Operation gegen die rückwärtigen Verbindungen der Russen herbeizuführen. Zu dem Zweck auf der ganzen Front von der Bug-Armee bis zu Gallwitz alles, was irgend möglich, herausziehen und zur 10. Armee befördern.
Wir stehen beim Beginn des zweiten Kriegsjahres vor der Frage, ob die in Galizien begonnene, nun das ganze russische Heer umspannende Operation zu einer vernichtenden gestaltet werden kann." — 2) S. 339.
344 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Rarew-Front.
2. und 3. August
Die Hoffnung auf „Niederwerfung des Gegners durch kräftigste Fortführung der im Gange befindlichen Operationen", hatte General v o n F a l. kenhäy n, wie sein Schreiben vom 30. Juli zeigt, sehr wesentlich darauf gegründet, daß es gelingen würde, auf dem rechten Bug-Ufer starke Teile der Rarew-Stoßgruppe schnell vorzutreiben. Deren langsames Vorschreiben') drohte diese Hoffnung Anfang August zunichte zu machen. Er hielt daher weitere Verstärkung dieser Gruppe für nötig und stellte dem Oberbefehlshaber Ost am 2. August zur Erwägung, ob nicht jetzt die Überführung von ein bis zwei Divisionen der 9. Armee an den Narew angebracht sei. „Selbst wenn die Nuffen dann versuchen sollten, aus dem Festungsdreieck nach Westen vorzustoßen, was ich für ganz unwahrscheinlich halte, werden sie den Verlauf der Hauptentscheidung dadurch in keiner Weise zu ändern vermögen. Die Stellung des Oberbefehlshabers der 9. Armee würde freilich vorübergehend sehr beeinträchtigt. Ich bin aber bereit, eine Order Seiner Majestät zu erbitten, die dem Vorgang jede Schärfe nehmen würde."
Inzwischen hatte sich der Oberbefehlshaber Ost aber schon entschlossen, als Vorbereitung für den künftigen Angriff gegen Kowno der 10. Armee neue Kräfte zuzuführen'). An die Oberste Heeresleitung antwortete er am 3. August: „Eine Wegnahme von ein bis zwei Divisionen von der auf der ganzen Front angreifenden und in engster Berührung mit dem Feinde stehenden 9. Armee halte ich zur Zeit nicht für möglich. Räumt der Ruffe die Vlonie-Stellung, so werden ein bis zwei Divisionen frei. Ich werde alles vorbereiten, um den Abtransport zu beschleunigen. Ich halte aber deren Einsatz am Narew nicht für günstig. Hier fehlt es nicht an Truppen'), wir kämpfen aber rein frontal in sehr schwierigen Geländeverhältnissen. Ich kann den Einsatz der bei der 9. Armee etwa freiwerdenden Kräfte nur bei Kowno befürworten, um nach Wegnahme der Festung in Verbindung mit der Njemen-Armee gegen die rückwärtigen Verbindungen der Russen entscheidend zu wirken. Kowno unterhält nur schwaches Feuer. Ein schneller Einsatz ist hier noch möglich. Ich werde aber Kowno auch ohne Verstärkung meines schwachen linken Flügels angreifen, um so hier eine Offensive vorzubereiten. Ich habe den Befehl hierzu gegeben. Ich bitte um Zuweisung von Munition für schwerste Artillerie und von schwerer Feldhaubitz-Munition. Sollte ich noch schwerste Artillerie zugeführt erhalten, so würde ich dankbar sein." Auf eine Rückfrage des Generals von Falkenhayn wurde diese Stellungnahme ergänzt: „Vor 9. Armee Gegner anscheinend im Begriff, Vlonie-
0 S. 326 ff.
2) Div. Beckmann von der Njemen-Armee, 6. Ldw. Br. von der 8. und ein Ldst. Regt. von der 9. Armee. — 8) ©. 326.
Bildung der Heeresgruppe Prinz Leopold.
345
Stellung zu räumen. Irgendein Nachlassen des Widerstandes vor Gallwitz nicht zu merken. Sollte Angriff linken Flügels Gallwitz morgen Erfolg haben und dadurch rechter Flügel 8. Armee vorkommen, so zunächst weiterer Widerstand vor, dann in der Czerwony Vor-Stellung zu erwarten. Russen werden wohl auch durch Verkürzung ihrer Front freiwerdende Kräfte gegen den linken Flügel von Oberbefehlshaber Ost heranführen."
Als sich dann der Abzug des Gegners aus der Vlonie-Stellung noch im Laufe des Tages bestätigte, hielt der Oberbefehlshaber Ost den Seit»
Punkt für gekommen, die 9. Armee weiter zu schwächen. Cr wollte am 5. August mit einer Division beginnen, die der 10. Armee für den Angriff auf Kotono zugeführt werden sollte1). In seinem Kriegstagebuchs ist dazu am 3. August die Erläuterung gegeben: „Schon jetzt scheint es nach diesseitiger Ansicht offensichtlich, daß die augenblickliche Operation Mackensen-Woyrsch-Gallwitz wohl zu einem Rückzug der Rüsten, nicht aber zur Entscheidung führt; im Gegenteil, die allein entscheidende Operation über Kotono gegen die rückwärtigen Verbindungen der Rüsten erscheint nach dem Rückzug der Rüsten nicht mehr so erfolgversprechend wie vorher, weil der alsdann auf kürzerer Linie stehende Feind Kräfte freimachen und den Stoß parieren kann, und zwar wird er hierzu um so mehr imstande sein, je länger wir mit der Offensive warten2)."
Während die deutsche 9. Armee Warschau einnahm, bereitete der s. August. Oberbefehlshaber Ost den Abtransport der 84. Infanterie-Division und von fünf schweren Feldhaubitz-Vatterien (von den 23 bis dahin vor Warschau vereinigten) der 9. Armee zum Einsatz gegen Kotono vor.
Daneben erwog er auch, wie die von seinen Truppen eroberten weiten russischen Gebiete künftig zu verwalten seien. Da ging ihm am Mittag des 5. August folgender Befehl der O berst e n H eere sle itun g zu: „Seine Majestät haben befohlen: Die 9. Armee und Armee-Abteilung Woyrsch werden zu einer Heeresgruppe unter dem Oberbefehl des Prinzen Leopold von Bayern vereinigt und treten vorübergehend unmittelbar unter die Oberste Heeresleitung."
Damit war die 9. Armee dem Oberbefehlshaber Ost entzogen. Die neugebildete selbständige Heeresgruppe Prinz Leopold sollte
0 S. 475 f.
2) Eine Tagebuchaufzeichnung des damaligen Hauptmanns von Waldow vom 4. August lautete: „Hoffentlich bekommen wir nun endlich Kräfte frei, die wir nach Kowno fahren können. Wenn wir die Festung haben, freuen wir uns viel mehr als über Warschau, denn das ist viel wichtiger . . . Wir müssen nun mal erst weiter sehen, ob Gallwih schnell vorwärtskommt und Warschau und Rowogeorgiewsk geräumt werden. Dann können wir endlich unseren linken Flügel stark machen."
346 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-FronL.
6. August.
„unter Sicherung gegen die in den Weichsel-Festungen etwa noch befindlichen Kräfte mit allen Mitteln gegen und über die Linie Lukow—Siedlce durchstoßen"*).
Daß die Oberste Heeresleitung solche Pläne erwog, war dem Oberbefehlshaber Ost schon seit einiger Zeit bekannt, und doch kam der Befehl gerade jetzt völlig überraschend. Nach einer Reihe unvergleichlicher Siege und fast einjähriger erfolgreicher Tätigkeit als alleiniger Befehlshaber über den reichsdeutschen Teil der Ostfront empfand Generalfeldmarschall v o n Hin-denburgdie gerade am Tage der Einnahme der polnischen Hauptstadt verfügte Einschränkung seines Befehlsbereiches als eine Kränkung. Ebenso wie er selbst empfanden seine Mitarbeiter. Das verschärfte im Zusammenwirken mit den sachlichen Meinungsverschiedenheiten den Gegensatz zur Obersten Heeresleitung bis aufs äußerste und führte zu gereiztem Telegrammwechsel mit ihr. Daß General von Falkenhayn dabei die Bildung der neuen Heeresgruppe nochmals ausdrücklich als eine nur vorübergehende, durch die Kriegslage und die Vefehlsregelung gegenüber dem österreichisch-ungarischen Heere gebotene rein operative Maßnahme bezeichnete, die das Verwaltungsgebiet des Oberbefehlshabers Ost nicht beschränke, vermochte die Empfindung nicht auszulöschen, daß neben sachlichen Gründen zum mindesten doch auch die Absicht eine Rolle gespielt habe, den Machtbereich des Oberbefehlshabers Ost zu beschränken und ihm dadurch die Möglichkeit zur Verstärkung der 10. Armee und somit zu dem geplanten Stoße über den Rjemen zu nehmen.
Trotz der Neuordnung der Verhältniße hielt der Oberbefehlshaber O st an dem Vorhaben fest, die bereits gegen Kowno bestimmten Teile der 9. Armee (84. Infanterie-Division und schwere Batterien) dorthin abzubefördern, stieß dabei aber auf entschiedene Ablehnung der O b erst en Heeresleitung. General von Falkenhayn gab am 6.August nochmals seiner Überzeugung Ausdruck, „daß bei gegenwärtiger Lage alles darauf ankommt, den in Polen befindlichen Feind durch Angriff von allen Seiten zu zerschlagen, und daß ein schnelles Vorkommen der Flügel nur möglich ist, wenn ein kräftiger Druck von der Weichsel her erfolgt". Zur Verwendung gegen Kowno stellte er als Ersatz für die angeforderten Teile der 9. Armee die 115. Infanterie-Division aus dem Westen in Aussicht, die allerdings erst am 12. August eintreffen konnte. Die schweren Batterien sollten gar erst freigegeben werden, nachdem die 9. Armeei den Weichsel-Übergang erzwungen habe, also zu einem durchaus unsicheren Zeitpunkte. Von den Truppen dieser Armee blieb dem Oberbefehlshaber Ost nur die auf eine
*) Operationen der Heeresgruppe Prinz Leopold s. S. 410 u. 414 ff.
Auseinandersehungen mit der Obersten Heeresleitung.
347
Division verstärkte, aus Landwehr und Landsturm bestehende bisherige Abteilung Westernhagen, die den Nordflügel gebildet hatte und gegen die Südfront von Nowogeorgiewsk bestimmt war.
Die Gesamtheit dieser Vorgänge veranlaßten ein Schreiben des ir. August. Generalfeldmarschalls von Hindenburg an General von Falkenhayn, in dem er sich am 12. August bitter darüber beklagte, daß „der für seine Stellung unerläßliche, selbstredend dem Ganzen dienstbare Grad an Selbständigkeit allmählich und wiederholt in recht verletzender Form bis zu einem Maße eingeschränkt worden sei, welches nicht nur seine Schaffensfreudigkeit beeinträchtige, sondern auch die Leitung der Operationen wesentlich erschwere".
Inzwischen hatte die Njemen-Armee Poniewiez und Mitau erreicht, die 10. Armee den Angriff gegen die große Njemen-Festung Kowno eingeleitet1). Ungeachtet der äußerst beschränkten Mittel, die nach den bindenden Weisungen der Obersten Heeresleitung hierfür nur zur Verfügung standen, war der Oberbefehlshaber Ost entschlossen, auch weiterhin alles zu tun, um im Njemen-Gebiet Raum zu gewinnen und dadurch einer künftigen Operation über Wilna die Bahn zu ebnen. Die nötigen Kräfte zusammenzubringen, war aber nach Abgabe der 9. Armee schwierig, zumal da jetzt außer Kowno auch noch die große Festung Nowogeorgiewsk bewältigt werden mußte, vor der etwa vier Divisionen festlagen. Am 7. August hatte General von Falkenhayn darauf hingewiesen: „Unsere Munitionslage macht es völlig unmöglich, gleichzeitig die Belagerung von zwei Festungen in Angriff zu nehmen"; da die Belagerung von Kowno bereits eingeleitet sei, müsse die von Nowogeorgiewsk zurückgestellt werden.
Aber schon zwei Tage später hatte er den Einsatz vor Iwangorod frei-werdender österreichisch-ungarischer schwerster Batterien zunächst gegen Nowogeorgiewsk gefordert, auf dessen beschleunigte Wegnahme er „nach augenblicklicher Lage und den Nachrichten über Zustand der Besatzung besonderen Wert legen" müsse2). So liefen in den folgenden Tagen der Angriff aus Kowno und der auf Nowogeorgiewsk2) doch nebeneinander her.
Nochmals meldete Generalfeldmarschall von Hindenburg am ir. August. Morgen des 13. August seine Auffassung von der Gesamtlage an die Oberste Heeresleitung: „Die Operation im Osten hat trotz vortrefflicher Leistungen des Narew-Stoßes nicht zur Vernichtung des Feindes geführt. Der Russe
9 S. 466 und 476 f.
2) Die Gründe für die Änderung der Auffassung haben sich nicht ermitteln lasten. ->) S. 377 f.
548 Der Angriff des Oberdefehlshabers Ost gegen die russische Narew-FronL.
14. August.
hat sich, wie zu erwarten war, der Zange entzogen und läßt sich frontal in der ihm erwünschten Richtung zurückdrängen. Er vermag sich mit Hilfe seiner guten Bahnen nach Belieben zu gruppieren und starke Kräfte gegen meinen, seine Verbindungen bedrohenden linken Flügel zu führen. Diesen sehe ich als gefährdet an. Andererseits ist nur noch aus Gegend Kotono ein entscheidender Schlag möglich, obgleich hierfür leider bedenklich viel Zeit verloren ist. Ich beantrage daher nochmals dringend eine Verstärkung meines linken Flügels, um je nach deren Ausfall entweder offensiv zu werden oder wenigstens das bis jetzt gewonnene Gebiet zu behaupten. Daß ich in der Offensive meines linken Flügels gegen Verbindungen und Rücken des Feindes die einzige Möglichkeit zu desien Vernichtung erblickt habe, betone ich nochmals. Diese Offensive ist wahrscheinlich auch jetzt noch das alleinige Mittel, einen neuen Feldzug zu vermeiden, im Falle es hierzu nicht bereits zu spät ist."
• Demgegenüber legte General vonFalkenhayn in seiner ausführlichen Antwort vom 14. August dar: „Eine Vernichtung des Feindes ist von den laufenden Operationen im Osten niemals erhofft worden, sondern lediglich ein den Zwecken der Obersten Heeresleitung entsprechender entscheidender Sieg. Die Vernichtung im ganzen durste in vorliegendem Falle nach meiner Ansicht, die nach Billigung durch Seine Majestät allein maßgebend bleiben muß, auch nicht angestrebt werden. Es fehlen einfach die Grundbedingungen dafür, denn man kann einen der Zahl nach weit überlegenen, frontal gegenüberstehenden Gegner nicht zu vernichten streben, der über vorzügliche Verbindungen, beliebige Zeit und unbeschränkten Raum verfügt, während man selbst in eisenbahnlosem, wegearmem Gelände mit enger Zeitbegrenzung und in Verbindung mit sehr vielen nicht stoßkräftigen, teilweise sogar nicht widerstandsfähigen Truppen zu operieren gezwungen ist. Daß der Feind aber jetzt schon für unsere Zwecke entscheidend geschlagen ist, wird niemand bezweifeln, der sich vergegenwärtigt, daß die Russen in drei Monaten etwa 750 000 Mann allein an Gefangenen, ungezähltes Material, neben Galizien das Königreich Polen und das Herzogtum Kurland, endlich die Möglichkeit verloren haben, Osterreich-Angarn während der Einleitung des italienischen Krieges oder überhaupt in absehbarer Zeit ernstlich zu bedrohen, sowie die andere, ihre Odeffa-Armee, im kritischen Moment am Balkan einzusetzen. Es besteht ferner einige Aussicht, daß sich die Ergebnisse der Operationen noch erhöhen, da es gelungen ist, in den Raum zwischen Vialystok und Brest Litowsk nicht weniger als fünf gründlich geschlagene feindliche Armeen zu drängen." — Daneben räumte der Generalstabschef jetzt zum ersten Male ein, die Operation wäre „vermutlich noch entscheidender verlaufen, wenn es möglich gewesen wäre, gleichzeitig mit ihr einen Stoß über den Njemm
Auseinandersetzungen mit der Obersten Heeresleitung.
349
zu führen*). Die Oberste Heeresleitung verfügte aber über keine Kräfte hierfür, und Euere Exzellenz hielten die Verwendung der Njemen-Armee in Kurland für notwendiger. Mit letzterem soll, wie ich zur Vorbeugung gegen Mißverständnisie bemerke, kein Urteil, sondern einfach die Tatsache ausgesprochen werden". Dann ging General von Falkenhayn auf die Besorgnisse des Oberbefehlshabers Ost für seinen linken Flügel ein und bat um Mitteilung der Nachrichten, die diese Sorge begründeten. Cr legte dar: „Die russische 13. Armee^) ist nach wie vor in Wolhynien, und die wenigen aus der galizischen Front herausgezogenen Divisionen sind in der Mehrzahl in Polen. Auch ich vermute, daß die Rüsten einmal den Versuch, in Kurland Erfolge zu erringen, machen werden. Vis zur Stunde sind mir aber keine Kräfte bekannt, die Euere Exzellenz nicht mit eigenen Mitteln, wobei ich zum Beispiel an die 3. Reserve- und die 115. Infanterie-Division^) denke, abzuwehren in der Lage wären. Eine Verstärkung Ihres linken Flügels aus dem Westen oder den Heeresgruppen Mackensen und Prinz Leopold ist zur Zeit ausgeschlosten; aus der Rarew-Stoßgruppe würde sie erst angängig sein, wenn die jetzige Operation bis zur Klärung durchgeführt sein wird. Immer aber wird es erforderlich bleiben, die dann bestehende allgemeine Kriegslage in Erwägung zu ziehen, ehe zur 10. oder Njemen-Armee Kräfte abgegeben werden. Wie sehr an sich meine Ansicht hinsichtlich der Wirksamkeit des offensiven Vorgehens der genannten Teile mit der Euerer Exzellenz übereinstimmt, habe ich schon in meinem Telegramm Nr. 4388*) zum Ausdruck gebracht."
Aber die Lage vor dem Nordflügel gab der Oberbefehlshaber O st am 15. August die Aufklärung, daß sich der Feind dort in letzter Zeit um etwa drei Infanterie- und drei Kavallerie-Divisionen verstärkt habe, und daß Nachrichten über anrollende weitere Truppen vorlägen^); da „der Russe über gute Bahnverbindungen verfüge, während die unsrigen schlecht" seien, könne er dort sehr wohl einen Erfolg suchen. Im übrigen betonte der Oberbefehlshaber Ost, daß seines Erachtens die Kräfte zu Anfang Juli ausgereicht hätten, um das frontale Nachdrängen der Heeresgruppe Mackensen durch Umfassung des russischen Nordflügels zu erleichtern und damit ein
0 Bisher hatte er eine solche Operation nur als nachträgliche Ergänzung der Mackensen-Gallwitz-Osfensive in Erwägung gezogen (S. 277 und 342). Der Gedanke des gleichzeitigen Njemen-Stoßes kehrt am 26.August in einem Schreiben an Generaloberst von Conrad wieder.
-) S. 419 und 424.
3) S. 354 und 346. Beide Divisionen waren inzwischen gegen Kowno eingesetzt.
4) Telegramm vom 21. Juli 1915 nachmittags (S. 318).
°) S. 533.
350 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
19. August.
24. und 25. August.
wesentlich günstigeres Ergebnis der Operation zu erreichen. Da diese Be-urteilung den Verzicht auf die Narew-Operation in sich schloß, traf sie an den Gedankengängen des Generals von Falkenhayn vorbei, für den solcher Verzicht niemals in Frage gekommen war.
Daß General von Falkenhayn schließlich die durch den Fall von Nowo-georgiewfl am 19. August freiwerdenden Kräfte für das Njemen-Gebiet zur Verfügung stellte1), vermochte die aufs äußerste gesteigerte Spannung zwischen den beiden höchsten deutschen Kommando stellen in keiner Weise zu beheben. Sie war seit der Bildung der Heeresgruppe Prinz Leopold dauernd gewachsen. Zu den bisherigen Streitpunkten war bereits ein neuer getreten durch das Bedürfnis, die von den Ereignissen überholte Unterstellung von Teilen des Heimatgebietes (sechs Stellvertretende Generalkommandos nebst ihren Festungen) unter den Oberbefehlshaber Oft2) aufzuheben.
Am 24. August antwortete General von Falkenhayn auf die Beschwerden des Generalfeldmarschalls vom 12. August3). Er hob dabei hervor, daß keine der von ihm selbst vorgeschlagenen oder entsprechend seinen Befugnissen angeordneten Maßnahmen „je aus anderen wie rein sachlichen Gründen erfolgt sei". In eindrucksvollen Sätzen führte er dann aus: „In meiner Stellung habe ich die Verantwortung für den Gesamtverlauf des Krieges vor meinem Gewissen, vor unserem König und Herrn und vor unseren Enkeln ganz allein zu tragen. Niemand kann sie mit mir teilen, niemand sie mir abnehmen, niemand dabei auch nur im geringsten helfen. In dieser Stellung meine ehrliche, sachliche Überzeugung der Ansicht irgendeines anderen, mag er auch noch so hoch stehen, oder gar einer persönlichen Rücksichtnahme, mag die in Frage kommende Person auch noch so verehrungswürdig sein, unterzuordnen, wäre ein Verbrechen, für das es keine nähere Bezeichnung gibt, nicht etwa, weil ich mich für bester halte als viele andere — ich kenne meine Unzulänglichkeit nur zu genau —, sondern weil es in meinem Amt, das mir nicht durch eigenes Zutun oder auf eigenen Wunsch, vielmehr lediglich durch das Vertrauen Seiner Majestät im schwersten Augenblick des Krieges übertragen worden ist, nach meiner Auffassung keine sachlichen Kompromisse geben darf, und weil meine vornehmste Pflicht in diesem Amte die ist, alle Teile unserer Wehrmacht im gemeinsamen Wirken zum Wohle des Ganzen nach dem einheitlichen Willen der Obersten Heeresleitung, die selbstverständlich nur denjenigen Seiner Majestät vertritt, zu vereinigen."
Noch war dieses Schreiben des Generalstabschess nicht in der Hand
9 S. 379. — -) Band II, S. 46, und Band V, S. 558. 3) S. 347.
Auseinandersetzungen mit der Obersten Heeresleitung.
351
des Generalfeldmarschalls, als am 24. August das Generalgouvernement Warschau unter General von Veseler gebildet und ihm damit entgegen früher erweckten Hoffnungen^) auch der Hauptteil des bisher von ihm verwalteten russischen Gebietes genommen wurde.
Generalfeldmarschall vonHindenburg legte darauf am 25. August in einem an die Oberste Heeresleitung und in Abschrift gleichzeitig an das Militärkabinett und das Kriegsministerium gerichteten Schreiben dar: Ohm-mehr sei der ihm seinerzeit „im Drange der Not verliehene Titel »Oberbefehshaber der gesamten deutschen Streitkräfte im Osten« zur schneidenden Ironie geworden"; er bat, eine Änderung zu erwirken. Das aber wurde von der O b e r st e n Heeresleitung unter eingehender Begründung mit dem Hinweis darauf abgelehnt, daß die dem Generalfeldmarschall „demnächst durch Seine Majestät zugedachte Verwendung doch wieder die Schaffung eines ähnlichen Titels notwendig machen würde". Diese Mitteilung vermochte dem entstandenen Gegensatze in keiner Weise mehr seine Schärfe zu nehmen.
6. Die 12.und 8. Armee in der Verfolgung durch Polen.
Karten 6 und 7, Skizze 22. a) Das Nachdrängen vom 7. bis 11. August2).
Am Morgen des 6. August hatte General von Falkenhayn beim Oberkommando Gallwitz angefragt2), ob die Armee-Gruppe „durchkommen" werde. Oberst Marquard erwiderte, „daß gute Zuversicht bestehe". Nach einem Operationsvorschlag gefragt, empfahl er, den rechten Flügel der 8. Armee zu verstärken. Zum Schluß wies General von Falkenhayn nochmals auf die Wichtigkeit der Operation der Armee-Gruppe hin. Nachmittags rief dann Oberst Marquard, anscheinend auf Veranlassung des Generals von Gallwitz, Generalmajor Tappen an und wiederholte: „Die Operation dürfe nicht abgebrochen werden; es gehe gut vorwärts. Falls Kräfte verfügbar seien, müßten sie dem rechten Flügel der 8. Armee zugeführt werden." An der Grenze gegen diese war durch die von der Armee-Gruppe Gallwitz beibehaltene, nach Südosten gerichtete Angriffsrichtung bereits eine größere Lücke im Entstehen. Gleichzeitig regte General von Gallwitz daher auch beim Oberkommando der 8. Ar m e e an, es möge seinen rechten Flügel aus eigenen Kräften verstärken. Daß die Armee selbst inzwischen am
i) S. 346. — 2) Anschluß an S. 333.
3) Nach Aufzeichnungen beim A. O. K. Gallwitz. — Inwieweit der O. V. Ost über diese Aussprachen unterrichtet worden ist, ließ sich nicht mehr feststellen (S. 352).
6. August.
352 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
7. August.
3. August die 6. Landwehr-Vrigahe an die 10. Armee hatte abgeben müssen1), war für ihn eine sehr überraschende Maßnahme des Oberbefehlshabers Ost. Am besten Weisung, mit dem linken Flügel die Richtung auf Sniadowo zu nehmen, nachzukommen, ohne die eigene Absicht der Vorwärtsbewegung nach Südosten aufzugeben, verlängerte General von Gallwih den linken Flügel nunmehr durch Landsturmtruppen bis zum Anschluß an die 8. Armee, während er für den Kern seiner Armee-Gruppe die Richtung nach Südosten auch ferner beibehielt.
Inwieweit das Oberkommando Ost über diese Absichten und den unmittelbaren Verkehr zwischen der unterstellten Armee-Gruppe mit der Obersten Heeresleitung unterrichtet gewesen ist, hat sich nicht mehr sicher feststellen lasten2). Jedenfalls war es durchaus anderer Auffassung als General von Gallwih. Rach Ansicht des Generals Ludendorff war „zwischen Vug und Rarew nichts mehr zu holen". Der Oberbefehlshaber Ost empfand aber auch, wie die Oberste Heeresleitung darüber wachte, daß „von seiner Seite nichts Selbständiges angeordnet" wurde3).
Am 7. August erhielt die Armee-Gruppe Gallwih, schon seit langem der stärkste von allen dem Oberbefehlshaber Ost unterstehenden Verbänden, die Benennung 12. Armee; ihre zum Angriff gegen Rowogeorgiewsk bestimmte Gruppe Veseler trat tags darauf unmittelbar unter den Oberbefehlshaber Oft*).
Der Morgen des 7. August hatte nach fast zweiwöchigem Stillstände den ersten sichtbaren Erfolg verlustreicher Frontalkämpfe gebracht. Auf breiter Front hatte der Gegner seine seit etwa zehn Tagen zähe verteidigten Stellungen nachts geräumt, denn die östlich von Rozan gegenüberstehende russische 12. Armee war, wie es in der amtlichen russischen Darstellung heißt5), „allmählich so zermürbt worden, daß sie nicht mehr imstande war, die Deutschen auch nur kurze Zeit aufzuhalten". Rur vor der Mitte der deutschen 12. Armee stand der Gegner noch am Ostrande des Pulwy-
!) S. 344 Anm. und S. 475.
2) Der damalige Erste Generalstabsoffizier der Armee-Gruppe, jetzige Oberst a. D. Stapff, schrieb dazu im Sommer 1931 dem Reichsarchiv: „Ich habe grundsätzlich den Oberbefehlshaber Ost über alles unterrichtet, wenn nicht Oberst Marquard ausdrücklich wünschte, daß es unterblieb. Dies ist aber nur ein- oder zweimal vorgekommen und hatte seinen Grund in den uns bekannten schweren Differenzen zwischen Ludendorff und Tappen, deren Verschärfung Oberst Marquard zu vermeiden trachtete." Im Gegensatz dazu meint General Ludendorff in einer Zuschrift vom Dezember 1931 an das Reichsarchiv, er habe nie von diesen Gesprächen gehört.
3) Mitteilung des Generals Ludendorff vom Dezember 1931 an das Reichsarchiv.
*) S. 376.
5) Rjesnamow, S. 192 f.
Zwischen Bug und Narew. Das Ziel der Operation.
353
Bruches. Dem Feinde folgend, vielfach auch gegen Nachhuten kämpfend, erreichten die Truppen dieser Armee bis zum Abend des Tages den unteren Narew und den Bug von Dembe bis unterhalb von Wyszkow. Das vom Gegner verlassene Fort Zegrze wurde beseht und anschließend eine Linie gewonnen, die sechs Kilometer nordwestlich an Wyszkow vorbei über den Ostrand des Pulwy-Vruches, östlich an Wonsewo vorbei zum Nuz-Vach führte. Hier schloß in der Richtung auf die Narew-Niederung westlich von Lomza die 8. Armee an. Wiederum waren 4000 Gefangene eingebracht.
Der Gegner befand sich anscheinend aus dem bisher gegen die mittlere Weichsel vorspringenden Vogen in planmäßigem Rückzüge nach Osten.
Die Brücken über den unteren Vug hatte er abgebrochen, zahlreiche Ortschaften in Vrand gesteckt.
Nach wie vor beabsichtigte General von Gallwih, in allgemein südöst- 8. August, licher Richtung zu verfolgen, um die von Warschau nach Osten zurückgehenden russischen Kräfte am Vug abzufangen. Demgegenüber bezweifelte Generalleutnant Ludendorff bei einem hierüber geführten Ferngespräch die Aussichten solchen Versuches und wies nochmals auf Parallelverfolgung nach Osten und engen Anschluß an die 8. Armee hin. Der Oberbefehlshaber Ost gab dementsprechend der 12. Armee am 8. August morgens den Befehl, nördlich des Vug gegen die Linie Malkin—Zam-browo—Lesnica vorzugehen, Hauptkräfte aus Czyzew. Anschließend daran erhielt die 8. Armee Rutki als Ziel; sie sollte Lomza nehmen. Als inzwischen General von Gallwih nochmals die Hoffnung zum Ausdruck brachte, den von der Weichsel zurückweichenden Gegner am Vug zu fassen, wollte Generalleutnant Ludendorff dieser Möglichkeit immerhin Rechnung tragen.
General von Gallwih war aber wenig befriedigt: „Meine neue Front", schrieb er später^), „links nach Osten, rechts nach Süden, bildete dann nahezu einen rechten Winkel. Ludendorff hielt aber die Armee für stark genug, um neben der Front nach Osten und der Vug-Vesehung im Süden noch ausreichende Kräfte nach Südosten gegen Ciechanowiec drehen zu können. Ich sah bei solchem Ansah den Gedanken der Umklammerung des zurückgehenden Feindes stark verblüffen." In derselben Frage wurden auch noch Oberst Marquard und Major Stapff bei Oberstleutnant Hoffmann vorstellig^), indem sie darauf hinwiesen, daß bei Fortführung der Operationen über die Linie Nur—Wizna, also über die enge Stelle zwischen Vug und Narew hinaus, die Kräfte nicht ausreichen würden. Der Oberbefehlshaber
1) von Gallwih, S. 320 f.
2) Nach Mitteilung des Obersten a. D. Stapff vom Sommer 1931 an das Reichsarchiv geschah die nochmalige Anfrage aus besonderen Wunsch des Gen. von Gallwih.
t Weltkrieg, VIII, Band. 23
554 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
8. A«g«st. Ost ließ sich aber auch dadurch in seinen Entschließungen nicht beirren. General Ludendorff hatte der 8. Armee bereits mitgeteilt, es sei erwünscht, Lomza möglichst bald zu nehmen, um Kräfte für die 10. Armee frei zu bekommen, wobei die 3. Reserve-Division zur Abgabe in Aussicht genommen wurde. Am Abend erklärte er sich in einem Gespräch mit Oberst Marquard durchaus einverstanden damit, daß die 12. Armee jetzt nicht mehr die Absicht habe, den Vug zu überschreiten, und sagte zum Schluß: „Wenn Sie noch etwas abkneifen wollen, müssen Sie weit vorhalten. Ich glaube. Sie haben genug Kräfte."
Die in den Akten festgelegte Auffassung, die der Generalstabsches der 12. Armee, Oberst Marquard, abends seinem Oberbefehlshaber vortrug, suchte die Gegensätze zu überbrücken: „Der Feind kann beim Rückzüge aus dem Vogen zwischen Weichsel und Vug infolge der schlechten Wegeverhältnisse nicht die gesamten dort befindlichen Kräfte, etwa 16 Korps, über Vrest Litowsk und südlich davon zurückführen. Vielmehr müssen mindestens fünf bis sechs Korps nordwestlich der Festung den Vug überschreiten, auch wenn einige Korps mit der Bahn abbefördert werden. Aufgabe der 12. Armee ist es, diesen Rückzug nach Nordosten zu verhindern oder wenigstens dem Feinde dabei tunlichst Abbruch zu tun. Tritt der Gegner die rückwärtige Bewegung sofort an, so wird die 12. Armee ihn möglicherweise nicht mehr am Vug fassen können. Die Operationen müssen daher so geführt werden, daß man in diesem ungünstigsten Fall weiter östlich — etwa in Gegend Vielsk — auf den Flügel des Feindes fallen kann. Je länger der Gegner mit dem Abzug zögert, um so eher kann man ihn noch am Vug zum Kampfe stellen. Leistet er gar in einer Stellung vorwärts Brest nachhaltigen Widerstand, so kann man ihm vollends in den Rücken gehen. Am allen diesen Möglichkeiten gerecht werden zu können, wird man mit starkem linken Flügel und unter Staffelung rechts am Vug entlang den jetzt geschlagenen Gegner überholend verfolgen müssen." Demgemäß wollte Oberst Marquard, sobald der jetzige Widerstand gebrochen sei, den linken Flügel, das Korps Eben, auf Zambrowo ansetzen, das Korps Plüskow nördlich an Andrzejow vorbei, das Korps Matter und das XVII. Armeekorps gegen den engen Raum zwischen Andrzejow und dem Vug, das XVII. Reservekorps rechts gestaffelt. „Der Hauptgedanke" müsse bleiben, den Feind „im Norden zu umfassen und über den Vug oder in südöstlicher Richtung zurückzuwerfen. Erst wenn sich die Ausführung als unmöglich erweist und ein Zusammenziehen der Hauptkräfte auf anderen Teilen der Front notwendig wird, darf dieser Gesichtspunkt aufgegeben werden. — Verteidigt sich der Feind in einer Vrückenkopfstellung um Mal-kin, so würden anzugreifen haben: XVII. Armeekorps zwischen Vug und
Erfolge zwischen Bug und Narew.
355
Straße Ostrow—Malkin, Korps Matter anschließend von Norden und Nordosten her."
Inzwischen hatte der Gegner seine Stellungen vor dem rechten Flügel der 12. Armee wiederum in der Nacht geräumt, während er vor dem linken und vor der 8. Armee zähe hielt. In der Verfolgung erreichte das XVII. Refervekorps (85. Landwehr- und 86. Infanterie-Division) bei Wyszkow und östlich davon den Bug. An der Tucholka bog die Front nach Norden um; das XVII. Armeekorps (882), 36. und 35. Infanterie-Division) kam bis an diesen Wasserlauf. In der Gegend westlich von Ostrow schloß das Korps Matter an (3. Infanterie-, 1. Garde-Reserve- und 4. Garde-Infanterie-Division, dahinter 26. Infanterie-Division), dann das auf diesem Armeeflügel soeben wieder neugebildete Korps Plüskow (54. Infanterie-,
50. Reserve- und 38. Infanterie-Division) und schließlich das Korps Eben (83., 2., 37. Infanterie-Division und Landsturm-Abteilungen). Der Gegner hielt eine Stellung, die etwa acht Kilometer westlich und nordwestlich von Ostrow über den dortigen großen Artillerieschießplatz verlief und dann bis zum Ruz-Bache dem Zuge der Straße nach Sniadowo folgte. Hier waren die 2. und 37. Infanterie-Division unmittelbar südlich des Baches überraschend in die russische Stellung eingebrochen, vermochten das Gewonnene aber nur unter schweren Verlusten zu behaupten. Weiter nördlich hielt der Feind den Ruz-Vach und seine Stellung vor der 8. Armee, die jetzt südlich des Narew mit drei Divisionen (58. Infanterie-, 75. Reserve- und 10. Landwehr-Division) vorwärts strebte.
Am 9. August ergab der Abhördienst das weitere Zurückgehen der s. August, russischen Funkstationen beiderseits des Bug. Die Korps Plüskow und Eben durchbrachen die feindlichen Nachhutstellungen an der Straße Ostrow— Sniadowo und kamen in der Verfolgung einige Kilometer über sie hinaus.
Auch an anderen Teilen der Front ging es vorwärts. Am größten waren die Schwierigkeiten in der Richtung auf Ostrow, wo die Kenntnis des Schießplatzgeländes der russischen Artillerie besondere Vorteile geboten haben mag. Bei der 8. Armee erstürmte die 10. Landwehr-Division das nur schwach verteidigte Westfort von Lomza, die Straße Sniadowo—Lomza wurde aber noch nicht erreicht. Von Norden her näherte sich die 1. Landwehr-Division der veralteten Festung, die der Gegner zu räumen schien.
An diesem Tage sprach sich das Oberkommando 12 abermals mit der Obersten Heeresleitung unmittelbar über Lage und Absichten aus, indem Oberst Marquard mittags Generalmajor Tappen anrief und ihm am Fernsprecher darlegte, südlich des Bug gehe der Gegner nach Osten
9 Bisherige Division Menges.
23*
356 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
16. A«g«st»
zurück, werfe aber der 12. Armee dauernd neue Kräfte entgegen. Die Gefechtsstärken der Armee nähmen ab, und es sei zu befürchten, daß sie an der entscheidenden Stelle in der Flanke des Gegners zu schwach ankomme. Cs sei daher wünschenswert, daß der linke Flügel der 9. Armee, deren 'XXV. Reservekorps an diesem Tage westlich von Nowo Minsk stand und nach Osten auf Kaluszyn angesetzt war, während weiter nördlich bisher nur zwei Kavallerie-Divisionen vorgingen, in nordöstlicher Richtung Anschluß an die 12. Armee gewinne. Wenn der linke Flügel der Angriffsgruppe der
8. Armee am Wizna-Sumpf vorbei sei, drohe ihr Gefahr von links, und es sei fraglich, ob die Kraft der Armee dann ausreichen werde. Oberst Mar-quarb1) fragte daher, ob nicht ein Armeekorps an den linken Flügel der 12. Armee herangeführt werden könne, und Generalmajor Tappen sagte ihm zu, daß er die Sache dauernd im Auge behalten werde.
Wie sich der O b e r b e f e h l s h a b e r O st zu diesen Verhandlungen stellte, inwieweit er überhaupt von ihnen Kenntnis hatte, ist nicht bekannt2). Als ihm um 7° abends der Erfolg der Korps Plüskow und Eben gemeldet wurde, antwortete General Ludendorff: „Dann weiter geradeaus und dann einschwenken." Dementsprechend wurden die beiden Korps für den
9. August zur Verfolgung in östlicher Richtung angesetzt, wobei General von Gallwitz nach wie vor hoffte, „möglichst große Teile des Feindes in den Brückenkopf von Maltin hinein und über den Bug zu drängen", um dann dem nach Osten abziehenden Gegner östlich des Bug-Vogens in die Flanke zu faßen3). Das schien ihm um so mehr möglich, als die deutsche 9. Armee südlich des Flusses noch einen starken Tagemarsch gegen Westen zurück war.
Der Morgen des 10. August brachte die erfreuliche Gewißheit, daß die russische 12. Armee, deren Südflügel man an der Bahn südlich von Lomza annahm, den Rückzug angetreten habe; die Sorge wegen des Anschluffes an die 8. Armee trat damit für den Augenblick in den Hintergrund. Fast ohne irgendwelchen Widerstand zu finden, konnte das Korps Eben die Waldberge des Czerwony Vor durchschreiten. Die kleine Festung Lomza war vom Gegner geräumt und wurde von der deutschen 8. Armee beseht. Aber auch die russische 1. Armee gab jetzt bei Ostrow nach. Der Bahn-
x) Hierzu teilte General von Gallwitz dem Reichsarchiv im Sommer 1931 auf Grund von Tagebuchaufzeichnungen mit. Oberst Marquard habe an jenem Tage mittags auch mit dem 0.23. Ost gesprochen. Der Hauptinhalt seien anscheinend Klagen der 8. Armee darüber gewesen, daß die 12. Armee nicht weit genug nach Norden halte und die 8. daher nicht vorwärtskomme.
-) S. 351 Anm. 2 und S. 352.
3) von Gallwitz, S. 322.
Erfolge zwischen Bug und Narew.
357
kreuzungspunkt Malkin wurde erreicht und damit nach mehr als dreiwöchiger Offensive die nördlichste der großen Bahnlinien, die Warschau mit dem Innern Rußlands verbinden und bisher die russischen Truppen in Westpolen versorgt hatten. Operativ war das seht allerdings ein bedeutungsloser Gewinn und auch für den immer schwieriger werdenden eigenen Nachschub erst von Wert, wenn es gelang, bei Warschau, wo die Weichsel-Brücke wiederherzustellen war, über Nowogeorgiewfk, das noch in Feindeshand war, oder durch die von Willenberg her im Bau befindliche Anschlußstrecke nach Ostrolenka4) Verbindung zum deutschen Vahnnetz zu gewinnen.
Der Gegner schien jetzt in vollem Rückzüge nach Osten. Flieger meldeten an vielen Stellen zurückgehende feindliche Kolonnen; Dörfer brannten, die Fluren waren verwüstet. Es gelang ein Sprung nach vorwärts, wie noch an keinem Tage seit Beginn der Operation; er betrug bei vielen Korps 20 Kilometer und mehr. Südlich vom Bug wurde südöstlich von Wyszkow mit der Kavallerie der 9. Armee Fühlung gewonnen.
General von Gallwitz und seine Berater waren über die weiterhin einzuschlagende Richtung nicht ganz derselben Meinung. Schon seit Ende Juli neigte der Erste Generalstabsoffizier, Major Stapff, innerlich mehr und mehr der Auffassung des Oberbefehlshabers Ost zu2), daß die Rarew-Ope-ration das ihre geleistet habe, und daß die Entscheidung künftig im Njemen-Gebiete zu suchen sei. „Die Strecke, die wir in vier Wochen gewonnen haben, kann man auf dem linken Flügel in vier Tagen marschieren", schrieb er am 9. August nieder. Demgegenüber hielt General von Gallwitz selbst auch jetzt noch am Gedanken der Verfolgung mit ganzer Kraft nach Südosten fest. Oberst Marquard schlug ihm aber nunmehr doch eine mehr nördliche Richtung vor, „da am Bug nichts mehr zu holen fei"3). Die daraufhin vom Oberbefehlshaber Ost erbetene Entscheidung wurde beiden Möglichkeiten gerecht und ging dahin: die Armee solle, mit dem Schwerpunkt rechts, gegen Ciechanowiec—Sokoly weiter vorwärts drängen; die durch den Wizna-Sumpf eingeengte 8. A r m e e werde Anschluß an sie halten. Da aber diese Armee gerade jetzt die nordöstlich von Lomza stehende 3. Reserve-Division an die 10. Armee abzugeben hotte4), zählte sie nur noch fünf Divisionen, von denen bereits drei südlich des Rarew standen.
Am 11. August kam die 12. Armee längs des Bug gut vorwärts: n. August, das XVII. Armeekorps erreichte Zuzel. Dagegen gelangte links neben ihm
1) S. 307. — Zunächst war hier nur eine Feldbahn verlegt worden; Ende Juli begann der Vollbahnbau.
2) Mitteilung des Obersten a. D. Stapff vom Sommer 1931 an das Reichsarchiv.
3) von Gallwitz, S. 325.
4) S. 354 und 478.
358 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
n.A«g«st. das Korps Matter in Verfolgungskämpfen mit dem linken Flügel nur bis dicht vor Czyzew. „Die Fortschritte sind recht zeitraubend", heißt es im Kriegstagebuch des Generalkommandos, „und gehen langsam vor sich. Daran war weniger die Stärke des Feindes als die Müdigkeit der Truppe und die fast gänzliche Unübersichtlichkeit des Geländes schuld. Cs wmde dem Armee-Oberkommando mehrfach zum Ausdruck gebracht, daß der Angriff wohl langsam weitergehe, daß die Verstärkung der Linien durch neue Massen nichts Nennenswertes ändere, daß aber mit etwas Ruhe für die Truppe, die vier Wochen ununterbrochen im Gefecht war, viel erreicht sei." Bei den nördlich anschließenden Korps Plüskow und Eben leistete der Gegner noch erheblich mehr Widerstand. Es schien sich nicht wie tags zuvor um schwache Nachhuten, sondern um stärkere Kräfte mit viel Artillerie zu handeln; den ganzen Tag über wurde gerungen, um nur einige Kilometer vorwärts zu kommen. Abends hatte das Korps Eben Zambrowo genommen. Die 8. Armee hatte auf dem Ostufer des Gac-Abschnittes Fuß gefaßt.
Damit war zwischen Bug und Narew die sch mal sie Stelle erreicht; auf 45 Kilometer Front standen rund 18 deutsche Divisionen so eng, daß es bereits nötig geworden war, fünf von ihnen ins zweite Treffen zu nehmen. Die Narew-Operation hatte taktisch ihren Höhepunkt läng st überschritten und drohte operativ in frontales Nachdrängen auszulaufen. Die vor den Heeresgruppen Mackensen und Prinz Leopold weichenden russischen Massen östlich des Bug zu fassen, konnte nur noch gelingen, wenn die 12. Armee rasch vorwärtskam, rascher als der Feind zurückzumarschieren vermochte. Bisher war dies nicht der Fall gewesen. In den 30 Tagen seit dem 13. Juli hatte sie im ganzen etwa 120 Kilometer Raum gewonnen, das machte nur vier Kilometer für den Tag; daß sie künftig wesentlich schneller vorwärtskommen werde, war kaum anzunehmen. Gerade der 11. August hatte wieder gezeigt, was es bedeutete, wenn der Gegner gewillt war. Widerstand zu leisten. Bei einem Feinde, der seine Nückzugs-operation bis dahin mit Geschick geführt hatte, mußte aber auch weiterhin mit solchem Willen gerechnet werden, sobald es seine Lage erforderte.
Die bisherigen Kämpfe hatten die Schwierigkeiten frontalen Nachdrängens klar gezeigt. Zu eigentlicher Verfolgung war es kaum je gekommen: Fast überall und jedesmal hatte der Gegner nach zähem Widerstände unter dem Schutze der Dunkelheit zunächst unbemerkt ausweichen können, um sich weiter rückwärts in neuer, oft schon vorbereiteter Stellung wieder zu setzen. Jedesmal mußten dann erst schwache Punkte der neuen
Kampfverhältniffe und Ergebnisse zwischen Bug und Narew.
359
Aufstellung erkundet, der Angriff befohlen, die Artillerie gegen die Einbruchspunkte zusammengefaßt werden. Jeder taktische Fortschritt mußte mit einem Einsatz von Zeit, Munition und Vlut erkauft werden, der dem operativen Gewinn kaum noch entsprach.
Der auch für einen erfahrenen Artilleriegeneral, wie den Oberbefehlshaber der 12. Armee, überraschend große Munitionsbedarf, der zur Bezwingung jeder einzelnen feindlichen Nachhutstellung angewendet werden musste1), hat zur Verzögerung des Vormarsches entscheidend mitgewirkt. Bei zunehmender Entfernung vom Ausgangspunkte mußte es immer schwieriger werden, die erforderlichen Mengen heranzuschaffen. Der Bahn-bau hatte mit der Operation trotz ihrer Langsamkeit nicht Schritt halten können. An der zerstörten Weichsel-Brücke in Warschau, an der Strecke Mlawa—Nowogeorgiewsk, im übrigen auf deutschem Gebiete und bei Kolno lagen einstweilen die Endpunkte des Vollbahnbetriebes. Eine von Mlawa über Przasnysz nachgebaute Feldbahn hatte die Gegend westlich von Rozan, die von Willenberg soeben Ostrolenka erreicht, sie endeten damit rund 60 Kilometer hinter der Front. Die zu versorgenden Truppen zwischen Bug und Narew waren inzwischen auf rund 18 Divisionen mit mehr als 700 Geschützen angewachsen.
Ihnen gegenüber hatte sich aber auch der Gegner weiter verstärkt. Von seiner 1. und 12. Armee standen am 11. August etwa 18 Divisionen, davon vier Divisionen von der Südwestfront nach und nach herangezogen, mit wohl ebenfalls an 700 Geschützen gegenüber1). So erscheint der Eindruck der deutschen Truppe zutreffend, daß der Feind an Artillerie jetzt erheblich stärker als zu Beginn der Operation gewesen sei. Fe mehr seine Infanterie zusammenschmolz, um so mehr mußte sich die an Zahl im wesentlichen ungeschwächte Artillerie bemerkbar machen.
Die Schwere, aber auch die Eigenart der vierwöchigen bisherigen Kämpfe wird durch folgende Zahlen beleuchtet: Die Kampfverluste
1) Seit Anfang Juli waren der Armee zugewiesen worden: 370 000 Schuß für Feldkanonen (7,7 am), 27 500 für 10 cm-Kanonen, 192 000 für leichte Feldhaubitzen (10,5 cm), 129 000 für schwere Feldhaubitzen (15 cm), 15 000 für Mörser (21cm); zusammen 734 000 Schuß.
2) Rufsen am 11. August 1915 zwischen Narew und Bug von Wizna bis Zuzel: Von 12. Armee V. Korps (10. und 7. Div.) und IV. sib. Korps (9. sib., 68., 10.sib., 59., 69.*, % 61. Div.); l.Armee, XXVII.Korps (1. Schütz. Vr. und 76. Div.), XXI. Korps (33.*, 44.*, 78.*, 41.* und 6. sib. Div.), IV. Korps (30. und 40. Div.), I. sib. Korps (1. und 2. sib. Div.). Zusammen einschließlich einiger selbständiger weiterer Einheiten: 17% Infanterie-, 1% Kavallerie-Divisionen. Die mit * versehenen 4% Divisionen waren seit dem 13. Juli von der Südwestfront gekommen.
360 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
n. A«g»st. der Armee Gallwitz und des am Angriff beteiligten rechten Flügels der 8. Armee waren vom 13. bis zum 26. Juli auf etwa 37 000, bis zum 8. August auf mehr als 56 000 Mann angewachsen. Das bedeutete 3000 bis 4000 Mann, also mehr als ein Drittel der Infanteriestärke bei jeder Division, und ist ein sprechender Beweis für die opfervolle Aufgabe, die der Infanterie trotz des hohen Verbrauches an Artilleriemunition noch zu lösen übriggeblieben war. Diesen Verlusten stand eine Beute gegenüber, die, einschließlich derjenigen der mitwirkenden Teile der 8. Armee, bis zum
11. August etwa 80 000 Gefangene und 250 Maschinengewehre, aber nur 20 Geschütze zählte.
b) Vis zum Oberlauf von Rurec und Rarew. 12. bis 19. August.
Die frontale Verfolgung, in der sich die Heeresgruppe Prinz Leopold und der rechte Flügel des Oberbefehlshabers Ost (12. und rechter Flügel 8. Armee) befanden, sollte nach dem Willen der Obersten Heeresleitung auch weiterhin nur das Ziel haben, mit der Heeresgruppe Mackensen zusammenzuwirken, die aus der Richtung Cholm—Lublin auf Brest und den Bug unterhalb dieser Festung vorwärtsstrebte. General von Falkenhayn wollte den weichenden Gegner noch westlich der Rokitno-Sümpse und des Arwaldes von Vialowiez entscheidend treffen. Die Heeresgruppe Prinz Leopold, die am Abend des 11. August dicht vor Lukow und Siedlce stand, war daher mit dem rechten Flügel auf Brest angesetzt).
Auch der Oberbefehlshaber Ost hatte an diesem Tage Hoffnung, daß seine mit starkem rechten Flügel auf Ciechanowiec vorgehende
12. Armee wenigstens noch Teile der russischen Truppen abfangen könnte, die weiter südlich von Westen und Südwesten her dem Bug zustrebten. Entscheidende Erfolge versprach er sich davon aber nicht. Er hielt es für sicher, daß es dem Feinde gelingen werde, planmäßig in eine nordsüdliche Front zurückzuschwenken und wünschte den Nachdruck beim weiteren Vorgehen zunächst noch in allgemein östlicher Richtung auf Vielsk, später aber nördlich des Waldes von Bialowiez zu legen. Demgegenüber trat General von Gallwitz nach wie vor für die südöstliche Richtung ein.
»r. ««d Während Truppen der Heeresgruppe Prinz Leopold am 12. August i. August. Lukow und Siedlce einrückten, fand die 12. Armee auf der ganzen Front nördlich des Bug an diesem Tage noch nachhaltigen Widerstand. In der Nacht zog der Gegner aber auch hier ab; die Verfolgung führte
Letzte Anstrengungen zwischen Bug und Narew.
561
zusammen mit dem rechten Flügel der 8. A r m e e bis zum unteren Nurec und anschließend daran in eine Linie, die westlich an Sokoly vorbei fast gerade nach Norden zu den Narew-Sümpfen von Wizna verlief. Der Feind schien sich zu neuem Widerstände gesetzt zu haben. Die ObersteHeeres-l e i t u n g hatte durch den General der Fußartillerie, Generalmajor Schabet, prüfen laßen, ob es nicht möglich sei, die Festung Osowiec durch Abblasen und Schießen von Gas zu Fall zu bringen. Da die Erkundung ergeben hatte, daß mit den verfügbaren geringen Kräften, beispielsweise nur drei schweren Steilfeuer-Batterien, auch bei Verwendung von Gas keine Aussicht bestand, den Platz zu bezwingen, mußte man warten, bis er durch Vorgehen auf dem östlichen Vobr-Afer geöffnet wurde. Hier verfügte die 8. Armee jetzt über vier Divisionen, während auf dem Westufer ihre
11. Landwehr-Division die gegen 50 Kilometer lange Sumpfstrecke allein sperrte.
Am Abend des 13. August erfuhr der Oberbefehlshaber O st, daß der Gegner jetzt vor der Heeresgruppe Mackensen von Süden her im beschleunigten Zurückgehen Bug abwärts sei. Cr mutzte, wie es schien, bei Brest und unterhalb in nordöstlicher Richtung den Fluß überschreiten. Auf dem Nordflügel der Heeresgruppe Prinz Leopold hatte das Kavalleriekorps Frommel die Richtung auf Kleszczele erhalten, „um den über den Bug zurückgehenden feindlichen Teilen in den Rücken zu kommen". Für die
12. Armee änderte sich dadurch zunächst nichts. Ihr Oberbefehlshaber, der fast täglich in unmittelbarer Verbindung mit der Obersten Heeresleitung stand, war nach wie vor voller Hoffnung. In einer Weisung, die er an diesem Tage an die Kommandierenden Generale gab, hieß es, weiteres Vordringen der Armee könne zur Vernichtung des Gegners führen. „Wir müssen daher den uns entgegenstehenden Widerstand mit aller Kraft so schnell als möglich brechen. Äußerste Anstrengung in den nächsten Tagen wird uns später viel Blut sparen. Das Ziel lohnt den Einsatz der Kräfte."
Am 14. und 15. August brachte bei der 12. Armee der Angriff der Mitte (Korps Plüskow und inzwischen nördlich davon eingeschobenes XVII. Reservekorps) die Entscheidung. Östlich von Mazowieck wich das 4% Divisionen starke russische XXI. Korps vor dem Angriff der deutschen 54., 38. und 86. Infanterie-Division, unter Verlust von 2000 Gefangenen, wie es in der amtlichen russischen Darstellung*) heißt, „geschlagen" zurück und gab dadurch für die ganze russische Front zwischen Bug und Narew den Anstoß zu weiterem Ausweichen.
14. bis 16. August.
i) Njesnamow, S. 97 (dort ist der Kampf, offenbar irrtümlicherweise, auf den 22. August verlegt).
362 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
16. und 17. August.
18. und IS. August.
Inzwischen hatte der Oberbefehlshaber Ost der 8. Armee bereits am 14. August eine mehr nördliche Richtung, in den Rücken von Osowiec, gegeben und auch die 12. Armee angewiesen, sobald Vielst genommen sei, nicht mehr nach Osten, sondern auf Vialystok, also scharf nach Nord osten weiterzugehen. Als dann die Ober st e Heeresleitung nochmals darauf hinwies, daß 12 bis 13 russische Korps vor der Heeresgruppe Mackensen gegen den Bug unterhalb von Brest auswichen, rück-sichtsloser Angriff der Heeresgruppen Prinz Leopold und Hindenburg daher große Erfolge verspreche und der rechte Flügel der 12. Armee unter diesen Umständen die Richtung nach Osten, auf Kleszczele beizubehalten habe, änderte das nichts daran, daß der Schwerpunkt ihres Vorgehens — wie es sich aus Lage und Gelände ergab — zwischen Rurec und Rarew hindurch zunächst auf Vielst gerichtet bleiben mußte. In dieser Auffassung stimmten Oberbefehlshaber Ost und Oberkommando 12 überein, wobei, wie bisher, dieses die Hoffnung hegte, die abziehenden Russen noch zu faffen, ersterer an die Öffnung der Osowiec-Front dachte.
Am 16. August meldete die 12. Armee auf unmittelbare Anfrage der Obersten Heeresleitung nach dem Zustande des Gegners, daß dieser große blutige Verluste erlitten und viele Gefangene verloren habe, aber noch starke Gegenangriffe mache; er sei noch kampsträftig und habe mehr Artillerie und Munition als in der letzten Woche, seine Verbände seien aber stark gemischt. Die 8. A r m e e, in gleicher Weise befragt, wies ebenfalls darauf hin, daß der russische Munitionseinsatz in den letzten Tagen stark zugenommen habe. Der 17. August schien diese Beurteilung des Gegners zu bestätigen. Meldungen über Gegenstöße gegen den rechten Flügel der deutschen 12. Armee*) veranlaßten General von Gallwitz, dem dort stehenden XVII. Armeekorps auch für den folgenden Tag zu befehlen, daß es seine Stellungen behaupte und verstärke, und bei der 9. Armee, auf deren Nordflügel sich auf breitem Raum nur Kavallerie befand, Unterstützung durch Infanterie anzuregen. Immerhin bewirkten die fortgesetzten Angriffe der Armee in der Richtung auf Vielst, bei denen die 38. Infanterie-Division an diesem Tage die sehr hohe Zahl von 750 Mann verlor, daß die Russen in der folgenden Nacht den Rückzug fortsetzten und damit für die Heeresgruppe Prinz Leopold den Bug-übergang freigaben.
Der Abend des 18. August sah die deutschen Truppen in der Linie Niemirow am Bug — Westufer des mittleren Rurec — vor Vielst und am linken Ufer des Rarew bis westlich von Tykoein. Hierhin hatte die
*) Rach später erbeuteten russischen Befehlen dürfte es sich tatsächlich nur um den Gegenstoß eines einzigen Regiments der russischen 55. Division gehandelt haben.
Weiteres Nachdrängen zwischen Vug und Narew.
363
8. Armee die 10. Landwehr-Division unter Generalleutnant Clausius entsandt, die im Sumpfgelände beiderseits der von Süden nach Osowiec führenden Straße den Fluß bereits überschritten hatte.
Am 19. August versuchte die 12. Armee an der entscheidenden Stelle, is.A«g«ft. gegen Vielsk, weiterzukommen. Die 86. Infanterie-Division des XVII. Reservekorps erlitt dabei außerordentlich schwere Verluste, sie büßte an 1300 Mann ein. Entscheidende Fortschritte aber konnten in dem rein frontalen Kampfe trotzdem nicht erzielt werden.
c) Das Abschwenken nach Nordosten.
Am 19. August ließ der O b e r b e f e h l s h a b e r O st, zur Regelung der weiteren Verfolgung, an die Oberste Heeresleitung melden, er beabsichtige, „den Hauptdruck der 12. Armee in Richtung Vielsk—Narew (Stadt) zu legen, in der Annahme, daß der linke Flügel der 9. Armee auch in nordöstlicher Richtung, also nördlich der Bahn Kleszczele—Gajnowka gelenkt wird. Ist Oberste Heeresleitung einverstanden?" — Die Antwort lautete: „Die Rarew-Stoßgruppe der Heeresgruppe Hindenburg*) muß zunächst in rein östlicher Richtung unter Sicherung ihrer linken Flanke gegen den Rarew-Abschnitt mit dem rechten Flügel über Kleszczele, sodann nördlich des Policzna-Abschnittes weiter vorgehen. Rach wie vor ist auf schnelles Vorwärtsschreiten über Vielsk Wert zu legen. Abmarsch der Gruppe nach Norden kann erst erfolgen, wenn die Verhältniße beim Feind westlich und südwestlich des Forstes von Vialowiez weiter geklärt sein werden." Diese Weisung wurde dadurch ergänzt, daß General von Falkenhayn an demselben Tage noch ausdrücklich betonte, die Öffnung von Osowiec sei in diesem Augenblick weniger wichtig als die ununterbrochene Fortsetzung des Stoßes auf dem linken Narew-Afer längs des Flusses. Gleichzeitig räumte er aber dem Südflügel der 12. Armee „infolge guter Fortschritte bei Prinz Leopold" doch eine etwas mehr nach Norden weisende Richtung ein; er sollte jetzt nördlich an Kleszczele vorbei auf Gajnowka vorgehen. Das entsprach wenigstens annähernd den Absichten des Oberbefehlshabers Ost, der daraufhin die Aufgaben seiner sämtlichen Armeen neu regelte. In dem Befehll) hieß es: „Schwerpunkt 12. Armee Richtung Vielsk—Narew (Stadt)—Michalowo, Schwerpunkt 8. Armee Richtung Tykocin—Knyszyn". Gleichzeitig sollte die 10. Armee nunmehr mit dem linken Flügel auf Wilna angreifen. Dazu wurde die Zuweisung der beiden Kavallerie-Divisionen der 9. Armee von der Obersten Heeresleitung erbeten, am 20. August aber
!) Diese Bezeichnung findet sich hier zum ersten Male.
2) Der Befehl betraf in erster Linie die Ausgaben der 10. und Njemen-Armee; Gesamtwortlaut siehe S. 483 f.
364 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
20. MS 24. August.
dahin beantwortet, daß nur die deutsche 9. Kavallerie-Division abgegeben wurde.
Auch weiterhin ging der Gegner seiner Lage entsprechend vor der Heeresgruppe Prinz Leopold eher zurück als vor der nördlich anschließenden 12.Armee. Andererseits veranlaßte ihn der zunehmende Druck gegen den Rücken von Osowiec, diesen Platz nach Sprengung der Merke und Brücken bereits in der Nacht zum 23August zu räumen und damit auch vor der 8. und dem linken Flügel der 12. Armee zu weichen. Während der Nordflügel der Heeresgruppe Prinz Leopold bis zum Abend des 24. August in der Verfolgung den Westrand des Waldes von Vialo-wiez erreichte, kam der starke Südflügel der 12. A r m e e hart kämpfend bis über Vielsk hinaus. Die Mitte lag noch vor dem oberen Narew fest, der äußerste linke Flügel, die 37. Infanterie-Division, hatte ihn im Anschluß an das Korps Seydewitz der 8. Armee westlich von Vialystok bereits überschritten. Noch weiter nördlich konnten drei Landwehr-Divisionen dieser Armee dem Gegner über das verlassene Osowiec fast in einem Zuge bis Knyszyn und an den Verezowka-Abschnitt folgen.
Die Schwierigkeiten, die wirksamer Fortsetzung der Offensive entgegenstanden, hatten sich aber in den letzten zehn Tagen bei der 12. Armee1) stark gemehrt. Schon in den „besonderen Anordnungen" vom 12. August hatte General von Gallwitz darauf hingewiesen, daß es der Etappe unmöglich sei, mit der Truppe Schritt zu halten. Der von den Kolonnen der Korps zu überbrückende Raum mußte weit über das übliche Maß gedehnt, die Hafernachfuhr auf die Hälfte des normalen Bedarfs herabgesetzt werden. Da die Ernte jetzt auf dem Felde stand oder eben eingebracht war, sollte sich die Truppe möglichst aus dem Lande ernähren. In dem vom Kriege noch unberührten Gebiete, das man nunmehr erreicht hatte, wurden auch wesentliche Teile des Verpflegungsbedarfs in einigermaßen ausreichender Menge vorgefunden, denn es war dem Gegner doch nur strichweise gelungen, alle Vorräte des weiten Gebietes wegzuführen oder zu vernichten. Aber schon die Mehl- und Brotnachfuhr konnte neben der Munitionszufuhr von den Fahrzeugkolonnen kaum noch geleistet werden.
Auch ein so willensstarker Führer wie General von Gallwitz mußte auf diese Verhältnisse und die geminderte Angriffskraft der Truppe in zunehmendem Maße Rücksicht nehmen. Aufzeichnungen der verantwortlichen Dienststellen und Führer geben ein Bild davon, wie es bei der Armee aussah:
*) S. 297, 331 und 357 ff.
Nachschubschwierigkeiten und verminderte Angriffskraft.
365
Im Kriegstagebuch des Korps Matter hatte man schon am 20. August geschrieben: „37 Tage ununterbrochen im Gefecht, die Infanterie hatte nur noch die halbe Stärke, das Feldartilleriematerial war in bedenklichem Umfange unbrauchbar." Dies sowie die Länge der rückwärtigen Verbindungen, die bis Ostrow 100 Kilometer, von da zum Feldbahnendpunkte Rozan weitere 35 Kilometer maßen, und der wegen Hafermangels schlechte Futterzustand der Pferde machten eine Pause dringend erwünscht. Am 22. August wurde „mit Rücksicht auf die dringend notwendige Munitionsersparnis nur noch ein ganz ruhiges Artilleriefeuer unterhalten". Am folgenden Tage gewann der Armeeführer bei einem Gespräch mit dem Kommandierenden Genera?) den Eindruck, daß infolge der Überanstrengungen die Angriffsfreudigkeit der Trupp e erheblich nach gelassen habe. Man erwarte von der Artillerie, daß „sie alles machen solle".
Beim Korps Suren wurde nach dessen Kriegstagebuch am 20. August die letzte Munitionskolonne entleert, die nächste gefüllte konnte erst am 23. eintreffen. Die großen Verluste, hieß es, besonders der 86. Infanterie-Division^) seien auf die wegen Munitionsmangels ungenügende Artillerievorbereitung zurückzuführen. Ein Regiment der 50. Reserve-Division mußte aus der Front gezogen werden, nachdem es von 57 Offizieren auf 6, von 3700 Mann auf 600 zusammengeschmolzen war. Die übriggebliebenen Mannschaften, so hieß es in dem Berichte, entstammten größtenteils dem „letzten Ersatz, der erst während der Operation eintraf, schon als minderwertig überwiesen wurde und sich auch als minderwertig" gezeigt habe. Neuer Ersatz, der beantragt sei, werde im Regiment keinen alten Stamm mehr vorfinden, der ihm Halt gäbe. Das Regiment brauche 14 Tage Zeit, um sich neu zu formieren und wieder innere Festigkeit zu gewinnen.
Ant 22. August traf der Stabschef des Korps Plüskow, Oberst Baerecke, persönlich im Armee-Hauptquartier ein, um den „Mangel an Stoßkraft infolge der geringen Stärken und des Offiziermangels" zu schildert?).
Am 24. August meldete auch das Korps P a n n e w i tz : Da Munition und Verpflegung nicht dem Verbrauch entsprechend vorgebracht werden könne, sei eine dreitägige Pause im Angriff nötig.
General von Gallwitz selbst urteilte in seinen Tagebuchaufzeichnungen am 20. August4): „Der russische Heeresbericht betonte die Hartnäckigkeit unserer Angriffe. Aber ich konnte mich dem nicht verschließen, daß unsere Kraft nicht mehr die alte war. Seit 39 Tagen waren wir in
9 von Gallwitz, S. 344. — 2) S. 363. — 3) von Gallwitz, S. 342 f. — *) Ebenda. S. 341.
366 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
20. bis 24. August.
Kämpfen und hatten seitdem 1400 Offiziere und 60 000 Mann*) hergegeben. Ein Stopp in dem unausgesetzten Drängen erschien bald unvermeidlich." Auch im Kriegstagebuch des Oberkommandos wurde auf die geringen Gefechtsstärken der Infanterie hingewiesen, die wie stets die Hauptlast der blutigen Verluste wie der seelischen und körperlichen Anspannung zu tragen hatte. So hatten die Bataillone der 38. und 54. Infanterie-Division nur noch 400 Mann Gefechtsstärke, auch die 4. Garde-Infanterie-Division zählte im ganzen nur 4000 Gewehre. Am 21. August konnte General von Gall-witz „an der Ermattung der Truppe nicht mehr vorbeisehen". Die am folgenden Tage vorübergehend gehegte Hoffnung, den Feind doch nochmals zu werfen, zerrann rasch angesichts der sich mehrenden Schwierigkeiten. „Es wäre jammerschade", schrieb er in sein Tagebuch, „wenn wir jetzt erlahmten, denn bei den Russen sieht es nach Gefangenenaussagen, Briefen und nach ihren enormen Verlusten noch viel trüber aus. Sie sind zum ümrennen reif, wenn wir nur die nötige Kraft ansetzen können. Überall zeigt sich bei ihnen Hoffnungslosigkeit, hauptsächlich wegen unserer Artillerie ... Ich wollte schon gestern warten, um Ersatz an Artilleriemunition heranzubringen. Aber die Truppe, die besten Willens ist, bandelt immer wieder an und erweckt so bei der oberen Führung den Glauben, es würde schon noch gehen. Mit Bataillonen von 325 Mann ist nicht viel anzufangen. Run, ihre Pflicht hat die Armee erfüllt." Russische Gegenstöße, die auch an diesem Tage gemeldet wurden, hielt der General „für ä outrance von oben befohlen, für letzte Versuche, das Blatt zu wenden oder wenigstens sich Bewegungsfreiheit zu verschaffen".
Günstiger als bei der 12. Armee lagen die Verhältniße bei der 8. Armee, die noch nicht so lange und auch nicht so schwer zu kämpfen gehabt und dabei bessere Nachschubbedingungen hatte.
Bet so entschiedener Minderung der Angriffskraft der Hauptarmee war es schließlich von geringerer Bedeutung, welche Richtung dem rechten Flügel des Oberbefehlshabers Ost für das weitere Vordringen gegeben wurde. Noch wünschte die Oberste Heeresleitung, die Hauptkraft in rein östlicher Richtung wirken zu taffen, während der Oberbefehlshaber Ost seit der Einnahme von Osowiec erst recht eine n o r d östliche Richtung für notwendig hielt, um das Vorgehen der 10. Armee gegen Wtlnct2) wenigstens mittelbar zu fördern. Cr befahl daher am 24. August in Fortsetzung der am 19. August — wie er glauben mußte — in Übereinstimmung mit der Obersten Heeresleitung2) gegebenen Weisung, daß „nach Cinahme von Bialystok" die Bahn von da über Sokolka nach Grodno die
*) Vgl. S. 360. — 2) S. 483 f. — --) S. 363.
Das Abschwenken nach Nordosten auf Grodno.
367
Grenze für die weiteren Operationen der 12. und 8. Armee zu bilden habe.
Noch nicht drei Stunden nach Abgang des Befehls lief aber folgende Weisung der Obersten Heeresleitung ein: „Entwicklung der Verhältnisse zwischen Bug und Narew läßt dringend erwünscht erscheinen, daß Oberlauf Swislocz sobald wie möglich von Teilen der 8. Armee erreicht wird." Das schien dieser Armee eine genau östliche Richtung geben zu sollen und zugleich ein rund 70 Kilometer entferntes Ziel. Der Oberbefehlshaber Ost vermochte sich kein Bild davon zu machen, welche operativen Absichten die Oberste Heeresleitung jetzt verfolge. Cr drahtete am 25. August an General 25. wgwft. von Falkenhayn: „8. Armee hat auf ganzer Front Feind gegenüber, der überall zähen Widerstand leistet, so daß ein schnelles Vorwärtsdringen von Teilen von ihr bis zum Oberlauf des Swislocz zur Zeit vollständig ausgeschlossen ist." Die aufs äußerste gereizte Stimmung dieser Tage*) veranlaßte ihn, hinzuzufügen: „Um führen zu können, bitte ich um Direktiven."
Die Oberste Heeresleitung, die vorübergehend gehofft hatte, durch einen Südstoß der Heeresgruppe Prinz Leopold den Feind noch zu fassen2), sah sich inzwischen vor einer veränderten Lage, da dieser bereits begonnen hatte, die starke Festung Brest zu räumen. So setzte sie jetzt die von Kle-szczele über Gajnowka nach Wolkowysk, also nach Nordosten, führende Bahnlinie als rechte Grenze des Oberbefehlshabers Ost fest und hatte auch „nichts mehr dagegen einzuwenden, wenn aus der Stoßgruppe Gallwitz nunmehr Kräfte auf das nördliche Narew-Ufer verschoben" würden.
Diese Grenzfestsehung entsprach im wesentlichen den Wünschen des 2s.A«g»st. Oberbefehlshabers Ost. Cr befahl am 26. August für seine vier Armeen: „12. und 8. Armee folgen dem Gegner, rechter Flügel 12. Armee längs der Eisenbahn Gajnowka—Siemionowka. Hiernach allgemeine Vormarschrichtung: 12. Armee mit tiefem rechten Flügel Swislocz—Sokolka;
8. Armee Sokolka—Dombrowo, bereit, linken Flügel von hier auf Lipsk auszudehnen. Nähere Weisungen für 12. und 8. Armee folgen." Die 10. Armee sollte weiter gegen Wilna vorwärtsdrängen, die Njemen-Armee auch fernerhin die Nordflanke decken2). Da die Oberste Heeresleitung jetzt Verschiebungen von der 12. Armee auf das nördliche Narew-Afer genehmigt hatte, hielt sich der Oberbefehlshaber Ost, wie er an diesem Tage in seinem Kriegstagebuch ausdrücklich niederlegen ließ, „für berechtigt, diese Kräfte auch da anzusetzen, wo der Erfolg winkt". Cr befahl den bisherigen Stoßarmeen (12. und 8. Armee), „um den Druck des linken Flügels der 10. Armee M erhöhen", im ganzen drei Infanterie- und eine Kavallerie-Division
0 S. 350 f. — 2) S. 428.
s) Wortlaut und Einzelheiten der Anordnungen für 10. und Njemen-Armee siehe S. 487.
368 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
27. August.
dorthin abzugeben. Dieserhalb wurde zwar der Generalstabschef der 12.Armee, Oberst Marquard, indem er für Frontalverfolgung nach Osten eintrat, um die Russen „in die Sümpfe" zu werfen, noch an demselben Tage, gelegentlich eines Ferngesprächs mit Generalmajor Tappen, bei der Obersten Heeresleitung vorstellig*), hatte damit aber keinen Erfolg.
Tatsächlich hatte die 12. Armee denn auch in den nächsten Tagen schon der Nachschublage wegen nicht einmal die Möglichkeit, alle ihr verbleibenden Kräfte in der Verfolgung zu lasten. Am Abend des 26. August konnte ihr linker Flügel zusammen mit dem rechten der 8. Armee ohne Kampf die wichtige Stadt Vialystok besehen. Ant 27. August erreichte die 12. Armee hinter den jetzt rascher weichenden Russen die Stadt Narew, am 28. konnte die Verfolgung nur noch mit Teilkräften fortgesetzt werden. Die Offensive der stärksten, durch Nordpolen vorgehenden Armee hatte sich totgelaufen. Eine Aufzeichnung des Hauptmanns von Waldow vom Oberkommando Ost vom nächsten Tage lautete: „Der Russe geht planmäßig zurück, und zwar so schnell, daß wir mit unseren rückwärtigen Verbindungen nicht folgen können. Die Eisenbahnen sind zu stark zerstört. Man könnte vor Wut heulen. Die 12. Armee muß tatsächlich haltmachen in der Verfolgung und warten, und der Russe bekommt Zeit, Kräfte nach Wilna heraufzufahren. Eben kommt die Nachricht, daß dort ein neues Korps ausgeladen wird und nach Norden marschiert. Unsere Operation ist nicht gelungen."
Inzwischen hatte ein grundlegender neuer Vefehl der Ober st en Heeresleitung vom 27.August2) die Heeresgruppen Mackensen und Prinz Leopold angesichts der Rokitno-Sümpfe angehalten. Rur die vom Oberbefehlshaber Ost eingeleiteten Operationen sollten noch fortgesetzt werden. Ihr Schwerpunkt aber lag künftig nicht mehr bei der 12., sondern bei der auf Wilna angesetzten 10. Armee.
d) Betrachtungen.
„Ihre Pflicht hat die Armee erfüllt." — Diese Feststellung des Generals von Gallwitz über die Leistungen der 12. Armee, der mit zeitweise 14 Divisionen stärksten, die an der Verfolgung durch Polen beteiligt war, muß im Vordergründe der Betrachtungen über die Ergebnisse stehen; sie gilt gleichermaßen für die 8. Armee, die nur über sieben Divisionen verfügte. Die Truppe hat mit einer Opferwilligkeit und einer Hingabe marschiert, gekämpft und geblutet, wie sie unter den
!) General von Gallwitz schreibt hierzu im Sommer 1931 an das Reichsarchiv, von ihm sei Oberst Marquard dazu nicht beauftragt worden.
2) Wortlaut siehe S. 489.
Betrachtungen.
369
gegebenen Verhältnissen nicht größer hätte sein können. Sie ist, wie unzählige Zeugnisse belegen, soweit ihre Kraft reichte, immer wieder mit Freudigkeit an die säst täglich neuen Angriffe herangegangen und war mit Recht von dem stolzen Bewußtsein erfüllt, einen an Zahl überlegenen Feind durch ganz Polen rund 200 Kilometer weit zurückgetrieben zu haben.
Taktisch ist geleistet worden, was — unter Berücksichtigung der nun einmal gegebenen Verhältnisses — nur zu leisten war. Wenn die Angriffsergebnisse nach Umfang der Beute und operativ nicht voll befriedigen, so kommt darin in erster Linie zum Ausdruck, daß es sich um reine Frontalkämpfe handelte, begonnen mit dem Durchbruch durch ein in monatelanger Arbeit entstandenes, überaus starkes und tief gegliedertes Stellungssystem, fortgesetzt über einen ebenfalls zu nachhaltiger Verteidigung vorbereiteten Flußabschnitt und auslaufend in das Zurückdrücken eines Gegners, der immer von neuem sich zur Wehr setzte, einer Entscheidung aber doch stets rechtzeitig auszuweichen verstand. Hartnäckiger Widerstand an starken natürlichen Abschnitten, oft verbunden mit örtlichen Gegenstößen, wechselte ab mit unbemerktem nächtlichen Abzug. Die Verfolgung lief sich immer wieder vor neuen, vielleicht oft nur ganz schwach besetzten feindlichen Stellungen fest. Dieses sich dauernd wiederholende Spiel erforderte neben Zeit und Kraft auch unverhältnismäßig viel Munition und kostete vor allem die angreifende Infanterie viele Offiziere und die Besten der Mannschaft, so daß schließlich nur noch schnell ausgebildeter Kriegsersatz und ältere Jahrgänge Träger des Kampfes waren. Am so mehr mußte sich das Bedürfnis nach wirkungsvoller Vorarbeit der Artillerie geltend machen. Aber auch deren Leistungsfähigkeit war durch ausgeschossene Rohre, minder wirksame Vehelfsmunition und unzureichende Schießausbildung mancher mit älteren Jahrgängen besetzter Batterien nicht mehr auf derselben Höhe wie zu Kriegsbeginn. Wenn man hinzunimmt, wie sehr sich gleichzeitig die Stärke der russischen Abwehr, trotz großer Knappheit an Gerät und Munition, durch die Fernwirkung von Artillerie und Maschinengewehren gesteigert hatte, so wird man die Größe des von Führung und Truppen Gele i st e t e n richtig würdigen.
Die Vernichtung des Gegners war nicht erreicht worden, sondern nur die Zermürbung. Die B eut ez a h l e n reden eine deutliche Sprache. Sie betrugen in 6% Wochen für 21 Divisionen der deutschen 12. und 8. Armee im ganzen rund 125 000 Gefangene, 350 Maschinengewehre, dabei aber nur 23 Geschütze. Wie wenig das in seiner Gesamtheit, vor allem aber hinsichtlich der Geschühzahl, bedeutete, wird klar, wenn man dagegen hält, daß bei
0 Vgl. S. 358 f. t Weltkrieg. Till. Band.
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370 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Rarew-Front.
Tannenberg 13 deutsche Divisionen in sechs Tagen 92 000 Gefangene, aber 350 Geschütze eingebracht hatten. Bei der Langsamkeit der durchweg rein frontal geführten Angriffe hatte der Gegner seine Artillerie stets rechtzeitig zurückziehen und fast durchweg in guter Ordnung ausweichen können. Wie hoch seine Gesamtverluste waren, ist nicht besannt1).
General von Falkenhayn hat nach dem Kriegs darauf hingewiesen^), daß die Armee Gallwitz aus Mangel an Kräften nicht vermocht habe, ihrem linken Flügel wirklichen Nachdruck zu geben und dadurch immer mehr in eine rein westöstliche Richtung gekommen sei. Der Oberbe f e h l s h a b e r O st hätte zu ihrem Angriff sehr wohl noch mehr Kräfte, vier Divisionen von der 9. und zwei von der 10. und der Njemen-Armee, heranziehen können"). „Hätte die Narew-Stoßgruppe ihren Angriff statt mit 14 mit 20 Divisionen geführt, so ist es in hohem Grade wahrscheinlich, daß sie in der Lage gewesen wäre, starke Teile des Feindes zu verhindern, sich aus der Zange zu ziehen. Es ist demnach ein Fehler, daß die Verstärkung unterblieb. Seine Ursache muß . . . allein darin gesucht werden, daß es nicht gelungen war, einheitliche Auffassung der Lage bei der leitenden und der ausführenden Stelle herbeizuführen." Cs hätte „nicht geduldet werden" dürfen, daß der Hauptoperation, „aus welchen Gründen auch immer, ein einziger Mann entzogen wurde. So gewiß es in erster Linie Sache des Oberkommandos gewesen wäre, sich in die Gesamthandlung einzufügen, so gewiß ruht ein Teil der Verantwortung dafür, daß dies nicht geschah, auf dem Generalstabschef. Seine Aufgabe war es, restloses Aufgehen jedes Teiles im Ganzen und für dasselbe zu sichern, auch wo ihm, wie in diesem Fall, außergewöhnliche persönliche Schwierigkeiten entgegenstanden".
Der Oberbefehlshaber Ost, der der Narew-Operation von vornherein entschieden ablehnend gegenüberstand und erst recht ihre Fortsetzung bis tief in den August hinein für verfehlt hielt, hat seiner Auffaffung nach trotzdem alles getan, um ihren Erfolg zu sichern. Nachdem sich der Kaiser einmal sehr bestimmt für den Vorschlag seines Generalstabschefs entschieden hatte, hat es Generalfeldmarschall von H i n d e n b u r g4) für seine Pflicht erachtet, nichts zu unterlassen, um diesem Plane zum Erfolge zu helfen. Er hat seitdem seine ganze Autorität für das Gelingen der Operation eingesetzt und sich bei Beginn des Angriffs persönlich auf das
1) Näheres über den Gegner siehe S. 301, 323, 325, 359, 374 und 436 ff.
2) von Falkenhayn, S. 104 und 109 f. — •■) S. 275 ff., 281 und 297 f.
4) Persönliche Mitteilung an den Präsidenten des Reichsarchivs vom 7. November 1931.
Betrachtungen.
371
Schlachtfeld bei Przasnysz begeben, weil er wußte, „welche ausschlaggebende Bedeutung unsere Oberste Heeresleitung dem Gelingen des befohlenen Durchbruchs beilegte". General Ludendorff, so schrieb der Generalfeldmarschall ferner in seinem Buches, habe zwar innerlich zähe am Plane der Rjemen-Operation festgehalten. Diese Abweichung „hatte aber weder irgendwelchen Einfluß auf unser weiteres gemeinsames Denken und Handeln", noch beeinträchtigte sie die „Kraft, mit der wir den Entschluß der verantwortlichen Obersten Heeresleitung Mitte Juli in die Tat umsetzten". Ähnlich schrieb General Ludendorff selbst"), die Meinungsverschiedenheiten mit General von Falkenhayn hätten ihm die besondere Verpflichtung auferlegt, von den f einigen abweichende Gedanken der Obersten Heeresleitung „wenn möglich mit noch größerer Sorgfalt umzusetzen als übereinstimmende oder eigene".
Die Ober st e Heeresleitung ist über die Maßnahmen des Oberbefehlshabers Ost, vor allem soweit sie die Armee-Gruppe Gallwitz betrafen, dauernd unterrichtet gewesen. Hätte sie den Kräfteeinsatz gegen dm Rarew für unzureichend gehalten, so hätte sie mit Entschiedenheit eingreifen muffen. Zur Frage völliger Entblößung der Front westlich der Weichsel hat sich General Ludmdorff wie folgt geäußert"): „Die Freigabe des linken Weichsel-Afers westlich San-Mündung—Rowogeorgiewsk war richtig, wenn die Oberste Heeresleitung fest gewillt war, die Entscheidung im Osten zu erkämpfen. Dann mußte sie das Risiko der Frontentblößung in den Kauf nehmen. Der Feind konnte nicht in die leere Front vorstoßen." Anders war es, wenn mit der Möglichkeit gerechnet werden mußte, daß die Operation gegen Rußland vielleicht vorzeitig zum Abschluß kam. „Dann konnte der Feind, der weit in Polen und Litauen sich nicht mehr bedroht fühlte, westlich der Weichsel angreifen." In ähnlichem Sinne hatte sich auch General von Falkenhayn am 28. Juni dem Oberbefehlshaber Ost gegenüber geäußert4), der Feind werde aus der Entblößung der Front westlich der Weichsel „keinen wesentlichen Nutzen ziehen können, solange die Vorbewegung zwischen Bug und Weichsel" — also die Offensive der Heeresgruppe Mackensen — „im Gange bliebe". Andererseits hat er aber noch nach dem 2. Juli fast dauernd auf Angriff bei der 9. Armee gedrängt, zeitweise sogar daran gedacht, ihr dazu noch zwei Westdivifionen zuzuführen"). So ist die Oberste Heeresleitung für die Velaffung stärkerer Kräfte westlich der Weichsel zum mindesten voll mitverantwortlich. Ein wesentlicher Gegensatz zwischen ihrer Auffassung und der des Oberkom-
4) von Hindenburg, S. 128. — 2) Ludendorff, S. 120.
3) Zuschrift an das Reichsarchiv vom 29. Dezember 1931.
4) S. 266 ff. — s) S. 315.
372 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
mandos Ost scheint in diesem Punkte nicht bestanden zu haben. Wohl aber bestand er hinsichtlich der am Njemen zu belassenden Kräfte. Doch hat General von Falkenhayn den Oberbefehlshaber Ost auch dort gewähren lassen, sogar mehrfach auch für diesen Frontabschnitt aktive Betätigung verlangt. Cs ist daher durchaus fraglich, ob sein Gedanke, man hätte 20 statt 14 Divisionen gegen den Narew ansetzen sollen, nicht lediglich eine rückschauende Betrachtung darstellt, der man Berechtigung allerdings nicht absprechen kann.
Hätte man die sechs in Frage kommenden Divisionen bereits zu Beginn der Narew-Operation zur Verfügung gehabt, was nach Lage, Absichten und Eisenbahnverhältniffen zweifellos möglich war, so hätte man den Gegner am 13. Juli an zwei Stellen zugleich, außer bei Przasnysz auch bei Ostrolenka—Nowogrod, mit starken Kräften angreifen und damit nicht nur die russische Abwehr zersplittern, sondern vor allem dem eigenen Angriff eine operativ sehr viel wirkungsvollere Richtung geben können. Auch möchte nach den später gemachten Erfahrungen frühzeitiger, überraschender Angriff bei Ostrolenka—Nowogrod schneller und leichter als bei Pultusk—Rozan an und über den Rarew gekommen sein. Im Laufe der Kämpfe ist die Angriffsfront schließlich bis gegen Nowogrod ausgedehnt worden. Da aber die Gesamtkräfte hierfür zu gering waren und es sich um das Grenzgebiet zwischen der Armee-Gruppe Gallwitz und der 8. Armee handelte, ist es zu voller Einheitlichkeit der Kampfführung an dieser Stelle nicht gekommen. Gerade hier hat es an Truppen gemangelt, vor allem auch an schwerer Artillerie, denn General von Gallwitz hat seinen linken Flügel bewußt schwach gehalten im Vergleich zur Mitte seiner Front, an der er nun einmal zunächst den taktischen Sieg erstrebte. Daneben haben Meinungsverschiedenheiten mit dem vor Ostrolenka befehligenden Generalkommando des I. Armeekorps und daraus sich ergebende Schwankungen in den Anordnungen nachteilig gewirkt. Erst als sich nach Überwindung des Narew selbst die Mitte der Armee-Gruppe vor neuen russischen Stellungen festgelaufen hatte, begann General von Gallwitz, den Schwerpunkt mehr nach dem linken Flügel zu verlegen. 5lm damit vermehrte operative Wirkung zu erzielen, war es aber inzwischen schon reichlich spät geworden.
Der Oberbefehlshaber Ost hat dem Oberkommando Gallwitz, zu dem er volles Vertrauen hatte, in der Durchführung der Operationen freie Hand gelassen. Ernstere Meinungsverschiedenheiten über die einzuschlagende Verfolgungsrichtung ergaben sich erst bei den Kämpfen zwischen Bug und Narew, wobei sich das Oberkommando Gallwitz auf die gleichgerichtete Auffassung der Obersten Heeresleitung stützen konnte. Cs wird sich aber kaum nachweisen lassen, daß diese Gegensätze den Erfolg
Betrachtungen.
373
der Operation beeinträchtigt haben. Auch wenn im Sinne der Obersten Heeresleitung Anfang August versucht worden wäre, die Angriffsfront zwischen Bug und Narew stärker zu machen, als sie war, dürfte das Ergebnis kaum größer geworden sein. Die schon damals ernsten Nachschubschwierigkeiten hätten sich bei weiterer Häufung von Truppen aller Wahrscheinlichkeit nach derart gesteigert, daß sie den Vorteil der größeren Zahl wieder aufwogen.
Der Oberbefehlshaber Ost und die Oberkommandos Gallwitz und Scholtz haben mit der nun einmal beschränkten Zahl der zur Narew-Operation angesetzten Kräfte versucht, das Äußerste aus der Lage herauszuholen. Das war selbstverständlich vor allem bei General von Gallwih, der bis zum Schluß mit voller innerer Überzeugung an die Möglichkeit glaubte, wesentliche Teile der Russen abzufangen. Die geringen Kräfte, die der Oberbefehlshaber Ost, aber doch erst im Verlaus der später nach Osten gerichteten Verfolgungsoperation durch Polen und fast immer erst nach Rücksprache mit der Obersten Heeresleitung, nach und nach zur Rührung des Kampfes im Njemen-Gebiet ausgespart hat, hätten an dem Ergebnis zwischen Vug und Narew kaum etwas zu ändern vermocht. Durch den Gegensatz zwischen den beiden höchsten Befehlsstellen befand sich das Oberkommando Gallwitz in einer nicht leichten Lage, denn es stand in dauernder unmittelbarer Verbindung zur Obersten Heeresleitung, deren Ansichten es teilte, zugleich aber hatte es nach den Weisungen des Oberbefehlshabers Ost zu handeln. Cs hat die daraus sich ergebenden, besonders schwierigen Verhältnisse mit Takt gemeistert, so daß ernstliche Reibungen vermieden wurden und die Operation im wesentlichen im Einklang verlief.
Daß dem Narew-Feldzuge nicht größerer Erfolg beschieden war, hatte seine Arsachen allein darin, daß der Angriff mit dem immer schwierigen und zeitraubenden Durchbruch durch ein ausgebautes Stellungssystem und nachfolgendem Flußübergang beginnen mußte. Währenddessen fand der Gegner Zeit, sich aus den westlich der Weichsel und in Galizien kämpfenden Truppen sehr rasch derart zu verstärken, daß die deutschen Angreifer der Divisionszahl nach bald gleich starken Gegner vor sich hatten, dieser ihnen an Zahl der Gewehre mindestens ebenbürtig, wenn nicht überlegen und nur an Artillerie unterlegen war. Dieses Verhältnis verschob sich mit Fortgang der Kämpfe eher noch zugunsten der russischen Verteidiger als der deutschen Angreifer. So war an rasches Vorwärtskommen bei den geschilderten Kampf- und Nachschubschwierigkeiten gar nicht zu denken, und die Meinungsverschiedenheiten über die innezuhaltende Operationsrichtung behielten für den tatsächlichen Verlauf nur untergeordnete Bedeutung.
374 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
Die Aufgabe, einen in breiter geschloffener Front weichenden Gegner in die Rokitno-Sümpfe zu werfen oder, wie es General von Gallwitz ge-legentlich ausgedrückt hat, „umzurennen", war nicht lösbar, wenn der operative Raumgewinn in 46 Tagen nur 200 Kilometer, im Tagesdurchschnitt also noch nicht fünf Kilometer betrug. Demgegenüber hatten die auf verhältnismäßig leistungsfähige Bahnverbindungen gestützten Russen immer die Möglichkeit, nicht nur ihre fechtenden Truppen, sondern auch noch recht vieles andere, was ihnen wertvoll war, in Sicherheit zu bringen. Gewiß konnte es verlockend erscheinen, die Teile, die vor der Heeresgruppe Mackensen zwischen den Rokitno-Sümpfen und den von Westen vorrückenden deutschen Armeen in Stärke von 13 bis 14 Korps nach Nordosten zu weichen schienen, gegen jenes doch recht ungangbare Gebiet zu werfen und damit entscheidend zu schädigen. Tatsächlich wurde aber die russische Rückzugsrichtung von der Vormarschrichtung der Armee Gallwitz keineswegs so getroffen, daß eine flankenstoßähnliche Wirkung erzielt werden konnte. Die nördlichen russischen Armeen (2., 1. und 12. Armee) sind bis zur Linie Brest— Vialystok in beinahe rein östlicher Richtung, also frontal, zurückgeführt worden und dehnten sich erst nach Aufgabe der Osowiec-Front dem wachsenden Kräftebedarf des Nordflügels entsprechend allmählich nach Nordosten aus; die 4., 3. und 13. Armee zogen sich im Schrägmarsch von Süden an sie heran. Damit ging der Abtransport von Kräften mit der Bahn in der allgemeinen Richtung Minsk—Wilna Hand in Hand. Eine solche großzügig und sachgemäß geleitete Rückzugsbewegung auch nur für Teile des Heeres in eine Katastrophe zu verwandeln, reichte — ganz abgesehen von der Stärke, die die Abwehr im Jahre 1915 bereits besaß — die Stoßkraft eines Verfolgers nicht mehr aus, der in der ersten Augusthälfte vier Wochen fast ununterbrochener Kämpfe hinter sich hatte und von den Endpunkten leistungsfähiger Vollbahnen bereits weit über 100 Kilometer entfernt war.
Und doch war Großes erreicht. Im Zusammenwirken mit der Heeresgruppe Mackensen hatten die Siege der Armee Gallwitz und ihrer Nachbarn rechts und links den Gegner aus bedrohlicher Nähe der deutschen Grenze vertrieben. Auch die Einnahme von Warschau und die Beute, die bei der noch zu schildernden Eroberung der großen Festung Nowogeorgiewsk gemacht wurde, müssen als unmittelbare Auswirkungen des Narew-Feldzuges angesehen werden.
Der Beginn der Einschließung.
375
7. Die Eroberung von Nowogeorgiewsk*).
Karte 6, Skizzen 21 und 23.
Nowogeorgiewsk war die größte und stärkste aller russischen Festungen und die einzige Festungsanlage im westlichen Polen, die im Jahre 1910 von der Auslastung ausgenommen und seitdem neuzeitlich weiter ausgebaut worden war. An der Einmündung des Narew in die Weichsel gelegen, sicherte sie zusammen mit den östlich anschließenden veralteten Forts Dembe, Zegrze und Venjaminow den Narew-Kbergang nördlich von Warschau und sperrte die östlich der Weichsel nach Warschau führende Bahn, die innerhalb der Festung die Flüsse Wkra und Narew zu überqueren hatte. Acht über die Stadtumwallung hinaus vorgeschobene ältere Forts umschlossen einen Raum von etwa elf Kilometer Durchmesser. Auf der Nord- und Westfront hatten die Russen vier bis fünf Kilometer vor der alten eine neue, aus Panzergruppen bestehende Vefestigungslinie begonnen.
Sie war seit Kriegsbeginn rasch weiter gefördert und die Erweiterung auch auf andere Fronten ausgedehnt worden. In etwa derselben Entfernung über diese äußere Vefestigungslinie hinaus waren tiesgegliederte, vorgeschobene Stellungen entstanden.
Am 17. Juli rückte der rechte Flügel der Armee-Gruppe G a l l -17. ms 21.1«a. w i H, Korps Dickhuth und XVII. Reservekorps, gegen die Nordftont von Nowogeorgiewsk vor. Dabei wollte es ein günstiger Zufall, daß der leitende Ingenieuroffizier der Festung, der im Kraftwagen über die eigenen Linien hinaus vorgefahren war, tot, aber mit wertvollem Kartenmaterial, in deutsche Hand fiel. Tags daraus näherte sich auf dem südlichen Weichsel-Ufer auch der linke Flügel der 9. Armee, Abteilung Westernhagen, den Vorstellungen der Festung. Vis zum 20. Juli hatte man beim Generalkommando des XVII. Reservekorps aus mitgehörten russischen Funksprüchen, Flieger- und Patrouillenmeldungen die Auffassung gewonnen, daß nur schwacher Feind gegenüberstehe^); starke Teile, das russische XXVII. Korps, schienen die Festung nach Süden und Osten zu verlassen. Generalleutnant Suren hielt die Möglichkeit für gegeben, die Festung am folgenden Tage durch Handstreich zu nehmen. General von Gallwitz aber verhinderte die Ausführung dieses wohl kaum Erfolg versprechenden Vorhabens, zu dem die Bewegungen bereits eingeleitet waren. Zugleich aber stellte der Oberbefehlshaber Ost den Kommandierenden General des III. Reservekorps, General der Infanterie v 0 nVe -
0 Eine eingehende Darstellung enthält Heft 4 der „Schlachten des Weltkrieges": Bettag: „Die Eroberung von Nowogeorgiewsk." — 2) Vgl. S. 309.
376 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
seler, zur Führung des einheitlichen Angriffs gegen die große Festung zur Verfügung, der schon die Eroberung von Antwerpen mit bestem Erfolge geleitet hatte1); der bisherige Oberquartiermeister der 9. Armee, General-major von Sauberzweig, trat ihm als Generalstabschef zur Seite. Am 21. Juli übernahm General von Vefeler den Befehl über alle Truppen vor der Nordfront der Festung, Korps Dickhuth und Teile des XVII. Reserve-korps. Die Infanterie arbeitete sich allmählich weiter vor. Nach und nach kamen schwere Batterien in größerer Zahl heran, deren Einsah der seit dem Falle von Pultusk8) zugeteilte General der Fußartillerie, Oberst von Verendt, leitete.
5.btsi°.August. Die Nachricht von dem bevorstehenden Fall von Warschau gab den Anstoß, den Angriff zu beschleunigen: Am 5. August sollte gegen den Narew-Bogen Dembe—Serock vorgegangen werden; angesichts der Zu-sammensetzung der Angriffsinsanterie aus durchweg älteren Jahrgängen, forderte General von Veseler, daß „die Artillerie es schaffen müßte"! Die Beschießung der nördlich der Forts Dembe und Zegrze vorgeschobenen Stellungen hatte denn auch den Erfolg, daß die Nüssen, die Warschau be-reifs aufgegeben hatten, diese Anlagen sehr rasch räumten. Nachdem am 6. August auch das dahinter gelegene Waldgelände leer geschossen war, konnten die beiden Forts am nächsten Tage kampflos beseht werden, während gleichzeitig auf dem östlichen Narew-Afer der rechte Flügel der 12. Armee den Bug erreichte8). Am 9. August vollendete die Abteilung Westernhagen, dem Fortschreiten der 9. Armee entsprechend1), die Abschließung der Festung im Süden bis zur Weichsel oberhalb und trat nunmehr ebenfalls zu den Velagerungstruppen, die am gleichen Tage als selbständige Armee-Gruppe Veseler dem Oberbefehlshaber Ost unmittelbar unterstellt wurden. Als dann am 10. August eine Brigade der 85. Landwehr-Division Nowogeorgiewsk auch im Osten zwischen Narew und Weichsel absperren konnte, war der Ring um die Festung geschlossen. Zur Durchführung des Angriffs verfügte General von Veseler jetzt über Truppen in Stärke von etwa vier Divisionen, die mit Ausnahme eines Teiles der Velagerungsbatterien nur aus Landwehr und Landsturm8) bestanden und im ganzen rund 300 Geschütze einsehen konnten, davon reichlich 100 schweres und 14 schwerstes Steilfeuer.
9 Band V, S. 221 ff. — 2) S. 311 ff. — -) S. 352 f. — «) S. 414 f. —
5) Korps Dickhuth, meist Landsturm; 14. Ldw. D. und Vrig. Pfeil, zur tzälfte
Landsturm; 169. Vrig. der 85. Ldw. D.; Abteilung Westernhagen; außerdem beson-
ders überwiesene Velagerungsartillerie. — Zusammen: 55 Bataillone, 10 Eskadrons,
69 % Batterien (davon 42 Vz schwere und schwerste, unter den letzteren fünf ö.-u. Motorbatterien).
Der Angriff aus Nowogeorgiewsk.
377
Für den Angriffs) kam in erster Linie die Nordostfront der Festung zwischen Wkra und Narew in Frage, gegen die von Mlawa her die einzige Bahn heranführte. Hier wollte General von Veseler seine Haupt-kräfte ansehen und im übrigen ähnlich verfahren wie im Herbst 1914 gegen Antwerpen. Unter Verzicht auf förmliche Belagerung sollte unter schärfster Zusammenfassung der Artilleriewirkung nur in einem schmalen Streifen des Angriffsabschnitts Bresche in die einzelnen Widerstandslinien geschossen werden, durch die dann dichtauf folgende Infanterie in raschem Stoß einzudringen hatte. Unternehmungen gegen die übrigen Fronten sollten dem Gegner das Verschieben von Kräften innerhalb des Festungsraumes erschweren.
Die schwerste und schwere Artillerie zählte an der Angriffsfront allein 26 Batterien mit 113 Geschützen3). Davon war aber, vor allem unter den an sich wenig zahlreichen Flachbahngeschühen, ein großer Teil älterer Art mit nur beschränkter Feuergeschwindigkeit und Schußweite. Cs kam hinzu, daß die Munitionslage Beschränkungen auferlegte, da gleichzeitig auch die große Festung Kowno angegriffen wurde3), und auch Mangel an Kolonnen die Heranschaffung der Munition außerordentlich erschwerte. So verfügte das Hauptgeschütz, die schwere Feldhaubitze, zunächst nur über je 200 bis 300 Schuß').
Am 11. August wies der Oberbefehlshaber O st darauf hin, daß er „auf schnelle Durchführung des Angriffs gegen die Festung großen Wert" legen müsse, um die eingesetzten Kräfte für weitere Aufgaben bald wieder frei zu bekommen. Dem war General von Beseler ohnehin schon gewillt zu entsprechen.
Nach dreistündiger Artilleriewirkung durchbrachen am 13. August die 14. Landwehr-Division unter Generalleutnant Schalscha von Chrenfeld und die Brigade Pfeil aus schmaler Front die vorderen feindlichen Verteidigungslinien zwischen Wkra und Narew und drangen bis nahe an die ständigen Panzergruppen XIV, XV und XVI vor; gegen 2000 Gefangene waren die Beute. Gleichzeitig hatten auch Unternehmungen gegen
9 Der im Frieden vom Großen Generalstab verfaßte Angriffsentwurf gegen die Festung ist nicht mehr aufzufinden, so daß nicht festgestellt werden konnte, wie damals die Stärke der Festung beurteilt und welche Angriffsmittel gegen sie für nötig gehalten wurden.
2) Steilfeuer: 3 Vttrn. 42 cm, 5 Vttrn. 30,5 cm, 2 Vttrn. Mrs. (21 cm), 11 Vttrn. schwere Feldh. (15 cm); zusammen 21 Vttrn. Flachfeuer: 2 Vttrn. 15 om-Kan., 1 Vttr. 12 arn-Kan., 2 Vttrn. 10oin-Kan.; zusammen 5 Vttrn.
3) S. 347 und 472 ff.
4) Bei Gorlice je 600, bei Przasnysz je 1000 Schuß.
7. bis 10. August.
11. bis 14. August.
378 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
15. UNd 16. August,
17. und 18. August.
die anderen Fronten stattgefunden. Der Angriff sollte gegen den Abschnitt der Gruppen XV und XVI weitergeführt werden, von denen jede aus zwei Forts mit mehreren Zwischenwerken bestand, die durch Hindernisgürtel verbunden und gesichert waren. Schon in der Nacht zum 14. August vollzog die Artillerie den dazu nötigen Stellungswechsel und begann an diesem Tage das Zerstörungsseuer gegen alle Werke zwischen Wkra und Narew.
Unter dem Eindruck der bisherigen deutschen Angriffserfolge räumten die Russen in der Nacht zum 15. August auf der ganzen Nordwestfront bis zur Weichsel ihre vorgeschobenen Stellungen. An der Angriffsfront selbst ging es aber zunächst nicht nach Wunsch vorwärts. Ein von General von Schalscha gegen das Fort XV a an der Eisenbahn angesetzter Sturmversuch schlug fehl. General von Beseler erwog, unter diesen Umständen zum Sappenangriff überzugehen, ließ sich dann aber doch zu sofortiger Weiterführung des artilleristischen Angriffs und Wiederholung des Sturms am 16. August bestimmen. Nach planmäßiger stärkster Artillerievorbereitung gegen die Gruppen XV und XVI und einer anschließenden mehrstündigen Krise gelang abends der Sturm gegen die Gruppe XV; das Fort XV b wurde von der Brigade Pfeil genommen, die 500 Gefangene machte, Fort XVa, das stärkste Werk des ganzen Befestigungsgürtels, etwas später von der 21. Landwehr-Brigade; 2400 Gefangene und 19 Geschütze zählte die Gesamtbeute des Tages. Die gleichzeitigen Versuche gegen die West-, Süd- und Ostfront brachten zunächst noch keinen entscheidenden Fortschritt, doch ging der Gegner in der folgenden Nacht auch hier auf seine Panzergruppen zurück.
Der für den 17. August nach starker Artillerievorbereitung gegen das Fort XVI a angesetzte neue Sturm führte die Brigade Pfeil nur bis auf das Glacis dieses Werkes, wo die Truppe erschöpft liegen blieb. General von Beseler wollte daher den 18. und 19. August zur weiteren Vorbereitung des Angriffs verwenden und den Sturm dann erst erneuern. Der Befehl dafür war schon gegeben, als der Gegner in der Nacht zum 18. August die Panzergruppen XIV und XVI unter Zurücklassung vieler Gefangener und zahlreichen Gerätes räumte. Kampflos konnten die deutschen Truppen bis zur Wkra folgen, hinter der sich der Gegner, gestützt auf die alten Forts, zu neuer Abwehr wieder gesetzt hatte. Noch am 18. August nahm die Angriffsartillerie das Feuer gegen diese Forts auf; die Infanterie der 14. Landwehr-Division faßte auf dem westlichen Wkra-Afer Fuß. Der linke Flügel des Korps Dickhuth konnte, über das inzwischen ebenfalls vom Gegner verlassene Fort XIII c nach Süden vorgehend, Anschluß an sie gewinnen.
Die Einnahme von Nowogeorgiewsk.
379
Aufgefangene Funksprüche, anscheinend regelloses Artilleriefeuer und Abflug von sechs Flugzeugen nach Osten wurden als Zeichen des bevorstehenden Falles der Festung gedeutet. General von Veseler entschloß sich, den Angriff trotz der vorhergegangenen großen Anstrengungen für die Truppe mit allem Nachdruck fortzusetzen. Während der ganzen Nacht zum 19. August wurden die Außenwerke und auch das Innere der Festung unter Störungsfeuer gehalten. Inzwischen aber räumte der Gegner auch alle Panzergruppen der Nordweststont und ging auf die Linie der alten Forts zurück. Sprengungen und Brände ließen vermuten, daß Kunstbauten, Munition und Vorräte vernichtet wurden.
Kämpfend drangen die deutschen Truppen am 19. August in die inneren Forts der Nordostfront, später auch in die Zitadelle ein. Hier gab sich der Kommandant der Festung, General Vobyr, gefangen. Die Maste der Besatzung schien auf das südliche Äser der Weichsel ausgewichen zu sein, deren Brücken sie gesprengt hatte, ergab sich dort aber, ohne einen ernsten Durchbruchsversuch gemacht zu haben, noch in den Nachmittagsstunden den deutschen Cinschließungstruppen. Am Abend war die ganze Festung in deutscher Hand. Die Cisenbahnbrücken über Wkra und Narew waren gründlich zerstört. Die Beute, 6 Generale, gegen 90 000 Mann, davon 30 000 Armierungssoldaten, 103 Maschinengewehre und etwa 700, nach späterer genauer Zählung sogar 16001) Geschütze, überstieg aber alle Erwartungen; reiche Vorräte an Munition, Bekleidung, Ausrüstung und Verpflegung sowie bedeutende Bestände an kriegswichtigen Metallen kamen hinzu. Die Eroberung der größten, neuzeitlich ausgebauten russischen Festung war in knapp zwölf Tagen gelungen. Die schwere Artillerie hatte rund 34 600 Schuß (davon 519 aus deutschen, 678 aus österreichisch-ungarischen schwersten Geschützen) verfeuert und trotz aller Schwierigkeiten, die unzureichende Munitionsversorgung und Stellungswechsel mit veraltetem Gerät mit sich brachten, der nur aus älteren Jahrgängen bestehenden Infanterie den Weg gebahnt.
Am Tage nach der Einnahme der Festung, dem 20. August, besuchte der Oberste Kriegsherr mit General von Falkenhayn die siegreichen Truppen. Auch der Oberbefehlshaber Ost mit General Ludendorff hatten sich dazu nach Nowogeorgiewsk begeben. Zur Erörterung operativer Fragen ist es hierbei nicht gekommen. Schon vorher hatte der Oberbefehlshaber Ost die Genehmigung erhalten, die Maste der vor Nowogeorgiewsk frei werdenden Kräfte künftig an der Njemen-Front zu verwenden.
19, und 20. August.
*) Einschließlich aller älteren und Nahkampf-Geschütze.
380 Der Angriff des Oberbefehlshabers Ost gegen die russische Narew-Front.
Das Zusammenwirken des Angriffs der Heeresgruppe Mackensen und der Armee-Gruppe Gallwih hatte den Russe n nicht die Zeit gelaffen, die Festung Nowogeorgiewsk ebenso planmäßig zu räumen, wie sie es bei anderen Festungen durchgeführt haben. Die Räumung von Warschau hatte die Bahnen voll in Anspruch genommen, die von Nowogeorgiewsk hätte allein weitere 1000 Eisenbahnzüge erfordert. So hatte die russische Oberste Heeresleitung bereits am 5. Juli die ausdrückliche Bestimmung getroffen, daß die Festung Nowogeorgiewsk als selbständiger Platz bis zum äußersten verteidigt werden solle1). Dem entsprach die Besatzung und Geschützausrüstung. Mindestens zwei Monate, so rechnete man, werde sich die Festung halten können2). Der Grund für den so unerwartet schnellen Fall wurde dann mit Recht in der Zerstörungskraft der deutschen Artillerie gesehen; der letzte Funkspruch des Kommandanten hatte von einer Explosion in der Zitadelle gesprochen. Im übrigen, so meinte der Generalstabsches, General Ianuschkewitsch, „Gott mag wissen, ob wirklich allein nur die deutschen Kanonen die Schuld tragen. Wenn 10 000 Mann sich ergeben hätten und 80 000 gefallen wären, dann wäre das verständlich. Aber es haben sich 80 000 ergeben, und nur 10 000 sind gefallen. Da kann man wirklich nicht sagen, daß Nowogeorgiewsk seine Aufgabe ehrenvoll erfüllt habe".
1) Korolkow, „Das mißglückte Kannä", S. 41.
2) Kudaschew-Vrief vom 26. August 1915. — Nach Knox, S. 320, soll anderer-seits das Oberkommando der 1. Armee, dem die Festung zuletzt unterstanden hatte, die Widerstandsdauer nur auf zehn Tage eingeschätzt haben.
D. Die Offensive der Verbündeten auf Brest Eitowsk.
I. Die Verfolgung zwischen Bug und Weichsel in der ersten Julihälfre.
Karten 5und 6, Skizze 24.
Bald nach der Einnahme von Lemberg waren den in Galizien kämpfenden Armeen von den verbündeten Heeresleitungen neue, getrennte Aufgaben gestellt worden1). Die 11. und ö.-u. 4. Armee sollten unter dem einheitlichen Befehl des Generalfeldmarschalls von Mackensen durch Vorgehen in nördlicher Richtung zwischen Bug und Weichsel die Südflanke der in Polen stehenden russischen Heeresmasse eindrücken. Den drei Armeen des rechten Heeresflügels, der ö.-u. 2., der Südarmee und der ö.-u. 7. Armee, war die Deckung dieser Operation in nach Osten gerichteter Front zugedacht.
Um hierbei keine Lücke zwischen den inneren Flügeln beider Heeresteile entstehen zu lassen und insbesondere den unmittelbaren Flankenschuh der 11. Armee sicherzustellen, war die möglichst baldige Heranführung der zur Zeit noch westlich der Weichsel stehenden ö.-u. 1. Armee über Lemberg an den Bug beabsichtigt). Vis diese hier wirksam werden konnte, mußte die 11. Armee selbst ihre Flanke unmittelbar schützen und dazu ihren rechten Flügel — Beskidenkorps, Korps Kneußl (119. Infanterie-Division und 11. bayerische Infanterie-Division), ö.-u. VI. Korps — rechts gestaffelt zurückhalten.
Der linke Flügel der 11. Armee (Gardekorps, XXII. Reserve- und z».Z«ntbis X. Armeekorps) öffnete in den letzten Iunitagen durch Fortsetzung seines 3*3“(l'
Vorgehens in der Richtung auf Zamosc der links benachbarten ö.-u.
4. Armee den bisher vergeblich von ihr angegriffenen Tanew-Abschnitt.
In starken Märschen konnte diese Armee am 30. Juni trotz sehr erheblicher Wegeschwierigkeiten das Sumpf- und Waldgebiet jenes Abschnitts überwinden und ihren linken Flügel bereits fast bis in Höhe von Krasnik vortreiben. Aus den Ergebnissen der Lufterkundung ließ sich aus eine Rückwärtsbewegung der Russen auf der ganzen Lime nach Nordosten hinter den Bug und in eine von Hrubieszow über Krasnik bis Iozefow durchlaufende Stellung schließen. Im Vorselde dieser Stellung, nordöstlich von Zamosc,
0 S. 247und 253.
0 Die Bahn Iaroslau—Przemysl—Lemberg war bis 5. Juli wieder hergestellt.
382
Die Offensive der Verbündeten auf Brest Litowsk.
an der Labunka und besonders am Por, stießen die drei Korps des linken Flügels der 11. Armee am 1. Juli bereits auf nachhaltigen Widerstand, während die ö.-u. 4. Armee sich noch bis an die feindliche Hauptstellung in Linie Turobin—Krasnik—Iozefow heranschieben konnte.
Am nächsten Tage trat eine gewisse Entlastung des weitgestreckten rechten Flügels der 11. Armee durch das Wiedereintreffen des XXXXT Reservekorps^) ein. Es war in starken Märschen von Iaroslau heran-geeilt und wurde jetzt zwischen die nordwestlich von Krystynopol stehende 119. Infanterie-Division und das Korps Kneußl (nunmehr aus der 11. bayerischen und der nachgezogenen 107. Infanterie-Division bestehend) um Warez eingeschoben. Diese Stärkung des Flankenschutzes ermöglichte es, zu dem Stoße nach Norden nunmehr auch die Korps der Mitte (Kneußl und ö.-u. VI. Korps) zu verwenden. Während beide auf harten Widerstand trafen, ging der Feind vor dem Garde- und XXII. Reservekorps unter Nachhutkämpfen hinter die Vachabschnitte der Woltcct, des Wieprz und Por zurück. Dem X. Armeekorps gelang es, über den unteren Por vorzustoßen. Es wurde hierbei durch den rechten Flügel der ö.-u. 4. Armee unterstützt, die auch östlich von Krasnik in die russische Hauptstellung einbrach. Als die 11. Armee am 3. Juli unter dem Schutze ihrer inzwischen bis in die Gegend westlich von Krylow gestreckten Vug-Sicherung sich anschickte, ihren Stoß nach Norden kräftig fortzusetzen, wurde ihre Mitte und ihr linker Flügel überraschend von starken feindlichen Kräften angegriffen. Unter schweren Kämpfen gelang es der Armee, im allgemeinen ihre Linie zu halten oder zurückzugewinnen. Da aber bei Hrubieszow und Cholm weitere starke russische Reserven festgestellt wurden, glaubte Generalfeldmarschall von Mackensen, die Offensive der 11.Armee erst fortsetzen zu sollen, wenn ihr rechter Flügel durch das Eintreffen der ö.-u. 1. Armee entlastet und damit weitere Kräfte der 11. Armee für den Angriff steigeworden sein würden. Nur der über den Por vorgestoßene linke Flügel der 11. Armee sollte noch die Linie Plonka—Turobin erreichen, um eine günstige Ausgangsstellung für die spätere Fortsetzung der Offensive zu gewinnen.
Aus der nicht ganz zutreffenden Berichterstattung des Nachrichtenoffiziers der Obersten Heeresleitung beim Armee-Oberkommando 11 über diese Absicht des Generalfeldmarschalls gewann General von Falkenhayn den Eindruck, daß außer der 11. Armee auch die ö.-u. 4. Armee angehalten werden sollte. Das aber hätte seinen Wünschen nicht entsprochen.
J) S. 248. An Stelle des zum Kommandierenden General des VII. 21. K. ernannten Generals der Infanterie von Franyois hatte Generalleutnant von Winckler das Kommando des XXXXI. R. K. übernommen. Für diesen erhielt die Führung der 2. Garde-Infanterie-Division Generalleutnant Freiherr von Lüttwih.
Die Verfolgung läuft zwischen Bug und Weichsel fest.
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Bereits am 1. Juli hatte er in einer Unterredung mit dem Armee-Oberkommando 11 in Rawa Ruska entscheidenden Wert auf möglichst rasches und ununterbrochenes Vorwärtskommen der Heeresgruppe gelegt und tags darauf durch Generalmajor*) Tappen in Teschen darauf hinweisen lassen, daß der rechte Flügel der 11. Armee in der Bug-Sicherung durch die 2. Armee beschleunigt abgelöst und die als künftiger Flankenschutz ausersehene 1. Armee möglichst stark gemacht werden müsse. In persönlicher Aussprache mit Generaloberst von Conrad am 3. Juli in Teschen hatte er ferner vorgeschlagen, die 11.Armee durch die ganze Südarmee zu verstärken, um dem Stoße der Heeresgruppe Mackensen größten Nachdruck zu verleihen. Da indessen der ö.-u. Generalstabschef Bedenken äußerte, ob dann die nach Osten gerichtete Deckungsfront noch stark genug bleiben würde, hatte man sich schließlich darauf geeinigt, der Südarmee nach Erreichen der ZlotaLipa zunächst nur zwei Divisionen zur Verstärkung der 11. Armee zu entnehmen. Am Abend des 3. Juli wies nunmehr General von Falkenhayn das Armee-Oberkommando 11 dringend darauf hin, daß eine Verzögerung des Vormarsches vermieden werden müsse, „denn je länger der Feind Zeit und die Bahn bei Lublin in der Hand behalte, um so schwerer werde er zu schlagen sein". Generalfeldmarschall von Mackensen konnte ihm jedoch am Morgen des 4. Juli melden, daß die ö.°u. 4. Armee, die inzwischen am 3. Juli ihren Einbruch östlich von Krasnik erheblich erweitert hatte, keineswegs angehalten worden sei; vielmehr sollte sie gemeinsam mit dem linken Flügel der 11. die Offensive fortsetzen. Diese Meldung verband er jedoch pflichtgemäß mit dem Hinweis, daß bei den angreifenden Armeen bereits ein sehr starker Kräfteverbrauch eingetreten sei, und daß die Masse der 11. Armee zu neuem Angriffe erst befähigt sein werde, wenn durch den Einsatz der ö.°u. 1. Armee etwa am 13. Juli eine wirksame Entlastung für sie erfolge. General von Falkenhayn wies nunmehr am Abend des 4. Juli das Armee-Oberkommando 11 nochmals dringend darauf hin, daß eine Verzögerung des Vormarsches vermieden werden müßte. Auch wandte er sich aufs neue an Generaloberst von Conrad mit der Bitte, die Ablösung des Beskidenkorps durch die 2. Armee und den Antransport der 1. Armee zu beschleunigen. Gleichzeitig ersuchte er um Zustimmung zur sofortigen Abgabe der beiden Divisionen der Südarmee sowie ihres Oberkommandos zur Bildung einer neuen Armee im Verbände der Heeresgruppe Mackensen.
Die Fortsetzung der Teiloffensive brachte zunächst noch einige Erfolge. 4. ots s. su«. Am 4. Juli gelang es dem linken Flügel der 11. Armee, unter Kämpfen die Linie Plonka—Turobin zu erreichen. Auch der Angriffskeil der 4. Armee
*) Vgl. S. 281 Anm. 4.
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Die Offensive der Verbündeten auf Brest Litowsk.
wurde noch ein gutes Stück nach Norden vorgetrieben. Am 5. Juli gab der Feind vor den inneren Flügeln beider Armeen weiter nach. Dann versteifte sich indessen sein Widerstand in der Linie Skierbieszow—Arzendow. Am 6. Juli konnten nur noch geringe Fortschritte am linken Flügel der 11. Armee und bei der 4. Armee westlich von Arzendow erkämpft werden. Das Oberkommando Mackensen meldete am Abend, daß nicht weniger als vier neue russische Korps*) vor seiner Front festgestellt seien. Die Verfolgung der 11. Armee habe im wesentlichen ihr Ende gesunden. Gleich-wohl hoffte die ö.°u. 4. Armee, nach Auffüllung ihrer Munitionsbestände ihren Stoß in der Richtung aus Lublin noch fortsetzen zu können. Der 7. und 8. Juli brachten ihr jedoch erhebliche Rückschläge. Rechter Flügel und Mitte wurden bis in die Gegend von Krasnik zurückgeworfen. Eine Entlastung durch den linken Flügel der weit auseinandergezogenen und stark geschwächten 11.Armee war nicht mehr möglich. Der Angriff zwischen Bug und Weichsel war fest ge laufen. Indessen auch die Russen setzten ihre Gegenstöße nur noch kurze Zeit und ohne besondere Kraft fort. Beide Teile gruben sich auf der ganzen Front ein.
Die von General von F a l k e n h a y n für eine erfolgreiche Weiterführung der Offensive im Raume zwischen Bug und Weichsel als notwendig erkannte Verstärkung der Heeresgruppe Mackensen hing vom Verlauf der Dinge an den benachbarten Heeresfronten ab. Die ö.-u. 2. Armee und die S ü d a r m e e2) hatten seit Ende Juni in täglichen, zum Teil schweren Kämpfen nur langsam von Abschnitt zu Abschnitt Boden gewonnen. Der zähe Feind war an dieser Front häufig zu kräftigen Gegenstößen geschritten. Erst am 5. Juli befand sich die 2. Armee in unbestrittenem Besitz der Linie Dunajow—Busk—Kamionka Strumilowa. Rechts von ihr hatte die Südarmee bereits tags zuvor das Westufer der Zlota Lipa von Dunajow abwärts erreicht. Die ö.-u. 7. Armee schob am gleichen Tage ganz geringe Kräfte ihres linken Flügels bei Vukowna auf das nördliche Dniester-Afer und zog im übrigen alle entbehrlichen Kräfte zur Bildung einer starken Reserve um Horodenka zusammen, da sie Angriffe der Russen in der Gegend von Zaleszczyki erwartete. Mit der Inbesitznahme der Zlota Lipa- und Bug-Linie sahen die verbündeten Heeresleitungen das Vorgehen des rechten Heeresflügels in Galizien vorläufig als beendet an. Die 2. und Südarmee erhielten Befehl, die erkämpften Stellungen zur Abwehr nachhaltig aus-
!) Tatsächlich waren dort Gardekorps, XXXI., II. sib. und VI. fit». Korps neu eingesetzt. — 2) S. 249 ff.
Verstärkung der Heeresgruppe Mackensen.
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zubauen. Damit ergab sich die Möglichkeit, dieser Front Ktäfte zur Verstärkung der Heeresgruppe Mackensen zu entnehmen.
Bereits am 4.Juli hatte Generaloberst von Conrad seine Zustimmung zu der von General von Falkenhayn erbetenen Schwächung der Südarmee gegeben, gleichzeitig aber den Wunsch ausgesprochen, daß sie bei einer Wiederaufnahme der Offensive dem Führer der ö.°u. 7. Armee, General von Pflanzer-Baltin, mit unterstellt würde. Der deutsche Generalstabschef hatte das abgelehnt und hinzugefügt, daß an Stelle des zur Heeresgruppe Mackensen übertretenden bisherigen Oberkommandos der Südarmee General der Infanterie Graf von Vothmer mit seinem Generalkommando die Führung der Armee übernehmen würde. Die Südarmee gab daraufhin das Generalkommando des X. Reservekorps (General der Infanterie Kosch) mit der 101. und 105. Infanterie-Division ab. Am Abend des 6. Juli wurde der Oberbefehlshaber, General von Linsingen, mit seinem Stabe abberufen und trat an die Spitze der am rechten Flügel der Heeresgruppe Mackensen neuzubildenden Bug-Armee. In den folgenden Tagen wurde die Südarmee noch weiter durch Abgabe der 1. Infanterie- und 5. Kavallerie-Division sowie des Generalkommandos des XXIV. Reserve-korps (General der Infanterie von Gerok) an die Heeresgruppe Mackensen geschwächt.
Westlich d er Weichsel*) hatten die Russen um die Monatswende Juni/Juli aufs neue nachgegeben. Die ö.-u. 1. Armee folgte ihnen zunächst bis zur Kamienna und wurde dann bis auf ein Infanterie-Regiment und die halbe 2. Kavallerie-Division herausgezogen. Eine Infanterie-Division trat östlich der Weichsel zur ö.-u. 4. Armee, die übrigen Teile wurden mit der Bahn über Lemberg hinter den rechten Flügel der 11. Armee an den Bug abwärts von Kamionka Strumilowa geführt. Hier traten die Gruppe Szurmay und die 46. Infanterie-Division von der ö.-u. 2. Armee zu ihr über. Die Armee-Abteilung Woyrsch übernahm westlich der Weichsel die ganze Front bis zur Pilica. Ihr rechter Flügel schob sich an die vom Feinde stark befestigte Stellung in Linie Zemborzyn—Sienno— Ilza heran und griff diese am 7. Juli vergeblich an.
Am 11. Juli vereinbarten die General st abschefs der verbündeten Heeresleitungen in Pleß Richtlinien für die Fortführung der Operationen auf dem südöstlichen Kriegsschauplatz. Die Meinungen darüber gingen zunächst in mehreren Punkten nicht unerheblich
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auseinander. Generaloberst von Conrad schlug vor, daß die ö.°u. 4. und die 11. Armee mit linkem Flügel längs der Weichsel, mit rechtem auf Cholm, rechts davon die Bug-Armee angreifen sollten — diese mit einer starken Gruppe östlich des Bug auf Wladimir Wolynsk. Auf dem westlichen Weichsel-Ufer hatte die Armee-Abteilung Woyrsch im Einklang mit der ö.°u. 4. Armee in der allgemeinen Richtung auf Zwolen vorzugehen. Die Deckung dieser entscheidungsuchenden Hauptoperation nach Osten hin dachte sich Generaloberst von Conrad in offensiver Form durch Vorgehen der ö.-u. 1. und 2. Armee sowie der Südarmee bis in die Linie Zimno (südöstlich von Wladimir Wolynsk)—Druzkopol—Pieniaki— Lauf des Sereth, während die 7. Armee gleichzeitig östlich der Strypa nach Norden stoßen sollte. In diesen Vorschlägen sah General von Falkenhayn die Gefahr einer Zersplitterung der Kräfte, er war mit ihnen nur in bezug auf die Verwendung der 4. und 11. Armee und der Armee-Abteilung Woyrsch einverstanden. Die Bug-Armee hingegen wollte er zur Erhöhung der Stoßkraft diesseits des Bug mit der 11. Armee eng geschloffen zusammenwirken lassen. Darüber hinaus wünschte er die Beteiligung der ö.-u. 1. Armee an den Operationen der Heeresgruppe Mackensen und ihre Unterstellung unter den Befehl des Generalfeldmarschalls. Sie sollte durch Vorgehen östlich des Bug gegen die Linie Wladimir Wolynsk— Uscilug die Offensive der Verbündeten in der rechten Flanke schützen. Der Chef der Operationsabteilung, Generalmajor Tappen, ging in der Zielsetzung für diese Armee noch weiter. Er trat dafür ein, daß sie durch deutsche Truppen verstärkt werden müsse, um jene Linie „als Ausgang für ein Abdrängen der Russen schnell und sicher in die Hand zu bekommen. Wenn so die Grundlage geschaffen wäre für die Möglichkeit, immer rechts vorhaltend die Russen am Ausweichen nach Osten zu verhindern, dann müßten sie unter dem gleichzeitigen Druck der Offensive des Generals von Gall-witz in eine sehr üble Lage kommen, unter Umständen könnten sie sogar eingekreist werden, wenn sie sich hielten;"1). Das stimmte mit der Auffassung des Chefs des Feldeisenbahnwesens, Generalmajors Groener, überein, der schon am 4. Juli in sein Tagebuch schrieb: „Meines Erachtens starke Armee östlich des Bug nötig." General von Falkenhayn sprach sich gegen ein so weitgestecktes Offensivziel östlich des Bug aus, da „nach allem, was man über die Beschaffenheit des Geländes jenseits des Bug wußte, zu besorgen war, daß schon dieses den Operationen im weiteren
1) Aus nichtveröffentlichten Kriegserinnerungen des jetzigen Generalleutnants a. D. Tappen.
Neugliederung der Heeresgruppe Mackensen.
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Verlauf unüberwindliche Hindernisse bereiten würde"1). Er trug auch Bedenken, die Stoßkraft der entscheidungsuchenden Hauptgruppe im Raume zwischen Bug und Weichsel durch Abgabe deutscher Truppen an die ö.-u. 1. Armee zu schwächen. Generaloberst von Conrad hingegen, der jede Verstärkung seiner Truppen durch deutsche dankbar und freudig begrüßte, erwärmte sich schnell für den Vorschlag des Generals Tappen und gab nun auch seinen Widerspruch gegen die Unterstellung der 1. Armee unter den Befehl des Generalfeldmarschalls von Mackensen auf. So erklärte sich denn schließlich General von Falkenhayn mit der Abgabe des ISIII. Reservekorps und der 5. Kavallerie-Division sowie der ungarischen 11. Kavallerie-Division an die 1. Armee einverstanden, obschon er an seinen Bedenken gegen eine weitzielende Operation in dem schwierigen Gelände östlich des Bug festhielt2). Die ö.-u. 1. Armee erhielt den Auftrag, mit mindestens vier Infanterie- und drei Kavallerie-Divisionen die Offensive in der östlichen Flanke durch Vorstoß über den Bug in den Raum bei Wladimir Wolynsk zu begleiten, mit ihren übrigen Kräften die Bug-Linie aufwärts bis in Höhe von Dab zu sichern. Die ö.-u. 2. Armee und die Südarmee sollten zunächst defensiv bleiben, die ö.-u. 7. Armee östlich der Strypa in der Richtung auf Czortkow—Vuczacz angreifen. Roch am 11. Juli ergingen entsprechende Weisungen an die Armeen.
Generalfeldmarschall von Mackensen befahl, daß die neue Offensive am 15. Juli durch die Bug-Armee eröffnet werden sollte. Ihr hatte sich am gleichen Tage die am linken Flügel der 1. Armee bei Krylow bereits eingesetzte 81. Reserve-Division des XXXXI. Reservekorps anzuschließen, während die Versammlung der übrigen, zum Angriff auf Wladimir Wolynsk bestimmten Teile dieser Armee, die erst am 18. Juli beendet sein konnte, das Vorgehen auf einen späteren Zeitpunkt verschob. Generalfeldmarschall von Mackensen wies ihr auch noch die aus Syrmien anrollende 103. Infanterie-Division2) des Generalmajors von Cstorff zu, deren Heranziehung General von Falkenhayn trotz anfänglicher Bedenken des Generalobersten von Conrad erwirkt hatte. Die 11. und ö.-u. 4. Armee sollten einen Tag später als die Bug-Armee, also am 16. Juli, zum Angriff schreiten. Die für den Aufmarsch notwendigen Verschiebungen vollzogen sich planmäßig ohne Störung durch den Feind. Insgesamt standen in der Bug-, 11. und ö.-u. 4. Armee 33 Infanterie- und zwei Kavallerie-Divisionen zur Verfügung.
*) von Falkenhayn, S. 93.
2) General Tappen vermerkte hierzu in seinem Tagebuch: „Cs war nur ein Kompromiß, nichts Ganzes."
3) S. 260.
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Der weite Raum zwischen Bug und Weichsel, in den die Heeresgruppe bereits um die Monatswende Juni/Juli eingetreten war und in dem künftig um die Entscheidung gerungen werden sollte, trägt in seinem südlichen Teil bis etwa in Höhe von Cholm—Iwangorod den Charakter des Hügellandes, nördlich davon geht er mehr und mehr in Flachland über. Größtenteils mit ausgedehnten, dichten Waldungen bedeckt und von zahlreichen Wasser laufen mit sumpfigem Niederungsland nach verschiedenen Richtungen hin durchzogen, bot das abschnittsreiche Gelände dem Verteidiger überall günstige Stellungen, zu deren künstlicher Verstärkung die Bevölkerung in weitem Umfange herangezogen wurde. Große, mit festem Untergrund versehene Straßen waren nur in beschränkter Zahl vorhanden. Eisenbahnen fehlten in dem 100 Kilometer tiefen Raum von der galizisch-mffischen Grenze bis zur Linie Cholm—Lublin überhaupt, mit Ausnahme der von den Russen noch nicht völlig fertiggestellten und inzwischen wieder zerstörten Strecke Rozwadow—Lublin*). Cs stand daher zu erwarten, daß die Regelung des Nachschubs ernsten Schwierigkeiten begegnen würde. Entsprechend einer Anregung des Armee-Oberkommandos 11 hatte der Chef des Feldeisenbahnwesens bereits Ende Juni den sofortigen Ausbau einer eingleisigen Feldbahn angeordnet, die im Anschluß an die Cisenbahnstrecke Rawa Ruska—Belzec über Zamosc in allgemeiner Richtung auf Cholm die Verbindung mit dem russischen Vollbahnnetz Herstellen sollte2).
Ähnlich lagen die Verhältnisse im Raume östlich des Bug. Hier traten die südwestlichen Ausläufer des großen Rokitno-Sumpfgebietes auf breiten Strecken bis dicht an den Fluß heran. Die Schwierigkeiten, die sich daraus für die Bewegungen großer Truppenkörper ergaben, wurden freilich von General von Falkenhayn nach seinem eigenen späteren Zeugnis auf Grund der vorhandenen Karten und Geländebeschreibungen sowie eingezogener Erkundigungen damals überschätzt. Cs war nicht bekannt, daß „die in den letzten Jahren vor dem Kriege ausgeführten großartigen Arbeiten zur Verbesserung der Vorflutverhältnisse in dem Sumpfgebiet den Wasserspiegel derartig gesenkt hatten, daß die Gangbarkeit der Gegend in so trockenen Sommern, wie es der von 1915 war, eigentlich nur durch die Wasierläufe selbst behindert wurde. Cs wäre sehr wohl möglich gewesen", schreibt General von Falkenhayn2), „sich auch mit stärkeren Truppenverbänden darin
!) Erst am 9. August konnte diese Strecke nach umfangreichen Wiederherstellungsarbeiten in Betrieb genommen werden.
2) Der am 29. Juni begonnene Bau kam am 1. August bis Zamosc in Betrieb. Erst am 25. August wurde der Anschluß an die kurz zuvor betriebsfähig hergestellte Vollbahn Cholm—Lublin erreicht.
8) von Falkenhayn, S. 93.
Die russischen Streitkräfte vor der Heeresgruppe Mackensen.
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zu bewegen, wenn es gelungen wäre, die Nachschubschwierigkeiten zu überwinden. Sie blieben bei dem gänzlichen Mangel an Eisenbahnen*) und festen Wegen natürlich in vollem Umfange bestehen".
Das Oberkommando Mackensen rechnete auf Grund der ihm vorliegenden Nachrichten über die Verteilung der russischen Streit-kräfte damit, daß der Heeresgruppe im Raume von der Weichsel bis in die Gegend südlich von Wladimir Wolynsk Teile der 4., die 3. und die neugebildete 13. Armee in einer Gesamtstärke von etwa 15 Korps und 8 Kavallerie-Divisionen gegenüberstanden. Man nahm an, daß die Front der 4. Armee diesseits der Weichsel (XXV., XV., VI. sibirisches Korps, 2y2; Kavallerie-Divisionen) ostwärts bis Vychawa reichte, links anschließend die Front der 3. Armee (IX., X., III. kaukasisches, XIV., XXIV., II. sibirisches Korps, Gardekorps, eine Kavallerie-Division) bis westlich von Gra-bowiec, die Front der 13. Armee (II. kaukasisches, XXIII., XXIX., XXXI., V. kaukasisches Korps, fünf Kavallerie-Divisionen) beiderseits des Vgg mit linkem Flügel bis in Gegend von Zdzary. Aus Gefangenenaussagen war bekannt, daß Mangel an Gewehren bestand und die Ersatz-mannschaften vielfach ohne Schußwaffen eintrafen. Hinter der Kampffront sollten bei den Infanterie-Regimentern Kommandos ohne Gewehre gebildet sein. Munition schien reichlicher vorhanden zu sein. Ob sie bei der Artillerie für langdauernde Kämpfe ausreichen würde, wurde allerdings bezweifelt.
Die Annahmen über die Zusammensetzung und die Stärkeverhältnisse der russischen Armeen entsprachen im allgemeinen der Wirklichkeit. Die 4. Armee unter General Cwert (XVI., Grenadier-, XXV., VI. sibirisches, XV. Korps, insgesamt 10 Infanterie- und Kavallerie-Divisionen) stand beiderseits der Weichsel, die Front der 3. Armee unter General Lösch (IX., X., III. kaukasisches, XIV., XXIV. Korps, insgesamt zehn Infanterie-und zwei Kavallerie-Divisionen) erstreckte sich von Bychawa bis Grabowiee. Hinter ihr befanden sich in Reserve das II. sibirische Korps, Gardekorps und die 56. Infanterie-Division, insgesamt 5%Infanterie-Divisionen. Die aus der bisherigen Gruppe Olochow2) unter Befehl des Generals Gorba-towski neugebildete 13. Armee (II. kaukasisches, XXIII., V. kaukasisches, XXIX., XXXI. Korps, insgesamt 13 Infanterie-Divisionen, und 4. Kavalleriekorps zu vier Kavallerie-Divisionen) hielt mit ihrem linken Flügel auf
i) Im Gegensatz zu dem völlig eisenbahnlosen Raume westlich des Bug bestand östlich des Flusses in der von den Russen bereits im Herbst 1914 geschaffenen Vollbahnlinie Wladimir Wolynsk—Sokal eine Verbindung zwischen dem russischen und ö.-u. Vollbahnnetz.
-) S. 262.
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Die Offensive der Verbündeten auf Brest Litowsk.
lS.Jutt.
dem östlichen Bug-Ufer in der Gegend nördlich von Sokal lockeren Anschluß an die 8. Armee. Als Anfang Juli die Versammlung starker deutscher und ö.-u. Kräfte zwischen Vug und San, insbesondere gegenüber den inneren Mügeln der russischen Nordwest- und Südwestfront, auf einen Angriff aus südlicher und südwestlicher Richtung hatte schließen lassen, waren die 3. und 13. Armee angewiesen worden, hartnäckigen Widerstand zu leisten, um die Heranführung von Verstärkungen zu ermöglichen. Die 4. Armee sollte unter Versammlung möglichst starker Kräfte auf dem östlichen Weichsel-Ufer den Anschluß an die 3. Armee, erforderlichenfalls unter Preisgabe von Gelände auf dem jenseitigen Ufer, aufrechterhalten. Diese Aufgabe hatten die drei russischen Armeen in den bisherigen Kämpfen erfolgreich gelöst. Sie waren entschlossen, auch die kommende Entscheidung anzunehmen.
2. Die Schlacht von Rrasnostaw und Hrubieszow vom J5.bis 22. Juli.
Karten 5 und 6, Skizzen 24 und 25.
Der am 15. Juli einsetzende Angriff der Bug-Armee") brachte zunächst keinen Erfolg. Der Versuch des Korps Gerok, am rechten Armeeflügel bei Maslomence durchzubrechen, mißlang. In mehrfach wiederholten Gegenstößen warf der Feind die Angreifer in die Ausgangsstellung zurück. Auch das Vorgehen des Deskidenkorps mit dem Schwerpunkt in der Richtung auf Zaborce kam zum Stehen. Abends berichtete General von Linsingen, seiner Armee ständen zehn Divisionen im Abwehrkampf gegenüber. Dieser Kräfteeinsatz ließe die feste Absicht des Feindes erkennen, seinen Rückzug auf den nach Osten hinter den Vug führenden Straßen durch kräftigen Widerstand zu decken. Er nähme an, daß es in erster Linie darauf ankomme, den Gegner nicht nur zu werfen, sondern vor allem von einem Rückzug in östlicher Richtung abzuschneiden. Rur durch schnelles Vordringen der Bug-Armee am westlichen, der ö.-u. 1. Armee am östlichen Ufer könne dem Feinde noch der Rückzug verlegt werden. Dazu sei aber eine Verstärkung der Bug-Armee und eine Verringerung ihrer Angriffsfront nötig.
Die ö.-u. 1. Armee2) mußte den Übergang über den Bug bei Sokal
") Die Vug-Armee bestand aus: Korps Gerok (Genkdo. XXIV. R. K., Il.bayer. I.D., 107. I.D.), Beskidenkorps (25. R. D., 35. R. D., 4. I.D.), I. I.D.
2) Die ö.-u. 1. Armee bestand aus: II. Korps (13., 25. I. D.), Gruppe Szurmay (7., 40. 3. D.), I. Korps (46. 3. D.), deutsches XXXXI. R. K. (81., 82. R. D.), deutsche 103. 3- D., deutsche 5. K. D., ö.-u. 4. und ung. 11. K. D. (Kav.-Korps Heydebreck).
Die preußische Garde stürmt Krasnostaw.
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wegen Hochwassers verschieben. Nur schwache Teile gelangten während der Nacht auf das östliche User.
Auch am 16. Juli drang die V u g-Armee nicht durch. Bei der le.gu». 11. Armee1) konnte das ö.-u. VI. Korps im frontalen Angriff gegen die starke Stellung hinter der breiten Wolica-Niederung unter namhaften Verlusten nur örtliche Fortschritte erreichen. Hingegen wurde westlich des Wieprz ein voller Erfolg erzielt. Unter dem Druck eines kraftvollen Stoßes der inneren Flügel des XXII. Reserve- und X. Armeekorps nördlich der Zolkiewka sah sich der gleichzeitig vom Gardekorps in der Front bedrängte Feind zu schneller Aufgabe des Wieprz—Zolkiewka-Winkels gezwungen.
Durch Einsah der 119. Infanterie-Division am rechten Flügel des X. Armeekorps konnte der Angriffskeil noch weiter nach Norden bis Izdebno vorgetrieben werden. Bei der ö.-u. 4. Armee2) kam es an diesem Tage noch nicht zu einheitlichem Angriff.
Am rechten Flügel der Bug-Armee vermochte am 17. Juli auch der ,7. g»«. Einsatz der 1. Infanterie-Division beim Korps Gerok den Angriff nicht in Fluß zu bringen. Der 11. Arm e e aber gelang es, trotz verstärkter Gegenwehr ihren Erfolg westlich des Wieprz auszuweiten. Krasnostaw erlag dem Ansturm der Garde. Unter einem auf dem Westufer des Wieprz nach Norden vorgetriebenen Flankenschutz stieß die Infanterie des Gardekorps über den Wieprz und gewann östlich von Krasnostaw einen Brückenkopf. Um möglichst bald auch die noch an der Wolica-Front stehenden Teile der 2. Garde-Infanterie-Division des Generalleutnants Freiherrn von Lüttwitz dorthin nachziehen zu können, sollte die 105. Infanterie-Division zu ihrer Ablösung eingesetzt werden. Diese Division und die rechts anschließende 22. Infanterie-Division, der an räumlich eng begrenzter Stelle der Übergang über die Wolica gelungen war, wurden General der Infanterie Kosch unterstellt. Links vom Gardekorps arbeiteten sich das XXII. Reserve- und das X. Armeekorps in hin und her wogenden Kämpfen über Izdebno vorwärts. Die in breiter Front angreifende ö.-u. 4. Armee gewann auch heute noch kein Gelände. Generalfeldmarschall von Mackensen riet daher, den Schwerpunkt aus ihren rechten Flügel zu verlegen, um im
1) Die 11. Armee bestand aus: ö.-u. VI. Korps (12., 39. Z. D.), Gardekorps (1., 2., G. 3. D.), XXII. R. K. (% 43., 44. R. D.), X. A. K. (19., 20. I. D.), Korps Kosch (Genkdo. X. R. K., 101., 105. I. D.), 22. I. D., 119. Z. D., G. K. D. (Letztere Anfang Juli vom westlichen Kriegsschauplatz herangeführt. S. 99.)
2) Die ö.-u. 4. Armee bestand aus: XVII. Korps (11., 45. I. D.), XIV. Korps (3., 8., 10. 3. D.), IX. Korps (106., 4., 41., 21. 3- D.), X. Korps (2., 24., 26. 3- D.), VIII. Korps (37., 62. 3. D., deutsche 47. R. D., 1. und 3. Brig. der Poln. Legion), 2. K. D.
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Die Offensive der Verbündeten auf Brest Litowsk.
Anschluß an den siegreichen linken Flügel der 11. Armee den Angriff vor-zutragen.
18. Juli. Das bisherige Ergebnis der Offensive war gering. Lediglich die drei Korps des linken Flügels der 11. Armee hatten westlich des Wieprz eine räumlich begrenzte Bresche in die russische Front geschlagen. Der zähe Widerstand, den der Feind an den ersten drei Kampftagen geleistet hatte, und die bis zum 18. Juli eingegangenen Meldungen über seine Kräfteverteilung gaben dem Oberbefehlshaber der Heeresgruppe die Überzeugung, daß sehr starke Kräfte der Rusien zwischen Bug und Weichsel eingesetzt sein mußten, die zum Entscheidungskampf entschlossen schienen. Cr erwartete sogar einen Gegenangriff aus der Linie Cholm—Lublin, zum mindesten aber stärkste Abwehr in dieser Linie. Andererseits hielt er einen Vorstoß der Rusien von Osten her über den Bug gegen die rechte Flanke nicht mehr für wahrscheinlich. Cr glaubte daher, seine Kräfte soviel als möglich im Raume zwischen Bug und Weichsel zusammenhalten zu müssen, wo um die Entscheidung gerungen wurde, hingegen auf den Aferwechsel stärkerer Kräfte der ö.-u. 1. Armee zum Vorgehen von Krylow auf Wladimir Wolynsk verzichten zu können. Diese Armee wurde angewiesen, nur Brückenköpfe am Bug zu gewinnen, die als Rückhalt für das später auf Wladimir Wolynsk—Ascilug anzusetzende Kavalleriekorps des Generals von Heyde-breck (deutsche S., ö.-u. 4. und ungarische 11. Kavallerie-Division) dienen sollten. Die Bug-Sicherung der 1. Armee hatte sich flußabwärts noch bis Slipcze auszudehnen. Da die Armee für diese rein defensive Aufgabe das XXXXI. Reservekorps nicht mehr benötigte, sollte es zur Bug-Armee treten und deren Stoßkraft erhöhen. Das erschien um so notwendiger, als es dieser Armee auch am 18. Juli noch nicht gelungen war, vorwärtszukommen.
Bei der 11. Armee vergrößerte sich an diesem Tage der Einbruch in die feindliche Stellung. Die Masse der cm die Wolica-Frvnl vorgeführten 105. Infanterie-Division des Generalmajors von der Esch wurde westlich des Wieprz hinter der Garde nachgezogen und stieß durch den Brückenkopf von Krasnostaw nach Osten vor. Sofort einsetzende heftige Gegenangriffe der russischen Garde von Norden und Osten her brachten dieses Vorgehen zum Stehen und ermöglichten so der aufs äußerste bedrohten russischen Besatzung der Woliea-Stellung den Rückzug. Das ö.-u. VI. Korps und die 22. Infanterie-Division drängten gleichzeitig frontal über diesen Abschnitt dem weichenden Feinde nach. Auch westlich des Wieprz hatten das Garde-korps und der rechte Flügel des XXII. Reservekorps sich starker Gegenangriffe zu erwehren. Der zuerst gut vorwärtskommende linke Flügel dieses Korps gelangte über Olszanka nicht mehr hinaus. Vor dem X. Armeekorps
Die Schlacht von Hrubieszow.
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leistete der Feind erst in einer neuen Stellung nordwestlich von Izdebno nachhaltigen Widerstand. Westlich des Gielczew-Vaches warf ihn die 19. Infanterie-Division im Zusammenwirken mit dem rechten Flügel der ö.-u. 4. Armee auf Krzczonow zurück.
Am 19. Juli erweiterte die ö.-u. 1. Armee bei Sokal ihren Drücken- w. Zu«, köpf und konnte auch nördlich von Zdzary auf dem Ostufer des Vug Fuß fasten. Das Kavalleriekorps Heydebreck begann nun den Fluß zu überschreiten. Nochmals wurde die Armee darauf hingewiesen, weiteres Vorgehen über den Vug entspräche nicht der Lage, dagegen fei baldige Ablösung des XXXXI. Reservekorps notwendig, das beiderseits von Krylow das westliche Vug-Aser besetzt hatte und gleichzeitig bestrebt war, den Anschluß an die Vug-Armee nach Norden zu halten. Diese befand sich jetzt in voller Vorwärtsbewegung, da vor ihrer ganzen Front der Feind in der Nacht zum 19. Juli zurückgegangen war. In der rechten Flanke am Vug durch die 1. Infanterie-Division gedeckt, drängte die 11. bayerische Infanterie-Division den Gegner hinter die durch Regengüsse der letzten Tage versumpfte Huczwa zurück. Die 107. Infanterie-Division unter Führung des Generalmajors von Moser stieß ihm nördlich von Zaborze nach. Hier stemmte er sich aber weiterem Vorgehen in den Rücken seiner Stellung bei Hrubieszow mit Erfolg entgegen. Erheblich größer war der Raumgewinn auf dem linken Armeeflügel, wo das Beskidenkorps unter General der Kavallerie von der Marwitz dem weichenden Feinde bis Wojslawtce zu folgen vermochte. Am die Verfolgung am nächsten Tage auf der ganzen Linie fortsetzen zu können, sollte Hrubieszow durch Umfassung von Westen her frühzeitig genommen werden.
Vor der 11. Armee gab der Feind östlich des Wieprz unter dem doppelten Druck in der Front und gegen seinen Rücken aus dem Brückenkopf östlich von Krasnostaw weiter nach. Das ö.-u. VI. Korps folgte und erreichte mit dem linken Flügel den Vach-Abschnitt bei Siennica Krolewska.
Da sich links von ihm die Truppen des Generals Kosch (22. und 105. Infanterie-Division) und Teile des Gardekorps nordöstlich von Krasnostaw zusammenschoben, sollten erstere wieder herausgezogen werden. Auf dieser ganzen Linie stand man jetzt vor neuen verstärkten Stellungen. Auf dem Westufer des Flusses jedoch nahm das Vorgehen schon mehr den Charakter der Verfolgung an. Der linke Flügel des Gardekorps schwenkte gegen den Wieprz ein. Das XXII. Reservekorps stieß bis über Lopiennik hinaus.
Das X. Armeekorps aber trieb unter großen Marschanstrengungen seine Spitze gegen Piaski vor und stand damit dicht vor dem angestrebten Ziel, der Straße Cholm—Lublin.
Auch vor der ö.-u. 4. A r m e e ging der Feind in einem Zuge bis in
394
Die Offensive der Verbündeten auf Brest Litowsk.
20. Juli.
eine neue Stellung in Linie Chmiel—Opole zurück, an die sich die Armee heranschob.
Somit war am Abend des fünften Angriffstages auf dem Kampffelde zwischen Vug und Weichsel nahezu auf der ganzen Linie ein großer räumlicher Erfolg zu verzeichnen. Einer Entscheidung hatte sich der Gegner jedoch durch planmäßigen Rückzug in gut vorbereitete Stellungen zu entziehen gewußt. Seine Kampfkraft, die sich auch in wirksamen Gegenstößen geäußert hatte, war noch keineswegs gebrochen.
Inzwischen hatte auch auf dem westlichen Weichsel-User die Armee-Abteilung Woyrsckss) südlich der Ilzanka einen großen Erfolg erringen können, der nicht ohne Einfluß auf die feindliche Front gegenüber der Heeresgruppe Mackensen blieb. Am Morgen des 17. Juli war der rechte Flügel der Armee-Abteilung in die russische Stellung eingebrochen und hatte den Gegner zum Rückzüge gezwungen. In der Verfolgung wurde bis zum Abend des 18. Juli die Ilzanka erreicht. Auch die auf dem linken Flügel stehende Gruppe Köveß konnte am 19. Juli bis in die Linie Skaryzew— Kowala—westlich Przytyk—westlich Wysmyerzyce dem abziehenden Gegner folgen. Damit begann sich das operative Zusammenwirken der Kräfte beiderseits der Weichsel für die Russen in bedrohlicher Weise fühlbar zu machen. Rach den Befehlen des Generalfeldmarschalls von Mackensen sollte der Feind zwischen Bug und Weichsel am 20. Juli überall auf seine Hauptstellung zurückgeworfen und diese selbst am 21. angegriffen werden.
So planmäßig verliefen die Dinge freilich nicht. Eine gewisse Überraschung bedeutete es zunächst, daß der Gegner auf dem östlichen Bug-Ufer am 20. Juli mit starken Kräften die Brückenköpfe der ö.-u. 1. Armee angriff und ihre Besatzungen zurückdrückte. Das Kavalleriekorps Heydebreck mußte das kaum gewonnene Ostufer wieder räumen. Hierdurch schob sich die Ablösung des zur Stärkung der Bug-Armee bestimmten XXX XI. Reservekorps hinaus. Den von der 1. Armee erbetenen Einsatz der 103. Infanterie-Division des Generalmajors von Estorff zum Gegenangriff auf dem Ostufer ließ Generalfeldmarschall von Mackensen nicht zu.
Auch die Bug-Armee begegnete unerwarteten Hemmnissen. Die Hoffnung des Generals von Linsingen, daß der Feind dem gegen Hru-bieszow umfassend angesetzten Angriffe erliegen würde, erfüllte sich zunächst nicht. Der von Westen her gegen die Höhen nördlich von Hrubieszow geführte Stoß der 107. Infanterie-Division drang nicht durch. Um diesem Flankenangriffe größere Wucht zu verleihen, wurde die 11. bayerische Infanterie-Division des Generalmajors Ritter von Kneußl südlich von Hrubieszow durch die 1. Infanterie-Division des Generalleutnants von Conta
1) Zusammensetzung S. 405 Anm. 1.
Die Vug-Armee bricht den Widerstand bei Hrubieszow.
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abgelöst und auf das westliche Huczwa-Afer hinübergezogen. Dort konnte sie jedoch am 20. Juli wegen vorgerückter Tageszeit nicht mehr in den Kampf treten. Da auch das Veskidenkorps seinen Angriff infolge unsichtigen Wetters auf den 21. Juli verschieben mußte, beschloß General von Linsingen nunmehr, erst am nächsten Tage Hrubieszow durch frontalen Angriff der
I. Infanterie-Division südlich der Huczwa und durch Umfassung mit der
II. bayerischen und 107. Infanterie-Division von Westen her zu Fall zu bringen. Er hoffte auf diese Weise die russischen Kräfte westlich und östlich des Bug zu trennen.
Die Stoßkraft der 11. Armee war durch die tagelangen Kämpfe und Märsche auf den durch Regengüffe grundlos gewordenen Wegen vermindert. Ihr Geländegewinn am 20. Juli in neuen heftigen Kämpfen gegen den durch namhafte frische Kräfte verstärkten Feind fiel daher nur gering aus. Die ö.-u. 4. Armee, die ihren Schwerpunkt auf den rechten Flügel verschoben hatte, versuchte ohne Erfolg im Anschluß an die 11. Armee bei Chmiel durchzustoßen.
Generalfeldmarschall von Mackensen sah in der starken Kräfteentfaltung gegen die Vug-Brückenköpfe der ö.-u. 1. Armee keine Gefahr. Es erschien ihm sogar erwünscht, daß der Feind, weil er sich hier selbst bedroht fühlte, Kräfte abseits des Entscheidungskampfes festlegte. Offenbar hatten die Russen nicht die Absicht, ihrerseits über den Bug vorzustoßen. Da eine Verwendung des Kavalleriekorps Heydebreck östlich des Bug zur Zeit nicht möglich war, befahl der Generalfeldmarsch all am 21. Juli, daß zwei seiner Kavallerie-Divisionen (die deutsche 5. und ö.-u. 4.) am westlichen Vug-Afer das XXX XT. Reservekorps möglichst bald für die Verwendung an der Front der Vug-Armee freimachen sollten. Die ungarische 11. Kavallerie-Division wurde der Vug-Armee zugeführt. Infolge der Verschiebungen innerhalb der Front kam der Angriff dieser Armee erst im Laufe des Rachmittags zur Durchführung. Der Feind gab Hrubieszow unter dem Druck gegen seine rechte Flanke und seinen Rücken preis. Er wurde von Hrubieszow nach Norden sowie auf Zadubce zurückgeworfen. Dem Veskidenkorps gelang es, die Stellung beiderseits von Wojslawice in breiter Front zu nehmen und sie dann Gegenangriffen gegenüber zu behaupten. General von Linsingen glaubte, daß diese Gegenstöße nur der Einleitung des weiteren Rückzuges dienten, und befahl daher, daß auch das XXXXI. Reservekorps baldigst über Hrubieszow in das Gefecht der 1. Infanterie-Division eingreifen, die 11. Kavallerie-Division dem rechten Armeeflügel folgen sollte. Die 11. Armee stieß auf beiden Äsern des Wieprz auch weiter auf härtesten Widerstand. Hingegen glückte es der Mitte der ö.-u. 4. Armee beiderseits von Trzciniec in den Feind einzubrechen.
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Die Offensive der Verbündeten auf Brest Litowsk.
22. Juli.
Auch am 22. Juli griff der Gegner östlich des Bug die Brückenköpfe der ö.-u. 1. Armee vergeblich an. Generalfeldmarschall von Mackensen ließ den Oberbefehlshaber, Feldzeugmeister von Puhallo, wissen, daß er aus operativen Gründen keinen Wert mehr auf die Brückenköpfe lege, notwendig sei nur unbedingtes Halten des Flußabschnittes. Die Bug-Armee setzte auf dem rechten Flügel ihren Angriff noch fort. Die vordersten Teile des iXXXXT. Reservekorps mußten nach dem Durchschreiten von Hrubie-szow sogleich nach Osten gegen Feind einschwenken, der im Flußbogen westlich von üscilug stand. Nördlich anschließend erkämpfte die 1. Infanterie-Division Moniatycze. Dias Korps Gerok drang weiter westlich vor, stieß aber bei und östlich von Teratyn auf neue stark besetzte Stellungen. Das Beskidenkorps konnte in wechselvollen Kämpfen nur seine Linien behaupten. Die Divisionen der 11. Armee waren am Ende ihrer Stoßkraft und gruben sich ein. Die ö.-u. 4. Armee konnte den Erfolg ihrer Mitte noch erweitern. Der linke Armeeflügel schob sich an der Weichsel auf Zmiljowiska vor, um, wie vom Oberkommando Mackensen befohlen, den Zusammenhang mit der Armee-Abteilung Woyrsch zu wahren.
Vor dieser hatte der Feind nach heftigen nächtlichen Kämpfen bereits am Morgen des 19. Juli die hartnäckig verteidigte Stellung nördlich der Ilzanka geräumt. Vis zum Abend des 22. Juli erreichten, teilweise erst nach Überwindung neuen Widerstandes, die beiden Flügel der Armee-Abteilung Woyrsch die Weichsel, oberhalb von Iwangorod in der Linie Ianowiec—Opatkowice, unterhalb von Iwangorod in der Linie westlich Pawlowice—Ryczywol bis zur Pilica-Mündung. In der dazwischenliegenden Lücke wurde die Festung von Westen her abgeschlossen, beiderseits der Straße Zwolen—Rowo Aleksandrja wurden starke Teile zum Übergang über den Fluß bereitgestellt.
Das Oberkommando Mackensen beurteilte die Absichten des Gegners am 22. Juli in einer Meldung an die Oberste Heeresleitung wie folgt: „Feind bereitet Rückzug mit 13. Armee nach Nordosten vor. Von der 3. Armee sind zunächst noch Gegenstöße zu erwarten, dann Rückzug nach Norden, später nach Nordosten. Die 4. Armee wird zunächst an mittlerer Weichsel decken, dann, zunächst nach Norden, abziehen." Der Feind schien also eine große Rückwärtsschwenkung hinter den Bug vorzubereiten. Generalfeldmarschall von Mackensen verhehlte sich nicht, daß für die Fortführung des Stoßes seiner Heeresgruppe Eile erwünscht war, um die Flanke des russischen Rückzuges zu treffen. Cr vermochte sich aber auch nicht der Erkenntnis zu verschließen, daß die durch Kämpfe und Märsche
Kampfpause bei der Heeresgruppe Mackensen.
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hart mitgenommene und erschöpfte 11. Armee nicht mehr imstande sei, in ihrer jetzigen Kräftegruppierung gegen den in seiner Abwehrkraft noch ungebrochenen Feind entscheidende Erfolge zu erringen. Daher meldete er schweren Herzens der Obersten Heeresleitung seinen Entschluß, erst „nach notwendiger Kampfpause den Vorstoß nach Norden mit starker Mitte und Deckung gegen Osten fortzusetzen".
Dem deutschen Chef des General st abes des Feldheeres kam dieser Entschluß nicht überraschend. Er selbst hatte die Aussichten am 19. Juli noch überaus günstig angesehen3), am 21.aber an den Oberbefehlshaber Ost geschrieben3): „Die Heeresgruppe Mackensen hat einen weit überlegenen Feind vor sich. Diejenigen ihrer Truppen, die ihre Vorbewegung vortragen müffen, sind durch fast dreimonatigen Bewegungskrieg hart mitgenommen, ihre rechte Flanke bedarf dauernder Sorge. Cs ist also nicht anzunehmen, daß die Heeresgruppe aus sich selbst schnell vorwärtskommen kann." Für den Leiter der Gesamtoperationen stellte aber eine Unterbrechung der Offensive der Heeresgruppe Mackensen das Gelingen seiner eigenen, aus einen Cntscheidungsschlag gegen die Hauptmasse des Feindes gerichteten Pläne in Frage. Hatte doch der bisher günstige Verlauf der Dinge, besonders auch an der Narew-Front, erst vor kurzem in ihm die Hoffnung wachgerufen, „daß die Entscheidung in dem Kampf gegen Rußland in dem Raume südlich des Narew fallen"3) werde. Um dieses Ziel zu erreichen, durfte der konzentrische Druck von Nordwest und Süd gegen die im Raume zwischen Bug und Weichsel befindlichen Massen des Feindes an keiner Stelle auch nur vorübergehend nachlassen. Cs kam also darauf an, die ins Stocken geratene Offensive der Heeresgruppe Mackensen so schnell als möglich wieder in Fluß zu bringen. Als das wirksamste Mittel hierzu bezeichnete General von Falkenhayn in dem erwähnten Schreiben an den Oberbefehlshaber Ost die ununterbrochene Fortführung der Narew-Operation unter Einsatz aller verfügbaren Kräfte, da eine unmittelbare Unterstützung der Heeresgruppe Mackensen durch Zuführung frischer Verbände infolge der ungünstigen Eisenbahn- und NachschubverhältniffeH in Galizien und Südpolen nicht angängig erschien.
Daneben war er aber auch bestrebt, die noch westlich der Weichsel stehenden Kräfte, die 9. Armee und die Armee-Abteilung Woyrsch, zu möglichst baldiger Einwirkung auf den Gang der Kriegshandlung jenseits des Stromes zu bringen3). Noch am 21. Juli schlug er daher Generaloberst von Conrad vor, diese beiden Verbände zu einer, der deutschen Obersten Heeresleitung unmittelbar zu unterstellenden Heeresgruppe unter Befehl des
1) S. 315. — 2) S. 318. — s) S. 315. — 4) S. 388. — 5) S. 317.
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Die Offensive der Verbündeten auf Brest Litowsk.
Prinzen Leopold von Bayern zu vereinigen und zu einem Stoß über die Weichsel zwischen Iwangorod und Warschau in der Richtung auf Lukow— Siedlce anzusetzen. Dieser Gedanke entsprang zweifellos dem begreiflichen Wunsche des deutschen Generalstabschefs, sich einen stärkeren unmittelbaren Einfluß auf die Fortführung der Gesamtoperationen auf dem östlichen Kriegsschauplätze zu sichern, indem er entsprechend den zahlreichen deutschen Abgaben an die ö.-u. Heeresleitung nun auch einige ö.-u. Verbände in den deutschen Befehlsbereich einspannte. Auch hatte er vom Standpunkt der Gesamtkriegführung gewichtige Gründe, den Kampf gegen Rußland so schnell als möglich zu erfolgreichem Abschlüsse zu bringen, um Kräfte sowohl zur Verwendung im Westen wie auch — angesichts der bedenklichen Lage des türkischen Bundesgenossen — zu einem „Druck auf die Balkanstaateü") freizumachen.
Sein Vorschlag begegnete indessen beim ö.-u. Generalstabschef entschiedener Ablehnung. Dieser hatte bereits vorher im Sinne der bisherigen Vereinbarungen der Armee-Abteilung Woyrsch befohlen, oberhalb von Iwangorod unter Sicherung gegen die Festung über die Weichsel zu gehen und in den Kampf der ö.-u. 4. Armee einzugreifen. Cr bat nunmehr General von Falkenhayn, die bestehenden Vefehlsverhältnisse aufrechtzuerhalten, da die Operationen der Armee-Abteilung Woyrsch mit denen der Heeresgruppe Mackensen, die der 9. Armee hingegen mit dem Rarew-Angriffe in Zusammenhang ständen. Sofort wies General von Falkenhayn in seiner Antwort darauf hin, daß die Zusammenfassung der beiden Armeen gerade dazu dienen solle, sie in der jeweils wirksamsten Richtung, in diesem Falle also in den Rücken der dem Generalfeldmarschall von Mackensen gegenüberstehenden russischen Kräfte, anzusetzen. Generaloberst von Conrad verharrte indessen auf seinem Standpunkt, indem er geltend machte, daß ein Stoß über die Weichsel unterhalb von Iwangorod zu zeitraubend sein und dem Feinde die Möglichkeit bieten würde, Kräfte aus dem Weichsel-Bogen sowohl gegen die Heeresgruppe Mackensen als auch gegen die Armee-Gruppe Gallwitz zu verschieben. Der Meinungsaustausch hierüber setzte sich noch mehrere Tage ergebnislos fort. Auch eine persönliche Aussprache beider Generalstabschefs in Teschen am 24. Juli brachte zunächst keine Einigung. Erst nachdem Generalfeldmarschall von Mackensen auf eine Anfrage des Generals von Falkenhayn versichert hatte, daß er die Lage an der Front seiner Heeresgruppe aus eigener Kraft unbedingt bis zum Wirksamwerden des Weichsel-überganges halten könne, stimmte Generaloberst von Conrad den Vorschlägen des Generals von Falkenhayn insoweit zu, daß die Armee-
J) Schreiben des Generals von Falkenhayn an den Oberbefehlshaber Ost vom 21. Juli 1915.
Die Armee-Abteilung Woyrsch soll die Heeresgruppe Mackensen entlasten. 399
Abteilung Woyrsch den Übergang unterhalb von Iwangorod erzwingen sollte. Der deutsche Generalstabschef verzichtete daraufhin vorläufig auf eine Weitererörterung seines Planes, eine neue Heeresgruppe unter Generalfeldmarschall Prinz Leopold von Bayern zu bilden.
Generalfeldmarschall von Mackensen hatte in seiner Meldung vom 22. Juli an die Oberste Heeresleitung*) die La ge und Absichtender Russen zutreffend beurteilt. Da es trotz des Einsatzes von Verstärkungen (II. sibirisches und Gardekorps bei 3. Armee, 56. und 27. Infanterie-Division bei 13. Armee) nicht geglückt war, die bisherigen Stellungen zu behaupten, ordnete der Oberbefehlshaber der Nordwestfront General Alexejew am 22. Juli für die drei Armeen seines Südflügels (4., 3. und 13. Armee) allmähliches Ausweichen in die vorbereitete Stellung Iwangorod—Kock— Ostrow—Opalin—Luboml—Kowel an. Der 3. und 13. Armee fiel dabei die Aufgabe zu, das Nachdrängen der Heeresgruppe Mackensen in der Richtung auf Brest Litowsk durch offensiv geführte Gegenwehr zu verzögern. Insbesondere sollte der Raum um Wladimir Wolynsk östlich des Bug so lange als möglich behauptet werden. Infolge der auf seiten der Verbündeten eingelegten Angriffspause gewannen die Russen Zeit zur planmäßigen Vorbereitung des befohlenen Rückzuges. Von sofortiger Einleitung der Bewegungen nahmen sie noch Abstand.
3. Die Fortführung der Offensive auf Cholm—Lublin vom 23» bis 3L Juli.
Karten 6 und 7, Skizze 24.
Vis zur Wiederaufnahme der Offensive an der Front der Heeresgruppe Mackensen wehrte die ö.°u. 1. Armee wie bisher Angriffe des Feindes gegen ihre Brückenköpfe am Bug erfolgreich ab. Ihre Kavallerie-Divisionen wurden zur Flußsicherung abwärts bis nach Slipcze eingesetzt.
Bei der Bug-Armee versuchte General von Linsingen, der in den Gegenangriffen des Feindes nur die Verschleierung seines weiteren Zurückgehens sah, zunächst noch die Offensive fortzusetzen. Das XXXXI. Reservekorps und Teile der 1. Infanterie-Division hatten dabei in ihrer nach Osten gegen die Bug-Schleife westlich von Ascilug gerichteten Front tagelang schwere blutige Kämpfe um den Besitz von Szpikolosy (östlich von Moniatycze) und um den Wald östlich von Annopol zu führen. Auch der links anschließenden Front der 1. Infanterie-Division und des Korps Gerok gegenüber äußerte sich die Kampfkraft des Feindes in oft wiederholten
H 0.396.
400
Die Offensive der Verbündeten auf Brest Litowsk.
Gegenstößen aus den Wäldern. Trotzdem gelang es nach einigen Tagen der 11. bayerischen Infanterie-Division, die feindlichen Stellungen westlich von Annopol zu nehmen. Den Versuchen, bei Teratyn an der Straße nach Cholm vorwärtszukommen, blieb aber ein Erfolg versagt. Nur das Beskidenkorps erkämpfte an seinem linken Flügel, unterstützt durch benachbarte Truppen des ö.-u. VI. Korps, am 25. Juli einige örtliche Vorteile. Gegenangriffe der Rüsten in den nächsten Tagen wurden abgewiesen. Das Gesamtergebnis dieser mehrtägigen erbitterten Kämpfe der Bug-Armee war gering. Sie bewiesen nur, daß ihre stark erschöpften und geschwächten Divi-sionen allein nicht imstande waren, die zähe Gegenwehr des Feindes zu brechen. Auch hier mußte unbedingt eine Kampfpause eingelegt werden, um den Angriff gemeinsam mit den anderen Armeen wieder aufzunehmen.
23. vis es. Zu«. Gegen die 11. Armee rannten die Russen nur am 23. Juli in unzusammenhängenden, erfolglosen Angriffen an. Im übrigen konnte die Umgruppierung und Bereitstellung der Kräfte zu neuem Vorgehen bis zum 28. Juli unbehelligt vom Gegner durchgeführt werden. Ersatz zur Hebung der sehr gesunkenen Gefechtsstärken traf inzwischen ein.
Vor der ö.-u. 4. Armee begann der Feind am 23. Juli in eine vorbereitete, nur wenige Kilometer rückwärts liegende Stellung zurückzugehen. Die Armee folgte ihm; der Aufmarsch für den neuen Angriff blieb auch hier ungestört).
Für die Wiederaufnahme seiner Offensive wählte Generalseldmarschall vonMackensenals Hauptstoßrichtung die Mitte der feindlichen Front zwischen Bug und Weichsel, die Linie Cholm—Lublin. Cr verkannte freilich nicht, daß auch ein weiter östlich, mit Teilkräften auf dem rechten Bug-llfer angesetzter Stoß den Gegner, wenn er, wie anzunehmen, nach Nordosten zurückwich, wirkungsvoll treffen konnte. Dazu hätte es indessen zeitraubender Umgruppierungen bedurft. Auch wurde das Gelände nahe am Bug mit seinen zahlreichen Wasterläufen und Sumpfstrecken für Bewegungen und Kämpfe großer Truppenmaffen als besonders ungünstig angesehen"). Ferner war damit zu rechnen, daß der Feind auf seinem äußeren Heeresflügel besonders zähen Widerstand leisten würde, um das Abfließen seiner Massen über den mittleren Bug zu decken. Von einem weiter westlich angesetzten Vorstoß hoffte der Generalfeldmarschall schließlich, in engerem Zusammenwirken mit der Armee-Abteilung Woyrsch die beiderseits von Iwangorod noch gehaltene russische Weichsel-Front schnell unhaltbar machen zu können. Cr hielt freilich auch einen vorzeitigen Rückzug des
1) Die ö.-u. Heeresleitung entnahm der Armee die 8. I. D. zur Verwendung auf dem italienischen Kriegsschauplatz.
2) S. 388.
Wiederaufnahme der Offensive der Heeresgruppe Mackensen. 401
Feindes für möglich und glaubte, daß ein solcher sicherlich durch heftige Teil-angriffe gedeckt werden würde. „Die Armee hält sich bereit", so wurde daher besohlen, „diese Angriffe wie bisher abzuweisen und dem weichenden Gegner zu folgen. Cin vorzeitiges Anstürmen gegen seine starken Stellungen verspricht nicht den gewünschten Erfolg und käme seinen Absichten entgegen." Erst am 29. Juli sollten die 11. und 4. Armee gemeinsam zu neuem Angriff schreiten.
Als Haupteinbruchsstelle für die 11. Armee wurde wiederum die Front westlich des Wieprz bestimmt. Hier sollte auf schmalem Raume eine starke Stoßgruppe unter Befehl des Generals von Cmmich (XLII. Reservekorps, Korps Kosch, X. Armeekorps, 119. Infanterie- und Garde-Kavallerie-Division) zunächst auf Viskupice durchbrechen und dann weiter südlich starke rückwärtige Staffeln zum Flankenstoß nach Osten über den Wieprz werfen. Hierdurch wollte man der rechts anschließenden Front (Gardekorps und ö.-u. VI. Korps) den schwierigen Frontalangriff über den seemeichen Siennica-Abschnitt erleichtern. Rach Erreichen der ersten Ziele sollte der Hauptdruck vom westlichen Wieprz-Üfer auf das östliche verlegt werden. Die Armeereserve (die 22. und die von der ö.-u. 1. Armee abgegebene 103. Infanterie-Division*)) wurde daher unmittelbar östlich des Fluffes bereitgestellt. Die ö.-u. 4. Armee sollte sich mit starkem rechten Flügel in der Richtung auf Lublin dem Angriff anschließen. Sie dehnte sich nach rechts bis in die Gegend nordöstlich von Chmiel aus, um sowohl dem linken Flügel der 11. Armee das Überschreiten des Gielczew-Vaches zu erleichtern, als auch den vor der eigenen Front stehenden Feind flankieren zu können. Die Mitte, bei der sich die deutsche 47. Reserve-Division befand, sollte den frontalen Durchbruch nordwestlich von Trzciniec fortsetzen. Außerdem wurde die Armee angewiesen, mit ihrem linken Flügel an der Weichsel vorzuschwenken, um dadurch russische Kräfte festzuhalten, die sich sonst gegen die mit dem Übergang unterhalb von Iwangorod beauftragte Armee-Abteilung Woyrsch wenden konnten. Der Bug-Armee war die doppelte Ausgabe zugedacht, sowohl die rechte Flanke der 11. Armee zu decken, als auch durch Vorstoß auf Cholm solange wie möglich an der neuen Offensive mitzuwirken.
Rach den über die feindliche Kräftegruppierung vorliegenden Nachrichten standen der ö.-u. 1. Armee (fünf Infanterie- und zwei Kavallerie-Divisionen^)) auf dem östlichen Vug-Üfer sieben russische Infanterie-Divisionen und zwei Kavalleriekorps gegenüber. Vor der acht Infanterie-Divisionen zählenden Bug-Armee hatten sich mehr als zehn russische
l) S. 394. — -) S. 395. t Weltkrieg. Till. Band.
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Die Offensive der Verbündeten auf Brest Litowsk.
29. Juli.
massiert. Hingegen war die 11. Armee mit 12ya Infanterie-Divisionen dem vor ihrer Front stehenden Gegner um fast vier Divisionen, die ö.-u. 4. Armee (14% Infanterie-Divisionen) um etwa sieben überlegen. Die Russen sollten ihre Verbände frisch aufgefüllt haben. Auch Artilleriemunition schien bei ihnen jetzt wieder reichlicher vorhanden zu sein.
General von Emmich wollte den ihm übertragenen entscheidenden Angriff durch fächerartiges Hervorbrechen aus dem Raume beiderseits von Fajslawice führen. Das Korps Kosch sollte in der Richtung auf Viskupice die feindliche Stellung durchstoßen. Dementsprechend war hier auch die Masse der schweren Artillerie eingesetzt. Rechts davon hatte das XXII. Reservekorps mit starkem linken Flügel nordöstlich von Fajslawice vorzugehen und dann unterhalb von Lopiennik ostwärts über den Wieprz anzugreifen. Die Flußsicherung oberhalb von Lopiennik übernahm die Garde-Kavallerie-Division. Das X. Armeekorps hatte starke Teile an seinem rechten Flügel bereitzustellen, die die linke Flanke des Korps Kosch gegen eine Bedrohung aus dem großen Walde westlich von Fajslawice decken sollten. Aufgabe des linken Korpsflügels aber war es, sich westlich des Gielczew-Vaches dem nach Nordosten gerichteten Angriffe der Nachbararmee anzuschließen.
General Kosch legte den Schwerpunkt auf den linken Flügel seines Korps. Zier gelang der 105. Infanterie-Division des Generalmajors von der Esch nach wiederholter scharfer Feuerzusammenfassung bald nach 7° vormittags der Sturm gegen die hochgelegene Häusergruppe Ignasin (westlich von Fajslawice), den Schlüsselpunkt der feindlichen Stellung. In kraftvollem Schwünge weitete die Division ihren Erfolg nach beiden Seiten aus. Auch die rechts benachbarte 101. Infanterie-Division unter Führung des Generalmajors Reiser konnte daraufhin, in der linken Flanke über Fajslawice unterstützt, ihren Angriff mittags östlich dieses Ortes vortragen und auch den linken Flügel des XXII. Reservekorps mit vorreißen. Am frühen Nachmittag schwenkte dessen in zweiter Linie folgende 44. Reserve-Division unter Generalleutnant von Dorrer nach Osten gegen den Wieprz ein. Die Deckung der linken Flanke des Korps Kosch führte die 20. Infanterie-Division unter Generalleutnant Ritter und Edler von Oetinger offensiv durch, indem sie östlich des Gielczew-Vaches in der Richtung auf Piaski vorging. Unter der Wucht dieser allseitigen Erfolge verzichtete der Feind auf weiteren Widerstand in einer rückwärtigen ausgebauten Stellung und gab den Raum im Wieprz—Gielczew-Vogen frei. Nachstoßend bemächtigte sich die 101. Infanterie-Division noch der Wieprz-Vrücken nordöstlich von Fajslawice, während die 105. Infanterie-Division links von ihr
Durchbruchsstoß auf Viskupice.
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unaufhaltsam in nördlicher Richtung vordrang und noch um Mitternacht Viskupice nahm. Das X. Armeekorps gelangte bis Piaski.
Nicht so erfolgreich verlief der Kampf auf dem östlichen Ufer des Wieprz. Um den Flankenstoß des XXII. Reservekorps über den Fluß möglichst wirkungsvoll zu gestalten, zog General von Cmmich die 119. Infanterie-Division auf Fajslawice vor. Um 4° nachmittags bereits hatten starke Teile des XXII. Reservekorps nach Durchführung der Rechtsschwenkung den Wieprz überschritten. Dann aber setzte starke Gegenwehr ein, da der Feind die Gefahr erkannte, in die seine nach Süden gerichtete Front gegenüber dem Gardekorps und dem ö.-u. VI. Korps durch diese Rückenbedrohung geraten war. Es gelang daher dem XXII. Reservekorps heute nicht mehr, nach Osten weiter durchzudringen. Infolgedessen vermochte auch das preußische Gardekorps im frontalen Angriff gegen den zähen Widerstand der russischen Garde nur geringe örtliche Erfolge beiderseits von Krupe zu erringen. Ebensowenig erzielte der linke Flügel des ö.-u. VI. Korps, der sich diesem Angriff anschloß, erheblichen Geländegewinn.
Bei der Vug-Armee zeigte sich jetzt, wie sehr die bisherigen Kämpfe an der Stoßkraft der Truppe gezehrt hatten. Die eingelegte Kampfpause war zu kurz gewesen. Der Angriff, dessen Schwerpunkt bei der 1. und der 11. bayerischen Infanterie-Division westlich von Annopol lag, drang trotz örtlicher Fortschritte beider Divisionen nicht durch. Die ö.-u. 1. Armee behauptete trotz einiger örtlicher Einbußen ihre Brückenköpfe am Vug. Auch der ö.-u. 4. Armee war kein größerer Erfolg beschießen.
Im ganzen beschränkte sich also der Gewinn des ersten Angriffstages auf den allerdings voll gelungenen Einbruch der Stoßgruppe Cmmich in den feindlichen Stellungsteil westlich des Wieprz. Es galt, diesen Erfolg nunmehr so zu erweitern, daß er sich auch auf die Anschlußfronten rechts und links auswirkte. Zu diesem Zwecke befahl Generalfeldmarschall von Mackensen dem General von Emmich, am 30. Juli unter Festhalten des Gielczew-Abschnittes den Vorstoß östlich des Wieprz mit möglichst starken Kräften fortzuführen, um die besonders gut ausgebaute Stellung des Feindes vor dem Gardekorps und dem ö.-u. VI. Korps zum Einsturz zu bringen. Gleichzeitig sollten diese beiden Korps aufs neue in der Front anpacken. Gelang der Schlag östlich des Wieprz, so hoffte man, daß auch der schwierige Angriff der Vug-Armee in schnelleren Fluß kommen werde.
Der Führer der ö.-u. 4. Armee, Erzherzog Josef Ferdinand, beabsichtigte nunmehr den Nachdruck des Angriffs auf den linken Flügel zu
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Die Offensive der Verbündeten aus Brest Litowsk.
30, Juli.
31. Zu«.
verlegen, hier den Feind zu durchbrechen und ihn dann nach rechts hin aufzurollen. Maßgebend für diese Änderung war der Umstand, daß es der Armee-Abteilung Woyrsch am 29. Juli geglückt war, die Weichsel unterhalb von Iwangorod an mehreren Stellen zu überschreiten. Man hoffte, daß diese Rückenbedrohung die Widerstandskraft des Gegners vor dem linken Flügel der 4. Armee schwächen würde.
Am frühen Morgen des 30. Juli sah sich Generalfeldmarschall von Mackensen überraschend vor eine neue Lage gestellt: Der Feind hatte in rechtzeitiger Erkenntnis der großen, östlich des Wieprz drohenden Gefahr in der Nacht fast auf seiner ganzen Front zwischen Bug und Weichsel den Rückzug in eine neue Stellung angetreten, die, wie Erkundungen ergaben, in der ungefähren Linie Matcze (am Vug)—südlich von Cholm— nördlich von Lublin—Kurow verlief. Auch diese war nach Agentennachrichten unter Heranziehung der Zivilbevölkerung stark ausgebaut. Westlich von Kurow fand sie bei Nowo Aleksandrja Anlehnung an die russische Weichsel-Front um Fwastgorod. Wiederum also, wie so oft schon, hatte sich der Gegner in letzter Stunde dem ihm zugedachten Entscheidungsschlage entzogen. Wiederum schien die Heeresgruppe vor der ebenso schwierigen und aufreibenden wie undankbaren Aufgabe des Frontalangriffs gegen eine neue starke Stellung zu stehen. Denn die sofort von allen drei Armeen aufgenommene Verfolgung fand schnell ihr Ende.
Am 31. Juli wurde der Feind aus dem Vorfelde auf seine Hauptstellung zurückgedrückt, zum Teil schon wieder unter scharfen Kämpfen. Vei der Vug-Armee stießen hierbei die 1. und die 11. bayerische Infanterie-Division erfolgreich über Strzelce vor. Die Armee wurde angewiesen, den Nachdruck ihres weiteren Vorgehens in die Richtung auf Cholm zu legen. Auch auf dem linken Flügel der 11. Armee gelang dem X. Armeekorps westlich des Wieprz ein Einbruch in die russische Stellung. Der linke Flügel der 4. Armee schob sich bis in die Gegend von Kurow vor. Ihr rechter Flügel erhielt die Richtung nach Nordosten auf Lenczna. Der 11. Armee sollte dadurch eine Zusammenfassung ihrer Stoßkraft auf engerem Raume ermöglicht werden. Den entscheidenden Angriff gedachte Gsneralfeldmarschall von Mackensen am 1. August mit der Gruppe Cmmich beiderseits der großen Straße Fajslawice—Wlodawa, mit der Gruppe Plettenberg (Gardekorps, 22. und 103. Infanterie-Division) östlich davon, linker Flügel über Pawlow, zu führen. Roch schien es, als ob die Russen entschlossen seien, trotz der bisherigen Mißerfolge ihre Gesamtfront in Polen gegen die konzentrisch geführten Angriffe der Verbündeten zu behaupten.
Der Befehl zum Mergang über die Weichsel unterhalb von Jwangorod. 405
4. Der weich sel - Übergang der Armee-Abteilung Woyrsch.
Karten 6 und 7, Skizze 25.
Der Waffenerfolg der 11. Armee bei Viskupice, durch den die ri.bisrs.Ju«. Offensive der Heeresgruppe Mackensen wieder in Fluß gebracht worden war, fiel zeitlich mit einem nicht minder wichtigen Ereignis an der linken Nachbarfront zusammen, dem Übergang der Armee-Abteilung Woyrsch4) über die Weichsel. Generaloberst von Woyrsch hatte auf Grund der am 21. Juli abends eingegangenen Weisung der ö.-u. Heeresleitung, unter Sicherung gegen Jwangorod mit möglichst starken Kräften über Nowo Aleksandrja in den Kampf der ö.-u. 4. Armee einzugreifen3), sofort nach Erreichen der Weichsel oberhalb der Festung Erkundungen gegen die Linie Nowo Aleksandrja—Golomb angesetzt. Der Übergang sollte in der Nacht vom 24. zum 25. Juli bei Nowo Aleksandrja unter gleichzeitiger Scheinunternehmung der Landwehr-Division des Generals Grafen von Bre-dow bei Ianowiec erfolgen. Vei einer Besprechung mit General von Falkenhayn am 23. Juli äußerte indessen der Generalstabschef der Armee-Abteilung, Oberstleutnant Heye, Bedenken gegen den Übergang bei Nowo Aleksandrja, da an dieser Stelle der Vorteil der Überraschung fortfallen würde, und schlug vor, unterhalb der Festung überzugehen. Abgesehen von der Möglichkeit der Überraschung würde hier die Fortführung des Stoßes den Rücken des der ö.-u. 4. Armee gegenüberstehenden Feindes treffen und sich operativ wesentlich günstiger auswirken. General von Falkenhayn, der, wie schon erwähnt3), der gleichen Ansicht war, stellte eine entsprechende Abänderung nach Verständigung mit Generaloberst von Conrad in Aussicht.
Inzwischen wurde für alle Fälle mit der Vorbereitung des Überganges bei Nowo Aleksandrja begonnen. Erst am späten Abend des 24. Juli ging dann die neue Weisung aus Teschen beim Oberkommando in Radom ein, nach der der Weichsel-Übergang unterhalb von Jwangorod in der Gegend der Radomka-Mündung durch das Landwehrkorps und die Landwehr-Division Vredow erzwungen werden sollte4). Das ö.-u.
XII. Korps des Generals von Köveß erhielt den Auftrag, den Strom von der Chodel-Mündung abwärts bis Kozienice unter Abschließung von Jwangorod zu sichern und nach Eintreffen schwerer Artillerie die Festung anzugreifen. General von Falkenhayn fügte dieser Weisung am 25. Juli
J) Die Armee-Abtlg. Woyrsch bestand aus: L. D. Vredow, Ldw. K. (3. und
4. L. D.), Gruppe Követz (ö.-u. XII. Korps mit 16. und 35. 3. D.), ö.-u. 7. und 9. K. D. 2) S. 398. — s) S. 398. — 4) S. 398/399.
406
Die Offensive der Verbündeten auf Brest Litowsk.
noch hinzu, daß das Haupterfordernis für das Gelingen des Überganges die Überraschung des Gegners sei. Die Wahl der Übergangsstelle bliebe daher dem Oberkommando überlasten und solle auch durch die Erwähnung der Radomka-Mündung nicht beschränkt werden. Der üferwechsel hätte sobald wie möglich, ohne Rücksicht auf etwa heranzuziehende Teile der 9. Armee, zu erfolgen.
Obwohl beim Eintreffen der neuen Weisungen der Übergang bei Nowo Aleksandrja in der Nacht zum 25.Juli bereits begonnen hatte, wurde doch der Linksabmarsch der drei Landwehr-Divisionen sofort eingeleitet: das Landwehrkorps hatte bis zum 27. Juli den Raum Swierze Gorne—Glowaczow—Magnuszew, die Landwehr-Division Vredow bis zum 28. die Gegend von Vrzuza zu erreichen. Trotz der außerordentlich weiten und anstrengenden Märsche, die diese Umgruppierung von allen Truppen, besonders aber von den bei Rowo Aleksandrja schon eingesetzten Brückentrains, erforderte, befanden sich alle drei Landwehr-Divisionen am 27. Juli in den befohlenen Unterkünften. Rach der Ablösung des Landwehrkorps übernahm General von Köveß mit der ö.-u. 7. Kavallerie-Division die Weichsel-Sicherung von südlich Ianowiec bis Opatkowice und schloß die Festung Iwangorod mit dem ö.-u. XII. Korps von Westen ab. Die ö.-u. 9. Kavallerie-Division behielt die Stromsicherung zwischen Kozienice und der Pilica, sie wurde dem Oberkommando Woyrsch unmittelbar unterstellt.
Auf Grund der Crkundungsergebnisse befahl Generaloberst von Woyrsch den Übergang für die Nacht vom 28. zum 29.Juli zwischen Swierze Gorne und Tarnow mit dem Schwerpunkt bei Ryczywol.
27.Z«n. Am 27. Juli griffen jedoch die Rüsten nördlich der Pilica die auf dem rechten Flügel der deutschen 9. Armee stehende Kavallerie an. Generaloberst von Woyrsch sah sich dadurch vor die schwerwiegende Frage gestellt, ob er an seinem Entschlüsse zum Weichsel-Übergang festhalten oder zunächst zur Unterstützung der 9. Armee nach Norden einschwenken sollte. Die Lage schien insofern nicht unbedenklich, als man bereits seit dem 24. Juli mit russischen Angriffen zwischen Fwangorod und Warschau rechnen zu müssen glaubte: 4 y2russische Korps waren an diesem Frontabschnitt festgestellt, gemeldete Truppenverschiebungen wiesen nach Norden, und die Weichsel-Übergänge unterhalb der Pilica-Mündung waren in russischer Hand. Generaloberst von Woyrsch verharrte indessen bei seinem Entschluß, da er in seinem eigenen Flußübergange die wirksamste Gegenmaßnahme gegen etwa drohende feindliche Angriffe südlich von Warschau sah. In dem am Vormittage des 27. Juli erlassenen Befehl übertrug er die Leitung des Überganges dem Führer des Landwehrkorps, General der Kavallerie Frei-
Vorbereitungen und Durchführung des Weichsel-Überganges. 407
Herrn von König. Zunächst war das Höhengelände beiderseits der Straße Maciejowice—Sobolew und das Waldgebiet am Ostufer der Weichsel zu gewinnen. Zur Durchführung dieser Operation waren in erster Linie die 3. (Generalmajor von Arnim) und 4. (Generalmajor von Hofacker) Landwehr-Division bestimmt; die Landwehr-Division Vredow, deren Artillerie dem Landwehrkorps für den Äbergang zur Verfügung gestellt wurde, hatte sich zum sofortigen Rachrücken auf das östliche Äser bereitzuhalten, da mit bald einsehenden russischen Gegenangriffen gerechnet wurde.
Die ö.-u. 9. Kavallerie-Division behielt ihren Sicherungsauftrag an der Weichsel zunächst bei, während die Gruppe Köveß bei Kazimierz und Nowo Aleksandrja Über gangsversuche vortäuschen und im übrigen den Gegner durch Artilleriefeuer feffeln sollte. Auch die 9. Armee wurde zur Unterstützung durch Scheinunternehmungen aufgefordert.
Die technische Leitung des Flußübergangs lag nach Weisungen des Generals der Pioniere beim Oberkommando Woyrsch, Generalmajors Adams, in den Händen des ö.-u. Obersten Mischek. Ihm standen vier deutsche, sechs ö.-u. Pionier-Kompagnien mit zwei deutschen Divisions-,
Ya Korps-Brückentrain und 21 ö.-u. Kriegsbrücken-Cquipagen zur Verfügung. Dieses Vrückenmaterial, das dem Gerät von sechs deutschen Korps entsprach, gestattete, gleich mit der ersten Staffel eine starke Kampfkraft über den etwa 900 Meter breiten Strom zu werfen. Der Übergang selbst sollte in fünf Gruppen an zehn Übergangsstellen aus einer Frontbreite von 20 Kilometern erfolgen. Jede Gruppe hatte vier Geschütze mitzunehmen; die Masse der Artillerie war dicht an der Weichsel eingesetzt. Östlich von Ryczywol war sofort mit dem Bau einer Kriegsbrücke zu beginnen. Da am 28. Juli die 9. Armee ausdrücklich auf eine Unterstützung durch die 28. und 2g. Iu«. Armee-Abteilung Woyrsch auf dem nördlichen Pilica-Ufer verzichtete, auch alle Anzeichen dafür sprachen, daß dem Gegner die Vorbereitungen unterhalb von Iwangorod verborgen geblieben waren, hatten sich die Crfolgs-aussichten für den Flußübergang wesentlich gebessert.
In der Nacht vom 28. zum 29. Juli, um 1S® morgens, sehte die erste Staffel ab. Noch nicht zwei Stunden später war auf der ganzen Front die Masse der Infanterie auf dem Ostufer des Stromes; um 53a früh waren Kobylniea, Przewoz und die große Insel östlich von Nyczywol in deutscher Hand, 300 Gefangene und 5 Maschinengewehre erbeutet. Noch im feindlichen Artilleriefeuer konnte um 7° morgens der Brückenbau östlich von Ryczywol begonnen werden; bereits gegen Mittag gingen die ersten Teile der Artillerie und des Trosses über. Den stärksten Widerstand hatte die 22. Landwehr-Brigade des Generalleutnants Sachs bei Tarnow gefunden.
Sie vermochte nur wenige Geschütze über die Weichsel zu bringen und hatte
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Die Offensive der Verbündeten auf Brest Litowsk.
30. Zu« bis 2. August.
gegen bald einsehende russische Angriffe einen schweren Stand. Erst als Artillerie über die Brücke bei Ryczywol zur ünterstützuug eintraf, besserte sich ihre Lage.
Der Übergang war geglückt, doch nun galt es, schnell nach vorwärts Raum für tiefgegliederte Vrückenkopfstellungen zu gewinnen. Obwohl die Korpsreserve sowie der Flankenschuh von der Pilica sofort nachgezogen wurden, gelang es indessen angesichts schnell herangeführter feindlicher Verstärkungen am 29. Juli nicht mehr, weitere Fortschritte auf dem östlichen üfer zu machen.
Am nächsten Tage setzten starke Gegenangriffe besonders gegen die beiden Flügel bei Kobylnica und Tarnow ein. Die Landwehr-Division Bredow wurde über eine inzwischen fertiggestellte zweite Brücke bei Swierze Gorne nachgezogen und nahm nach heftigen Kämpfen Maciejowice. Am 31. Juli stieg das Wasser der Weichsel infolge starker Regengüsse in den letzten Tagen bedenklich und machte die nördliche Brücke unbenutzbar. Dadurch entstand eine kritische Lage, da die Russen Verstärkungen heranführten und ihre Gegenangriffe fortsetzten. Wohl gelang es der Landwehr-Division Bredow, nachdem sie heftige Angriffe von 16 russischen Bataillonen abgewiesen hatte, das Dorf Podzamcze im Nachstoß zu nehmen, doch erst als am 1. August das Landwehrkorps in erbitterten Kämpfen Domaszew eroberte, war ein Brückenkopf gewonnen, der gesicherten üferwechsel verbürgte.
Schon am 29. Juli, und von neuem am 30. und 31., nachdem auch der linke Flügel der ö.-u. 4. Armee in Bewegung gekommen und bis in Höhe von Nowo Aleksandrja^) gelangt war, hatte Generaloberst vonWoyrsch sich an die verbündeten Heeresleitungen mit der Bitte um Verstärkung durch stoßkräftige Infanterie gewandt, da seine Landwehr-Divisionen zur Ausnutzung des errungenen Erfolges zu schwach seien. General von Falkenhayn versuchte daraufhin, sowohl beim Oberbefehlshaber Oft2) wie bei Generaloberst von Conrad die Abgabe einer Division an die Armee-Abteilung zu erwirken, fand indessen bei beiden Ablehnung. Als einzige Unterstützung konnten am 29. Juli nur die ö.-u. 2. Kavallerie-Division von der ö.-u. 4. Armee und am 31. Juli die deutsche 9. Kavallerie-Division von der 9. Armee zugewiesen werden; dazu kamen die ö.-u. 7. Kavallerie-Division, die vor Iwangorod entbehrlich geworden war, und die ö.-u. 9., die noch im Pilica—Weichsel-Winkel sicherte. Für Kavallerie gab es indessen zunächst östlich der Weichsel keine Verwendungsmöglichkeit, denn die Russen hielten die Vrückenkopfstellung noch fest umklammert. Stärkere Ansamm-
0 S. 404. — 2) S. 338 und 343.
^
Starke Gegenangriffe der Russen auf dem Ostufer der Weichsel.
409
lungen bei Zelechow, die von Fliegern gemeldet waren, ließen auf Fortsetzung ihrer Angriffe schließen.
Obwohl die G r u p p e K ö v e ß vor Iwangorod am 1. August und in der Nacht zum 2. Erfolge errungen und sich an die feindliche Vorstellung herangeschoben hatte, hielt der zähe Widerstand der Russen auf dem östlichen Weichsel-Ufer vor dem Landwehrkorps auch am 2. August an. Generaloberst von Conrad war nunmehr auf nochmalige Vorstellung des Generals von Falkenhayn geneigt, den Anträgen des Oberkommandos Woyrsch auf Verstärkung stattzugeben, und erklärte sich bereit, ihm die deutsche 47. Reserve-Division der ö.-u. 4. Armee, allerdings erst nach Erreichen des Wieprz, zuzuführen.
Auch der 3. August brachte noch keine fühlbare Entlastung. Zwar 3.biss.A«g«». zogen sich die Russen an diesem Tage am Südflügel des Landwehrkorps auf die Höhen östlich von Kruszyna zurück, nach wie vor hielten sie sich aber hartnäckig auf den Höhen südwestlich von Sobolew und Laskarzew am Ost-rande des Waldgebietes. Dagegen gelang es der Gruppe Köveß, sich an der Westfront von Iwangorod in den Besitz der russischen Vorstellung an der Straße Gniewoszow—Slowiki zu setzen. Gegen Abend schienen Sprengungen und Brände in Iwangorod auf die Räumung der Festung hinzudeuten. In der Nacht zum 4. August gaben die Russen tatsächlich die Westfront von Iwangorod preis und zogen sich auf das Ostufer der Weichsel in die Stadt und in einige veraltete, schon im Frieden aufgelassene Werke zurück. Generaloberst von Woyrsch ordnete daraufhin auf Anweisung der ö.-u. Heeresleitung die Bereitstellung einer Division der Gruppe Köveß zum Äbergang bei Kozienice an; gleichzeitig befahl aber Generaloberst von Conrad im Einvernehmen mit General von Falkenhayn, daß die deutsche 47. Reserve-Division angesichts der „veränderten Lage bei Iwangorod" bei der ö.-u. 4. Armee zu verbleiben habe.
Auch in den nächsten Tagen vermochte das Landwehrkorps den feindlichen Widerstand noch nicht völlig zu brechen. Immerhin wurden örtliche Fortschritte erzielt. Im Laufe des 4. August nahm der linke Flügel das hartnäckig verteidigte Damirow, in der Nacht zum 5. August wurde auch nach Norden Raum gewonnen und damit der 22. Landwehr-Brigade endlich Luft geschafft, die sich, eng an die Weichsel angeklemmt, tagelang starker russischer Angriffe hatte erwehren müssen. Auch in der Mitte gelang es, in die Höhenstellung südwestlich von Laskarzew einzubrechen und Vudy zu besetzen.
Die Gruppe Köveß indessen versuchte vergeblich, das Ostufer bei Iwangorod zu gewinnen. Da die ö.-u. 35. Infanterie-Division am Morgen des 5. August ihre Versammlung bei Kozienice beendet hatte, beabsichtigte Generaloberst von Woyrsch nach kurzer Pause den Angriff auf dem Ostufer
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Die Offensive der Verbündeten auf Brest Litowsk.
L. August.
wieder aufzunehmen. Die inzwischen eingetretene Änderung der Gesamtlage ließ es hierzu nicht mehr kommen.
Nach der Einnahme von Warschau4) durch die 9. Armee griff General von Falkenhayn seinen schon früher geäußerten Plan wieder auf, die 9. Armee und die Armee-Abteilung Woyrsch zu einer Heeresgruppe unter dem Vefehl des Generalfeldmarschalls Leopold Prinzen von Bayern zu vereinigen^). Generaloberst von Conrad stimmte nunmehr zu. Die entsprechenden Befehle wurden unverzüglich am 5. August erlassen. Die neue Heeresgruppe wurde der deutschen Obersten Heeresleitung unmittelbar unterstellt und erhielt die operative Aufgabe, mit allen Mitteln gegen und über die Linie Lukow—Siebtee vorzustoßen^).
Der Befehlsbereich der neugebildeten Heeresgruppe Prinz Leopold von Bayern reichte längs der Weichsel von der Gegend dicht südlich von Iwangorod bis vor die Südsront von Nowogeorgiewsk und zählte auf dieser etwa 150 Kilometer langen Strecke zunächst 9%| Infanterie- und vier Kavallerie-Divisionen, davon zwei bzw. drei des ö.-u. Heeres. Generalfeldmarschall Prinz Leopold gab für das weitere Vorgehen dem rechten Flügel der Armee-Abteilung Woyrsch die Richtung auf Lukow. Mit den Hauptkrüften der 9. Armee sollte der Kommandierende General des XXV. Reservekorps, General von Scheffer-Voyadel, bei oder südlich von Warschau den Übergang über die Weichsel erzwingen. Gegen die Süd-front von Nowogeorgiewsk sollte nur die aus Landwehr und Landsturm bestehende Abteilung Westernhagen stehenbleiben. Sie schied, auf eine Division verstärkt, auf Antrag des Oberbefehlshabers Ost am 7. August aus dem Armeebereich aus und wurde für den Angriff aus die Festung dem General von Veseler mit unterstellt4).
5. Die Verfolgung zwischen Bug und Weichsel im ersten Drittel des August.
Karten 6 und 7, Skizze 24.
Inzwischen hatte sich der Feind, der der Heeresgruppe Mackensen zwischen Bug und Weichsel gegenüberstand, am 1. August wiederum durch rechtzeitiges Ausweichen dem ihn bedrohenden Schlage entzogen. Auch
1) S. 340. — 2) S. 345/346. — 3) S. 398 f.
4) Damit bestand die Heeresgruppe Prinz Leopold von Bayern aus: Armee-Abtlg. Woyrsch: ö.-u. XII. Korps (16. und 35. I.D.); Ldw. D. Bredow, Ldw.-Korps (3. und 4. Ldw. D.); ö.-u. 7. und ö.-u. 9. K. D. — 9. Armee: zgs. XXV. R. K. (49. R. D. und 84. Z. D.); Ldst. D. Gereke (in den nächsten Tagen aufgelöst); 5. R. D.; Kav.-Korps Frommel (9. und ö.-u. 2. K. D., letztere seit 7. August, vorher bei Armee-Abtlg. Woyrsch).
Rückzug der Russen nach Norden.
411
östlich des Bug ging er nunmehr zurück. Nur an und östlich der Weichsel gegenüber der ö.-u. 4. Armee und der Armee-Abteilung Woyrsch hielt er noch stand. General von Seeckt meldete der Obersten Heeresleitung, die Armeen würden zunächst auf der ganzen Front dem Feinde nachdrücken, bis sie auf ernsten Widerstand träfen, dessen Überwindung besonderer Vorbereitung bedürfe.
Die ö.-u. 1. Armee ließ das Kavalleriekorps Heydebreck zwischen Krylow und Slipcze den Vug überschreiten und sandte es dem in Richtung auf Wladimir Wolynsk zurückgehenden Gegner nach. Die Vug-Armee besetzte Horodlo und Dubienka am Vug und schob ihren linken Flügel in starken Märschen auf tiefsandigen Wegen bis über Cholm nach Norden. Die Verfolgung der 11. Armee stieß in der Linie Ochoza—Wieprz südlich von Lenczna auf neuen Widerstand. Die ö.-u. 4. Armee gewann nur am linken Flügel beiderseits von Kurow etwas Raum.
Die Lufterkundung erbrachte den Eindruck, daß die Hauptkräfte der Russen westlich des Vug im Abzüge auf Wlodawa begriffen, auf dem Wege dorthin aber noch an mehreren Abschnitten starke Stellungen besetzt seien. Da viel Artillerie, anscheinend wohlversehen mit Munition, aufgetreten war, glaubte das Oberkommando Mackensen, daß Kräfte zweiter Linie die geschlagenen Korps aufgenommen hätten.
Ant 2. August verstärkte die ö.-u. 1. Armee ihren Druck östlich des Bug, indem sie rechts von dem bis zum Vach-Abschnitt Grzybowica—Uscilug vorgedrungenen Kavalleriekorps die Gruppe Szurmay von Zdzary aus in nördlicher Richtung vorgehen ließ. Die Vug-Armee kam über Uchanka und an der Vahn und Straße Cholm—Wlodawa vorwärts. Bei der 11. Armee warf an diesem Tage nur der linke Flügel, das durch die 119. Infanterie-Division verstärkte X. Armeekorps, den Feind bis über den Swinka-Bach östlich von Lenczna zurück.
Unter dem Eindruck ihres Mißerfolges wichen aber die Russen am 3. August vor der ganzen Front der 11. Armee weiter aus. Diese folgte bis zur Linie Koziagora—Lenczna, auch der rechte Flügel der ö.-u. 4. Armee schloß steh' an. Deren linkem Flügel gegenüber blieb jedoch der feindliche Widerstand nördlich von Kurow und an der Weichsel immer noch stark.
Aus Bränden von zahlreichen Ortschaften, planmäßigen Straßen- und Vrückenzerstörungen, dem Abbau vieler Funkenstationen und anderen Anzeichen schloß das Oberkommando der Heeresgruppe, daß der Feind ungeachtet der noch an vielen Stellen geleisteten örtlichen Gegenwehr doch den Rückzug seiner Gesamtfront zielbewußt fortsetzte und es auf einen Entscheidungskamps nicht mehr ankommen lassen wollte. Dieser Eindruck bestätigte sich am 4. August, indem die Ruffen nicht nur im Raume zwischen
2. UNd 3. August.
U August.
412
Die Offensive der Verbündeten auf Brest Litowsk.
Vug und Weichsel, sondern auch auf dem östlichen Bug-Ufer vor dem linken Flügel der ö.-u. 1. Armee weiter auswichen. Die Armeen der Verbündeten folgten.
In einer Meldung an die Oberste Heeresleitung bezeichnete Generalfeldmarschall von Mackensen als seine Aufgabe, „Vorstoß mit starken Kräften nach Norden, gleichgültig, ob dies den Feind erst endgültig zum Aufgeben seiner Stellungen an der Weichsel bewegen oder ob er die südliche Flanke des Rückzuges treffen soll. Hauptrichtung des Stoßes über Parczew gegen die Bahn Warschau—Brest Litowsk. Dazu zunächst Links-vorwärtsschieben der 11. Armee, um Stellungen hinter Wieprz und Tysmie-nica aufzurollen und gleichzeitig freieres Operationsgelände zu gewinnen, als es ein frontales Folgen bietet. Breitere Front 1. Armee wird nach Abzug des Feindes für ausreichend gehalten, nachdem 13. russische Armee nach Norden gezogen wird. Bug-Armee verlängert nach links, um zunächst gegen Wlodawa zu decken, tritt dann erneut Richtung Wlodawa an. 11. Armee soll Hauptstoß über Ostrow—Parczew beiderseits der Tysmienica führen, 4. Armee in Hauptrichtung Kock gegen Linie Wohyn—Lukow vorgehen und Anschluß an Woyrsch gewinnen, dessen Marschrichtung auf Siedlce angenommen wird."
Generalfeldmarschall von Mackensen glaubte also, einen schnelleren und damit auch größeren Erfolg erringen zu können, wenn er den Schwerpunkt seines Vorgehens nicht, wie bisher beabsichtigt, in nordöstliche Richtung aus Wlodawa, sondern in nördliche auf Parczew legte. Durch die hierzu erforderliche Linksschiebung der 11. Armee wollte er gleichzeitig der Bug-Armee die Möglichkeit geben, das frontal schwer zu überwindende, von Sumpfstreifen durchzogene Waldgebiet südwestlich von Wlodawa mit Teilen links zu umgehen, und auch der ö.-u. 4. Armee den Übergang über die schwierigen Flußabschnitte des Wieprz und der Tysmienica öffnen. Das Oberkommando hielt die große Rückzugsbewegung des Feindes hinter den Vug noch keineswegs für so weit fortgeschritten, daß ein kraftvoll geführter Stoß nach Norden die Südflanke nicht mehr wirksam treffen könnte. Cs sah auch jetzt noch in möglichst engem operativen Zusammenwirken mit der Armee-Abteilung Woyrsch und der 12. und 8. Armee die sicherste Gewähr für einen großen Erfolg gegen den Hauptteil der russischen Streitkräfte in Polen. Durch Armeebefehl von 1030 vormittags wurde angeordnet, die entsprechende Umgruppierung im weiteren Vorgehen noch am 4. August einzuleiten.
Die Austastung des Generalfeldmarschalls von Mackensen deckte sich mit der des deutschen Chefs des Generalstabes des Feldheeres, während Generaloberst von Conrad jetzt der gesamten Heeresgruppe die Richtung
Linksschiebung der 11. Armee.
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nach Nordosten gegeben totsten wollte, da der Feind im Begriff zu stehen schien, auch seine Weichsel-Front preiszugeben, die Kämpfe also auf der ganzen Linie in eine operative Verfolgung überleiteten. Cr schlug daher am 4. August in einem Telegramm an General von Falkenhayn vor, der ö.-u. 4. Armee die allgemeine Richtung auf Parczew, der 11. Armee auf Wlodawa anzuweisen und die Bug-Armee auf das östliche Bug-Ufer zu nehmen. Obwohl auch General Tappen für diesen Gedanken eintrat, verhielt sich General von Falkenhayn ablehnend mit der Begründung, daß dadurch die von Generalfeldmarschall von Mackensen in nördlicher Richtung bereits angeordnete und eingeleitete „einträgliche Verfolgung" gestört würde.
Die ö.-u. 1. Armee erreichte am 4.August befehlsgemäß mit der Gruppe Szurmay den Lug und überschritt diesen Fluß mit dem Kavallerie-korps Heydebreck bei Wladimir Wolynsk und Uscilug. Die Armee Hatte die Bug-Sicherung bis Dubienka durch die ihr unterstellte ungarische 11. Kavallerie-Division zu übernehmen.
Der Oberbefehlshaber der Bug-Armee, General von Linsingen, hielt angesichts der Tatsache, daß der Feind nicht nur vor seiner Front, sondern auch östlich des Bug in nördlicher Richtung zurückging, ein Übergreifen seines rechten Flügels auf das jenseitige Bug-Ufer zum Zweck des Zusammenwirkens mit dem Kavalleriekorps Heydebreck für wirksamer als die Fortsetzung der Verfolgung mit allen Kräften diesseits des Flusses. Er hatte daher dem XXXXI. Reservekorps befohlen, „auf der Linie Uscilug—Dubienka den Bug zu forcieren und gegen Luboml und westlich davon vorzugehen". Dieser Auftrag mußte nach Eintreffen des Befehls der Heeresgruppe rückgängig gemacht werden. Das XXXXI. Reservekorps wurde nunmehr mit der Maste dem rechten Armeeflügel nachgeführt, um später hier zum Einsatz zu gelangen. Die gesamte Armeefront vollzog im Vorschreiten die befohlene Linksschiebung und erreichte nach Ablösung des ö.-u. VI. Korps und von Teilen des Gardekorps mit dem linken Flügel Garbatowka.
Die 11. Armee bildete drei Stoßgruppen unter den Generalen Freiherr von Plettenberg (Gardekorps und 22. Infanterie-Division), von Falkenhayn (44. Reserve-Division und ö.-u. VI. Korps) und von Emmich (Korps Kosch und X. Armeekorps mit Garde-Kavallerie-Division). Als Armeereserven folgten hinter dem rechten Flügel die 43. Reserve-Division, hinter dem linken Flügel die 119. und 103. Infanterie-Division. Bis zum Abend erreichte die Armee die neue schmale Front Garbatowka—Czernie-jow am Wieprz.
Die ö.-u. 4. Armee sollte ihr Vorgehen mit dem rechten Flügel auf
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Die Offensive der Verbündeten auf Brest Litowsk.
Lubartow zunächst noch fortsetzen, dann aber Kräfte hinter der im Vor-marsch nach Norden befindlichen 11. Armee über den Wieprz ziehen, um dadurch sich selbst den Übergang über den Fluß mit der Hauptrichtung auf Kock zu öffnen. Die Armee kam am 4. August dicht an Lubartow heran und erreichte im übrigen die Linie Samokleski—Wronow. Westlich der Weichsel gab der Feind bereits den Festungsbereich von Iwangorod frei1).
Aus den über den Rückzug der Rüsten einlaufenden Crkundungsergeb-nissen schälte sich im großen jetzt deutlich das Bild einer Trennung ihrer Streitkräfte aus den Kriegsschauplätzen in Südpolen und Ostgalizien heraus. Der rechte Flügel der russischen Südwestfront (8. Armee) stand noch bei Sokal am Vug. Der linke Flügel der Nordwestfront (13. Armee) aber war in nördlicher Richtung aus Kowel ausgewichen. In der entstandenen Lücke zwischen beiden Fronten sollten sieben russische Kavallerie-Divisionen zusammengezogen sein.
s.btss.August. An den folgenden Tagen wurden die befohlenen Verschiebungen fortgesetzt. Der Feind zog sich im Raume zwischen Vug und Weichsel, zum Teil unter zähen und geschickten Nachhutkämpfen, weiter auf eine von Fliegern in Linie üchrusk (am Bug)—Ostrow—Lauf der Tysmienica und des unteren Wieprz erkannte starke Stellung zurück. Gegen diese schoben sich die Armeen kämpfend heran. Von entscheidender Bedeutung wurde am 7. August ein Erfolg des rechten Flügels der ö.-u. 4. Armee, der über Lubartow an der Straße nach Kock bis Firlej führte. Dadurch erübrigte sich das am 4. August befohlene Hinübergreifen hinter der 11. Armee in den Raum jenseits des Wieprz. Aus eigener Kraft konnte nun der rechts Flügel beiderseits von Lubartow das Ostufer des Wieprz gewinnen. In Erweiterung dieses Erfolges gelangte am 8. August die 4. Armee auf ihrer Gesamtfront bis an den unteren Wieprz, trat also mit ihrem linken Flügel bereits in den inzwischen vom Feind geräumten Festungsbereich von Iwangorod. Auch zwischen der Tysmienica und dem Wieprz konnte an diesem Tage der linke Flügel der 11. Armee entsprechend vorschwenken. Am 9. August waren die notwendigen Verschiebungen bei ihr abgeschlossen. Sie ging auch östlich der Tysmienica unter Kämpfen näher an die Stellung des Feindes heran. Die linke Nachbararmee aber konnte Mitte und linken Flügel bereits über den Wieprz hinaus vorführen.
Dieses schnelle Vorrücken der ö.-u. 4. Armee stand im Zusammenhang mit den Vorgängen, die sich inzwischen an der Front der Heeresgruppe Prinz Leopold ereignet hatten. Schon am 7. August hatte sich dort aus aufgefangenen Fünksprüchen der Eindruck ergeben, daß der Gegner, wie
General von Linstngen hält Schwerpunkt am Bug für wirksamer.
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vor der links benachbarten Armee GallwihP so auch vor der 9. Armee, den Rückzug fortgesetzt habe, mit den Hauptkräften bereits bei Garwolin, Nowo-Minsk und Stanislawow stehe und an der Weichsel nur noch schwache Nachhuten habe. In der Nacht zum 8. August war es der 84. Infanterie-Division, der 49. Reserve-Division und der Division Gereke gelungen, bei Warschau mit Teilen das Ostufer des Stromes zu gewinnen. Schwacher Feind wich ostwärts aus; man begann mit dem Vau einer Kriegsbrücke in Warschau, über die am Morgen des 9. August der Übergang begann. Inzwischen war der Gegner seit der Nacht zum 8. August auch vor der Armee-Abteilung Woyrsch im Rückzüge; diese selbst folgte ihm und gelangte am 9. August mit der Landwehr bis in die Gegend von Stanin und nördlich, mit der auf dem rechten Flügel befindlichen Gruppe Köveß über Rossosz hinaus.
Am 10. August sehte die ö.-u. 4. Armee nördlich des Wieprz im Zu- io. August, sammenhange mit dem rechten Flügel der Heeresgruppe Prinz Leopold ihre Rechtsschwenkung über Kock und an die obere Vystrzyca fort. Auch vor der Gruppe Cmmich der 11. Armee gab der Feind freiwillig das westliche Äser der Tysmienica preis. Sie schickte sich daraufhin zum flankierenden Angriff über die durch Anstammgen weithin überflutete Niederung des Fluffes an.
Die Vug-Armee dagegen konnte in diesen Tagen in schwierigem Sumpfgelände besonders gegen die Höhenstellungen zwischen 23ahn und Straße Cholm—Wlodawa nördlich der Ucherka unter schweren, verlustreichen Angriffskämpfen nur geringe Fortschritte machen. Schon am 6.August hatte General von Linsingen versucht, im Sinne seiner früheren Beurteilung der strategischen Lage^) bei Generalfeldmarschall von Mackensen eine Kräfteverschiebung nach dem rechten Heeresflügel zu erwirken. Cr führte aus, daß den Russen eine Niederlage nur durch einen „schnellen und kräftigen Vorstoß auf beiden Ufern des Bug oder wenigstens doch auf westlichem Ufer" bereitet werden könne. Cin Vordringen des linken Flügels oder der Mitte der zwischen Vug und Weichsel operierenden Armeen würde die Flanke des feindlichen Rückzuges nicht mehr treffen. Vielmehr würde der Gegner in starken Stellungen unmittelbar westlich des Vug den verhältnismäßig schwachen Kräften des deutschen rechten Flügels so lange Widerstand leisten, bis der Abzug seiner Hauptmassen über diesen Stromabschnitt durchgeführt wäre. General von Linsingen bat daher, die Vug-Armee durch Verstärkung um ein bis zwei Armeekorps oder durch Verkürzung ihrer Front in die Lage zu versehen, mit starken Kräften den Durchbruch hart westlich des Vug so schnell als möglich zu erzwingen.
0 S. 352. — 2) S. 390 und 413.
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Die Offensive der Verbündeten auf Brest Litowsk.
Diesen Vorstellungen seines Unterführers gegenüber verharrte Generalfeldmarschall von Mackensen in Übereinstimmung mit dem Chef des Generalstabes des Feldheeres auf seinem Standpunkt. „Ich erachte", so antwortete er, „nach wie vor den Stoß einer starken Mitte für angezeigt, da er die besten Aussichten auf ein schnelles Fortschreiten der Offensive bietet. Diese muß erst den noch nicht völlig zum Weichen gebrachten Feind zum Rückzug zwingen und muß möglichst schnell seine südliche Rückzugsflanke erreichen. Ich verspreche mir von einem Vorgehen beiderseits des Vug nicht diese Schnelligkeit des Erfolges. Außerdem kann das Vorgehen der Vug-Armee durch Vorstoß feindlicher Kräfte in unsere rechte Flanke zum Stehen gebracht werden. Die 11. und 4. Armee vor solcher Einwirkung zu sichern, ist die Aufgabe der Vug-Armee. Wenn es ihr außerdem noch gelingt, mit ansehnlichen Kräften über Wlodawa vorzustoßen, so wird sie die Operation der 11. Armee wesentlich unterstützen." Auch der Generalstabschef, General von Seeckt, gab in einem Ferngespräch mit General Tappen am 6. August der Hoffnung Ausdruck, durch Fortführung der Operationen in den befohlenen Richtungen den Feind „noch vor Brest Litowsk zu fasten".
Der Oberbefehlshaber der russischen Nordwestfront hatte sich schon am 3. August angesichts der gefahrvollen Gesamtlage entschlossen, seine 12., 1., 2., 4. und 3. Armee, dem konzentrischen Druck der Verbündeten nachgebend, in die Linie Lomza—OstronL)—Kock—Opalin .zurückzunehmen. Am 10. August sah er sich gezwungen, die Fortsetzung dieser Bewegungen bis in die Linie Osowiec—Wizna—Ciechanowiec—Drohi-czyn—Miendzyrzec—Wlodawa anzuordnen, während die 13. Armee östlich des Vug dem Druck einer operativen Umfassung, gegen Flanke und Rücken der verkürzten Front zu widerstehen und gleichzeitig durch Kavallerie die Verbindung zur russischen Südwestfront aufrechtzuerhalten hatte.
6. Die Verfolgung vom bis J6. August.
Karten 6 und 7, Skizze 24.
Bereits am 3.August hatte General von Falkenhayn dem ö.-u. Generalstabsches mitgeteilt, er sähe die gemeinsame Aufgabe der Verbündeten auf dem östlichen Kriegsschauplätze als gelöst an, sobald durch die Verfolgungsoperation die allgemeine Linie Vug—Brest Litowsk—Grodno erreicht sein würde1’). Alsdann müßten so starke Kräfte aus anderen Kriegs-
1) Oftrott) südlich von Lomza.
2) S. 483. Der Oberbefehlshaber Ost erhielt diese Mitteilung erst am 18. August.
Generaloberst von Conrad schlägt Verfolgung nach Nordosten vor.
417
schauplätzen verwendet werden, daß sich im Osten ein Veharrungszustand unter Trennung der Operationsgebiete der Verbündeten ergeben würde. Am 5. August hatte sich Generaloberst von Conrad grundsätzlich mit dieser räumlichen Zielsetzung einverstanden erklärt, aber auch der Ansicht Ausdruck gegeben, daß ein Verbleiben der russischen Front in Galizien, 40 Kilometer von Lemberg entfernt, auf die Dauer nicht geduldet werden dürfe, und angekündigt, daß er entweder im Zusammenhange mit der jetzigen Operation oder im Anschluß an sie ein Vorschieben der eigenen Front östlich des Vug und in Galizien anstreben werde.
Wenige Tage darauf, am 8. August, legte er seinerseits der deutschen Obersten Heeresleitung einen ausführlichen Vorschlag für die Fortsetzung der gemeinsamen Operationen im Osten vor. Cr hielt darin an dem bisherigen strategischen Ziele fest, durch konzentrischen Druck von Nordwesten, Westen und Süden die Rüsten im Vogen Narew—Weichsel—Wieprz— Wlodawa „gründlichst zu schlagen". Da der Feind jedoch bemüht sei, sich unter zähem Widerstand auf seinen Flanken der Umklammerung durch schleunigen Rückzug zu entziehen, müffe die Heeresgruppe Mackensen nunmehr die allgemeine Richtung nach Nordosten auf BrestLitowsk nehmen, wobei der Druck der Vug-Armee auf dem äußeren Flügel durch Zuführung der deutschen 47. Reserve-Division verstärkt werden könne. Von einem Hinübergreifen dieser Armee auf das östliche Ufer, wozu Generaloberst von Conrad früher mehrmals geraten hatte, war diesmal freilich nichts gesagt. Cs mußte sich aber zwangsläufig aus der Richtungsänderung der Heeresgruppe nach Nordosten ergeben. Auch beabsichtigte Generaloberst von Conrad, die ö.°u. 1. Armee zum Angriff in der Richtung auf Kowel schreiten zu lassen und sie hierzu aus der 4. Armee weiter zu verstärken^). Teile der russischen 13. Armee befänden sich anscheinend im Abtransport von Kowel, während die russische 8. Armee ihre Front am Vug nordwärts ausdehne. Gleichzeitig mit der 1. Armee wollte er dann auch noch die 2. und die Südarmee mit ihren inneren Flügeln gegen die Linie Vialykamien— Zloczow—Zborow offensiv werden lasten.
Die Antwort des Generals von Falkenhayn am 9. August verriet bereits eine gewiste Ansicherheit: Rach seiner Ansicht werde die Heeresgruppe Mackensen bei Fortführung der im Gange befindlichen Verfolgung von selbst in die gewünschte Richtung nach Nordosten kommen. Von einer Ausgabe neuer Weisungen an sie im jetzigen Augenblicke besorgte er indessen eine unerwünschte Verzögerung, während größte Cile geboten sei.
a) Bereits ant 5. August hatte Generaloberst von Conrad der ö.°u. 4. Armee die Abgabe des ö.°u. X. Korps an die ö.-u. 1. Armee befohlen-t Weltkrieg. VIII. Band 27
418
Die Offensive der Verbündeten auf Brest Litowsk.
Deswegen wollte er auch die Vug-Armee so schnell als möglich diesseits des Vug nach Norden vorgehen laßen. Hierbei sprach zweifellos seine schon früher betonte Besorgnis vor den Geländeschwierigkeiten der Rokitno-Gürnpfe1) mit. Mit den übrigen Vorschlägen und Absichten erklärte er sich unter gewissen Vorbehalten einverstanden. Umgehend wurde Generaloberst von Conrad aufs neue vorstellig: Nur durch starken Stotz des rechten Flügels der Heeresgruppe Mackensen sei jetzt noch ein Erfolg zu erreichen, was um so schwerwiegender sei, da der Gegner sich durch Rückzug täglich mehr dem Flankenstoße entzöge. Ein Zeitverlust könne durch eine neue Weisung nicht entstehen, da ja vorerst der Angriff auf die jetzige russische Stellung durchzuführen sei.
Auf die am Morgen des 10. August eintreffende Meldung, daß die Rußen nunmehr auch vor dem rechten Flügel der ö.-u. 4. Armee zurückgingen, wandte sich Generaloberst von Conrad nochmals an General von Falkenhahn mit dem dringenden Ersuchen um Änderung der Operationsrichtung für die Heeresgruppe Mackensen, da sonst nicht nur die 4., sondern auch die 11. und Vug-Armee vor die Front, statt in die Flanke des Feindes kommen würden. In einer persönlichen Aussprache, zu der Generaloberst von Conrad dann nach Pleß fuhr, vertrat indessen General von Falkenhayn den Standpunkt, „daß es bei der Erschöpfung der Truppen und den Gelände- bzw. Nachschubschwierigkeiten unendlich weniger wichtig sei, wo die 11. und die Vug-Armee durchstießen, als daß es ihnen überhaupt an irgendeiner Stelle wirklich gelinge". Als während dieser Besprechung die Nachricht einlief, daß der Gegner jetzt auch vor dem linken Flügel der 11. Armee zurückginge, war es Generaloberst von Conrad leicht, nachzuweisen, daß damit die Voraussetzungen für den Stoß der 11. Armee in nördlicher Richtung auf Parczew hinfällig geworden seien. General von Falkenhayn willigte nunmehr ein, daß der Heeresgruppe Mackensen die Richtung nach Nordosten auf Brest Litowsk gegeben wurde. Die 4. Armee sollte mit ihrem linken Flügel über Radzyn auf Viala, die 11. Armee mit ihrem linken Flügel über Parczew auf Lomazy, die Vug-Armee mit ihrem rechten Flügel im Flußtal nach Norden vorgehen.
Generalfeldmarschall vonMackensen erließ daraufhin entsprechende Befehle. Auch ordnete er an, daß die 4. Armee eine ö.-u. Division an die 1. Armee und die deutsche 47. Reserve-Division an die 11. Armee abgeben sollte, die ihrerseits dafür die 22. Infanterie-Division der Bug-Armee zu überweisen hatte. Die 1. Armee erhielt einen doppelten Auftrag je nach dem Verhalten der im Raume um Kowel versammelten ruf«
Die Verfolgung drückt nur mühsam nach.
419
fischen 13. Armee. Generalfeldmarschall von Mackensen rechnete damit, daß diese Armee zur Erleichterung und Entlastung des Rückzuges der russischen Hauptkräfte hinter den Vug von Kowel aus offensiv werden könnte. Stieß sie nach Westen gegen die rechte Flanke der Bug-Armee vor, so sollte sie selbst von der 1. Armee in der Flanke angegriffen werden, richtete sich hingegen ihr Vorstoß nach Südwesten gegen die 1. Armee, so hatte diese ihn am Lug- und Bug-Abschnitt abzuwehren, während die Bug-Armee dann Gelegenheit zu flankierendem Eingreifen über den Vug finden konnte. Für den dritten Fall, daß die russische 13. Armee überhaupt nicht offensiv wurde, erhielt die 1. Armee keine neue Anweisung.
Die nächste Aufgabe der Heeresgruppe Mackensen war freilich noch rein taktischer Art: es galt, den Feind aus seinen dicht gegenüber-liegenden Stellungen hinauszuwerfen. Die Kraft der Bug-Armee reichte indessen auch am 11. August nicht aus, um den Widerstand der Russen in den an den Vug angelehnten starken Höhenstellungen nördlich der Acherka und in den Sumpfniederungen beiderseits der Straße Garbatowka—Wlo-dawa zu brechen. Auch der 11. Armee gelangen östlich der Tysmienica trotz tapferen Anpackens nur unbedeutende Teilerfolge. Eine Entlastung dieser Front durch den beabsichtigten Flankenangriff der Gruppe Cmmich über die Tysmienica trat nicht ein, da es ihr nicht glückte, die versumpfte Niederung zu überwinden. Vor der ö.-u. 4. Armee hingegen gab der Feind kampflos die Vystrzyca oberhalb von Offowno auf.
Die auf dem rechten Flügel der Heeresgruppe Prinz Leopold befindliche Armee-Abteilung Woyrsch besetzte Lukow und gelangte bis nahe an Siedlce heran. Sie sollte auf Befehl der Obersten Heeresleitung die Verfolgung nördlich der Bahn Lukow—Brest Litowsk fortsetzen, „um einen Abmarsch des Gegners aus der Gegend westlich des Sumpfgebietes des Pripjet in nordöstlicher Richtung zu verhindern"*). Die mit dem linken Flügel über Wengrow ausgreifende 9. Armee traf am Kostrzyn-und Liwiec-Abschnitt auf hartnäckigen Widerstand. Die Verhältnisse ge-stalteten sich hier infolge der geschickten Rückzugsmaßnahmen der Rüsten ganz ähnlich wie bei der links benachbarten 12. Armee: die Verfolgung trug das Gepräge mühsamen und zeitraubenden Vordrückens von Abschnitt zu Abschnitts.
An der Front der Heeresgruppe Mackensen erübrigte sich die Durchführung der Angriffe am 12. August, da der Feind vor der Vug-und 11. Armee auswich. Als in den Morgenstunden die Lufterkundung umfangreiche Abmärsche nach Norden und Nordosten festgestellt hatte, befahl
9 S. 360. — 2) S. 358 ff.
27*
11. August.
12. August.
420
Die Offensive der Verbündeten auf Brest Litowsk.
13, August.
Generalfeldmarschall von Mackensen der Bug-Armee, nach Norden auf Wlodawa vorzustoßen. Auch sollte sie jetzt Kräfte zur Verwendung in nordöstlicher Richtung jenseits des Bug aussparen. Die Verfolgung kam aber an den großen Straßen auf Wlodawa schon vor Macoszyn und Vrufl wieder zum Stehen. Die Artillerie hatte in dem schwierigen Gelände nicht rechtzeitig folgen können. Auch die 11. Armee, bei der mit Schmalerwerden der Front starke Teile (XXII. Reservekorps, ö.-u. VI. Korps, X. Armeekorps, 47. Reserve-Division) in zweite Linie genommen wurden, stieß nach Durchschreiten der vorliegenden Waldzone vor ilchnin und südlich von Par-czew wieder auf Feind. Den inneren Flügeln der 11. und 4. Armee glückte es auch heute noch nicht, über die Tysmienica westlich von Parczew hinüberzukommen. Der linke Flügel der 4. Armee hingegen schwenkte schon ganz nach Osten ein. Die Armee wurde angewiesen, zwei weitere Divisionen mit dem Generalkommando des ö.-u. IX. Korps an die 1. Armee abzugeben.
Bei der Heeresgruppe Prinz Leopold hatte das Vorgehen der Armee-Abteilung Woyrsch über Lukow—Siedlce hinaus die Wirkung, daß der Feind auch vor der 9. Armee seinen Widerstand am Kostrzyn-Abschnitt und weiter nördlich aufgab.
Bereits am Abend des 11. August hatte General vonFalkenhayn den ö.-u. Generalstabschef um Anweisung an die Heeresgruppe Mackensen gebeten, ihren linken Flügel der Vorwärtsbewegung der Heeresgruppe Prinz Leopold anzupasten. Generaloberst von Conrad hatte daraufhin, über die tags zuvor in Pleß getroffenen Vereinbarungen hinausgehend, für die ganze Heeresgruppe Mackensen im Sinne überholender Verfolgung eine scharfe Rechtsschwenkung gegen den Bug angeordnet. Das Armee-Oberkommando 11 bestimmte nunmehr als Grenzen für das Vorgehen seiner Armee nach rechts die Linie Piesia Wola—Suszno am Bug (nördlich von Wlodawa), nach links die Linie Parczew—Rozwadowka. Hiergegen erhob General von Falkenhayn am nächsten Vormittage im Armee-Hauptquartier Lublin, wohin er sich zu mündlicher Rücksprache mit Generalfeldmarschall von Mackensen begeben hatte, Einspruch und setzte, der Vereinbarung vom
10. August entsprechend*), als Vormarschrichtung für den linken Flügel der
11. Armee die Linie Parczew—Lomazy fest. Als Aufgabe aller Armeen bezeichnete er das möglichst schnelle Erreichen der Straße Slawatycze— Radzyn, um den vor der Heeresgruppe Prinz Leopold zurückweichenden Feind noch in der Flanke fassen zu können.
Wider Erwarten setzten die Russen in der Nacht zum 13. August den Rückzug auch unmittelbar westlich des Bug fort. General von Linsingen
i) S. 418.
General von Falkenhayn erhofft noch große Erfolge vor Brest Litowsk.
421
erbat eine weitere Verstärkung seiner Armee, da die Flußsicherung sich bei dem schnellen Fortschreiten nach Norden immer weiter dehnen müßte. Daraufhin wurde das hinter dem linken Flügel der 11. Armee in Reserve folgende X. Armeekorps mit der Garde-Kavallerie-Division zur Ablösung des XXXXI. Reservekorps an den Vug entsandt. In starken Märschen, bei denen das Gelände und die vom Feinde vorgenommenen Straßen- und Vrückenzerstörungen oft größeren Aufenthalt bereiteten als der Widerstand seiner Nachhuten, erreichten die drei westlich des Bug verfolgenden Armeen der Heeresgruppe Mackensen am 13. August die Linie Rozanka (nördlich von Wlodawa)—Rudno—Gegend südwestlich von Miendzyrzec. Zier schloß der rechte Flügel der Heeresgruppe Prinz Leopold an, deren linker Flügel sich südlich der Nurec-Mündung dem mittleren Vug näherte.
In der Absicht des Generalfeldmarschalls von Mackensen lag es, die Bug-Armee westlich des Stromes noch bis Koden vorgehen zu laßen. Die 11. Armee sollte die Linie Koden—Perkowice an der Bahn nach Brest Litowsk erreichen und gegen die Festung vorfühlen. Damit fiel der Bug-Armee als späteres Operationsfeld der Raum östlich des Vug zu. Für die ö.-u. 4. Armee blieb dann kein Platz mehr in der Front der beiden Heeresgruppen. Sie konnte für andere Zwecke ausgeschieden werden.
Rach den Feststellungen der Flieger ging der Feind vor der Vug- und 11. Armee nach Norden, vor der 4. Armee nach Nordosten und vor der Heeresgruppe Prinz Leopold nach Osten zurück. General vonFalken-hayn schloß daraus, daß große Truppenmaffen im Raume nordwestlich von Brest Litowsk sich zusammenpressen würden, und hoffte, daß es bei allseitigem scharfen Nachdrängen der verbündeten Armeen glücken würde, große Teile des über den Bug zurückweichenden Feindes noch diesseits des Arwaldes von Vialowiez im Raume zwischen oberem Narew und mittlerem Bug zum Kampfe zu stellen, zum mindesten ihrem Rückzüge erheblichen Abbruch zu tun. Auf Grund dieser Auffafiung übersandte er abends folgende Weisung: „Heeresgruppe Mackensen hat unter Sicherung gegen Brest Litowsk mit dem linken Flügel 11. Armee von Lomazy über Viala auf Ianow zu gehen. Unternehmungen gegen die von Brest Litowsk nach Osten führenden Straßen werden empfohlen." Die Heeresgruppe Prinz Leopold wurde mit rechtem Flügel von Miendzyrzec auf Niemirow am Bug, mit dem Kavalleriekorps Fromme! in der allgemeinen Richtung auf Kleszczele angesetzt*). In dieser Weisung lag für die Heeresgruppe Mackensen aufs neue ein Wechsel der Operationsrichtung. Die 11. Armee hatte sich westlich an der Festung Brest Litowsk vorbei direkt nach Norden zu schieben.
422
Die Offensive der Verbündeten auf Brest Litowsk.
14. August.
15. August.
Auf ein Ausgreifen der Bug-Armee nach Osten über den Fluß wurde wieder verzichtet. Die Weisung war im Einvernehmen mit der ö.-u. Heeresleitung erlassen worden. Mithin hatte nun auch Generaloberst von Conrad die Absicht aufgegeben, jenseits des Bug östlich von Brest Litowsk einen fühlbaren Druck gegen die Südflanke und in den Rücken der feindlichen Rückzugsbewegung auszuüben. Dementsprechend mußte Generalfeldmarschall von Mackensen seine Anordnungen ändern. Der 11.Armee wurde als Ziel die Bug-Strecke Brest Litowsk—Ianow gesetzt, rechts sollte sie durch die Bug-Armee begleitet werden, der außerdem die angeregten Unternehmungen gegen die nach Osten führenden Straßen übertragen wurden. Die ö.-u. 4. Armee hatte sich, wenn auch auf immer schmaler werdender Front, noch an der Verfolgung bis zum Bug zu beteiligen^). Für alle drei Armeen galt es, dem nach Norden und Nordosten zurückflutenden Feinde auf den Fersen zu bleiben. Von einer Mitwirkung der ö.-u. 1. Armee durch Vorgehen jenseits des. Flusses nach Norden gegen die russische 13. Armee wurde Abstand genommen, da mit deren Gegenstoß nicht mehr gerechnet wurde. Die 1. Armee sollte sich auch nach dem Eintreffen der ihr zugeführten Verstärkungen vorerst auf das Halten ihrer Stellungen beschränken.
Indessen erwies sich bereits am 14. August, daß die russische Führung in richtiger Erkenntnis der drohenden Gefahr für eine starke Abwehrfront auf der Südflanke ihrer Rückzugsbewegung gesorgt hatte. Die drei Armeen der Heeresgruppe Mackensen kamen daher gegenüber den auf der ganzen Linie hartnäckig standhaltenden Nachhuten kaum vorwärts. Hinter dieser Widerstandslinie setzten die Masten der Russen ihren Abzug fort, östlich des Bug nach Norden, westlich des Flusses nach Osten auf Sla-watycze und Brest Litowsk und nach Norden über Ianow. Flieger fanden den Raum um Brest Litowsk stark mit Truppen belegt.
Am 15. August war die allgemeine Rückwärtsbewegung der Rüsten so weit gediehen, daß die nach Süden gerichtete Abwehrfront wieder ein Stück zurückgenommen werden konnte. Das bisher immer noch besetzte östliche Bug-Ufer gab der Feind jetzt auch nördlich von Dubienka frei. Am rechten Flügel der Bug-Armee konnten Teile des inzwischen durch das X. Armeekorps in der Flußsicherung abgelösten XXXXT. Reservekorps und der 22. Infanterie-Division, wenn auch unter harten Kämpfen, bei Wlodawa auf dem jenseitigen Ufer Fuß fasten. Flußabwärts kam die Armee bis über Slawatycze hinaus. Die 11. Armee folgte trotz größter Geländeschwierigkeiten dem geschickt ausweichenden Feinde bis zur Linie Tuczna—Krzna-
*) Das ö.-u. XIV. Korps schied aus der 4. Armee aus.
Die Russen setzen den planmäßigen Rückzug vor her Heeresgruppe Mackensen fort. 423
424
Die Offensive der Verbündeten auf Brest Litowsk.
7. Die Rümpfe um Brest Litowsk vom J7. bis 26. August.
Karten 6 und 7, Skizze 24.
Die verbündeten Heeresleitungen sehten am 16.August die Linie Niemirow—Tumin als Grenze zwischen beiden Heeresgruppen fest. Die Heeresgruppe Mackensen sollte mit ihrem linken Flügel im Verein mit der Heeresgruppe Prinz Leopold die Verfolgung ununterbrochen fortführen, im übrigen die Festung Brest Litowsk zunächst auf dem dies-seitigen, später auch an der Nordwestfront auf dem jenseitigen Vug-ilfer abschließen. Außerdem entschied General von Falkenhayn aus Anstage des Generals von Seeckt, daß größere Unternehmungen der Bug-Armee auf dem östlichen Ufer im Sinne der allgemeinen Lage nicht erwünscht seien. Zur Begründung führte er an: „Der Feind geht nicht freiwillig, sondern schwer geschlagen, obschon in außerordentlich geschickter Weise zurück. Trotzdem ist es möglich, daß er immer noch an eine Wendung der Lage durch einen Gegenstoß nach Art der Marne-Offensive denkt. Angesichts des Zustandes seiner 12., 1., 2., 4. und 3. Armee könnte er sich hierfür in der Hauptsache nur auf die jetzt im Nordmarsch durch die westliche Poljesje*) befindliche 13. Armee stützen. Auch ihr Eingreifen würde zum erhofften Ergebnis kaum führen. Cs ist aber nötig, daß sich Heeresgruppe Mackensen durch Verstärkung ihrer Stellungen längs des Bug oberhalb Brest Litowsk und später vor der Festung die Möglichkeit schafft, dadurch freiwerdende Kräfte als Staffel hinter den rechten Flügel der Teile zu ziehen, die den Stoß an der Festung vorbei über den Bug fortsetzen. Diese müffen möglichst stark gemacht werden, um rücksichtslos angreifen zu können." General von Falkenhayn teilte ferner die bereits Anfang August mit Generaloberst von Conrad getroffene Vereinbarung^) mit, daß die Fortsetzung der Verfolgungsoperation über die allgemeine Linie Brest Litowsk —Grodno zur Zeit nicht beabsichtigt sei, es sei denn, daß Aussicht bestände, durch kurzen Vorstoß über diese Linie hinaus dem Feinde noch erheblichen Schaden zuzufügen. Kleinere Unternehmungen über den Bug oberhalb von Brest Litowsk gegen die nach Osten führenden Verbindungen seien zu empfehlen. Dagegen fielen „Maßnahmen größeren Stiles in dieser Richtung aus dem Rahmen der Gesamtoperation". Der Chef des Generalstabes des Feldheeres entschied damit noch einmal im Sinne des operativen Gedankens, der ihn von Anbeginn der Offensive geleitet hatte.
Generalfeldmarschall von Mackensen wies darauf die Bug-Armee und 11. Armee auf starken Ausbau ihrer Cinschließungsstellungen hin und
1) Andere Bezeichnung für Rokitno-Sümpfe. — 2) ©. 416.
Rechtsschwenkung der Heeresgruppe Mackensen gegen Brest Litowsk. 425
entschloß sich, das kurz zuvor als Sicherung am Vug eingesetzte X. Armeekorps hinter dem linken Flügel der 11. Armee nachzuziehen.
Unter Durchführung der befohlenen Ablösungsbewegungen konnten am 17. August der linke Flügel der Vug-Armee und die 11. Armee nach rechts in die Linie nördlich von Koden—Ianow einschwenken. Die ö.°u. 4. Armee erreichte auf schmalem Raume den Vug südöstlich von Niemirow, wo die Heeresgruppe Prinz Leopold anschloß. Auf dem jenseitigen Ufer schanzte der Feind. Die große Straße von Brest Litowsk nach Kobryn war mit abmarschierenden Kolonnen aller Waffen bedeckt. Rach Agentennachrichten sollte die russische Führung beabsichtigen, die Festung nur so lange zu halten, als sie für die Rückwärtsbewegung des Feldheeres ausgenutzt werden konnte. Für langandauernde Verteidigung fehle es an Munition. In der Festung selbst mußten aber gegenwärtig noch starke Kräfte auf engem Raume zusammengedrängt sein. Da auch ein neues Generalkommando (XXXIV.) in Brest Litowsk durch Abhören festgestellt war, zog das Oberkommando Mackensen, dem Hinweis des Generals von Falkenhayn entsprechend, die Möglichkeit eines Vorstoßes aus der Festung in Erwägung und stellte hiergegen das Gardekorps sowie die 103. und 119. Infanterie-Division hinter dem rechten Flügel der 11. Armee bereit. Da im übrigen die Oberste Heeresleitung bereits den baldigen Angriff auf die Festung in Aussicht nahm, beauftragte Generalfeldmarschall von Mackensen die Vug-Armee mit der Einschließung auf der Süd- und Westfront und demnächst mit dem Angriff und unterstellte ihr dazu auch das jetzt auf dem rechten Flügel der 11. Armee stehende ö.-u. VI. Korps.
Der Rückzug der Ruffen östlich des Vug nahm seinen Fortgang. Infolgedessen glaubte Generalfeldmarschall von Mackensen im Rahmen der ihm erteilten Weisungen nunmehr den Versuch machen zu sollen, durch einen Vorstoß des Kavalleriekorps HeydebreckH von Wladimir Wolynsk auf und über den Bahnknotenpunkt Kowel die Verbindungslinie der russischen 13. und 8. Armee und damit auch die von Brest Litowsk nach Südosten zu durchschneiden. Die ö.°u. 1. Armee erhielt entsprechenden Befehl. Generaloberst von Conrad legte freilich noch aus anderen Gründen auf die baldige Inbesitznahme von Kowel hohen Wert. Bereits am 14. August hatte er, anknüpfend an seine schon früher angedeuteten Pläne2), General von Falkenhayn gegenüber in Teschen die Absicht ausgesprochen, die zum größten Teil aus der vorderen Front der Heeresgruppe Mackensen herausgedrückte 4. Armee nach und nach mit der 1. Armee an der Bug-Front zu vereinigen und beide Armeen von dort zunächst in der Richtung auf Kowel
17. August.
18. August.
H S. 413. — -) S. 417.
426
Die Offensive der Verbündeten auf Brest Litowsk.
19. August.
vorzuführen. Alsdann sollten sie aber nicht mehr an den Operationen der Heeresgruppe Mackensen teilnehmen, sondern von Norden umfassend die russische 8. Armee angreifen, während gleichzeitig die inneren Flügel der 2. und der Südarmee südlich der Bahn Krasne—Vrody die Offensive aufzunehmen hatten. Generaloberst von Conrad sah daher in dem Vorstoß des Kavalleriekorps Heydebreck ein willkommenes Mittel, so bald als möglich eine geeignete Ausgangsstellung für diese Amfassungsoperation gegen die russische 8. Armee zu gewinnen. General von Falkenhayn erklärte sich am 19. August mit den Absichten des ö.-u. Generalstabschefs einverstanden.
Der Bug-Armee gelang es am 18. August, den Brückenkopf bei Wlo-dawa erheblich zu erweitern und die 1. Infanterie-Division aus ihm heraus gegen Piszcza vorzuschieben, wobei sie freilich sehr bald auf starke, durch das Sumpfgelände begünstigte Gegenwehr stieß. An der Front der Heeresgruppe Mackensen westlich des Bug kam es nur zu Vorfeldkämpsen im weiteren Festungsbereich. Die Heeresgruppe Prinz Leopold überschritt dm Bug unterhalb von Riemirow.
Am 19. August trat das Kavalleriekorps Heydebreck aus seiner breiten Aufstellung im Raume Wladimir Wolynsk—Luboml den konzentrischen Vormarsch in der Richtung auf Kowel an, ohne zunächst auf Feind zu stoßen.
Hingegen erwies sich der Widerstand der Russen östlich von Wlodawa jetzt so stark, daß es der 1. Infanterie-Division noch nicht gelang, den Straßenknotenpunkt Piszcza zu erreichen. Bei der 11. und 4. Armee wurde die Schwenkung nördlich um Brest Litowsk fortgeführt, der linke Flügel gelangte dabei nach überschreiten des Bug bei und nördlich von Ianow bis an den Koterka-Abschnitt, wo er nördlich von Wolka Anschluß an die Armee-Abteilung Woyrsch fand. Gegen die Mitte der Schwenkungsfront gerichtete verzweifelte Gegenangriffe, bei denen auch starke russische Kavallerie rücksichtslos in der Attacke eingesetzt wurde, ließen darauf schließen, daß noch große Truppenmassen im Raume um Brest Litowsk versammelt sein mußten. General von Falkenhayn trieb daher aufs neue die 11. Armee zur Beschleunigung ihres Vorgehens. Cr hoffte, gegen den Feind nördlich des mittleren Bug noch erhebliche Erfolge erringen zu können, und gab als weitere Trennungslinie für das Vorgehen der Heeresgruppen Mackensen und Prinz Leopold die Linie Tumin—Rusily. Dem linken Flügel der letzteren wies er die Richtung auf Kleszczele—Gajnowka zu. Einen gewissen Zweifel an der Erfüllbarkeit der Hoffnungen des Generalstabschefs erweckten freilich Nachrichten, nach denen das Oberkommando der russischen 3. Armee Brest Litowsk bereits verlassen hatte. Große Ver-
Vorstoß der Vug-Armee östlich des Bug.
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pflegungsvorräte und viel Geschühmaterial mit Munition sollten abtransportiert sein. Das deutete auf planmäßige Räumung der Festung.
In der Tat schwenkte am 20. August die russische 4. Armee (XVI., Grenadier-, XXV., XV., VI. sibirisches, IX. Korps) in die Linie Kleszczele —Wysoko Litowfl—östlich von Ogrodniki zurück, anschließend an sie hatte die 3. Armee (XXIV., X„ XIV., III. kaukasisches, XXIX., XXIII., XXXI. Korps, 4. Kavalleriekorps) diesseits des Bug die Linie östlich von Ogrodniki—Koben erreicht, jenseits des Flusses hielt sie die weitgedehnte Linie Koben—Szack—Turyjsk—Wladyslawow (östlich von Wladimir Wolynsk). Die russische 13. Armee war am 17. August ausgelöst worden. Ihre Truppen wurden, soweit man sie nicht an andere Fronten abtransportierte, der 3. Armee zugeteilt. Auch die Festung Brest Litowfl war dieser unterstellt worden. Die russische Führung war sich offenbar der schweren Gefahr bewußt, die der Durchführung ihrer Rückzugsbewegung aus einem Druck des Gegners auf dem rechten Bug-Afer östlich an Brest Litowfl vorbei erwachsen mußte. Sie sorgte daher dort für stärkste Abwehr.
Infolgedessen gelang es auch am 20. und 21. August der Vug-Armee nicht, bis an die Straße Luboml—Piszcza vorzudringen, obwohl das ganze XXXXI. Reservekorps von Süden durch die Seenplatte hindurch zu umfassen suchte und die 22. Infanterie-Division links neben der 1. eingriff. Erst am 22. August stieß das XXXXI. Reservekorps über diese Straße auf Mielniki vor. Gleichzeitig in der Front stark angepackt, gab der Feind nun endlich auch Piszcza und die Gegend nördlich davon frei.
Obschon General von Linsingen seine Kräfte östlich des Bug noch durch das Korps Gerok (11. bayerische und die 107. Infanterie-Division) verstärkte, ließ sich jedoch der zähe Gegner in den nächsten Tagen in dem schwierigen Wald- und Sumpfgelände nur wenige Kilometer zurückdrücken. Hinter starken Sperrstellungen flössen seine Hauptkräfte auch weiterhin auf Kobryn ab.
Am 24. August sehte sich das Kavalleriekorps Heydebreck nach tagelangen Kämpfen in Besitz des Eisenbahnknotenpunktes Kowel und stieß von dort in nördlicher Richtung auf Ratno vor. Cs trat nunmehr unter den Befehl des Oberkommandos der Vug-Armee. Teile der ö.-u. 1. Armee waren dem Kavalleriekorps bereits in den letzten Tagen auf Kowel gefolgt. Die Armee, weiterhin durch Abgaben der 4. Armee verstärkt, gruppierte sich bereits für die ihr anbefohlene Offensive nach Südosten. Am 22. August war sie auf Antrag des Generalobersten von Conrad aus dem Befehlsbereich der Heeresgruppe Mackensen ausgeschieden.
General von Linsingen sah in dem starken Widerstand, den seine Armee auf dem Ostufer des Bug fand, die Absicht des Feindes, die
2». hts
24. A«g«st.
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Die Offensive der Verbündeten auf Brest Litowsk.
planmäßige Räumung der Festung Brest Litowsk und den geordneten Abmarsch der russischen Masten nach Osten zu ermöglichen. Cr hielt daher schnelles Zugreifen und beschleunigten Angriff auf die Festung westlich des Bug für unbedingt erforderlich. Am 22. August wies er seine Korps darauf hin, mit dem entscheidenden Angriff keinesfalls zu warten, bis die in Aussicht gestellte, frühestens am 28. und 29. August feuerbereite Be-lagerungsartillerie eingetroffen sein würde. Die nächsten Tage gingen mit den nötigen Vorbereitungen für handstreichartigen Angriff hin.
Infolgedessen wurden an der Front der Heeresgruppe Mackensen westlich des Bug wesentliche Fortschritte zunächst nur nördlich des Krzna-Baches erzielt. Hier erreichte die 11. Armee bereits am 21. August den Bug, ihr linker Flügel (Korps Kosch) stieß über ihn hinaus bis an den Koterka-Abschnitt vor, wo er in heftige Kämpfe verstrickt wurde. In diese griffen in den nächsten Tagen von Süden her die 44. Reserve-Division über den Bug und von Rorden her die 103. Infanterie- und 47. Reserve-Division sowie rückwärtige Teile der ö.-u. 4. Armee ein, ohne daß die beabsichtigte Umfassung des Gegners gelang. Cs schien, daß die Rüsten aus der Festung Artillerie mit reichlicher Munitionsausstattung zur Stützung ihrer Abwehr herangezogen hatten. Erst als am 24. August auch das Gardekorps unterhalb der Krzna-Mündung über den Bug vorstieß, schwenkte der Feind in eine nach Westen gerichtete Front zurück.
Die ö.-u. 4. Armee erreichte an diesem Tage mit ihrem linken Flügel in engem Anschluß andieArmee-AbteilungWoyrschdie Gegend südlich von Rusily, der Nordflügel der 9. Armee über Kleszczele den Westrand des Waldes von Vialowiez. In ernsteren Kämpfen im Quellgebiet des Nurec am 22. und 23. August hatten das deutsche Landwehrkorps, die Landwehr-Division Vredow und das Korps Scheffer wieder größere Gefangenenzahlen melden können, insgesamt rund 10 000 Mann und 25 Maschinengewehre. Bereits am Abend des 23. August hatte die Oberste Heeresleitung dem Oberkommando der Heeresgruppe Prinz Leopold mitgeteilt, es sei nicht beabsichtigt, den linken Flügel weiter als bis an den Westrand des Waldes von Vialowiez folgen zu lasten. Von großer Bedeutung würde es sein, dort nur mit schwachen Teilen abzusperren, mit starken Kräften aber südlich des Waldes „so schnell wie möglich vorzustoßen, um dann in allgemein südlicher Richtung gegen die Rückzugsstraße des jetzt noch vor der ö.-u. 4. und deutschen 11. Armee befindlichen Feindes zu operieren'").
Indessen, wie die Dinge sich bis zum Abend des 24. August bei den Heeresgruppen Mackensen und Prinz Leopold entwickelt hatten, bot sich
H S. 367.
Der Feind gibt Brest Litowsk auf.
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keine Aussicht mehr, daß die in dieser Weisung ausgesprochene Hoffnung noch in Erfüllung gehen würde.
Die Heeresgruppe Mackensen war in ihrer Verfolgungs- 2;.August. Operation trotz aller Versuche, die Rückzugsbewegung der Russen noch in der Flanke zu treffen, vor deren Front geraten. Die Fortführung des Angriffs gegen die Lesna-Stellung, in der nachhaltiger Widerstand zu erwarten war, konnte den Feind lediglich in der ihm selbst erwünschten Richtung nach Osten zurückdrücken. Eine Wendung dieser operativ wenig befriedigenden Lage ließ sich nur noch erhoffen, wenn es der Vug-Armee gelang, die Festung Brest Litowsk schnell zu Fall zu bringen sowie gleichzeitig mit ihren im Wald- und Sumpfgebiet östlich des Bug eingesetzten Kräften die Gegenwehr des Feindes baldigst zu brechen. General von Seeckt versprach sich freilich in einer am Abend des 24. August der Obersten Heeresleitung eingereichten Beurteilung der Lage von der Flankeneinwirkung südöstlich von Brest Litowsk keinen großen Erfolg mehr.
Zn der Tat stellte sich der Feind am 25. August bei Maloruta und nordwestlich davon bis zum Bug dem Druck der Vug-Armee weiter kräftig entgegen. Das Kavalleriekorps Heydebreck hing noch weit zurück. Hingegen gelang es auf dem Westufer dem ö.-u. VI. Korps am Abend, beiderseits der Straße auf V r e st Litowsk einige Forts mit stürmender Hand zu nehmen. Vor dem rechten Flügel des nördlich anschließenden XXII. Re-servekorps wich der Feind südlich der Krzna auf seine Stellungen im Festungsbereich zurück. Auf dem nördlichen Bug-Ufer schwenkte der linke Flügel des XXII. Reservekorps über die untere Lesna nach rechts ein, während die anderen Korps der 11. Armee den Feind hinter diesen Abschnitt zurückwarfen und die ö.-u. 4. Armee mit ihrem linken Flügel bis in Höhe von Nusily gelangte.
Im Raume der Festung waren starker Feuerschein und zahlreiche Sprengungen zu beobachten. Die Abmärsche aus der Festung auf Kobryn hielten an. Abends trafen beim Oberkommando Mackensen mitgehörte Feind-Funksprüche ein, aus denen hervorging, daß die Russen nachts auch die Lesna-Stellung räumen würden. Ebenso sollte vor der Vug-Armee um 2° nachts der Rückzug beginnen. Daraufhin befahl Generalfeldmarschall von Mackensen um IO80 abends die unentwegte Fortführung der Verfolgung durch die Vug-Armee südlich und die 11. Armee nördlich der Straße Brest Litowsk—Kobryn. Auch General von Falkenhayn wies spät nachts noch einmal aus die große Bedeutung eines schnellen Vorstoßes nördlich und östlich um Brest Litowsk herum hin. Gleichzeitig erhielt die Heeresgruppe Prinz Leopold Befehl, mit der Armee-Abteilung Woyrsch die Offensive südlich des Forstes von Vialowiez fortzusetzen, während der linke Flügel der
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Die Offensive der Verbündeten auf Brest Litowsk.
rp» A«g«st.
9. Armee auch an der Bahn Gajnowka—Siemienowka die Absperrung des Forstes übernehmen sollte.
Schon in den ersten Morgenstunden des 26. August überschritt der rechte Flügel der Vug-Armee, das XXXXI. Reservekorps und die 22. Infanterie-Division, beiderseits von Maloruta die Eisenbahn und stieß dem in der Richtung auf Kobryn zurückweichenden Feinde nach, der jedoch in dem abschnittsreichen Gelände immer wieder kräftigen Widerstand leistete. Der rechte Flügel erreichte nach hartem Kampfe Mokrany und verlegte dort dem durch das Kavalleriekorps Heydebreck von Süden durch die Sümpfe zurückgedrückten Gegner den Rückzug nach Norden. Cr wurde ostwärts abgedrängt. Das Kavalleriekorps erreichte Natno. Unter dem Druck des rechten Flügels der Bug-Armee an der Straße auf Kobryn räumten die Rüsten auch das westlich gelegene Waldgebiet bis zum Bug, die stark ausgebaute Festung Brest Litowsk gaben sie auf. Ohne ernste Kämpfe konnten das Veskidenkorps und das ö.°u. VI. Korps schon in den frühen Morgenstunden den südlichen Teil der Festung besetzen und den Bug überschreiten. Das VI. Korps wurde sodann gesammelt und trat zur 11. Armee zurück. Das XXII. Reservekorps hatte bereits zwischen 2° und 3° morgens die Zitadelle besetzt; die Forts waren vom Gegner meist gesprengt. Die Bug-Armee wurde angewiesen, durch scharfes Vordringen ihres linken Flügels auf und südlich der Straße nach Kobryn, im Verein mit den weiter nördlich über die Lesna nach Osten verfolgenden Teilen der 11. Armee, den Kräften des Feindes, die noch an den Sumpfabschnitten beiderseits der Straße Wlodawa—Kobryn standhielten, den Rückzug aus diesem schwierigen Gelände zu verlegen. Die Vug-Armee erreichte daraufhin noch den Ryta-Abschnitt. Die 11. Armee folgte dem östlich der Lesna unter Nachhutkämpfen weichenden Gegner bis zur Linie Raczki (an der Bahn)— Kamieniec Litowfl.
Die ö.-u. 4. Armee besetzte nach Überschreiten der Lesna einen Brückenkopf östlich von Kamieniec Litowsk. Sie sollte ihn nur noch zur Sicherung des üferwechsels des rechten Flügels der Heeresgruppe Prinz Leopold halten, der abends die Lesna Prawa nördlich von Kamieniec Litowsk erreichte. Sodann hatte auch der Rest der 4. Armee ebenso wie das ö.-u. VI. Korps zur 1. Armee abzumarschieren.
Auf die Meldung der Einnahme von Brest Litowsk bestimmte die Oberste Heeresleitung noch am Abend des 26. August die Lesna Lewa als Grenze zwischen den Heeresgruppen Mackensen und Prinz Leopold. Hinzugefügt war: „Ein Vorgehen durch das Sumpfgelände südwestlich und südlich von Pruzana ist nicht beabsichtigt." Damit war der weiteren Verfolgungsoperation beider Heeresgruppen ein Ziel gesetzt.
Der operative Erfolg bleibt versagt.
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Der 26. August hatte somit der Heeresgruppe Mackensen äußerlich einen großen Erfolg gebracht, die Einnahme von Brest L i t o w s k, einer der am stärksten ausgebauten russischen Festungen! Gleichzeitig hatte sich aber gezeigt, daß die von General von Falkenhayn bis zuletzt gehegte Hoffnung, noch beträchtliche Teile des Feindes abzufangen, zunichte geworden war. Der Rückzug der Russen hatte sich unter geschickt geführten Nachhutkämpfen durchaus planmäßig vollzogen. Die Aufgabe von Brest Litowst war eingehend vorbereitet gewesen. Die Forts waren gesprengt, die Magazine und die von der Bevölkerung verlassene Stadt größtenteils in Brand gesteckt worden. Beträchtliche Verpflegungsvorräte konnten allerdings noch der Vernichtung entzogen werden. Indessen nur geringe Muni» tionsbestände fielen dem Angreifer in die Hände. Auch das gesamte moderne GeschüHmaterial war abtransportiert, nur wenige alte Geschütze bildeten die Beute. Trotz des Zusammendrängens starker Truppenmassen im Festungsbereich war auch die Zahl der Gefangenen nur gering. Die Lufterkundung ergab, daß der Abzug der feindlichen Marschkolonnen auf den Straßen über Kobryn und Pruzana nach Osten und Nordosten in dauerndem Fluß blieb. Die Hauptmasse des südlichen Flügels der russischen Nordwestftont befand sich also nördlich des Rokitno-Sumpfgeländes in der Rückwärtsbewegung. Die Verbindung zur russischen Südwestfront war somit endgültig durchschnitten. Rur das russische 4. Kavalleriekorps hielt sich noch südlich des Sumpfgebietes in der Gegend von Kamien Koszyrski. Cs hatte, wie durch Mithören von Funksprüchen festgestellt wurde, den Auftrag, die von dort nach Norden durch die Rokitno-Sümpfe führenden Straßen zu sperren. Kennzeichnend für die zuversichtliche Stimmung, mit der die höhere russische Führung trotz aller taktischen Mißerfolge dem Ausgange ihrer strategischen Rückwärtsbewegung entgegensah, war ein mitgehörter funkentelegraphischer Ausruf des Generals Cwert, des Führers der 4. Armee. In ihm war der Erwartung Ausdruck gegeben, „daß sich die Truppen aus der engen Fühlung mit dem Feinde in Ehren loslösen würden". Hinzugefügt war: „Mögen sie sich an den großen Krieg des Jahres 1812 erinnern und aus ihm Belehrung und den tiefen Glauben an unseren endlichen Sieg schöpfen." In der Tat hatte sich die traditionelle Geschicklichkeit der Russen in der Durchführung des Rückzuges, unterstützt durch das abschnittsreiche Gelände, auch diesmal bewährt.
Obwohl somit den Operationen der Heeresgruppe Mackensen, die allein der Bug-Armee etwa 33 000 Mann und der 11. Armee über 50 000 Mann an Verlusten gekostet hatten, der erstrebte operative Erfolg versagt geblieben war, so hatten sie doch den Feind, abgesehen von seinen
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Die Offensive der Verbündeten auf Brest Litowsk.
sicher erheblich schwereren blutigen Opfern und Gefangeneneinbußew), in seiner Kampfkraft tief erschüttert und auf lange Zeit hinaus jeder Offensivfähigkeit beraubt. Daneben war auch der moralische Eindruck, den der schnelle Fall von Brest Litowsk bei Freund und Feind hervorrief, nicht zu unterschätzen. Lag doch in der Preisgabe dieses, unter größtem Aufwand neu ausgebauten letzten Bollwerks der russischen Landesverteidigung in Polen das offene Eingeständnis, daß das weite Gebiet westlich der großen Strombarriere des Bug für Rußland endgültig verloren war.
8. Betrachtungen.
Angesichts des operativ nicht voll befriedigenden Ergebnisses, das die Offensive der Heeresgruppe Mackensen von Mitte Juli bis Ende August gehabt hat, erhebt sich die Frage, ob bei anderer Führung der Operation ein größerer, entscheidender Erfolg erreichbar gewesen wäre. Man wird dabei die Verwendungsmöglichkeit starker Kräfte auf dem Ostufer des Bug zum Zwecke einer operativen Umfassung der nach Süden gerichteten Abwehr* front der Russen und eines Druckes gegen ihre rückwärtigen Verbindungen in Betracht zu ziehen haben. Dieser Gedanke ist nicht nur in der grundlegenden Besprechung der verbündeten Generalstabschefs am 11. Juli in Plefj2) vor Beginn der Offensive, sondern auch noch in deren Verlauf mehrmals zur Sprache gekommen. General von Falkenhayn hat ihm von vornherein im Hinblick auf das ungünstige Gelände östlich des Bug und die dort zu erwartenden Nachschubschwierigkeiten ablehnend gegenübergestanden und an dieser Auffassung bis zum Schluß beharrlich festgehalten. Seine Bedenken gegen die Verwendungsmöglichkeit größerer Truppenmassen in jenen Gebieten wurden jedoch im Kreise seiner Mitarbeiters, wie auch von Generaloberst von Conrad und General von Linsingen nicht, jedenfalls nicht in gleichem Maße, geteilt. Sie haben sich auch nach dem eigenen Zugeständnis des Generals von Falkenhayn nachträglich als übertrieben herausgestellt. Für den Nachschub hätten die Verhältnisse östlich des Bug vielleicht sogar weniger ungünstig gelegen als westlich des Stromes insofern, als dort die galizischen Bahnen durch die von den Russen im Herbst
1) Der Vug-Armee fielen im Juli-August über 33 000, der 11. Armee 55 000 Ge-fangene in die Hand. Gering war die Zahl der erbeuteten Geschütze (15) und Maschinengewehre (174). Die Armee-Abteilung Woyrsch machte im August 16 500 Gefangene und brachte 48 Geschütze (zumeist Beute aus Iwangorod) und 60 Maschinengewehre ein.
2) S. 385. — 3) S. 386.
Die Operationsfiihrung der Heeresgruppe Mackensen.
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1914 gebaute Verbindungsstrecke Wladimir Wolynsk—Sokal Anschluß an das russische Vahnnetz hatten. Der Chef des deutschen Feldeisenbahnwesens hielt daher bereits Anfang Juli den Einsatz einer starken Armee ft« lich des Vug für angängig und geboten1).
Daß es an sich wohl möglich gewesen wäre, die Voraussetzungen für gleichzeitiges Operieren auf beiden Ufern des Flusses durch Umgruppierung der Kräfte in großem Stil etwa mittels Austausches der heranzuführenden ö.-u. 1. Armee gegen die in Bildung begriffene Bug-Armee rechtzeitig vor Eröffnung der neuen Offensive zu schaffen, soll nicht bestritten werden. Offenbar ist dieser Gedanke jedoch in jenen Tagen von den verbündeten Generalstabschefs gar nicht erwogen worden, weil die Schwierigkeiten der bevorstehenden Aufgabe erst allmählich aus der sich immer mehr versteifen-dm, schließlich sogar offensiv geführten Gegenwehr der Russen im Raume zwischen Bug und Weichsel in der ersten Woche des Juli erkennbar wurden. Als dann am 11. Juli in Pleß zum ersten Male die Frage der Verwendung stärkerer Kräfte auf dem Ostufer erörtert wurde, war es zu solcher umfangreichen und zeittaubenden Kräftegruppierung vorVe ginn der Offensive bereits zu spät, da der Zeitpunkt für diesen mit Rücksicht aus die gleichzeitig geplante Rarew-Operation nicht mehr hinausgeschoben werden durfte. Infolgedessen fehlten in der Ausgangslage Mitte Juli, wie sie sich durch die Entwicklung der Dinge in der ersten Monatshälfte gestaltet hatte, die Voraussetzungen für eine weitzielende Offensive starker Kräfte auf dem Ostufer des Bug. Der schwache Versuch des Aferwechsels, den die ö.-u. 1. Armee dann gleich in den ersten Tagen der Operation machte, diente denn auch lediglich dem Schutze der rechten Flanke der Heeresgruppe gegen etwaige Angriffe der Russen von Osten her. Als diese ausblieben, verzichtete Generalfeldmarschall von Mackensen auch sogleich auf die Fortführung des Versuches.
Gewiß blieb auch nach Beginn der Offensive noch die Verschiebung stärkerer Kräfte der Bug-Armee auf das Ostufer möglich. Sie hätten dort gemeinsam mit Teilen der ö.-u. 1. Armee einen vermehrten offensiven Druck ausüben können. Cs war aber nicht anzunehmen, daß sie dabei gegenüber der russischen 13. Armee leichtere Arbeit finden würden als westlich des Stromes. Eine Umfassung vollends des äußeren Flügels der russischen Nordwestfront war schwerlich zu erhoffen. Vielmehr bestand die Gefahr, daß die östlich des Bug verausgabten Kräfte in kaum übersehbare Kämpfe verstrickt und leicht in exzenttischer Richtung vom Schauplatz der Hauptentscheidung abgelenkt werden konnten. Daß diese schon im Hinblick
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Die Offensive der Verbündeten auf Brest Litowsk.
aus möglichst enges Zusammenwirken mit der Narew-Stoßgruppe im Raume zwischen Bug und Weichsel gesucht werden sollte, lag im Sinne des leitenden Gedankens. Generalfeldmarschall von Mackensen hatte daher den berechtigten Wunsch und nach dem Verlauf der ersten schweren Kampftage noch vermehrten Anlaß, seine Kräfte in diesem Raume soviel als möglich zusammenzuhalten. Solange der Feind nicht nur zu zähester Abwehr, sondern zum Entscheidungskampfe in Polen entschlossen schien — und dieser Eindruck bestand, von vorübergehenden Schwankungen abgesehen, bis Ende Juli —, sah der Führer der Heeresgruppe in der Ausdehnung seines rechten Flügels über den Bug hinaus nach Osten eine Beeinträchtigung seiner Stoßkraft an der entscheidenden Stelle. Cr begrüßte es geradezu, daß das starke Stromhindernis einen wirksamen Schutz gegen eine offensive Bedrohung der rechten Heeresflanke bildete, und infolgedessen die Zahl der für Sicherungszwecke ausfallenden Truppen in erträglichen Grenzen gehalten werden konnte.
Waren es somit bis Ende Juli vornehmlich taktische Gründe, die die Zusammenfassung möglichst starker Kräfte zwecks Crringung des Schlachterfolges an der Hauptkampffront nötig machten, so konnten von A n s a n g A u g u st an, als sich die große, offenbar nach einheitlichem Plane geleitete Rückzugsbewegung der russischen Gesamtmacht in Polen deutlich abzuzeichnen begann, operative Erwägungen das Hinübergreifen starker Kräfte auf das Ostuser des Bug nahelegen. Generaloberst von Conrad und unabhängig von ihm auch General von Linsingen vertraten diesen Gedanken im Sinne einer nordostwärts gegen die Rückzugsstraßen der Russen zielenden seitlich überholenden Verfolgung. Wenn demgegenüber Generalfeldmarschall von Mackensen in Übereinstimmung mit General von Falkenhayn an der Fortführung der Operation in allgemein nördlicher Richtung diesseits des Bug festhielt, so stand ihm dabei nicht minder das strategische Gesamtbild vor Augen. Er hoffte, mit der zum Hauptträger der Verfolgung gemachten 11. Armee auf kürzerem Wege in günstigerem Gelände schneller vorwärts zu kommen und damit einen wirksameren Druck gegen die Rückzugsstraßen der Russen ausüben zu können, als dies in dem gefürchteten Sumpfgebiet jenseits des Bug möglich erschien, wo jedenfalls stärkster Widerstand des Feindes zu erwarten stand. Diese Rechnung hat sich freilich nicht als richtig erwiesen, weil die Rückzugsbewegung der Russen aus Polen schon weiter gediehen war, als die deutsche Führung annehmen zu dürfen glaubte. Statt in die Flanke zu treffen, geriet der Verfolger vor die weichende Front. Cs muß dahingestellt bleiben, ob eine mit starken Kräften südlich an Brest Litowsk vorbei nach Nordosten geführte seitliche Verfolgung erheblich größere materielle Erfolge erzielt haben würde. Die
Frage stärkeren Flankendruckes östlich des Vug.
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nachdrückliche Gegenwehr, auf die dort Teile der Bug-Armee von Mitte August an nach ihrem bei Wlodawa vollzogenen Übergänge stießen, läßt sogar den Schluß zu, daß es sehr schwer gehalten hätte, schnell zu unmittelbarer Einwirkung gegen den Rückzugsraum der russischen Hauptkräfte nördlich des Sumpfgebietes zu gelangen. Gleichwohl läßt sich vom Standpunkt rückschauend er Betrachtung die Möglichkeit nicht von der Hand weisen, daß ein hier früher und kräftiger geübter Flankendruck strategisch die russische Rückzugsbewegung empfindlicher bedroht haben würde. Das hätte die ordnungs- und planmäßige Durchführung dieser Rückzugsbewegung, insbesondere der Räumung der Festung Brest Litowsk, stärker beeinträchtigen und damit auch die Kampstraft des russischen Heeres noch schwerer erschüttern können, als es die frontale Verfolgung vermocht hat.
Wesentlich anders läge die Frage der Verwendung starker Kräfte östlich des Vug unter der Voraussetzung einer gleichzeitigen, aus der Front des Oberbefehlshabers Ost nicht gegen den Rarew, sondern auf und über Wilna gegen den Nordflügel der russischen Hauptkräfte gerichteten Offensive. Zn solchem Falle hätte es dem Gedanken konzentrischen Zusammenwirkens gegen die rückwärtigen Verbindungen der in Polen stehenden Massen des Feindes entsprochen, wenn die Heeresgruppe Mackensen schon von Mitte Juli ab das Schwergewicht ihres Vorgehens in den Raum östlich des Bug gelegt hätte.
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E. Die russische Oberste Führung bis Ende Augusts.
Karten 5, 6, 7 und Band VII, Karte 1.
BisMttteMat. Seit Gorlice war die russische Oberste Heeresleitung in erster Linie auf Abwehr eingestellt. Dabei hoffte sie auf Entlastung durch den am 9. Mai begonnenen Angriff der Westmächte3) und den Eintritt Italiens, demnächst Rumäniens, vielleicht sogar Bulgariens in den Krieg. Andererseits war sie in Sorge, ob es tatsächlich gelingen werde, den Ansturm der Mittelmächte in Galizien zum Stehen zu bringen. Beides stand in Wechselwirkung: erfolgreiche Abwehr in Galizien mußte die Gewinnung neuer Bundesgenossen fördern, deren Eingreifen aber auch Erleichterung für die Lage in Galizien bringen. Neben innenpolitischen und wirtschaftlichen Rücksichten sprachen daher auch außenpolitische Belange für zähen Kampf um jeden Fußbreit Boden, während rein militärisch der Gedanke im Vordergrund stand, die Schlagkraft des Heeres zu erhalten und daher nach Bedarf ohne Rücksicht aus Landverlust in die Weite des Reiches auszuweichen. Die Zwiespältigkeit dieser Gesichtspunkte spielte neben der Einwirkung des Angriffs der Mittelmächte eine entscheidende Nolle in den Maßnahmen der russischen Führung,
An der zu Anfang Mai reichlich 1300 Kilometer messenden Gesamtfront befehligte wie bisher General Alexejew in Siedlce die aus fünf Armeen (10., 12., 1., 2., 5.) mit rund 55 Divisionen bestehende Nordwest -front, General Iwanow in Cholm die ebenfalls aus fünf Armeen (4., 3., 8., 11., 9.) mit 50%: Divisionen bestehende Südwestfron t3); die Pilica teilte die Gesamtfront in zwei annähernd gleiche Teile. Die Oberste Heeresleitung, wie bisher General Großfürst Nikolaus mit General Ianuschkewitsch als Generalstabschef und General Danilow als Generalquartiermeister, lag in Baranowicze. Anmittelbar unter dem Großfürsten hatten im Norden die 6. Armee mit nicht feldverwendungsfähigen Truppen und die Ostseeflotte Petersburg und die Küste zu schützen, im Süden hatte eine ähnlich zusammengesetzte 7. Armee und die Flotte des Schwarzen
1) Band VII, S. 436 (betr. Dardanellen, S. 329). — Näheres über Südwest -front S. 189ff. und 261 ff.
2) 6. 51 ff.
3) Landwehrverbände sind hierbei nicht mitgerechnet. General Danilow (S. 521) gibt die Gesamtstärke für Ende Juni, vielleicht einschließlich Landwehr, mit 108 Infanterie-Divisionen, 16 Schützen- und Fuß-Kosaken-Vrigaden sowie 35 Kavallerie-Divisionen an.
Gliederung und Kampfkraft des Heeres.
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Meeres eine entsprechende Sonderausgabe. In Odessa wurde auch nach Abgabe des V. kaukasischen Korps*) ein schwaches Landungskorps für Konstantinopel bereitgehalten, dessen Verwendung aber angesichts der Stärke der türkischen Flotte nur in Frage kam, falls der Anschluß Bulgariens erreicht wurde oder aber die Verbündeten bereits zum Bosporus vorgedrungen toeuren2). Die immer noch etwa sechs Divisionen starke Kaukasus-Armee lag an der Grenze fast durchweg auf türkischem Boden in unwegsamem Gebirgslande fest.
Die Organisation des russischen Heeres war im wesentlichen noch dieselbe wie zu Kriegsbeginn"), doch hatte man angefangen, die bestehenden selbständigen Schützen-Brigaden zu Divisionen auszubauen, und begann später auch Landwehr-Verbände zu Divisionen zusammenzufassen. Die Infanterie-Regimenter hatten noch einen Sollbestand von vier Bataillonen, die ursprünglich mit acht Geschützen aufgestellten leichten Batterien waren mit wenigen Ausnahmen auf sechs Geschütze herabgesetzt, so daß jede Division etwa 36 Feldgeschütze gehabt haben dürfte*). Die schwere Artillerie (Flachfeuer von 10 cm, Steilfeuer von 15 cm an aufwärts) zählte im Juni im ganzen nur 104 Batterien mit 386 Rohren5). Rach den seit August 1914 mit nur geringen Unterbrechungen andauernden Kämpfen bedurften die Truppen nur allzu sehr der Ruhe und des Ersatzes an Offizieren, ausgebildeten Mannschaften, Waffen und Munition. An diesem allem herrschte aber seit langem ernster Mangel. Die russische Kriegsindustrie vermochte den Bedarf nicht zu decken. Die vom Auslande, besonders durch englische Vermittlung aus den Vereinigten Staaten erwarteten Lieferungen5) verzögerten sich, da die Westmächte selbst dringendsten Bedarf hatten. Sah man von dem immer unsicheren Weg über die neutralen Länder Skandinaviens und namentlich des Balkans ab, so führte die einzige dauernd offene Verbindung auch jetzt noch über den Fernen Osten; denn der Hafen von Archangelsk war nur in wenigen Sommermonaten benutzbar, von der neuen Bahn nach der eisfreien Murman-Küste kaum das erste Drittel fertig. Lieferungen von Marseille hatten bis Petersburg im Frühjahr zwei Monate gebraucht*).
*) Band VII, S. 330 und 434.
2) (Eine andere für den „Einzug" in Konstantinopel bestimmte Abteilung stand in Wladiwostok bereit. England, das auf solche Beteiligung keinen Wert legte, soll aber die Beförderung über See abgelehnt haben (Kudaschew-Brief vom 22. Juni 1915).
3) Band II, Anlage 2.
*) Sicheres war nicht zu ermitteln.
5) Manikowski, II, S. 81.
°) Band VII, S. 136.
7) Franz. amtl. Werk, Bd. III, Annexe 612; auf welchem Wege, ist nicht bekannt.
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Die russische Oberste Führung bis Ende August.
BisMitteMai. Hinter den vorderen Kampflinien, die abgesehen von der Durchbruchsfront in Galizien und Südpolen und dem Raume nördlich des Njemen recht stark ausgebaut waren, ermöglichten in Polen von südlich Iwangorod über Nowogeorgiewsk bis gegen Lomza tiefgegliederte rückwärtige Stellungen und dahinter die durch Befestigungen noch verstärkte Narew— Weichsel-Linie hartnäckigen Widerstand. Sollte aber der Druck der Gegner wider alles Erwarten dazu zwingen, diesen „vorderen Kriegsschauplatz" auszugeben, dann stand immer noch die große rückwärtige Hauptabwehrlinie des Njemen und Bug mit den starken und neuzeitig ausgebauten Festungen Kowno, Grodno und Brest zur Verfügung. Ihre rechte Flanke schien durch das Fehlen von Eisenbahnen und Straßen nördlich des Njemen ausreichend geschützt, der linke Flügel fand hinter dem Dniester sichere Anlehnung an die rumänische Grenze. Diese letzte Stellung hoffte man daher auch bei ungünstigster Entwicklung der Dinge halten zu können.
Seit Anfang Mai war das Augenmerk der Obersten Heeresleitung durch die Lage an der Kampffront in Galizien gefesselt, über die deutsche Kräfteverteilung war man im allgemeinen schnell und gut unterrichtet, vermutlich durch Agentennachrichten und Gefangenenaussagen. Dem deutschen Vordringen nördlich des Njemen maß man keine große Bedeutung bei, denn die dort festgestellten Kräfte waren zu schwach, um eine Gefahr zu bedeuten. So war die Nordwestfront einstweilen die Kraftquelle, aus der durch Truppenabgabe der schwere und verlustreiche Kampf der Südwestfront genährt wurde. Zier schien um Mitte Mai der Druck gegen den Abschnitt, der ihn bisher am stärksten gespürt hatte, gegen die 3. Armee, die unterhalb der Festung Przemysl am San stand, nachgelassen zu haben, wie man glaubte, da sich die deutschen Truppen mehr nach Süden zogen. Am Mai. 17. Mai drahtete der Großfürst persönlich an General Vrussilow, den Oberbefehlshaber der 8. Armee, er habe zu seiner Tatkraft besonderes Vertrauen und sei überzeugt, daß er nicht nur Przemysl halten werde, dessen Besitz besonders wichtig sei, sondern durch aktive Kampfführung auf seiner übrigen Front auch die Gesamtlage festige. Er gab der Südwestfront zu erwägen, aus ihren Reserven im Raume nördlich von Lemberg eine neue Operationsarmee zu bilden, zu der ihr die drei Divisionen starke Heeresreserve und von der Nordwestfront ein besonders bewährter Armeeführer, General Plehwe, bisher Oberbefehlshaber der 12. Armee, und eineinhalb Korps gestellt werden sollten. Dazu aber meldete der Oberbefehlshaber der Nordwe st front, bevor er solche Abgaben leiste, müsse er wissen, ob er seine jetzige Front auch weiterhin zu halten habe oder auf den Narew und die Warschau deckende Grojec-Stellung zurückgehen dürfe.
Hoffnung auf Entlastung durch Italiens Eingreifen.
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Da der Gegner am San am 20. Mai nicht weiter vorwärts 20.6ts24.9sai.
sah die russische Heeresleitung die Lage wieder günstiger an, wobei das unmittelbar bevorstehende Eingreifen Italiens entscheidend mitgesprochen haben mag. Mit ihm war bereits am 26. April eine Mili-tärkonventiorst) abgeschloffen worden, durch die sich beide Mächte verpflichteten, das Höchstmaß ihrer Streitkräfte in der Richtung auf Wien-Budapest zum Vernichtungsschlage gegen die Donau-Monarchie einzusehen und an den übrigen Fronten mit einem Mindestmaß auszukommen.
Serbien sollte sich beteiligen, indem, es in nordwestlicher Richtung mit dem italienischen rechten Flügel bei Laibach Fühlung suchte. Angesichts dieser Pläne wurde der Beginn der RüÄwärtsbewegung vom San verschoben. General Iwanow gedachte eine größere Angriffsoperation vorzubereiten; eine noch größere schlug jetzt General Alexejew vor, der in Westpolen angreifen und von da aus die Lage in Galizien wiederherstellen wollte.
Den Heerführern der Westmächte ließ der Großfürst am 23. Mai darlegen, daß bereits mindestens zehn, von ihrer Front neu herangeführte deutsche Divisionen gegen Rußland im Kampfe ständen; das erschwere zwar dessen Aufgabe, käme „im Rahmen der großen Gesamtlage aber doch gerade rechtzeitig, um die Erweiterung der im Westen bereits erreichten Erfolge zu erleichtern"2). Als am 24. Mai an der italienischen Front der Kriegszustand eingetreten war, zollte General Ioffre in einem Antworttelegramm dem russischen Heldentum bewundernde Anerkennung und erwartete „dank dem Eintritt Italiens in den Krieg die allerglänzendsten Crgebniffe". Die russische Heeresleitung glaubte, als an demselben Tage trotzdem der Angriff der Mittelmächte am San seinen Fortgang nahm, nur noch an eine letzte Anstrengung des Gegners, um durch Einnahme von Przemysl die Operation zu beenden und sich dann gegen Italien zu wenden. Sie ordnete an, daß die Festung erst geräumt werden dürfe, wenn alle Mittel erschöpft seien, und ließ die 4. Armee der Südwestfront zur Nordwestfront übertreten, damit General Iwanow seine ganze Aufmerksamkeit der Abwehr in Galizien zuwenden könne. Die Bildung einer neuen Operationsarmee nördlich von Lemberg hatte sich inzwischen aber als undurchführbar erwiesen.
Nur zu bald stellte sich heraus, daß der neue Bundesgenosse, entgegen seinen anfänglichen Absichten, einstweilen noch nicht zur Offensive bereit war, sein Aufmarsch vielmehr noch weit in den Juni hinein dauern werde2). Ebensowenig waren die Serben in der Lage anzugreifen, weil sie durch Krankheiten und durch Hochwaffer der Grenzflüsse behindert und von Vul-
1) Das zaristische Rußland im Weltkriege, S. 328 ff.
2) Walentinow, S. 49. — Vgl. S. 73 ff. dieses Bandes.
3) S. 29.
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Die russische Oberste Führung bis Ende August.
3.6is5.3«ni. garten und Albanien bedroht seien. Andererseits war trotz aller Bemühungen die Hoffnung im Schwinden, mit Rumänien^) oder Bulgarien zu einem Bündnis zu kommen.
Als dann in der Nacht zum 3. Juni die letzten Forts von Przemysl geräumt werden mußten, kam die galizische Front von neuem ins Wanken. Aber auch die Lage an der Nord west front begann jetzt Sorge zu bereiten. Das erste Gasunternehmen der deutschen 9. Armee2) ließ für Warschau fürchten, während die Fortdauer der Angriffe am Njemen und nördlich2) für den äußersten rechten Heeresflügel nun doch bedrohlich erschien. Am 5. Juni schrieb der Generalstabschef, General Ianusch-kewitsch, dem Kriegsministers: „Nachdem die Deutschen einen beispiellosen Zusammenbruch an der Südwestfront zustande gebracht haben, werden sie sich nun offenbar auf die Nordwestfront stürzen"; es frage sich nur, ob gegen Warschau oder gegen Niga. Der Nordwestfront Kräfte zuzuführen, sei nicht leicht, denn seit dem 9. Mai seien gegen 18 Divisionen2), also gegen 200 Bataillone, nach der Südwestfront geworfen worden. Das Ergebnis ihres Eingreifens sei „gleich Null" gewesen, die vollständigen Korps und Divisionen seien „wie Schnee dahingeschmolzen".
Während Warschau durch die davor stehenden Armeen und Befestigungen einigermaßen gesichert war, lag Riga, das wegen seiner großen Industrie für die Versorgung des Heeres wichtiger war als Warschau, so gut wie ungeschützt feindlichem Zugriff offen. In der Stadt war eine Panik ausgebrochen; man begann Geld, Vorräte und Maschinen wegzuschaffen, so daß die Gefährdung allein schon die Erzeugung von Heeresbedarf lähmte2). In Petersburg war man in Sorge. Da der Oberbefehlshaber der Nordwestfront mit weitreichenden deutschen Operationen nördlich des Njemen noch nicht rechnete, behalf sich die Oberste Heeresleitung damit, die Führung der bisherigen Riga—Schaulen-Gruppe, die „5. Armee" wurde, dem General Plehwe zu übertragen und als einzige zur Zeit verfügbare Verstärkung drei an der Südwestfront verbrauchte
1) S. 11.
2) S. 134.
3) S. 124 f. und 131 f.
4) Briefwechsel Suchomlinow/Zanuschkewitsch.
5) Von der Nordwestfront im April III. kauk. Korps (21. und 52. Div.), 63. Div.*; im Mai: 13. sib. Div.*, 62. Div, %XV. Korps (8. Div.), 77. Div., 3. Garde-Div., II. taut Korps (kauk. Gren.° und 51. Div.), VI. Korps (4. und 6. Div.); davon die beiden mit * versehenen Divisionen und eine weitere (12. sib.) von der Südwest-front Anfang Juni zurück. Von der K a u k a s u s ° F r o n L: 20. und 3. kauk. Div. und zwei Fuß-Kosaken-Vrigaden. Insgesamt 15 Divisionen. Wie die Zahl von 18 Divisionen errechnet ist, war nicht zu klären.
6) Knox, S. 291 f.
Räumung von Przemysl. Lage der Nordwestfront.
441
Divisionen mit nur je 3000 Mann Gefechtsstärke^) bis zu ihrer Auffüllung nach Riga zu verlegen. „Das wird die Öffentlichkeit beruhigen und den Kaiser abkühlen", schrieb der Generalstabschef dem Kriegsministers. Die neue 5. Armee sollte künftig, zusammen mit der O ft feeflotte, den Weg nach Petersburg schützen. Admiral Kanin, der für den inzwischen verstorbenen Admiral von Essen den Befehl übernommen hatte, stützte sich dazu auf die Kriegshäfen im Finnischen Meerbusen; auf der offenen Ostsee und im Rigaer, Busen hatte er fast nur leichte Streitkräfte, vor allem Minenleger und Unterseeboote. Die 5. Armee wurde durch ihre Sonderausgabe aus dem Zusammenhang der übrigen Front herausgelöst; ihre rückwärtigen Verbindungen führten nach Nordosten auf Riga. Damit gewann die Festung K o w n o als rechter Flügelstützpunkt der Hauptfront erhöhte Bedeutung und wurde daher dem Oberbefehlshaber der Nordwestfront unmittelbar unterstellt, ihre Besatzung verstärkt. Alle Truppen westlich der unteren Weichsel bis zur Pilica wurden unter Wegfall der bisherigen 5. Armee als 2. Armee zusammengefaßt.
Uber die Gesamtlage der Nordwe st front schrieb General s. und s. Iu»r. Alexejew am 5. Juni dem Generalstabschef: Das Entscheidende sei, daß sie ohne Reserven „gewissermaßen zu einem dünnen Faden gedehnt" sei.
Nachdem in letzter Zeit zwölf Divisionen?) für die Südwestfront und sieben für den Raum nördlich des Riemen4) herausgezogen worden seien, sei die Frontbesatzung so geschwächt, daß der Gegner auch die stärkst ausgebauten Stellungen nach gründlicher Artillerievorbereitung durchstoßen könne. Cs bleibe daher nur übrig, die Front durch Ausweichen hinter den Narew und in die Grojec-Stellung zu verkürzen; dann könnten bis zu vier Korps als Reserve ausgespart werden. Cs gelte, den Armeen ihre Kampfkraft zu erhalten, Rücksichten auf die moralische Wirkung des Aus-weichens müßten demgegenüber zurücktreten. Cs sei aber keine Zeit zu verlieren, damit man nicht noch in den jetzigen weitgedehnten Stellungen angegriffen werde. Sei die Umgruppierung erst durchgeführt, dann könne auch wieder an Angriff gedacht werden. Anders faßte der Oberbefehlshaber der Südwe st front die Lage auf. Als ihm General Vrussilow am 6. Zum vorschlug, zur Erhaltung des Heeres allmählich auf rückwärtige Stellungen zurückzugehen, um die große Schlacht etwa an der Gnila Lipa zu schlagen, wollte General Fwanow davon nichts wissen. Cr antwortete, die Aufgabe
0 S. 440, Anm. 4.
2) Briefwechsel Suchomlinow/Ianuschkewitsch, 7. Juni.
3) S. 440, Anm. 4.
4) Im Mai III. Korps (56. u. 73. Div.), XIX. Korps (17. u. 38. Div.), XXXVII. Korps (6., 68. u. 79. Div.); außerdem Inf. Brig. XIII., 1. kauk. u. 3. turk. Schütz. Brig.
442
Die russische Oberste Führung bis Ende August.
«.Juni, sei, trotz schwierigster Umstände jeden Fußbreit Landes zu verteidigen; „der Kaiser, Rußland und der Großfürst fordern von uns hartnäckigen Kampf. . . Wir haben doch nicht deswegen das ganze Gebiet mit einem Netz starker Stellungen überzogen, um jetzt, nur durch Nachhuten gedeckt, in einem Zuge zurückzuweichen'").
An demselben Tage berichtete der Großfürst dem Zaren2), daß der Fehlbestand jetzt 300 000 Mann an der Südwestfront und 100 000 Mann an der Nordwestfront betrage, für den eintreffenden Ersatz aber die Waffen fehlten; „damit hört jede Strategie auf". Der Ausbildungsstand des Ersatzes, der bei dem Mangel an Gewehren kaum schießen gelernt habe, sei unter jeder Kritik; es fehle an Offizieren. „Die Initiative können wir nicht wieder an uns reißen, sondern müssen uns darauf beschränken, die Stöße des Gegners abzuwehren . . . Durch die ungeheuren Verluste sinkt der Wert der Truppe mit jedem Tage; die Einheiten schwinden dahin." Obgleich jetzt Italien in den Krieg getreten sei, hätten die Deutschen ihre Kräfte gegen Rußland verstärkt. Auch der Angriff der Franzosen fei wirkungslos geblieben, trotz ihres Einsatzes von zehn Korps, Überlegenheit an Artillerie und unbegrenzter Munition2). Es sei „betrübend und beschämend", daß Rußland „wirklich mehr als heldenhafte, glänzende Truppen aus Mangel an Waffen und Munition unerhörte Verluste erleiden und dafür nicht einmal durch Erfolge belohnt werden". Vei solcher Lage kam in den gleichzeitig mit den Westmächten gepflogenen Unterhandlungen über bessere Zusammenarbeit nur Hilflosigkeit .zum Ausdruck, auf den Gang der Ereignisse blieben sie ohne Einfluß.
8.Zuni. Am 8. Juni antwortete General Ianuschkewitsch General Alexejew auf dessen Vorschlag zum Ausweichen, daß am Rarew und bei Grojec die letzten Stellungen lägen, die ohne Preisgabe der Gesamtlage noch in Frage kämen. Cr erhalte vier Abteilungen schwerer Artillerie, das bedeute eine „wesentliche Verstärkung'") der Nordwesssront. Die endgültige Entscheidung darüber, was nun geschehen solle, bliebe ihm überlassen. Der Großfürst war damit einverstanden, die Bewegung bald durchzuführen; Bedingung sei nur, daß mit dem Bau eines zweiten Stellungssystems hinter Vobr und Rarew sowie im Rücken der Stellungen von Grojec und Radom alsbald begonnen werde. An der Südwestfront sah sich General Vrussilow 15, Juni, am 15. Juni gezwungen, den Rückzug auf die Grodek-Stellung westlich von
0 Rjesnamow, S. 57.
2) Rjesnamow, S. 56 ff. und Bontsch-Vrujewitsch, S. 259.
3) S. 84 ff. Die Franzosen waren über das Stärkeverhältnis anderer Ansicht.
4) Insgesamt 8 Batterien 15 oiu-Haubitzen und 4 Batterien 10 ow-Kanonen, zusammen 48 Geschütze. — Vgl. S. 437.
Rückzugserwägungen. Fall von Lemberg. 443
Lemberg zu befehlen. Nach den ungeheuren Verlusten, die vor allem diese Front gehabt hatte, wurde der Gesamtfehlbestand jetzt schon auf 500 000 Mann beziffert. Der Gewehrmangel nahm zu; in den Kolonnen der Süd-westfront fehlten bis zu 60 vom Hundert am Sollbestande der Munition.
Am 17. Juni wurde in einer Besprechung mit den Oberbefehls- tr.s«»*. hadern der Heeresgruppen in Cholm Abwehr als Aufgabe für die nächste Zukunft festgelegt, um die Schlagkraft des Heeres wiederherzustellen und später, wieder zum Angriff überzugehen. Die Nordwestfront habe den mittleren Njemen, den Vobr, den Narew und die Weichsel bis Iwangorod einschließlich als Hauptverteidigungsstellung anzusehen. Vorwärts dieser Linie dürfe die Front, wenn nötig, verkürzt werden, doch sei Warschau „bis zum äußersten" zu halten. Die Südwestfront, deren rechter Flügel (3. Armee) noch vorwärts des unteren San stand, könne angesichts des scharfen deutschen Druckes in der Richtung auf Lemberg bis Lublin—
Cholm und südlich davon bis an die Reichsgrenze ausweichen, solle dabei aber dem Gegner unter Ausnutzung jedes sich bietenden Geländeabschnittes Aufenthalt bereiten. Am diese Front zu stärken, griff man zu äußersten Mitteln; ihrer Infanterie sollten sofort aus jedem Kavallerie-Regiment des gesamten Heeres 30 zu Unteroffizieren geeignete Mannschaften „mit Gewehren", 100 000 Ersatzmannschaften „mit Gewehren" und der gesamte noch verfügbare Gewehrbestand von 40 000 Stück überwiesen werden.
Weitere 150 000 Gewehre hoffte man in den nächsten Monaten durch Ausstattung der Crsatz-Vataillone mit japanischen Waffen freizumachen; die Fabriken leisteten etwa 45 000 Stück monatlich. Alle Infanterie-Regimenter sollten nach Bedarf von vier auf drei Bataillone herabgesetzt werden.
Auf Grund der Cholmer Besprechung befahl die O b e r st e H e e r e s - is.J««k. leitung am 19. Juni, den rechten Flügel der 3. Armee auf das rechte San-Afer zurückzunehmen und den Anschluß an die 4. Armee der Nord-westfront künftig an der Weichsel bei Zawichost zu halten. Als sich dann die 8. Armee in der folgenden Nacht genötigt sah, auf Lemberg selbst auszuweichen, wurde „gründlichste Räumung" der galizischen Hauptstadt und des ganzen noch besetzten Teiles von Galizien angeordnet. Der Verlust Lembergs am 22. Juni war für Rußlands Ansehen ein besonders schwer empfundener Schlag. Die Lage hatte sich so zugespitzt, daß große Entscheidungen getroffen werden mußten. Im Innern des Reiches zeigte sich Unzufriedenheit, die in Moskau zu Stratzenunruhen geführt hatte.
„Von allen Seiten schreit man", schrieb der Generalstabschef an den Kriegsministers, „und schreckt uns mit der Hydra der Revolution. Das hat uns
!) Briefwechsel Suchomlinow/Ianuschkewitsch, 22. und 23. Juni 1915.
444
Die russische Oberste Führung bis Ende August.
noch gefehlt. Mit Rumänien zieht man die Sache hin, mit Schweben1) ängstigt man uns. Es wird von Stunde zu Stunde schlimmer. — Auch der innere Feind beginnt sich zu regen. Duma-Abgeordnete sind zu einem Kongreß zusammengetreten. Im Grunde genommen ist die Duma, ohne einberufen zu sein, von sich aus zusammengetreten und will die Herrschaft ausüben."
25.61827.sutii. Am 25.Juni kam der Zar, begleitet von sämtlichen Ministern, ins
Große Hauptquartier. Cr hatte vorher den Kriegsminister General Suchomlinow, dem die Schuld an der ungenügenden Versorgung des Heeres mit Waffen und Munition vorgeworfen wurde, seiner Stellung enthoben und durch General Poliwanow ersetzt. Vei der Beratung in Varano-wicze") wurde die gesamte Lage eingehend erörtert. Politisch war das Ergebnis der Kaiserliche Erlaß vom 27. Juni, durch den die Duma einberufen und das russische Volk zum Aushalten ermahnt wurde mit der Begründung: „Der Feind muß niedergerungen werden, sonst ist der Friede unmöglich." Für Polen sollte die schon im Jahre 1914 kurz nach Kriegsausbruch zugesagte Selbstverwaltung ausgearbeitet werden.
Uber die militärischen Entschließungen berichtet General Danilow'): Für den Großfürsten als Obersten Befehlshaber sei das Hauptziel gewesen, das Heer zu erhalten. Dabei hoffte er, daß der Druck der Bundesgenossen schließlich doch einmal Entlastung bringen, und daß die „Wegelosigkeit" des nahenden Herbstes dem deutschen Vormarsch ein Ziel setzen müsse. Cs handelte sich also um Zeitgewinn, wobei das „unermeßliche Gebiet" Rußlands große Möglichkeiten bot. And doch sollte auch künftig ohne zwingende Rot kein Schritt russischen Bodens dem Feinde preisgegeben werden. Wenn es nicht gelinge, schon weiter westlich stehenzubleiben, so sei die Abwehr in der Rjemen—Bug-Linie am aussichtsreichsten. Sie maß von Riga bis zur rumänischen Grenze nur etwa 1000 Kilometer und hatte dicht hinter sich die Cisenbahn-Ouerverbindung Riga—Wilna—Baranowicze—Rowno —Kamieniec Podolski, mit zahlreichen Abzweigungen nach Westen und Osten. Jene günstigste Abwehrlinie hatten die äußeren Heeresflügel im Ausweichen schon beinahe erreichte, während die Mitte noch weit vorwärts in Polen stand. Diese galt es nötigenfalls aus bedrohlicher Umklammerung herauszuführen. Cs war daher erwünscht, sie einheitlichem Befehl zu unterstellen. Gleichzeitig mußte dem Umstande Rechnung getragen werden, daß
!) Band II, S. 33.
2) Danilow, S. 521, meint sich zu erinnern, daß die Beratung schon am 24. Juni stattgefunden habe. Der! Zar soll aber nach Palsologue I, 6. 358, erst am 25. von Zarskoje-Sjelo abgereist sein. — s) Danilow, S. 522 ff.
Wechsel des Kriegsministers. Rückzugsvorbereitungen.
445
die Armeen bei etwaigem noch weiteren Zurückweichen auf die Rokitno-Sümpfe1), das große Wald- und Sumpfgebiet des oberen Pripjet, stoßen würden. Nach bereits im Frieden angestellten Erwägungen sollte in solchem enbegmti. Falle das Schwergewicht der Kriegführung nördlich des Sumpfgebietes an den Straßen nach Moskau und Petersburg liegen. Daher wurden die nördlichste Armee der Südwestfront (3. Armee) und die große Bug-Festung Brest Litowsk bereits jetzt der Nordwestfront überwiesen. Die Grenze lag künftig in der Linie Rawa Ruska—Sokal, so daß die Gesamtfront in Polen, der ganze „vordere Kriegsschauplatz, in das Gebiet der Nordwestfront fiel. General Iwanow mit nur drei Armeen (8., 11. und 9. Armee) mit zwölf Korps, die 36 Divisionen und damit etwa ein Drittel des Gesamtheeres umfaßten, fiel die Deckung südlich der Nokitno-Sümpse in der Richtung auf Kiew zu. Zur Zeit stützten sich seine Armeen in etwa 300 Kilometer breiter Front auf den oberen Lauf des Bug, die Zlota Lipa und den Dniester bis zur rumänischen Grenze östlich von Czernowitz.
„Den verantwortungsvollsten Teil der allgemeinen Aufgabe"^) hatte künftig General Alexejew als Oberbefehlshaber der Nordwestfront zu erfüllen. Ihm unterstanden auf einer zur Zeit 1300 Kilometer messenden Front acht Armeen (vom rechten Flügel beginnend: 5., 10., 12., 1., 2., 4., 3. und neuzubildende 13. Armee) mit 37 Korps, die 80 Divisionen und damit rund zwei Drittel des Gesamtheeres umfaßten. Er hatte gegebenenfalls die zur Zeit noch in Polen stehenden sechs Armeen durch den Raum zwischen Osowiec und den Rokitno-Sümpfen zurückzuführen, der trotz einer Breite von etwa 200 Kilometern durch die geringe Zahl der benutzbaren Wege doch eine Art Enge darstellte. Die Linie Lomza—Osowiec—Wald von Augustow mußte daher unbedingt gehalten werden; Sumpfstrecken erleichterten das. Aber auch die Gefahr, die ein Angriff gegen den schwachen Nordflügel für die Gesamtlage nördlich der Rokitno-Sümpfe mit sich bringen konnte, „mußte die Oberste Heeresleitung stets im Auge behalten".
So war alles durchdacht und vorbereitet für den Fall, daß der Rückzug unvermeidlich wurde, der die Räumung von ganz Polen mit Warschau in sich schloß. Dem französischen Botschafter legte Minister Sasonow am 28. Juni in Petersburg beruhigend bar3): „Das russische Heer wird seinen Rückzug so langsam als möglich durchführen und jede Gelegenheit zu Gegenangriffen und zur Beunruhigung des Feindes ausnützen. Wenn Großfürst Nikolaus feststellen sollte, daß die Deutschen einen Teil ihrer Streitkräfte abberufen, um sie an der Westfront zu verwenden, wird er augen-
*) In früheren Bänden Poljesje genannt.
2) Danilow, S. 522.
8) Palsologue I, S. 360.
446
Die russische Oberste Führung bis Ende August.
5. Juli.
blicklich die Offensive wieder aufnehmen. Sein Feldzugsplan gestattet ihm, zu hoffen, daß sich unsere Truppen noch mindestens zwei Monate in Warschau werden halten können."
Als dann schon in den letzten Juni- und ersten Iulitagen der neue linke Flügel der N o r d w e st f r o n t und vor allem der rechte der Südwestfront dem Drucke der Mittelmächte weiter nachgeben mußten, wollte General Alexejew südlich der Linie Lublin—Cholm, wo der Gegner den Hauptstoß zu führen schien, weiter hartnäckigen Widerstand leisten; er bereitete sich aber auch auf die Möglichkeit eines deutschen Angriffs in der empfindlichsten Richtung, aus Ostpreußen über Osowiec, vor. Cr gab am 4. Juli der in Westpolen am meisten ausgesetzten 2. Armee den Befehl, in der Nacht zum 7. Juli die eingesetzten Festungsgeschütze abzuschieben und selbst in die Vlonie—Grojec-Stellung zurückzugehen; auch die südlich anschließende 4. Armee und die an der Rarew-Front stehende 12. und 1. Armee sollten sich der Bewegung anschließen. Die Ausführung wurde dann aber wieder angehalten, der Zeitpunkt für sie noch offen gelassen; mit den Vorbereitungen für die Räumung von Warschau wurde jedoch begonnen.
Auf Bitten des Generals Alexejew kam der G r o ß f ü r st am 5. Juli selbst nach Siedlce und gab ihm freie Hand durch eine Weisung, in der es hieß: Der Gegner, der nördlich des Rjemen offensichtlich nur ein Schein-unternehmen ausführe, bedrohe durch den Angriff auf Lublin—Cholm die ganze Lage auf dem vorderen Kriegsschauplätze. Falls es nicht gelinge, diesen Angriff zum Stehen zu bringen, solle General Alexejew weiter ausweichen, „um die lebendige Kraft des Heeres für den noch lange dauernden Krieg" zu erhalten. Dabei wurde nun aber im Süden bereits die Preisgabe der Bug-Linie in Aussicht genommen, indem die Front Lomza— Malkin—Lukow—Ratno, dieses 75 Kilometer südöstlich von Brest Litowsk am oberen Pripjet, als nächste Widerstandslinie in Aussicht genommen wurde; äußerste Grenze für den Rückzug sollte zunächst die Linie Vobr— oberer Rarew—Brest Litowsk—Ratno sein. Damit fiel der Südwestfront künftig die Front zwischen den Rokitno-Sümpfen und der rumänischen Grenze zu. Iwängorod, Warschau und die Rarew-Plätze sollten nicht als Festungen verteidigt, sondern als Teile der Feldstellungen mit diesen geräumt werden. Für die große und starke Festung Nowogeorgiewsk das gleiche anzuordnen, konnte sich der Großfürst aber nicht entschließen, dieser Platz, der Warschau deckte, sollte gehalten und bis zum äußersten verteidigt werden; die Anmöglichkeit, ihn angesichts der ohnehin schon überlasteten, von Warschau nach Osten führenden Bahnen rechtzeitig zu räumen, hat dabei entscheidend mitgesprochen. Einstweilen hoffte der Großfürst aber, den Rückzug noch hinausschieben zu können. Am Isonzo hatte der italie-
Wirkung der deutschen Angriffe.
447
nische Angriff begonnen1), vielleicht erlahmte die deutsche Stoßkraft doch noch. Selbst im ungünstigsten Falle rechnete er damit, Warschau mindestens noch einen Monat, also bis Anfang August, halten zu sönnen2).
Die Schwierigkeit und Ansicherheit der Lage kam auch auf der zu dieser Zeit (7. Juli) im französischen Großen Hauptquartier zu Chantilly abgehaltenen Besprechung^) zum Ausdruck, indem der russische Militärattache,
Oberst Graf Ignatiew, über die nächsten Absichten des Großfürsten keine bindende Erklärung abgeben konnte.
Durch den Erfolg des am 13. Juli einsetzenden großer: deutschen ir.Zuli. Angriffs gegen die Rarew-Fronf) wurde General Alexejew gezwungen, seiner 2. Armee die Ausführung des Rückzuges in die Vlonie—Grojec-Stellung zu befehlen; die Bewegungen wurden in der Nacht zum 17. Juli angetreten. Das bedeutete die entscheidende Wendung. An die Westmächte gingen ernst gehaltene Telegramme; sie verlangten, daß die Italiener schärfer zufaßten. Die Serben hatten bereits die Nachricht erhalten, daß ihr Vorstoß auf Laibachs) „angesichts der Antätigkeit der Italiener" nicht mehr in Frage komme; sie sollten sich statt dessen bereit halten, auf gegebenes Zeichen nach Syrmien einzufallen. Ganz traute ihnen die russische Heeresleitung nicht mehr, denn sie führten seit Anfang Juni einen Kleinkrieg, um Albanien in die Hand zu bekommen, wobei der Interessengegensatz gegen Italien eine Rolle spielte, das schon im Dezember 1914 Valona beseht hatte.
Serbien sollte sogar, wie man hörte, mit Wien über einen Sonderfrieden verhandeln2).
Mit dem Vordringen der ö.-u. 1. Armee auf das Ostuser des Bug") is.I«a. war das Festhalten dieser Flußlinie durch die Südwestfront bereits in Frage gestellt. Als dann am 19. Juli auch die Armee-Abteilung Woyrsch zum Angriff antraf) und die Armee-Gruppe Gallwih vor Pultusk und Rozan stand2), kam der G r o ß f ü r st abermals nach Siedlce und gab General Alexejew nochmals ausdrückliche Vollmacht, die Armeen „nach Bedarf" über die Weichsel nach Osten zurückzuführen. Warschau sollte in folgenden „sehr möglichen" Fällen geräumt werden: einmal, wenn der
9 S. 31.
2) Kudaschew-Vriefe, 6. Juli 1915.
3) Näheres folgt in Band IX.
4) Einzelheiten der russischen Gegenmaßnahmen an dieser Front siehe S. 301 und 370; an der Südwestfront S. 389 f.
5) S. 439.
e) Kudaschew-Vriefe, 18. und 24. Juli 1915. — Vgl. auch S. 606 und 611.
7) S. 390 ff. — s) Ebenda. — =>) S. 304 f.
448
Die russische Oberste Führung bis Ende August.
21. bis 24. Juli.
28.Su«.
29. Sutt bis 5. August.
Gegner im Norden die Front endgültig durchbreche, außerdem aber auch, wenn er im Süden bis Iwangorod—Brest Litowsk vordringe*).
In der Nacht zum 21. Juli wurde im Anschluß an die zurückweichende 4. Armee auf dem Nordflügel der 2. Armee die Grojec-Stellung aufgegeben, am 22. erteilte General Alexejew für seinen Südflügel (4., 3. und 13. Armee) den Befehl zum allmählichen Ausweichen in die Linie Iwangorod—Kowel. Die nächsten Tage brachten den Fall der Narew-Linie Pultusk—Lomza. Gleichzeitig begann aber auch der Druck der neuen deutschen Angriffe in Litauen und Kurlands zu wirken, die jetzt bereits den Weg nach Wilna bedrohten. Am 24. Juli berichtete Fürst Kudaschew, der Vertreter des Außenministers im Hauptquartier, nach Petersburg, General Ianuschkewitsch habe ihm, „tief Atem holend", erklärt: „Wir müffen den Becher bis zur Neige leeren" und auf die Frage, woher denn die größte Gefahr drohe, auf die Riga—Schaulen-Front weisend gesagt: „Wenn die Deutschen dort weiter angreifen, müffen wir Warschau räumen und — zurückgehen."
General Alexejew hielt die Lage auf dem äußersten Nordflügel aber einstweilen noch nicht für bedrohlich. Wie er am 28. Juli bei einer abermaligen Besprechung in Siedlce dem Großfürsten vortrug, seien die dort eingesetzten deutschen Kräfte für eine große Operation zu schwach, neue Entschließungen noch nicht nötig. General Danilow legte demgegenüber der Front nördlich des Njemen „überragende Bedeutung" bei, und der Großfürst befahl dementsprechend die sofortige Verstärkung der dort kämpfenden 5. Armee durch zwei Infanterie^)- und eine Kavallerie-Division von der Südwestfront. Den Zeitpunkt für die Räumung der Weichsel-Linie überließ er aber wie bisher General Alexejew. Für das Schicksal Warschaus wurden jetzt die Ereignisse an der Narew-Front als entscheidend angesehen, denn ein deutscher Durchbruch in der Richtung auf Wyszkow am Bug konnte den Rückzug der noch an der Weichsel stehenden russischen Truppen sehr erschweren. An der Front Lublin—Cholm glaubte man sich zu dieser Zeit halten zu können, auch wurde ein Angriff an dieser Stelle als weniger bedrohlich angesehen.
Der überraschende Weichsel-Übergang der Armee-Abteilung Woyrsch in der Nacht zum 29. Juli zwischen Warschau und Iwangorod brachte neue Sorgen. Als es der russischen 4. Armee nicht gelang, den Gegner hier wieder zurückzuwerfen, befahl General Alexejew am 2. August der 2. Armee das Westufer des Stromes und damit Warschau zu räumen; die Linie der
*) Kudaschew-Vrief vom 22. Juli 1915. -) S. 460 ff.
3) 69. und 2. sinnt. Div.
Anordnungen für den Rückzug.
449
alten Außenforts sollte zwar zunächst noch besetzt bleiben, aber nicht verteidigt werden. Am 4. August wurde der links der Weichsel gelegene Brückenkopf von Iwangorod geräumt; in der folgenden Nacht verließen die letzten russischen Truppen Warschau und sprengten die Brücken. Am 5. August befahl General Alexejew für die Nacht zum 7. den Beginn des allgemeinen Rückzuges von der Weichsel nach Osten, nächstes Ziel war die Linie Lomza—Malkin—Lukow—Cholm. Durch die Verkürzung der Front frei-werdende Teile sollten den äußersten rechten Flügel (5. und 10. Armee) verstärken, für den man jetzt in zunehmender Sorge war.
Währenddessen hatte der Großfürst dem Oberbefehlshaber der Südwestfront in dessen neuem Hauptquartier Rowno bereits am 3. August die Absicht des weiteren Rückzuges in die Njemen—Bug-Linie mitgeteilt und dabei dargelegt, daß auch diese Linie im Norden bereits von Umfassung bedroht sei. Um vor allem die 5. Armee zu stärken, hatte die Südwestfront jetzt 120 einzelne Kompagnien abzugeben. Insgesamt fehlten der Nordwestfront bereits 650 000 Mann an der Sollstärke. Für die Lücke, die zwischen beiden Heeresgruppen bei der Fortsetzung des Rückzuges in der Richtung auf Pinsk entstehen mußte, waren gegen den Feind südöstlich von Wladimir Wolynsk jetzt auf 30 Kilometer Breite nur noch zwei Kavallerie-Divisionen verfügbar. Am 6. August kam der Großfürst abermals nach Rowno1). Mit welchen Möglichkeiten die Oberste Heeresleitung angesichts der Erschütterung der Nordwestfront und der dauernden Schwächung der Südwestfront jetzt bereits rechnete, zeigt der dabei gefaßte Entschluß, über den Dnjepr bei Kiew und unterhalb auf einer 200 Kilometer messenden Stromstrecke sieben Brücken herstellen zu lassen. Trotz alledem hielt sie an der Hoffnung auf schließlichen Sieg fest. Ms Fürst Kudaschew in diesen Tagen Mitteilung über deutsche Friedensfühler') machte, verhielt sich General Ianuschkewitsch sehr ablehnend. Dot Fürst berichtete an den Minister Sasonow: „Ich glaube, daß man hier wie auch überall in Rußland fühlt, daß es undenkbar ist, den Krieg mit einem Mißerfolge zu beenden3)."
Angesichts der deutschen Angriffe nördlich des Njemen und vor Kowno waren aber auch die Sorgen um den rechten Heeresflügel weiter gewachsen. Schon am 30. Juli hatte General Alexejew ernste Bedenken wegen der Möglichkeit eines deutschen Durchbruchs zwischen der 5. und
0 Rjesnamow, S. 87. — Möglicherweise liegt ein Irrtum im Datum vor und es handelt sich auch hier um die Reise vom 3. August.
2) S. 604 ff.
8) Kudaschew-Brief vom 3. August 1915. t Weltkrieg. VIII. Band. 29
3. bis 6. August.
450
Die russische Oberste Führung bis Ende August.
9. August.
14. August.
17. August.
10. Armee auf Swenzjany geäußert, für den sich die Deutschen überraschend schnell verstärken könnten. Cr würde zu sofortiger Schwächung der Weichsel-Front zwingen, deren Räumung damals noch nicht befohlen war. Die 5. Armee sollte ihren Schwerpunkt daher mehr nach Süden, in die Gegend von Dünaburg verlegen. Am 9. August bekam nochmals die Südwestfront Befehl, zwei Divisionen zur 5. Armee abzugeben*). Bei der Nordwestfront fragte der G r o ß f ü r st an, ob es nicht „zur Verstärkung am mittleren Njemen und an den Straßen nach Kowno, dem Abschnitte, der die ganze künftige Front zu stützen habe, geboten sei, die Front in Polen weiter zurückzunehmen". Die an diesem Tage von der deutschen 12. und 8. Armee südlich von Lomza gegen die russische 12. und von der Heeresgruppe Mackensen bei Lubartow gegen die 3. Armee geführten Schläge2) beschleunigten die Durchführung der Rückzugsbewegung. „Am die Armeen nicht zu völliger Auflösung zu bringen", befahl General Alexejew am 10. August für die 12., 1.,2., 4. und 3. Armee weiteren Rückzug bis in eine von Osowiec östlich an Lukow vorbei nach Süden laufende Linie. Die Bewegung sollte schrittweise ausgeführt werden; Kavallerie und Nachhuten hatten den Gegner immer wieder auszuhalten und zur Entwicklung zu zwingen, während gleichzeitig ganze Korps als Reserven herauszulösen waren. Diese Bewegung zog aber auch weiteres Ausweichen der südwestlich von Kowel mit dem rechten Flügel am Bug stehenden 13. Armee nach sich, die die Oberste Heeresleitung zum Schutz von Vre st Litowsk gerne noch hätte stehen lasten. Andererseits war die südwärts anschließende Südwestfront durch Abgaben für den Norden bereits so geschwächt, daß auch sie zum Halten ihrer Linie kaum noch imstande war.
Das rasche Fortschreiten des deutschen Angriffs gegen Kowno steigerte die Besorgnisse. Am 14. August bestimmte die Oberste Heeresleitung das beste und zahlenmäßig stärkste Korps des Heeres, das Gardekorps'), von der 3. Armee nach Wilna; diese Armee schmolz damit von 90 000 auf 63000 Gewehre zusammen, die sich auf fünf noch verbleibende Korps (zehn Divisionen) verteilten.
Die folgenden Tage brachten eine entscheidende Änderung in der Gliederung des Heeres. Nach Erörterungen, die bis zum 28. Juli zurückreichten, und nach einer Besprechung mit General Alexejew
0 65. und 4. sinnt. Div.
2) S. 355 und 414.
3) Zwei Infanterie-Divisionen und eine Schützen-Brigade.
Neugliederung des Heeres.
451
am 16. August in besten neuem Hauptquartier Wolkowysk wurde am 17. August die Teilung der übergroßen Nordwestfront in eine Nord-front unter General Rußki, dem wieder genesenen früheren Oberbefehlshaber der NordwestfrolE), und in eine Westfront unter General Alexe-jew befohlen. Die neue Einteilung sollte am 31. August in Kraft treten.
Während die Westfront künftig mit der 1., 2., 4. und 3. Armee in der Linie Grodno—Brest die Straßen nach Moskau deckte, sollte die Nordfront (mit dem Küstenschutz betraute 6. Armee, 5. Armee, eine bei Wilna unter Auflösung der bisherigen 12. und 13. zu bildende neue 12. Armee und 10. Armee) die Wege decken, die über See und aus Ostpreußen auf Petersburg führen, wozu ihr auch die Ostsee-Flotte unterstellt wurde, und die Linie des mittleren Njemen halten. Vor allem sollte K o w n o, die starke Stütze dieser Front, mit allen Mitteln gegen den im Gang befindlichen deutschen Angriff behauptet werden. Das Streben ging weiter dahin, schließlich doch noch so viel Kräfte zusammenzubringen, daß man den Gegner auf diesem Flügel nach Westen zurückdrücken konnte, „um ihm die günstige Ausgangsstellung für eine Umgehung der Gesamtfront zu nehmen".
Daher sollte General Alexejew zur Bildung der neuen 12. Armee bei Wilna außer dem Gardekorps der 3. Armee auch noch die beiden kampfkräftigsten Korps der 13. Armee abgeben, er gab statt besten aber zwei abgekämpfte Korps (II. sibirisches und II. kaukasisches).
Im übrigen erfuhren diese Pläne schon in den nächsten Tagen dadurch >«. August und eine Änderung, daß einerseits völlig unerwartet am 18. August Kowno sielfot0ettbe$a0e* und deutsche Flottenteile in den Rigaer Meerbusen eindrangen, andererseits die Frage einer Neubesetzung der Ober st en Heeresleitung sich fühlbar machte. Seit General Suchomlinow nicht mehr Kriegsminister war2), galt auch die Stellung des Generalstabschefs, Generals Ianusch-kewitsch, als erschüttert. Als General Alexejew, in dem man den Nachfolger vermutete, jetzt den Vorschlag machte, die 12. Armee unter den veränderten Verhältnissen nicht bei Wilna, sondern bei Riga zu bilden, dazu aber vorher General Rußki als künftigen Oberbefehlshaber der Nordfront zu hören, lehnte der Großfürst das letztere ab; aber auch er selbst „wünschte durch keinerlei Weisungen einen Zwang auszuüben". So wurde die neue Armee der Absicht des Generals Alexejew entsprechend bei Riga gebildet. Die von General Rußki angesichts des Erscheinens deutscher Kriegsschiffe vor Pernau geforderte und teilweise bereits angeordnete Ver-
!) Band VII, S. 300. — Inzwischen vorübergehend auch Oberbefehlshaber der 6. Armee.
2) S. 444.
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Wechsel in der Obersten Heeresleitung.
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Der Gesamtverlauf der russischen Operationen bis Anfang September war ein hartnäckiges Ringen um jeden Fußbreit Voden und Schuh der „Räumung" von Gebietsteilen, die schließlich doch aufgegeben werden mußten; nichts sollte dem Feinde in die Hände fallen- was ihm für die Kriegführung irgendwie dienen konnte.
Vom ausschließlich militärischen Gesichtspunkte können gegen solche Art Kriegführung Bedenken geltend gemacht werden, denn sie verbrauchte die Kräfte des Heeres in reiner Abwehr, obgleich der Raum zum Ausweichen vorhanden war. Bei rechtzeitiger Zurücknahme der Front konnte das russische Heer entscheidendem Zugriff der Mittelmächte so gut wie ganz entzogen werden. Auch eine große deutsche Operation nördlich des Njemen wäre bei frühzeitigem Aufbau eines starken russischen rechten Flügels wahrscheinlich bald zum Stehen gekommen, da sie durch schlechtere rückwärtige Verbindungen allzusehr in Nachteil geraten mußte. Sie hätte damit zu rein frontalem Abringen im Stellungskriege geführt, wobei das russische Heer als vollgültiger Machtfaktor in starker Abwehrstellung und bedrohlicher Nähe der Grenzen Deutschlands erhalten geblieben wäre, bereit, zu gegebener Zeit wieder zur großen Offensive vorzubrechen. Das könnte jeden Teilerfolg ausgeglichen haben, den die Mittelmächte inzwischen auf anderen Kriegsschauplätzen zu erringen imstande gewesen wären.
Für die Entscheidung der grundlegenden Frage, wie der Krieg im großen zu führen sei, waren aber — wie schon eingangs erwähnt — nicht militärische Gesichtspunkte allein maßgebend, sondern neben Rücksichten auf Wünsche der Westmächte letzten Endes außen- und innenpolitische Verhältnisse und damit der Zar und seine Regierung. Cs läßt sich auch nicht verkennen, daß das angewandte Verfahren den ganzen Sommer über sehr starke deutsche Kräfte gebunden hat, die bei raschem Rückzüge in die Njemen—Bug-Linie für andere Kriegsschauplätze freigeworden wären. Im übrigen hat die russische Heerführung die viele Hunderte von Kilometern umfassenden Rückzugsbewegungen mit Geschick durchgeführt, und zwar planmäßig in der von ihr selbst bewußt gewählten Richtung mit der Masse durch den beengten Raum zwischen Osowiec und den Nokitno-Sümpfen. Versagt hat die Widerstandskraft der Truppe aber doch nur deshalb, weil es ihr allzusehr an Offizieren, ausgebildetem Ersatz, Waffen und Munition mangelte und damit schließlich auch die Moral litt. Es ist bemerkenswert, daß die Geschützverluste an die Mittelmächte, abgesehen von dem in den Festungen, vor allem in Przemysl, Nowogeorgiewsk und Konnte angehäuften unbespannten, vielfach auch unbeweglichen und veralteten Gerät, von Mitte Mai bis Ende August insgesamt die Zahl von vielleicht
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Die russische Oberste Führung bis Ende August.
200 Stück nicht überstiegen haben, während die Einbuße an Gefangenen in diesen 3Y2iMonaten auf rund 850 000 (davon allein 90 000 Besatzung von Nowogeorgiewsk) anwuchsen. Dabei waren die Geschühverluste vor allem seit etwa Anfang Juli in auffallender Weise zurückgegangen, so daß vielleicht um diese Zeit, im Zusammenhange mit dem Gedanken an allgemeinen Rückzug, auch größere Zurückhaltung im Einsatz der Artillerie angeordnet worden sein mag. Die russischen Gesamtverluste betrugen nach einer Ende August dem französischen Botschafter gemachten Mitteilung1) des russischen Generalstabes von Mai bis Juli monatlich 350 000, im August 450 000, insgesamt also 1 500 000 Mann.
Die auf russischer Seite tatsächlich getroffenen Maßnahmen legen aber auch die Frage nahe, welche Aussichten eine frühzeitige, allerspätestens nach Wegnahme der Rarew-Linie, also etwa Ende Juli eingeleitete große deutsche Offensive auf Wilna gehabt hätte. Sie konnte unterstützt sein durch einen Land- und Seeangriff gegen Riga, vor allem aber durch gleichzeitigen scharfen Druck beiderseits des Bug von Süden. Die Kräfte dazu wären unschwer verfügbar gewesen. Der Rarew-Stoß hatte bereits geleistet, was nur von ihm zu erwarten war, und westlich der Weichsel war jeder kampfkräftige Verband entbehrlich. Eine gegen Konnt» und beiderseits dieser Festung überraschend einsehende starke deutsche Offensive hätte auf dem rechten Rjemen-5lfer zunächst sehr geringen russischen Widerstand getroffen und hier in schnellem ersten Anlauf tief eindringen können; es hätte langer Zeit bedurft, bis die Ruffen ausreichende Kräfte herbeibrachten, um solchen Stoß abzufangen. Der deutsche Erfolg mußte um so größer sein, je mehr es gelang, die um Kowno stehenden russischen Kräfte in doppelter Am-faffung zu vernichten, gegen Süden Raum zu gewinnen und damit die zwischen Osowiec und den Rokitno-Sümpfen ins Innere des Reiches führenden drei Bahnlinien zu sperren. Angesichts der hierbei sicher zu erwartenden kräftigen russischen Gegenmaßregeln mußte aber solche Offensive mit zunehmender Entfernung von den eigenen Kraftquellen und bei gleichzeitigem, durch Dauer und Heftigkeit der Kämpfe steigendem Nachschubbedarf immer schwieriger werden. Entscheidend mußte es daher sein, inwieweit es gelang, die erwähnten Zufuhrbahnen frühzeitig zu sperren und für die Dauer der Kämpfe gesperrt zu halten, um dadurch auch die Versorgung der aus Polen zurückströmenden russischen Massen zu erschweren, wenn nicht ganz zu unterbinden. Daß bei solcher Führung der Operationen
Paläologue I, S. 400.
Betrachtungen.
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eine Waffenstreckung wesentlicher Teile des konnte, ist möglich; sicherlich aber wäre ein vor allem an Gerät, verlustreicherer Rückzug als durch den Umfaffungsversuch westlich schauender Betrachtung will es scheinen, daß schätzt worden ist, der nun einmal schon Waffen für eine im wesentlichen frontal g> maßen gleichstarken Feind erforderlich war, jeden Schritt Bodens zu verteidigen. Gegners aber erwuchsen auch die Erfolgsaus starke UmfassungsOperation i
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russischen Heeres erreicht werden el rascherer und für die Rüsten, aus Polen erzwungen worden von Bug und Njemen. Rück-bei diesem der Zeitbedarf unter-bei damaliger Abwehrkraft der eführte Offensive gegen einiger-wenn dieser den Willen hatte, rade aus diesem Willen des sichten für eine weit ausholende Rjemen-Gebiet.
Anfang Juli.
F. Die Operation des Oberbefehlshabers Oft gegen Wilna.
J.Die Rümpfe in Litauen und Rurland bis Ende Augusts, a) Die Kämpfe der Njemen-Armee.
(Karten 6 und 7, Skizze 26.)
Der Iuli-Feldzug gegen Mitau und Schänken.
Vom Monat Juli ab sind die Kämpfe der Njemen-Armee nicht mehr als selbständige Einzelhandlung, sondern als Vorbereitung einer künftigen Offensive auf Wilna zu werten, die der Oberbefehlshaber O st als wirkungsvollste Unterstützung der Offensive in Südpolen am 2. Juli in Posen vorgeschlagen hatte, und die für einen späteren Zeitpunkt auch die Billigung des Generals von Falkenhayn gefunden hatte2). Der Oberbefehlshaber Ost behielt sie unentwegt im Auge. Sollte diese Durchbruchsoperation so tief in die feindliche Aufstellung eindringen, daß sie volle Wirkung hatte, dann mußte einerseits die große Festung Kowno genommen werden, die den Nordflügel der russischen Njemen-Front stützte, andererseits war Sicherung gegen die aus dem Inneren des Reiches nach Dünaburg und Riga heranführenden Bahnlinien nötig. Die letztere Aufgabe mußte zuerst gelöst werden, wobei Vorgehen bis an die untere Düna und Sperrung dieser Stromlinie das wirksamste Mittel war und auf die Dauer am wenigsten Kräfte erforderte. Da aber von Anfang Juli an die ganze Kraft des Oberbefehlshabers Ost an die Narew-Operation gesetzt werden mußte, standen einstweilen nur sehr bescheidene Mittel zur Verfügung; Absichten und Ziele mußten sich dem anpassen und daher im einzelnen mehrfach wechseln.
Die 10. Armee hatte am 2. Juli die Weisung erhalten, die schon begonnenen Vorbereitungen für den Angriff auf Kowno2) einzustellen, und tags darauf den Auftrag4), in der bisherigen ausgedehnten Stellung die linke Flanke des Ostheeres zu decken; die Njemen - Ar m e e, bei der die 41. Infanterie-Division als neue Kraft zum Eingreifen bereitstand, sollte die russische 5. Armee angreifen, damit zugleich die deutsche 10. Armee entlasten und des Gegners Aufmerksamkeit von der Narew-Operation ablenken.
i) Anschluß an S. 130 ff. — 2) S. 271 ff. — --) S. 277. — *) S. 280.
Aufgabe und Gliederung der Njemen-Armee.
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Die Njemen-Armee unter General der Infanterie Otto von Velow deckte zu dieser Zeit mit rund sieben Infanterie-Divisionen und fünf Kavallerie-Divisionen2) den Raum nördlich des Njemen von der unteren Dubiffa bis in die Gegend östlich von Libau in einer Frontbreite von etwa 250 Kilometern. Der gegenüberstehende Feind schien an Zahl etwas überlegen2). General von Velow wollte den Angriff, ähnlich wie es der Oberbefehlshaber Ost seinerzeit in der Weisung vom 14. Juni2) angeordnet hatte, unter Vermeidung der starken feindlichen Stellungen bei Schau-len gegen den vorwiegend aus Kavallerie bestehenden russischen Nordflügel führen, um dann gegen Flanke und Rücken der Schaulen-Stellung einzuschwenken. Dementsprechend gliederte er seine Truppen unter Schwächung des rechten Flügels wie folgt:
Südgruppe unter Generalleutnant Freiherr von Richthofen (Höherer Kavalleriekommandeur 1 mit Abteilung Csebeck, 36. Reserve-Division, Division Veckmann, 3. und bayerischer Kavallerie-Division) vom Njemen bis zum Rakiewo-See südlich Schauten,
Korps Morgen (Generalkommando des I. Reservekorps mit Brigade Homeyer^) und 1. Reserve-Division) in den Stellungen vor Schauten,
Nordkorps unter General von Lauenstein (Generalkommando des XXXIX. Reservekorps mit 6. und 78. Reserve- und 41. Infanterie-Division) nördlich anschließend hinter dem Laufe der Windau bis nördlich der Bahnlinie Libau—Murawjewo,
K a v a l l e r i e k o r p s des Generalleutnants (Egon Grafen vonSchmettow(6. und 2. Kavallerie-Division) nördlich anschließend,
Gruppe des Generalleutnants von Papprih (Gouverneur von Libau mit 8. Kavallerie-Division und Truppen der Festung5)) bei Hasenpot und östlich davon.
Die Einnahme dieser Gliederung erforderte erhebliche Märsche; der Angriff konnte daher erst etwa am 15. Juli beginnen. Dabei sollte das Nordkorps, durch die Kavallerie in der linken Flanke begleitet, zunächst in der allgemeinen Richtung auf Mitau, der linke Flügel der Gruppe Pappritz
1) I. und Y» XXXIX. R. K., 41. I. D., 6. R. D., Div. Beckmann, Abt. Csebeck und Truppen von Libau; 2., 3., 6., 8. und bayer. K. D.
2) Tatsächlich etwa neun Infanterie- und sieben Kavallerie-Divisionen, im wesentlichen dieselben Kräfte wie aus S. 469 ersichtlich.
3)S. 127.
4) Gren. Regt. 2 und Crs. Regt. Königsberg nebst Artillerie usw.
5) Dabei 29. Ldw. Br. und zwei Brigaden der 4. K. D.
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Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
gegen Windau vorstoßen. Da die Truppen von Libau hierbei mitzuwirken hatten, wurde die Marine um Schutz des Platzes gegen See gebeten, außerdem aber auch um unmittelbare Unterstützung durch Seestreitkräfte beim Vorgehen gegen Windau. Wegen der beim Vorrücken bald zu erwartenden Nachschubschwierigkeiten wurde der Weiterbau der Vollbahn Memel— Vajohren über die Grenze bis zum Anschluß an die Bahn Libau—Schauten beim Chef des Feldeisenbahnwesens Ost beantragt, der dafür aber sechs Monate Bauzeit in Aussicht nahm; damit war den nächsten Operationen wenig gedient). Sie mußten sich auf die Bahn Libau—Schauten") stützen, deren östliche Hälfte einstweilen noch in russischer Hand war, und auf eine über Tauroggen auf Schauten im Bau befindliche Feldbahn.
Der Gegner verhielt sich ruhig; es schien, daß er seinen Nordflügel zugunsten der Front in Polen schwächte. Nordwestlich von Schauten rechnete man im ganzen mit nur etwa zwei russischen Infanterie-Divisionen, gegen die vier deutsche zum Angriff bestimmt waren. Auch lagen seit längerer Zeit Anzeichen dafür vor, daß die Rüsten das westliche Kurland bis zur Aa bei weiterem deutschen Angriff räumen würben8). i4. bis,7. In». Da der Angriff der Armee-Gruppe Gallwitz gegen den Narew am 13. Juli beginnen sollte, wurde das Vorgehen in Kurland auf Wunsch des Oberbefehlshabers Ost schließlich doch schon auf den 14. Juli festgesetzt, um die erstrebte ablenkende Wirkung sicherzustellen. An diesem Tage trat das Nordkorps, mit dem linken Flügel (41. Infanterie-Division) nördlich der Bahn Murawjewo—Mitau, zum Angriff an, links daneben drei Kavallerie-Divisionen. Auf etwa 30 Kilometer breiter Front wurde der Übergang über die Windau erzwungen, Mitte und linker Flügel gewannen gegen russische Kavallerie und Landwehr bis zu 15 Kilometer Raum nach vorwärts. Flieger meldeten im Norden fortgesetzte Brände sowie zahlreiche Flüchtlingskolonnen und ließen damit den Eindruck zur Gewißheit werden, daß der Gegner abziehen wolle. Andererseits kam auf dem rechten Flügel des Nordkorps die 6. Reserve-Division gegen stärkeren feindlichen Widerstand nur wenig vorwärts.
Am 15. Juli konnten die räumlichen Erfolge auf der ganzen Angriffsfront, vor allem aber auf dem Nordflügel, erweitert werden. Der Versuch, Teile des Gegners abzuschneiden, glückte aber ebensowenig wie am Tage vorher. Am 16. Juli versteifte sich der russische Widerstand. Bei der 6. Reserve-Division kam nur der linke Flügel vorwärts. Die 78. Reserve-
1) Aufzeichnungen des Generals Otto von Below. — Mit dem Bau wurde in der zweiten Iulihälfte begonnen.
2) S. 130. — 3) Ebenda.
Njemen-Armee. Der Angriff in Kurland.
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und 41. Infanterie-Division stießen bei Alt Auz auf starken Feind, gegen den die Entscheidung auf den folgenden Tag verschoben wurde. Inzwischen konnte das Kavalleriekorps Schmettow etwa zwölf Kilometer nordwestlich des Ortes nachmittags starke russische Kavallerie zersprengen und tief in die Nordflanke des Gegners vordringen; die vordersten Teile der 6. Kavallerie-Division kamen dabei bis Doblen, standen also bereits mehr als 30 Kilometer ostnordwärts von AltAuz. Mehrere tausend Gefangene und einige Geschütze waren die Veute dieser drei ersten Kampftage. Der Versuch, den Gegner bei AltAuz am 17.Juli durch umfassenden Angriff zu vernichten, glückte nicht, da er inzwischen starke Kräfte gegen Norden herausgeschoben hatte. Es kam zu ernstem Kampfe, der ihn nötigte, so eilig nach Osten auszuweichen, daß er abermals an 4000 Gefangene und einige Geschütze einbüßte. Abends war die Mitauer Bahn bis südlich von Doblen in deutscher Hand. Damit hatte man sich Mitau selbst auf 25 Kilometer genähert, während im Norden die Truppen des Generalleutnants von Pappritz bis dicht vor Tuckum gekommen waren.
Den Erfolgen auf dem Nordflügel stand ein Rückschlag auf dem Südflügel gegenüber, wo am 17. Juli der Angriff des Korps Morgen begonnen hatte. Seine I.Neserve-Division kam nur wenig vorwärts, links von ihr aber wurde die 6. Reserve-Division durch einen Gegenangriff feindlicher Verstärkungen veranlaßt, südlich von Okmjany unter ernsten Verlusten wieder gegen die Windau zurückzuweichen^).
In dieser Lage hielt General von Be low an der Absicht fest, zu- is. gutt. nächst den Angriff gegen den Feind im Norden fortzusetzen, um ihn, wenn möglich, von Mitau abzudrängen; dann erst wollte er mit ganzer Kraft nach Süden gegen den Schaulener Gegner einschwenken. So gelangten die deutschen Truppen im Laufe des 18. Juli bis vor russische Stellungen, die Mitau in einem Abstand von etwa zwölf Kilometern gegen Westen deckten. Bei Tuckum wurde der Westrand des großen Sumpfgeländes der Aa-Mündung erreicht. An der Küste wurde Windau besetzt, dessen Hafen durch versenkte russische Schiffe gesperrt war. Der Besitz des westlichen Teiles von Kurland war gesichert, der erste Abschnitt des geplanten Angriffs durchgeführt, die militärische Veute auf mehr als 6000 Gefangene und neun Geschütze gestiegen.
Für die nun folgende Operation gegen die russischen Hauptkräfte hatte General von Velow mittags die ersten Weisungen gegeben. Die 6. Reserve-Division sollte ihre Stellung behaupten, das
0 Die Russen meldeten 500 Gefangene und sieben Maschinengewehre als Beute.
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Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
Korps Morgen zu weiterem Angriff bereitstehen, während südlich vom Rakiewo-See die Südgruppe auf reichlich 40 Kilometer breiter Front mit dem rechten Flügel auf Gudziany zum Angriff vorzugehen hatte. Vom Nordkorps sollten als Ämfassungsflügel die 78. Reserve-Division Shagori, das Kavalleriekorps Schmettow Groß Milzen erreichen. Die 41. Infanterie-Division und die bisher dem Generalleutnant von Pappritz unterstehenden Truppen hatten Mitau abzusperren und, wenn möglich, im Handstreich zu nehmen; die Führung erhielt der Kommandeur der 8. Kavallerie-Division, Generalmajor Eberhard Graf von Schmettow.
Inzwischen waren die Ostseestreitkräfte, nach dem Gefechte bei Oestergarn am 2. Juli1), durch das IV. Geschwader (sieben ältere Linienschiffe) und leichte Streitkräfte aus der Nordsee vorübergehend bedeutend verstärkt worden. Der Oberbefehlshaber Ost sandte auf Veranlassung des Großadmirals Prinzen Heinrich einen Offizier nach Kiel, der dort am 19. Juli die Absichten der Njemen-Armee darzulegen und darauf hinzuweisen hatte, daß während der noch bevorstehenden Kämpfe Flottenunternehmungen im Rigaer Vusen erwünscht seien, um russische Landstreitkräfte jenseits der Düna zu binden. Dazu mußte allerdings vorher das Fahrwasser erkundet und von Minen freigemacht werden, was einige Zeit erforderte^).
re.undr«.Juli. Bei der Njemen-Armee überschritten die von Norden angesetzten Amfassungstruppen am 19. Juli ohne Kampf den Schwed-Fluß und erreichten die ihnen gesteckten Ziele Shagori und Groß Milzen; sie standen damit tief in des Feindes Flanke. Auf der übrigen Front verging der Tag mit Vorbereitungen für den Angriff. Als dieser dann am 20. Juli bei der Südgruppe unter Generalleutnant Freiherr von Richthofen planmäßig einsetzte, wich der Feind über die Dubiffa nach Osten aus, begann jetzt aber auch nördlich von Schauten vor der 1. und 6. Reserve-Division zurückzugehen. Diese beiden Divisionen sollten ihm, ohne zu drängen, an der Klinge bleiben, die Amfassungstruppen dagegen wurden von General von Velow zu höchster Eile angetrieben und erreichten im Rücken des Gegners die große Straße Schauten—Mitau. Die 78. Reserve-Division unter Generalmajor von Müller stand nach 30 Kilometer Marsch abends bei Meschkuze und damit unmittelbar im Rücken des bei Schauten noch haltenden Gegners, das Kavalleriekorps Schmettow hatte Ianischki erreicht.
2i.utiii22.3ult. General vonVelow durfte hoffen, am folgenden Tage, dem 21. Juli, noch erhebliche Teile der bei Schauten stehenden Russen zu fassen, auch
i) S. 131. — 2) Näheres s. Seekrieg, Ostsee, Band II, S. 224 ff.
Der Sieg der Njemen-Armee bei Schaulen.
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wenn diese — wie jetzt anzunehmen war — in mehr südöstlicher Richtung, etwa auf Poniewiez, zurückgingen. Er wollte den Ring um sie nicht nur von Norden, sondern auch von Süden schließen. Er befahl für die Divisionen des Nordkorps (6. und 78. Reserve-Division) und des Kavalleriekorps Schmettow (Egon) weiteres Vorgehen auf Schaulen und Radziwiliszki; überall sollte der Feind angegriffen werden. Die Südgruppe hatte dem Kavalleriekorps in der Richtung auf Radziwiliszki entgegenzustoßen, das Korps Morgen den nächtlichen Abzug seines Gegners zu verhindern und am 21. Juli aufs neue anzugreifen.
In der Frühe dieses Tages stießen nun aber die Russen, kehrtmachend, nach Osten gegen die deutsche 78. Reserve-Division scharf vor, während sie das Herankommen der von Norden gegen sie angesetzten 6. Reserve-Division bis in die Nachmittagsstunden verzögerten. Das Korps Morgen drang zwar in das nachts vom Gegner geräumte Schaulen ein, kam darüber aber nicht hinaus. So hatte die 78. Reserve-Division einen recht schweren Stand und konnte nicht verhindern, daß starke russische Kräfte, vor allem an ihrem Südflügel vorbei, nach Osten entkamen. Sie mußten auf die von Kosaki an der Muscha bis nördlich von Rozalin in breiter Front sperrenden beiden Kavallerie-Divisionen des Generalleutnants Grafen von Schmettow (Egon) stoßen. Von der Südgruppe erreichte die 36. Reserve-Division unter Generalleutnant Kruge kämpfend die Eisenbahn etwa halbwegs zwischen Kiejdany und Schadow; weiter nördlich war der russische Widerstand stärker, so daß die Division Beckmann und die bayerische Kavallerie-Division links rückwärts von der 36. Reserve-Division erheblich zurückblieben.
Der Ring um den Feind war noch nicht geschlossen, beiderseits von Schadow klaffte noch eine Lücke von 45 Kilometern. Der Weg nach Poniewiez stand dem Gegner offen. Aber auch im Norden war kaum damit zu rechnen, daß die Kampfkraft des Kavalleriekorps Schmettow (Egon) ausreichen würde, einen nachdrücklich geführten russischen Durchbruch aufzuhalten. Kämpfe und Märsche bei oft unzureichender Verpflegung und schwierigem Munitionsersatz, auf vielfach grundlosen Wegen, in großer Hitze und bei schweren Gewitterregen hatten vor allem die Truppen der Nordgruppe stark in Anspruch genommen, die seit nunmehr einer Woche ununterbrochen in Bewegung waren. Trotzdem mußte und sollte die letzte Kraft eingesetzt werden, um doch noch zu dem angestrebten großen Erfolge zu kommen.
Der Armeebefehl für den 22. Juli setzte das I. Reserve-korps von Schaulen nach Südosten, mit dem rechten Flügel längs der Bahn nach Schadow, zum Angriff an. Beide Flügelgruppen sollten gegen diese Bahn einschwenken und dadurch östlich von Schadow den Ring schließen.
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Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
Inzwischen war aber die Masse des Gegners bereits am Abend vorher und in der Nacht nach Osten entkommen und stürzte sich nun auf das in fast 30 Kilometer Vreitenausdehnung von Norden gegen seinen Rücken angesetzte Kavalleriekorps Schmettow (Cgon). In unübersichtlichem Gelände, zugleich im Rücken von russischer Kavallerie bedroht, sah es sich nach tapferer Gegenwehr abends genötigt, nach Norden hinter die Muscha auszuweichen. Der größte Teil des Gegners entkam ostwärts, nur kleinere Teile befanden sich noch in dem von den Infanterie-Divisionen inzwischen umstellten Raume, dessen Ostspitze aber nur etwa 15 Kilometer östlich von Schadow lag.
Am 23. Juli ging die Einschließungsbewegung in rein frontale Verfolgung über, die, durch russische Nachhuten aufgehalten, an diesem Tage noch eine Strecke gegen Osten fortgesetzt wurde. War es auch nicht gelungen, die bei Schaulen stehende russische Truppenmacht abzufangen, so war die Gesamtbeute doch dank schneller und zielbewußter Bewegungen in neun Tagen auf die für damalige Kampfverhältnisse recht erhebliche Zahl von rund 30 000 Gefangenen und 23 Geschützen gestiegen.
Gleichzeitig war es den Truppen des Generalmajors Eberhard Grafen von Schmettow (41. Infanterie-, 8. Kavallerie-Division und Abteilung Libau) gelungen, gegen Mitau weiter vorwärtszukommen. Etwa 3y2 russische Kavallerie-Divisionen nebst Infanterie schienen hier gegenüberzustehen.
Die Fortsetzung der Kämpfe und die Einnahme
von Mitau.
Beim Oberkommando der Njemen-Armee war der Erfolg gegen die russische 5. Armee am 23. Juli zunächst noch größer eingeschätzt worden, als er tatsächlich war. Der für den 24. Juli ausgegebene Armeebefehl begann mit der Mitteilung: „Die russische 5. Armee ist völlig geschlagen und zum größten Teile zersprengt." General von Below wollte seinen von Kämpfen und Märschen überanstrengten Truppen eine kurze Ruhe gewähren. Cr erwog, das Kavalleriekorps Schmettow (Egon) inzwischen über Bausk in den Rücken von Mitau vorgehen zu lassen, wozu sich dessen Führer auch imstande erklärte. In diesem Sinne ist auch an den Oberbefehlshaber Ost gemeldet worden. In dessen Kriegstagebuchs) heißt es unter dem 23. Juli: „Das Ergebnis ist die vollständige Zersprengung der Russen, die Reste auf der Flucht in südöstlicher Richtung. Damit ist diese Operation der Njemen-Armee abgeschlosien. In zehntägigen unaus-
!) Die Meldung der Njemen-Armee selbst ist nicht aufzufinden.
Neue Aufträge für 10. und Njemen-Armee.
463
gesetzten Kämpfen und Märschen haben die Truppen Ausgezeichnetes geleistet." Dementsprechend meldete der Oberbefehlshaber Ost an diesem Tage an den Obersten Kriegsherrn*). Cr selbst beurteilte die Lage nunmehr wie folgt2): „Für die weitere Durchführung der Operation in Richtung Wilna, die diesseitigen Erachtens allein ausschlaggebend ist, ist die Njemen-Armee zu schwach; eine Zuführung von Kräften ist zur Zeit nicht möglich2). Wohl aber kann diese Operation, zu der es nach diesseitiger Ansicht nach Abschluß der Narew-Operation kommen muß, vorbereitet werden. Hierzu gehören: die Wegnahme von Mitau, weil der Russe über Riga Kräfte hinführen und die Bewegungen in der Flanke bedrohen kann, und Vorbereitungen für die Wegnahme von Kowno. Der Besitz dieser Festung ist notwendig sowohl für eine Offensive in Richtung Wilna oder südöstlich zur Öffnung der Hauptstraße und Sicherstellung des Nachschubes auf der Bahn, als auch für jede andere Operation an anderer Stelle. Nur wenn wir diese Festung und Mitau im Besitz haben und die Zwischenlinie zwischen beiden Orten durch eine stark ausgebaute Linie gesichert ist, können stärkere Kräfte von hier weggezogen werden", das hieß: aus Kurland zum Einsatz gegen Wilna.
Nachmittags wurde für die Fortsetzung der Operationen befohlen: „Die 10. Ar niee hat mit ihrem linken Flügel am Njemen unterhalb Kowno diese Festung auf der Westfront möglichst eng abzuschließen. — Die Njemen-Armee bewirkt in gleicher Weise den Abschluß zwischen Njemen unterhalb und Niewiaza und baut eine Brücke bei WilkiH. Im übrigen stellt sich die Njemen-Armee mit ihren Hauptkräften bei Kiejdany zum Vormarsch auf Ianow bereit und sendet die Masse ihrer Kavallerie gegen die Bahn Kowno—Wilna und auf Wilna vor." Mit dieser Anordnung befand sich der Oberbefehlshaber Ost in voller Übereinstimmung mit der Ober st e n Heeresleitung, die tags darauf, unter Ablehnung von Verstärkungen für die 10. Armee, mitteilen ließ2), es werde von hoher Bedeutung für die Gesamtoperationen sein, wenn die Njemen-Armee zum wenigsten mit starker Kavallerie gegen die russischen rückwärtigen Verbindungen in die Gegend von Wilna bald vorgehe. Im übrigen besagte der Befehl des Oberbefehlshabers Ost, daß die linke Flanke der einschwenkenden Njemen-Armee durch Truppen bei Poniewiez gesichert, Mitau genommen werden solle. Hierzu, hieß es in Erweiterung des Planes des Generals von Below, werde die vorübergehende Entsendung einer weiteren Infanterie-Division von den Hauptkräften der Njemen-Armee nicht zu vermeiden sein.
0 S. 319. — 2) Auszeichnung im Kriegstagebuch. — S) S. 316 ff. — 4) 27 Kilometer unterhalb (nordwestlich) von Kowno. — 5) S. 320.
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Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
24.ttnb25.3tt«. Diese Weisungen ließen es zu der für die Truppen der Njemen-Armee beabsichtigten Ruhe nicht kommen. Sie setzten die Masse scharf nach Süden gegen die Nordfront von Kowno an, andere Teile scharf nach Norden gegen Mitau, dazwischen die Kavallerie mit weitem Ziel gegen Osten, vor allem auf Wilna. Die Bewegungen waren nur ausführbar, wenn man den soeben geschlagenen Gegner nicht zur Ruhe kommen ließ. Die frontale Verfolgung mußte daher trotz der Ermüdung der Truppen fortgesetzt werden. Sie führte in fast ununterbrochenen Kämpfen gegen russische Nachhuten und unter Vermehrung der Veutezahl um einige tausend Mann bis zum 25. Juli auf dem rechten Flügel an die untere Niewiaza, mit der Mitte etwa 15 Kilometer über Poniewiez hinaus, das von dem inzwischen wieder vereinigten I. Reservekorps genommen wurde, mit dem linken Flügel bis vor Poswol an der Muscha. Damit war im wesentlichen die Grenze erreicht, bis zu der der Nachschub für stärkere Kräfte zunächst geleistet werden konnte1). Auch schien der Gegner jetzt so geschwächt, daß die weitere Verfolgung kleineren Abteilungen übertragen wurde.
26. Zu« ms General von Below, der sein Hauptquartier am 28. Juli nach Schauten
z. Attgust. ^Erlegte, mußte seine Armee für die vom Oberbefehlshaber Ost gestellten Aufgaben neu gliedern. Während die Abteilung Esebeck gegen die Nord-westfront von Kowno sicherte, sollten das I. Reservekorps mit zugeteilter Brigade Homeyer und das Korps Lauenstein (78. Reserve-Division und Division Beckmann) bei Poniewiez bereitgestellt werden, um gegen die Nordfront der Festung vorzugehen. Die Kavalleriekorps Richthofen und Schmettow (Egon) hatten sich südlich und östlich von Poniewiez zu sammeln, um nach Südosten gegen Wilna und nach Osten gegen Dünaburg vorzustoßen. Gegen Mitau wurde außer der bisher dort eingesetzten Gruppe Schmettow (Eberhard), 41. Infanterie-Division, Abteilung Libau, 8. Kavallerie-Division, noch die 6. Reserve-Division bestimmt.
Am 29. Juli begann das Unternehmen gegen Mitau mit dem Vorgehen der 6. Reserve-Division gegen Vausk, um hier das rechte Aa-Afer zu gewinnen. Der russische Widerstand war aber so stark, daß sich der Divisionskommandeur, seit Juni Generalmajor Hans von Below, entschloß, den Übergang weiter unterhalb zu versuchen. Das Armee-Oberkommando schickte als Verstärkung die Brigade Homeyer. In der Nacht zum 31. Juli gelang das Unternehmen zehn Kilometer westlich von Vausk bei Mesoten. Die hier neu eingesetzte russische 53. Infanterie-Division wich nach Norden
*) S. 458. Die Bahn von Libau war einstweilen nur bis östlich Prekuln benutzbar und sehr wenig leistungsfähig. Die Feldbahn über Tauroggen hatte am 19. Juli Kielmy erreicht.
Njemen-Armee. Einnahme von Mitau.
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auf Riga zurück. Für den 1. August wurden die 6. Reserve-Division und 8. Kavallerie-Division beiderseits der Aa auf Mitau angesetzt. Der Gegner aber wartete ihr Herankommen nicht ab, sondern hatte bereits in der Nacht begonnen, die Stadt zu räumen, in die die 41. Infanterie-Division nachmittags kämpfend eindrang; die Fabriken waren in Vrand gesteckt, die Aa-Brücke zerstört. In der Verfolgung ließ General Graf Schmettow seine Truppen am 2. August noch bis halbwegs Riga nachstoßen; an 2000 Gefangene zählte die Gesamtbeute. Dann befahl der persönlich in Mitau eintreffende Armeeführer, an der Aa zur Abwehr überzugehen. Dazu wurden die 6. Reserve-Division, Brigade Homeyer und Abteilung Libau bestimmt, während die 41. Infanterie-Division und 8. Kavallerie-Division zum Abmarsch nach Süden bereitzustellen waren.
Mit der Einnahme von Mitau war für den linken Heeresflügel ein starker Stützpunkt nahe der Küste gewonnen. Weiterhin bot das fast wegelose Sumpf- und Waldgebiet der Aa-Mündung sichere Anlehnung. Die ausgedehnte Küste, die mit der Eroberung des westlichen Teiles von Kurland in deutsche Hand gefallen war, lag aber nach der Seite des Rigaer Busens unter den Geschützen russischer Kriegsschiffe. Alsbald wurden hier und da deutsche Truppen von See her beschossen. Auch Landungen waren möglich, konnten aber keinen bedrohlichen Umfang annehmen, solange die russische Landmacht durch den Angriff der Mittelmächte gebunden war.
Beiden Hauptkräften der Rjemen-Armee hattesichdie Lage inzwischen anders gestaltet, als man nach Abschluß der Kämpfe am 25. Juli erwartet hatte. Der Gegner zeigte überraschende Rührigkeit und stieß am 30. Juli bei Kupischki in die Lücke zwischen den beiden Kavalleriekorps Richthofen und Schmettow (Egon) vor, die am folgenden Tage ihre Bewegungen gegen Wilna einerseits, gegen Dünaburg andererseits antreten sollten. Der Vorschlag des Generals von Morgen, die Kavallerie dadurch zu unterstützen, daß er in der Lücke sein I. Reservekorps vorführte, fand zunächst nicht die Zustimmung des Generals von Velow, da das Korps zum Einschwenken nach Süden gegen Kowno bestimmt war und der Gegner im Osten nur schwach zu sein schien. Als sich aber am 1. August der feindliche Druck aus dieser Richtung verstärkte, entschloß sich der Armeeführer doch, zunächst nach Osten hin ganze Arbeit zu tun. Cr setzte nicht nur das I. Neservekorps, sondern auch das Korps Lauenstein, zwischen den beiden Kavalleriekorps, zum Angriff an. Etwa 30 Kilometer östlich von Ponie-wiez kam es am 2. August auf breiter Front zu Kämpfen. Trotz des starken deutschen Kräfteeinsatzes gab der Gegner seine Stellungen aber erst in der
t Weltkrieg. VIII. Band. 30
30. Juli bis 2. August.
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Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
Nacht zum 3. August auf und sehte im Laufe dieses Tages der Verfolgung weiteren Widerstand entgegen. Der Oberbefehlshaber Ost hatte die Linie Onikschty an der Swjenta—Kwietki am Riemenek als Grenze der Verfolgung bestimmt. Im übrigen hatte er der Armee schon am 31. Juli die 4. Kavallerie-Division?) von der 10. Armee überwiesen, die, unterhalb von Kowno den Njemen überschreitend, nunmehr zusammen mit der Abteilung Esebeck gegen die Rordsront von Kowno eingeschwenkt war. Auf dem linken Flügel rückten jetzt von Mitau her die 41. Infanterie- und 8. Kavallerie-Division heran; dafür allerdings sollte die aus Truppen der 10. Armee zusammengesetzte Division Beckmanns demnächst zu dieser Armee zurücktreten.
4.bis 7. August. Unter Kämpfen gelang es, die Russen am 4. und 5. August von
Stellung zu Stellung zurückzudrücken und die Linie Onikschty—Kwietki zu erreichen. Dabei zeigten sich wachsende Schwierigkeiten im Nachschub; auch klagte die Truppe, daß die Angriffserfolge durch die Minderwertigkeit der überwiesenen Munition beeinträchtigt würden. Andererseits schien der Gegner auf der ganzen Front neue Kräfte heranzuführen. Am 5. August vorliegende Meldungen berichteten von starken russischen Truppentransporten über Grodno nach Wilna und erweckten zeitweilig sogar den Eindruck, daß der Gegner jetzt eine Umfassung beider Flügel der Njemen-Armee vorbereite; im Süden von Wilkomierz wie im Norden von Friedrichstadt und Riga war neuer Feind im Anmarsch gemeldet. Zahlenmäßig schienen die Russen durchaus überlegen zu sein. So war an die Ausführung der den beiden Kavalleriekorps zugedachten weiteren Unternehmungen gegen Wilna und Dünaburg einstweilen ebensowenig zu denken wie an Mitwirkung der Armee bei der Einschließung von Kowno. Das Kavalleriekorps Richthofen stieß bei Wilkomierz auf weit überlegene russische Kräfte und mußte am 7. August nach Norden auf Kowarsk zurückgenommen werden. General von Velow bereitete einen neuen Gegenangriff vor.
8.bisiZ.Aug«fi. Cs stellte sich immer mehr heraus, welchen Wert der Gegner der Behauptung seiner Stellung auf dem linken Ufer der unteren Düna beilegte. Je weiter seine Front in Polen zurückgedrängt wurde, um so mehr Kräfte bekam er frei zur Verstärkung der Truppen nördlich des Rjemen. Flieger meldeten eine große Transportbewegung von Süden nach Wilna, wo auch umfangreiche Befestigungen entstanden. Beim Oberbefehlshaber Ost schrieb Hauptmann von Waldow am 7. August nieder3):
i) Teile befanden sich schon vorher bei der Njemen-Armee (S. 457).
-) S. 121.
s) Mitteilung des Obersten von Waldow vom Sommer 1931 an das Reichsarchiv.
Abwehraufgabe für die Njemen-Armee.
467
„Nördlich des Njemen hat der Russe natürlich die Gefahr längst erkannt, und er fährt, was er kann, nach Wilna, Dünaburg und Riga. Hoffentlich gelingt es uns bald, wenn Gallwitz gut vorwärts kommt, von dort Kräfte herauszuziehen." Angesichts dieser Verhältnisse entschloß sich der Oberbefehlshaber Ost am Vormittage des 8. August, die Aufgaben der 10. und Njemen-Armee neu zu regeln. Die Einschließung von Kowno sollte künftig der 10. Armee allein zufallen. Statt der Division Beckmann trat aber von der Njemen-Armee nur die Abteilung Esebeck zu ihr über, die vor Kowno den Abschnitt der 4. Kavallerie-Division mitzuübernehmen hatte, so daß diese nunmehr für die N j e m e n - A r m e e zu anderer Verwendung frei wurde. Diese, so hieß es in dem Befehl, „deckt die linke Flanke des Heeres gegen einen etwaigen feindlichen Vorstoß von der unteren Düna. Die Behauptung Mitaus und des genommenen feindlichen Gebietes ist dabei von Bedeutung".
Der neuen Aufgabe entsprechend nahm General von Be low das I. Reservekorps nebst 78. Reserve-Division in die Gegend südlich und nördlich von Kupischki zurück, wo eine Stellung zu nachhaltiger Verteidigung ausgebaut werden sollte. Die Verlängerung nach Süden fiel demnächst dem Kavalleriekorps Nichthofen, der Division Beckmann und der 4. Kavallerie-Division zu, die nördlich des Wilia-Knies von Ianow an den linken Flügel der 10. Armee (1. Kavallerie-Division) anschloß. Fm Norden schob sich die 41. Infanterie-Division zwischen das I. Reservekorps und das Kavallerie-korps Schmettow (Egon) ein, während die 8. Kavallerie-Division an dessen linken Flügel heranrückte. Alle diese Bewegungen, die etwa bis zum 13. August ihren Abschluß erreichten, vollzogen sich bei dauernd wechselnder Lage und vielfach unter Kämpfen gegen den überall vorwärtsdrängenden Feind.
Um sich des russischen Druckes wenigstens zeitweilig zu entledigen, ließ General von Below den rechten Flügel des I. Reservekorps am 14. August nochmals angreifen. Die 78. und 1. Reserve-Division stießen nordostwärts in die feindliche Aufstellung hinein und hatten vollen Erfolg. Am 15. August wurde die Verfolgung in Übereinstimmung mit einer Weisung des O b e r -befehlshabersOst unter Mitwirkung der Anschlußtruppen rechts und links möglichst weit nach Osten fortgesetzt, vermochte aber über die schon am 5. August erreichte Swjenta—Niemenek-Linie nicht wesentlich hinauszukommen. Immerhin hatten insgesamt vier deutsche Divisionen auf etwa 60 Kilometer breiter Front den Gegner abermals rund 15 Kilometer zurückgedrückt, ihm dabei alles in allem aber doch nur 3000 Gefangene abnehmen können. Zur Fortführung des Angriffs reichten die Kräfte nicht aus. Da ihre Verstärkung auch jetzt noch nicht in Aussicht stand, befahl der Ober-
30*
14. bis 20. August.
468 Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
8. bis 20. August.
befehlshaber Ost den weiteren Ausbau von Abwehrstellungen. So entstand seit Mitte August im Anschluß an frühere Stellungen des I. Reservekorps beiderseits von Kupischki eine Reihe von rückwärtigen Anlagen, die sich nordwärts über den Virshi-See und unteren Niemenek zur Aa zogen.
Zum Schutze der linken Flanke wäre es erwünscht gewesen, die im Rigaer Busen liegenden russischen Schiffe, darunter das mit 30,5 cm-Geschützen bewaffnete Linienschiff „Slawa", von dort zu vertreiben; unbedingt notwendig war das aber nicht1). Darum und angesichts der Schwierigkeit der Aufgabe stellte die Führung an Land auch kein solches Verlangen an die Flottenleitung. Zusammenwirken mit den eigenen Seestreitkräften kam nach ihrer Ansicht erst in Frage, falls der Angriff auf Riga— Dünamünde weitergeführt werden sollte. Das war zwar von der Obersten Heeresleitung gelegentlich einmal als möglich hingestellt worden3), stand aber einstweilen noch in weiter Ferne. Dem Oberbefehlshaber der Ostsee-streitkräfte, Großadmiral Heinrich Prinz von Preußen, war seit dem 19. Juli bekannt, daß nach der Auffassung des Oberbefehlshabers Ost die Wegnahme von Riga und Dünamünde eine Gelegenheitsftage sei; gegebenenfalls sei Flankenschutz für die längs der Küste vorgehenden Truppen erwünscht. Da andererseits General von Falkenhayn zu jener Zeit darauf hingewiesen hatte, daß eine Unternehmung der Flotte vor oder in dem Rigaer Meerbusen auch sonst sehr willkommen sei3), so hatte der Großadmiral für alle Fälle vorübergehende Verstärkung durch Teile der Hochseeflotte aus der Nordsee erwirkt. Als dann die Hoffnung auf baldiges Vorgehen des Heeres gegen Riga schwand, während sich etwa die halbe deutsche Flotte in der Ostsee befand, entschloß er sich, diese Gelegenheit wenigstens zu einem Vorstoß in den Rigaer Busen auszunutzen. Wenn auch keine Aussicht bestand, sich dort ohne Hafen und ohne gleichzeitiges Vorgehen des Heeres zu halten, so hoffte er doch, den Feind zu schädigen und zu beunruhigen. Das Unternehmen stieß aber am 8. August schon beim Überwinden der Minensperren in der Irben-Straße auf solche Schwierigkeiten, daß es der befehligende Vizeadmiral Schmidt zunächst aufgab. Am 18. August wurde es von neuem ausgenommen. Rach mehrtägiger Aufräumungsarbeit gelang der Einbruch; leichte Streitkräfte stießen am 20. August quer durch den Busen bis Pernau vor, andere gegen den nördlichen Zugang des Busens, den Moonsund. Zwei russische Kanonenboote fielen dem deutschen Angriff zum Opfer. Fm Moonsund Minen zu legen oder den Russen sonst entscheidenden Schaden zuzufügen, gelang aber nicht.
i) S. 465. — 2) S. 130 und Seekrieg, Ostsee, Band II, S. 199. — 3) Ebenda, S. 236.
Flottenvorstoß in den Rigaer Vusen.
469
Maßnahmen der Russen1).
Bald nachdem die Angriffe des Generals von Velow gegen Mitte Bis Mi«« Juni nachgelassen hatten, begannen die Russen das Gebiet westlich von 3uti‘ Riga und diese wichtige Stadt selbst zu „räumen". Sie führten einen großen Teil der zahlreichen jüdischen Bevölkerung weg und schafften alles zurück, was für die Kriegführung wichtig war, vor allem die Maschinen der Rigaer Fabriken^). Zugleich sahen sie sich durch die Bedürfnisse der Hauptkampffronten gezwungen, ihre militärischen Kräfte nördlich des Njemen wieder zu schwächen. Allein drei Infanterie-Divisionen") wurden bis Ende Juni von dort in die Rjemen-Festungen Kowno, Olita und Grodno verlegt, 2%i weitere in der ersten Iulihälfte an andere Fronten ab-befördertt). So verfügte General Plehwe, als am 14. Juli der neue deutsche Angriff über die Windau in der Richtung auf Mitau verbrach5), im ganzen noch über etwa 7 V Infanterie- und sieben Kavallerie-Divisionen").
Von diesen standen allein etwa drei Infanterie-Divisionen (XIX. und V III. Korps) im Raume Okmjany—Rakiewo-See der deutschen 6. Reserve-Division und dem 1 y2\Divisionen starken Korps Morgen gegen-
über, etwa 2 y2,Infanterie-Divisionen (VIII. und XXXVII. Korps) weiter südlich bis in die Gegend von Vetygola. Auf den Flügeln schloffen im Norden vier, im Süden drei Kavallerie-Divisionen an. Die beiden Divisionen des VII. sibirischen Korps, das als Reserve in Mitau und Riga zur Verfügung stand, hatten vorher an der Südwestfront derart gelitten, daß sie einstweilen nicht verwendungsfähig waren.
General Plehwe hatte zunächst die Absicht, dem deutschen Vorgehen Bis es. In«, auf Mitau von Süden in die Flanke zu stoßen, gab sie aber wieder auf, da es sich bald als unmöglich erwies, die dazu nötigen Kräfte aus der weit-gedehnten Front rechtzeitig zusammenzubringen. Als dann am 16. Juli bei Alt Auz der Widerstand der eilends aus Mitau und Riga herangeholten, an Zahl nur geringen, kampffähigen Teile des VII. sibirischen Korps infolge deutscher Auffassung überraschend schnell zusammenbrach, konnte er
!) Anschluß an S. 131 f. — Vgl. auch S. 441 ff.
2) Komarosf-Kurloff, S. 321 ff.
3) 63., 68. und 7. stb. Div.
4) 6. und 56. Div. nach Südpolen, 3. turk. Brig. nach Rordpolen.
6) S. 458.
6) Vom rechten Flügel beginnend: 4. selbst. K. Br., Abteilung des Generals Wannowski (4. K. D. und Landwehr), Kav. Korps des Generals Grasen Grabbe (15. K. D., ttssuri - Reit. Br., 4. Don - Kos. D.), XIX. Korps (38. und 17. F. D.),
III. Korps (73. F. D., 1. kauk. u. 5. Sch. Br.), XXXVII. Korps (79. 3. D., 3. Br. XIII),
Kav. Korps des Generals Kasnakow (5. und 2. K. D. und 1. G. K. D.); dahinter als Reserve bei Mitau—Riga: VII. stb. Korps (aus 13. und 12. stb. Div. neugebildet).
470
Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
<st6 25.su«. sich doch nicht entschließen, nunmehr auch den rechten Flügel des XIX, Korps weiter zurückzunehmen, das nordwestlich von Schaulen noch hielt; er befahl vielmehr für diesen Flügel den Gegenangriff. Die 1. kaukasische Schützen-Brigade, die einzige inzwischen verfügbar gemachte Reserve, führte ihn am 17. Juli durch und drückte den Nordflügel der deutschen 6. Reserve-Division zurück1). Nach diesem Erfolge ließ General Plehwe die Schaulener Front, trotz der weiteren raschen Fortschritte der Deutschen in der Richtung auf Mitau, auch an den beiden folgenden Tagen noch stehen. Als er sich schließlich am 19. Juli genötigt sah, den rechten Flügel, das XIX. Korps, doch zurückzunehmen, befahl er die Ausführung dieser Bewegung erst für die Nacht zum 21. Juli. Aber bereits am 20. Juli stand die deutsche 78. Reserve-Division bei Meschkuze tief im Rücken des russischen XIX. Korps, während die deutsche Südgruppe über die Dubiffa vorbrach, Trotzdem wollte General Plehwe, der mit Nachrichten recht gut versorgt war, auch an diesem Tage noch nicht an die drohende Gefahr glauben. Er verlegte aber sein Hauptquartier jetzt von Riga nach Poniewiez hinter den Südflügel. Erst auf dem Wege dorthin entschloß er sich am Mittag des 21. Juli, die Räumung von Schaulen und den allgemeinen Rückzug zu befehlen, um weiterhin in einer Stellung westlich von Poniewiez Widerstand zu leisten, während nach Mitau anrollende Verstärkungen^) den Deutschen von dort in die Flanke stoßen sollten. Aber auch dieses Vorhaben stellte sich bald als unausführbar heraus. Westlich von Poniewiez wurde der linke Flügel am 25. Juli vom deutschen Angriff derart getroffen, daß das XXXVII. Korps in großer Anordnung zurückwich.
Alles in allem gehören die Juli-Operationen in Kurland und Litauen zu den interessantesten des Jahres 1915. In einem Gebiete, das für operative Bewegungen noch Raum bot, suchte tatkräftige und angriffsfreudige Führung auf deutscher wie auf russischer Seite dem Gegner das Gesetz vorzuschreiben. Der deutsche General hatte im allgemeinen das zutreffendere Arteil über Lage und Aussichten; zugleich aber war, wie es in einer russischen Darstellung gelegentlich heißt, „auf der deutschen Seite die größere Manövrierfähigkeit und die größere Munitionsmenge". Auf russischer Seite war man über Stärke und Verteilung der deutschen Kräfte andauernd gut unterrichtet, wie es scheint, vor allem durch Agenten, die in den weiten, mit Truppen nur dünn besetzten Räumen des eigenen Landes verhältnismäßig leichte Arbeit hatten. Das mag dazu beigetragen haben, daß General Plehwe auch in schwierigster Lage den Glau-
1) S. 459.
2) 53. I. D. von der 10. Armee und 1. K. D.
Russische Operationen in Kurland und Litauen. Betrachtungen.
471
ben an den Sieg noch nicht aufgeben wollte. Gerade dadurch aber hat das überlegene operative Können und die höhere Kampfkraft der Deutschen in diesen Kämpfen verhältnismäßig größere Erfolge erzielen können, als überall da, wo der Russe mit mehr Vorsicht verfuhr und drohender Gefahr daher zeitig auswich. Die deutsche Beute der zehntägigen Kämpfe bis zum 24. Juli betrug allein 27 000 Gefangene, 40 Maschinengewehre und 25 Geschütze. Dem standen rund 5000 Mann eigene Verluste gegenüber.
Nach russischem Urteils würde die Fortsetzung des deutschen Angriffs in den Tagen nach dem 25. Juli zur Auflösung der noch verbliebenen russischen Kräfte geführt haben; seine Einstellung gestattete den Russen, die nach ihrer eigenen Schätzung seit dem 14. Juli mindestens 35 000 Mann verloren hatten, sich durch Zuführung von Ersatz bald wieder zu erholen und dann ihrerseits nochmals anzugreifen, wobei sie bis zum 20. August abermals mehr als 6000 Mann an Gefangenen einbüßten.
Wegen der fortgesetzten Mißerfolge nördlich des Njemen war man in Petersburg „in Furcht"; die Duma „bat inständigst" um Schutz; die russische Oberste Heeresleitung wurde unruhig. Der Oberbefehlshaber der Nordwestfront, General Alexejew, hatte die Gefahr bisher nicht hoch eingeschätzt, da die deutschen Streitkräste an Zahl nur gering seien. Nachgerade schien aber auch ihm ein Durchbruch zwischen 5. und 10. Armee in den Bereich der Möglichkeit gerückt. Für die doppelte Aufgabe, Schutz des Weges nach Petersburg einerseits, der rechten Heeresflanke andererseits, empfahl er der 5. Armee — falls weiterer Rückzug nötig werden sollte — eine Stellung im Vorgelände der kleinen Festung Dünaburg. Zur Ausfüllung der arg geschwächten Verbände wurden ihr 120 einzelne Kompagnien zugeführt2), die Kräfte im Gebiete nördlich des Njemen im übrigen durch Verschiebung von Teilen der 10. Armee bis Anfang August auf 10% Infanterie- und 9% Kavallerie-Divisionen2) er-höht, so daß sie den 7 Infanterie- und 6% Kavallerie-Divisionen des Generals von Velow von da ab etwa die Waage hielten. Bald nach Mitte des Monats sah man sich sogar veranlaßt, an dem bedrohten Frontabschnitte die Bildung einer neuen 12. Armee bei Riga anzuordnen*). Das deutsche Flottenunternehmen im Nigaer Meerbusen hatte die Besorgnisse
0 Korolkow, Schauten, S. 69 f.
-) 6.449.
») 5. Arrnee im wesentlichen wie aus S. 469 Anm. 6 ausgeführt, verstärkt durch 53. 3. D. und 1. K. D. Ferner rechter Flügel der 10. A r m e e auf das nördliche Rjemen-Ufer verlängert: XXXIV. Korps (2. sinnt. Schütz. Div. und 104. I. D.), 1. und % 2. Kuban-Kos. D.
4) S. 451.
Nach dem 25. Jul L.
472
Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
Bis Anfang Juli.
der Russen um diesen Heeresflügel noch vermehrt4). Wenn sie den Rückzug der deutschen Schiffe auch als eigenen Erfolg werteten und das Unternehmen somit ohne unmittelbaren Einfluß auf die Lage an Land blieb, so veranlaßte die Sorge, daß es wiederholt werden könne, doch zu verstärkter Abwehrvorbereitung im ganzen Umfange des bedrohten Küstengebietes.
b) Der Angriff der 10. Armee auf Kotono2).
Karten 6 und 7, Skizze 27.
Oberbefehlshaber Ost wie 10. Armee beschäftigten sich seit Juni mit der Frage des Angriffs gegen die große Festung Kowno, den starken nördlichen Eckpfeiler der russischen Rjemen-Front, der zugleich die zweigleisige Bahn Königsberg—Wilna und damit die einzige in die russische Nordflanke führende leistungsfähige Strecke sperrte5). Um so dringender war frühzeitiger Angriff als wichtigste Vorbereitung für einen tiefen Stoß über Wilna in den Rücken des in Polen kämpfenden russischen Heeres.
Im Juni hatte die 10. Arme e4) ihre Stellungen bereits näher an die Festung herangeschoben, indem sie unterhalb wie oberhalb gegen den Njemen vorwärts drückte. Am 20. Juni hatte der Oberbefehlshaber Ost damit gerechnet, bis Anfang Juli die zum Angriff nötigen Truppen und Kampfmittel bereit zu haben, als die am 2. Juli in Posen getroffene Entscheidung vorübergehend zur Einstellung dieser Vorbereitungen führte5). Zu dieser Zeit stand die 10. Armee unter Generaloberst von Eichhorn, nach Neuordnung der bei den vorhergegangenen Kämpfen vielfach vermischten Verbände, mit sieben Infanterie- und zwei Kavallerie-Divisionen5) in 60 Kilometer Ausdehnung mit dem rechten Flügel südwestlich von Augustow, mit dem linken am Njemen unterhalb von Kowno, wo westlich der Dubissa-Mündung die Rjemen-Armee anschloß.
!) S. 451.
2) Anschluß an S. 126 ff.
3) Die Bahn führte innerhalb der Festung über den reichlich 100 Meter breiten Njemen und durch einen 1200 Meter langen Tunnel; mit Zerstörungen durch die Russen war daher zu rechnen. Außer dieser Bahn bestand noch die im Winter 1914/15 non den Russen erbaute eingleisige Verbindung Marggrabowa—Suwalki, die an die russischen Bahnen nach Grodno und nach Wilna anschloß, über die Verbindung von Memel über Vajohren—Prekuln und die Strecken von Libau nach Schauten und Mitau siehe S. 130, 458 und 464.
0 S. 126 f.
°) S. 277 und 280.
6) Vom rechten Flügel beginnend: XXI. A. K. (31. u. 42. I. D.), Gruppe des Generalleutnants von Berrer (77. und 76. R. D.), 9. Ldw. Br., Gruppe Litzmann (Gen. Kdo. XXXX. R. K. mit 1. K. D., 79. R. D., 16. Ldw. D. und 4. K. D.).
Annäherung an die Festung Kowno.
473
(Ein Unternehmen der 76. Reserve-Division gegen Viale Vloto am s. wsei.s»«.
6. Juli, das 500 Gefangene brachte, hatte nur örtliche Bedeutung. Am
7. Juli befahl der Oberbefehlshaber Ost, die Angriffsvorbereitungen gegen Kowno wieder aufzunehmen; für den Angriff sei der nächste frei werdende Verband in Aussicht genommen1). Inzwischen fanden zur Ablenkung von der am 13. Juli beginnenden Offensive der Armee-Gruppe Gallwitz an diesem und den beiden folgenden Tagen eine Reihe kleinerer Unternehmungen statt, bei denen am 15. Juli nordöstlich von Suwalki ein von Generalmajor Vrosius geleiteter Angriff der 77. Reserve-Division 300 Gefangene ergab. Als Generaloberst von C i ch h o r n um diese Zeit aber auch von neuem den Eindruck gewann, daß der Feind Kräfte abbefördere — die bisher nördlich von Kalwarja eingesetzte russische 27. Infanterie-Division sollte vor der Heeresgruppe Mackensen in Südpolen ausgetreten sein —, entschloß er sich, trotz überaus schwieriger Munitionslage doch schon jetzt einen größeren Schlag zu versuchen. Das Unternehmen sollte gleichzeitig der Vorbereitung des künftigen Angriffs gegen Kowno dienen und dazu südlich der Festung über die Iesta, wenn möglich sogar bis auf das östliche Rjemen-Ufer, weitergeführt werden. Der Oberbefehlshaber O st stellte als Sonderzuweisung für diesen Zweck 3000 Schuß schwerer Feldhaubitzmunition zur Verfügung. Rach gründlicher, von General L i H m a n n geleiteter Vorbereitung durchbrach die 79. Reserve-Division unter Generalmajor 33oeß am 21. Juli früh die russischen Stellungen zwischen der Iesia und dem Südrande des Kownoer Waldes, machte 1300 Gefangene und erreichte in etwa zwölf Kilometer Breite das Iesia-Ufer nordwestlich von Preny. Angesichts des anscheinend angestauten Flußlauses und der russischen Stellungen am rechten Ufer versprach aber die Fortsetzung des Angriffs mit den nun einmal eng begrenzten Mitteln keinen Erfolg. Inzwischen waren die 16. Landwehr-Division und Kavallerie nordwärts gegen Kowno eingeschwenkt und hatten damit int Raume zwischen der Iesia und dem Rjemen unterhalb der Festung eine Cinschließungs-stellung erreicht, die vom Mittelpunkt der Stadt nur noch etwa 16 Kilometer ablag.
Rach den gleichzeitigen großen Erfolgen der Rjemen-Armee befahl der 23.3#«. Oberbefehlshaber Ost ant 23. Juli den möglichst engen Abschluß der Festung auf der Westfront durch die 10., auf der Nordwestfront durch die Njemen-Armee°). Da auch der Fall der Rarew-Plätze Pultusk und Rozan unmittelbar bevorzustehen schien, hielt er den Zeitpunkt für gekommen, die große Offensive über den Rjemen auf Wilna nach*
0 S. 281. — 2) S. 463.
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Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
24.bis27.Juli« drücklich vorzubereiten*). Am 24.Juli wurde der Erste Generalstabsoffizier der 10. Armee, Major Keller, durch Generalleutnant Ludendorff in Lötzen über die weiteren Absichten, wie folgt, unterrichtet: Sobald es die Verhält-nisse ermöglichen würden, sollte die Armee durch etwa sechs Infanterie-Divisionen verstärkt werden, um unter Wegnahme von Kotono bei der Festung und südlich den Njemen zu überschreiten und nach Südosten vorzustoßen. Die Njemen-Armee werde dieses Vorgehen links rückwärts gestaffelt begleiten und decken. Gegen Kowno sei die Infanterie schon jetzt so weit vorzuschieben, daß die schweren Feldhaubitzen ihre Feuerstellungen einnehmen könnten; alle sonstigen Vorbereitungen für die Belagerung sollten nunmehr beschleunigt werden. Einstweilen war aber als Verstärkung nur mit einer einzigen, soeben überwiesenen Brigade^) zu rechnen. Der Gedanke, auch zwei in diesen Tagen von der Weststont anrollende Divisionen ganz oder teilweise gegen Kowno zu verwenden, war dagegen von der Ober st en Heeresleitung entschieden abgelehnt worden; sie wollte erst dann starke Kräfte an den Njemen werfen, wenn „sichere Anzeichen über Zusammenbruch und Nachgeben des Feindes zwischen Weichsel und Bug erkennbar" würden*). So hatte sie zwar am 23. Juli eine 42 om-Vatterie zugesagt, am 24. Juli teilte sie aber nochmals ausdrücklich mit, daß eine Verstärkung der 10. Armee zur Zeit leider noch nicht möglich sei, und verhinderte in den nächsten Tagen auch die Zuführung österreichisch-ungarischer schwerster Batterien*). Sie wollte dafür demnächst deutsche schwerste Batterien freimachen, die aber kürzere Schußweiten hatten, nur über geringe Munitionsmengen verfügten und nicht mit Kraftzug, sondern nur auf Schienen in Stellung gebracht werden konnten. Für den Artillerieaufmarsch wurden dadurch umfangreiche Geleisbauten nötig.
Am 27. Juli mußte der Oberbefehlshaber Ost mitteilen, daß auf die am 24. in Aussicht gestellten Verstärkungen nicht zu rechnen sei. Wohl brachte Generaloberst von Eichhorn daraufhin ernste Bedenken wegen der allzu geringen Angriffskräfte vor, mußte dann aber doch versuchen, mit dem auszukommen, was er hatte. Immerhin standen inzwischen an schwerster Artillerie fünf Batterien in Aussicht.
Die Festung Kowno liegt am Zusammenfluß von Njemen und Wilia. Sie war bereits im Frieden durch eine Stadtumwallung und einen Fortsgürtel von durchschnittlich acht bis neun Kilometer Durchmesser geschützt, dessen Werke — soweit man wußte — vor dem Kriege neuzeitlich
*) S. 481 ff. — 2) Crsah-Br. Zenker, überzählige Brigade der Division Menges der 9. Armee (S. 297). — 3) S. 316 ff. — 4) S. 340 f.
10. Armee. Vorbereitung des Angriffs gegen Kowno.
475
umgebaut und verstärkt worden waren. Cin weiterer vier bis fünf Kilometer vorgeschobener äußerer Fortsgürtel war damals im Entstehen gewesen. In Anlehnung an diese ausgedehnten ständigen Werke war die Festung in nahezu zwölf Kriegsmonaten weiter ausgebaut und durch vorgeschobene Stellungen verstärkt worden, so daß sie als besonders widerstandsfähig anzusehen war. Der beim Großen Generalstabe im Frieden ausgearbeitete Angriffsentwurf empfahl, die Südfront anzugreifen, die von der tief eingefchnittenen Iefia in zwei Hälften geteilt wird. Für Artillerie-aufmarsch und Munitionsversorgung stand nur die Königsberger Bahn zur Verfügung. An Kräften waren allein schon gegen den früheren engen Am-fang des Platzes etwa zwei Korps, rund 400 Geschütze, davon gegen 250 schwere (unter ihnen zwei schwerste Batterien) als erforderlich angesehen worden. Was die 10. Armee einstweilen gegen die wesentlich erweiterte Festung einzusetzen hatte, langte nicht einmal an diese Forderungen heran. Vor allem aber mußte der Angriff allein gegen die westliche Hälfte der Südstont geführt werden. Die Kräfte reichten nicht aus, vorher auf dem östlichen Iefia-5lfer Fuß zu fassen, da südlich der Festung auf fast 150 Kilometer Frontbreite die an Zahl überlegene kampfkräftige russische 10. Armee gegenüberstand. Dort konnten zum Angriff auf die Festung kaum noch deutsche Kräfte freigemacht werden.
Als Generaloberst von Eichhorn dann am 31. Juli angesichts der Fortschritte der Rjemen-Armee auch noch die 4. Kavallerie-Division abgeben muffte1), die künftig auf dem nördlichen Rjemen-Afer die Festung absperren sollte, sandte er am 2. August seinen Generalstabschef, Oberst Hell, nach Lötzen, um nochmals dringend Verstärkungen zu erbitten. „Im Hinblick auf die minderwertige Besatzung der Festung Kowno", so legte Oberst Hell dar, „und deren anscheinend sehr mangelhafte artilleristische Ausstattung fei Oberkommando 10 überzeugt, daß bei Bereitstellung auch nur einer weiteren Infanterie-Division das Ziel schneller Einnahme der Festung erreicht werden könne". Der Oberbefehlshaber Oft teilte diese Auffassung durchaus, konnte aber, „da die Rjemen-Armee zur Zeit im Kampf stehe und er aus der Rarew-Front auf bündigen Befehl der Obersten Heeresleitung Kräfte nicht herausziehen dürfe", zunächst nur in Aussicht stellen, der Armee sobald wie möglich wenigstens eine Landwehr-Brigade zuzuführen. Oberst Hell wollte sie benutzen, um die jetzt nördlich von Suwalki in der Front stehende 76. Reserve-Division für den Angriff auf die Festung freizumachen. Daraufhin erhielt die Armee in den nächsten Tagen die 6. Landwehr-Brigade") von der 8. und ein Landsturm-Regiment
31. J«U bis 2. August.
0 S. 466. — 2) S. 351 f.
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Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
Bis 7. August.
von der 9. Armee sowie weitere schwerste und schwere Artillerie; außerdem sollte die Division Beckmann von der Njemen-Armee demnächst zurückgegeben werben1). Weitere Verstärkungen dachte der Oberbefehlshaber Ost in kurzem von der 9. Armee geben zu können. Auch legte er der Obersten Heeresleitung am 3. August nochmals die Wichtigkeit der Wegnahme von Kowno dar; die Festung unterhalte nur schwaches Feuer, ein schneller Erfolg sei hier noch möglich; er werde aber Kowno auch ohne weitere Verstärkung angreifen lassen. Cr erbat Zuweisung der nötigen Munition für schwerste Geschütze und schwere Feldhaubitzen, an der besonders großer Bedarf war2).
Der Befehl im Angriffsabschnitt zwischen Festet und Unterlauf des Njemen fiel dem Generalkommando des XXX X. Reservekorps zu. Der Gegner hatte hier, wie die Lufterkundung zeigte, vor die ständigen Werke des älteren Fortsgürtels (Fort III, II und I mit den dazwischen liegenden Batterien 3 und 2) zwei neue Verteidigungslinien vorgeschoben, deren vorderste etwa zwölf Kilometer vom Innern der Stadt ablag. Besonders stark schienen die unmittelbar an der Iesia auf dem Höhengelände von Godlewo errichteten Anlagen. Diese wollte Generalleutnant L i tz m a n n zuerst in Besitz nehmen und dann gegen die Batterie 3 und das Fort II vorgehen. An Truppen standen ihm einstweilen nur die Brigade Zenker und die 9. Landwehr-Brigade rechts, die 79. Reserve-Division links der Eisenbahn zur Verfügung. Verstärkung an schwerer Artillerie begann heranzukommen; ihre endgültige Zahl stand noch nicht fest. Am 29. Juli war es gelungen, vorgeschobene Stellungen des Gegners beiderseits der Eisenbahn zu nehmen; gegen 1200 Gefangene waren dabei eingebracht worden. Am 6. August schoben die 9. Landwehr-Brigade und 79. Reserve-Division ihre Truppen bis in die Linie Dluga—Sapiezyszki vor und gewannen damit die für die Artillerie zur Feuereröffnung nötigen Beobachtungsstellen. Am 7. August siedelte Generaloberst von Eichhorn mit dem Operationsstabe nach Kozlowa Ruda über, unmittelbar hinter den Angriffsabschnitt. Am folgenden Tage sollte die Artillerie das Feuer eröffnen.
Inzwischen war die Rjemen-Armee weiter nördlich derart gebunden3), daß der 10. Armee jetzt auch die Abschließung der Festung nördlich des Njemen und die Sicherung gegen den Wilia-Abschnitt bis Ianow übertragen wurde. Dazu konnte ihr aber von der Rjemen-Armee nur die etwa eine Brigade starke Abteilung Esebeck, nicht aber die Division
0 S. 466. — -) S. 344. — --) S. 466 f.
10. Armee. Der Angriff gegen Kowno.
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Beckmann und die soeben erst abgegebene 4. Kavallerie-Division unterstellt werden. Die 10. Armee selbst hatte vielmehr zur Lösung der neuen Aufgabe auch noch die 1. Kavallerie-Division auf das nördliche Flußufer zu verschieben, gleichzeitig als Vorbereitung weiterer Operationen, für die eine bedeutende Kavallerie-Masse zum Vorgehen auf Wilna bereitgestellt werden sollte. Auch mußte auf Einspruch der Obersten Heeresleitung^) an Stelle der vom Oberbefehlshaber Ost beabsichtigten Zuführung von Truppen der 9. Armee eine Division aus dem Westen abgewartet werden, die erst vom 12. August an eintreffen konnte. Von der angeforderten schweren Feldhaubitzmunition hatte die Oberste Heeresleitung nur 24 000 statt 36 000 Schuß bewilligt, das heißt, nur den Bedarf für etwa vier Schießtage^).
Am 8. August war der in dem wegelosen Gelände recht schwierige Aufmarsch der schwersten und schweren Artillerie größtenteils durchgeführt. Nach anderthalbstündigem Einschießen begann gegen Mittag das Wirkungsschießen aus rund 120 Rohren. Die Russen antworteten kräftiger, als man erwartet hatte. Unter dem Schutze des gegen die feindlichen Artilleriestellungen und Werke gerichteten Zerstörungsfeuers arbeitete sich die 79. Reserve-Division des Generalmajors Voöß zwischen Eisenbahn und Rjemen allmählich weiter vor, erstürmte am Abend des 9. und in der Nacht zum 10. August die Stellungen von Godlewo und die nördlich anschließenden Stützpunkte und hielt sie gegen alsbald einsehende heftige russische Gegenstöße. Südlich der Bahn deckte die 9. Landwehr-Brigade gegen den Iesia-Abschnitt. Die Kämpfe der drei Tage hatten insgesamt über 2000 Gefangene, 16 Maschinengewehre und vier Geschütze eingebracht.
Generaloberst von Eichhorn hatte bereits damit gerechnet, daß die Feuereröffnung gegen Kowno auch den Gegner südlich der Festung in Bewegung bringen werbe3). Dieser brach dann auch am 11. August etwa 40 Kilometer südwestlich der Angriffsfront nach gründlicher Artillerievorbereitung östlich von Marjampol über die Dawina vor und wiederholte diesen offenbar zur Entlastung von Kowno geführten Angriff in den beiden folgenden Nächten. Jedesmal wurde er von dem inzwischen soweit verlängerten Nordflügel des XXI. Armeekorps, 31. Infanterie-Division unter Generalleutnant von Verrer, verlustreich abgewiesen. Gleichzeitig aber schienen russische Verstärkungen nach Kowno zu rollen, deffen Besatzung bisher nur aus Landwehr-, Ersatz- und Grenzwachtruppen, insgesamt wohl 15 bis 20 Bataillonen, bestanden hatte; vier neue Infanterie-Regimenter
8. bis 10. August.
11. August.
9 S. 346 f. — 2) S. 347. — 3) Auszeichnung des Generalobersten von Eichhorn vom 7. August 1915.
478
Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
12. m
15. August.
16. August.
sollten jetzt eingetroffen sein. Auch schien der Gegner über sehr reichliche Munition zu verfügen, während der Angreifer mit der seinen recht haushälterisch umgehen mußte.
Generaloberst von Eichhorn mahnte am 12. August zur Eile: „Jeder Zeitverlust erscheint unerwünscht, weil der Feind fortdauernd Personal und Material zu seiner Verstärkung heranführen kann." Das Feuer der gesamten Artillerie, der dauernd noch Verstärkungen zuflössen, müffe möglichst schnell eröffnet werden. Die inzwischen im Süden abgelöste 76. Reserve-Division wurde links neben der 79. eingesetzt; aus Frankreich kommend, begann die 115. Infanterie-Division hinter den Angriffstruppen einzutreffen. General Litzmann, der inzwischen auch den Befehl über die nördlich des Njemen stehende Abteilung Esebeck übernommen hatte, hielt es für wichtig, die russischen Linien von dort zu flankieren. Der Einsatz der hierzu bestimmten Flachfeuer-Batterien hing aber von der Verlegung der bisher an der Dubiffa-Mündung eingebauten Brücke ab, die erst am 13. August bei Altoniszki zwischen Riewiaza- und Dubiffa-Mündung wieder benutzbar sein konnte.
Inzwischen standen insgesamt 162 Geschütze (davon mehr als ein Drittel schwerstes und schweres Steilfeuer) gegen die anzugreifende Front Fort III—Fort II zur Verfügung. Beim Gegner waren 27 Batterien, darunter auch solche von 30,5 aru-Kaliber, gezählt. Rach Fliegermeldungen schienen die Forts III und II infolge des deutschen Artilleriefeuers sturmreif zu sein; von den Batterien im Zwischengelände waren einige niedergekämpft, andere allerdings noch in voller Tätigkeit. Am 14. August war die Truppe selbst überzeugt, die Forts III und II bei Verstärkung durch zwei frische Infanterie-Regimenter nehmen zu können; sie wurden aus der 115. Insanterie-Division zur Verfügung gestellt.
Am 15. August ging es auf der Grenze zwischen der 79. und 76. Reserve-Division gut vorwärts; etwa 1800 Gefangene wurden gemacht. Dagegen zeigten sich vor dem rechten Flügel der Angriffsfront durch die unerwartete Hartnäckigkeit des russischen Widerstandes neue Schwierigkeiten. Ebenso stockte das Vorgehen auf dem linken Flügel, da die Abteilung Esebeck artilleristisch zu schwach war, um das jetzt von Norden flankierend über den Njemen herüberschlagende russische Abwehrfeuer niederzuhalten. Generaloberst von Eichhorn setzte die inzwischen vom Oberbefehlshaber Ost neu zugeführte 3. Reserve-Divifiow) über den Njemen bei Altoniszki gegen die Wilia nördlich von Kowno an.
Am 16. August wurde in einem Ferngespräch zwischen dem Armee-
0 Von der 8. Armee (S. 357).
10. Armee. Der Angriff auf Kowno.
479
Oberkommando und dem Generalkommando Litzmann festgesetzt, daß gegen die Forts III und II ein zweistündiges Wirkungsschießen durchgeführt werden solle, dessen Leitung dem inzwischen bei der Armee eingetroffenen General der Fußartillerie, Generalmajor Schabet, übertragen war. General Litzmann wollte dann zwischen 11° und 12° mittags den Sturmangriff befehlen, falls die Divisionen ihn nicht inzwischen schon von selbst begonnen hätten, überwältigendes Feuer der mittlerweile auf 208 Geschütze, davon etwa 80 schweres und 10 schwerstes Steilfeuer, angewachsenen Artillerie, durch Flieger- und Ballonbeobachtung gut geleitet, erschütterte die Besatzung der russischen Werke und Stellungen völlig. General Litzmann befahl den Sturm. Am 2° nachmittags durchbrachen Truppen der 79. Reserve- und 115. Infanterie-Division die russischen Stellungen zwischen Fort III und II und nahmen im Anschluß daran beide Forts, während die Infanterie der 76. Reserve-Division um 645 abends das Fort I stürmte. Am Abend des 16. August war die gesamte Linie der ständigen Werke zwischen Iesia und Njemen in deutscher Hand; mehr als 4000 Gefangene und 52 Geschütze, davon 30 im Feuer genommen, wurden als Beute gemeldet.
Der Angriff sollte am 17. August gegen die Stadtumwallung und über den Njemen weitergeführt werden, das Feuer schwerster und schwerer Geschütze dazu auch gegen Rücken und Flanken der Werke des rechten Iesia-und Njemen-Asers, Forts IV bis IX, gerichtet werden; der Bahnhof wurde unter Störungsfeuer gehalten. Schon seit einigen Tagen waren die Vrückentrains nahe herangeholt worden. Vor allem aber war jetzt im Norden der Festung die 3. Reserve-Division nebst unterstellter Abteilung Esebeck im Vorgehen gegen die Wilia. Andererseits veranlaßten Anzeichen für russische Angriffsabsichten an der Iesia-Front dazu, die Masse der 115. Infanterie-Division hinter dem rechten Flügel des Angriffs wieder als Reserve zusammenzuziehen.
Am 1020 abends zeigte ein Funkspruch des Kommandanten von Kowno, Generals Grigoriew, die Größe des bisherigen Erfolges; er lautete: „Wir sind hinter Njemen zurückgegangen. Verluste ungeheuer. Telegraphische Verbindung nach Wilna verloren. Front ist offen. Erwarte Direktiven." General Litzmann gab jetzt nur noch die kurze Weisung: „Ran an den Njemen und rüber!"
In der Nacht zum 17. August deuteten zahlreiche Sprengungen darauf hin, daß die Russen Munition, Vorräte und Verkehrsbauten zerstörten. Trotz der Anspannung der letzten Tage arbeitete sich die deutsche Infanterie mit Tagesanbruch gegen den Njemen vor, dessen Äser sie um 10^ vormittags erreichte. Der Gegner hatte die Brücken zerstört, leistete aber keinen
17. AUgUst.
18. August.
480 Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
ernsten Widerstand mehr. Sinter dem Schutze der alsbald weiter vorgezogenen Artillerie gelang es der Infanterie der 79. und 76. Reserve-Division, das rechte Flußufer zu gewinnen und durch die Stadt selbst vorzugehen. Vis zum Abend waren der Petersberg und das Fort VII der Nordostfront erreicht. Südlich des Njemen hatten Teile der 115. Infanterie-Division die Iesia überschritten und das Fort IV besetzt.
In der Nacht zum 18. August und an diesem Tage wurde die Eroberung der Fortslinie vollendet; als letztes fiel erst abends das südöstlichste, an den Njemen angelehnte Fort V, während in Höhe von Godlewo und südlich der Gegner den Iesia-Abschnitt noch hielt. Die Truppen des Generals Litzmann lagen in der Linie Fort V—Swiersa-Abschnitt, während von Nordwesten her die vordersten Teile der 3. Reserve-Division die Wilia überschritten und Kormialow erreicht hatten. Die 1. Kavallerie-Division stand vor Ianow. Der Feind war nach Osten ausgewichen.
Mit K o w n o war der stärkste Stützpunkt der russischen Nordwestfront gefallen. 53 000 Schuß hatte die deutsche schwere Artillerie dagegen verfeuert, davon 1000 aus schwersten Steilfeuergeschützen. Mehr als 20 000 Gefangene und über 1300 Geschütze, darunter etwa 350 schwere, wurden als Gesamtbeute gezählt, daneben 100 Maschinengewehre, 20 000 Gewehre, 810 000 Schuß Artilleriemunition, große Mengen Heeresgerät und Verpflegungsvorräte. Mit Wiederherstellung von Brücken und Eisenbahn wurde sofort begonnen.
Die Russen hatten der großen und stark ausgebauten Festung Kotono besondere Bedeutung beigemessen. Während die weiter nördlich stehende 5. Armee als selbständige Aufgabe die Wege nach Riga und Petersburg zu decken hatte, bildete die Festung den nördlichen Eckpfeiler des russischen Heeres. Sie war daher, nachdem sie zunächst der 10. Armee unterstanden hatte, schon am 5. Juni als selbständiger Teil dem Oberbefehlshaber der Nordwestfront unmittelbar unterstellt worden. In einer Direktive vom 17. August, die auf die Creignifie allerdings keinen Einfluß mehr haben konnte, sagte die Oberste Heeresleitung nochmals ausdrücklich, es müsse alles geschehen, um Kowno zu halten; keinesfalls dürfe es dazu kommen, daß die Festung eingeschlossen werde; im äußersten Falle sei die Besatzung rechtzeitig zurückzuziehen*). Deren Stärke hat mehrfach gewechselt; in den letzten Tagen vor der Einnahme war sie mit etwa drei vorwiegend aus Landwehr bestehenden Divisionen^) am größten. Die
0 Njesnamow, S. 100;Danilow, S. 542.
2) 104. und 124. 3. D. (Ldw.), „Grenzwach"°Division und einige andere Teile.
10. Armee. Die Einnahme von Kowno.
481
Masse dieser Truppen ist nebst ihrer Artillerie kämpfend rechtzeitig ausgewichen. Vei den großen Verzögerungen, die der deutsche Angriff durch das nur allmähliche Herankommen der nötigen Kräfte erlitt, hatte man russischerseits ein so schnelles Ende schließlich nicht erwartet. Als dann am 16. August der deutsche Angriff mit voller. Wucht einsetzte, war es bereits zu spät, um auch die unbespannten Geschütze zu retten. Die einrückenden deutschen Truppen hatten durchaus den Eindruck völlig überstürzten Abzuges. Der Cisenbahntunnel war nur wenig beschädigt, der besonders hohe Funkturm unversehrt.
Für die russische Oberste Heeresleitung ist der schnelle Fall der Festung völlig überraschend gekommen. Kowno hätte sich nach Ansicht des Generalstabschefs des russischen Feldheeres, Generals Ianuschkewitsch, da es nicht eigentlich belagert wurde, halten müssen; an der frühzeitigen Übergabe trage der Kleinmut des Kommandanten, Generals Grigoriew, die alleinige Schuld^). Cr hatte die Festung bereits am 17. August verlassen und wurde wegen seines Versagens vom Kriegsgericht zu schwerer Strafe verurteilt).
Im übrigen bedeutete der Fall der Festung nach der Auffassung des Generals Danilow „einen der schwersten Schläge der letzten Kriegsperiode, sowohl in moralischer Beziehung als auch hinsichtlich seines Einflusses auf die weitere Lage unserer Armeen"^).
Aber den großen Erfolg urteilte General Ludendorf st): „Mit geringeren Mitteln ist noch keine Festung angegriffen worden. Aber die Truppe, die es tun sollte, war von dem frischen Geiste ihrer Führer beseelt."
— Sie hat die ihr gestellte schwere Aufgabe glänzend gelöst.
c) Der Vormarsch der 10. Armee bis zum 31. August.
Karten 6 und 7, Skizze 28.
Beim Oberbefehlshaber Ost nahm der Gedanke an die MitteA«g«st. Weiterführung der Operationen im Njemen-Gebiet um Mitte August festere Gestalt an. Das Ziel war der Durchbruch durch den Nordflügel der russischen Gesamtfront, um in der Richtung über Wilna und Minsk doch noch die Flanke der aus Polen zurückweichenden Massen zu treffen. Dazu sollte, wie General Ludendorff später schrieb5),
*) Kudaschew-Brief vom 26. August 1915.
2) Danilow, 6.554 f. und Knox, S. 325 ff.
3) Danilow, S. 554.
4) Ludendorff, Erinnerungen, S. 124.
6) Erinnerungen, S. 129, und Mitteilung vom 23. Dezember 1931 an das Reichsarchiv, in Übereinstimmung mit einer Mitteilung des jetzigen Generalleutnants von Bockelberg vom Sommer 1931 an das Reichsarchiv. — Die Akten enthalten nichts -über diese Absichten und Gedanken.
4 Weltkrieg. VIII. Band. 31
482
Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
Mitte August, der Gegner, der vor der 10. und Rjemen-Armee in zusammenhängender, aber nordöstlich von Kowno nur dünn besetzter Front stand, durchbrochen, das heißt einerseits über Wilna nach Südosten und Süden, andererseits gegen die Düna nach Nordosten und Norden zurückgeworfen werden, um für die Kavallerie-Divisionen den Weg auf Minsk—Polozk freizumachen. „Es blieb aber die Frage", so schrieb General Ludendorsf weiter, „ob bei dem sehr weit nach Osten fortgeschrittenen Rückzug der Rüsten die Operation jetzt noch gewinnbringend sein konnte. Es war kein Zweifel, daß jeder Tag, um den sie hinausgeschoben wurde, sie weniger aussichtsreich machte. Ich erwog, ob wir uns nicht mit einem Stoß über Olita—Orany auf Lida begnügen sollten. Ich verwarf dies, weil alle ähnlichen Versuche, zu einer Flankierung zu kommen, in dem vergangenen Sommerfeldzuge zu keinem Erfolge geführt hatten. Somit blieb ich in meinen Gedanken bei der großen Operation, weil sie noch einen größeren Erfolg haben konnte. Wir waren auch hier gezwungen, in das Ungewisse zu handeln." Der Durchbruch selbst mußte der 10. Armee zufallen. Dazu war erforderlich, daß ihre rechte Flanke durch weiteres Vorrücken der 8. und 12. Armee gegen den Feind nördlich der Rokitno-Sümpfe, die linke gegen die Rüsten an der Düna und gegen weitere Kräfte gesichert wurde, für deren Antransport die Vahn-verhältniste dort recht günstig lagen. Diese Sicherung mußte Aufgabe der Rjemen-Armee sein, die gegen die untere Düna vorzugehen hatte, während weit ausgreifende Kavalleriemasten die Vahnbenutzung möglichst frühzeitig lahmzulegen hatten. Sie wurden bereits seit Anfang August auf dem Süd-flügel der Rjemen-Armee zusammengezogen^).
Truppen waren in erster Linie der 10. Armee zuzuführen. Der Oberbefehlshaber Ost dachte dabei an Herausziehen von Teilen aus der Versolgungsfront in Polen. Angesichts der abweichenden Auffassung der Obersten Heeresleitung konnte er sich aber in dieser Hinsicht einstweilen keine großen Hoffnungen machen. Zur erfolgreichen Durchführung der Operation war den zu erwartenden Mehranforderungen des Nachschubes Rechnung zu tragen, wie das der Narew-Feldzug soeben deutlich gezeigt hatte. Diese Vorbereitungen mußten mit erheblicher Verstärkung an Truppen Hand in Hand gehen, denn je mehr die einzusetzenden Kräfte anschwollen und je tiefer und rascher der Stotz geführt werden mußte, um operativ wirksam zu werden, um so mehr mußte sich der Bedarf an Bahnlinien und Transportmitteln für den Nachschub steigern. Diesem Bedürfnisse entsprachen aber die rückwärtigen Verbindungen einstweilen noch in keiner Weste2).
i) S. 463 und 477. — 2) S. 472.
Vormarsch der 10. Armee auf Wilna.
485
Als bann am 18. August Kowno genommen war und Nowogeorgiewsk n. August, unmittelbar vor dem Fall staub1), wurde die Frage des weiteren Angriffs der 10.Armee brennend. Der Oberbefehlshaber Ost meldete an diesem Tage an die Oberste Heeresleitung, er beabsichtige, ihr Einverständnis vorausgesetzt, die Einschließungstruppen von Nowogeorgiewsk der 10. Armee zuzuführen, „um ihr die Offensive über den Njemen abwärts von Grodno zu ermöglichen". Die halbe 85. Landwehr-Division würde der 12. Armee zugeführt werden2). Sollte die Oberste Heeresleitung in der Lage sein, außerdem noch weitere Kräfte zu einer Offensive von Kowno in Richtung auf Wilna zu überweisen, so würde er sich „davon einen weitgehenden Erfolg versprechen". Die noch am gleichen Tage eingehende Antwort des Generals von Falkenhayn lautete: „Gegen Heranziehung der Einschließungstruppen von Nowogeorgiewsk nach Fall der Festung zur 10. Armee bestehen keinerlei Bedenken. Ebenso entspricht geplante Offensive über Njemen unterhalb Grodno und von Kowno auf Wilna durchaus den Absichten der Obersten Heeresleitung. Ob eine Verstärkung der Kowno-Gruppe aus meinen Mitteln möglich ist, kann erst in den nächsten Tagen entschieden werden. Fm übrigen wird daran festzuhalten sein, daß eine Fortführung des Ostfeldzuges in den Winter und in das Innere Rußlands für uns leider nicht in Frage kommen kann. Die Operationen der Stoßgruppen in Polen werden nicht wesentlich über die allgemeine Linie Brest Litowsk—Grodno vorgetragen werden können. Diese Gruppen müssen voraussichtlich sehr bald erhebliche Kräfte für andere Kriegsschauplätze abgeben." Obschon hiernach der von der Obersten Heeresleitung in Aussicht gestellte Krastzuschuß nur gering war, und es auch fraglich erscheinen mußte, ob für später auf Verstärkungen in irgendwie größerem Umfang zu rechnen sei, bedeutete es doch für den Oberbefehlshaber Ost nach dem vorangegangenen Meinungsstreit eine, wenn auch späte Genugtuung, daß sich der Chef des Generalstabes des Feldheeres jetzt endlich mit der Durchführung der lange geplanten und in der Zwischenzeit so gut wie möglich vorbereiteten Angriffsoperation des linken Heeresflügels einverstanden erklärt hatte.
Am 19. August gab der Oberbefehlshaber Ost folgenden is.August. Angriffsbefehl: „12. und 8. Armee sehen Angriff fort8) ...
10. Armee greift mit linkem Flügel Richtung Wilna umfassend an und wirft den Russen über den Njemen Druskieniki-abwärts zurück. Rechter Flügel hält vorläufig Augustow fest und drückt später längs der Chaussee
0 S. 378 f. und 480.
2) Die andere Hälfte der Division befand sich bereits dort.
3) Folgen Vormarschrichtungen (S. 363).
31*
484
Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
19. August.
Augustow—Grodno nördlich des Bobr vor. 4. Kavallerie-Division') wird 10. Armee unterstellt, ebenso nach dem Fall von Rowogeorgiewsk, der heute oder morgen zu erwarten ist, drei Landwehr-Divisionen3) ... N j e m e n -Armeehat im allgemeinen die Flanke des Heeres gegen die Linie Swen-zjany—Riga zu decken. Sie hat zunächst den beabsichtigten Angriff unter Festhaltung von Kowarsk durchzuführen3). Fe nach dessen Ausfall wird ihre Ausgabe näher festgestellt werden."
Die 10. Armee unter Generaloberst v o n C i ch h o r n verfügte bisher über rund zehn Infanterie-Divisionen und eine Kavallerie-Division'), von denen säst die Hälfte aus dem Nordflügel bei Kowno stand, während die übrigen in weiter Dehnung von Rajgrod über Augustow und Kalwarja bis südlich Kowno verteilt waren. Hier stand der Gegner aus mehr als 120 Kilometer messender Front noch in seinen alten, seit Monaten ausgebauten Stellungen westlich des Rjemen. Sie lagen im Süden in der Richtung aus Grodno etwa 55, im Norden, wo sie sich aus den Iesia-Abschnitt stützten, nur etwa 15 Kilometer vor dem Flusse, der hier an der Strawa-Cinmündung in scharfem Winkel aus der Nord- in die Westrichtung umbiegt. Nachdem Kowno, der feste Flügelstützpunkt der ganzen Stellung, gefallen war, bestand begründete Hoffnung, von hier aus aus dem rechten, in diesem Teile des Stromlaufs nördlichen, Ufer nach Osten rasch Raum zu gewinnen und den Gegner dadurch zum mindesten zur Räumung seiner Stellungen an der Fesia zu zwingen, im weiteren Verlaufe wohl auch zur Aufgabe des ganzen von Süd nach Nord verlaufenden Njemen-Abschnittes zwischen dem Strom-knie an der Strawa-Mündung und der Festung Grodno.
Generaloberst von Eichhorn hatte daher, in Übereinstimmung mit den tags darauf im Befehle des Oberbefehlshabers Ost niedergelegten Absichten, bereits unmittelbar nach der Einnahme von Kowno, am 18. August abends, seinem durch die Festung beiderseits des Njemen vorgehenden Stoßflügel befohlen, den Angriff fortzusetzen, um die weiter südlich noch haltende russische Front zum Einsturz zu bringen. Inzwischen aber begann der Gegner schon in der Nacht zum 19. August an großen Teilen dieser Front zu
!) Rechter Flügel der Njemen-Armee.
2) 87., bisher Korps Dickhuth, und 89. I. D., bisher Abt. Westernhagen (beide vorwiegend aus Landwehr- und Crsahtruppen bestehend) und 14. Ldw. D. wurden am 20. August überwiesen.
®) Cs handelt sich um ein Unternehmen des linken Flügels (S. 533 ff.).
4) Von rechts beginnend: 16. Ldw. D.; 77. R. D. mit 6. Ldw. Br.; XXI. 21. (Generalleutnant von Hutier); Gruppe Kleist (Stab der 115. I.D. mit 177. I.Br. [bisher Crs. Br. Zenkers, 9. Ldw. Br. u. 115. I.D.); Gruppe Lihmann (Gen.Kdo. XXXX. R. K. mit 79. R. D., 76. R. D., Abt. Csebeck, 3. R. D. u. I.K. D.).
Vormarsch der 10. Armee auf Wilna.
485
weichen. Nur vor dem Südflügel bei Rajgrod—Augustow und im Norden am Iesia-Abschnitt stand er noch. Wo er zurückgegangen war, folgten die deutschen Truppen; da und dort wurden sie durch Nachhuten vorübergehend aufgehalten. Aber schon am 19. August abends sah sich das XXI. Armeekorps westlich und nördlich von Sejny vor neuen feindlichen Stellungen. Da der Druck von Norden die Entscheidung bringen sollte, befahl Generaloberst von Eichhorn, hier ebenso wie an der übrigen Front verlustreiche Angriffe zu vermeiden.
Am 20. August fanden die von Kowno aus nördlich des Njemen vorgehenden Teile der Gruppe Lihmann ernsteren Widerstand; der Gegner versuchte, in der Verlängerung seiner Iesia-Front eine nach Norden zur Wilia laufende Linie zu halten. Aber der vorwärtsdrängende deutsche linke Flügel, die 76. und 3. Reserve-Division, zwang ihn zum Nachgeben; die 1. Kavallerie-Division erreichte Ianow an der Wilia, wo die wieder zur Armee tretende 4. Kavallerie-Division anschloß. In der Nacht zum 21. August gab der Gegner auch den Widerstand am Iesia-Abschnitt auf> und bald stellte sich heraus, daß er auf der ganzen Front von nördlich von Augustow bis Ianow im weiteren Zurückgehen war.
Während die inzwischen auf dem rechten, östlichen, Njernen-Afer gebildete Stoßgruppe Lihmann (79., 76. Reserve-, 115. Infanterie-, 3. Reserve-Division) nunmehr mit dem linken Flügel die Richtung von Fanow längs der Wilia nach Südosten und damit auf Wilna erhielt, zog sich links des Njemen das XXI. Armeekorps im Vorgehen gegen den Stromabschnitt Olita—Preny allmählich mehr nach Norden zusammen. Seine 31. Infanterie-Division unter Generalleutnant von Verrer erreichte in der Stromschleife von Preny bereits am 22. August das Ostufer des Flusses; der rechte Flügel der Gruppe Lihmann kam an diesem Tage bis an die Strawa und östlich. Hier aber leistete der Gegner hartnäckigen Widerstand und schritt mit herangeführten Verstärkungen, 56. und 65. Division aus Südpolen und Galizien, sogar zu kräftigen Gegenstößen. An den beiden nächsten Tagen sehte der linke Flügel der Gruppe Lihmann den Angriff mit Nachdruck fort; die 115. Infanterie-Division machte mehr als 1200 Gefangene. So sah sich der Gegner gezwungen, am 24. August auch den Strawa-Abschnitt zu räumen und dann angesichts des wachsenden deutschen Druckes, der jetzt östlich von Kowno auch scharf nach Süden gerichtet wurde, die Stromverteidigung nördlich der Schleife von Preny aufzugeben. Dagegen scheiterten alle Versuche der 31. Infanterie-Division, aus dieser Flußschleife weiter vorwärtszukommen, vor russischen Stellungen, die ihre östliche Öffnung sperrten. Am die Stoßkraft des aktiven XXI. Korps bester zur
20. 618 24. August.
486
Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
24. und 25. August.
26. August.
Wirkung zu bringen, setzte es Generaloberst von Eichhorn nunmehr auf dem westlichen Njemen-5lfer nach Norden in Marsch, damit es nördlich von Preny das Ostufer gewinne.
Inzwischen wich der Gegner auf diesem Ufer vor der Gruppe Litzmann weiter aus. Auf dem äußersten Nordflügel überschritten die 4. und 1. Kavallerie-Division nebst Abteilung Esebeck, jetzt unter einheitlicher Leitung des inzwischen neu aufgestellten Höheren Kavalleriekommandeurs 6, Generalleutnants von Garnier, am 24. August die Wilia und nahmen nordwärts Anschluß an den westlich von Wilkomierz stehenden Südflügel der Njemen-Armee^).
Am 25. August wurde das Kavalleriekorps Garnier zum Vorgehen auf dem rechten Wilia-Ufer gegen Wilna angesetzt, wo der russische Widerstand einstweilen nur schwach zu sein schien. General Litzmann hielt es daher für aussichtsvoll, seine drei nördlichen Divisionen ebenfalls über die Wilia zu führen, um auch mit ihnen, von Norden umfassend gegen Wilna vorzugehen. Generaloberst von Eichhorn, dessen Hauptquartier seit dem 23. August nach Kowno vorverlegt worden war, lehnte dieses Vorhaben aber ab, da es „eine Zerreißung der Armee unter zu starker Schwächung der südlich der Wilia im Kampf stehenden Kräfte ergeben"^) hätte, ohne die Gewähr schnellen Fortschreitens nördlich der Wilia zu bieten. „Vorgehen südlich an Wilna vorbei mit versammelter Kraft unter Deckung der Nordflanke nördlich der Wilia" durch das Kavalleriekorps mußte nach Ansicht des Armee-Oberkommandos zu schnellerem und gesichertem Fortschreiten führen. „Dabei wurde nicht verkannt, daß bei Verfügbarsein weiterer Kräfte ein Vorstoß nördlich Wilna vermehrte Hoffnung auf zeitgerechtes Vorlegen vor die zurückgehenden feindlichen Hauptkräfte gegeben hätte." Cs wurde besohlen: „Der Amsassungsflügel bleibt südlich der Wilia."
Am 26. August näherte sich die Gruppe Litzmann in der Verfolgung bereits dem Seengebiet von Troki Nowe, wo sie etwa 30 Kilometer westlich von Wilna aus starken Widerstand stieß. Links daneben war nördlich von der Wilia das Kavalleriekorps Garnier bis auf gleiche Höhe vorwärtsgekommen, hatte aber seine 4. Kavallerie-Division stark zurückhalten müssen, um die nach Nordosten weitgedehnte offene Flanke zu sichern, in der die benachbarte 3. Kavallerie-Division der Njemen-Armee an diesem Tage erst Wilkomierz nahm. Rechts von der Gruppe Litzmann hatte das XXI. Armeekorps unter Generalleutnant von Hutier, mit den Hauptkräften
1) e. 535.
2) Eintragung int Kriegstagebuch des Oberkommandos 10 vom 25. August 1915.
Vormarsch der 10. Armee auf Wilna.
487
jetzt bereits auf dem östlichen Njemen-Afer, die Gegend nördlich von O l i t a erreicht, dessen westlich des Stromes gelegene Werke, vier ältere Forts, von den Russen verlassen und schon in deutscher Hand waren. Von diesen Hauptkräften der Armee durch 25 Kilometer Zwischenraum getrennt, hatte der auf drei Divisionen verstärkte Südflügel in der Richtung auf den Flußbogen von Merecz und im Augustower Walde weiter Raum gewinnen können. Alles in allem vollzog sich dieses Vorgehen auf der ganzen Armee» front unter dauernden Kämpfen, wobei der Gegner verhältnismäßig viel Artillerie zeigte, darunter auch schwere.
Der Oberbefehlshaber Ost hatte bereits*) damit gerechnet, daß die Russen weiter langsam hinter den Njemen ausweichen und möglichst zahlreiche Kräfte nach Norden verschieben würden. Am so mehr bedauerte er, gegen Wilna nicht schon stärker zu sein; auf die bei Nowo-georgiewsk freigewordenen Kräfte war erst in diesen Tagen zu rechnen. Inzwischen konnte er am 26. August, „um den Druck des linken Flügels der 10. Armee zu erhöhen", deren weitere Verstärkung durch drei Divisionen der 12. und 8. Armee anordnen, nachdem die Aussicht, bei diesen Armeen noch Größeres zu erreichen, so weit gesunken war, daß auch die O b e r st e Heeresleitung gegen die Abgabe keinen Einspruch mehr erhob. Er legte die weiteren Aufgaben des linken Heeresflügels in einem Heeres-gruppen - Vefehl nochmals") fest: „10. Armee drängt unter Sicherung gegen Grodno gegen Bahnlinie Bahnhof Orany—Wilna vor. — Rjemen-Armee deckt weiterhin die Flanke des Heeres. Sie schiebt ihren äußersten rechten Flügel über die Swjenta und ihren linken möglichst bis an die Düna vor3)."
Zur 10. Armee rollten inzwischen von Rowogeorgiewsk her das Generalkommando des III. Reservekorps, die 87. und 89. Infanterie- und 14. Landwehr-Division an, außerdem einige kleinere Verstärkungen. Generaloberst von Eichhorn übertrug dem Generalkommando des III. Reservekorps*) mit 2% Divisionen des Südflügels (16. Landwehr-, 89. In-fanterie-Division, 6. Landwehr-Brigade) die Einschließung der F e st u n g Grodno, gegen die jetzt südlich des Bobr auf Dombrowo auch der linke Flügel der 8. Armee im Anrücken war3). Die bisher auf Merecz angesetzte 77. Reserve-Division und die neu eingetrossene 87. Infanterie-
1) Rach Aufzeichnungen des Hauptmanns von Waldow vom 22. August 1915.
2) S. 367. — 3) S. 534.
4 Für General von Beseler, der inzwischen Generalgouverneur des Generalgouvernements Warschau geworden war (S. 351), wurde an diesem Tage General von Carlowih zum Kommandierenden General ernannt; er traf aber erst einige Tage
später ein. Bis dahin vertrat ihn der Chef des Stabes, Generalmajor von Sauber-zweig. — 5) S. 364 ff. und 495.
488
Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
27. bis 29. August.
Division sollten nach Norden über Preny zu den Angriffstruppen östlich des Njemen nachgezogen werden. Hier erhielten das verstärkte XXL Armeekorps (31., 42. Infanterie-Division unter Division Senker1)) und die Gruppe Litzmann (79., 76. Reserve-, 115. Infanterie-, 3. Reserve-Division) die Linie Orany—Wilna als Siel. Auf dem linken Armeeflügel wurde die 14. Landwehr-Division dem Kavalleriekorps Garnier (1. und 4. Kavallerie-Division und Abteilung Csebeck) Nachgeführt.
Durch den Nordabmarsch der 77.Reserve-Division sah sich die gegen G r o d n o angesetzte Gruppe des III. Reservekorps von der übrigen Armee endgültig getrennt und in erster Linie auf Susammenwirken mit der 8. Armee angewiesen, deren 11. Landwehr-Division am 28. August von Dombrowo über den Vobr auf Lipsk vorgehen sollte. Ein Angriff der 16. Landwehr-Division gegen den Wolkuszek-Abschnitt westlich von Sopo-ckinie, der dieses Vorgehen unterstützen sollte und an dem das Generalkommando des III. Reservekorps trotz der Gegenvorstellungen der Division festhielt, scheiterte mit einem Verlust von 500 Mann. Ebensowenig gelang es der 89. Infanterie-Division, den ihr aufgetragenen Njemen-Mergang nordöstlich von Sopockinie durchzuführen. Das Vorgehen dieser beiden Divisionen blieb vielmehr am Wolkuszek-Abschnitt, am Augustower-Kanal und am Njemen oberhalb von Druskieniki vor überlegener russischer Abwehr liegen.
Inzwischen hatte das XXI. Armeekorps unter Generalleutnant von Hutier auf dem östlichen Njemen-Afer den Vormarsch nach Süden fortgesetzt; seine 42. Infanterie-Division unter Generalleutnant von Bredow brach am 28. August östlich von Olita hartnäckigen russischen Widerstand und öffnete dadurch auch der von Westen gegen den Ort vorwärtsdrängenden 6. Landwehr-Vrigade und 77. Reserve-Division den Flußübergang. Die 31. Infanterie-Division näherte sich bereits der Bahn Grodno—Wilna.
Wesentlich härtere Kämpfe hatten in diesen Tagen die Divisionen der Gruppe Litzmann in dem seen- und hügelreichen Gelände zu bestehen, das sich von südlich Troki Nowe bis zur Wilia erstreckt. Hier deckten die Russen in starken und gut ausgebauten Stellungen den Sugang nach Wilna, ihr Widerstand war daher besonders hartnäckig; immer neue Verbände wurden in diesem Raume und jetzt auch nördlich der Wilia festgestellt), die
0 Aus 177. I. Br. u. 9. Ldw. Br. gebildet.
2) Tatsächlich standen diesem Frontabschnitt insgesamt neun Divisionen gegenüber, von Süden beginnend: % 2. Kub. Kos. D., 4. sinnt. Sch. D., II. kauk. Korps (laut. Gren. D. u. 51. I. D.)*, XXXIV. Korps (104., 53.*, 56. F. ©.*), V. Korps (10. u. 7. F. D.)*, 65. Z. D. — Davon waren die mit * versehenen Verbände, insgesamt
Stillstand bei der 10. Armee.
489
offenbar als Verstärkung von anderen Fronten herangezogen worden waren.
So machte der deutsche Stoßflügel keine entscheidenden Fortschritte mehr.
Als dann am 30. August vom Oberbefehlshaber Ost abermals so. «iw Verstärkungen in Aussicht gestellt wurden, entschloß sich Generaloberst 31,9tU0Ull-von Cichhorn, die Operation in neue Bahnen zu leiten. Dazu waren größere Verschiebungen nötig. Vorher aber wurde bis zum Abend des 31. August östlich des Njemen noch wesentlich Raum nach Süden gewonnen und damit die Lücke zu den westlich des Flusses gegen Grodno angesetzten Kräften auf etwa 20 Kilometer beiderseits von Druskieniki verringert. Gleichzeitig hatte sich die 31. Infanterie-Division bei Lejpuny der großen Bahn Grodno—Wilna so weit genähert, daß der Zugverkehr unterbunden war. Im übrigen kamen Bewegungen und Kämpfe im Lause dieses Tages allmählich zum Stillstand.
d) Auseinandersetzungen mit der Obersten Heeresleitung^).
Karten 6 und 7.
Am 27.August hatte die Oberste Heeresleitung folgenden 27.A«g«st. grundlegenden Befehl erlassen:
„Seine Majestät hat besohlen: Die Heeresgruppen Prinz Leopold und Mackensen stellen mit der Masse ihren Vormarsch nach Osten am Sumpfgelände östlich der Linie Ratno (50 Kilometer nördlich Kowel)—Kobryn—Szereszowo ein, bleiben aber mit kleineren gemischten Verbänden auf allen Straßen am Feinde. Ob von Teilen des linken Flügels der Gruppe Mackensen und des rechten Flügels der Gruppe Prinz Leopold zur Mitwirkung gegen die rückwärtigen Verbindungen des Feindes nördlich des Forstes Bialowiez noch ein Vorstoß über Pruzana— Szereszowo in nördlicher Richtung geführt werden soll, darüber folgt Befehl. Frühzeitige Gruppierung für diesen Zweck ist für alle Fälle anzustreben. Heeresgruppe Mackensen beginnt sofort mit Herstellung einer zum dauernden Halten mit möglichst geringen Kräften geeigneten Feldstellung... Heeresgruppe Prinz Leopold richtet eine gleiche Stellung ... um den Westrand des Forstes Bialowiez herumgreifend oder durch den Forst, falls dort die Verhältnisse günstiger sind, bis zur Rarewka-Mündung in den Rarew ein. — Heeresgruppe Hindenbur g2) führt die von ihr eingeleiteten Operationen nördlich des oberen Rarew und östlich des mittleren Njemen bis zur größtmöglichen Schädigung des Feindes durch. Dabei ist zu berücksichtigen, daß ihr, sobald es die allgemeine Lage erfordert, die dauernde
sechs Divisionen, erst nach dem Fall von Kowno herangekommen, davon drei aus Westpolen, zwei aus Südpolen, eine von Riga, ferner nur wenig früher aus Galizien die 65. F. D. — H Anschluß an S. 351. — 2) S. 363.
490
Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
28. August.
29. und 30. August.
Behauptung der Linie vom Narew bei der Narewka-Mündung bis zur See obliegen wird. Ob die Anlehnung an die See im Rigaer Busen oder bei Libau erfolgt, bleibt überlassen. Der Vau einer entsprechenden Feldstellung ist einzuleiten, mit dem Ausbau der Njemen-Festungen baldigst zu beginnen... Allen Heeresgruppen wird besondere Bestimmung darüber zugehen, welche Heeresteile sie demnächst zu anderweitiger Verwendung abzugeben haben werden."
Dieser Befehl, der beim O be rb e f ehl sh aber O st am 28. August einging, gab ihm die langersehnte Möglichkeit, die Operation gegen denrussischen Nordflügel mit vermehrten Kräften und größtem Nachdruck weiterzuführen. Dazu war er denn auch sofort entschlossen. Gegenüber den Aussichten, die sich hierbei auch seht noch zu bieten schienen, mußte seines Erachtens die Rücksicht auf eine Stellung zurücktreten, die später einmal, „sobald es die allgemeine Lage erfordere", dauernd gehalten werden sollte. Da auch die Heeresgruppe Prinz Leopold Vorgehen bis an den Ostrand des Forstes von Vialowiez für nötig hielt und die Verfolgung daher noch bis Pruzana—Wolkowysk fortsetzen wollte, fand zwischen beiden Kommandobehörden ein Meinungsaustausch am Fernsprecher statt. „Es besteht Unklarheit darüber", so heißt es im Kriegstagebuch des Oberbefehlshabers Ost, „ob die befohlene Verteidigungslinie eine rückwärtige Stellung sein soll oder ob später in diese Linie wieder zurück gegangen werden soll. Zunächst bleiben die Gruppen Leopold und Hindenburg im Vormarsch." Vielleicht werde der Erfolg der Heeresgruppe Hindenburg neue Gesichtspunkte geben. Da der rechte Flügel der 12. Armee von der Obersten Heeresleitung auf Siemienowka, also nach Nordosten, angesetzt war1), hielt der Oberbefehlshaber Ost jetzt eine wesentliche Verstärkung der 10. Armee für möglich, und es schien ihm unbedenklich, sie aus der 12. Armee zu nehmen, da diese meldete, ihr Vormarsch sei „lediglich durch Verpflegungsschwierigkeiten aufgehalten; es sei daher unmöglich, zunächst weiter vorwärtszukommen".
Am 29. August wurde folgender Heeresgruppen-Befehl erlassen: „Ein Vorstoß deutscher Kräfte östlich des Forstes Vialowiez von Pruzana in Richtung Slonim wird von der Obersten Heeresleitung erwogen; 9. Armee geht durch genannten Forst vor. — 12. und 8. Armee folgen dem Feind möglichst dicht; 12. Armee im Vormarschstreifen Swislocz —Indura, bis zur Überwindung ihrer Verpflegungsschwierigkeiten jedenfalls mit Vorhuten. Cs sind Vorbereitungen zu treffen, daß die Gros demnächst in großen Märschen folgen können. 8. Armee greift Grodno an;
i) Befehl vom 25. August (©. 367).
Auseinandersetzungen mit der Obersten Heeresleitung.
491
schwere Artillerie, die in Augustow eintrifft, wird ihr unterstellt. Anschluß nach rechts an 12. Armee; nach links dehnt sie sich bis an den, Augustow-Kanal nördlich Sopockinie aus. — 10. Armee greift weiter Richtung Orany—Wilna an, Schwerpunkt möglichst auf und nördlich Wilna. — Rjemen-Armee greift vor Friedrichstadt an und deckt weiterhin gegen die obere Düna." Damit war der 10. Armee der Angriff auf Grodno abgenommen, so daß sie ihre ganze Kraft gegen Wilna einsetzen konnte. Der Befehl wurde am 30. August dahin ergänzt, daß die 12. und 8. Armee das Generalkommando des I. Armeekorps nebst 2., 58., 88. Infanterie-, 10. Landwehr- und 9. Kavallerie-Division an die 10. Armee abzugeben hatten, also noch etwas mehr als am 26. August beabsichtigt war1), „und zwar zu einem möglichst einheitlichen Vorgehen südlich der Zessarka (bei Wilkomierz). Umfassung des feindlichen Flügels nördlich Wilna ist von höchster Bedeutung. Im übrigen bleibt 10. Armee im Angriff, wie unter dem 29. August befohlen, unter Sicherung Rjemen-aufwärts bis Druskieniki einschließlich". Die 16. Landwehr-Division, bisher rechter Flügel der 10. Armee, wurde vorläufig der 8. Armee unterstellt, die Vorbereitungen zu treffen hatte, um demnächst beiderseits von Grodno Brücken über den Rjemen zu schlagen.
Inzwischen war die Oberste Heeresleitung durch die Absichten der Heeresgruppe Prinz Leopold auf die verschiedene Auffassung über die Dauer st ellung aufmerksam geworden und fragte beim Oberbefehlshaber O st an, wie der Lauf der Dauerstellung im allgemeinen beabsichtigt sei. Dieser antwortete: „Falls Oberste Heeresleitung Festhalten an Rarewka-Mündung befiehlt, habe ich keine Wahl. Als Stellung kommt nach dem Fall von Grodno und Wilna allein die Linie Rarewkä-Mündung—Wilna—Riemenek—Mitau in Betracht. Ich kann aber diese Stellung nicht empfehlen, da sie an einzelnen Stellen mit einem dauernden Zurückführen der Armee verbunden sein würde, falls die Operation, wie von der Obersten Heeresleitung in Aussicht genommen und wie es dringend erforderlich ist, fortgesetzt wird, um den Russen endgültig zu schlagen." Welche Linie dann in Frage käme, könne noch nicht übersehen werden. Für den rechten Flügel werde etwa der Zelwianka- oder Szczara-Abschnitt nicht mehr Truppen erfordern als die bisher vorgesehene Stellung.
„Den Russen endgültig zu schlagen", hatte General von Falkenhayn allerdings nicht in Aussicht genommen. Im übrigen hielt er an der einmal getroffenen Entscheidung fest, wollte aber auch den Oberbefehlshaber
i) 0. 367 f.
492
Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
ZI« August. Ost in der Durchführung seiner Absichten nicht behindern. Cr antwortete Generalfeldmarschall von Hindenburg am 31. August: „Obschon nicht anzunehmen ist, daß es auf irgendeine uns mögliche Weise gelingen könnte, einen Feind wirklich endgültig zu schlagen, der fest entschlossen ist, ohne Rücksicht auf Opfer an Land und Leuten zu weichen, sobald er angefaßt wird, und dem dazu das weite Rußland zur Verfügung steht, entspricht Euerer Exzellenz Absicht, den Teil der Rüsten, der vor der Heeresgruppe ist, noch möglichst entscheidend zu schlagen, ganz den Wünschen der Obersten Heeresleitung. Wie aber in der Direktive vom 27. August1) gesagt, wird selbst bei denkbar günstigstem Operationsverlauf in leider nicht ferner Zeit die unbedingte Notwendigkeit eintreten, auch in Ihrem gegenwärtigen Befehlsbereich wie schon jetzt bei den anderen Heeresgruppen aus dem östlichen Kriegsschauplatz nur so wenig Truppen und Munition zu belassen, wie zur Behauptung der kürzesten Linie in Feindesland ... unentbehrlich sind. Mit kürzester Linie ist natürlich diejenige gemeint, die mit dem Mindestaus-wand von Kräften gehalten werden kann. Nachdem die Entscheidung darüber, wo die Hauptoperationen weitergeführt werden sollen, gegen den Osten gefallen ist, bleibt keine Wahl. Auch das Aufgeben von besetztem Land muß dabei, wenn nötig, in Kauf genommen werden." Ob der Oberbefehlshaber Ost die später hiernach zu bemestenden Kräfte an Truppen und Munition tatsächlich in der befohlenen Linie, die jedenfalls auszubauen sei, verwende oder außer ihr eine weiter vorwärts gelegene Stellung wähle oder vorwärts der ausgebauten kürzesten Linie die Truppen eine bewegliche Verteidigung führen lasse, bleibe durchaus überlasten. Bedingung sei jedoch, daß bei keiner Gestaltung der Lage die kürzeste Linie verloren und jede Nachforderung an Truppen und Munition in den Grenzen des Möglichen vermieden werde. Nach vorläufiger Schätzung sei anzunehmen, daß später etwa zehn bis zwölf Divisionen abgegeben werden müßten. Bei den beiden anderen Heeresgruppen zwinge das Gelände und ihre in kürzester Frist eintretende Schwächung durch Abtransport von vornherein zur Beschränkung. „An der Narewka-Mündung als Anschlußpunkt der Dauerstellungen der Heeresgruppen Hindenburg und Prinz Leopold muß also festgehalten werden."
i.bis s.Sep- Schon am nächsten Tage, am 1. September, wurde dem Oberbefehls-
temver. Haber Ost eine an die Heeresgruppe Prinz Leopold gegebene Weisung mitgeteilt, nach der auch sie die Offensive fortsetzen sollte, und zwar gegen den Straßenabschnitt Slonim—Zelwa, also gegen den Zelwianka-Abschnitt. Über die Abgrenzung und gegenseitige Unterstützung sei unmittelbares Cin-
!) S. 489.
Auseinandersetzungen mit der Obersten Heeresleitung.
493
vernehmen zu treffen. Am 2. September folgte die Mitteilung eines Schreibens des Generals von Falkenhayn an Generaloberst von Conrad, in dem am Schluffe gesagt war: „Erst wenn es gelingen sollte, den Feind bis hinter die Linie Pinsk—Varanowicze—Friedrichstadt—'Rigaer Vusen zurückzudrängen, würde eine Vorverlegung der D a u e r st e l l u n g dorthin in Frage kommen, weil das Halten voraussichtlich nicht mehr Kräfte erfordern wird als das der hinteren Linie." Die Oberste Heeresleitung schien sich also der Auffassung des Oberbefehlshabers Ost zu nähern. Die Frage der Dauerstellung blieb abhängig von den Ergebnissen des weiteren Vorgehens.
Der Oberbefehlshaber Ost wandte sich nunmehr an die Heeresgruppe Mackensen: Da die Oberste Heeresleitung die Fortsetzung der Offensive der Heeresgruppe Prinz Leopold auf Slonim—Zelwa genehmigt habe, würde er sich „von möglichst energischem Vorstoß linken Flügels 11. Armee Richtung Slonim großen Erfolg versprechen". Cr erhielt die Antwort, daß dieser Vorstoß am 3. September erfolgen werde. Über die eigenen Absichten meldete er am 4. September auf Anfrage an die Oberste Heeresleitung: „Ich beabsichtige etwa am 8. oder 9. September, je nach dem Gang der Eisenbahntransportbewegung, mit dem verstärkten linken Flügel der 10. Armee auf und über Wilna—Wilkomierz anzugreifen, um östlich Wilna zu umfassen. Njemen-Armee wird sich Angriff anschließen, während 8. und 12. Armee mit Schwerpunkt nördlich des Rjemen, im übrigen gegen den Szczara-Abschnitt Angriff fortsetzen, wobei eine Mitwirkung der 9. und 11. Armee1) noch erhebliche Erfolge zeitigen kann. Der Widerstand des Russen vor meiner Front ist noch nicht gebrochen; ihm muß noch zugesetzt werden."
In der Nacht zum 5. September antwortete dieObersteHeeres-l e i t u n g: „Heeresgruppe Prinz Leopold und Teile der Heeresgruppe Mackensen werden versuchen, durch Vorgehen in der allgemeinen Richtung über Slonim gegen den Feind nördlich des Sumpfgeländes einzuwirken. Ob sie durchdringen, ist bei jetziger Beschaffenheit der Verbindungen allerdings zweifelhaft. Falls die Lage im Westen es nicht früher erfordert, werden am 15. September zunächst zwei Reserve-Divisionen aus dortigem Bereich herausgezogen werden. Cs ist wahrscheinlich, daß das Herausziehen der übrigen für andere Kriegsschauplätze bestimmten Kräfte^) dann in etwa dreitägiger Folge wird geschehen müffen."
1) Gemeint waren die Heeresgruppen Prinz Leopold und Mackensen.
2) Entscheidung vom 31. August (S. 492).
494
Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
30. August.
Damit schien Klarheit und, wie der Oberbefehlshaber O st annehmen mußte, für die nächsten Ziele auch Übereinstimmung mit der Ober st en Heeresleitung erreicht. In Wirklichkeit war das aber doch nicht der Fall. General von Falkenhayn dachte vielmehr, wie er dem Oberbefehlshaber Ost aber erst nach Abschluß der Operationen in einem Schreiben vom 8. Oktober andeutete und nach dem Kriege in seinem Werke1) ausführte, nicht an Umfassung nördlich um Wilna herum, sondern an einen Durchbruchsangriff, etwa über Orany auf Lida, gegen die anscheinend schwache russische Mitte. Davon habe er sich im Zusammenwirken mit der Heeresgruppe Prinz Leopold „das Zusammenpreffen des ganzen linken feindlichen Flügels auf die Sumpfinseln von Slonim" versprochen. Er habe aber nicht eingegriffen, schrieb er dem Oberbefehlshaber Ost, da er „die Überzeugung jedes anderen respektiere, solange sie sich in dem gegebenen Rahmen hält, also das Ganze nicht zu schädigen droht, und weil sich mit mathematischer Gewißheit der Ausgang keiner Operation, die so energisch geführt wird, wie es dort stets geschieht, vorher übersehen läßt"..
2. Die Schlacht bei tVilna2). a) Umgruppierung und Kämpfe bis zum 8. September.
Karten 6 und 7, Skizze 28.
Die Stärke des russischen Widerstandes im Gebiete von Troki Rowe und die Aussicht auf wesentliche Verstärkungen, insgesamt ein Generalkommando, vier Infanterie-Divisionen und eine Kavallerie-Division^), hatte das Oberkommando der 10. Armee veranlaßt, auf den unter anderen Verhältnißen abgelehnten Plan des Generals LiHmann1) zurückzukommen, der den Angriff nördlich der Wilia befürwortet hatte. Am 30. August befahl Generaloberst von Eichhorn die Bildung einer starken und stoßkräftigen Umfassungsgruppe, um sich „den über die Linie Grodno—Wolkowysk nach Nordosten zurückweichenden feindlichen Kräften unbedingt vorzulegen". Während der Rest der Armee den Gegner südlich der Wilia band, sollte die Umfassungsgruppe nördlich an Wilna vorbei über die Wilna—Dünaburger Bahn vorstoßen. Dazu sollte neben anderen Verschiebungen das XXI. Armeekorps als aktiver Truppenverband aus der Gegend westlich von Orany auf den Stoßflügel nördlich der Wilia rücken, wie das dessen Kommandierender General selbst vorgeschlagen hatte. Bis diese Bewegungen
2) von Falkenhayn, S. 115.
2) Die gleichzeitigen Kämpfe der Njemen-Armee werden auf S. 533 ff. im Zusammenhang geschildert.
3) S. 491. — *) S. 486.
12., 8. und 10. Armee.
495
durchgeführt und die Verstärkungen heran waren, mußte etwa eine Woche vergehen.
Inzwischen führte der Gegner, der die drohende Gefahr immer mehr erkennen mußte und durch den Rückzug aus Polen Kräfte frei bekommen hatte, unter Einsah seines Gardekorps am 1. und 2. September heftige, aber für ihn selbst überaus verlustreiche Gegenstöße im Raume von Troki Nowe und nördlich der Wilia. Alle diese Versuche scheiterten an der Abwehr der Gruppen Lihmann und Garnier. Am 3. September stauten die russischen Angriffe ab.
Im Norden wollte die Riemen-Armee ihren Druck, der bisher mit Erfolg gegen die untere Düna, auf Friedrichstadt, gerichtet gewesen war, allmählich mehr südwärts ausdehnen"). Als äußerster rechter Flügel dieser Armee hielt die 3. Kavallerie-Division seit dem 3. September an der Schirwinta nordwestlich von Schirwinty Fühlung mit dem Nordflügel der 10. Armee.
Vor dem rechten Flügel der 10. Armee und weiter südlich hatte die russische Gegenwirkung in den letzten Augusttagen nachgelassen. Für die Verfolgungsbewegungen der 12. und 8. Armee bildete der Befehl des Oberbefehlshabers Ost vom 29.August2) die Grundlage. Während der Generalstabschef der 12. Armee, Oberst Marquard, wegen der Nachschubschwierigkeiten für diese Armee zunächst noch einen mehrtägigen Halt für notwendig erachtete, bestand Generalleutnant Ludendorff auf der sofortigen Fortsetzung des Vormarsches, zum mindesten mit Teilen. Der Druck sollte auf dem rechten Flügel liegen, das nächste Ziel war der Swislocz-Abschnitt zwischen dem gleichnamigen Orte und Indura, während die 8. Armee die Richtung auf die Rjemen-Festung Grodno erhielt, die sie angreifen sollte. Insgesamt verfügte die 12. Armee am 30. August über 10%; Divisionen, davon nur vier in vorderer Linie3), — die 8. Armee über 5% Divisionen, davon 4% in vorderer Linie4); für den Angriff auf Grodno wurden zu ihr noch 21 schwerste und schwere Batterien und Belagerungsgerät herangeführt. Ohne viel Widerstand zu finden, war die Verfolgung bei beiden Armeen weitergegangen.
9 S. 535. — 2) S. 367 und 490.
8) Gliederung von rechts beginnend: verst. XVII. A. K. (3., dahiner 35. u. 36. 3. D.), Korps Watter (Gen. Kdo. XIII. 21. K. mit 26. Z. D., dahinter 1. G. R. D. u. 4.G. 3. D.), XVII. R. K. (% 85. Ldw. D., dahinter 86. 3-D.), Korps Plüskow
(Gen. Kdo. XI. A. K. mit 54. u. 38. 3- D. u. Ldst. Abt., dahinter 50. R. D.).
4) Gliederung von rechts beginnend: Korps Hollen (37., dahinter 83.3- D.), 75. R. D., l.Ldw. D., 169. Ldw. Br. der 85. Ldw. D., 11. Ldw. D.
496
Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
I. bis 3. Sep- Vis zum 1. September kamen die vordersten Truppen der 12. Armee an tem&et. Ed über den von Natur starken Swislocz-Abschnitt; der erwartete feindliche Widerstand blieb selbst hier aus. Die 8. Armee konnte dank vorzüglicher Leistungen ihrer Pioniere die Vobr-Sümpfe verhältnismäßig rasch überwinden und stand an diesem Tage vor Grodno.
Die Festung Grodno hatte sich seit 1913 durch Vorschieben einer neuen Fortslinie, die im Westen zwölf Kilometer vor der Stadt lag, im Ausbau zu einem starken, neuzeitlichen Waffenplatze befunden; im Kriege waren die Verstärkungsarbeiten weitergeführt worden. Am die Verfolgung in Fluß zu halten, mußte mit der Festung rasch abgerechnet werden. Der Angriff sollte gegen die Nordwestfront geführt werden. Von der bereitgestellten, an Zahl ohnehin nur schwachen Belagerungsartillerie waren die schwersten Batterien noch nicht heran; die Masse der schweren Batterien eröffnete am 1. September das Feuer gegen die Forts III und II. Inzwischen war aber die gegen die Südwestecke der Festung vorgehende 1. Landwehr-Division unter General der Infanterie von Iacobi schon dicht an das Fort XV herangekommen und ließ, nachdem ihre Mörser und schweren Feldhaubitzen gewirkt hatten, mittags zum Sturm antreten, kam aber nicht zum Ziel. Am Nachmittage gelang jedoch ein neuer Versuch bei nur noch geringer feindlicher Gegenwirkung. Die Ruffen waren auf eine Zwischenstellung ausgewichen; der unerwartet leicht errungene Erfolg und abgehörte Ferngespräche deuteten darauf hin, daß sie an ernstliche Verteidigung des Platzes nicht mehr dachten. Der nächste Tag bestätigte diese Auffassung. Unter leichten Kämpfen gegen russische Nachhuten konnten die vom Gegner verlassenen Werke besetzt werden; der Übergang über den Njemen begann. Der 3. September brachte zwar noch heftige feindliche Gegenangriffe gegen die auf das rechte Flußufer vorgeschobenen Teile der 8. Armee, dann aber ging der Gegner aus Skidel und Ieziory zurück. Die Beute beschränkte sich auf 3600 Gefangene; sechs schwerste Geschütze, darunter zwei japanische, wurden vergraben aufgefunden. Der Russe hatte die Räumung der an sich starken Festung vermutlich schon frühzeitig eingeleitet*), aber nicht mehr ganz durchführen können, seit der Verkehr auf der Bahn nach Wilna durch das Vordringen der deutschen 10. Armee2) gesperrt war. Nachdem dann die russische Gesamtfront im Süden wie im Norden bereits östlich von Grodno verlies, war angesichts des deutschen Artillerieaufmarsches auch die Besatzung zurückgenommen worden; die Erfahrungen von Nowogeorgiewsk und Kowno mögen mitgesprochen haben.
i) S. 452. — -) S. 489.
8. Armee. Einnahme von Grodno.
497
Auch die südlich anschließende deutsche 12. Arm e e hatte weiter Raum «.mss.Lep. gewonnen, rechts begleitet von der Heeresgruppe Prinz Leopolds. Am 3. und 4. September stieß sie zehn Kilometer westlich von Wolkowysk sowie östlich von Indura auf neuen Widerstand, gegen den sie in vielfach schwierigem Gelände im Frontalangriff nur sehr langsam Raum gewann, während die 8. A r m e e durch den Rjemen-Äbergang noch aufgehalten war.
Bereits am Nachmittage des 4. September verrieten jedoch aufgefangene russische Funksprüche, daß der Gegner den Rückzug auf der ganzen Front zwischen den Rokitno-Sümpfen und Grodno, vom Südflügel beginnend, in der nächsten Nacht fortsetzen werde. Dementsprechend ging es am 5. September auf dem rechten Flügel der 12. Armee, am 6. auch auf deren linkem Flügel wieder weiter. Vor der 8. Armee aber hatte sich der Gegner 20 Kilometer östlich von Grodno im Njemen-Vogen von südlich Skidel über die Seen von Feziory bis Druskieniki in starker Stellung von neuem gesetzt.
Inzwischen war beim Oberbefehlshaber Ost der Gesamtplan für die Fortsetzung der Offensive gegen den Nordflügel der russischen Heeres-ftont weiter ausgereift. Angesichts der bevorstehenden Abgaben^) von zehn bis zwölf Divisionen, die mit zwei Divisionen schon am 15. September, wenn nicht sogar noch früher ihren Ansang nehmen sollten, sowie auch wegen der herannahenden ungünstigeren Jahreszeit, war Cile immer mehr geboten, wenn noch Entscheidendes erreicht werden sollte. Das Einverständnis der Obersten Heeresleitung zur Mitwirkung der Heeresgruppen Mackensen und Prinz Leopold^) ermöglichte es, die 12. und 8. Armee weiterhin in der allgemeinen Richtung auf Lida und nördlich, also nach Nordosten, zum Angriff einzusetzen und wenn möglich in dieser Richtung durchzustoßen, um Wilna auch von Süden zu fassen. Dabei bot der mnd 120 Kilometer südlich von Wilna auf längerer Strecke aus nordöstlicher Richtung fließende Rjemen eine geeignete Begrenzung des Angriffsraumes nach rechts. Die 12. Armee sollte ihre HaupÜräfte alsbald auf das nordwestliche, rechte Äser des Fluffes hinüberführen, während auf dem Südostufer schwächere Teile im Anschluß an die Heeresgruppe Prinz Leopold die Flanke deckten. Im Norden konnte die Sicherung gegen die russische 5. Armee und gegen die von Smolensk, Petersburg und Riga nach Dünaburg führenden Bahnen durch Angriff der Njemen-Armee in dieser Richtung am wirksamsten gestaltet werden. Wie weit die 10. Armee dann
!) S. 555. — -) S. 492 f. — 3) S. Ebenda.
t Weltkrieg. VIII. Band.
32
498
Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
September.
September.
zur Umfassung nach Norden und Osten ausholen wollte, konnte ihr überlassen bleiben1).
Der Oberbefehlshaber Ost faßte seine Absichten am 6. September in folgendem Heeresgruppen-Vefehl zusammen2): „Ich strebe an, den Russen nochmals, und zwar entscheidend, zu schlagen, bevor er über die westliche Verezyna und die Wilia zurückgeht." Die 12. Armee sollte ihren Gegner mit schwächerem rechten Flügel in das Sumpfgebiet der Set-wianka und Szczara werfen, mit den Hauptkräften aber zum Anschluß an die 8. Armee auf das nördliche Rjemen-Ufer übertreten. Diese Armee hatte zunächst den russischen Widerstand bei Skidel zu brechen. Im übrigen wies die Angriffsrichtung der 12. und 8. Armee beiderseits der Bahn Siebtee— Lida nach Nordosten. Die 8. Armee hatte die 75. Reserve-Division, die 12. Armee demnächst die 4. Garde- und die 37. Infanterie-Division zur Verwendung bei der 10. Armee abzugeben. Der Befehl lautete weiter: „10. Armee greift am 9. September mit linkem Flügel an. Dabei ist Höherer Kavalleriekommandeur 6 mit 1. und 9. Kavallerie-Division und 3. Kavallerie-Division von der Njemen-Armee aus der Gegend nördlich Wilkomierz auf Kukuzischki—Uzjany anzusehen, Schwerpunkt Uzjany. Die Armee hat Bedacht zu nehmen, weitere ihr bereits unterstehende Kräfte auf ihrem linken Flügel einzusetzen." Die Njemen-Armee, der die bisher zur 10. Armee bestimmte 88. Infanterie-Division und zwei Mörser-Batterien neu überwiesen wurden, sollte unter Fortsetzung des Angriffs südöstlich von Friedrichstadt mit ihrem Südflügel, der Division Beckmann, gleichfalls in der Richtung auf Uzjany angreifen.
Vis zum 8. September hatte die 12. Ar me e, die auch weiterhin durch ernste Nachschubschwierigkeiten behindert war, im Anschluß an die Heeresgruppe Prinz Leopold den Zelwianka-Abschnitt bei Zelwa und nördlich erreicht. Auf ihrem linken Flügel war das Korps Plüskow im Übergang über den Njemen südwestlich von Skidel. Es trat zur 8. Armee über, die diesen Ort infolge heftiger russischer Gegenwirkung noch nicht hatte nehmen können und auch vor Ieziory und Druskieniki noch festlag.
Die Grundgedanken des Angriffsplanes ergeben sich aus verschiedenen Befehlen und sonstigen Aufzeichnungen sowie aus dem Gelände und der Lage. Sie sind durch Mitteilungen des Generals Ludendorff, des Generalleutnants von Bockelberg und des Obersten a. D. Keller vom Sommer und Herbst 1931 an das Reichsarchiv bestätigt worden. Insbesondere hat General Ludcndorff zum Ausdruck gebracht, daß die 12. und 8. Armee „durchstoßen" sollten.
2) Vgl. die Befehle vom 29. und 30. August (S. 490 f.) und die Meldung an die Oberste Heeresleitung vom 4. September (S. 493).
Schlacht bei Wilna. Bereitstellung zur Umfassung.
Vei der 10. Armee war die Bereitstellung zum Amfassungsangriff im wesentlichen durchgeführt. Hinter der Front der Gruppen Litzmann und Garnier standen acht Infanterie-Divisionen bereit, zwei Kavallerie-Divisionen bildeten, bis nördlich von Wilkomierz reichend, den äußersten linken Flügel. Für den 9. September befahl Generaloberst von Eichhorn unter Neueinteilung der Armee den Beginn des umfassenden Angriffs auf Wilna. Cr ging dabei von der Annahme aus, daß der Gegner jetzt vor seiner Front mit etwa elf Divisionen südlich und neun Divisionen nördlich der Wilta1) zur Abwehr bereitstehe. Den Nordflügel dieser rund 20 feindlichen Divisionen nahm er bei Schirwinty an der Schir-winta an, weiter nördlich bis zur Straße Wilkomierz—Dünaburg schien aber zur Zeit nur Kavallerie zu stehen. Generaloberst von Eichhorn selbst verfügte für den Angriff insgesamt über 17%: Infanterie- und vier Kavallerie-Divisionen, war also an Zahl erheblich schwächer als der anzugreifende Feind. Er erwartete, daß die 8. Armee mit dem linken Flügel längs der Mereczanka nach Nordosten vorgehen werde. Von der 10. Armee2) sollten die Gruppen Carlowitz mit vier Divisionen und Litzmann mit 5% Divisionen, davon 1%! nördlich der Wilia, den Gegner fesseln, während weiter nördlich die Gruppe Hutier mit fünf Infanterie-Divisionen und die Gruppe Eben mit drei Infanterie-Divisionen und einer Kavallerie-Division zum Stoße bestimmt waren. Dieser hatte mit einer Rechtsschwenkung um die am weitesten gegen den Feind vorspringende Stellung der 115. Infanterie-Division als Drehpunkt zu beginnen, so daß nur die vier Infanterie-Divisionen des äußersten linken Flügels bereits am 9. September früh antreten, die übrigen sich erst nach und nach anschließen sollten. Das drei Divisionen starke Kavalleriekorps Garnier hatte, im Verein mit der Division Beckmann der Njemen-Armee"), auf Azjany vorzugehen und dann nördlich des Seengebietes von Maliaty die linke Flanke zu decken, bereit, das Vorwärtskommen des linken Flügels der Gruppe Eben durch überholende Einwirkung zu erleichtern.
!) S. 488.
2) Gliederung vom rechten Flügel: Gruppe Carlowitz (Gen.Kdo.III.R.K. mit verst. 6. Ldw. Br., 87. u. 89. F. D. u. 16. Ldw. D.), Gruppe Litzmann (Gen. Kdo. XXXX.R.K. mit 79., 76., 3. R. D., verst. Vrig. Monteton [der 80. R. D.s, 14. Ldw. D. und Abt. Esebeck), Gruppe Hutier (XXI. A. K. [31. u. 42. F. D.s, 115. I. D., 77. R. D. u. Div. Zenker), Gruppe Eben (Gen. Kdo. I. A. K. mit 10. Ldw. D., 58. u. 2. F. D. u. 4. K. D.), Kav.-Korps Garnier (1. u. 9. K. D., zugeteilt 3. K. D. der Njemen-Armee). — 6. Ldw. Br. und Br. Monteton hatten die Stärke je einer Division.
3) S. 535.
500
Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
9. und 10* September.
LI. September.
b) Der Angriff bis zum 14. September.
Karte 6, Skizzen 28 und 29
Am 9. September begannen auf dem Nordflügel der 10. Armee die Angriffsbewegungen. Sie führten zu Kämpfen in einem Gelände, das in weitem Umkreis um Wilna, vor allem aber in der Nähe des vielfach gewundenen Wilia-Laufes, Höhen und Täler in reichster Abwechselung auswerft, vielfach von Wald bestanden und daher sehr unübersichtlich ist.
Die Stoßdivisionen des äußersten linken Armeeflügels und das Kavalleriekorps brachen zum Angriff vor, warfen nördlich von Schirwinty russische Kavallerie zurück und gewannen bis zu 20 Kilometer Raum nach vorwärts. Der nördliche Flügel der deutschen Kavallerie konnte sich Uzjany auf 15 Kilometer nähern, die Gruppe Hutier war einstweilen noch festgehalten. Am 10. September ging die Vorwärtsbewegung des Umfassungsflügels ohne größere Kämpfe planmäßig weiter. Die Gruppe Eben erreichte den Raum zwischen den Seen von Maliaty im Norden und dem Sumpfgebiet des Schirwinta-Sees im Süden. Sie hatte damit ihre im wesentlichen östliche Vormarschrichtung beibehalten und sollte weiterhin mit dem linken Flügel geradeswegs auf den Bahnübergang Ljudjuna westlich von Swenzjany vorgehen. Südlich neben ihr wurde aber der linke Flügel der Gruppe Hutier (77. Reserve- und 42. Infanterie-Division) bereits an diesem Tage nach Südosten gegen das russische Gardekorps eingedreht, dessen Südflügel durch die 115. Infanterie-Division unter Generalmajor von Kleist abends aus seiner Stellung geworfen wurde, dann folgten bis zur Wilia, noch in der alten Linie, 1% Divisionen (Abteilung Esebeck und 14. Landwehr-Division) der Gruppe Litzmann, so daß zwischen Schirwinta-See und Wilia auf etwa 25 Kilometer breiter Front 4% Divisionen im Kampfe standen. Südlich der Wilia waren drei Divisionen (Division Zenker und 31. Infanterie-Division der Gruppe Hutier und 76. Reserve-Division der Gruppe Litzmann) noch zum Einsatz verfügbar, die 75. Reserve-Division auf Wilkomierz im Anmarsch.
Am 11. September wurden zum Angriff zwischen Wilia und Schir-winta-See zwei weitere Divisionen eingesetzt, in schwierigem Gelände aber auch damit keine großen Fortschritte erzielt. Hier kämpften jetzt auf 27 Kilometer Breite 6%, deutsche Divisionen, wie man annahm, gegen mindestens ebenso viele russische1). Rur die Division Zenker war nach links herausgezogen worden, um östlich des Schirwinta-Sees in der immer größer
!) Tatsächlich standen in vorderer Linie nur drei russische Divisionen (von der Wilia beginnend: ^ Grenzwach-Div., G. Schütz.Br., 1. u. 2.G. I.D.) gegenüber, dahinter eine Division in Reserve.
Schlacht bei Wilna. Amfassungsangriff der 10. Armee.
501
werdenden Lücke zur Gruppe Eben die russische Stellung von Norden zu fasien und dadurch dem Frontalangriff vorwärtszuhelfen. Inzwischen erreichte General von Eben im Weitermarsch fast kampflos die Seen östlich von Dubinki. Er näherte sich damit dem Scheimjana-Abschnitt und der ihn begleitenden großen Bahnlinie Wilna—Swenzjany—Dünaburg und war genötigt, mit seinen drei Infanterie-Divisionen eine immer breitere Front einzunehmen. Links daneben deckten vier Kavallerie-Divisionen (4. Division und Kavalleriekorps Garnier mit 1.,3. und 9. Division) von den Maliaty-Seen bis zur Dünaburger Straße nordöstlich von Uzjany in etwa 45 Kilometer Breite die Flanke, während gegen Dünaburg selbst die Njemen-Armee den Vormarsch angetreten hatte1).
Unterdessen hatte man beim Oberkommando Eichhorn den Eindruck gewonnen, daß der Gegner aus der Front südlich von Wilna Truppen herausziehe, bisher anscheinend zwei Korps (III. sibirisches und XXVI.2)), und auf den Nordflügel seiner Wilna-Gruppe, etwa in die Gegend westlich von Swenzjany, verschiebe. Die schwerste Aufgabe hatte die Armee also voraussichtlich noch vor sich. Sie lag aber, wie sich mehr und mehr herausstellte, nicht mehr zwischen Wilia und Schirwinta-See, wo die deutschen Truppen am dichtesten standen, sondern in der Gegend nordöstlich, vielleicht sogar östlich von Wilna, wo aus weitem Raume bisher nur verhältnismäßig schwache deutsche Kräfte im Vorrücken waren. General von Eben hatte berechtigte Sorge, beim Weitermarsch den Zusammenhang mit der übrigen Armee zu verlieren. Der Generalstabsches der Armee, Oberst Hell, bestand aber gelegentlich eines Ferngespräches an diesem Tage trotzdem auf Fortsetzung des Vormarsches zu „ausgiebiger Umfassung über Ljudjuna und dann erst Eindrehen über Griby auf Lowki", das etwa sieben Kilometer südsüdöstlich von Ljudjuna liegt.
Auch den Oberbefehlshaber Ost beschäftigten diese Fragen. In seinem Kriegstagebuch heißt es am 11. September: „Der Nordflügel der 10. Armee ist in gutem Fortschreiten; seine Umfassung verspricht einen vollen Erfolg. Erwünscht ist das Nachführen von möglichst starken Reserven hinter diesem Flügel." Gefahr bestand für ihn einstweilen nicht, denn die Njemen-Armee war im Vordringen gegen Dünaburg und deckte damit in wirksamster Weise den Rücken. Auf dem Südflügel des Gesamtangriffs lag aber die 12. A r m e e an der Zelwianka und nördlich, und vor allem die 8. A r m e e nordöstlich von Grodno, seit Tagen vor neuer feindlicher Gegenwehr fest. Um Skidel wurde seit dem 9. September von den Korps Plüskow und Frommel2) der 8. Armee mit wechselndem Erfolge schwer gerungen, wobei
0 S. 535. — 2) Tatsächlich nur das III. sib. Korps.
8) H. K. K. 3 mit den Truppen des bisherigen Korps Hollen (S. 495).
502
Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
11. September, die 37. Infanterie-Division unter Generalleutnant Freiherr von Hollen die
Hauptlast des Kampfes zu tragen hatte. Da auch vor dem rechten Flügel der 10. Armee noch kein Nachlassen des russischen Widerstandes zu merken war, versprach sich der Oberbefehlshaber Ost von rücksichtslosem Durchstoß des linken Flügels dieser Armee in südöstlicher Richtung großen Erfolg. In dem Bestreben, die begonnene Operation zu einer wirklich entscheidenden auszugestalten, wandte er sich an die Oberste Heeresleitung und bat für zehn bis vierzehn Tage um das X. Armeekorps, das, aus Südpolen kommend, zur Abbeförderung nach dem Westen gerade bei Bialystok transportbereit stand. Als Ersatz bot er ein bis zwei Divisionen der 12. Armee an, die in vier Tagen bei Bialystok eintreffen könnten. Als dann am Abend des Tages die 12. Armee meldete, daß es ihr gelungen sei, auf dem Ostufer der Zelwianka festen Fuß zu fassen, und aus Fliegermeldungen und russischen Funksprüchen zu ersehen war, daß der Gegner vor der 8. Armee den Rückzug jetzt doch fortsetzen wolle, sah der Oberbefehlshaber Ost darin die Auswirkung der Amfaffungsbewegung der 10. Armee und wiederholte dringend seine Bitte an die Oberste Heeresleitung mit der Begründung: „Ich verspreche mir einen großen Erfolg davon, den Gegner in das Sumpf-und Seengelände östlich Wilna zu werfen. Will der Russe seine Armee retten, so muß er versuchen, von Dünaburg her dem linken Flügel der 10. Armee in Flanke und Rücken zu stoßen. Gegen diese Gefahr brauche ich eine tiefe Staffelung dieses Flügels, die durch das zeitlich richtige Eintreffen des X. Armeekorps bei Kowno ganz natürlich erreicht würde."
12. September. Der Chef des General st abes des Feldheeres sah sich
indessen außerstande, diesem Antrage zu entsprechen, da die Gefahr eines neuen großen Durchbruchsversuchs der Feinde an der Westfront bedenklich gewachsen war1). Cr betonte, daß sich die Oberste Heeresleitung den angeführten Gründen nicht verschließe. Indessen würde die allgemeine Lage durch die erbetene Maßregel so ungünstig beeinflußt werden, daß Seine Majestät sich zu ihr nicht habe entschließen können. Auch würde das Korps, da es nur mit 12 bis 14 Zügen täglich von Bialystok abbefördert werden könne, geschloffen nicht vor Ende des Monats in der Gegend südwestlich von Dünaburg bereit sein und nicht vor Mitte Oktober wieder verfügbar werden. Solange würden aber „die Operationen hier im Osten mit den bisher dafür verwendeten Kräften2) leider überhaupt nicht fortgeführt werden dürfen". Anabhängig von diesem Telegrammwechsel wurde für den 16. September der Besuch des Obersten Kriegsherrn bei der 10. Armee in Kowno angekündigt.
i) Näheres vgl. Band IX. — -) S. 492.
Schlacht bei Wilna. Fortsetzung der ilmfassungsbewegung.
503
Der Oberbefehlshaber Ost blieb auf seine eigenen Kräfte angewiesen; der Gegner aber schien sich inzwischen vor dem überaus schwachen Nordflügel der Njemen-Armee verstärkt zu haben; nordöstlich von Riga sollte ein neues Armee-Oberkommando eingesetzt worden fein1). Das durfte die eingeleitete große Operation nicht stören. Wenn auch die Njemen-Armee mit ihrem rechten Flügel wie bisher im Angriff bleiben wollte, so faßte der Oberbefehlshaber Ost jetzt doch ins Auge, die bei der 12. Armee herausgezogene 3. Infanterie-Division nunmehr bei der Njemen-Armee statt bei der 10. Armee einzusetzen. Diese wurde angewiesen, entweder mit der starken Gruppe Hutier „scharf anzugreifen, um den Gegner festzuhalten und daran zu hindern, Kräfte der Umfassung entgegenzuwerfen, oder aber Kräfte nach links zu verschieben, um den Druck der Umfassung nachhaltiger zu machen".
Vor der 8. Armee hatte der Gegner in der Nacht den bereits erwarteten Rückzug angetreten, der sich im Laufe des 12. September auch auf dem äußersten Südflügel der 10. Armee fühlbar machte. Im übrigen aber hielt der Feind noch. Zwischen Wilia und Schirwinta-See ergab die Fortsetzung der verlustreichen Bemühungen der Gruppen Litzmann und Hutier auch an diesem Tage nur ein allmähliches Zurückdrücken der Rüsten. Cs gelang zwar, beiderseits um die Sumpfniederung des Schirwinta-Sees vorwärtszukommen, so daß sich die Front entsprechend verkürzte; der Angriff der Gruppe Hutier stieß aber doch immer wieder frontal auf neue feindliche Stellungen, während die Umfastungsgruppe Eben auch weiterhin nach Osten unbehindert vorwärtskam. In 36 Kilometer breiter Front hatten ihre Infanterie-Divisionen die Dünaburger Bahn überschritten und standen abends mit dem linken Flügel bei Swenzjany, 65 Kilometer östlich vom Schirwinta-See. Nördlich von Swenzjany deckten vier Kavallerie-Divisionen in immer breiter werdendem Raum die offene Flanke. Der Gegner schien durch das Erscheinen deutscher Truppen so tief in seinem Rücken völlig überrascht worden zu sein; nichts deutete hier auf Vorbereitung zur Abwehr. Flieger stellten fest, daß in Vesdany, 18 Kilometer nordöstlich von Wilna, Truppen ausgeladen wurden; man vermutete, daß sie ursprünglich nach Swenzjany bestimmt gewesen seien, den Weg aber bereits versperrt gefunden hatten. Auch sollten sich nordöstlich von Swenzjany, bei Widsy, mehrere russische Kavallerie-Divisionen sammeln.
Um die augenblickliche Gunst der Lage voll auszunutzen, war der Um-sastungsflügel zu schwach. Die Maste der Armee aber lag in zähem Frontalkampf fest, besten Ende noch keineswegs abzusehen war. Unter solchen Umständen konnte die jetzt 25 Kilometer breite, nur von der Division Zenker
0 S. 451.
504
Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
13. September.
14. September.
besetzte Lücke zwischen den Gruppen Hutier und Eben für die Dauer sogar zu Bedenken Anlaß geben. Schon jetzt hatte General von Eben Teile seiner 10. Landwehr-Division dort zurückgelassen; auf die inzwischen bei Wilkomierz eingetroffene 75. Reserve-Division war frühestens in zwei Tagen zu rechnen.
Am 13. September wurden die beiden rechten Flügeldivisionen des Korps Eben nach Süden gegen die Wilia östlich von Wilna eingedreht und die Frontalangriffe der Gruppen Hutier und Litzmann fortgesetzt; gleichzeitig wurden aber bei diesen auch Kräfte herausgezogen, um sie der Gruppe Eben nachzuführen. Das Kavalleriekorps nahm mit drei Divisionen die Richtung nach Südosten gegen den Swir- und Narocz-See, kam bis 15 Kilo-meter über Swenzjany nach Süden hinaus und entsandte Sprengabteilungen zur Unterbrechung der von Smolensk über Polozk nach Molodeczno führenden Bahn. Da andererseits die Division Beckmann der Rjemen-Armee zum Vormarsch auf Dünaburg nach Norden weggezogen worden war1), hatte jetzt die 9. Kavallerie-Division an den Seen von Polusche die offene Nordflanke des Umsassungsflügels der 10. Armee allein zu sichern.
Die Fortsetzung der Frontalangriffe brachte gegen den zähe haltenden Gegner auch an diesem Tage kein entscheidendes Ergebnis. Im Süden aber hatte sich der Rückzug der Russen vor der 8. Armee inzwischen nach rechts auf die Front der 12. Armee und nach links fast auf die ganze Front der Gruppe Carlowitz ausgedehnt. Diese war seit dem Vormittag in der Verfolgung und machte dabei aus ihrer bisher nach Südosten gerichteten Front um Lejpuny als Drehpunkt eine Linksschwenkung, die im Zusammenwirken mit der Gruppe Eben im weiteren Verlaufe zu doppelseitiger Umfassung der nordwestlich von Wilna haltenden Russen führen konnte.
Am 14. September setzte der rechte Armeeflügel, gegen russische Nachhuten kämpfend, seine Linksschwenkung im Zusammenhang mit den Bewegungen der 8. Armee so weit fort, daß er sich abends mit der Front nach Nordwesten dem Wersoka-Abschnitte näherte. Von Lejpuny über Troki Rowe bis nordwestlich und nördlich von Wilna stand der Gegner aber noch. Nordwestlich von Wilna wurde der deutsche Angriff jetzt von geringeren Kräften fortgesetzt, während weitere Teile nach Osten abrückten, um den Umfassungsflügel für die dort zu erwartenden Cntscheidungskämpfe stärker zu machen. Die als erste herausgezogene 42. Infanterie-Division wurde aber an diesem Tage schon zwischen der Division Zenker und der 10. Landwehr-Division der Gruppe Eben, also auf der Mitte der Nordfront, wieder eingesetzt und brachte hier einen Fortschritt in der Richtung
i) S. 535 f.
Schlacht bei Wilna. Fortsetzung der Llmfassungsbewegung.
505
auf den Wilna-Vogen von Riemenczyn. Auf dem äußeren Flügel der Umfassung wurde auch die letzte Infanterie-Division der Gruppe Eben, die 2. Infanterie-Division, deren Kommandeur, Generalleutnant von Falk, den Vormarsch, auf dem rechten Wilia-Afer bleibend, in der Richtung auf Smorgon hatte fortsetzen wollen, schon jetzt gegen den Fluß eingedreht, den sie bei Michalischki erreichte. Von hier bis in die Gegend südlich des Schirwinta-Sees standen damit auf fast 70 Kilometer breiter Front einschließlich der anrückenden 75. Reserve-Division aber doch erst sechs deutsche Infanterie-Divisionen in des Feindes Flanke und Rücken, von da bis zur Wilia nordwestlich von Wilna auf noch nicht 30 Kilometer Breite immer noch ebenso viele Divisionen, davon eine allerdings bereits zur Verschiebung nach Osten herausgezogen. Die drei Kavallerie-Divisionen des Generals von Garnier konnten sich währenddessen, ohne Widerstand zu finden, der Stadt Smorgon bis auf 15 Kilometer nähern, Teile von ihnen standen bereits südöstlich vom Rarocz-See. 60 Kilometer von ihnen entfernt lag die 9. Kavallerie-Division jetzt bei Swenzjany, während abermals 90 Kilometer weiter nördlich die Njemen-Armee bis dicht vor die Außenstellungen von Dünaburg gelangt war.
Flieger meldeten größere Viwaks bei Smorgon und westlich sowie Truppentransporte von Wilna nach Molodeczno. Generaloberst von Eichhorn „wußte, daß in dem Wilna-Kessel vier russische Generalkommandos sich befanden, also auch ihre Korps. Die Hauptquartiere der Korps schoben sich nach aufgefangenen Funksprüchen immer enger auf kleinstem Raume zusammen. Die ganze 10. Armee hoffte auf vollen Erfolg"1). Man wollte den russischen Massen, insgesamt wohl etwa 15 Divisionen, weiterhin durch dauerndes Vorhalten und Linksschieben den Rückzug verlegen, während die Kavallerie ihnen in den Rücken gehen sollte. Ilm 415 nachmittags gab Generaloberst von Eichhorn dem Kavalleriekorps Garnier durch Funkspruch den Befehl: „Feind, in, nördlich und südlich Wilna, wird eingekesselt. Sperrung Auswegs zwischen Swir-See und Berezyna-Sümpfen südlich Wiszniew ausschlaggebend. Zerstörung Bahn Lida—Molodeczno—Polozk und Wilna—Molodeczno wichtig. Armee schließt dauernd links. 2. Infanterie-Division morgen von Michalischki auf Soly." Entsprechende Weisungen gingen an die übrigen Teile der Armee.
In dieser Lage griff der Oberbefehlshaber Ost ein. Cr war mit dem bisherigen Verlauf des Angriffs keineswegs zufrieden?). Die
1) Mitteilung des Obersten ct.D. Keller vom Sommer 1931 an das Reichsarchiv.
2) Hoffmann I, S. 87. — Brief vom 13. September.
506 Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
>4. September. Entblößung des Raumes zwischen der 10. und Nje men-Armee Hatto ihn bereits am Vormittage veranlaßt, der letzteren die Entsendung der bayerischen Kavallerie-Division nach Dukschty zu befehlen, von wo die 9. Kavallerie-Division nach Süden weggezogen war; nachmittags forderte er darüber hinaus Sicherung der 10. Armee gegen russische Kräfte, die über Widsy vorrücken könnten. Aber die Lage bei dieser Armee heißt es am 14. September in seinem Kriegstagebuch: „Auch bei der 10. Armee greift der Oberbefehlshaber Ost ein. Der rechte Flügel ist erneut auf stark ausgebaute feindliche Stellung gestoßen, weiter nördlich unverändert. West-und Nordfront greifen nicht energisch an." Der Gegner habe freie Hand, seine bei Wilna stehenden starken Kräfte nach Nordosten gegen die drohende Umfassung zu werfen; „er hat den kürzeren Weg". Außerdem aber wußte man aus aufgefangenen Funksprüchen, daß eine neu zusammengesetzte russische 2. Armee (XXVII., IV. sibirisches, XIV., XXXVI. Korps und eine Kavallerie-Division^)) von der Mitte der feindlichen Gesamtfront nach Molodeczno—Smorgon überführt werden solle, und wollte daher die eigene Operation, wie Generalleutnant Ludendorsf am Fernsprecher dem General-stabschef, Oberst Hell, darlegte, zum günstigen Abschluß bringen, bevor sich die neue russische Armee bemerkbar machen könne. Weiteres Verschieben der 10. Armee nach links sei daher untunlich. „Höchste Eile" — so ist das Ferngespräch im Kriegstagebuch der 10. Armee weiter wiedergegeben^) — „sei geboten, um der Gefahr einer Einwirkung feindlicher Kräfte gegen Ostflanke und Rücken der 10. Armee zuvorzukommen. Sofortiges Abdrehen sämtlicher Kräfte der Armee aus dem zur Zeit gewonnenen offenen Halbkreise zu konzentrischem Angriff auf Wilna sei unbedingt geboten. Vormarsch der 2. Infanterie-Division aus der erreichten Gegend in unmittelbar westlicher Richtung habe die äußerste Begrenzung des Angriffs zu geben." Demgegenüber vertrat Oberst Hell die Ansicht, daß nur dann ein durchschlagender Erfolg erreicht werden könne, wenn dem Gegner durch möglichste Schließung des Ringes jede Möglichkeit des Entkommens genommen werde, und daß die Durchführung weiterer Verschiebung der Kräfte nach links auch tunlich erscheine, da eine unmittelbare
x) Die Annahmen stimmten.
2) Andere Aufzeichnungen darüber fehlen in den Akten. Dagegen hat Oberstleutnant Hoffmann am 13., 14. und 15. September 1915 über die hier erörterten Meinungsverschiedenheiten solche gemacht (Hoffmann, S. 87 f.). Sie gipfeln in der auch durch damalige Aufzeichnungen des Hauptmanns von Waldow und Mitteilungen des Obersten a. D. Keller (diese vom Sommer 1931 an das Reichsarchiv) bestätigten Auffassung des Oberbefehlshabers Ost: „Zu einem zweiten Vrzeziny kommt es aber nicht. Dann begnügen wir uns mit einem kleineren Erfolg, ein großes Risiko wird nicht mehr gemacht. .
Schlacht bei Wilna. Eingreifen des Oberbefehlshabers Ost. 507
Bedrohung von Osten her zur Zeit nicht vorliege. Ferner sei mit großer Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, daß die Bahnlinien Molodeczno—
Polozk und Molodeczno—Wilna am 15. September durch die zu diesem Zweck entsandte Kavallerie nachhaltig zerstört würden. Im übrigen gewähre die starke Heereskavallerie in dem für abschnittsweises Aufhalten anrückender Kräfte günstigen Gelände weitgehende Sicherheit für die Armeeflanke. „Diese Gegenvorstellungen", so heißt es in der Aufzeichnung weiter,
„wurden nicht anerkannt. Cs wurde Oberst Hell eröffnet, daß der Oberbefehlshaber Ost Abdrehen der Divisionen zu konzentrischem Angriffe spätestens am 16. September verlange, und hinzugefügt, daß der telefonische Befehl dazu alsbald erlaffen werden würde."
Dieser entscheidende Befehl des Oberbefehlshabers Ost lautete:
„Ich erwarte, daß die Armee spätestens am 16. September auf ihrer ganzen Front angreift, da jeder spätere Zeitpunkt Lage nur zu unseren Angunsten verändern kann."
Die 12. und 8. Armee sollten mitwirken. Sie hatten im Anschluß an die Heeresgruppe Prinz Leopold am 14. September das Westuser des besonders in seinem südlichen Teile breiten und sumpfigen Szczara-Ab-schnittes sowie nördlich des Rjemen eine von der Szczara-Mündung im allgemeinen nach Nordnordosten verlaufende Linie erreicht, die westlich von Radun an den Südflügel der 10. Armee anschloß. Die Russen schienen sich zu neuem Widerstände gesetzt zu haben. Hinter ihrer Front wurden auf den Bahnen nach Minft und Molodeczno Truppenverladungen beobachtet; es wurde versucht, sie durch Bombenangriffe von Fliegern und Luftschiffen zu stören. Der Oberbefehlshaber Ost wies die 12. Armee darauf hin, durch starken Druck auf dem nördlichen Rjemen-Afer in nordöstlicher Richtung auch ihrerseits „auf die Auffassung der 10. Armee einzuwirken".
Die 8. Armee wurde gemahnt: „Ich erwarte, daß morgen, den 15. September, Gruppe Plüskow energisch Gelände in Richtung Lida gewinnt."
Dadurch sollte der Gegner bei Wilna auch von Südwesten her eingeschnürt werden.
c) Der konzentrische Angriff und die Verfolgung vom 15. bis 19. September.
Karten 6 und 7, Skizzen 28 und 29.
Bei der 10. Armee diente der 15. September der Vorbereitung des is.septemver. nunmehr auf den 16. festgesetzten allgemeinen Angriffs. Rach den bestimmten Weisungen des Oberbefehlshabers Ost sah sich Generaloberst von Eichhorn genötigt, die vorher bereits erlassenen Befehle wieder aufzuheben und seine Truppen scharf gegen Wilna einzudrehen.
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Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
Für das Kavalleriekorps Garnier wurde der vor dem Eingreifen des Oberbefehlshabers Ost durch Funkspruch gegebene Befehls allerdings nicht mehr geändert. In der Nacht aber ordnete der Oberbefehlshaber Ost an, daß die von General von Garnier zur Vereinigung mit der 1. und 4. Kavallerie-Division bestimmte 9. Kavallerie-Division statt dessen wieder nach Norden reite, um zusammen mit der bayerischen Kavallerie-Division der Njemen-Armee zwei russische Kavallerie-Divisionen anzugreifen, die sich bei Polusche zu sammeln schienen. Von den verbleibenden drei Divisionen des Kavalleriekorps erreichte die 3. Kavallerie-Division am 15. September die Gegend von Krzywicze und sperrte damit die Bahn Polozk—Molodeczno. Nur die 1. und 4. Kavallerie-Division blieben zum Vorgehen gegen den Rücken der russischen Wilna-Gruppe übrig. Sie überschritten und unterbrachen die Bahn Molodeczno—Wilna bei und nordwestlich von Smorgon. Dabei erreichte die 1. Kavallerie-Division ohne ernsteren Kampf die Gegend südlich von Zuprany, während die 4. Kavallerie-Division unter Generalmajor von Hofmann genötigt war, alsbald nach Rordwesten gegen Feind einzuschwenken, der den Oszmjanka-Abschnitt Zuprany—Soly hielt.
Bei der Gruppe Eben war der linke Flügel, den Weisungen des Oberbefehlshabers Ost Rechnung tragend, von Michalischki über die Wilia zunächst nach Südwesten auf Wornjany angesetzt worden. Die 2. Infanterie-Division unter Generalleutnant von Falk konnte sich diesem Orte unter teilweise heftigen Kämpfen bis zum Abend auf etwa drei Kilometer nähern. Im Anschluß daran hatte auch der linke Flügel der 58. Infanterie-Division die Wilia überschritten, die 10. Landwehr-Division und dahinter die von der Gruppe Hutier überwiesene 42. Infanterie-Division zogen sich über die Scheimjana herüber nach Südosten heran.
Inzwischen aber war der Gegner westlich der Scheimjana-Mündung in der Nacht auf breiter Front nach Süden ausgewichen. Die Truppen des Generalleutnants von Hutier konnten ohne Kampf bis zu zwölf Kilometer Raum nach vorwärts gewinnen und standen abends von der Scheimjana-Mündung bis westlich von Niemenczyn vor der Wilia, dann verlief die Front weiter nach Westen. Der Feind schien sich in starker Stellung wieder gesetzt zu haben. Bei der Gruppe Litzmann hatte unmittelbar östlich der Wilia unterhalb von Wilna die 14. Landwehr-Division etwas Gelände gewonnen, im übrigen stand hier die Front; die Gruppe C a r l o w i tz war einige Kilometer nach vorwärts bis an den vom Feinde gehaltenen Wersoka-Abschnitt vorgerückt. Bei der 8. und 12. Armee reichte die Angriffskraft bei äußerst knappem Nachschub nicht mehr aus, um die gestellten Auf-
i) S. 505.
Schlacht bei Wilna. Konzentrischer Angriff.
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gaben zu lösen. Sie lagen vor russischem Widerstände sest. In welchem Maße, abgesehen von geleisteten Truppenabgaben, die Kraft in zwei Angriffsmonaten gesunken war, zeigen folgende Angaben über die Verhältniße bei der 12. Armee1): Sie hatte seit dem 13. Juli rund 1800 Offiziere und 80 000 Mann verloren. 47 000 Mann inzwischen eingestellter Ersah und weitere 13 000, die im Anmarsch waren, hatten solchen Ausfall zwar rein zahlenmäßig zu drei Vierteln gedeckt, so daß die Bataillone nirgends unter 600 Mann zählten, konnten aber bei weitem nicht in demselben Umfange ersehen, was der Truppe gerade an besten kriegserprobten Führern und Mannschaften entrissen war.
Bei der 10. Armee teilte der Befehl für den allgemeinenAn -i«. September, griff am 16. September zunächst mit, daß die rechts anschließende 8. Armee mit dem linken Flügel von Radun nach Osten vorgehen, die Rjemen-Armee den Rücken des Angriffs nördlich der Straße decken werde, die von Swenzjany über Postawy nach Osten führt. Der Angriff der 10. Armee wurde mit zehn Divisionen der Armeemitte, davon sieben auf dem nördlichen Wilia-Ufer, konzentrisch gegen einen Raum angesetzt, der sich schließlich beiderseits von Wilna auf im ganzen 20 Kilometer verengerte, die Flügelgruppen mit je vier Divisionen dementsprechend. Im einzelnen sollten angreifen: Gruppe C a r l o w i tz mit vier Divisionen (verstärkte 6. Land-wehr-Vrigade, 87. und 89. Infanterie- und 16. Landwehr-Division) von Westen, Gruppe Lihmann mit fünf Divisionen (79. Reserve-Division, verstärkte Brigade Monteton, 3. Reserve-, 14. Landwehr- und 76. Reserve-Division) von Nordwesten, Gruppe Hutiermit 5 Divisionen (115. In-fanterie-Division, Abteilung Esebeck, 77. Reserve-Division, Division Zenker,
31. Infanterie-, 75. Reserve-Division) von Norden, Gruppe Eben mit vier Divisionen (10. Landwehr-, 42., 58. und 2. Infanterie-Division) von Nordosten. Vom Kavalleriekorps Garnier, das die Südostflanke der Armee zu decken hatte, sollten zwei Divisionen im Rücken des Gegners die Oszmjanka-Äbergänge bei und östlich von Oszmjany sperren und die Bahn Molodeczno—Lida unterbrechen; die 3. Kavallerie-Division hatte sich gegen Molodeczno selbst zu wenden, wo ein russisches Armee-Hauptquartier angenommen wurde, die Bahn Molodeczno—Minsk zu unterbrechen und Sprengabteilungen gegen die Bahn Minsk—Smolensk vorzutreiben. Die 9. Kavallerie-Division, die, ohne nennenswerten Feind anzutreffen^), die Gegend östlich von Polusche erreicht und mit der bayerischen Kavallerie-Division Fühlung aufgenommen hatte, konnte nun doch
1) von Gallwitz, S. 364.
2) S. 508. — Tatsächlich stand zwischen Narocz-See und Dünaburg, allerdings sehr weit auseinandergezogen, das russische Kav.-Korps Kasnakow mit 2% Divisionen.
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Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
IS. September, wieder näher herangezogen werden und sollte die Deckung gegen Osten zwischen der 23ahn Molodeczno—Polozk und der Straße Swenzjany— Postawy übernehmen.
Die Angriffsbewegungen begannen dem Armeebefehl entsprechend, führte« aber nicht zu dem erhofften Ergebnis. Vei der Gruppe Carlo Witz scheiterten alle Versuche, über die Wersoka zu kommen. Südlich der unteren Wilia hatte der rechte Flügel der Gruppe LiHmann russische Gegenangriffe abzuwehren; nördlich des Fluffes konnte ihr linker Flügel und der rechte der Gruppe H u t i e r nur wenig Voden gewinnen. Der Feind schien artilleristisch stärker zu sein als an den Vortagen^). Der linke Flügel der Gruppe Hutier lag am Wilia-Abschnitt Niemenczyn— Scheimjana-Mündung fest. Östlich der Scheimjana erkämpften sich die 10. Landwehr- und 42. Infanterie-Division der Gruppe Eben den Flußübergang, kamen dann aber, ebenso wie die 58. Infanterie-Division, nicht viel weiter. Nur am äußersten linken Ende vermochte die 2. Infanterie-Division den Gegner ein größeres Stück zurückzudrängen; sie erreichte mit ihrem Ostflügel Gerwjaty, den Zwischenraum zum Kavalleriekorps Garnier damit auf 15 Kilometer verringernd. Vei diesem nahm die 4. Kavallerie-Division Soly und Zuprany, kam darüber aber nicht hinaus. Im Anschluß daran blieb die 1. Kavallerie-Division, deren Aufklärung von Oszmjany nach Süden bis Olzany russische Postierungen festgestellt hatte, in der Linie Zuprany—Voruny, also mit der Front nach Westen stehen. Das im Armeebefehl gesteckte Ziel war hier nicht erreicht. Die 3. Kavallerie-Division kam im Vorgehen auf Molodeczno unter Kämpfen abends bis Wilejka, die 9. zog sich auftragsgemäß wieder mehr nach Süden.
Nachmittags war der Kaiser mit General von Falken ha yn beim Oberkommando in Ko wno eingetroffen. General Ludendorff berichtet darüber2): „Nach seinem Eintreffen fragte mich General von Falkenhayn, ob noch ein großer Schlag zu erwarten sei. Ich verneinte. Die richtige Zeit für einen großen Schlag war auf jeden Fall versäumt; natürlich mußte ich einen Erfolg so lange als möglich erstreben. Alles hing davon ab, ob der Russe aus der Front Verstärkungen in die Gegend nordöstlich von Wilna fahren konnte"2). Während General von Falkenhayn schon bald nach
9 Soweit aus russischen Quellen zu ersehen, kann es sich nur um vermehrten Munitionseinsatz gehandelt haben.
9 Mitteilung vom 23. Dezember 1931 an das Reichsarchiv.
3) In ähnlichem Sinne meldete am Abend des 16. September Major von Fleisch-mann nach Teschen: „Wie weit sich der Erfolg durch Umfassungsstügel ausbeuten lassen wird, beziehungsweise, ob es nicht sogar notwendig sein wird, den äußersten Flügel von der Bahn Molodeczno—Wilna wieder zurückzunehmen, wenn der Frontal-
Der Höhepunkt der Schlacht bei Wilna.
511
Berlin weiterfuhr, trug Generalfeldmarschall von Hindenburg dem Kaiser über die Lage vor1) und gab im Anschluß daran seinen Armeen bekannt, er habe dem Obersten Kriegsherrn die Versicherung gegeben, daß sie „das Letzte hergeben werden, um den Russen zu schlagen. Ich weiß, daß ich mich aus meine Armeen verlaßen kann".
Am 17. September sollte der Angriff weiter gehen, aber schon vor- n. September, her wurde erkannt, daß der Gegner vor der ganzen Front der Gruppe Litzmann und dem rechten Flügel der Gruppe Hutier nunmehr den Rückzug angetreten hatte, der sich schließlich auch nach Süden bis vor den linken Flügel der Gruppe Earlowitz ausdehnte. Man erblickt darin mit Recht die Wirkung des nun schon eine Woche währenden deutschen Angriffs. Die Aussicht, den Gegner noch vernichtend zu treffen, hatte sich damit aber vermindert, besonders, da er weiter südlich noch standhielt.
Hier hatte die verstärkte 6. Landwehr-Vrigade unter Generalmajor Simon immerhin einen örtlichen Erfolg errungen, indem sie im Angriff nördlich von Radun 1000 Gefangene und fünf Maschinengewehre erbeutete.
Die 8. und 12. A r nt e e waren seit dem 14. September trotz einiger Erfolge kaum noch vorwärtsgekommen. Bei der 10. A r m e e erreichten die Gruppen Litzmann und Hutier in der Verfolgung die allgemeine Linie Lejpuny— Landwarowo—Wilia nördlich von Wilna. Sie standen damit etwa fünf Kilometer vor der Stadt. Oberhalb von Wilna hielt der Gegner das Südufer der Wilia. Rur in der Gegend der Scheimjana-Mündung und aufwärts bis Vystriza gelang es der scharf zupackenden 75. Reserve-Division unter Generalleutnant von Seydewitz, sowie der 10. Landwehr- und 42. Infanterie-Division, im Angriff über den Fluß weiteren Raum zu gewinnen.
Auf dem äußersten linken Flügel konnte die 2. Infanterie-Division ihre Stellung nur wenig verbessern.
So klaffte immer noch eine breite Lücke zum Kavalleriekorps Garnier, dessen Lage dadurch recht schwierig wurde. Die 4. und 1. Kavallerie-Division sahen sich von weit überlegenem Gegner angegriffen, der bei Zuprany ihre Front durchbrach, mit starken Kräften gegen den Nordflügel der 1. Kavallerie-Division einschwenkte und sie zum Ausweichen nach Osten zwang. Schließlich sah sich General von Garnier genötigt, angesichts des gleichzeitigen russischen Druckes in der rechten Flanke und des
angriff auf Wilna zur Zeit des Wirksamwerdens der gegnerischen Flanke von Molo-deczno noch nicht durchgedrungen sein sollte, ist natürlich noch nicht abzuschätzen." (Akten des Wiener Kriegsarchivs.) x) Aufzeichnungen hierüber fehlen.
512
Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
17. September, jetzt auch im Rücken bei Molodeczno neu auftretenden Feindes, beide Divi-sionen in die Gegend von Smorgon zurückzunehmen.
Daß die erwarteten russischen Truppentransporte von Minsk auf und über Molodeczno etwa seit dem 13. September tatsächlich begonnen hatten, hatte das Oberkommando Eichhorn bereits in der Nacht vom 16. zum 17. September durch eine aus Pleß mitgeteilte Agentennachricht erfahren und das Kavalleriekorps durch Funkspruch sofort unterrichtet. Noch in der Nacht war daraufhin die 3. Kavallerie-Division unter Generalmajor von Wurmb von Wilejka wieder aufgebrochen und um 9° vormittags nördlich von Molodeczno eingetroffen. Vis zum Abend gelang es ihr, russische Sicherungen über den Asza-Abschnitt zurückzuwerfen und den Vahnverkehr durch Artilleriefeuer zu stören. Feind und Sumpf-niederung verhinderten aber weiteres Vordringen gegen die ausgedehnten Vahnhofsanlagen selbst, von denen man immerhin noch etwa drei Kilometer entfernt war. Abends sicherte die Division von Zaskiewicze bis hart nördlich von Molodeczno die Flanke des Kavalleriekorps, während die 9. Kavallerie-Division inzwischen, ohne auf Feind zu treffen, 20 Kilometer über Postawy hinaus nach Osten geritten war.
Am den linken Armeeflügel zu stärken, hatte Generalleutnant vonHutier schon vormittags, als sich die Verbände der Armeemitte bei der Verfolgung auf Wilna mehr und mehr zusammendrängten, den Absichten des Armee-Oberkommandos entgegenkommend, das Herausziehen überschüssiger Teile vorgeschlagen. So waren die 31. Infanterie-Division und die Division Zenker bereits im Laufe des Tages ostwärts in Marsch gesetzt worden; die 115. Infanterie-Division, die in der Verfolgung schon sehr weit nach Süden vorgestoßen war, sollte folgen.
Im Armeebefehl vom Nachmittage des 17.September hieß es dann: „Der Feind will sich der Einschließung anscheinend durch schleunigen Rückzug entziehen. Rücksichtsloses Vorgehen der ganzen Armee-front unter weitem Ausholen des Ostflügels geboten." Die Vefehlsgrenzen wurden derart neu geregelt), daß unter Linksschieben der Gruppe Hutier der Amfassungsflügel gestärkt wurde. Sie und die Gruppe C b e n, so hieß es, „suchen ständig, scharf nach Osten ausholend, die Rückzugsstraßen des Gegners in der Enge nördlich der Verezyna-Sümpfe mehr und mehr zu verlegen. Cs ist anzustreben, Anschluß nach links dauernd zu bewahren". Das Kavalleriekorps sollte in der linken Flanke bleiben.
Dem Oberbefehlshaber Ost in Lötzen war das Zurückweichen des Feindes auf Wilna erst nachmitags bekanntgeworden. Cr befahl
0 Bisherige Einteilung S. 499. — Gr. Litzmann erhielt nunmehr die Abt. Esebeck, Gr. Hutier die 10. Ldw.- u. 42. Inf. D., Gr. Eben die 31. Ins. Div. u. Div. Zenker.
Schlacht bei Wilna. Nachdrängen hinter dem weichenden Feind. 513
daraufhin: „Den Feldzug entscheidende Erfolge können erzielt werden. Ich erwarte die höchste Kraftanspannung. Die Armeen greifen weiter an:
12. Armee in ihrem bisherigen Gefechtsstreifen, 8. Armee mit starkem linken Flügel Woronow, 10. Armee mit starkem und zur Verfolgung weit vorwärts gestaffeltem linken Flügel Richtung nördlich Smorgon.
10. Armee legt ihre Kavallerie-Divisionen dem feindlichen Rückzug vor, eventuell in Linie Wilejka—Minsk und später an der östlichen BeresinaP Die von Minsk wegführenden Bahnen sind zu zerstören. — Rjemen -Armee schiebt möglichst bald die gesamte bayerische Kavallerie-Division in Richtung auf Krzywicze nordöstlich Wilejka vor und läßt ihr Infanterie folgen."
Als sich am Morgen des 18. September herausstellte, daß der Gegner i«. September, jetzt auch vor der 8. und 12. Armee im Zurückgehen war, wurde bei der Ober st en Heeresleitung „energisches Nachdrängen auch der Heeresgruppen Mackensen und Prinz Leopold" angeregt und auch bei beiden Heeresgruppen und bei Generaloberst von Conrad unmittelbar erbeten. Die Antwort der Obersten Heeresleitung besagte, daß Anweisungen „zu schärfstem Nachdrängen" bereits gegeben feien2).
Der rechte Flügel und die Mitte der 10. Armee kamen am 18. September, dem Gegner folgend, gut vorwärts; die mit starken Stellungen umgebene, aber nicht mehr verteidigte Stadt Wilna wurde beseht.
Abends standen die deutschen Truppen etwa zehn Kilometer westlich der Bahn Lida—Wilna, im Amkreis zehn Kilometer südlich und südöstlich von Wilna und weiter nach Osten bis Vystriza an der Wilia, wo an den linken Flügel der Gruppe Hutier die Gruppe Eben anschloß. Sie und das Kavalleriekorps hatten schwer zu kämpfen gehabt. Als rechter Flügel der Gruppe Eben waren die 58. und links neben ihr die 2. Infanterie-Division zum Angriff nach Süden angesetzt gewesen, um dem Gegner den Rückzug zu verlegen. Dazu war es aber nicht gekommen, vielmehr hatte sich die 58. Infanterie-Division unter Generalleutnant von Gersdorff nur mit Mühe heftiger feindlicher Angriffe erwehrt, und auch bei der 2. Infanterie-Division nur der äußerste linke Flügel etwas Raum nach Süden gewonnen.
Hinter diesem Flügel gestaffelt war als vorderste der nachgezogenen Verstärkungen die 31. Infanterie-Division auf dem östlichen Oszmjanka-Ufer mit dem Anfang bis in Höhe von Gerwjach gekommen. Die Division Zenker war nordwestlich von Michalischki noch 20 Kilometer weiter zurück, die 77. Reserve- und 115. Infanterie-Division in der Gegend nördlich von Vystriza nochmals 12 Kilometer weiter vom Flügel entfernt.
1) 100 Kilometer östlich von Molodeczno von Norden nach Süden fließend.
2) S. 556.
f Weltkrieg. VIII. Band. 33
18. September.
514 Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
Dem Kavalleriekorps hatte Generaloberst von Eichhorn im Sinne der Weisung des Oberbefehlshabers Ost, wenn auch nicht ganz soweit gehend wie dieser, noch in der Nacht den Aufttag gegeben, den Ausgang zwischen Wilia und Verezyna für den Feind zu sperren. Statt besten sah sich aber General von Garnier bei Smorgon alsbald von überlegenem Gegner heftig angegriffen. Die 4. Kavallerie-Division mußte, da die sehnlichst erwartete Infanterie einstweilen nicht herankam, hinter die Wilia zurückgehen und ihren rechten Flügel bis Zodziszki nach Norden ausdehnen. Links von ihr hielt die 1. Kavallerie-Division Smorgon als Brückenkopf südlich des Flusses. Die 3. Kavallerie-Division bemühte sich angesichts wachsenden feindlichen Widerstandes vergeblich, Molodeczno in die Hand zu bekommen, gegen das der Gegner von Minsk und anscheinend auch von Lida her weitere Truppen heranführte. Obgleich sie außer ihrem Infanterie-Bataillon nur noch über 50 bis 100 Karabiner-Schützen in jeder Brigade verfügte, versuchte sie mit der Front nach Süden in fast 25 Kilometer Breite beiderseits von Molodeczno zu sperren. Die 9. Kavallerie-Division unter Generalmajor von Heuduck war vom Armee-Oberkommando unmittelbar beaufttagt worden, die Bahn Molodeczno—Polozk zu zerstören und weiter in der Richtung auf Minsk gegen die russischen Rückzugslinien vorzustoßen. Scharf nach Osten ausholend, kam sie bis vor Glubokoje, wo eine russische Kosaken-Division stehen sollte; vom Kampfplatze bei Molodeczno war sie rund 100 Kilometer entfernt. Auch auf die vom Oberbefehlshaber Ost heranbefohlene bayerische Kavallerie-Division der Njemen-Armee war einstweilen nicht zu rechnen; sie hatte bei Widsy, rund 120 Kilometer nördlich von Molodeczno, Feind vor sich, meldete aber die Absicht, am nächsten Tage nach Süden weiter zu reiten.
Nach den beim Oberkommando Eichhorn in Kowno vorliegenden Nachrichten, die vor allem aus russischen Funksprüchen gewonnen waren, schien der Gegner mit vier Korps1) von Wilna und südwestlich in vollem Rückzüge nach Südosten. Eine östliche Gruppe von weiteren vier KorpsH suchte die Nordostflanke dieser Bewegung gegen Bystriza— Smorgon teils in der Abwehr, teils im Angriff gegen die deutsche Umfassung zu decken, während außerdem zwei aus Richtung Lida neu herangeführte
0 Tatsächlich mehr als fünf Korps; vom ruff. linken Flügel beginnend: XXVI., XXXIV., II. kauk. Korps, 65. und 104. F. D., V. kauf. und Garde-Korps mit zusammen 13 bis 14 Divisionen.
2) Tatsächlich nur drei Korps: III. fit)., II. und V. Korps mit zusammen 6% Divisionen; das vierte deutscherseits angenommene (XX.) Korps stand noch bei Lida.
Schlacht bei Wilna. Weitere Kräfteverschiebung nach links.
515
Korps*) gegen Smorgon angriffen und andere von Minsk auf Molodeczno anrollten. Hiernach standen westlich von Smorgon immer noch etwa acht russische Korps; ihr Rückzug mußte sich in der Gegend westlich von Molodeczno stauen, da die Gesamtrückzugsrichtung des russischen Heeres nördlich der Rokitno-Sümpfe nach Nordosten wies. Aus diesen Verhältnissen, so hoffte die deutsche Führung, würden für die Bewegungen des Gegners derartige Schwierigkeiten entstehen, daß Aussicht war, wesentliche Teile doch noch abzuschneiden, sofern es nur gelang, den eigenen linken Flügel rechtzeitig derart zu verstärken, daß er nach Süden entscheidende Fortschritte machte.
Der Oberbefehlshaber Ost wie auch das Oberkommando 10, das mit seinen Korps fast dauernd in Fernsprechverbindung stand, drückte daher immer wieder mit allen Mitteln auf Schieben nach links zur Verlängerung und Verstärkung des Amfassungsflügels. Am 18. September um 7° abends ging an General v o n C b e n die Weisung: Der Feind vor den Gruppen Litzmann und Hutier, der heute bei Mjedniki anzunehmen sei, werde „nach sicheren Nachrichten"^) morgen um 5° vormittags aufbrechen. Die Gruppen Litzmann und Hutier würden am 19. September um 4° morgens beiderseits der Bahn Wilna—Molodeczno die Verfolgung fortsetzen. Damit werde eine Stauung der Angriffstruppen wahrscheinlich, falls es nicht gelänge, Kräfte der Gruppe Eben herauszulösen und „durch Nachtmarsch auf äußeren entscheidenden Flügel zu bringen; alles dauernd links schieben". Die 115. Infanterie-Division wurde der Gruppe Eben mit der Bestimmung unterstellt, sie schleunigst zwischen der Wilia und dem Swir-See vorzuführen. Das Kavalleriekorps behielt seine Sperr-aufgabe, bis Infanterie heran sei; die bayerische Kavallerie-Division wurde nochmals angewiesen, aus Krzywicze heranzurücken.
Am 19. September folgten die Gruppen Carlowitz, Litzmann und is. September. Zutier frontal dem abziehenden Gegner und wurden nur durch Nachhuten, Vrückenzerstörungen und Geländeschwierigkeiten da und dort aufgehalten. Abends sahen sie sich aber in einer von Süden nach Mjedniki und dann nordostwärts verlaufenden Linie neuem feindlichen Widerstände gegenüber. Auch vor dem rechten Flügel der Gruppe Eben, wo der 58. Infanterie-Division die Angriffsrichtung nach Südsüdosten auf Slobodka, an der Bahn westlich von Soly, gegeben war, hatte der Gegner in der Nacht seine Stellung geräumt. Als neuer linker Flügel der Gruppe war die 31. Infanterie-Division auf Smorgon angesetzt. Im ganzen gelang es, trotz
0 IV. sib. und XXXVI. Korps.
2) Deckbezeichnung für aufgefangene russische Funksprüche.
33*
516
Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
IS. September, teilweise heftiger feindlicher Gegenwirkung, westlich der Oszmjanka etwa acht Kilometer nach Süden vorwärts zu kommen, während östlich des Fluffes die 31. Infanterie-Division unter Generalleutnant von Verrer nach größten Marschanstrengungen abends zehn Kilometer nördlich von Smorgon Anschluß an den äußersten Nordflügel des Kavalleriekorps gewann.
Schwer war der Tag für die drei Kavallerie-Divisionen, die General von Garnier zur Hand hatte. Bevor die Lücke zwischen der 4. und 1. Division bei Smorgon einerseits, der 3. bei Molodeczno andererseits durch Rechtsschieben dieser Division geschloffen werden konnte, war der Feind bei Zaskiewicze über die Wilia durchgebrochen und damit in die Flanke der brückenkopfartigen Stellung gelangt, die die 1. Kavallerie-Di v i s i o n bei Smorgon südlich des Fluffes hielt. Gegenmaßnahmen wurden getroffen, der Brückenkopf mußte behauptet werden. Der Divisions-führet, Oberst von Lenthe, selbst meldete, er werde sich tagsüber halten; wenn aber bis zur Nacht die 31. Infanterie-Division nicht heran sei, könne er bei der Übermüdung seiner Truppen für den Ausgang nicht mehr einstehen und müffe zurück. Die Infanterie-Division kam nicht. Der in der Front angreifende Gegner wurde abgewiesen, blieb aber doch so nahe, daß das Zurückgehen über die Wilia nur noch unter Verlusten ausführbar schien. Oberst von Lenthe, der bei seiner Division über drei Infanterie-Bataillone und etwa doppelte Ausstattung an Maschinengewehren und Artillerie verfügte, entschloß sich zu weiterem Ausharren. Unterdessen hatte weiter östlich die 3. Kavallerie-Division vor dem sich dauernd verstärkenden feindlichen Druck ihre Stellung vor Molodezno bereits aufgeben müssen und war bis zu zwölf Kilometer nach Norden hinter die Wilia ausgewichen; ihr Ostflügel hielt Wilejka.
d) Die Abwehr des russischen Gegenangriffs und das Ende der Schlacht.
Karten 6 und 7, Skizzen 28 und 30.
Der 19. September hatte trotz aller Anstrengungen von Führung und Truppe der 10. 21 r m c e kein befriedigendes Ergebnis gebracht. Der Um* fassungsflügel war zwar durch die vorgenommenen Truppenverschiebungen an Truppen gestärkt, hatte aber im ganzen betrachtet keinen Raum nach vorwärts gewonnen, das Kavalleriekorps hatte sogar Gelände wieder aufgeben müssen. Die Aussichten auf einen großen Erfolg waren gesunken. Auf den Druck der von Südwesten und Westen dem Feinde folgenden deutschen 8. und 12. Arm e e aber durfte nicht allzu sehr gerechnet werden,
denn dazu fehlte diesen die Kraft.
Beim Oberkommando Eichhorn hatten sich die Nachrichten über den Feind bis zum Mittag dahin verdichtet, daß die bei Minsk er-
Schlacht bei Wilna. Schwierige Lage des Ostflügels.
517
wartete russische 2. Armee jetzt im Anrücken gegen den Ostflügel der deutschen 10. Armee angenommen werden mußte. Man hielt hiernach schleunige Fortsetzung des Versolgungsdruckes für notwendig unter ständiger Betonung des Ostflügels. Um diesen zu verstärken, sollten aus der Front weitere Kräfte herausgezogen werden. Im übrigen wurde zur Abwehr des neuen Gegners außer auf die 9. Kavallerie-Division, die an diesem Tage, ohne Feind anzutreffen, über Glubokoje reitend bei Porpliszcze, 70 Kilometer nordöstlich von Molodeczno, die Polozker Bahn erreichte, auch bereits auf die hinter dem Umfasiungsflügel nachrückenden Infanteriekräfte gerechnet.
Dementsprechend befahl Generaloberst von Eichhorn für den 20. Sep-2».sep«emd«r. tember die Fortsetzung des Angriffs. Die 115. Infanterie- und 77. Reserve-Division, die bis in die Gegend westlich des Swir-Sees gekommen waren, sollten in südöstlicher Richtung auf Iza weitermarschieren, das Generalkommando der Gruppe Hutier und zwei weitere Divisionen der Verfolgungsfront sich bei Gerwjaty und westlich bereit halten.
Der Angriff brachte die Gruppe Carlowitz nur etwa fünf Kilometer, die Gruppe Litzmann noch weniger vorwärts. Erst recht vermochte die Gruppe Eben trotz erfolgreicher und zum Teil schwerer Kämpfe keine nennenswerte Änderung der Lage zu erreichen. Den schwersten Stand hatte wiederum das Kavalleriekorps, das durch das Eingreifen der 31. Infanterie-Division zwar entlastet wurde, aber doch zu spät, um der 1. Kavallerie-Division zu helfen, die Smorgon am 20. September morgens noch hielt. Mittags mußte sie, nach dreitägigem heldenhaften Widerstände, den aus der übrigen Front etwa drei Kilometer über die Wilia vorspringenden Posten unter schweren Verlusten*) aufgeben. Seitdem verlies die Front des Kavalleriekorps Garnier in diesem Raume etwa acht Kilometer nordöstlich der Wilia, an die sie erst am Flußknie nordöstlich von Zaskiewicze wieder herankam. Von da bis Wilejka hatte sich die 3. Kavallerie-Division an der Wilia halten können. Weiter östlich traf abends nach reichlich 60 Kilometer weitem Ritt die bayerische Kavallerie-Division bei Krzywicze ein; die 9. war nach Dolhinow, 15 Kilometer südöstlich davon, herangerückt, so daß jetzt aus dem äußersten linken Flügel wieder eine stärkere Kavallerie-Gruppe zur Verfügung stand.
Rach dem Gesamtverlauf der letzten Tage, in dem der Verlust von Smorgon und das Zurückweichen bei Molodeczno nur eine Teilerscheinung darstellte, war das Oberkommando Eichhorn jetzt der Ansicht, daß der
i) Die Raffen meldeten 350 Gefangene und neun Maschinengewehre als Beute.
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Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
M.September. Gegner „im Vertrauen auf die Entlastung, die die gegen den Ostflügel der deutschen 10. Armee herangeführten Verstärkungen bringen mußten, zur Fortsetzung des Widerstandes in Gegend südwestlich Wilna entschlossen sei"1). Am so mehr blieb es dabei, den Angriff auf der ganzen Front mit Nachdruck fortzusetzen. Einwirkung auf die russischen Rückzugsstraßen war auch weiterhin der leitende Gesichtspunkt. Daneben mußte der Abwehr des neuen Feindes Rechnung getragen werden. Fm ganzen schienen etwa vier russische Korps^) gegen die Linie Smorgon—Wilejka und östlich im Vorgehen zu sein. Auf dieser mehr als 30 Kilometer breiten Front standen aber bisher nur drei deutsche Kavallerie-Divisionen, die durch die Kämpfe der letzten Tage erschöpft und arg zusammengeschmolzen waren. Zum Einsatz an ihrer Stelle wurde nunmehr aus den anrückenden Infanterie-Divisionen eine neue Gruppe Hutier (42. Infanterie-, 77. Reserve-, 115. Infanterie-Division, dahinter 75. Reserve-Division) gebildet, womit die Kavallerie wieder für andere Aufgaben frei wurde. Als die Oberste Heeresleitung am Abend des Tages beim Oberbefehlshaber O st anfragte, ob „für die nächste Zeit ein noch größerer äußerer Erfolg im Raume südöstlich Wilna erwartet" werde, lautete die Antwort: „Günstiger Ausgang der Schlacht zu erhoffen; irgendein Zeitpunkt nicht abzusehen; Schlacht wird jedenfalls noch mehrere Tage dauern."
21»September» Am 21. September waren die 12. und 8. Armee in der Verfolgung
bis dicht vor Rowogrodek und, 20 Kilometer über Lida hinaus, bis an die untere Gawia gekommen. Den Befehl über die 12. Armee, die durch Abgaben auf nur vier Divisionen zusammengeschmolzen war, übernahm an diesem Tage das bisherige Oberkommando 1 aus dem Westen, General der Infanterie vonFabeck mit Generalleutnant von Kühl als Generalstabschef, nachdem General von Gallwitz mit der Führung einer gegen Serbien gebildeten neuen Armee beauftragt worden war.
Bei der 10. Armee räumte der Gegner seine Stellungen vor den Gruppen Carlowitz und Litzmann. Die Verfolgung, durch Nachhuten aufgehalten, kam aber sehr bald wieder vor einer neuen zusammenhängenden russischen Abwehrfront zum Stehen. Gegen die Gruppe Eben wiederholten sich heftige Angriffe, die stellenweise in dichten Massen geführt, für den Feind verlustreich abgewiesen wurden. Nördlich von Smorgon und von da nach Osten bis Wilejka konnten Truppen des Generals von Hutier kampflos in die Front des Kavalleriekorps
1) Kriegstagebuch des Armee-Oberkommandos 10.
2) S. 506. Tatsächlich standen von der ruff. 2. Armee am 20. September: bei Smorgon XXXVI. Korps, dann nach Südosten anschließend IV. sib. und bei Molodeczno XXVII. Korps, dahinter 1. Kav.-Korps, XIV. Korps und 45. I. D.
Schlacht bei Wilna. Russischer Gegenangriff.
519
(1., 4. und 3. Division) einrücken, von dem große Teile zurückgenommen wurden. Außerordentliche Marschleistungen der heranrückenden Divisionen waren dazu erforderlich gewesen. Die in Wilejka den linken Flügel bildende 115. Infanterie-Division hatte in den letzten fünf Tagen 180 Kilometer zurückgelegt; durch die Gewaltleistung und die vorhergegangenen Kämpfe waren die Gefechtsstärken der Bataillone auf etwa 300 Gewehre gesunken. Weiter östlich waren die bayerische und 9. Kavallerie-Division von Krzywicze und Dolhinow nach Süden und Südwesten angesetzt gewesen, um Flanke und Rücken des anrückenden Gegners zu treffen. Statt dessen mußten sie feststellen, daß sich der russische Flügel mit Infanterie bis Ilia, mit Kavallerie noch weiter nach Osten ausdehnte, die Front der 10. Armee also immer noch erheblich überragte.
Inzwischen war die besonders schwierige Entzifferung eines schon tags-zuvor aufgefangenen russischen Funkspruches gelungen, der einen Befehl der russischen Westfront enthielt. Er lautete in seinen entscheidenden Teilen: „Die russische 10. Armee verstärkt die Reserven hinter ihrem äußersten rechten Flügel, greift energisch an und bemächtigt sich der Linie Sawelzy—Slobodka, auf der sie sich ebenso wie auf der ganzen übrigen Front... über Oszmjany bis zum Gawia-Fluffe einzugraben hat. Die 2. Armee beschleunigt ihren Angriff auf die Linie Sawelzy—Rarocz-See." Damit war klar, daß der Gegner zwischen dem Rjemen östlich von Lida und der Bahn Wilna—Molodeczno mit der Front nach Westen halten, nördlich und östlich der Bahn aber gegen den Ostflügel der deutschen 10. Armee angreifen wollte. Angesichts dieser Lage ließ sich der itw fafsungsangriff nicht weiter durchführen. Generaloberst von Eichhorn mußte sich entschließen, gegen die zu erwartenden weiteren russischen Angriffe zunächst in der A b w e h r zu bleiben; er hoffte dabei den eigenen Ostflügel so weit dehnen zu können, daß er zu gegebener Zeit doch noch wieder umfaffen konnte. Zur Entlastung der übrigen Front sollte die Gruppe Carlowitz am 22. September scharf nach Nordosten angreifen.
Am diesem Frontalangriff größere Stoßkraft zu geben, hatte der Oberbefehlshaber Ost bereits zwei Divisionen, 4. Garde- und 37. Infanterie-Division, von der 12. Armee nach Norden hinter den Südflügel der 10. Armee herangeführt. Andererseits hatte er veranlaßt, daß die Njemen-Armee Kräfte nach Süden schiebe, und ihr die 3. Infanterie-Division zugeführt werde, denn er rechnete nach wie vor durchaus mit der Möglichkeit, daß an anderer Stelle frei werdende russische Kräfte auch aus nordöstlicher Richtung, über Polozk, gegen die deutsche 10. Armee eingesetzt werden könnten. Vor allem aus diesem Grunde hatte er es als
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Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
22. September.
„empfindliche Schädigung"*) seiner Operationen empfunden, daß die Oberste Heeresleitung die bereits zum Folgen hinter der 3.In-fanterie-Division bereitgestellte 26. Infanterie-Division am 19. September abberufen und daran trotz aller Gegenvorstellung festgehalten hatte. Wie dringend die Lage auf anderen Kriegsschauplätzen diese Maßnahme forderte, vermochte der Oberbefehlshaber Ost allerdings nicht zu übersehen.
Am 22. September wollte General von Hutier auf dem Ostflügel der 10. Armee den durch das Sumpfgelände stärksten Teil der Abwehr-front, den Wilia-Abschnitt von nördlich Smorgon bis Wilejka, mit nur einer Infanterie-Division und zwei Kavallerie-Divisionen besetzt laffen, während drei Infanterie-Divisionen, zum umfassenden Angriff vorwärts gestaffelt, in die Linie Wilejka—Wiazyn abrückten. Das Kavalleriekorps Garnier, nunmehr aus 4., 9. und bayerischer Kavallerie-Division neugebildet, sollte nach den Weisungen des Oberkommandos noch weiter östlich gegen des Feindes Flanke wirken. Diese Absichten wurden durch russische Angriffe gestört, die bereits in aller Frühe einsetzten. Die im Wilia-Vogen Smorgon—Wilejka bisher zum Teil noch bis an den Fluß vorgeschobene deutsche Front wurde auf die gerade Linie zurückgedrängt; statt einer mußte General von Hutier hier 1% Infanterie-Divisionen neben der Kavallerie eingesetzt lassen. Da ferner von den Umfaffungs-truppen auch die 115. Infanterie-Division durch russischen Angriff bereits bei Wilejka und östlich davon gefeffelt wurde, blieben für einen Stoß des linken Flügels schließlich kaum noch 1Z4 Divisionen übrig, die abends an der Bahn etwa zwölf Kilometer nordöstlich von Wilejka bereitstanden. Inzwischen aber hatte sich der russische Angriff so weit nach Osten ausgedehnt, daß auch für diese Kräfte Umfassung nicht mehr in Frage kam. Östlich von der 115. Infanterie-Division hatte der Gegner die Wilia bereits überschritten; die drei Kavallerie-Divisionen des Generals von Garnier hatten sein Vorgehen erst in einer 20 Kilometer breiten Linie abfangen können, die nördlich von Rabun bereits vier Kilometer nördlich des Flusses lag und erst an der Serwecz-Mündung^) wieder an ihn herankam. Der Gegner aber schien sich jetzt noch weiter nach Osten auszudehnen.
Die bei der Gruppe Carlowitz und der 8. Armee angesetzten deutschen Angriffe hatten nur rein örtliche Erfolge erzielt. Die Gruppen Litzmann und Eben hielten ihre Stellungen und konnten einzelne russische Angriffe leicht abweisen. ______________
!) Telegramm an die Oberste Heeresleitung vom 19. September.
2) Nördlicher Nebenfluß der Wilia, nicht zu verwechseln mit dem später ge-nannten Serwetsch, linkem Nebenfluß des oberen Njemen.
Schlacht bei Wilna. Deutscher Ostflügel in der Abwehr.
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Immer mehr zeigte sich, daß die Kräfte der 10. Armee für einen wirkungsvollen Schlag auf dem entscheidenden Ostflügel nicht ausreichten. Die Entfernung von den Eisenbahnendpunkten^) schloß schnelle Verstärkung dieses Flügels aus. Der Oberbefehlshaber Ost glaubte aber, daß die Offensive durch den von Westen angesetzten Frontalangriff nach Eintreffen der beiden Verstärkungsdivisionen doch noch wieder in Fluß zu bringen sei, und hatte die Hoffnung, bis Minsk vorwärtszukommen, noch nicht ganz aufgegeben. Der 8. Armee, die über Lida bereits hinaus war, hatte er schon am Morgen des Tages befohlen, nach Nordosten mit aller Kraft aus Vogdanow durchzustoßen, während die 10. Armee den „Angriff fortsetzen" und die mit den Hauptkräften vor Dünaburg liegende Riemen-Armee-) „baldmöglichst eine marschkräftige Division" hinter ihrem rechten Flügel bereitstellen sollte. Als dann der Angriff im Laufe des Tages nur wenig vorwärtskam, wies er die 8. Armee nochmals darauf hin, daß nunmehr, nachdem der Russe seine ganze 2. Armee der Umfassung des linken Flügels der deutschen 10. Armee entgegengeworfen habe und sehr scharf angreife, der „Druck durch die 8. Armee in Richtung Vogdanow zum Erfolge führen" müsse.
Vei der 10. Armee kam für die Fortsetzung des Angriffs am rz. September. 23. September nur der rechte Flügel in Frage, bei dem die Gruppe C a r -Iowitz durch die 4. Garde- und die 37. Infanterie-Division verstärkt werden konnte, während auch General L i tz m a n n eine Stoßgruppe von reichlich zwei Divisionen auf seinem rechten Flügel zusammenzog. Auf dem Ostflügel der Armee fühlte sich General von H u t i e r zu eigenem Angriff nicht mehr stark genug; er wollte den Angriff der Russen hinter der Wilia abwarten und sie dann im Gegenstoß zurückwerfen; damit war Generaloberst von Eichhorn einverstanden.
Am Morgen des 23. September war der Feind vor der 12. und 8. Armee wieder im Weichen. Aber auch bei der 10. Armee hatte er seine gesamte Front westlich der Oszmjanka geräumt; die Verfolgung erreichte die Linie Olzany—Zuprany—Gegend westlich von Soly. Am so heftiger griff der Gegner die Wilia-Front an. Von Osten in der Flanke gefaßt, sah sich die 115. Infanterie-Division gezwungen, Wilejka nachmittags unter Verlust von elf Geschützen aufzugeben; die seit dem Vormittag östlich des Ortes erwartete 75. Reserve-Division kam zu spät, um das Mißgeschick zu verhüten. Das Kavalleriekorps mußte Teile zur Sicherung gegen einen von Osten erwarteten Angriff aus der Front ziehen
i) Näheres S. 530. — 2) S. 536 f.
522
Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
24. September.
25. September.
und seine Stellung hinter der Wilia auf 40 Kilometer Breite, bis Milcza, nach Osten dehnen. Cs kam aber auch Meldung, daß es einer Spreng-abteilung der 3. Kavallerie-Division gelungen sei, die Bahn Smolensk-Minsk südwestlich von Voriszow zu zerstören*).
Für den 24. September hatte der Oberbefehlshaber O st die Fortsetzung des Angriffs befohlen, wobei die 8. Armee die Stoßrichtung südlich der Verezyna-Niederung erhielt, bereit zum Einschwenken gegen Norden. Die 10. Armee sollte weitere Kräfte nach ihrem linken Flügel verschieben und die Masse der Kavallerie in der Gegend von Dolhinow zum Vorgehen in südöstlicher Richtung bereithalten. Die 1. Kavallerie-Division war an das Nordende des Narocz-Sees zur Verfügung der Njemen-Armee zu senden, damit sie zusammen mit der von Kowno nachrückenden 3. Infanterie-Division und einer Kavallerie-Division dieser Armee, den Raum zwischen Narocz- und Dryswjaty-See sperre. In Ausführung dieser Befehle kamen die 8. Armee und der Westflügel der 10. Armee hinter dem weichenden Feinde bis Krewo und bis vor Smorgon. Der ganze Ostflügel der 10. Armee aber sah sich durch russische Angriffe derart gebunden, daß an Verschiebungen nach links nicht zu denken war.
An diesem Tage erfuhr der Oberbefehlshaber Ost von der Heeresgruppe Prinz Leopold, daß ihre Gros auf Befehl der O b e r st e n Heeresleitung über die Szczara östlich von Varanowicze und den Serwetsch zunächst nicht hinausgehen sollten. Cr selbst hatte keinen entsprechenden Befehl erhalten, wollte versuchen, in der Richtung auf Minsk vorwärts zu kommen und erbat dazu die Mitwirkung der benachbarten Heeresgruppe.
Am nächsten Tage, dem 25. September, als im Westen der französische Angriff losbrach, ging dann aber folgender grundlegender Befehl der Obersten Heeresleitung ein: „Seine Majestät hat in Erweiterung
und Ergänzung der Weisung vom 27. August2) befohlen: Heeresgruppe Mackensen richtet die von ihrem linken Flügel schon eingenommene Stellung nördlich des Pripjet bis ausschließlich Telechany am Oginski-Kanal zu dauerndem Halten ein. — Heeresgruppe Prinz Leopold setzt mit dem Gros die Verfolgung nur bis in die ungefähre Linie Oginski-
1) Der Schaden war (nach Knox, S. 339) „in einigen Stunden" wieder beseitigt. Die entscheidende Stelle, die Veresina-Vrücke bei Voriszow, hatte die Kavallerie nicht erreichen können, da sie durch ein russisches Bataillon mit Artillerie gesichert war.
2) S. 489.
Das Ende der Schlacht bei Wilna.
523
Kanal von Telechany ab—Oberlauf der Szczara—Serwetsd)1)—Mündung der Verezyna in den Njemen fort, in der sie ebenfalls sogleich mit der Einrichtung für die Dauer beginnt. — Heeresgruppe Hindenburg sichert dauernd den Raum zwischen der Verezyna-Mündung in den Njemen und der Küste." Außer den schon angeforderten Verbänden, zwei Generalkommandos und sechs Divisionen, werde diese Heeresgruppe später vermutlich noch ein Generalkommando und fünf Divisionen abzugeben haben. Zwei Divisionen seien nunmehr sobald wie möglich zur Eisenbahn in Marsch zu setzen, Beschleunigung sei wegen der Lage im Westen sehr dringend.
Dazu heißt es an diesem Tage im Kriegstagebuch des Oberbefehlshabers Ost: „Damit ist der erste Anstoß zum Einstellen der Operation gegeben. Erst das Zusammentreffen der beiden Momente:
Befehl der Obersten Heeresleitung und ihr Anhalten der Heeresgruppe Leopold und das Erscheinen starken Feindes aus nordöstlicher Richtung (bet Dünabur g^)) veranlassen den Chef des Generalstabes, dieses zu befürworten. Stark unterstützt wird er in dieser Auffassung durch den Ersten Generalstabsoffizier (Oberstleutnant Hoffmann)." Cs wurde befohlen:
„12. Armee und 1. Landwehr-Division werfen den Feind über die Verezyna zurück und folgen dann nur mit Vortruppen. 12. Armee geht im Anschluß an die 9. Armee an der Verezyna-Mündung zur Verteidigung über... — 8. Armee bleibt im Angriff gegen Linie Wolozyn—Du-bina... — 10. Armee setzt Angriff fort." Sie sollte mit der Gruppe Hutter im allgemeinen nicht über den Serwecz, rechten Nebenfluß der Wilia, hinausgehen.
Inzwischen war der Kampf bei der 12., 8. und 10. Armee weitergegangen, hatte aber keine Fortschritte von Bedeutung gebracht, obgleich an manchen Stellen fest zugepackt wurde. So verlor die 16. Landwehr-Division des Generalleutnants Sommer, als sie in der Nacht vom 24. zum 25. September Krewo nahm, 17 Offiziere und 800 Mann. Der Ostflügel erwehrte sich mit Erfolg heftiger russischer Angriffe. Das Kavalleriekorps Garnier mußte seinen linken Flügel vor immer weiter herumgreifender russischer Kavallerie von der Wilia nach Dolhinow zurückbiegen.
Auch am 26. September wurden nur örtliche Erfolge erzielt. Im r«. Septem»«, großen ganzen lagen die 12. und 8. Armee am Sumpsabschnitt der unteren Verezyna von der Mündung bis östlich von Vogdanow, der rechte Flügel der 10. Armee von dort bis Smorgon vor starken russischen Stellungen fest. Da alle Armeen des Oberbefehlshabers Ost bereits zahlreiche Kräfte
9 Linker Nebenfluß des oberen Njemen. 2) Gemeint war wohl Mitau (S. 537).
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(Die hier angeführten „Infanterie-Divisionen" mit Nummern von 83 bis 89 bestanden nicht aus aktiven Truppen.)
Das Ende der Schlacht bei Wilna.
525
Damit war am 26. September durch den Stillstand des rechten Armeeflügels bei gleichzeitigem Zurückbiegen des linken der Gedanke der umfassenden Angriffsschlacht endgültig aufgegeben. Als die Armee am folgenden Tage vom Oberbefehlshaber Ost den Befehl zum Beziehen einer Dauer st ellung erhielt, handelte es sich um eine Maßnahme, die auch durch die Kampflage vollauf begründet war.
e) Operationen der Russen*) und Betrachtungen.
Karten 6 und 7, Skizzen 28, 29 und 30.
Als am 18. August Kowno, der nördliche Eckpfeiler der russischen Nordwestfront, wider Erwarten schnell siet2), war dadurch bereits eine Bresche in die russische Gesamtfront geschlagen, denn die weiter nördlich in Kurland operierende 5. Arm e e hatte die Wege nach Petersburg zu decken und ihre Rückzugsrichtung daher in nordöstlicher Richtung. Somit war jetzt der rechte Flügel der russischen Hauptfront, die 10. Armee, von Norden mit Umfassung bedroht; ihr Führer, General Radkewitsch, ordnete selbständig den allmählichen Rückzug nach Osten auf das rechte Njemen-Ufer an, während die 5. Armee vor dem deutschen Drucke bereits nordostwärts gegen die untere Düna ausgewichen war. Damit hatte der deutsche Angriff zwischen den beiden russischen Armeen in der Richtung auf Wilkomierz— Swenzjany eine wohl 100 Kilometer breite Lücke aufgerissen und die Vorbedingungen geschaffen für eine große Umfaffungsoperation gegen die bei Wilna und südlich noch haltenden Russen. Eine starke Stoßgruppe, um diese günstige Gelegenheit auszunutzen, fehlte aber.
Als dann die deutsche 10. Armee von Westen her gegen Wilna vorging, schärfte General Alexejew, der Oberbefehlshaber der Nordwest -front, seiner 10. Armee am 20. und nochmals am 26. August ein, daß sie Wilna und den Weg nach Minsk zu decken und damit Flanke und Rücken der südlich anschließenden vier Armeen (1., 2., 4. und 3.) zu schützen habe. General Radkewitsch verlängerte seinen rechten Flügel gegen drohende Umfassung über die Wilia nach Norden und konnte dahinter aus Verbänden, die ihm aus der zurückweichenden Front in Polen zugeführt wurden, starke und tiefgegliederte Reserven zusammenziehen. Damit waren aber bei gleichzeitigen Anforderungen der Front in Kurland die zur Schließung der Lücke von Swenzjany bestimmten Kräfte verbraucht. Vor der deutschen 12. und 8. Armee standen jetzt die russische 2. und 1. Armee mit zusammen 32 Divisionen, vor der deutschen 10. die russische 10. Armee mit etwa 18% Divisionen. Von diesen waren am 25. August, als General
*) Gesamtoperationen s. S. 451 ff.
-) S. 481.
Bis Ende August.
526
Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
Bis 8. September.
Litzmann vorschlug, seine drei nördlichen Divisionen auf das rechte Wilia-Ufer zu führen und, von Norden umfassend, auf Wilna vorzugehen, in vorderer Linie elf Divisionen von Druskieniki bis zur Wilia eingesetzt, aber außer Kavallerie, die den äußersten Nordflügel bildete, auch bereits drei Infanterie-Divisionen nördlich der Wilia. Ferner standen dicht südlich des Flusses bei Wilna nach rückwärts gestaffelt 4% Divisionen als Reserve, so daß es den Russen damals nicht schwer gefallen sein dürfte, dem deutschen Stoß nördlich der Wilia Halt zu gebieten.
Die nächsten Tage brachten die Teilung der russischen Nordwestfront in Nordfront und Westfront, wobei die Lücke von Swenzjany der Nordfront zufiel. Ihr linker Flügel, die 5. Armee, sollte den rechten der Westfront, die 10. Armee, bei Wilna nach Möglichkeit unterstützen. In Polen frei werdende Kräfte sollten der Nordfront als neue 2. Armee in den Raum von Swenzjany zugeleitet werden. Einstweilen aber war diese Maßnahme noch nicht durchgeführt, bei der 10. Armee nur eine einzige Division hinzugekommen. Dagegen hatten die noch in den letzten Augusttagen südlich der Wilia geführten deutschen Angriffe die Russen veranlaßt, ihren Schwerpunkt im Zurückweichen etwa in dem gleichen Maße nach Norden zu verschieben, wie das die deutsche 10. Armee durch ihre Umgruppierung getan hatte. So standen dieser Armee am 8. September, dem Vorabend ihres neuen Angriffs, südlich der Wilia auf fast 100 Kilometer breiter Front 15 russische Divisionen, drei der 1. und zwölf der 10. Armee gegenüber, während sie selbst in diesem Abschnitte (ohne die auf das nördliche Wilia-Ufer abrückende 76. Reserve-Division) nur über sieben, davon vier wenig angriffskräftige Divisionen verfügte. Nördlich der Wilia standen jetzt 4 y2,einschließlich der bis östlich Wilna gestaffelten Reserven 8% russische Divisionen zur Abwehr des Angriffs bereit, für den 10%, deutsche Divisionen bestimmt waren. Das war kein großer Kräfteüberschuß. Auch mußte die deutsche Führung gewärtigen, daß der Gegner weitere Verstärkungen heranführen werde, während sie selbst nach der von der Obersten Heeresleitung getroffenen Entscheidung solche kaum noch in nennenswertem Umfang zu erwarten hatte, vielmehr darauf gefaßt sein mußte, daß ihr noch Kräfte entzogen wurden. Verstärkung der 10. Armee auf Kosten der Njemen-Armee, der zwei russische Armeen gegenüberstanden, hielt der Oberbefehlshaber Ost nicht für angängig. Um so dringender war es, daß man sich über Ziel und Art des Angriffs vollkommen klar wurde. Hierbei stand der Gedanke des unmittelbaren taktischen Sieges über den Feind nordwestlich von Wilna einerseits, der Wunsch tiefer operativer Umfassung andererseits im Widerstreit. Um beides zu erreichen, wäre eine
Schlacht bei Wilna. Russische Maßnahmen. Betrachtungen.
527
weitere Armee nötig gewesen, die zunächst hinter dem Umfassungsflügel gestaffelt, mit Beginn des Angriffs nordwestlich von Wilna den Vormarsch über Swenzjany auf Wilejka antrat. Da sie fehlte, hatte es Bedenken, beide Ziele zugleich zu verfolgen. Wollte man mit den nun einmal nur verfügbaren geringen Kräften operativ in die Tiefe der russischen Flanke vorstoßen, den Gegner durch weitausholendes Herumgreifen einkeffeln und dann zerdrücken, so mußte man auch das Wagnis in Kauf nehmen, die Angriffsfront westlich und nordwestlich von Wilna frühzeitig noch mehr zu schwächen und den Stoß in die Tiefe mit einer Gruppe von mindestens sechs, möglichst aber noch mehr Infanterie-Divisionen durchzuführen. Ob jedoch der Gegner, der die kürzeren Wege und gute Bahnverbindungen hatte, dann nicht mit Truppen, die auch er aus der Front westlich von Wilna herauszog, zur Abwehr des Umgehungsflügels immer noch zurecht kam, hing vor allem vom Grade der Überraschung ab, die erreicht wurde. Auch war es fraglich, inwieweit ein schlagkräftiger, also zahlenmäßig starker Umgehungsflügel mit zunehmender Entfernung von der Bahn für länger dauernden Kamps ausreichend versorgt werden konnte. So lag es nahe, sich zunächst auf den taktischen Sieg nördlich von Wilna zu beschränken. Dazu kam in Frage, die auch in diesem Falle stark zu be-meffenden Umfassungskräfte alsbald gegen Flanke und Rücken des Feindes einzudrehen. Wie weit solcher Sieg dann operativ auszunutzen war, mußte sich zeigen.
Tatsächlich wurden durch den am 9. September begonnenen Angriff auf der reichlich 25 Kilometer messenden Front zwischen Wilia und Schir-winta-See 6% deutsche Divisionen gegen 4% russische festgelegt, während drei deutsche Divisionen einen weiten Umgehungsmarsch antraten. Erst nach und nach folgten ihnen andere Kräfte. Am 14. September standen auf der inzwischen schon südlich des Schirwinta-Sees weit nach Osten verlaufenden Front von der Wilia bis zum See 5% deutsche Divisionen gegen fünf russische, vom See bis zur Scheimjana drei deutsche gegen 2 russische Divisionen und ähnlich auch östlich der Scheimjana zwei gegen zwei Divisionen. Nirgends war eine deutsche Überlegenheit, die die Entscheidung bringen konnte; immer noch befanden sich zwischen Wilia und Schirwinta-See, wo am wenigsten zu erreichen war, zahlreichere deutsche Kräfte als an der mehr als doppelt so langen Front östlich des Sees. Zu der Frage, warum von den ursprünglich am deutschen Nordflügel zur Umfassung versammelten sieben Divisionen mehr als die Hälfte zum Frontalangriff herangezogen wurden und warum, nachdem das einmal geschehen, die Gruppe Eben nicht alsbald scharf nach Südwesten eingedreht wurde, um in der Schlacht mitzuwirken, schrieb der damalige Erste Generalstabs-
9. September.
528
Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
Bis Mitte September.
offizier der 10. Armee, Major Kellers: „Der Einsah wurde nötig, um den frontal in schwerem Kampfe stehenden Armeeteilen Luft zu schaffen. Der Umfaffungsgedanke wurde aber dauernd in erster Linie im Auge behalten und ihm dadurch Rechnung getragen, daß jeweils die in der Front verfüg-bar werdenden Teile herausgezogen und zur Aufrechterhaltung der Verbindung und zur Verstärkung des Amfassungsflügels nach Osten verschoben wurden. Scharfes Eindrehen der Gruppe Eben wurde noch nicht angeordnet, weil die Kampflage an der Front das nicht erforderte und weil nur durch weit ausholende Umfassung Flanke und Rücken des Feindes ent-scheidend gefaßt werden konnten."
Wie ungünstig sich die Verhältnisse entwickelten, hatte das Oberkommando Eichhorn schon nach den ersten Angriffstagen erkannt und seitdem mit allen Mitteln versucht, den Umfassungsflügel durch Nachführen an der Front herausgezogener Verbände zu stärken und zu verlängern. Ob solches Verfahren schließlich doch noch zu einem großen Ergebnis geführt hätte, ist nicht nachzuweisen, da der Oberbefehlshaber Ost den Versuch verhinderte. Jedenfalls war die Aufgabe noch sehr viel schwieriger geworden, als sie bei sofortigem Ansah eines starken Umgehungsflügels gewesen wäre.
Russisches eits hatte man sich durch das Vordringen der Deutschen über Swenzjany veranlaßt gesehen, am 12. September die 5. Armee nochmals zur Unterstützung der 10. anzuweisen, die ersten, in die Lücke von Swenzjany bestimmten Teile der 2. Armee unmittelbar hinter dem rechten Flügel der 10. Armee um Molodeczno auszuladen und schließlich jene ganze Armee unter Zuteilung zur Westfront dort einzusehen. Die Nachricht vom bevorstehenden Auftreten dieser neuen russischen Kräfte veranlaßte am 14.September aus deutscher Seite den Eingriff des Oberbefehlshabers Ost. Ob die tatsächliche Gefahr dabei nicht überschätzt worden ist, steht dahin; die Erinnerung an die ernsten Tage von Vrzeziny hat hemmend mitgewirkt. Aber auch der nunmehr erstrebte taktische Sieg bei Wilna ist nicht in dem Ausmaße erreicht worden, wie er erhofft wurde und der Stoßrichtung nach auch wohl erhofft werden durfte. Der Hauptgrund ist darin zu suchen, daß die Angriffskraft der deutschen Truppen der gegnerischen Abwehrwirkung nicht mehr in ausreichendem Maße überlegen war. Vor allem waren die Kräfte des Südflügels der 10. Armee sowie die der 12. und 8. Armee durch vorhergegangene Kämpfe, Verluste, Nachschubschwierigkeiten und Abgaben ganzer Verbände nach und nach derartig geschwächt, daß diese Teile der deutschen Front gar nicht mehr in der Lage waren, ernsteren Widerstand des Gegners zu brechen. Die Russen mußten zwar allmählich von Stel-
i) Mitteilung vom Sommer 1931 an das Reichsarchiv.
Schlacht bei Wilna. Russische Operationen. Betrachtungen. 529
lung zu Stellung zurückweichen, es ist aber durchaus zweifelhaft, ob das nicht mehr aus Gründen der Gesamtlage als des örtlichen frontalen Druckes erfolgte. Jedenfalls konnten sie im Zurückgehen ganze Verbände aus der Front ziehen und mit Bahn und Fußmarsch dem bedrohten Flügel zuführen. Somit kam nach wie vor alles auf rasches Gelingen und durchschlagenden Erfolg des Angriffs nördlich von Wilna an.
Als die Russen dann, statt eingeschlossen zu werden, auch bei Wilna auswichen, trat für die deutsche Führung der Gedanke der überholenden stmfassungsbewegung wieder in sein Recht. Die Aussichten hatten sich aber nach weiterem Verlust an Kampfkraft und Zeit abermals vermindert.
Bereits am 16. September hatte die r u s s i s ch e Oberste Heeresleitung durch die Weisung eingegriffen, die Front der 10. Armee weiter zu verkürzen und dafür ihren rechten Flügel zu stärken, am 17. war sie dadurch beruhigt, daß in der deutschen „Umgehungsgruppe" östlich von Swenzjany bisher nur Kavallerie, aber keinerlei Infanterie festgestellt sei. General Cwert, seit dem 2. September Oberbefehlshaber der Westfront, hielt seht aber weiteres Ausweichen seiner Armeen in die Linie Michalischki—Oszmjany—Rowo-grodek—Varanowicze für nötig, und die Oberste Heeresleitung befahl die Durchführung. Als dann im Raume von Molodeczno weitere Teile der 2. Armee eintrafen, gab General Cwert für diese und die 10. Armee am 20. September den schon erwähnten Angriffsbefehls, der der deutschen Führung aus einem Funkspruch bekannt wurde. Das Ziel, die Linie Rarocz-See—Slobodka—Gawia-Fluß, wurde in keiner Weise erreicht. Die russische Oberste Heeresleitung stellte daher am 22. September anheim, den rechten Flügel der 10. Armee bis Smorgon zurückzunehmen. Der Auftrag der neu eingesetzten 2. Armee blieb aber auch weiterhin, die Lücke von Swenzjany zu schließen und dazu anzugreifen.
Von der deutschen Führung und ihren Truppen ist angesichts dieser Entwicklung versucht worden, aus der Lage noch herauszuholen, was möglich war. In dem Bestreben, Teile des Gegners abzufangen, ist unter Anspannung aller Kraft das Äußerste geleistet worden. Inzwischen war aber doch so lange Zeit verstrichen, daß der Druck der russischen 2. Armee den linken Flügel der deutschen 10. Armee in die Abwehr zwang. Als Generaloberst von Eichhorn am 26. September den Amfassungsangriff einstellen ließ, standen seinen 18y2 Infanterie- und fünf Kavallerie-Divisionen vom Verezyna-Knie östlich von Vogdanow bis Dolhinow auf 120 Kilometer breiter Front 34 russische Infanterie- und sechs Kavallerie-Divisionen,
0 S. 519.
t Weltkrieg. VIII. Band.
34
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Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
also fast doppelte Übermacht, gegenüber. So hatte der große Angriff der 10. Armee kein voll befriedigendes Ergebnis gehabt, in Ibtägigen Kämpfen und Märschen an Beute auch nur etwa 25 000 Gefangene gebracht, bei mehr als doppelt so großem eigenen Gesamtverlust.
Gleichzeitig hatten aber die 8. und 12. Armee durch die Erfolge der 10. Armee abermals rund 150 Kilometer Raum nach vorwärts gewonnen. Daß der Gegner von den 32 Divisionen, die Ende August gegenübergestanden hatten, nach und nach 15H herauszog und größtenteils bei Wilna und nördlich wieder in den Kampf warf, war dabei nicht zu verhindern gewesen, zumal da in derselben Zeit auch die Divisionszahl der beiden deutschen Armeen durch Abgaben von 16 auf neun vermindert worden war.
Der linke Flügel der deutschen 10. Armee war weit über Wilejka hinaus nach Osten ausgedehnt worden. Obgleich es der unermüdlichen Tätigkeit der Cisenbahntruppen gelungen war, den durchgehenden Bahnbetrieb nach Wiederherstellung von Brücke und Tunnel in Kotono schon am 22. September bis zu dem gründlich zerstörten Tunnel von Landwarowo, 15 Kilometer westlich von Wilna durchzuführen^), betrugen die Entfernungen bis Wilejka allein schon 120, bis Dolhinow mehr als 150 Kilometer, die auf schlechten Landwegen zurückzulegen waren. Bewegungen und Kämpfe vollzogen sich aber hier in einem Gebiete, das, vom Kriege völlig unberührt, unmittelbar nach der Ernte reichliche Vorräte barg. Der schnelle Einbruch über Swenzjany war den Russen so überraschend gekommen, daß sie keine Zeit gefunden hatten, wie an den bisherigen Kampffronten Vorräte wegzuführen und Ortschaften niederzubrennen. Cs kam hinzu, daß auf diesem äußeren Flügel des deutschen Angriffs auf weitem Raume doch nur verhältnismäßig schwache Kräfte eingesetzt waren, die mehr durch Marschleistungen als durch langdauernde Kämpfe ihre Aufgabe zu lösen vermochten, so daß sich der Munitionsbedarf einstweilen in erträglichen Grenzen hielt. Aus diesen Verhältnissen erklärt es sich, daß die Truppe hier „nie unter Verpflegungsmangel litt. Die enormen Marschleistungen konnten auch nur dadurch getätigt werden, daß man der Truppe reichlich Verpflegung gab. Die 50 bis 70 Mann starken Kompagnien aßen täglich ihre Feldküche mittags und abends je einmal teer"2). Ein Teil der Fahrzeugkolonnen, die sonst für den Verpflegungsnachschub erforderlich gewesen wären, konnte zum Munitionstransport herangezogen werden. So sind bei der 10. Armee Klagen über Nachschubschwierigkeiten erst spät und zuerst aus der Armeemitte und vom rechten Flügel laut geworden, wo sie bald
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2) Aufzeichnungen des Generalleutnants a. D. von Cochenhaufen, damals Generalstabsoffizier der 115. I. D.
Schlacht bei Wilna. Betrachtungen.
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ähnlichen Umfang annahmen wie bei der 8. und 12.Armee. Die Eisenbahnen endeten einstweilen rund 150 Kilometer hinter der Front an den zerstörten Njemen-Vrücken von Olita und ©tobno1). Zudem hatte das dauernde Linksschieben dazu genötigt, gefüllte Kolonnen der ursprünglichen Flügeldivisionen den weiter verlängernden zuzuteilen, so daß zu der Weite des Weges sich noch sonstige Reibungen gesellten, die um so größer wurden, je mehr Divisionen hinter der ganzen Front entlang auf ein und demselben Anmarschwege zu versorgen waren. So konnte es schließlich kommen, daß beispielsweise ein Regiment der Armeemitte meldete, es sei wegen gänzlichen Mangels an Verpflegung gefechtsunsähig. Ein Zugzusammenstoß verschärfte die Schwierigkeiten noch, indem er den Verkehr nach Wilna für einen Tag unterbrach.
Bei Fortgang der Kämpfe in demselben Raume mußten die Verhältniße in zunehmendem Maße schwieriger werden. Auf dem rechten Flügel der 10. sowie bei der 8. und 12. Armee, wo der Gegner beim Rückzüge vor allem auch die zahlreichen Brücken planmäßig zerstört hatte, zeigten sich die Schwierigkeiten der Kriegführung weitab von den Cisenbahnend-punkten trotz nur noch geringer Zahl der eingesetzten Divisionen allzu deutlich. Cs wiederholten sich ähnliche Klagen wie bei der Armee Gallwitz schon im August. Ein Bild der Zustände gibt eine Auszeichnung im Kriegstagebuche des Korps Plüskow (Generalkommando des XI. Armeekorps), in dem es am 5. September heißt: „Die 54. Infanterie-Division legte einen Bericht vor über den schlechten Zustand der Truppen infolge der übergroßen Anstrengungen und den in keiner Weise ausreichenden Nachschub. Die Post, Ersatz an Bekleidungsstücken bleiben aus. Die nasse- Witterung macht sich bei dem Fehlen jeglicher Unterkunft, da alle Ortschaften verbrannt sind, ganz besonders bemerkbar. Dem Generalkommando sind diese durchaus berechtigten Vorstellungen bekannt, und das Generalkommando hat bereits mehrfach die Armee aufmerksam gemacht, daß die Truppe nach dem Gesechtswert sehr unter dem Versagen des Nachschubs leidet; die Unterernährung der Pferde erscheint durchaus bedenklich. Cs tritt hinzu, daß außer Vieh und Kartoffeln aus dem Lande, das planmäßig verwüstet ist, nichts genommen werden kann. Die Anforderungen an die Korpskolonnen sind kaum noch zu leisten, und doch wird dem dringenden Bedürfnis der Truppe nicht voll genügt. Vei der Armee wurde nochmals auf diese Schwierigkeiten und den unheilvollen Einfluß, den sie auf den Gefechtswert der Truppen ausüben, nachdrücklichst hingewiesen." Die Berechtigung solcher Klagen wurde vom Armee-Ober-
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Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
kommando auch durchaus anerkannt. Wirksam zu helfen, war jedoch nur möglich, wenn man die Vorwärtsbewegung anhielt. Das aber konnte nicht in Frage kommen, solange man bei der 10. Armee noch auf Erfolg hoffte. Als die Wilna-Operation abgebrochen wurde, war hinsichtlich des Nachschubs die Grenze des Möglichen ebenso erreicht wie hinsichtlich der Kräfte der Truppe: „Sie muß auch erst mal zur Ruhe kommen", schrieb damals ein Generalstabsoffizier des Oberbefehlshabers Ost nieder3), „Hemden und Stiefel erhalten; alles ist abgeriffen. Dann müffen die Eisenbahnen der Truppe nachkommen ..."
Die deutsche Truppe und ihre Führung hatten nach übereinstimmendem Urteil aller an maßgebender Stelle Beteiligten wieder einmal „Übermenschliches" geleistet. „Das Vormarsch- und Kampfgelände stellte dauernd höchste Anforderungen an Mann und Pferd durch seine teils sumpfige, teils tief sandige und dicht bewaldete Vodenbeschaffenheit, die die Übersicht und das Zusammenwirken der Waffen außerordentlich erschwerte. Dabei hatten die Divisionen in Breiten zu kämpfen, die die normalen eines Armeekorps übertrafen — einem Feinde gegenüber, der sich in vorbereiteten Stellungen zäh verteidigte"3). — Line besondere und ihrer Eigenart entsprechende Aufgabe war der Kavallerie zugefallen, die in weitausholender Bewegung und mehrfachen Hin- und Hermärschen der Infanterie voraus Hunderte von Kilometern durchmeffen und dabei die an Zahl kaum unterlegene russische Kavallerie überall leicht zurückgedrückt hatte. Stärkeren Widerstand zu brechen oder für längere Zeit das Vordringen russischer Infanterie-Divisionen zu verhindern, mußte ihre Kraft übersteigen. Sie hat aber auch darin geleistet, was bei damaliger Bewaffnung und Ausrüstung zu leisten war. „Unsere Kavallerie muß sich die Tatkraft, den Mut und den unbegrenzten Betätigungsdrang der deutschen Kavallerie zum Vorbild nehmen", hieß es in einer Anweisung der russischen Nordwestfront aus jener Zeit3).
Alles in allem hatte die letzte große Offensive des Oberbefehlshabers Ost neben dem Besitz der großen Stadt Wilna das Ergebnis gehabt, daß die feindliche Gesamtfront nördlich der Rokitno-Sümpfe nochmals um 80 Kilometer und damit bis hinter die wichtige Eisen-bahnquerverbindung Lida—Dünaburg zurückgedrängt wurde. Die Kampfkraft der russischen Truppen war, obgleich sie an Artillerie keine Einbuße erlitten hatten, abermals entscheidend geschwächt worden. Besonders aber
!) Aufzeichnung des Obersten von Waldow.
2) Aus einer Mitteilung des Generals von Hutier an das Neichsarchiv vom Sommer 1931.
3) Knox, 6.340.
Schlacht bei Wilna. Betrachtungen.
533
hatte bei aller Geschicklichkeit, die die russische Führung in der Durchführung der Operationen im einzelnen gezeigt hatte, ihr Ansehen durch den Rückzug doch einen neuen Stoß erlitten, der um so empfindlicher war, als er gerade in die Zeit fiel, da der Zar selbst die Leitung der Operationen in die Hand genommen hatte, mit dem Entschluß, dem bisherigen Zurückweichen ein Ende zu machen.
Z. Die Kämpfe der Vtjemert-Armee1) von Mitte August bis Ende September.
Karten 6 und 7, Skizzen 26 und 28.
Die Njemen-Armee unter General Otto von Velow hatte um Mitte August eine Stärke von etwa sieben Infanterie- und sechs Kavallerie-Divisionen^). Sie stand in einer Linie, die, nördlich von Ianow beginnend, zur Swjenta, über den Virshi-See zum Riemenek, dann desien Laus folgend, über Mitau zum Rigaer Meerbusen verlief. Auf dieser gegen 300 Kilometer langen Front schienen etwa neun russische Infanterie- und acht Kavallerie-Divisionen^) gegenüberzustehen. General von Velow hatte wie bisher die Nordflanke des Ostheeres zu decken und suchte diese Aufgabe nach wie vor möglichst offensiv zu lösen. Seine Anfrage, ob die Armee später zum Vorgehen auf Wilna oder auf Riga bestimmt sei, hatte der Oberbefehlshaber Ost am 15.August dahin beantwortet, daß die Armee zum Vorgehen „auf Wilkomierz" bereitzuhalten sei, also gegen Wilna. Als General von Velow dann aber den Eindruck gewann, daß sich der Gegner, der noch soeben seinen linken Flügel südlich des Abschnittes Friedrichstadt—Mitau belästigt hatte, dort schwäche und nur noch aus wenig kampfkräftigen Truppen, Teilen des XXXVII. Korps und Kavallerie, bestehe, glaubte er, durch rasches Zugreifen an dieser Stelle Gelegenheit zu taktischem Erfolge zu haben, und entschloß sich, aus der Gegend von Vausk und östlich nach Norden vorzustoßen. Der Oberbefehlshaber Ost gab im Vefehl vom 19. Augusts sein Einverständnis.
1) Anschluß an S. 468 ff.
2) Vom rechten Flügel: Kav. Korps Richthosen (H. K. K. 1 mit 4., 3. u. bayer. K. D.) und Gruppe Lauenstein (Gen. Kdo. XXXIX. R. K. mit Div. Beckmann u. 78. R. D.), I. R. K. (1. u. 36. R. D.), Gruppe Schmettow (H. K. K. 5 [neu aufgestellt) mit 41. 3- D., 6., 2. u. 8. K. D.), Brig. tzomeyer, 6. R. D. mit Abtlg. Libau u. 3. K. Br.
3) Tatsächlich mehr als zehn Infanterie- und 9% Kavallerie-Divisionen.
4) S. 483.
Bis zum 19. August.
534
Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
23. bis 28. August.
29. August bis 3. September.
Am 23. August begann das vom Höheren Kavalleriekommandeur 5, Generalleutnant Graf Schmettow (Egon), geleitete Unternehmen, an dem die 41. Infanterie-- sowie die 2., 6. und 8. Kavallerie-Division und die Brigade Homeyer teilnahmen. Der vom Angriff des ersten Tages erwartete Haupterfolg blieb aber aus. Die beabsichtigte Überraschung war nicht geglückt; der Feind hatte Zeit gesunden, vor dem entscheidenden Stoße der 41. Infanterie-Division, zunächst unbemerkt, in eine rückwärtige Stellung auszuweichen und sich dadurch der ihm zugedachten Umfassung zu entziehen. Unter Kämpfen, bei denen die weitgedehnte und ungeschützte rechte Flanke zeitweise Sorge bereitete, näherte sich das Vorgehen in den nächsten Tagen der Düna westlich von Friedrichstadt. Als dann der Oberbefehlshaber Ost am 26. August befahl"), „weiterhin die Flanke des Heeres zu decken", und dazu den linken Armeeflügel möglichst bis an die Düna, den rechten angesichts der Fortschritte der 10. Armee über die Swjenta vorzuschieben, wurde Friedrich stadt das Angriffsziel der Gruppe Schmettow. Auf die jetzt wiederholte Anfrage des Generals von Below, ob nach der Einnahme dieser Stadt die Unternehmung gegen Riga fortgesetzt oder aber dann ein Schlag gegen den Feind vor dem Südflügel der Armee geführt werden solle, entschied der Oberbefehlshaber Ost am 28. August mit Rücksicht auf die Operationen der 10. Armee für letztere Richtung.
Nachdem der Gegner unterdessen auch aus dem Niemenek-Knie südwestlich von Friedrichstadt vertrieben war, sollte am 29. August nach vierstündiger Artillerievorbereitung der Sturm auf Friedrichstadt beginnen; er mußte abgebrochen werden, da die Wirkung gegen die stark ausgebauten Stellungen nicht ausgereicht hatte. Man wollte die Rückkehr der vorübergehend zum Angriff auf Kowno abgegebenen Mörser abwarten. Die Oberleitung an diesem Teil der Front wurde am 31. August dem Höheren Kavalleriekommandeur 1, Generalleutnant Freiherr von Richthofen, übertragen, mit der Aufgabe, die Russen über den Düna-Abschnitt Friedrichstadt—Lennewaden zurückzuwerfen und die jenseits des Stromes laufende Bahn Dünaburg—Riga gründlich zu zerstören. Rach Vorbereitungen und Kämpfen nahmen die 8. Kavallerie-Division unter Generalmajor Graf Schmettow (Eberhard) am 2. September den russischen Brückenkopf bei Lennewaden, die 41. Infanterie-Division unter Generalmajor Schmidt von Knobelsdorf am 3. September Friedrichstadt. Damit war die Düna erreicht. Die Bahnzerstörung jenseits des Stromes konnte aber nur der Artillerie übertragen werden, die vor allem die Strecke bei Lennewaden
0 S. 487.
Die Kämpfe der Njemen-Armee.
535
so wirksam unter Feuer hielt, daß die Russen den Verkehr über Pleskau umleiten mußten1). Im übrigen hatte das elftägige Unternehmen rund 5000 Gefangene, davon fast die Hälfte am 2. und 3. September, und zwei Geschütze als Veute gebracht.
Inzwischen hatte auf dem rechtenFlügel der Armee die Gruppe Lauenstein schon gegen Ende August ihre Linien an verschiedenen Stellen über die Swjenta vorschieben können. Hier bildete die 3. Kavallerie-Division, nachdem die 4. zur 10. Armee2) zurückgetreten war, den rechten Flügel und war bis zum 3. September im Anschluß an das Vorgehen des Kavalleriekorps Garnier dieser Armee bis in die Gegend südlich von Wilkomierz vorgerückt.
Der Heeresgruppen-Vefehl vom 29.August2) hatte an der Aufgabe nichts geändert. General von Velow wollte dazu den Feind angreifen, der vor der Mitte seiner Armee, dem I. Reservekorps, beiderseits der Bahn nach Dünaburg stand. Er dachte, ihn durch Vorstoß der Gruppe Lauenstein auf Uzjany im Süden und Umfassung durch die Gruppe Richthofen von Norden zum Weichen zu bringen und auf Dünaburg zurückzuwerfen. Der Oberbefehlshaber Ost überwies die zunächst zur 10. Armee bestimmte 88. Infanterie-Division dem rechten Flügel der Njemen-Armee1).
Die Ausführung des Unternehmens verzögerte sich. Die Gruppe Ms zum Richthofen traf bei dem Versuche, für die spätere Umfassung zunächst12'eet,tcm6et* längs der Düna nach Osten, gegen Iakobstadt, Raum zu gewinnen, auf einen starken feindlichen Gegenstoß und kam daher nur langsam vorwärts.
Das Oberkommando hatte bis zum 9. September Nachrichten, daß nördlich der bisher gegenüberstehenden russischen 5. Armee noch eine neue russische 12. Armee aus Teilen der 5.und neu herbeigeschafften Truppen in der Bildung fei5). Die Gruppe Richthofen, inzwischen durch die 78. Reserve-Division verstärkt, lag ihr gegenüber am Pikstern-Abschmtt zunächst fest.
Im übrigen standen die weiteren Unternehmungen der Armee unter dem Leitgedanken, die linke Flanke des an diesem Tage gegen Wilna einsetzenden deutschen Angriffs zu decken. Dazu war zunächst am 9. September auf dem Südflügel die Gruppe Lauenstein (jetzt 3. Kavallerie-Division, Division Beckmann und dahinter folgend 88. Infanterie-Division) im unmittelbaren Zusammenhange mit dem Vorgehen der Kavallerie der 10. Armee zum Angriff auf Uzjany angetreten. Cs erschien aber dringend, die Russen auf der ganzen Front zurückzuwerfen und dazu auch den Widerstand im Norden zu brechen. General von Velow suchte dabei den Erfolg
9 Njesnamow, S. 112. — -) S. 484. — ->) S. 490 f. — 9 S. 498. — -) S. 451.
536
Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
13. dis 21. September.
auch weiterhin auf den Flügeln, zumal da Generalleutnant von Morgen der Auffassung war, daß die Kräfte seines I. Reservekorps nach mehrfachen Abgaben zum Angriff auf die starke feindliche Front nicht mehr ausreichten.
Während rechts die Gruppe Lauenstein unter täglichen Kämpfen, vor allem der Division Beckmann, weiter gegen Dünaburg vordrang und am
11. September bis in Höhe des Alowscha-Sees kam, sollte links der rechte Flügel der Gruppe Schmettow an diesem Tage über den Niemenek in die Nordflanke des vor dem I. Reservekorps haltenden Gegners vorbrechen. Bei diesem Entschlüsse blieb es auch, als am gleichen Tage ein starker russischer Angriff aus Fakobstadt die Nordflanke der Umfassung traf. „Die Fortführung der Offensive des rechten Flügels auf Dünaburg war unter diesen Umständen wagemutig", heißt es im Kriegstagebuchs des Oberbefehlshabers Ost. Der Erfolg blieb aber nicht aus; in der Nacht zum
12. September wich der Gegner zurück.
Die am 13. September auf der ganzen Armeefront mit Nachdruck aufgenommene Verfolgung führte den rechten Flügel der Njemen-Armee gegen die Stellungen vor der kleinen F e st u n g D ü n a b u r g, die sich als erweiterter Brückenkopf — von Fliegern bereits eingehend erkundet — von Nowo Alexandrowsk bis Illuxt reichlich 15 Kilometer vor der Düna hinzogen. Der Gedanke, zugleich mit dem zurückgehenden Gegner in sie einzudringen, erwies sich als nicht ausführbar; die Russen brachten das deutsche Vorgehen bereits an den befestigten Seenengen westlich von Nowo Alexandrowsk zum Stehen. Weiter nördlich erreichte deutsche Kavallerie den Westrand der Düna-Niederung. Auch hier hielt der Gegner vor Fakobstadt einen größeren Brückenkopf, der in schwer zugänglichem Niederungsgelände rund sieben Kilometer Tiefe hatte.
Die Hauptanstrengungen galten weiterhin vor allem der Einnahme von Dünaburg. Auch der O b e r b e f e h l s h a b e r O st legte entscheidenden Wert auf die Vertreibung der Russen aus diesem Brückenköpfe, der durch seine Bahnverbindungen eine dauernde Bedrohung des deutschen Nordflügels darstellte. Darüber hinaus beschäftigte ihn der Gedanke, allmählich das ganze linke Düna-Ufer, nach Dünaburg zunächst den Brückenkopf von Fakobstadt, vor allem aber auch die für die russische Heeresversorgung so überaus wichtige große Handels- und Industriestadt Riga, in die Hand zu bekommen. Mangel an Kräften1) zwang ihn dann jedoch, das letztere Ziel endgültig fallenzulassen.
i) S. 519 f.
Die Kämpfe der Njemen-Armee.
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Vor Dünaburg hatte die russische Stellung, auf weite Strecken durch Seen unterbrochen, von der Wilnaer Bahn im Süden bis zum Anschluß an den Strom im Norden eine Ausdehnung von reichlich 60 Kilometern. Fünf deutsche Infanterie-Divisionen^) waren hiergegen eingesetzt; etwa gleichstarke Kräfte standen, wie man richtig annahm, gegenüber. Nach Eintreffen schwerer Batterien wurde der Nordwestabschnitt der feindlichen Linien am 17. September unter zweistündiges Wirkungsfeuer genommen. Der anschließende Sturm brachte aber nur die Division Beckmann ein größeres Stück vorwärts, bei der über die Seen hinüber eine besonders wirksame Artillerieflankierung möglich gewesen war; die Division machte 11 000 Gefangene. Der Gegner gab daraufhin vor drohendem neuen Angriff die Seenstellungen in der Nacht zum 20. September ganz auf. Die deutsche Cinschließungslinie konnte bis über Nowo Alexandrowsk nach Osten vorgeschoben und damit wesentlich verkürzt werden. Der am 21. September gegen den Nordwestabschnitt unternommene Angriff brachte nur örtliche Erfolge, während sich die Verluste mehrten. So war bei der aus älteren Jahrgängen bestehenden 88. Infanterie-Division seit Beginn des Angriffs mehr als die Hälfte der Infanterie-Regiments- und Bataillonskommandeure gefallen oder verwundet. Die Stoßkraft der Truppen ließ schließlich nach.
Inzwischen war bereits seit dem 14. September die bayerische Kavallerie-Division nach Süden entsandt worden, um den unmittelbaren Rückenschutz für die 10. Armee zu übernehmen^) und dann zu dieser überzutreten. Am 22. September folgte die seither nördlich von Dünaburg verwendete 2. Kavallerie-Division, die am folgenden Tage unter dem Befehle des Generals von Richthofen zusammen mit der neu herangekommenen 3. Infanterie-Division^) und der von der 10. Armee entsandten 1. Kavallerie-Division die Sicherung zwischen dem Narocz- und dem Dryswjaty-See übernehmen sollte. Vor Dünaburg wurden die Nüssen in zähem Ringen vom I. Reservekorps allmählich weiter zurückgedrückt. Andererseits schien sich jetzt ein Angriff gegen die deutschen Stellungen bei Mitau vorzubereiten, wo unter General von Pappritz nur Truppen in Stärke von 1% Infanterie-Divisionen und ^ Kavallerie-Division^) standen.
!) Von rechts: Gruppe Lauenstein (Gen. Kdo. XXXIX. R. K. mit 88. I. D. u. Div. Beckmann), verst. I. R. K. (36., 1. u. 78 R. D.).
-) S. 508. s)S. 519.
0 6. R. D., Abtlg. Libau, 18 K. Br.
Bts zum September
538
Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
27. September. In dieser Lage traf die Armee am 27. September der Befehl des
Oberbefehlshabers Ost zum Beziehen einer Dauer st ellung.
Der Njemen-Armee hatte wie im Sommer zunächst die russische 5. Arme e1) unter General Plehwe in einer Stärke von mehr als zehn Infanterie- und 9% Kavallerie-Divisionen^) gegenübergestanden mit dem Aufträge, die Düna-Linie, und an dieser vor allem Riga mit der Seebefestigung Dünamünde, und die Festung Dünaburg zu halten. Ende August wurde der unterhalb von Iakobstadt stehende rechte Flügel der Armee als neue 12. Armee unter General Gorbatowski abgetrennt, die Zahl der eingesetzten Truppen dabei aber im ganzen nur um zwei Divisionen (II. sibirisches Korps) vermehrt und auch bei der unmittelbar folgenden Bildung der „Nordfront" unter General Rutzft5) nicht weiter erhöht. Vielmehr hatte die neue Nordfront für den Kampf bei Wilna alsbald zwei Divisionen wieder abzugeben^). Auch die ihr weiterhin zugedachten Verstärkungen (mehrere Korps und die neugebildete 2. Armee) wurden ihr bis auf vier Infanterie^)- und einige Kavallerie-Divisionen nicht zugeführt. Aber selbst diese Verstärkungen trafen mit großen Verzögerungen erst nach und nach an der Düna ein, die letzten erst gegen Ende September. Dafür wurde als Notbehelf eine Anzahl einzelner Ersatz-Bataillone aus dem Inneren des Reiches überwiesen.
So vermochte sich die russische Nordfront zwar an der Düna und in den Brückenköpfen von Riga, Iakobstadt und Dünaburg gegen die immer wiederholten und geschickt geführten Angriffe der an Zahl unterlegenen deutschen Armee zu behaupten, war aber in keiner Weise imstande, die ihr seit dem 12. September wiederholt aufgetragene Offensive zur Entlastung der nordöstlich von Wilna schwer ringenden Nachbararmeen°) auszuführen. Daß die Bahn längs der Düna unter deutschem Feuer lag, erschwerte die dazu erforderliche rasche Kräfteverschiebung vom rechten zum linken Flügel der Heeresgruppe. General Rußki klagte, daß seine Truppen zur Lösung der ihm gestellten Aufgaben nicht ausreichten; die Verstärkungen ließen nach
x)S. 448 ff. und 469 ff.
2) Vom russischen linken Flügel beginnend: 2. finnl. Div.; 3% Kav. Div.;
III. Korps mit ly3 Inf. Div.; XIX. Korps mit 2% Inf. Div., 4% Kav. Div.;
XXXVII. Korps mit 1% Inf.- und 1 Kav. Div.; VII, sib. Korps mit 3 Inf. Div.,
Vs Kav. Div. und einigen Ldw. Vrig.
3) S. 451.
4) 53. und 2 finnl. Div.
5) % XXIII., XXVIII. und % XXIX. Korps.
6) S. 528.
Die Kämpfe der Rjemen-Armee.
539
Zahl und Güte sehr zu wünschen übrig; man scheine seinem Frontabschnitte „nur eine drittklassige Bedeutung" beizumessen. Die amtliche russische Darstellung^) hält diese Klagen des Oberbefehlshabers der Nordfront für übertrieben und weist darauf hin, daß sein Generalstabschef, Generalmajor Vontsch-Vrujewitsch, am 27. September meldete, die gegenüberstehenden deutschen Truppen erhielten als Ersatz größtenteils ungediente 45jährige Landsturmleute und nur wenige junge Soldaten; ihre Gesamtstärke habe sich nicht geändert. Die Darstellung kommt daher zu dem Ergebnis, daß die russischen Truppen dieser Front unzureichende Widerstandskraft gezeigt hätten, denn die Deutschen seien an Zahl schwach gewesen, und auch ihre Artillerie habe keine entscheidende Rolle gespielt, da ihr große Kaliber fehlten.
Auf weitem Raum und mit geringen Kräften, auf 250 Kilometer Front nur acht Divisionen Infanterie, hatten deutsche Führung und deutsche Truppen auch hier ihr Bestes hergegeben und dadurch der Amfassungs-operation der 10. Armee in vorbildlicher Weise den Rücken gedeckt. Das legt aber auch den Gedanken nahe, ob es nicht möglich gewesen wäre, statt dessen Teile der Njemen-Armee zum Umfassung sang riss heranzuziehen, der an sich schon überaus schwachen Front gegen die Düna also noch Kräfte wegzunehmen. Angesichts zweier an der Düna gegenüberstehender russischer Armeen und der durch günstige Bahnverbindungen gebotenen Möglichkeit ihrer raschen erheblichen Verstärkung hätte solcher Versuch aber doch ein Wagnis bedeutet2), das durch die Gesamtlage kaum noch gerechtfertigt war.
0 Njesnamow, S. 114 und 123 f.
-) S. 506, 510 Anm. 3, und 543 Anm. 1.
25. bis 27. September.
G. Die Einnahme der Dauerstellung und die Ereignisse bis zum Jahresschluß beim Oberbefehlshaber (Dst1).
Karten 6 und 7, Skizze 30.
Nach dem Befehle derOberftenHeeresleitung vom 25. September sollte die Dauerstellung im Abschnitte des Oberbefehlshabers Ost von der Mündung der Verezyna in den Njemen zur Ostsee-Küste verlaufen. Dabei ergab der Anschluß am Rigaer Meerbusen die bei weitem kürzeste Linie. Auch sie maß in der Luft fast 400 Kilometer. Die Truppen aber waren auf breiter Front im Angriff schon fast 100 Kilometer über diese kürzeste Linie nach Osten hinausgekommen und standen östlich von Wilna, aber auch bei Dünaburg noch in heftigen Kämpfen gegen angreifenden Feind. Insgesamt verfügte der Oberbefehlshaber Ost augenblicklich noch über 37% Divisionen Infanterie und neun Kavallerie-Divisionen, konnte aber an Infanterie auf die Dauer nur mit etwa 28 Divisionen rechnen2).
Unter diesen Amständen mußten alle früheren weiterreichenden Pläne, wie Vorgehen bis Minsk und Einnahme von Riga, endgültig aufgegeben werden2). Aber auch der Kampf östlich von Wilna, der ohnehin keine großen Ergebnisse mehr versprach, mußte abgebrochen werden, und die weitere Durchführung des Angriffs gegen Dünaburg wurde fraglich. Eine möglichst kurze und für die Abwehr günstige Gesamtlinie mußte gewählt, die Front bei Wilna dazu sogar zurückverlegt werden. Daß sich der Gegner solches Ausweichen als Sieg anrechnen konnte, war in Kauf zu nehmen.
Am 27. September legte der Oberbefehlshaber Ost in einem von der Obersten Heeresleitung eingeforderten Bericht über Lage und Absichten dar, daß es wohl nicht gelingen werde, den Gegner vor dem rechten Flügel der 10. Armee zurückzuwerfen. Seinen Flügel östlich von Wilejka verstärke und verlängere er andauernd und führe anscheinend Kräfte in den Raum östlich der Linie Rarocz-See—Dünaburg. Mit demnächstiger Offensive gegen diese Linie müsse gerechnet werden. „Die Offensive der 8. und 10. Armee wird deshalb eingestellt. 10. Armee biegt zunächst ihren linken Flügel nach dem Rarocz-See zurück und führt Kräfte ihrer Mitte nach der Gegend nördlich des Rarocz-Sees. Auch eine Verstärkung des linken Flügels der RjemerrArmee ist notwendig. Die Heeresgruppe be-
0 S. 522 ff. und 537 f. — -) S. 524. — --) S. 521 f. und 536.
Linienführung der Dauerstellung.
541
zieht in Linie Verezyna-Mündung—Narocz-See—Gegend westlich Dünaburg—Mitau—Schlok ihre Dauerstellung." Möglichst bald würden weitere Kräfte für die Oberste Heeresleitung freigemacht, ein Generalkommando und drei Divisionen in den nächsten Tagen zur Abgabe bereitgestellt werden. Wieviel Divisionen dann noch abgegeben werden könnten und in welchen Zeitabschnitten, lasse sich aber noch nicht übersehen.
Nachdem die Armeen über die Absichten im großen bereits unter-28. September, richtet und über die Art der Durchführung gehört worden waren, setzte der Oberbefehlshaber Ost am 28. September die Linienführung für die Dauerstellung näher fest. Sie sollte vom Njemen bis zur Bahn Lida—Molodeczno längs der Berezyna, also in der bisherigen Front verlaufen, dann über den Narocz-See zum Dryswjaty-See und weiter längs der Düna der jetzigen Stellung der Njemen-Armee folgen.
Das war zwar nicht die allerkürzeste Linie, sie bot aber dieser gegenüber durch Ausnutzung natürlicher Hindernisse so große Vorteile, daß sie voraussichtlich mit den geringsten Kräften zu halten war. Die Stellung sollte durch Anlage mehrerer Linien eine gewisse Tiefe erhalten und dahinter mit kurzem Abstande eine zweite Stellung erkundet und vorbereitet werden.
Gleichzeitig wurde begonnen, die infolge der Kämpfe vielfach vermischten Verbände wieder zu ordnen und die Gesamtfront neu zu gliedern. Die bisherige 8. Armee wurde aufgelöst und hatte ihre Truppen an die 12. Armee abzugeben; ihr stellvertretender Oberbefehlshaber*),
General von S ch o l tz, mit Oberstleutnant Graf von Schwerin als Generalstabschef, sollte demnächst eine zwischen der 10. und der Njemen-Armee neu zu bildende Armee-Gruppe übernehmen, der dann der Raum von der Disna bis halbwegs Dünaburg—Iakobstadt zufallen würde. Hand in Hand mit diesen Veränderungen ging die Neuverteilung der Kräfte auf die einzelnen Armeen.
Die Einnahme der Dauerstellung vollzog sich im ganzen planmäßig, aber doch unter vielfachen örtlichen Kämpfen. Sie waren am heftigsten bei der 10. und bei der Njemen-Armee, im Raume östlich von Wilna und bei Dünaburg.
Bei der 10. Armee galt es, im Raume westlich von Molodeczno die Front durch Wegnahme des vorspringenden russischen Stellungsbogens von Smorgonzu verkürzen. Dabei machte der rechte Flügel der Gruppe Lihmann am 27. September südlich der Stadt gute Fortschritte. Am 28.September gewann der äußerste linke Flügel der alten 8. Armee,
0 S. 124.
542 Die Ereignisse bis zum Jahresschluß beim Oberbefehlshaber Ost.
Bis i. Oktober. General von Fromme! mit 83. Infanterie- und 11. Landwehr-Division, am
Verezyna-Knie nordöstlich von Wiszniew Raum und erbeutete mehr als
3000 Gefangene und neun Maschinengewehre. Besonders hartnäckig gestaltete sich aber der Kampf um die Stadt Smorgon selbst. Hier wirkten der
linke Flügel der Gruppe Litzmann von Westen und der rechte der Gruppe Eben von Nordosten zusammen, doch kam nur der auf dem Ostufer der Wilia von Norden angesetzte Angriff der letzteren (3. Reserve- und 31. Infanterie-Division) vorwärts, brachte am 29. September 400 Gefangene und sechs Geschütze als Beute und führte am 30. September bis tief in den Rücken von Smorgon. Das weitere Vorgehen des linken Flügels der Gruppe Litzmann blieb dagegen wegen Mangels an Munition liegen. Von Westen, Norden und Osten in einem Vogen von nur vier Kilometer Durchmesser umspannt, vermochten die Russen die Stadt Smorgon zu behaupten. Inzwischen hatte sich der linke Flügel der deutschen 10. Armee vom Gegner gelöst, nachdem dieser noch unmittelbar vorher, am 27. September, östlich von Wilejka der 77. Reserve-Division einen ernsten Stoß versetzt hatte. Im übrigen verlief das Ausweichen planmäßig und im wesentlichen ungestört bis in eine Linie, die von der Wilia östlich Smorgon über den Wiszniew-See zum Rarocz-See lief. Die Ruffen folgten und erbeuteten dabei nach ihrer eigenen Darstellung^) im Stich gelassene Fahrzeuge und Munition, während „nur sehr wenig Gefangene" in ihre Hand fielen. Der Gedanke, ihnen durch einen Gegenstoß noch Schaden zuzufügen, wurde vom Oberkommando der deutschen 10. Armee aufgegeben, als in der Nacht zum 30. September Nachrichten einliefen, darunter ein von der 9. Kavallerie-Division erbeuteter russischer Befehl, die noch für diesen Tag einen tiefen Vorstoß des etwa vier Divisionen starken Kavalleriekorps Kasnakow von Osten her in die Lücke nördlich des Rarocz-Sees erwarten ließen.
Den weiten Raum zwischen dem Rarocz-See und Dünaburg, das Grenzgebiet der 10. und Rjemen-Armee zuverlässig abzusperren, hatten die deutschen Kräfte bisher nicht ausgereicht. Immer wieder waren hier von Osten kleinere russische Abteilungen eingedrungen. So hatte am 28. September die Kavallerie der Rjemen-Armee unter General von Richthofen Postawy, Kosjany an der Disna und Dukschty erst vom Feinde säubern müssen. Vis zum 30. September standen vier deutsche Kavallerie-Divisionen zwischen Rarocz- und Dryswaty-See zur Verfügung; der erwartete russische Vorstoß kam aber erst am 1. Oktober und wurde an diesem und dem nächsten Tage bei Kosjany und südlich ohne Schwierig-
9 Njesnamow, S. 122.
Kampf um Smorgon. Einnahme der Dauerstellung.
543
keit abgewiesen. Nachdem es inzwischen auch gelungen war, die vom Nordende des Dryswjaty-Sees zu den deutschen Stellungen vor Dünaburg bisher noch vorhandene Lücke zu schließen, war Anfang Oktober aus der ganzen Front des Oberbefehlshabers Ost eine zusammenhängende, wenn auch beiderseits der Disna noch recht dünne Abwehrlinie erreicht.
Gerade hier, im Raume von Kosjany und nördlich bis zum Dry-swjaty-See, sehte der Gegner seine Bemühungen gegen die hier stehenden schwachen deutschen Kräfte in den nächsten Tagen mit großer Übermacht fort, wobei außer starker Kavallerie jetzt auch sein ganzes IV. Korps4) festgestellt wurde. Inzwischen war aber auch deutsche Infanterie heran, so daß die am 3. Oktober und an den folgenden Tagen mehrfach wiederholten hartnäckigen Versuche des Gegners schließlich auf den Widerstand von fünf deutschen Infanterie- und 5% Kavallerie-Divisionen stießen und seitdem überall leichter abgewiesen werden konnten.
Nunmehr verlangte die O b e r st e Heeresleitung, wie sie bereits seit langem in Aussicht gestellt hatte2), weitere Abgaben, deren sie angesichts der schwierigen Lage im Westen und des serbischen Feld-zuges^) dringend bedurfte. Ohne die Abwehr in den weitgedehnten Linien des Oberbefehlshabers Ost zu gefährden, konnten sie erst geleistet werden, wenn sich diese weiter gefestigt und der Stellungsbau einige Fortschritte gemacht hatten. Die 10. Armee schätzte den Gegner an ihrer Front zur Zeit auf 38 Divisionen; das war mehr als die Gesamtkräfte des Oberbefehlshabers Oft4). In einer von der Obersten Heeresleitung geforderten Beurteilung der Lage wurde ihr daher am 6. Oktober dargelegt: „Russen greifen mit allen Kräften die 10. Armee und rechten Flügel der Njemen-Armee an in der Absicht, nach der Straße Dünaburg—Wilna durchzubrechen oder zum mindesten durch ihren Angriff das Herausziehen und den Abtransport weiterer Kräfte des Ostheeres nach dem Westen unmöglich zu machen. Ich erwarte, daß es gelingen wird, das Durchbrechen des Gegners zu verhindern." Eine Abgabe von weiteren Kräften, so hieß es dann, sei jedoch unmöglich und könne auch, wenn der Angriff abgeschlagen sei, erst erfolgen, nachdem durch Wegnahme von Smorgon und des Brückenkopfes von Dünaburg eine Verkürzung der Front eingetreten sei.
0 Tatsächlich standen zwischen Postawy und dem Dryswjaty-See von Süden beginnend: das russische L,IV., XIV. Korps mit zusammen 6% Inf. Div. und 8 Kav. Div.
2) S. 483 und 492.
3) 6. 502.
4) Tatsächlich standen der 10. Armee nur etwa 30 russ. Inf.- und 9y2; Kav. Div. gegenüber, davon allerdings nördlich des Naroez-Sees 11% Inf.- und 3 Kav. Div.
3. bis 6» Oktober.
6. und 7. Oktober.
544
Die Ereignisse bis zum Jahresschluß beim Oberbefehlshaber Ost.
Hierzu wurde um einige schwerste Batterien dringend gebeten. Die Ver-kürzung der Front sei um so nötiger, als der Oberbefehlshaber auch für den eigenen Bedarf Reserven aus der Mitte herausziehen müsse, um den linken Flügel zu stärken, da ein etwaiges Eindrücken der Front bei Mitau „von schwerwiegenden Folgen sein würde".
«.B,«vber. General von Falkenhayn antwortete sofort: „Zweifellos würde
es vorteilhaft fein, wenn die gegenwärtige Stellung der Heeresgruppe dauernd gehalten und außerdem noch ein Druck in Richtung Dünaburg ausgeübt werden könnte." Stelle man aber die Frage, ob zu diesem Ende die Zurückhaltung von Kräften zulässig sei, deren Ausfall an der Westfront die deutsche Stellung gefährden könne, so sei sie unbedingt zu verneinen. Cr legte nahe, die Front nötigenfalls zu verkürzen durch Zurückgehen in die Linie Smorgon—Dünaburg—Bausk oder auch in eine solche, die von Smorgon geradeswegs nach Bausk laufe. An den Abgaben müsse aber festgehalten werden; schwerste Geschütze könnten erst überwiesen werden, wenn sie nach Durchführung des Donau-Überganges an der serbischen Front frei würden. Demgegenüber betonte der Oberbefehlshaber O st am 7. Oktober, daß die zur Zeit eingenommene Stellung mit oder ohne Kürzung bei Smorgon und Dünaburg bei weitem die günstigste sei, die eingenommen werden könne. Sie sei mit einem Mindestmaß von Kräften zu halten. Jede rückwärtige Stellung, die auf den Schutz der Düna verzichte, würde mehr, zum mindesten aber die gleichen Kräfte erfordern wie die jetzige Stellung ohne Kürzung der Front. Cr ließ es daher bei der bisher für die Dauerstellung befohlenen Linie. Andererseits bestand General von Falkenhayn im weiteren Verlauf nicht auf der Abgabe aller im September angeforderten Verbände; statt 13 wurden schließlich nur neun Infanterie-Divisionen abbefördert^).
nei9.oito6«. Inzwischen schlug die 10. Armee alle gegen ihren linken Flügel ge-
richteten Angriffe ab. Ihre Kräfte wurden dadurch aber doch so in Anspruch genommen, daß der Gedanke, Smorgon zu nehmen, am 11. Oktober endgültig aufgegeben werden mußte. Auch wurde beiderseits der Disna, wo der russische Druck andauerte, die nur dünn besetzte Front am 19. Oktober von Kosjany um etwa 15 Kilometer bis Widsy zurückgenommen, wo die Abwehrbedingungen nach Ansicht der Truppe günstiger lagen als in der bisher gehaltenen vorderen Linie, e.eis Bei der Rjemen-Armee war der Angriff auf Dünaburg,
i7. Dttober. die Kräfte reichten, fortgesetzt worden. Am 6., 7. und 8. Oktober
i) S. 524 Anm. 1. — 31., 42., 115. I. D. und 6. R. D. blieben beim Oberbefehls-Haber Ost.
Kämpfe der Njemen-Armee.
545
madste das I. Reservekorps unter General von Morgen (36., 1. und 78. Reserve-Division) gegen die Nordwestfront des Brückenkopfes Fortschritte und brachte 1350 Gefangene ein. Dann aber begannen am 9. Oktober heftige russische Gegenangriffe, die sich am 11., 14. und 17. Oktober wiederholten und auch weiter nach Süden ausdehnten. Erfolg hatten sie nirgends. Auf deutscher Seite war man genötigt gewesen, sich einstweilen zurückzuhalten, da schwere Artillerie und Munition knapp waren und die überaus ungünstigen Cisenbahnverhältnisse rasche und geregelte Zufuhr ausschloffen. So konnte der Angriff gegen die Rordwestftont nach Verstärkung der Artillerie erst am 23. Oktober wieder aufgenommen werden. 14 Batterien schwersten und schweren Steilfeuers bereiteten den Sturm der 2. Infanterie-, 78. und 1. Reserve-Division vor, die dann auf zehn Kilometer Breite in die feindlichen Stellungen einbrachen. Sie erreichten Illuxt, erbeuteten 3700 Gefangene und 12 Maschinengewehre und brachten den gegen die Düna-Brücken zurückflutenden russischen Massen nochmals außerordentlich schwere blutige Verluste bei. Dann aber kam der Angriff zum Stehen. Ein am 26. Oktober erreichter weiterer Erfolg hatte nur noch örtliche Bedeutung.
Insgesamt war man trotz des Einsatzes stärkerer Artillerie und trotz aller Anstrengungen der Truppe dem Ziele, die Düna-Linie zu erreichen, doch nicht entscheidend näher gekommen; dazu hätte es bei der Breite und Tiefe des Angriffsraumes wesentlich stärkerer Angriffskräfte bedurft, als die Cisenbahnlage heranzuführen und mit Kriegsbedarf auszustatten ermöglichte. Daß seit dem 1. Oktober, zwei Monate früher als ursprünglich veranschlagt, die Verbindungsbahn Vajohren—Prekulw) in Betrieb genommen und damit eine von der Seeverbindung unabhängige Linie nach Schauten—Poniewiez und nach Mitau eröffnet war, hatte die Lage zunächst nur wenig erleichtert, denn die Leistungsfähigkeit der neuen Strecke war einstweilen noch sehr gering. Der Gegner hielt auf dem Westufer der Düna auch jetzt noch einen Brückenkopf, der sich von der Festung Dünaburg gut 20 Kilometer weit nach Norden zog und etwa zehn Kilometer Tiefe hatte. Dem Oberbefehlshaber Ost erschienen die erzielten Fortschritte im Rahmen der Gesamtlage unbefriedigend. Cr befürchtete den Eintritt des Frostes, bevor die Truppe zum Ausbau der Dauerstellung käme, und regte daher am 27. Oktober an, den Angriff einzustellen. General von Be low aber, wie General von Morgen und ihre Unterführer, erhofften von der Gewinnung des Düna-Afers eine entscheidende Verbesserung der Stellungen und glaubten auch, das Abbrechen des Angriffs,
23. bis 26. Oktober.
27. bis 30. Oktober.
*) S. 458 und 548. t Weltkrieg. VIII. Band.
35
546 Die Ereignisse bis zum Jahresschluß beim Oberbefehlshaber Ost.
bevor das Ziel erreicht sei, werde ungünstig auf die Truppe wirken. Sie wollten versuchen, ihn weiterzuführen. Als dieser Versuch aber am 30. Oktober wegen der Munitionslage verschoben werden mußte, waren auch sie für Einstellung des Angriffs. Der Vesehl dazu wurde am 1. November vom Oberbefehlshaber Ost gegeben. iS.Oktober. General Otto von Velow war aber auch bestrebt gewesen, gleichzeitig mit dem Angriff gegen Dünaburg die Stellungen bei Mitau weiter gegen die Düna vorzuverlegen und die Gesamtlinie damit abzukürzen. Dieses Ziel war am 15. Oktober durch einen von Generalleutnant Hans von Velow geleiteten!, in großer Breite angesetzten Überraschungsangriff der 6. Reserve-Division, 6. Landwehr- und 174. Infanterie-Brigade") erreicht worden, der 1000 Gefangene gebracht hatte. Die deutsche Stellung verlief seitdem bis Kirchholm längs der Düna und dann am Südrande des Riga vorgelagerten Tirul-Sumpses nach Westen zur Küste bei Schlot So hielt der Gegner auch hier, ebenso wie bei Dünaburg und Iakobstadt, noch einen ausgedehnten Brückenkopf auf dem linken Äser der Düna.
Alles in allem hatten die Oktoberkämpfe der Njemen-Armee abermals 12 000 Gefangene und 37 Maschinengewehre als Beute eingebracht. Dem standen aber doch auch rund 15 000 Mann eigener Verluste gegenüber.
Dauernd unsicher blieb die Lage an der Seeflanke'), die jetzt von der Reichsgrenze an auf 360 Kilometer gedehnt war. Englische Unterseeboote, die in die Ostsee eingedrungen waren, und russische Minen behinderten nicht nur den Handelsverkehr nach Skandinavien, den einzigen, der Deutschland noch offen stand, sondern verursachten auch den deutschen Ostsee-streitkräften Verluste, die von Juli bis zum Jahresschluß einen Panzerkreuzer, zwei kleine Kreuzer und etwa zwölf sonstige Fahrzeuge umfaßten, während entsprechende Abgänge der sich mehr zurückhaltenden russischen Flotte nicht gegenüberstanden. Diese hatte vielmehr durch vier Linienschiffsneubauten einen bedeutenden Zuwachs erhalten. Wenn sie ihre große Überlegenheit in keiner Weise ausnutzte, sondern sich wie bisher daraus beschränkte, im Finnischen Meerbusen den Weg nach Petersburg zu decken, so drückte doch allein das Vorhandensein dieser feindlichen Kraft zusammen mit den englischen Unterseebooten und immer wieder neu entstehenden Minensperren auf die Gesamtlage in der Ostsee. Der Seeweg nach Libau war dauernd gefährdet, sein Hasen gegen weittragendes Feuer von Schiffsgeschützen wehrlos. Der R i g a er M e e r b u s en war nach wie vor durch Minensperren gegen deutsche Schiffe gesichertes Herrschaftsgebiet der russischen Flotte, deren Streitkräfte die deutsche Küstenbewachung
1) Bisher Vrig. Homeyer.
2) S. 468. Näheres stehe „Krieg zur See", Ostsee II, S. 268 ff.
Lage zur See. Neue 8. Armee und Armee-Gruppe Scholtz.
547
verschiedentlich durch Geschühfeuer und kleinere Landungsunternehmungen beunruhigten. Der Oberbefehlshaber Ost sah sich genötigt, dem Küstenabschnitt als Verstärkung eine Kavallerie-Division zuzuführen. Die Beschießungen aber wurden um so unliebsamer empfunden, als eine Sicherung gegen sie kaum möglich war. Zur Abwehr erbetene weittragende Geschütze konnten von der Obersten Heeresleitung einstweilen nicht zur Verfügung gestellt werden, und die Flotte war nicht in der Lage, zu helfen, wenn nicht zum mindesten die Insel Osel genommen und ihr dadurch der nötige Rückhalt für dauernde Festsetzung im Rigaer Busen gegeben wurde1). An ein so weitgreifendes Unternehmen war aber aus Mangel an Kräften einstweilen nicht zu denken. Erst beim Zufrieren des Meerbusens war auf Ruhe von See her zu hoffen.
An der gesamten Landfront des Oberbefehlshabers Ost ließ die Kampftätigkeit nach, je weiter der Stellungsbau fortschritt und die Lage sich damit festigte, während gleichzeitig Ermattung nach den ungeheuren Anstrengungen des langen Sommerseldzuges, Munitionsmangel und der Beginn des Winters beiden Seiten Beschränkungen auferlegte. Zwischen 10. und Njemen-Armee, die nunmehr die Bezeichnung „8. Arnte e"2) erhielt, wurde am28.Oktober aus Abgaben beider die Armee-Gruppe Scholtz neu gebildet, deren Front, bei Widsy beginnend, in den ersten Novembertagen bis unterhalb von Dünaburg nach Norden erweitert wurde. Hier hatten die Russen noch kurz vorher, am 6. November, unter Verwendung sehr brisanter japanischer Munition einen kräftigen Vorstoß gemacht, der der deutschen 36. Reserve-Division ernste Verluste zufügte. Nach ununterbrochenen Angriffskämpfen mutzte dieser Verband in Ruhe zurückgenommen werden, denn die „Verpflegung war mangelhaft, Heranschaffen von Wintersachen wegen dringender Munitionstransporte nicht möglich gewesen"; die Leute der Division waren „teilweise nur noch in Lumpen gekleidet"2).
Insgesamt maß die Landfront nach Abschluß der Kämpfe 590 Kilometer, die durch 33 Infanterie1)-, 7% Kavallerie-Divisionen und 52 Landsturm-Bataillone gesichert wurden; der Gegner schien mit 60 Insanterie-und 15Z4 Kavallerie-Divisionen gegenüberzustehen. 1% deutsche Kavallerie-Divisionen und zwei Landsturm-Bataillone waren an der Küste eingesetzt.
i) S. 468. — 2) S. 541.
3) Kriegstagebuch der Armee-Gruppe Scholtz.
4) S. 524 und 540. — Die 80. R. D. (Brig. Montelon), 108. I. D. (Div. Beckmann), 109. g. D. (174. g. Br. sHomeyerj) und 17. Ldw. D. (Abt. Esebeck) waren umbenannt oder neu gebildet worden.
35*
Oktober bis Dezember.
548 Die Ereignisse bis zum Jahresschluß beim Oberbefehlshaber Ost.
Die Nachschubverhältnisse hatten sich dank rastloser Be-mühungen der Etappenbehörden nach und nach gebeffert. Truppenzahl und Kampftätigkeit waren gesunken, der Nachschubbedarf aber nicht, denn Stellungsausbau und Vorsorge für den Winter veranlaßten umfangreiche neue Forderungen. Weitschauende, angestrengteste Arbeit der Eisenbahn - Behörden und -Truppen war nötig gewesen, um bei beschränkten eigenen Mitteln die von den Nüssen zielbewußt an Verkehrsanlagen arm gehaltenen Grenzgebiete zu überbrücken. Östlich der Weichsel hatten zu Beginn des Krieges nur drei Bahnlinien über Mlawa, Osowiec und Kowno, davon nur die letzte zweigleisig, nach Rußland hineingeführt. Im Winter 1914/15 war die von den Russen hergestellte Verbindung Marg-grabowa—Suwalki hinzugekommen, dann, von deutschen Eisenbahntruppen erbaut, im August die Bahn Willenberg—Ostrolenka und seit dem 1. Oktober die Strecke Vajohren—Prekuln, während gleichzeitig an den eroberten russischen Strecken die teilweise nachhaltigen Zerstörungen ausgebessert wurden. Dabei hatten während der Narew-Operation Vahnbauten und Wiederherstellungen im nördlichen Polen den Vorrang gehabt, mit dem Ziele, östlich der voraussichtlich zerstörten Weichsel-Brücken von Warschau und der Bug-Brücke von Malkin Anschluß an die ostwärts führenden russischen Hauptstrecken zu gewinnen. Später kam die Wiederherstellung der zweigleisigen Bahn über Kowno nach Wilna als besonders wichtig hinzu. Westlich von Wilna konnte der Tunnel von Landwarowo*) erst bis zum 10. Oktober fahrbar gemacht werden. Die Njemen-Vrücke bei Olita wurde gar erst am 25. November, die Njemen-Vrücke in Grodno erst am 5. Dezember fertig und dementsprechend der Verkehr vorwärts dieser Punkte aufgenommen. Einstweilen wies das Vahnnetz aber noch sehr große Mängel aus; vor allem vermochte es nördlich des Njemen nicht mehr als den aller-dringendsten Nachschub zu bewältigen. Seit Fertigstellung der Eisenbahn-brücken von Olita und Grodno besserten sich die Verhältnisse durch Entlastung der Kownoer Strecke etwas. Die Mängel des nur sehr wenig leistungsfähigen kurländischen Bahnnetzes waren aber in absehbarer Zeit überhaupt nicht zu beheben. Hier blieben Truppen und Crsatztransporte auch weiterhin von Schauten oder gar von Tilsit ab auf Fußmarsch angewiesen; selbst die dringendsten Nachschubansorderungen der Truppe überstiegen die Leistungsfähigkeit der Bahnen bei weitem und führten, bis sich die Verhältnisse eingespielt hatten, zu Stockungen im Verkehr. So brauchte ein im Aufträge der Obersten Heeresleitung reisender General Ansang Dezember zur Fahrt vom Oberkommando 10 in Wilna bis Schauten (200 Kilometer) 29 Stun-
!) S. 530.
Crsenbahnlage und Dauerstellung.
549
den, von da zum Oberkommando 8 in Poniewiez (80 Kilometer) abermals 24 Stunden.
Die Tätigkeit des Oberbefehlshabers Ost, der sein Hauptquartier seit dem 21. Oktober von Lötzen nach Kotono verlegt hatte, toar neben den rein militärischen Aufgaben der Verwaltung des besetzten russischen Gebietes gewidmet, das auch den Raum hinter der Heeresgruppe Prinz Leopold und damit trotz Abtrennung des Generalgouvernements Warschaus immer noch rund 220 000 Quadratkilometer umfaßte. Aus diesem Gebiete, das der Größe nach etwa zwei Fünfteln des damaligen Deutschen Reiches entsprach, galt es nicht nur die eigene Truppe mit Verpflegung und Pferden zu versorgen, sondern davon nach Möglichkeit auch an Heimat und Westheer abzugeben.
Als der Kaiser mit General von Falkenhayn gegen Jahresschluß das Gebiet des Oberbefehlshabers Ost besuchte, trug ihm Generalfeldmarschall von Hindenburg am 12. Dezember in Wilna über die Lage vor. Er hielt den rechten Flügel und die Mitte seiner Front für gesichert; der Stellungsbau hatte hier bereits gute Fortschritte gemacht. An Reserven hatten die 12. und 10. Armee und die Armee-Abteilung Scholtz freilich nur je eine gemischte Brigade herausziehen können. Gefährdeter erschien die Lage bei der neuen 8. Armee. Hier mußte man auf russische Angriffe gefaßt sein, besonders sobald nach Eintritt von Frost die Düna, die Seen und Sumpfniederungen kein Hindernis mehr bilden würden. Als Reserve standen hinter dieser Front aber nur zwei Infanterie-Divisionen; Verstärkung war hier erwünscht. Mit größeren Landungen an der Küste rechnete der Oberbefehlshaber Ost nicht, wohl aber mit lästigen Beschießungen von See her und mit der Bedrohung durch Agenten und Spione, die im Rücken der eigenen Linie abgesetzt wurden. Bisher war es ihm, wie er weiter ausführte, möglich gewesen, den Mangel an Zahl der Truppen durch Beweglichkeit auszugleichen; im Inneren Rußlands versage diese Aushilfe aber. Die Eisenbahnverhältnisse erlaubten keine schnellen Verschiebungen; wo eine Truppe stand, mußte sie im allgemeinen auch gebraucht werden.
0 S. 351.
25. bis 27. August.
H. Die Verfolgung der Heeresgruppen Mackensen und Prinz Eeopold nach dem Sali von Brest üitoroff1).
Karten 6 und 7, Skizze 24.
Der deutsche Chef des General st ab es des Feldheeres hatte im August seine Zustimmung zu den Vorschlägen des Oberbefehlshabers Ost und des Generalobersten von Conrad, das Schwergewicht der Offensive aus der Mitte der Heeresfront der Verbündeten auf die Flügel zu verschieben, an den Vorbehalt geknüpft, daß die ins Auge gefaßten, räumlich weit voneinander getrennten Sonderoperationen gegen Teilkräfte des russischen Heeres nicht eine Fortsetzung der Offensive auf der ganzen Linie für ungewisse Zeit zur Folge haben dürften. Seit Wochen stand für ihn als Leiter der Gesamtoperationen im Vordergrund aller Erwägungen der Wunsch, für den als unerläßlich notwendig gehaltenen Feldzug gegen Serbien sobald als möglich ausreichende Kräfte verfügbar zu machen. Daneben mußte die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, daß die West-gegner ihre auf nahezu 50 Infanterie-Divisionen angewachsenen Reserven zu einer großen Offensive einsetzen würben2). Auch dafür galt es, die Abwehrkräfte zu verstärken. Das war am ehesten aus der Mitte der Heeres-ftont in Rußland zu ermöglichen. Zu diesen Zwecken zog General von Falkenhayn vom 25. August an in rascher Folge starke Truppen aus der Heeresgruppe Mackensen zurück5).
Am 27. August stimmte Generaloberst von Conrad dem Vorschlage zu, daß künftig die Weisungen an die Heeresgruppe Mackensen allein von der deutschen Obersten Heeresleitung ausgehen sollten. Dafür schieden nun auch der Rest der ö.-u. 4. Armee und das ö.-u. VI. Korps aus dem Verbände dieser Heeresgruppe aus. Generaloberst von Conrad wollte sich hiermit indessen noch nicht sogleich jeglichen Einflusses auf den Fortgang der Operationen an der deutschen Heeresfront begeben. Ihm lag begreiflicherweise viel daran, daß während der von ihm geplanten Teiloperation in Ostgalizien das russische Heer aus seiner übrigen
i) Anschluß an S. 435. — 2) S. 614.
s) Am 25. Aug. die 101. I. D., am 28. und 29. Aug. das Gardekorps, am 1. Sept. die 11. bayer. I. D., am 2. Sept. das Gen. Kdo. X. R. K. mit 103. und 105. I. D., am
3. Sept. das XXII. R. K. und die 25. R. D. des Veskidenkorps, am 7. Sept. die
20. I. D., am 9. Sept. das Gen. Kdo. X. A. K. und die 19. I. D.
Die Verfolgung wird östlich von Brest Litowsk fortgesetzt.
551
Front in Schach gehalten wurde. So kam er nicht nur auf seinen schon früher im Sinne des Generalfeldmarschalls von Hindenburg geäußerten Vorschlag zurück, dessen; Heeresgruppe für die bevorstehende Offensive auf Wilna zu verstärken, sondern er regte auch gleichzeitiges Vorgehen der Heeresgruppen Mackensen und Prinz Leopold bis in den Raum von Pinsk und bis an die Zasjolda an. General von Falkenhayn verharrte diesen Vorschlägen gegenüber auf dem Standpunkte, den er bereits am 26. August in einem Schreiben an Generaloberst von Conrad begründet hatte: „Gewiß ist eine Verstärkung der Kowno-Gruppe wünschenswert, aber ungleich wichtiger ist, daß die Dardanellen gesichert werden!, und dazu das Eisen in Bulgarien so lange geschmiedet wird, wie es heiß ist. Folglich müffen die Kräfte, die wir in der Gegend von Brest Litowsk herausziehen können, ohne zunächst den Griff an des Feindes Gurgel zu lockern, an die Donau."
Der erste Anstoß dazu, daß die Operationen der Heeresgruppen Mackensen und Prinz Leopold nach der Einnahme von Brest Litowsk entgegen den Absichten des Generals von Falkenhayn noch nicht zum Süll-stand kamen, war vom Oberkommando der Heeresgruppe Mackensen ausgegangen. Bereits am Abend des 26. August hatte Generalmajor vonSeecktin einer Meldung an die Oberste Heeresleitung der Auffassung Ausdruck gegeben, daß hartnäckiger feindlicher Widerstand noch diesseits der großen Iasjolda-Sümpse nicht zu erwarten sei, und daß sich anscheinend „doch noch die Aussicht auf eine großzügige Umklammerung der russischen Armee" biete, falls das Vorgehen der Heeresgruppe Hindenburg auf und über Wilna für aussichtsvoll gehalten würde. Die Mitwirkung der Heeresgruppen Mackensen und Prinz Leopold hieran dachte er sich in einem Vorstoß über die Linie Kobryn—Kamieniec Litowsk in der Richtung auf Pruzana unter Deckung gegen Osten und Abschluß des Südrandes des Forstes von Vialowiez. Generalfeldmarschall von Mackensen ließ daher auch am 27. August die Verfolgung der Bug-Armee und der 11. Armee in östlicher Richtung fortsehen. Auch bei der Heeresgruppe Prinz Leopold erzwang sich die Armee-Abteilung Woyrsch unter Kämpfen den Übergang über die Lesna Prawa, während die 9. Armee die Absperrung des Forstes von Vialowiez weiter durchführte.
Die von Generalmajor von Seeckt in der Beurteilung der Gesamtlage ausgesprochene Zuversicht blieb nicht ohne Eindruck auf General vonFalkenhayn. Zwar hielt dieser in grundlegenden Weisungen für die Operationen der nächsten Zeit1), die in der Nacht zum 28. August erlassen wurden, daran fest, daß die Heeresgruppen Mackensen und Prinz Leopold
!) S. 489.
552 Die Verfolgung der Heeresgruppen Mackensen und Prinz Leopold.
28. Und 29. August.
mit ihrer Masse den Vormarsch nach Osten am Sumpfgelände östlich der Linie Ratno—Kobryn—Szereszowo einstellen und nur mit kleinerm gemischten Verbänden auf allm Straßen am Feinde bleiben sollten. Auch wurden beide Heeresgruppen mit dem sofortigen Ausbau von Feldstellungen in der allgemeinen Linie Bug—Brest Litowsk—Westrand des Forstes von Vialowiez—Mündung der Rarewka in den Rarem beauftragt, die zum dauernden Halten mit möglichst geringen Kräften geeignet sein sollten. Gleichzeitig jedoch wies General von Falkmhayn auf frühzeitige Gruppierung für einen Vorstoß der inneren Flügel beider Heeresgruppen hin, der unter Umständen über die Linie Pruzana—Szereszowo nach Norden gegen die rückwärtigen Verbindungen des Feindes nördlich des Forstes von Vialowiez zu führen sein würde.
Infolgedessen befahl Generalfeldmarschall von Mackensen am
28. August, daß die Bug-Armee die ihr übertragene Verfolgung über Anto-pol—Kobryn nur so weit fortsetzen sollte, als noch eine Einwirkung auf die Südflanke der nach Ostm zurückweichenden russischen Teilkräfte zu erhoffen wäre. Auch die 11. Armee hatte mit ihrem rechten Flügel nur bis an den Muchawiec-Abschnitt zu verfolgm. Hingegen sollte ihr linker Flügel (das auf vier Infanterie-Divisionen verstärkte Korps Kosch1)) durch Vorstoß bis Pruzana im Verein mit dem von Generalfeldmarschall Prinz Leopold angeordneten Vorgehen der Armee-Abteilung Woyrsch auf Szereszowo die Voraussetzung für eine Fortführung der Offensive nach Norden schaffen. Der erstrebte Flankendruck der Bug-Armee blieb indessen aus. Der Feind wurde rein frontal in heftigen und für ihn verlustreichm Kämpfen bis zum
29. August über die Linie Kobryn—Szczerczewo zurückgedrückt. Hierbei trat eine starke Vermischung und Schwächung seiner Verbände ein. Die 11. Armee machte allein am 29. August 3700 Gefangene. Die Armee-Abteilung Woyrsch stieß beiderseits von Szereszowo auf starken Widerstand. Die Lufterkundung stellte den Abmarsch unabsehbarer Kolonnen bis an und über die Szczara hinaus, umfangreiche Truppenversammlungen bei Pruzana und starken Kolonnenverkehr von dort nach Slonim und von Rozana nach Norden fest. Am Bahnhof Kossow, an der Bahn Brest Litowsk— Baranowicze, lagerten große Vorräte.
General von Falkenhayn glaubte, aus diesen ihm am Abend des 29. August übermittelten Veutezahlen und Ausklärungsergebnisten den Schluß ziehen zu dürfen, daß doch noch die Möglichkeit bestehe, dem Feinde durch weiteres scharfes Nachdrängen der Heeresgruppe Mackensen in nordöstlicher Richtung bis zum Jasjolda-Abschnitt schweren Schaden
i) Gen. Kdo. X. R. K., 103., 105., 19. I. D., 47. R. D.
General von Falkenhayn will die Verfolgung weitertreiben.
553
zu tun. Cr teilte noch in der Nacht den Oberkommandos beider Heeresgruppen mit, daß er gegen eine solche Operation bei gleichzeitigem Vorstoß der Heeresgruppe Prinz Leopold über Pruzana keine Bedenken habe. Da jedoch auch am 30. August nur langsames frontales Zurückdrücken der Nüssen möglich blieb, und zudem die eigenen Truppen unter Verpflegungs- und Nachschubschwierigkeiten schon stark gelitten hatten, sah Generalfeldmarschall von Mackensen keine Aussicht mehr auf einen großen Erfolg. Cr beschloß, nach Einnahme von Pruzana den Vormarsch einzustellen, und befahl für den 31. August außer einem kurzen Vorstoß an der großen Kobryner Straße über den Muchawiec-Abschnitt nur noch dem verstärkten Korps Kosch aus dem linken Flügel der 11. Armee die Weiterführung der Verfolgung bis zur Straße Oranczyce—Pruzana im Anschluß an die Armee-Abteilung Woyrsch. Auf Anfrage der Obersten Heeresleitung meldete er am Morgen des 31. August: „Hoffnung, noch erhebliche Teile des Feindes zwischen Iasjolda und Muchawiec-Abschnitt abzufangen, besteht nicht mehr. Hauptgrund ist, daß es der Bug-Armee nicht gelungen ist, mit rechtem Flügel, auch nicht mit dem Kavalleriekorps, rechtzeitig gegen südliche Flanke einzuschwenken. Frontale Verfolgung rechten Flügels und Mitte 11. Armee über Sumpfgelände versprach keinen wesentlichen Erfolg, da Abzug der Russen rechtzeitig eingeleitet wurde und sich unter wechselnden Nachhuten planmäßig vollzog . . . Starke Regengüsse werden überall Truppenbewegungen im Sumpfgelände aufhalten. Zustand der Truppe gut, wenn auch wohl teilweise ermüdet. Leistungsfähigkeit der Pferde, namentlich bei schwerer Artillerie und Kolonnen, beginnt stellenweise stark nachzulassen. Abgänge bedenklich."
Gleichwohl empfahl General von Falkenhayn dringend, daß wenigstens auf den gangbaren Wegen an der ganzen Front scharf bis zum Zasjolda-Abschnitt nachgedrängt würde. Cs sei dies auch nötig, um das Vorgehen der Armee-Abteilung Woyrsch zu erleichtern und gleichzeitig aus ihm Vorteil zu ziehen. Bei der daraufhin befohlenen Fortführung der Verfolgung bis zur Iasjolda erhielt die Bug-Armee für ihren linken Flügel die Richtung längs der Straße von Kobryn auf Vereza Kartuska zugewiesen. Während am Abend ihr rechter Flügel vor dem Dniepr—Bug-Kanal festlag, gegen Süden gesichert durch die Divisionen des nunmehr aufgelösten Kavalleriekorps, gewann ihr linker Flügel im Verein mit der 11. Armee an der großen Straße weiter Raum. Die Garde-Kavallerie-Division unter Generalleutnant von Storch gelangte bis Luka. Am Nordflügel der 11. Armee drang das Korps Kosch bis in die Gegend nordwestlich von Malecz durch. Die Armee-Abteilung Woyrsch erreichte nach der Einnahme von Pruzana mit Vortruppen die Iasjolda. Links von
30. und 31. August.
554 Die Verfolgung der Heeresgruppen Mackensen und Prinz Leopold.
1. und 2. September.
ihr durchschritt die 9. Armee auf grundlosen Wegen den Forst von Via-lowiez.
Am 1. September drängte Generalseldmarschall von Mackensen seine beiden Armeen noch einmal zu schnellem Vordringen beiderseits der großen Sttaße Kobryn—Bereza Kartuska bis an die Iasjolda. Gleichzeitig sollte die Bug-Armee jetzt auch noch in Richtung auf P i n s k vorstoßen, um den Feind an Abttansporten mit der Bahn zu verhindern. Sie verschob daraufhin ihren Schwerpunkt nach rechts in diese Richtung. Wieder brachte der Tag auf der ganzen Linie schwere Kämpfe gegen die hinter Kanal- und Sumpfsttecken fest eingenisteten, zu zäher Abwehr entschlossenen russischen Nachhuten. Wesentliche Erfolge wurden nicht erzielt.
Als aber in der Frühe des 2. September die 82. Reserve-Division unter General Fabarius bei Horodec in die heiß umstrittene Stellung am Dniepr—Bug-Kanal eingebrochen war, ging der Feind bald auch aus der übrigen Front zurück. Beide Armee drängten nach. Roch hoffte General von Linsingen, die aus Pinsk weichenden Teile beiderseits umfassen zu können. Cr unterstellte abends seinen rechten Flügel (5. Kavallerie-Division, XXXXI. Reservekorps und 107. Infanterie-Division) dem General von Gerok zum Stoß entlang der Bahn nach Pinsk, während das Ves-kidenkorps an der großen Sttaße auf Bereza Kartuska verfolgen, mit der Maße aber südlich der Iasjolda nach Südosten vordringen sollte. Die 11. Armee erreichte mit dem Korps Kosch bei Sielec die Fasjolda. Da das Generalkommando des X. Reservekorps mit der 103. und 105. Infanterie-Division nunmehr abbefördertt) werden sollte, wurde es durch das X. Armeekorps (19. Infanterie- und 47. Reserve-Division, dahinter in Reserve 20. Infanterie-Division) abgelöst.
Die Heeresgruppe Prinz Leopold gewann am 1. und 2. September nur wenig Raum. Der Gegner leistete sowohl der Armee-Abteilung Woyrsch an den wenigen Übergängen der breiten Sumpfniede-rung der Iasjolda wie auch der 9. Armee bei Rowydwor und nordwestlich davon hartnäckigen Widerstand. Bereits am frühen Morgen des 2. September war eine Weisung der Obersten Heeresleitung eingetroffen, nach der die Heeresgruppe Prinz Leopold die Offensive gegen den Sttaßenabschnitt Slonim—Zelwa fortführen sollte"). Abends erhielt auch die Heeresgruppe Mackensen Befehl, sich an diesem Angriff mit ihrem linken Flügel in der Richtung auf Slonim zu beteiligen. Deren Oberkommando befahl darauf dem Kommandierenden General des Beskidenkorps, General der Kavallerie von der Marwitz, diesen Vorstoß mit der 4. Infanterie-, 35. und 47. Reserve-Division sowie der Garde-Kavallerie-Division durchzuführen.
!) S. 550. — -) S. 492.
Zusammenwirken mit Heeresgruppe Hindenburg wird angestrebt.
555
Die neue, weite Zielsetzung stand im Zusammenhang mit dem Verlaus, den inzwischen die Operationen aus dem rechten Flügel der Heeresgruppe Hindenburg genommen hatten. Hier befand sich, entsprechend den Weisungen des Oberbefehlshabers Ost vom 29. August'), die 12. Armee in schnell fortschreitender Verfolgung nach Osten über den Swi-slocz-Abschnitt, während links von ihr die 8. Armee sich am 2. September der Festung Grodno bemächtigte. Der Chef des Generalstabes des Feldheeres wollte diese Lage zu dem Versuche ausnutzen, durch Zusammenwirken der Heeresgruppe Prinz Leopold mit dem rechten Flügel der Heeresgruppe Hindenburg den vor ihnen weichenden Feind nach Nordosten abzudrängen. Ihm schwebte dabei vor, durch gleichzeitigen entsprechenden Druck der 10. Armee von Nordwesten her in der Richtung auf Lida große Masten des Feindes auf die Sumpfinseln von Slonim zusammenzupressen').
Das Vorgehen der Heeresgruppe Prinz Leopold') in der ^ @3*^6en Richtung auf Slonim—Zelwa begegnete indessen am 3. und 4. September bei Wolkenbruch artig em Regen an dem überfluteten Iasjolda-Abs chnitt und nordwestlich davon noch hartnäckigem Widerstands. Auch die Gruppe Marwitz der 11. Armee lag bei Vereza Kartusta fest. Erst am 5. September kam die Verfolgung auf dem linken Flügel der Heeresgruppe Prinz Leopold, am folgenden Tage fast auf ihrer ganzen Front wieder in Fluß.
Vis zum 8. September hatte sie sich mit ihrem rechten, inzwischen durch die 119. Infanterie-Division aus der Heeresgruppe Mackensen verstärkten Flügel nördlich der 23ahn Brest Litowsk—Varanowicze der Szczara bis auf etwa 35 Kilometer genähert. Tags darauf überwand auch die Gruppe Marwitz den Iasjolda-Abschnitt. Sie trat nunmehr unter Befehl der Armee-Abteilung Woyrsch. Aufs neue sah sich dann die Heeresgruppe Prinz Leopold bis zum 12. September durch feindlichen Widerstand westlich der oberen Griwda und an der Zelwianka aufgehalten.
Auch ernste Nachschubschwierigkeiten stellten sich ein. Bereits am 9. September hatte General von Scheffer gemeldet: „Zu ernsthafter Fortsetzung der Operationen regelmäßiger Munitionsnachschub unbedingt erforderlich. Das Generalkommando ist heute nicht in der Lage, einer der Divisionen Verpflegung nachzuschieben, den anderen nur unter größten Schwierigkeiten. Kolonnenpferde ermattet und nicht imstande, bei den grundlosen Wegen die gegebenen Ziele zu erreichen." Das Land bot nichts
!) S. 490. — -) S. 494.
3) Von ihrer Kavallerie hatte die Heeresgruppe Prinz Leopold am 20. Aug. die 9. K. D. an den Oberbefehlshaber Ost und an die Front des Verbündeten am gleichen Tage die ö.-u. 7. K. D., Anfang Sept. die ö.-u. 2. und 9. K.-D. abgegeben. Der H. K. K. 3 (Gen. von Fromme!) war dann zur 8. Armee getreten. S. 501.
556 Die Verfolgung der Heeresgruppen Mackensen und Prinz Leopold.
für die Verpflegung und keine Unterkünfte. Cs war gründlich ausgesogen Auch dre Wasserversorgung stieß an manchen Stellen auf Schwierigkeiten 25. September. Erst m der Nacht zum 13. September ging der Feind vor der Heeres-gruppe Pnnz Leopold ebenso wie vor der 12. Armee zurück. Die sogleich einsetzende Verfolgung stockte indessen bereits am Abend des 14. September wieder an dem breiten Sumpfabschnitt der Szczara. Versuche des Landwehrkorps, in den nächsten Tagen den Übergang bei Slonim zu erzwingen brachten zunächst nur geringe örtliche Erfolge. In der Nacht zum 18. September setzte aber der Feind auf der ganzen Front den Rückzug fort. Die Oberste Heeresleitung hielt im Hinblick auf die fortschreitenden Operationen der Heeresgruppe Hindenburg im Raume von WilnaH „scharfes Rachdrän-gen auch bei Heeresgruppe Prinz Leopold für dringend geboten" und gab am 19. September deren linkem Flügel, der bereits die Bahn nordwestlich von Molczadz erreicht hatte, die fast nach Norden weisende Richtung auf Nowogrodek. Zäher Widerstand feindlicher Nachhuten und grundlose Wege erschwerten indessen auch weiter das Vorwärtskommen. Vis zum 21. September gelangte die Verfolgung bis dicht vor Varanowicze und in dre Gegend südlich von Nowogrodek. An der Myschanka zeigte sich aufs neue starker Widerstand. Erst in der Nacht zum 23. September räumte der Gegner seine Stellungen. Die Heeresgruppe drang bis an den Ober-lcmf der Szczara beiderseits der Bahn Varanowicze—Minsk und bis an den Serwetsch nach. Damit kam der wichtige Vahnknotenpunkt Varanowicze in deutsche Hand. Der rechte Flügel der 12. Armee gewann über Nowogrodek hinaus nach Osten Raum.
Noch glaubte Generalfeldmarschall Leopold Prinz von Vay-e r n, „durch Fortsetzung der Ossensive gemeinsam mit der Heeresgruppe Hindenburg auf Minsk den Erfolg weiter ausbauen" zu können. General Von Falkenhayn indessen hatte sich entschlossen, der rein frontalen Verfolgung jetzt endgültig Einhalt zu tun, da das erstrebte operative Ergebnis vollkommen ausgeblieben war. In der Nacht zum 24. September erhielt die Heeresgruppe Prinz Leopold Befehl, „mit Gros den Szczara-Abschnitt oberhalb des Oginski-Kanals sowie den Serwetsch und Njemen nicht zu überschreiten". Am 25. September ordnete die Oberste Heeresleitung für die Heeresgruppe Prinz Leopold die Einnahme einer Dauerstellung in der Linie Oginski-Kanal (von Telechany ab)—Oberlauf der Szczara— Serwetsch—Mündung der Verezyna in den Njemen an.
Wie sehr der innere Zustand und die durch ununterbrochene Kämpfe und Märsche stark geminderte Gefechtskraft der Truppen die Einstellung
H S. 513.
Zustand der verfolgenden Truppen.
557
der Offensivoperationen erforderte, erhellt am besten aus einem Bericht, den der Kommandeur der 119. Infanterie-Division, Generalmajor von Vehr, am 21. September unaufgefordert eingereicht hatte. In ihm hieß es:
„Die 119. Infanterie-Division ist seit dem 2. Mai in dauernder Vorwärtsbewegung geblieben. Daraus haben sich Zustände er-geben, die dringend der Abhilfe bedürfen, wenn die Division nicht eines Tages ihre Gefechtskraft vollkommen einbüßen soll.
Bei der Infanterie steigt die Abgangsziffer wegen Krankheit durch Überanstrengung täglich. Damit kann der Zugang durch eintreffende Crsatzmannschasten nicht gleichen Schritt halten. Bei dem rastlosen Vor-marsch ist es unmöglich, daß der Mannschaftsersatz die Division erreicht. Transportzeiten von sechs Wochen seit der Inmarschsetzung sind jetzt die Regel. Statt frischer, kampfkräftiger Mannschaften kommen erschöpfte, fuß-kranke Leute cm, von denen ein hoher Prozentsatz bereits unterwegs er-krankt liegengeblieben ist. Es bedarf weiter wohl keines besonderen Hinweises darauf, daß die wochenlangen Märsche der Crsatztransporte mit höchstens zwei Offizieren ohne richtig eingeteilte Verbände, ohne Korporalschaftsführer usw. der Aufrechterhaltung der Disziplin nicht förderlich sind.
Sämtliche Truppen bedürfen dringend des Ersatzes an Bekleidung und Ausrüstung. Besonders mangelt es der Infanterie an Stiefeln; wenn sich die Leute nicht dadurch hülfen, daß sie gefangenen oder gefallenen Russen die Stiefel wegnehmen, würden viele barfuß gehen müssen.
Berittene Truppenteile leiden unter dauernden Pferdeverlusten. Die Artillerie und die Kolonnen, die bei den schlechten Wegen schon lange nur im Schritt vorwärtskommen, verlieren täglich mehrere Pferde, die erschöpft umfallen und erschossen werden müssen. Mit den gesteigerten Leistungen der Pferde hält ihre Ernährung nicht annähernd gleichen Schritt. Hafer wird durch die Verpflegungskolonnen nur unregelmäßig und in unzureichender Menge herangeführt, im Land ist strichweise nichts vorhanden und systematisches Ausnutzen und Zubereiten bekannter Crsahfuttermittel — gedämpfte Kartoffeln, Rüben, andere Getreidesorten — bei den täglichen großen Märschen nur selten möglich. Der größte Teil der Pferde steht ständig im Freien, oft in kaltem Regen ohne Stroh. Man kann, abgesehen von Verlusten im Gefecht, den täglichen Abgang an Pferden auf mindestens 25 angeben. Wie dieser Verlust ausgeglichen werden soll, ist zur Zeit ein unlösbares Rätsel. Das Pferdedepot ist erschöpft, im Lande sind nur hin und wieder kleine, wenig zugkräftige, zum Reiten aber gänzlich ungeeignete Pferde aufzutreiben. Ersatz aus der Heimat trifft erst Wochen zu spät ein und ist bereits ebenfalls durch das Nachmarschieren
558 Die Verfolgung der Heeresgruppen Mackensen und Prinz Leopold.
und den Futtermangel unterwegs in seiner Leistungsfähigkeit beeinträchtigt.
Mit dem geradezu erbärmlichen Zustand der Pferde, die bei den schlechten Wegen doch das einzige, zuverlässige Transportmittel sind, erklären sich weitere Mißstände, die dringend der Abhilfe bedürfen. Die Artillerie braucht notwendig Material zur Ausbesserung und Instandhaltung der Geschütze. Die schwere Batterie 119 schießt seit längerer Zeit nur noch mit zwei Geschützen, weil das längst beantragte Crsatzmaterial nicht herankommt. Ebenso verhält es sich mit dem Hufbeschlagsmaterial. Es ist schon jetzt zu befürchten, daß die Division bei eintretendem Frost nicht mit Stollen versorgt sein wird, weil die Möglichkeit, das Material vorzuschaffen, fehlt.
Besonders ungünstig steht die Division augenblicklich mit Artillerie-Munition da. Vor dem 24. September ist die Munitionskolonnen-Abtei-lung außerstande, Munition an die leichten Kolonnen auszugeben. Marschiert die Division weiter, so erhöht sich die von den leichten Kolonnen zurückzulegende Strecke und damit die Schwierigkeit rechtzeitiger Versorgung der Artillerie mit Munition. Sieht man von den Anforderungen, die bei dauernden Gefechten an die Nervenkraft der fechtenden Truppe gestellt werden, ab und faßt nur einmal die Versorgung Erkrankter und Verwundeter ins Auge, so tritt zutage, daß der Zeitpunkt, in dem die Division auch hier am Ende ihrer Leistungsfähigkeit ist, nicht mehr fern liegt. Der Abtransport Verwundeter aus den Feldlazaretten zur Etappe wird immer schwieriger, weil die Etappe nicht in dem Tempo der vorderen Truppen vorrücken kann. Deshalb ist die Division genötigt, die Feldlazarette lange liegen zu lassen, und kommt andererseits hinsichtlich ihres Nachziehens und ihrer Verwendungsfähigkeit bei Eintritt größerer Verluste in steigende Verlegenheit. — Daß die Verbindung mit der Heimat durch die Feldpost fast ganz aufgehört hat, sei nur nebenher erwähnt.
Aus dem Vorstehenden ergibt sich für die Division das dringende Bedürfnis, einige Zeit in Ruhe zu kommen, andernfalls kann der Tag schon vorausbestimmt werden, an dem die Division nur noch aus Stäben, Regimentern zu 600 Mann und Geschützen ohne Bespannung und Munition besteht."
Bei der Weitergabe dieses Berichtes an die Oberste Heeresleitung bemerkte Generaloberst von W o y r s ch am 23. September: „Bei der überragenden Wichtigkeit des raschen Vordringens in der jetzigen Verfolgung habe ich bisher solchen und ähnlichen Bedenken, wie sie in dem Berichte zum Ausdruck kommen, kein Gehör geschenkt, um so mehr, als der Geist
Die Dauerstellung der Heeresgruppe Prinz Leopold.
559
der Truppe trotz aller Mühseligkeiten hervorragend gut geblieben ist und die Truppe selbst sich in den Gefechten ausgezeichnet bewährt hat.
Indessen halte ich mich für verpflichtet, anliegenden, von mir nicht eingeforderten Bericht im Original vorzulegen, da die Verhältnisse auch bei den anderen Teilen der Armee-Abteilung und besonders auch beim Ves-kidenkorps allmählich ähnliche Gestalt annehmen. Der Grund hierfür liegt im wesentlichen in der unzureichenden und namentlich unregelmäßigen Zufuhr durch die Eisenbahn, die zu bessern sich die Armee-Abteilung vergeblich bemüht hat. Seit Wochen konnte nur % Verpflegungssatz und die gerade notwendige Munition den Truppen zugeführt werden, unter weitest gehender Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Pferde- und Wagenkolonnen."
Für die der Heeresgruppe Prinz Leopold zugewiesene Dauerstellung1) in Breite von etwa 160 Kilometern standen im ganzen elf Infanterie-Divisionen und zunächst auch noch eine Kavallerie-Divisiow) zur Verfügung. Durch Oginski-Kanal, Szczara und Serwetsch war der Verlauf der künftigen Stellung klar vorgezeichnet. Mit dem Ausbau konnte sofort begonnen werden. Die zweigleisige Hauptbahn Warschau—Brest Litowsk—Minsk—Moskau, die am 4. Oktober bis Kossow (von Brest ».Oktoberbis Litowsk ab eingleisig) fahrbar wurde, traf bei Varanowicze die Mitte der 1L9toticm6er‘ Front und stellte ausreichenden Nachschub sicher. Der Heeresgruppe gegenüber standen Mitte und rechter Flügel der russischen 3. und die russische 4. Armee mit insgesamt 23y2 Infanterie- und 2 Kavallerie-Divisionen^).
Schneller als im Gebiete des Oberbefehlshabers Ost flauten die Kampfhandlungen bei der Heeresgruppe Prinz Leopold ab. Die Ruhe wurde erst am 20. und 21. Oktober durch einen Angriff unterbrochen, den die Russen gegen das ö.°u. XII. Korps führten. Dieses Korps, das den wichtigen Vahnknotenpunkt Varanowicze im Süden zu decken und noch weiter südlich die große Heerstraße Vobruisk—Brest Litowsk, eine der wenigen durchlaufenden festen Straßen im Innern Rußlands, zu sperren hatte, erlitt dabei durch den russischen Einbruch in seine Stellung einen Verlust von
0 S. 556.
2) Von Süden nach Norden standen Anfang Oktober: Armee-Abtlg. Woyrsch:
Garde°K. D. (trat Anfang Oktober zur Heeresgr. Linsingen über), Beskiden-Korps (35. u. 47. R. D.), ö.-u. XII. Korps (ö.-u. 16. u. 35. I. D.), Ldw.-Korps (4. u.
3. Ldw. D.), Ldw. D. Bredow; 9. Armee: XXV. R. K. (49., 5. R. D. u. 84. I. D.); Heeresgruppen-Reserve: 119. I. D.
3) Von der russischen 3. Armee (von Süden nach Norden): III. kaut, XXIV., X. und IX. Korps mit 8 Inf.- und 1 Kav. Div.; russische 4. Armee: Gren. Korps, XV.,
XVI., XXXV., V. sib., I. türk, und XXV. Korps (Armeereserve) mit 15% Inf.- und 1% Kav. Div.
560 Die Verfolgung der Heeresgruppen Mackensen und Prinz Leopold.
7700 Mann, wovon nahezu 6000 Mann, meist rumänischer Nationalität, in Gefangenschaft gerieten. Nachdem durch Einsah deutscher Reserven die Lage wiederhergestellt war, übertrug Generaloberst von Woyrsch dem ö.°u. Korps einen mehr nördlich gelegenen, feindlichen Unternehmungen weniger ausgesetzten Abschnitt. Am 10. November wurde der rechte Flügel der Heeresgruppe noch um zwölf Kilometer nach Süden ausgedehnt.
Schon eine Woche bevor die Verfolgungsoperation der Heeresgruppe Prinz Leopold zum Stillstand gekommen war, hatte bei der Heeres-gruppe Mackensen die Bug-Armee das ihr übertragene Sonderunternehmen, den Stoß auf Pinsk, erfolgreich durchgeführt. Am 3.6t8 3. September war der Feind ihrem umfassend gedachten Angrifft) nördlich
7. September. Dniepr—Bug-Kanals in östlicher Richtung ausgewichen. In zwei
Gruppen unter Befehl der Generale von Gerok und von Conta frontal nachstoßend, erreichte die Armee die Linie Zarzeczka—Chomsk und weiter nordwestlich die Iasjolda. Am 6. September wurde die nach Osten gerichtete Kampfstont durch den Sturm der 107. Infanterie-Division auf Drohiczyn bis in die Linie Osowee—Vezdziez vorwärts getragen. Infolge der großen Entfernungen von den Vahnendpunkten Wlodawa und Viala begann jetzt aber auch hier der Nachschubdienst in empfindlicher Weise zu versagen. Die Etappe vermochte mit ihren geschwächten Kolonnen ausreichende Muniston und Verpflegung auf den zerstörten Straßen und versumpften Wegen nicht mehr vorzubringen. So konnte die Bug-Armee dem Feinde zunächst nur noch gemischte Abteilungen nachsenden. Bereits am 5. September hatte sich der Generalstabschef der Heeresgruppe Mackensen veranlaßt gesehen, der Obersten Heeresleitung eingehend über den Zustand der Truppe zu berichten. Diese habe den hohen Anforderungen an ihre physische und moralische Kraft während der langen Zeit der Kämpfe voll entsprochen und sei stets zuversichtlich und angriffsfreudig geblieben. Aber sie wünsche doch wenigstens die Möglichkeit zu einer kurzen Ausbildung ihres Nachersatzes, bester noch eine Ruhepause, da die monatelangen, verlustreichen Kämpfe und Märsche in schwierigstem Gelände und unter größten Entbehrungen aller Art erheblich an ihrer Kraft gezehrt hätten. Die Geschütze seien stark ausgeschossen, geradezu bedenklich aber sei in der letzten Zeit der Zustand der Pferde sowohl bei der Truppe wie bei den Kolonnen namentlich durch den andauernden Mangel an Kraftfutter geworden.
!) S. 554.
Vorstoß der Bug-Armee auf Pins k.
561
In den nächsten Tagen blieb daher die Heeresgruppe stehen und wartete das Herankommen von Munition und Verpflegung ab. Inzwischen wurde auch die Abgabe des X. Armeekorps*) verfügt. Die ungarische 11. Kavallerie-Division marschierte nach Süden zum ö.-u. Heere ab. Da Generalfeldmarschall von Mackensen zur Führung der Operationen gegen Serbien ausersehen worden war, wurde seine Heeresgruppe ant 8. September ausgelöst2), jedoch die Bezeichnung „Heeresgruppe Mackensen" zur Verschleierung noch beibehalten.
Der an Stelle des Generalfeldmarschalls mit dem Oberkommando be- «.bis traute General vonL insingen berichtete am 8. September abends der 16*6eptem6cCi Heeresleitung, daß die Verfolgung mit der Masse der Bug-Armee seit zwei Tagen aus Mangel an Munition und Verpflegung eingestellt worden sei. Die nächsten Operationen der Heeresgruppe seien lediglich eine Frage des Nachschubes. Die Eisenbahn würde ant 10. September bis Terespol westlich von Brest Litowsk und ant 20. bis Kobryn betriebsfähig sein. Dementsprechend werde die Bug-Armee erst ant 14. September die Offensive auf Pinsk fortsetzen können, falls es nicht schon vorher den vorgesandten schwachen Abteilungen gelänge, den Feind zum Rückzug zu zwingen.
Aus Vorstößen, die die Rüsten an mehreren Stellen in der Rächt zum 11. September unternahmen, und aus Meldungen über starke Abtransports auf der Bahn über Pinsk nach Osten schloß jedoch General von Linsingen auf baldigen Abzug des Gegners und befahl, schon ant 12. September überraschend auf der ganzen Front anzugreifen. Der Einbruch hatte vollen Erfolg. Die Gruppe Gerok stieß mit dem Schwerpunkt auf ihrem rechten Flügel zwischen dem Dniepr—Bug-Kanal und der Bahn bis Glinna— Worocewicze durch. Bei der Gruppe Conta überrannten die 1. und 22. Infanterie-Division den Feind und drangen über Zawiersze hinaus vor. In der Nacht zum 13. September gelang es dann der 107. Infanterie-Division, den Gegner vor der Gruppe Gerok von Norden her aufzurollen. Nun ging es auf der ganzen Front vorwärts. General von Linsingen drängte auf scharfe Verfolgung, um den Rüsten nochmaliges Festsetzen vor Pinsk zu verwehren. Ant 14. September drang das XXXXI. Neservekorps3) gegen zähe haltende Teile südlich von Ogowa, die 107. Infanterie-Division auf Obrow vor. Die Gruppe Conta erreichte trotz Gegenangriffen Molo-dowo. Am nächsten Tage wurde der Feind auf seine tiesgegliederte Brücken-
0 S. 554.
2) Das Oberkommando der 11. Armee wurde erst am 16. Sept. abbefördert.
3) Der bisherige Führer des XXXXI. R. K., Gen. von Winckler, übernahm das IV. R. K. Bis zum Eintreffen des Nachfolgers, Gen. der Artl. von Gronau, übernahm der Kommandeur der 82. R. D., Generalmajor Fabarius, die Führung des Korps.
t Weltkrieg. VIII. Band. 36
562 Die Verfolgung der Heeresgruppen Mackensen und Prinz Leopold.
kopfstellung bei Kolodijewicze westlich von Pinsk zurückgeworfen. Dahinter marschierten noch starke Massen nach Norden über Logiszin ab. Nachdem in der Nacht die vorderen Linien des Brückenkopfes erstürmt waren, durchbrachen in den ersten Morgenstunden des 16. September die Truppen des Generals von Conta in einem letzten Anlauf die russische Stellung. Auch vor der Gruppe Gerok wich der Feind kämpfend zurück. Um 6° vormittags schon drangen deren vorderste Teile in die Stadt Pinsk ein, fast ohne Widerstand zu finden. Die ganze Landzunge zwischen Pina und Iasjolda war in deutschem Besitz.
Auch diese Verfolgungsoperation hatte von den Truppen aufs neue ungeheure Leistungen gefordert. Die in ihren Gefechtsstärken erheblich gesunkenen Verfolgungskolonnen hatten in größtenteils schwer gangbarem, unübersichtlichem, von Seen und sumpfigen Wasserläufen durchschnittenem Gelände gegen zähen Widerstand hart gekämpft. Nicht minder groß waren die Entbehrungen aller Art, da es bei dem schnellen Vormarsch den an Zahl geringen Nachschubsormationen nicht möglich war, auf den immer schlechter werdenden Wegen die Truppe ausreichend zu versorgen. Wenn auch der Feind bei dieser frontalen Verfolgung keine erheblichen Einbußen mehr an Gefangenen erlitt, so fand doch der tatkräftig und trotz Erschöpfung der Truppe schnell durchgeführte Stoß darin seinen Lohn, daß den Russen nicht Zeit gelassen war, auch den letzten Geländestreifen westlich von Pinsk und diese Stadt mit ihren reichen Vorräten so zu verwüsten wie das Rückzugsgelände weiter westlich.
J. Der rechte Heeresflügel von Mitte Juli bis zum Jahresende^.
L Die österreichisch-ungarische Dstenstve in Mstgalizien und Wolhynien.
Karte 6, Skizze 31.
Nach den am 11. Juli getroffenen Vereinbarungen der verbündeten Iu«. Heeresleitungen^) sollten während der Offensivoperationen der Heeresgruppe Mackensen die deutsche Südarmee°) und die ö.-u. 2. A r m e e4) in Ostgalizien an der Zlota Lipa und am Bug vorerst defensiv bleiben. Nur der inzwischen auf etwa zehn Infanterie- und fünf Kavallerie-Divisionen angewachsenen ö.-u. 7. 2t xm e e5) war ein räumlich begrenzter Teilangriff östlich der Strhpa in der Richtung auf Czortkow—Vuczacz aufgetragen worden. Cr begann in der Nacht zum 14. Juli, brachte indessen nur auf dem Ostflügel einen größeren Erfolg. Dort gelang es der Gruppe Venigni, sich in der Dniester-Schleife nördlich von Doroschoutz festzusetzen. Schon nach wenigen Tagen mußte die Offensive als gescheitert angesehen werden.
Ihr einziger, um den Preis schwerer Verluste erzielter Gewinn schien in dem Verzicht der Nüssen auf den offenbar beabsichtigten Abtransport einer Division der 9. Armee zu bestehen. Im letzten Drittel des Monats Juli flauten die Kämpfe an den Cinbruchsstellen ab; gegen die Mitte des auf dem äußersten rechten Flügel stehenden Korps Korbet führte der Feind nach wie vor heftige Angriffe, die jedoch ausnahmslos im Abwehrfeuer des Verteidigers zusammenbrachen.
Zur selben Zeit säuberte die ö.-u. 2. A r m e e, die sich inzwischen nach Norden bis Dab ausgedehnt hatte, im Zusammenwirken mit der ö.-u.
1. Armee das linke Vug-Afer zwischen Kamionka Strumilowa und der
i) Anschluß an S. 385. — 2) S. 387.
s) Die deutsche Südarmee bestand aus: Korps Hofmann (ö.-u. 55. I. D.,
ö.-u. komb. 23r. Bolzano, ö.-u. 1. K. D.), 48. R. D., Korps Marschall (3. G. I. D., ö.-u. 19., ung. 38. I. D.).
4) Die ö.-u. 2. Armee bestand aus: V. Korps (ö.-u. 14. und 33. Z. D.), XVIII. Korps (ö.-u. 9. I. D., öst. 1. Ldst. Br.), XIX. Korps (ö.-u. 29. und 34. I. D.),
IV. Korps (ö.-u. 27. und 32. I. D., ung. 1. Ldst. Hus. Br.), Korps Czibulka (ö.-u. 31., öst. 43. Z. D.), Armeereserve: ung. 51. I. D.
6) Die ö.-u. 7. Armee bestand aus: Korps Korda (ung. 42. J. D., ung. 202. 3• Br., ö.-u. komb. Br. Papp, 2. Br. der Poln. Legion), Gruppe Venigni (ö.-u. 6. I. D., ö.-u. 3.,
6., 8. und 10. K. D.), Korps Krautwald (öst. 22., ö.-u. 28. und 30. I. D.), Korps Rhemen (ö.-u. 5., 15. und 36. I. D.), Armeereserve: ung. 5. K. D.
36*
August.
564 Der rechte Heeresflügel von Mitte Juli bis zum Jahresende.
Rata-Mündung und erkämpfte sich bei Kamionka Strumilowa einen Brückenkopf.
Der August verlief an der Front aller drei Armeen des rechten Heeres-flügels ruhig. Nur bei der 7. Armee entwickelte sich aus einer gewaltsamen Erkundung im Bereich der Gruppe Krautwald ein erfolgreicher Angriff, der am 9. August zur Wegnahme des feindlichen Brückenkopfes von Czernelica führte. Weiter reichenden offensiven Plänen des Generals der Kavallerie Freiherrn von Pflanzer-Baltin, die auf einen Angriff der Gruppe Benigni nördlich von Doroschoutz und des Korps Rhemen bei Kosmierzyn hinausliefen, mußte Generaloberst von Conrad einstweilen seine Zustimmung versagen, da er genötigt war, der 7. Armee nicht unerhebliche Kräfte zur Verstärkung der italienischen Front zu entziehen. Am 12. August befahl er die Abbeförderung des III. Korps (22. und 28. Infanterie-Division). Deffen Abschnitt übernahm die 5. Infanterie-Division, das Gruppenkommando Feldmarschalleutnant Ritter von Hemiquez.
Die 2. Armee dehnte auf Weisung aus Tefchen vom 5. August ihren linken Flügel am Bug bis zur Rata-Mündung aus und verstärkte hierzu die Gruppe Czibulka durch die aus der Südarmee herausgezogene 1. Kavallerie-Division. Am 6. August meldete der Armeeführer, General der Kavallerie von Vöhm-Crmolli, der Heeresleitung, daß seine Armee nach der Einreihung neuen Ersatzes Mitte August an 100 000 Gewehre zählen und alsdann in der Lage sein würde, am Südflügel vier Divisionen und die Maffe der schweren Artillerie zu einem Durchbruch auf Zloczow zu vereinigen, an dem die Südarmee beteiligt werden müßte. Diese Absicht begegnete sich mit dem Plane des Generalobersten von Conrad, Ostgalizien durch eine große Offensivoperation vom Feinde zu säubern2). Der ö.-u. Generalstabschef erklärte am 11. August sein Einverständnis und befahl der 2. und Südarmee die Vorbereitung des Angriffs. Dieser sollte indesien erst nach dem 18. erfolgen, weil die gleichfalls zur Mitwirkung bestimmte 1. Armee nicht eher operationsbereit war. Am 16. August teilte Generaloberst von Conrad beiden Armee-Oberkommandos mit, daß die „vorzubereitende Operation an den inneren Flügeln der 2. und Südarmee erst im Rahmen eines allgemeinen, mit Teilnahme der 4. Armee2) in Aussicht genommenen Angriffs auf die Armeen der russischen Südwestfront" durchgeführt werden würde.
Die dadurch bedingte Hinausschiebung des Beginns der Offensive ließ das Oberkommando der Südarmee befürchten, daß sich die Armeen der russischen Südwestfront unter dem Eindruck des Vordringens
i) S. 417. — 2) 425/26.
Die Weisungen der ö.-u. Heeresleitung für die Offensive. 555
der Verbündeten in Polen dem geplanten Schlage durch vorzeitige Räumung ihrer Stellungen entziehen könnten, wofür bereits gewisse Anzeichen vorlagen. Der Chef des Generalstabes, Oberstleutnant von Hemmer, wurde daher am 19. August bei der ö.-u. Heeresleitung vorstellig, die 7., Süd- und 2. Armee schon in den allernächsten Tagen ohne Rücksicht auf die Mitwirkung der 1. und 4. Armee gleichzeitig angreifen zu taffen. Die drei Armeen würden, da sich ihre Gefechtsstärken durch die Operationspause erheblich gebessert hätten, höchstwahrscheinlich auch allein imstande sein, den gegenüberstehenden Feind zu schlagen, zum mindesten würde er gebunden und der Freiheit des Handelns beraubt werden.
Die ö.-u. Heeresleitung antwortete tags darauf, daß sie sich aus den gleichen Erwägungen veranlaßt gesehen habe, schon am 19. August die Bereitstellung der durch Teile der 4. Armee1) verstärkten 1. Armee zum umfassenden Angriff gegen den rechten Flügel der russischen Südwestfront zu befehlen. Für diesen Zweck sei bereits ein Vorstoß auf Kowel im Gange und die Versammlung starker Kräfte zwischen Wladimir Wolynsk und Kowel in Durchführung^). Im Zusammenhange damit sei in den nächsten Tagen auch der Befehl zum Angriff der 2. und Südarmee zu erwarten, dem sich auch die 7. Armee anschließen werde.
Gleichzeitig erhielt die 1. Armee Weisung, sich so zu gruppieren, „daß der Angriff sogleich, jedenfalls aber nach dem Einlangen des XIV. Korps" im Raume um Kowel (24. August) beginnen konnte. „Zum Schutze des aus der Linie Wladimir Wolynsk—Kowel zunächst in allgemeiner Richtung Lucs zu führenden Hauptstoßes" sollte vorerst Kowel durch das Kavalleriekorps Heydebreck^) (5. Kavallerie-Division, ö.-u. 4. Kavallerie-Division, ungarische 11. Kavallerie-Division) und eine Infanterie-Division des X. Korps fest in Besitz genommen werden. Zum Angriff auf Luck hatte sich dieses Korps bei Wladimir Wolynsk, das IX. bei und südlich von Turyjsk, das über Luboml herangezogene XIV. bei Kowel bereitzustellen. Die von der 4. Armee im Anmarsch befindliche Gruppe Smekal (ö.-u. 4. und österreichische 45. Infanterie-Division) sollte als Armeereserve nach Bedarf verwendet werden.
Am 21. August ergingen allgemeine Richtlinien für die Offensive des rechten Heeresflügels. Die 2. und Südarmee hatten auf ihren inneren Flügeln gleichzeitig mit der 1. anzugreifen, die 7. Armee sich beim Fortschreiten der Südarmee vom linken Flügel aus anzuschließen. Alle Armeen sollten bereit sein, bei vorzeitigem Rückzüge des Feindes die
9 X. Korps (ö.-u. 2. und 24. I. D.), ö.-u. 62. und 10., oft. 26. I. D., IX. Kkdo., XVI. Korps (ö.-u. 3., öff. 21. I. D.).
2) S. 427.
566 Der rechte Heeresstügcl von Mitte Juli Bis Mir Zahreöende.
Verfolgung sofort aufzunehmen. Am 23. August stellte Generaloberst von Conrad der tags zuvor aus der Heeresgruppe Mackensen ausgeschiedenen 1, Armee') die Aufgabe, „unter Zurückwerfen des russischen XXXI. Korps und Besitznahme des Raumes um Stowt durch eine Offensive, allgemeine Direktion Luck, den rechten Flügel der russischen Südwest-sront zu schlagen, die Trennung der russischen Armeen endgültig zu bewirken und den Feind aus Ostgalizien zu vertreiben". Hierzu sollte der linse Flügel der 1, Armee möglichst stark gemacht, die Gruppe Smekal und die von der Armee-Abteilung Woyrsch herankommende 7. Kavallerie-Division^) ihm über Kowel nachgezogen werden. Ein Vorgehen starker Kräfte in nördlicher oder nordöstlicher Richtung läge nicht in den Absichten der Heeresleitung, die Verfolgung des über Kowel nordwärts weichenden russischen XXXI. Korps sei nur so weit durchzuführen, als es die Sicherheit der eigenen Offensive gegen den rechten Flügel der russischen Südwestfront erfordere. Der Raum um Kowel aber müsse fest in die Hand genommen werden.
Der Führer der 1.Armee, Feldzeugmeister von Puh allo, meldete daraufhin, er werde am Nachmittage des 26. August mit dem II. und I. Korps sowie der Gruppe Szurmay am Bug und am Lug, mit dem X. und IX. .Korps in der Linie Zimno—Makowicze und mit dem XIV. Korps und der 4. Kavallerie-Division beiderseits der von Kowel auf Rownv führenden Bahn bei Holoby zum Angriff bereitstellen3). Zur Besetzung von Kowel sei die 2. Infanterie-Division bestimmt, die Verfolgung des russischen XXXI Korps und die Sicherung der Rordstanke dem Kavallerickkorps Heydedreck mit der deutschen 5., der ungarischen 11. und der am 27. bei Luboml eintreffenden ö.-u. 7. Kavallerie-Division übertragen. Die Gruppe Smekal sollte je nach der Lage über Kowel oder südlich davon nachgezogen »verden.
Das Kavallerickvrps Heydedreck besetzte am 24. Kowel und folgte sogleich dem auf Ratno zurückgehenden russischen XXXI. Korps; tags darauf wurden die 5. und ungarische 11. Kavallerie-Division der Bug-Armee umferfielt und schieden damit aus dem Rahmen der geplanten Operation mits% Da der dem linken Flügel der 1. Armee gegenüberstehende, aus eine Infanterie-Division und vier Kavallerie-Divisionen geschützte Feind im
e. 427. — =) S.555 Anmerkung 3.
Gruppierung der ö.-u. 1. Armee am 26. August: H. Korps (S.-u. 25. 3- D.), I. Kvrps S.-u. 9.," Bst. 46. I. D.). Gruppe Szurmay (ö.-u. 7., ung, 40. J. D.), L Korps tö.-«. 24. und -62. Z. D.), IX. Korps (B.-u. 10., Bst. 26.1. D.), LIV. Korps <@„4U. 1, 3fi21.3.0.), S.-u.4.K.D. und 2.Z.D., Armeereserve: öst. 13. I.D.
-H sß,, 427.
Der Beginn der Offensive.
567
Laufe des 26. August südostwärts zurückwich, gingen das X. und IX. Korps bereits an diesem Tage über die gemeldete Bereitstellungslinie hinaus bis Lhorostow und Kisielin vor. Das XIV. Korps stand abends bei Lubitow, die 4. Kavallerie-Division bei Holoby bereit.
Am 27.August trat der rechte Heeresflügel zum Angriff an. Auf dem linken Flügel der 7. Armee durchbrach die Stoßgruppe des Korps Rheinen (iUt. 36. und Vz 5. Infanterie-Division) die russischen Stellungen am Unterlauf der Zlota Lipa und drang bis westlich von Koro-sciatyn vor. Bei der Südarmee nahmen der linke Flügel des Korps Hof-mann und die halbe deutsche 48. Reserve-Division die Höhen westlich von Uhrynow; die aus der 3. Garde-Jnsanterie-Division, der 95. Neferve-Znfanterie-Brigade (48. Reserve-Division) sowie Teilen der ö.-u. 19. und ungarischen 38. Infanterie-Division gebildete Kampfgruppe des Korps Marschall erstürmte die starken, zäh verteidigten russischen Stellungen westlich und südwestlich von Urman. Der Stoßflügel der 2. Armee1) bemächtigte sich zwischen Ciemierzynce und Gologory der jenseitigen Uferhöhen. Die Mitte der 1. Armee schließlich gelangte unter leichteren Kämpfen in die Linie Steniatyn—Chorochoryn, das XIV. Korps erreichte Perespa, die verstärkte 4. Kavallerie-Division den Styr bei und nordöstlich von Sokul.
Am frühen Morgen des 28. August trat der Gegner aus der ganzen Front nördlich des Dniester den Rückzug an. Der linke Flügel der 7., die Süd- und 2. Armee drängten unter teilweise schweren Kämpfen mit feindlichen Nachhuten scharf nach und stießen am 29. auf den westlichen Ufer-höhen der Strypa und in der Linie Zloczow—Sokolowka—Radziechow auf neue vorbereitete und stark besetzte Stellungen. Bei der 1. Armee standen das X?) und IX. Korps schon am Abend des 28., der rechte Flügel (IT.,
1. Korps, Gruppe Szurmay) am 29. vor einer zusammenhängenden Widerstandslinie, die sich von Stojanow über Sadowo nach Sierniki hinzog. Das XIV. Korps warf am 28. stärkeren Feind bei Rozyszcze über den Styr und ging tags darauf zwischen dem Styr und der Bahn nach Rowno bis in die Gegend nordwestlich von Kiwercy vor. Die von Kowel herangezogene
2. Infanterie-Division, die dort nur ein verstärktes Regiment zurückgelassen
!) Gruppierung der ö.-u. 2. Armee am 27. August: V. Korps (ö.-u. 14., 33. und 34. 3. D., öst. 43. I. D.), XIX. Korps (ö.-u. 29. I. D.), IV. Korps (ö.-u. 27. I. D.. ung. 51. I. D.), XVIII. Korps (ö.°u. 32. I. D.), Korps Czibulka (ö.-u. 31. I. D., öst.
1. Ldst. Br., ö.-u. 1. K. D., ung. 1. Ldst. Hus. Br.).
2) In die Front des X. Korps war am 28. August die Armeereserve (öst. 13. I. D.) eingeschoben worden.
27. August.
28. litt b 29. AugNst.
568
Der rechte Heeresflügel von Mitte Juli bis zum Jahresende.
30. und 31. August.
hatte, folgte links rückwärts gestaffelt nördlich der Bahn, die bereits am 28. über den Styr gegangene 4. Kavallerie-Division stieß über Troscianiec südwärts vor.
Generaloberst von Conrad hatte schon im Laufe des 28. August Feldzeugmeister von Puhallo mehrfach eindringlich darauf hingewiesen, daß es für rasche Wegnahme von Luck und ausgiebige Umfassung besonders wichtig sei, den Styr mit starkem linken Flügel abwärts von Rozyszcze zu überschreiten, wo volle Freiheit des Handelns bestehe. Gegen die Absicht des Armeeführers, das XIV. Korps am 29. auf Luck vorgehen, das X. und IX. Korps aber erst am nächsten Tage frontal gegen die russischen Stellungen an der Sierna angreifen zu lassen, erhob der ö.-u. Generalstabschef neuerdings Einspruch, weil das zu einem dem Gegner sehr erwünschten Festrennen führen würde. Nur durch weites Herumgreifen um den feindlichen Nordflügel werde die Ikwa- und Styr-Linie auf der Strecke Dubno—Luck unhaltbar gemacht. Daher sollten unverzüglich möglichst starke Kräfte über den Styr abwärts von Luck nach Osten vorgehen.
Feldzeugmeister von Puhallo setzte daraufhin das XIV.Korps gegen den Raum östlich von Luck an und wies die 4. Kavallerie-Division auf Nowno. Das X. Korps1) wurde in der Nacht zum 30. aus der Front gezogen; es sollte am 31. bei und nördlich von Rozyszcze über den Styr gehen und am 1. September südostwärts vorrücken. Bis zu diesem Zeitpunkt konnten auch die Gruppe Smekal und die 7. Kavallerie-Division am Nordflügel eintreffen, so daß dann sieben Infanterie- und zwei Kavallerie-Divisionen zur Verwendung auf dem Ostufer des Styr bereitstanden. Der frontale Angriff der übrigen Korps wurde bis zum Wirksamwerden der Umfassung verschoben.
So ging das XIV. Korps am 30. August gegen die Straße Luck— Nowno, die 4. Kavallerie-Division beiderseits der Rownoer Bahn ostwärts vor. Offenbar unter dem Druck dieser Bewegungen räumte der Feind in der folgenden Nacht seine Stellungen vor der Mitte und dem rechten Flügel der 1. Armee und wich über den Styr zurück. Das II. und I. Korps sowie die Gruppe Szurmay folgten am 31. bis zur Linie Skry-holow—Antonowka, das XIV. nahm Luck. Am Nordflügel der 2. Armee stürmten die Truppen des Feldmarschalleutnants von Czibulka^) in der Nacht zum 31. die russischen Stellungen westlich von Radziechow und erreichten, dem abziehenden Feinde auf dem Fuße, noch an diesem Tage den Styr. Auf der südwärts anschließenden Front vermochte nur das Korps
9 Ohne die 13. I. D., die zur Gruppe Szurmay trat.
2) Seit dem 29. August XVIII. Korps mit ö.-u. 31. und 32. I. D., öst. 1. Ldst. Vr., ö.-u. 1. K. D. und ung. 1. Ldst. Hus. Br,
Die ö.-u. 1. Armee nimmt Luck.
569
Marschall einen größeren Raumgewinn zu erzielen, indem es Zborow nahm und nördlich davon bis zur Eisenbahn Zloczow^Tarnopol vordrang. Hingegen erlitt die zugunsten des Stoßflügels schwach gehaltene Mitte der Südarmee am 30. August einen empfindlichen Rückschlag; ein scharfer russischer Gegenstoß warf sie unter schwerster Einbuße an Menschen und Material bis in die Gegend östlich von Kozowa zurück. Auch das Korps Rhemen der 7. Armee hatte sich am 31. heftiger Angriffe des Gegners zu erwehren.
In der Nacht zum 1. September erfolgte auf dem linken Heeresflügel i. September, eine Neugliederung der Kräfte. Das IX., X. und XIV.
Korps, die in Holoby eingetroffene Gruppe Emekal sowie die 4. und die ebenfalls inzwischen hexangekommene 7. Kavallerie-Division traten als neue 4. A r m e e unter den Befehl des Erzherzogs Ioseph Ferdinand, an dessen Weisungen auch die 1. Ar nte e1) während der im Gange befindlichen Operation gebunden wurde. Bereits am vorhergehenden Nachmittag hatte Generaloberst von Conrad alle Armeen von neuem darauf hingewiesen, daß die Offensive nicht nur die Säuberung Ostgaliziens bezwecke, sondern darüber hinaus auf einen möglichst entscheidenden Schlag ziele. Während hierbei die 7., Süd- und 2. Armee im wesentlichen zu frontalem Angriff genötigt seien, wären die 1. und 4. Armee durch Vereinigung starker Kräfte am Nordflügel in der Lage, den rechten Flügel der russischen Südwestsront vernichtend zu treffen und die südwärts anschließenden feindlichen Kräfte wirksam zu bedrohen. Da der Gegner unter Ausnutzung seiner Bahnen am leichtesten starke Kräfte um Rowno zu versammeln vermöge, sei rasches Vordringen in dieser Richtung geboten. Die 1. Armee hatte die Sperr-forts von Dubno wegzunehmen; die Stellung an der oberen Ikwa sollte nicht frontal angegriffen, sondern über Krzemieniec und südlich umgangen werden.
Die 1. und 4. Armee setzten dementsprechend am 1. September den uns 7.sep. Vormarsch auf Dubno und Rowno fort. Tags darauf stellte sich der Feind tcm6cr‘ in der Linie Kozin—Murawica—Olyka und hinter der Putilowka; am 3. führte er heftige Gegenangriffe, vor denen der rechte Flügel der 1. Armee nicht unerheblich zurückgenommen werden mußte. Während dieser an den beiden folgenden Tagen nur einen Teil des verlorenen Bodens zurückzugewinnen vermochte und die nordwärts anschließenden Korps (I., Szur-may, IX., XIV.) sich vergeblich mühten, den Feind aus seinen Stellungen zu werfen, erreichte das auf dem Nordflügel der 4. Armee eingesetzte X. Korps bis zum 5. September die Gegend südwestlich von Derazno und
0 II. Korps (Ö.-U. 25., öft. 46. I. D.). I. Korps (ö.-u. 9., ung. 40. I. D.), Gruppe Szurmay (ö.-u. 7., öft. 13. I. D.).
570
Der rechte Heeresflügel von Mitte Juli bis zum Jahresende.
8. bis 12. Sep. tember.
überschritt mit Teilen westlich von Cuman die Putilowka. Cs sollte nach Zurückweisung des Gegners über den Goryn im Winkel zwischen Stubla und llscie nach Süden vorstoßen, um den Feind aufzurollen und die Vorfeldstellung von Rowno im Handstreich wegzunehmen. Da indessen die Putilowka-Riederung abwärts Luman durch anhaltenden Regen nahezu ungangbar geworden war, verzichtete Erzherzog Joseph Ferdinand auf Umfassung und setzte das durch die Gruppe Smekal verstärkte X. Korps südwestlich von Cuman zum Durchbruch auf Klewan an.
Inzwischen hatten die 4. und 7. Kavallerie-Division, zum Kavallerie-korps Verndt zusammengefaßt, sich nach Norden gegen starke russische Kavallerie wenden müssen, die bereits seit dem 2. September südlich der Bahn Sarny—Kowel gegen Flanke und Rücken der 4. Armee vorging. Gegen diesen neuen Feind waren auch die von der 2. Armee zur Verfügung gestellte 1. Kavallerie-Division und die eben westlich von Kowel eingetroffene Polnische Legion (1. und 3. Brigade) in Marsch gesetzt worden. Weiterhin hatte Generaloberst von Conrad noch am Abend des 2. September mit General von Falkenhayn die Absendung der im Verbände der deutschen 9. Armee stehenden ö.°u. 2. und 9. Kavallerie-Division') über Brest Litowsk auf Kowel vereinbart und der 7. Armee den Abtransport der 10. Kavallerie-Division ebendorthin befohlen. In der Nacht zum 6. stimmte General von Falkenhayn schließlich noch der Verschiebung der ungarischen 11. Kavallerie-Division^) von der Bug-Armee in den Raum um KamienKoszyrski zu. Das Kavalleriekorps Verndt besetzte am 5. September nach Kampf die Kormin-Kbergänge bei Berestiany und Garajmowka, warf stärkeren Feind am 7. bei Kolli über den Styr und ging in den nächsten Tagen im Komin— Styr-Winkel bis Kulikowicze vor. Die 1. Kavallerie-Division drückte den Gegner nördlich des Styr auf Czartorysk und Okonsk zurück, die Polnische Legion zwang die bis Kowel vorgestoßene russische Kavallerie zum Abzug hinter den Stochod. Somit schien die gefährliche Rückenbedrohung glücklich beseitigt.
Der Nordflügel der 4. A r m e e konnte wegen starker Ermüdung der Truppe den Angriff erst am 8. September wieder aufnehmen. Das verstärkte X, Korps durchbrach die feindlichen Stellungen südwestlich von Cuman. Nachts räumte der Gegner auch die südwärts anschließende Front. In der Verfolgung erreichte die 4. Armee am 9. die Stubla, hinter der sich der Feind aufs neue gesetzt hatte, der linke Flügel der 1. Armee kam in der Linie Iwanie—Moszkow zum Stehen. Südlich von Murawica hatte der Feind schon am 7. den Rückzug hinter die Ikwa angetreten. Das II. Korps
i) S. 555 Anmerkung 3. — 2) S. 561.
Die Offensive der ö.-u. 1. und 4. Armee kommt zum Stehen.
571
folgte hier dicht auf, besetzte tags darauf die westlichen Uferhöhen und drang in Dubno ein. Auf Einwirkung des Generalobersten von Conrad, der von der kraftvollen Fortsetzung der Offensive auf Rowno eine Entlastung der inzwischen in Bedrängnis geratenen Armeen in Ostgalizien erhoffte, versuchte Erzherzog Joseph Ferdinand, die neue russische Front wiederum durch Umfassung von Norden zu Fall zu bringen. Er beließ nur die 24 Infanterie-Division an der Stubla abwärts Klewan und ließ die übrigen vier Divisionen des X. Korps^) auf dem Nordufer der Putilowka gegen den Goryn vorgehen. Sie nahmen am 10. Derazno und faßten südlich davon im Goryn-Bogen Fuß, fanden dann aber zähesten Widerstand. Auch der füdostwärts vorstoßende linke Flügel der 1. Armee (I. Korps und Gruppe Szurmay) kam nur langsam vorwärts. Der Erzherzog schwächte die Stubla-Front um drei weitere Divisionen'), von denen er eine der 1. Armee, die beiden anderen dem X. Korps zur Verfügung stellte. Zu ihrem Einsatz bei den beiden Stoßgruppen kam es indessen nicht mehr, da nach einer am Abend des 12. September aus Tefchen eintreffenden Weisung unverzüglich zwei Divisionen über Kozin zur 2. Armee in Marsch gefetzt werden mußten.
Die Offensive der 2. Armee war zunächst gut fortgeschritten. Ihr ' rechter Flügel hatte in der Nacht zum 1. September die starken russischen Stellungen zwischen Zloezow und Bialykamien durchbrochen. Daraufhin war der Feind vor der ganzen Armeefront wie auch vor dem linken Flügel der Südarmee (Korps Marschall) abgezogen. In der folgenden Nacht hatte er die Strypa-Stellung in ihrer ganzen Ausdehnung geräumt und war an den Sereth und in die Linie Zalozee—Radziwillow—Kozin zurückgegangen. Der linke Flügel der 7:3), die Süd- und die 2. Armee folgten unter Gefechten mit feindlichen Nachhuten und schoben sich in den nächsten Tagen an die neuen russischen Stellungen heran.
Bei der Sübarmee erforderte der Angriff auf den anscheinend sehr e stark ausgebauten Brückenkopf von Strusow—Tarnopol so gründliche Vor-
1) Die 62., 45., 4.' und die inzwischen aus der Gruppe Szurmay herausgezogene 13. I.D.
2) Die 26. I. D. des IX. und die 2. und 21. I. D. des XIV. Korps; dre 21.1. D. stand seit dem 9. Sept. als Armeereserve bei Olyka. An der Stubla verblieben mithin nur die 10. I. D. des IX., die 3. des XIV. und die 24. I. D. des
X. Korps. ,
s) Das Korps Rhemen und die nunmehr ebenfalls über den Dniester nach Osten
einschwenkende Gruppe Henriquez.
. vis 5. Sep-tember.
>. und 7. September.
572
Der rechte Heeresflügel von Mitte Zuli bis zum Jahresende.
8. bis 11. September.
Bereitungen, daß er erst auf den Morgen des 7. September angesetzt werben konnte. Die 2. Armee hingegen griff Bereits am 6. September an; sie hatte vollen Erfolg. Der Feind wurde auf der ganzen Front aus feinen starken, zäh verteidigten Stellungen geworfen und ging eiligst hinter die Ikwa zurück. Scharf nachdrängend erreichten die ö.-u. Korps am 7. die Linie Gontowa—Rydoml—Rudnia; am linken Flügel der Südarmee stieß die halbe ungarische 38. Infanterie-Division durch Zalozee bis Mfzaniec vor.
Im übrigen hatte sich aber Bei der Südarmee die Lage inzwischen von Grund aus geändert. Am Spätnachmittag des 6. September war die Mitte des Korps Hofmann nördlich von Darachow von überraschend vorstoßenden überlegenen russischen Kräften eingedrückt worden. Trotzdem hoffte General Gras von Vothmer noch feinen auf den nächsten Morgen angesetzten Angriff auf den Brückenkopf von Tarnopol durchführen zu können, wovon am ehesten eine (Entlastung des Korps Hofmann zu erwarten stand! Als aber dessen linker Flügel (die ö.-u.komb. Brigade Bolzano) in der Frühe des 7. September neuerdings angegriffen und völlig durchbrochen wurde und die anschließenden Fronten sich in ihren Flanken ernstlich bedroht sahen, mußte die geplante Operation hinter die dringlichere Aufgabe zurückgestellt werden, den feindlichen Einbruch abzudämmen. General Freiherr Marfchall ließ hierzu Teile der 3. Garde-Infanterie- und der 48. Reserve-Division von Chodaezkow Wielki füdoftwärts vorstoßen; sie warfen den Gegner im Laufe des Tages auf Nastasow zurück und konnten ihm sechs morgens verlorene deutsche und ö.-u. Batterien wieder abnehmen. Hingegen vermochte das in feiner Gefechtskraft sehr geschwächte Korps Hofmann dem fortdauernden starken Druck der Russen nicht standzuhalten und ging unter schweren Verlusten auf die Strypa und auf Dobropole zurück. Infolgedessen mußte auch der linke Flügel der 7. Armee (ö.-u. 36. Infanterie-Division) bis in die Gegend südlich von Laffowee—Kossow weichen.
Sur Entlastung des bedrängten Nachbarn ließ der Führer der 2. Armee, General von Böhm-Crmolli, den rechten Flügel des V. Korps am 8. September füdoftwärts auf Zbaraz angreifen, verstärkte ihn noch um eine aus dem IV. Korps herausgezogene Division und unterstellte ihn tags darauf dem Führer des XIX. Korps1). Aber schon am 10. September lief der Angriff des XIX. Korps an starken feindlichen Stellungen in der Linie Ihrowica—Gniezdiezno fest. Auch das V. Korps kam nördlich des oberen
1) Neugliederung der ö.-u. 2. Armee am 9. Sept.: XIX. Korps (’/2 ung. 38., ö.-u. 14. und 34., ung. 51. I. D.), V. Korps (öst. 43., ö.-u. 33. Z. D., dahinter in Reserve die am 8. Sept. aus dem XVIII. Korps herausgezogene ö.-u. 32. I. D.), IV. Korps (ö.-u. 29. und 27. I. D.), XVIII. Korps (ö.°u. 31. Z. D., öst. 1. Ldst. Dr., ung. 1. Ldst. tzus. Br.).
Schwere Rückschläge bei der Süd- und ö.-u. 7. Armee.
575
Goryn nicht vorwärts. Der linke Armeeflügel stand ebenso wie die 1. Armee seit dem 8. an der Ikwa, deren Ostufer der Gegner besetzt hielt.
Das unvollkommene Ergebnis des Cntlastungsstoßes der 2. Armee war um so mißlicher, als die Lage an der südlich anschließenden Front mittlerweile noch kritischer geworden war. Am 8. September hatten zwar der rechte Flügel des Generals Freiherrn Marschall noch über Rastasow hinaus Vordringen und das Korps Hosmann den Feind vor seinen Stellungen zum Stehen bringen können. Tags darauf aber wurde der linke Flügel der 7. Armee von starken russischen Kräften auf die Strypa und in die Linie Tluste—Iazlowiec zurückgeworfen; am 10. September mußte die Gruppe Henriquez sogar hinter den Dniester und auf die Wicha-Höhe nördlich von Zaleszczyki ausweichen. General Freiherr von Pflanzer-Baltin, der das Korps Rhemen bereits an den beiden, vorhergehenden Tagen durch anderthalb Kavallerie-Divisionen der Gruppen Henriquez und VenignL) verstärkt hatte, ließ vom Morgen des 10. ab auch noch die ihm von der Heeresleitung überwiesene, in Nizniow in der Ausladung begriffene ungarische 37. Infanterie-Division mit Kraftwagen nach Buczacz vorführen; Teile der Division mußten freilich abends in den Brückenkopf von Zaleszczyki zur Gruppe Henriquez verschoben werden. Zur sicheren Abwehr des feindlichen Einbruchs und Wiedergewinnung der Sereth-Linie sollte weiterhin vom 11. September ab das ursprünglich zum Abtransport nach Südungarn bestimmte ö.-u. VT. Korps-) von Rawa Ruska nach Nizniow und Halicz Heranrollen.
Die 7. Armee verfügte damit über so ausreichende Kräfte, daß ein neuer Rückschlag bei ihr nicht zu befürchten war. Hingegen ermangelte die S ü d -armes, gegen die vornehmlich die russische Gegenoffensive gerichtet war, jeglicher Reserven. Ihr linker Flügel hatte am 10. September im schärfsten Abwehrkamps gestanden. Noch war es im ganzen gelungen, die Stellungen zu behaupten. Ob dies bei Fortsetzung des feindlichen Angriffs auch fernerhin möglich sein würde, mußte besonders im Hinblick auf die schwer mitgenommene ö.-u. 19.Infanterie-Division fraglich erscheinen. General Graf von Bothmer sah sich genötigt, die im Verbände des XIX. Korps fechtende halbe ungarische 38. Infanterie-Division auf das westliche Sereth-Afer zurückzurufen, um wenigstens eine schwache Reserve hinter seinem Nordflügel zu haben. Da deren Herauslösung aus der Kampffront der 2. Armee nicht sogleich möglich war, stellte General von Vöhm-Crmolli dem Korps Marschall zunächst ein Regiment der ungarischen 51. Infanterie-Division zur Verfügung. Cs traf am 11. September gerade rechtzeitig ein,
1) v.-u. y* 8. und 6. K. D. — 2) ö.-u. 12. und ung. 39. I. D. Vgl. S. 550.
574
Der rechte Heeresflügel von Mitte Juli bis zum Jahresende.
um gemeinsam mit Teilen der selbst heftig angegriffenen 3. Garde-Insan-terie- und 48. Reserve-Division zum Gegenstoß gegen den Feind zu schreiten, der morgens bei Dolzanka in breiter Front durchgebrochen war. Wenn hier die bisherigen Stellungen der ö.-u. 19. Infanterie-Division abends auch wieder gewonnen wurden, so glaubte das Oberkommando der Südarmee, den von den Russen anscheinend gerade bei Samopol1) erstrebten Durchbruch auf die Dauer nur bei Heranführung ausreichender Verstärkungen vereiteln zu können. Es wurde von der ö.-u. Heeresleitung auf Unterstützung seitens der 2. Armee verwiesen, die ihm denn auch zwei Divisionen unter Feldmarschalleutnant von CzibulkV) zur Verfügung stellen konnte, da der Entlastungsstoß ihres rechten Flügels inzwischen zum Stehen gekommen war.
>2. September. Reue wuchtige Angriffe des Feindes am 12. September, die vornehmlich gegen den zurückgebogenen rechten Flügel des Korps Marschall gerichtet waren, ließen befürchten, daß nun auch die bewährten deutschen Divisionen des Generals Freiherrn Marschall bei weiterem Verbleiben in ihren Stellungen in schwere Bedrängnis geraten könnten, zumal da der Gegner auf der südlich anschließenden Front nirgends ernsthaft gebunden war. General GrasvonVothmer entschloß sich daher mit Zustimmung der Heeresleitung, das Korps Marschall in der Nacht zum 13. September auf die Höhen östlich der Wosuszka zurückzunehmen und eine verstärkte Brigade der 48. Reserve-Division als Armeereserve auszuscheiden. Zur Stützung des Korps Hofmann überwies Generaloberst von Conrad der Südarmee die ungarische 39. Infanterie-Division, an deren Stelle die ungarische 37. Infanterie-Division zum VI. Korps trat.
Der schwere Rückschlag, den die 7. und Südarmee in den letzten Tagen erlitten hatten, das Festlaufen der Offensive auf der übrigen Front des rechten Heeresflügels und die heftigen Angriffe, die der Feind fett dem Nachmittag des 11. September nun auch gegen den Südflügel der 2. Armee richtete, schufen für die ö.-u. Heeresleitung eine vollkommen veränderte Lage. Generaloberst von Conrad konnte sich den am Nachmittag des 12. September erhobenen Vorstellungen des Generals von ,M-kenhayn nicht verschließen, daß eine weitere ungünstige Entwicklung der Kämpfe in Ostgalizien die Gesamtlage unheilvoll beeinflussen würde und Abhilfe nur vom Verzicht auf eine Fortsetzung der Offensive und vom entschlossenen Übergang zur Verteidigung zu erhoffen sei. Cr befahl daher am späten Abend des 12. September dem Erzherzog Joseph Ferdinand, nur
1) Nach Agentenmeldungen, die sich indessen später als falsch erwiesen, sollten bei
Tarnopol drei neue russische Divisionen ausgeladen worden sein -^dinierte
2) Die ö.-u. 32. Z. D. und eine aus drei Regtrn. des o.-u. IV. Korps kombunerte
Div. unter Generalmajor Kroupa.
Die Einstellung der Offensive.
575
noch den am Nordflügel der 4. Armee angesetzten Teilangriff durchzuführen, im übrigen aber die Offensive einzustellen und die 2. und 26. Infanterie-Division unverzüglich zur 2. Armee in Marsch zu fetzen1). Diese, die Süd-und die 7. Armee sollten sich bis zum Eintreffen der Verstärkungen und neuen Ersatzes darauf beschränken, die erreichten Linien auszubauen und unbedingt festzuhalten.
Das glückte indessen nicht in vollem Maße. Bei der 7. Armee ,z. bis mußte die Gruppe Henriquez am 13. September in die alten Brückenkopf- ^.September, stellungen von Zaleszczyki zurückgenommen werden, bei der 2. der morgens in breiter Front durchbrochene Südflügel in die Linie Zarudzie—Lopuszno weichen. Diesem wurde die kombinierte Division Kroupa von der Südarmee sogleich wieder zugeführt; die der Gruppe Czibulka allein verbleibende 32. Infanterie-Division hatte die Lücke zu sperren, die zwischen den inneren Flügeln der Süd- und 2. Armee durch das Ausweichen des Korps Marschall entstanden war.
Tags darauf ging der Feind nach längerer Artillerievorbereitung, die sich stellenweise zum Trommelfeuer steigerte, mit starken Kräften zum Angriff gegen die ganze Front der S ü d a r m e e vor. Während er vom Korps Marschall unter schwersten Verlusten abgewiesen wurde und nur vorübergehend bei Worobijowka in die Gräben der Gruppe Czibulka eindringen konnte, gelang es ihm nachmittags, die Vrückenkopfstellungen des Korps Hofmann bei Vurkanow zu durchbrechen und auf dem westlichen Strypa-Afer Fuß zu fasien. Das hatte die Räumung auch der nördlich und südlich anschließenden Brückenköpfe zur Folge. Da die Südarmee auch jetzt wieder nicht über ausreichende Reserven zur Stützung des nur noch aus Trümmern bestehenden Korps Hofmann und zur Wiedergewinnung der Brückenköpfe verfügte^) und eine Cntlastungsoffensive ihres linken Flügels vorderhand nicht möglich war, so setzte auf Weisung der Heeresleitung General Freiherr von Pflanzer-Baltin Teile des mittlerweile bei Buczacz eingetroffenen VI. Korps am 15. September beiderseits der Strypa zum Flankenstoß nach Norden an.
Der Angriff der östlich des Flusses auf Dobropole vorgehenden ungari- >s. und schm 37. Infanterie-Division kam zwar nach anfänglichem Raumgewinn vor i«. September, rückwärtigen feindlichen Stellungen zum Stehen, brachte dem Korps Hof-mann aber doch insofern eine fühlbare Entlastung, als der Gegner seinen Schwerpunkt nunmehr gegen den linken Flügel der 7. Armee verschob. Am 16. September sollten die westlich der Strypa bis Kotuzow gelangten Teile
i) 0.571.
-’) Die westlich von Podhajce in der Ausladung begriffene ung. 39. Z. D. war noch nicht verwendungsbereit.
576 Der rechte Heeresflügel von Mitte Juli bis zum Jahresende.
17. September.
13. bis 18. September.
der 12. Infanterie-Division ebenfalls auf Dobropole vorgehen, um den Angriff hier wieder in Fluß zu bringen. Sie mußten jedoch bei der 37. Infanterie-Division eingesetzt werden, die durch starke russische Gegenstöße in schwere Bedrängnis geriet.
Das Scheitern des Entlastungsangriffes der 7. Armee ließ General Graf von Vothmer einen neuerlichen Durchbruch des Feindes beim Korps Hofmann befürchten. Am Morgen des 17. September stellte sich indessen überraschenderweise heraus, daß der Gegner während der Nacht vor der ganzen Front der 7. und Südarmee auf den Sereth zurück-gegangen war. Damit konnte endlich die schwere Krise, in die beide Armeen geraten waren, als überwunden angesehen werden. Im Laufe des Tages wurden die Strypa-Vrückenköpse durch das Korps Hofmann, die Wicha-Höhe nördlich von Zaleszczyki durch die Gruppe Henriquez wieder besetzt. Im übrigen aber folgten dem Feinde auf Befehl der Heeresleitung nur schwache Abteilungen. Eine Wiederaufnahme der Offensive in Ostgalizien beabsichtigte Generaloberst von Conrad im Hinblick auf die Gesamtlage vorderhand nicht. Die jetzigen Stellungen sollten daher stark ausgebaut werden. Die 39. Infanterie-Division würde der 7. Armee wieder zugeführt, die ihren linken Flügel bis südlich von Vurkanow auszudehnen hatte. Die Südarmee schied die 3. Garde-Jnsanterie-Division als Armeereserve aus dem Korps Marschall aus, dem seit dem 14. September auch die ö.-u. 32. Infanterie-Divisiorü) unterstand. Das Gruppenkommando Czibulka trat zur 2. Armee zurück, die in den letzten Tagen nicht nur alle Anstürme des Feindes abgewehrt, sondern mit Hilfe der mittlerweile bei ihr eingetroffenen 26. Infanterie-Division^) in der Gegend östlich von Lopuszno sogar einen Teil des verlorenen Bodens wiedergewonnen hatte.
Unterdessen war auch am Nordflügel der ö.-u. Heeresfront eine grundlegende Änderung der Lage eingetreten. Der linke Flügel der 4. Armee (das X. Korps) hatte gemäß dem Befehle der Heeresleitung vom Abend des 12. September den Angriff zunächst noch fortgesetzt und am 13. nördlich des Goryn bis über Postojno vorstoßen können; er war dann aber in die Abwehr gedrängt und am 15. von überlegenen russischen Kräften in der Front und linken Flanke angegriffen worden. Infolgedessen mußte das X. Korps nachts in die Linie Klewan—Karpilowka zurückgebogen werden.
!) Die ö.-u. 32. und die seit dem 13. Sept. wieder vereinigte ung. 38. I. D. hatten ihre Stellungen am 15. durch überraschenden Angriff beiderseits der Bahn nach Tarno-pol vorverlegen können.
-) S. 575.
Die ö.-u. 1. und 4. Armee gehen hinter die Ikwa und den Styr zurück.
577
Am 16. September wurde es nördlich von Klewan durchbrochen. Das hatte die Zurücknahme der ganzen Armee in die Linie Zarzyck—Metelno und hinter die Putilowka zur Folge. Nordwärts anschließend bis Kolki am Styr nahm das Kavalleriekorps Verndt, dessen Führung Generalmajor Graf Herberstein übertragen wurde, von neuem Stellung. Im Raume zwischen Styr und Stochod wich die 1. Kavallerie-Division auf die Linie Raznicze—
Kaszowka zurück.
Indessen auch in der neuen Stellung vermochten das X. Korps und das Kavalleriekorps Herberstein am 17. September den fortdauernden heftigen Angriffen des Feindes nicht standzuhalten; mehrfach durchbrochen, mußten sie in eine rückwärtige Linie weichen. Da deren Festhalten bis zum Eintreffen von Verstärkungen bei der Erschöpfung der Truppe nicht verbürgt schien, befahl Erzherzog Joseph Ferdinand für die kommende Nacht den Rückzug der 1. und 4. Armee hinter Ikwa und Styr. Dieser konnte in völliger Ordnung durchgeführt werden, da der Feind nirgends nachdrängte. Am Abend des 18. September standen Mitte und linker Flügel der 1. Armee abwehrbereit hinter der Ikwa abwärts Dubno, die 4. Armee hinter dem Styr bis nördlich von Rozyszcze — mit dem XIV. Korps in einer Vrückenkopfstellung östlich von Luck —, anschließend das Kavalleriekorps Herberstein (ö.-u. 2., 4., 7. Kavallerie-Division, ein Regiment
der Polnischen Legion) bis Sokul; das aus der ö.-u. 1., % 2., 9., ungarischen 11. Kavallerie-Division und dem Gros der Polnischen Legion (1. und 3. Brigade) neugebildete Korps des Generals der Kavallerie Freiherrn von Hauer sicherte die Landenge bei Rawoz und am Stochod bis Lubieszow.
2. Die (Dffmfme der Heeresgruppe Einsingen gegen Rowno.
Karte 6, Skizze 32.
Der deutsche General st abschef hatte die ungünstige Ent-14*^^sep-wicklung der Kämpfe des ö.-u. Nordheeres mit wachsender Sorge verfolgt. em et*
Schon am 14. September war er an Generaloberst von Conrad mit dem
Vorschlage herangetreten, die ö.-u. Front in Galizien zur Erhöhung ihrer
Widerstandskraft hinter die Zlota Lipa zurückzunehmen und durch das bei
Cholm und Lublin zum Abtransport nach Südungarn bereitstehende ö.-u.
XVII. Korps zu verstärken. Die verbündeten Heeresleitungen waren in-
dessen übereingekommen, wegen der ungünstigen moralischen Wirkungen
eines Rückzuges die augenblickliche Front zu halten. Das XVII. Korps
sollte, selbst auf die Gefahr hin, zum Feldzuge gegen Serbien zu spät zu
kommen, einstweilen hinter die 2. Armee nach Krasne geschoben werden.
t Weltkrieg. VIII. Band. 37
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Der rechte Heeresflügel von Mitte Juli bis zum Jahresende.
Weiterhin hatte General von Falkenhayn aus eigenem Antrieb einen Cnt-lastungsstoß von zwei bis drei Divisionen der Vug-Armee aus der Gegend westlich von Pinsk in der allgemeinen Richtung auf Rowno in Erwägung gezogen, diesen Gedanken dann aber wieder fallen lassen und statt dessen der Vug-Armee den Abtransport einer Division nach Südungarn befohlen.
In den Mittagsstunden des 17. September, noch vor der Zurücknahme des Nordflügels der ö.-u. Heeresfront hinter Ikwa und Styr, wandte sich Generaloberst von Conrad an die deutsche Oberste Heeresleitung mit der Bitte, alle nach Gewinnung des Raumes um Pinsk freiwerdenden Kräfte „über Lubiaz—Kolki in die Flanke des die 4. Armee angreifenden Gegners zu dirigieren". Daraufhin wies General vonFalkenhayn den Führer der Vug-Armee, General von Linsingen, an, zwei Divisionen so rechtzeitig in die Gegend um Vrodnica zu verschieben, daß sie erforderlichenfalls am 19. September gemeinsam mit der 5. Kavallerie-Division den Abmarsch nach Süden antreten konnten. Mit Generaloberst von Conrad wurde die Zusammenfassung dieser Kräfte, der Kavalleriekorps Hauer und Herberstein sowie der 4. Armee zur Heeresgruppe Linsingen vereinbart, die an die Weisungen der ö.-u. Heeresleitung gebunden sein sollte1). General von Linsingen bestimmte für die neue Operation die 1. und 22. Infanterie-Division unter dem Generalkommando des XXIV. Reservekorps (General der Infanterie von Gerok). Ihre Bereitstellung im Raume um Vrodnica verzögerte sich aber um einen Tag, da die Versorgung der Truppe mit Verpflegung und Munition für die nächste Zeit nicht eher bewerkstelligt werden konnte. Vom XXXXI. Reservekorps, dessen Führung General der Artillerie von Gronau übernahm, besetzte die 82. Reserve-Division die ganze Sicherungslinie der Vug-Armee, die mittlerweile bis über den Stru-mien und an die Wisliza vorgetrieben war, während die 81. Reserve-Division als Reserve in die Gegend westlich von Pinsk zurückgezogen wurde. Das Korps blieb auch fernerhin als „Vug-Armee" General von Linsingen unterstellt und wurde daneben zu Täuschungszwecken im amtlichen Heeresbericht als „Heeresgruppe Mackensen" bezeichnet.
General von Linsingen sah es in Übereinstimmung mit Generaloberst von Conrad als seine Aufgabe an, nicht nur den weiteren Rückzug der 4. Armee unbedingt zu verhindern, sondern dem Nordflügel der russischen Südwestfront einen entscheidenden Schlag zu versetzen. Bei dem bedenklichen Zustande der Truppen des Erzherzogs Joseph Ferdinand glaubte er hierfür einer wesentlichen Verstärkung durch deutsche Kräfte zu bedürfen. Daran war indessen nach der Gesamtlage nicht zu denken. General
2) Die ö.-u. 1. Armee wurde dem Oberkommando der ö.-u. 2. Armee mit unterstellt.
Die Bildung der Heeresgruppe Linsingen.
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von Linsingen erhielt daher lediglich den Auftrag, „den weiteren Vormarsch des Nordflügels der russischen Kräfte südlich des Pripjet zu verhindern".
Für die Durchführung wurde ihm volle Handlungsfreiheit gelaffen.
Die Vefehlsübernahme über die neue Heeresgruppe erfolgte in der Nacht zum 20. September. Aus den vorliegenden Nachrichten gewann General von Linsingen den Eindruck, daß es sich bei den feindlichen Angriffen gegen den Nordflügel der Verbündeten, an denen nur das russische XII., XXXIX. und das wiederholt geschlagene XXX. Korps sowie zwei Kavalleriekorps beteiligt zu sein schienen, keineswegs um eine weitzielende Offensive, vielmehr um einen der in der russischen Kriegführung üblichen Vorstöße zur Verschleierung defensiver Absichten handelte.
Er entschloß sich daher, seinen Auftrag auch ohne weitere Verstärkung offensiv durch Vorstoß des Korps Gerok und dreier aus der Front der 4. Armee herauszuziehender Divisionen gegen die feindliche rechte Flanke zu lösen. Hierzu sollten die beiden ö.-u. Kavalleriekorps und die deutsche 5. Kavallerie-Division den Raum zwischen Stochod und Styr vom Feinde säubern und die Styr-Kbergänge sperren, das Korps Gerok am 22. September bei Liszniowka eingetroffen sein, die 4. Armee drei Divisionen hinter ihrem linken Flügel bereitstellen und im übrigen ihre Stellungen gegenüber „einem an Zahl und innerem Werte unterlegenen Feinde" unter allen Umständen halten. Da Erzherzog Joseph Ferdinand über ausreichende Reserven zur Bildung der Stoßgruppe nicht verfügtes, unterstellte ihm Generaloberst von Conrad vom 21. September ab die ö.-u. 11. Infanterie-Division nebst dem Korpskommando des XVII. Korps").
Am 20. September trat das Korps Gerok den Vormarsch nach 20. bis 23. sep-Süden an. Die 5. Kavallerie-Division hatte schon tags zuvor bei Lubie- tcmbcr*
szow den Stochod überschritten und feindliche Sicherungen aus Zeleznica und Sudcze vertrieben. Nun ging auch das Kavalleriekorps Hauer nach Osten vor. Der 4. und 1. Armee war der Gegner anfangs nur zögernd gefolgt, vom Nachmittag des 19. September ab jedoch hatte er den Brückenkopf von Luck mit starken Kräften angegriffen. In den beiden folgenden
0 Die ö.-u. 4. Armee am 20. Sept.: IX. Korps (ö.-u. 10. und % 2. I. D.),
XIV. Korps (ö.-u. 3., öst. % 21. und 45., ö.-u. % 2. und 24. F. D.), X. Korps (ö.-u. 62., öst. 13., ö.-u. 4. F. D.); Armeereserven: öst. % 21. F. D., ö.-u. 10. K. D.
Gesamtstärke: etwa 60 000 Gewehre.
2) Das XVII. Korps war, als die Krise bei der 2. und Südarmee als überwunden gelten konnte, nicht nach Krasne, sondern mit der ung. 41. I. D. hinter die 1. Armee nach Stojanow, mit der ö.-u. 11.1. D. und dem Korpskommando nach Wladimir Wolynsk verschoben worden. Cs fiel damit für die geplante Teilnahme am Feldzug gegen Serbien ebenso wie schon vorher das VI. Korps endgültig aus.
37*
580 Der rechte Heeresfiügel von Mitte Juli bis zum Jahresende.
Nächten konnten alle Anstürme des Feindes abgewiesen werden, am frühen Morgen des 23. September aber glückte es ihm, die Nordfront zu durchbrechen, sich einer Styr-Vrücke zu bemächtigen und auf dem Westuser Fuß zu fassen. Infolgedessen mußte Luck preisgegeben und das XIV. Korps in die Linie Polanna Gorka—Sierniki zurückgenommen werden. Erzherzog Joseph Ferdinand sah die Lage so ernst an, daß er den Abmarsch der für den geplanten Flankenstoß bestimmten Divisionen (österreichische 13. und 21. Infanterie-Division, ö.-u. 11. Infanterie-Division des XVII. Korps) nach Norden anhielt und die Heeresleitung ferner um Zuweisung der inzwischen nach Gorochow vorgezogenen ungarischen 41. Infanterie-Division bat, die auch sogleich erfolgte. Die 21. Infanterie-Division stellte er dem XIV. Korps zur Verfügung, die übrigen drei wollte er am nächsten Tage zum konzentrischen Gegenangriff einsehen, wodurch ihre zeitgerechte Bereitstellung hinter dem Kavalleriekorps Herberstein unmöglich geworden wäre.
General von Linsingen erhielt eingehende Meldungen über die Vorgänge bei Luck erst in der Nacht zum 24. September, als er von einer Fahrt nach Kowel in sein Hauptquartier Iablon (60 Kilometer südwestlich von Brest Litowsk) zurückkehrte. Gleichzeitig erfuhr er Näheres über einen Rückschlag beim deutschen XXXXI. Reservekorps; dessen linker Flügel hatte sich nach der schleunigen Ablösung der 22. Infanterie-Division östlich von Logiszin seit dem 21. September heftiger Angriffe überlegener Kräfte erwehren und schließlich am 23. unter nicht unerheblichen Verlusten hinter die Iasjolda und den Oginski-Kanal weichen müssen. Auch südwestlich von Pinsk, bei Newel, waren die deutschen Sicherungen nach Norden zurückgedrängt worden. General von Linsingen sah trotz dieser ungünstigen Nachrichten keinen Anlaß zu ernstlicher Besorgnis. Er glaubte nicht an einen überlegenen russischen Angriff auf die Landzunge von Pinsk und vertraute darauf, daß es auch für die schwachen, aus über 60 Kilometer auseinandergezogenen Kräfte des XXXXI. Reservekorps in dem unwegsamen, wasserreichen Gelände möglich sein müsse, weiteres Vordringen des Feindes zu verhindern. Aber selbst wenn dies nicht gelang, schien ihm die Gesamtlage nicht unmittelbar gefährdet zu sein. Auch die Befürchtungen des Erzherzogs Joseph Ferdinand wegen der Lage bei Luck teilte er nicht. Übrigens hatte das Oberkommando der 4. Armee inzwischen selbst eine ruhigere Auffassung gewonnen, da der Feind auf dem westlichen Styr-üfer nicht weiter vorgegangen war. General von Linsingen bestand daher darauf, daß die 11. und 41. Infanterie-Division den Marsch nach Norden fortsetzten; nur die 13. Infanterie-Division sollte einstweilen noch hinter dem linken Flügel des XIV. Korps stehenbleiben, aber auch nur im Notfall dort eingesetzt werden.
Der Llmfassungsangriff der Gruppe Gerok.
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In der Lücke zwischen der 4. und der Vug-Armee war unterdessen das Kavalleriekorps Hauer bis an und über die Straße Kolki—Maniewicze und bis zur Linie Holuzia—Iezierce vorgedrungen. Hinter ihm hatte das Korps Gerok auf teils versumpften, teils tiefsandigen Wegen unter großen Mühen die Bahn südlich von Maniewicze erreicht. Starkem Widerstande war nur die 5. Kavallerie-Division begegnet; sie lag seit dem 20. September in schwerem Kampfe auf dem westlichen Wiesielucha-Afer und hatte den Feind trotz Unterstützung durch Teile der 22. Infanterie-D ivision nicht werfen können.
In den nächsten Tagen zeigte es sich, daß General von Linsingen bie24'»»625«®*'” Lage durchaus zutreffend beurteilt hatte. Weder bei Luck noch bei Pinsk ew ct* setzten die Russen ihre Angriffe fort. Das Kavalleriekorps Hauer drängte den Gegner weiter nach Osten zurück, auf seinem linken Flügel stieß die 11. Kavallerie-Division am 24. September bis Bielskowola vor, ihr Gros rückte tags darauf zur Unterstützung der auf Zeleznica zurückgeworfenen 5. Kavallerie-Division nach Norden ab. Das Korps Gerok, dessen Führung General von Conta übernahm, erreichte unter Gefechten den Styr und erstürmte am 25. den russischen Brückenkopf Raznicze. Am Abend dieses Tages erließ General von Linsingen den grundlegenden Befehl für den Umfassungsangriff. Die 4. Armee hatte ihre Stellungen zu halten und bei rückgängigen Bewegungen des Feindes sofort nachzustoßen, mit linkem Flügel an der Bahn Kotoei—
Rowno. Die aus dem XVII. Korps, der 13. Infanterie-Division und dem Korps Conta zusammengesetzte Gruppe Gerok sollte mit den deutschen Divisionen am 26. den Styr bei Kolki überschreiten und tags darauf mit allen Kräften aus der Linie Sokul—Kolki die feindliche Nordflanke angreifen. Den Kavalleriekorps Herberstein und Hauer fiel das Vorgehen zwischen Kolki und Mulczyce über den Styr ostwärts gegen die Bahn Rowno—Sarny zu, dem Kavalleriekorps Heydebreck (ungarische 11., deutsche 5. Kavallerie-Division) die Säuberung des Pripjet—Styr-Winkels.
Wie schon so oft entzog sich indessen der Feind auch diesmal unter 2s.bis28.Sep-starkem Flankenschutz dem ihm zugedachten Schlage. Am Morgen des °r‘
26. September trat er vor dem linken Flügel der 1. und vor der 4. Armee den Rückzug nach Osten an. Da er die Styr-Äbergänge überall zerstört hatte, verzögerte sich die Verfolgung. Auch die Hoffnung des Generals von Linsingen, daß der Stoßflügel noch an diesem Tage die Linie Lyszcze— Garajmowka erreichen werde, erfüllte sich nicht; das Korps Conta fand bei Kolki so heftigen Widerstand, daß bis zum Abend nur eine Brigade auf dem Süduser des Styr Fuß fasten konnte. Tags darauf ging der Gegner aber auch hier zurück. Die Verbündeten drängten scharf nach, sahen sich
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Der rechte Heeresflügel von Mitte Juli bis zum Jahresende.
jedoch am 28. vor neuen feindlichen Stellungen in der Linie Mlynow— Olyka, hinter der Putilowka und im Sumpfgebiet beiderseits Verestiany. Das Kavalleriekorps Herberstein stieß über Kolki gegen den Kormin vor, das Kavalleriekorps Hauer erkämpfte sich die Linie Rowosiolki—Kolodzieje, die beiden Divisionen des Generals von Heydebreck standen im Angriff gegen Kuchecka Wola.
Mit dem Zurückweichen bei1 Russen hinter die Putilowka und an den Kormin war dem Auftrag, den die Heeresgruppe erhalten hatte, an sich Genüge getan. General von Linsingen jedoch sah seine Aufgabe noch nicht als erfüllt an. Als Ziel der Operation schwebte ihm nunmehr die Wegnahme von Rowno vor. Hierzu wollte er den Gegner zunächst über die Stubla und den Goryn zurückwerfen. Sofortiges Vorbrechen gegen diesen Abschnitt schien indessen im Hinblick auf eben bekanntgewordene russische Truppenansammlungen vor dem Nordflügel der Gruppe Geros1), die einen Flankenangriff erwarten ließen, nicht angebracht. General von Falkenhayn hatte zudem darauf hingewiesen, daß die österreichisch-ungarischen Truppen bei ihrer augenblicklichen Verfassung wohl kaum die nötige Stoßkraft für eine so weitreichende Offensive besäßen, und daß die militärpolitische Lage unbedingt fordere, keine Operationen einzuleiten, bei der neue Rückschläge näher lägen als das Gegenteil. General von Linsingen ordnete daher an, daß die 4. Armee fürs erste nicht über die Höhen östlich der Putilowka vorgehen, das Korps Conta die Linie Verestiany—Cernysz zu hartnäckiger Verteidigung einrichten und starke Kräfte hinter seinen linken Flügel schieben sollte, während General von Gerok die 11. Infanterie-Division des XVII. Korps und die 4. Kavallerie-Division des ihm jetzt ebenfalls unterstellten Korps Herberstein als Reserve bei Kolki bereitzustellen hatte. Erst nach Durchführung dieser Umgruppierung und Klärung der Verhältnisse beim Feinde wollte er den Angriff auf dem Nordflügel fortsetzen, rs. September Der linke Flügel der 1. und die 4. Armee machten aber am 29. Sep-
°cc" tember kaum noch Fortschritte; der Südflügel der Gruppe Gerok gelangte nach Abweisung russischer Gegenstöße bis an die Putilowka und nahm Karpilowka, das Korps Conta stürmte feindliche Stellungen südlich von Cernysz, das Kavalleriekorps Herberstein wies starke Angriffe ab. Das Kavalleriekorps Hauer warf den Feind südlich der Bahn Kowel—Sarny vollends über den Styr, auf dessen Westufer jetzt nur noch abwärts von
1) Nach den vorliegenden Nachrichten waren das Generalkommando des russischen XXX. Korps und der Stab der 7. K. D. am 27. Sept. nordwärts an die obere Mielnica verlegt, die 77. I. D. aus dem Raume um Pinsk in die Gegend westlich von Sarny verschoben worden.
Die Offensive der Heeresgruppe Linstngen kommt zum Stehen.
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Rafalowka russische Abteilungen standen; General von Heydebreck kam gegen Kuchecka-Wola noch nicht vorwärts.
Von einer Fortsetzung des Angriffs der 4. Armee allein versprach sich Generaloberst von Conrad jetzt keine wesentlichen operativen und taktischen Ergebnisse mehr, zumal da an eine Beteiligung der südwärts anschließenden Front aus Mangel an Kräften vorerst nicht gedacht werden konnte und die Einstellung der deutschen Offensive im Raume nördlich des Pripjet dem Feinde freie Hand zu Truppenverschiebungen in die Gegend von Rowno ließ. Auch General von Linsingen entschloß sich nunmehr, von einem Vorgehen über Putilowka, Komin und Styr abzusehen und die erreichten Linien als Dauerstellung auszubauen; das Kavalleriekorps Heydebreck hatte sich auf die Säuberung des linken Wiesielucha-Afers zu beschränken. Heeresleitung und Heeresgruppe waren aber in dem Wunsche einig, nach Auffüllung der Truppen und Bildung einer starken Stoßgruppe am Nordflügel des Generals von Gerok die Offensive gegen Rowno und den Vahnknotenpunkt Sarny, deren Besitz sie zur dauernden Beherrschung des im Südosten gewonnenen Raumes für wichtig hielten, wieder aufzunehmen. An dieser Offensive hoffte Generaloberst von Conrad dann auch die ostgalizische Front beteiligen zu können. Der deutsche General-stabschef sah es freilich ebenfalls für die allgemeine Lage im Osten als sehr erwünscht an, die Ruffen unter Druck zu halten, was nach Lage der Dinge wohl nur südlich des Pripjet möglich sei. Cr gab aber zu bedenken, daß eine erst in der zweiten Oktoberhälfte einsetzende Offensive wahrscheinlich auf inzwischen herangezogene ebenbürtige Kräfte stoßen würde, und hielt es für zweifelhaft, ob die vorgeschrittene Jahreszeit größere Operationen im Raume Rowno—Sarny zulasse. Er schlug daher vor, auf weitere Angriffe zu verzichten, und bat unter Hinweis auf den starken deutschen Einsah gegen Serbien, die für die Operation in Wolhynien zur Verfügung gestellten deutschen Kräfte oder gleichwertige österreichisch-ungarische für die Front nördlich des Pripjet sowie das deutsche Alpenkorps in Tirol für die Westfront freizumachen. Die Frage, ob die Heeresgruppe Linsingen nochmals angreifen sollte oder nicht, wollte Generaloberst von Conrad erst Mitte Oktober entscheiden. Zu diesem Zeitpunkt hoffte er auch den Ausfall in der deutschen Ostfront wettmachen zu können. Die Ablösung des Alpenkorps hingegen leitete er sofort in die Wege.
An der Front der Heeresgruppe Linsingen war es am 30. September und 1. Oktober noch verschiedentlich zu Kämpfen gekommen. Die 4. Armee hatte Zorniszcze besetzen, das Korps Conta sämtliche feindlichen Stellungen bei Cernysz nehmen können, das Kavalleriekorps Herberstein russische Angriffe abgewiesen. Vor beiden Korps ging der Gegjner
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Der rechte Heeresflügel von Mitte Juli bis zum Jahresende.
2. bis 13. Oktober.
hinter den Karmin zurück. Hingegen brach er am Nachmittag des 2. Oktober mit starker Kavallerie und Teilen der 77. Infanterie-Division über den Styr gegen den linken Flügel des Kavalleriekorps Hauer vor und drückte es an den beiden folgenden Tagen bis über die Straße Nowosiolki— Maniewicze und auf Kamsin zurück. General von Linsingen bildete aus der ö.-u. 11. und der deutschen 1. Infanterie-Division nördlich von Kolki eine neue Stoßgruppe unter General von Sonta1) und setzte sie am 5. Oktober zum Gegenangriff in nordöstlicher Richtung an. Entsprechend ihrem Fortschreiten sollte das Kavalleriekorps Hauer starke Kräfte auf seinem linken Flügel zusammenziehen und auf Holuzia vorgehen. Die Gruppe Conta kam indessen in dem unwegsamen Sumpf- und Waldgelände zunächst nur langsam vorwärts; erst am 8. Oktober wurde der Feind zwischen Czar-torysk und Kolodzieje über den Styr zurückgeworfen. General Freiherr von Hauer hatte inzwischen nach Norden einschwenken müssen, da Teile des russischen Kavalleriekorps Weljaschew am 6. bei Iezierce durchgebrochen und tags darauf bis Rudka Czerwiszcze vorgestoßen waren. Am 9. Oktober konnten sie südwärts sogar bis Kamsin vordringen. Als aber die halbe ö.-u. 11. Infanterie-Division am nächsten Tage Rudka wegnahm und die ungarische 11. Kavallerie-DivisionH von Norden her bis auf nahe Entfernung an Iezierce herankam, entzog sich der Feind der drohenden Einkreisung durch eiligen Abzug nach Nordosten. Am 10. Oktober war es endlich auch der 5. Kavallerie-Division geglückt, den Gegner aus Kuchecka Wota und vom linken Wiesielucha-Afer zu vertreiben. Dieser Erfolg war wohl mit darauf zurückzuführen, daß Teile des XXX XI. Reservekorps, die in der Front beiderseits von Pinsk durch die Anfang Oktober von der Armee-Abteilung Woyrsch überwiesene Garde-Kavallerie-Division abgelöst worden waren, den bei Newel stehenden Feind inzwischen über Sinczyce zurückgeworfen hatten.
Auch südlich des Styr war es unterdessen wieder zu Kämpfen gekommen. Hier hatte der Gegner in den Tagen vom 7. bis 9. Oktober die Gruppe Kritek, die 4. Armee und den Nordflügel der 1. Armee scharf angepackt, sich aber schließlich nur in Karpilowka festsetzen können.
Gleichzeitig war er mit starken Kräften gegen die Front der Verbündeten in Ostgalizien vorgestoßen. Der 2. Armee, die bereits im letzten Drittel des September sich heftiger russischer Angriffe hatte erwehren und schließlich Nowe Aleksiniec hatte aufgeben müssen, ging jetzt Sapanow
0 Die 1. 3- D. wurde durch die öst. 13. I. D. abgelöst, deren Abschnitt die 4. Armee mit übernahm; das Kav. Korps Herberstein, die 22., öst. 13. und ung. 41. 3- D. traten unter den Befehl des Führers des ö.-u. XVII. Korps, Generals der 3»f. Kritek. — 2) S. 581.
Russische Gegenangriffe werden abgewiesen.
585
ant linken Ikwa-Ufer verloren. Die Südarmee konnte ihre Vrücken-kopfstellungen bei Burkanow, gegen die vornehmlich der feindliche Ansturm gerichtet war, behaupten und ant äußersten linken Flügel nordöstlich von Worobijowka eingebrochenen Gegner unter Einsatz von Teilen- der 3. Garde-Infanterie-Division an den Sereth zurückwerfen. Hingegen glückte es den Rüsten ant 11. Oktober, dem Nordflügel der 7. Armee den Brückenkopf von Wisniowczyk zu entreißen und auf dem rechten Strypa-Afer Fuß zu fasten. Vergeblich mühte sich das ö.°u. VI. Korps, die Lage wiederherzustellen. Erst ein entschlossener Gegenangriff von drei Bataillonen der 3. Garde-Infanterie-Division — der letzten Reserve des Generals Grafen von Vothmer — trieb den Feind ant 13. Oktober über den Fluß zurück. Von einer Wiederbesetzung der verlorenen Vrückenkopfstellungen wurde Abstand genommen. Mitte des Monats trat an der ostgalizischett Front Ruhe ein.
Z. Die russische Güdwestfronr von Ende Augusi bis Mirre Oktober.
Skizzen 31 und 32.
Bei Beginn der österreichisch-ungarischen Offensive ant 27. August verfügte die russische Südwestfront (8., 11. und 9. Armee), nachdem sie im Juli und August zehn Infanterie-Divisionen an die Nordwestfront abgegeben hatte, insgesamt über 29 Infanterie- und 11 Kavallerie-Divisionen*). Am Nordflügel der 8. Armee, gegen den der Hauptstoß gerichtet war, standen nur das Kavalleriekorps Rerberg mit 3y2 Kavallerie-Divisionen und Teile des XII. Korps. Sie mußten den weit überlegenen österreichisch-ungarischen Kräften noch am 27. August die große Straße Wladimir Wolynsk—Luck überlasten, wodurch für die 8. Armee eine äußerst bedrohliche Lage entstand. Da auch die südwärts anschließende Front an mehreren Stellen durchbrochen war, entschloß sich der Oberbefehlshaber der Südwestfront, General Iwanow, seine drei Armeen am 28. in die Linie Sierniki (nordwestlich von Luck)—Radziechow— Zloczow und an die Strypa zurückzunehmen. Dem besonders gefährdeten rechten Heeresflügel führte er eiligst zwei aus der 11. und 9. Armee herausgezogene, zum XXXIX. -Korps zusammengefaßte Divisionen zu. Aber
i) 8. Armee: Kav. Korps Rerberg, XII., VIII., XVII., VII. Korps (9 Inf., 3% Kav. Div.); 11. Armee: VI., XVIII., XXII. Korps (7 Inf., % Kav. Div.); 9. Armee: XI., XXX., XXXIII. Korps, 2. und 3. Kav. Korps, XXXII. Korps (13 Inf., 7 Kav. Div.). An die Rordwestfront waren abgegeben worden: 58., 78. I. D., XXI. Korps, 69. I. D., 2 sinnt. Schütz. Div., 65. I. D., 4 sinnt. Schütz. Div., XXVIII. Korps.
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Der rechte Heeresflügel von Mitte Juli bis zum Jahresende.
auch mit ihrer Hilfe vermochte sich die 8. Armee der Umfassung nicht zu erwehren; in der Nacht zum 31. August mußte sie hinter den Styr weichen. Als an diesem Tage der Schulterpunkt Luck verlorenging, war auch der Styr-Abschmtt nicht mehr zu halten. General Vrussilow nahm seine Armee daher hinter die Putilowka und in die Linie Olyka—Murawica— Radziwillow zurück, vereinigte seine 3% Kavallerie-Divisionen zum Schutz der rechten Flanke in der Gegend von Derazno und ließ den wichtigen Vahnknotenpunkt Sarny durch eine verstärkte Brigade des XXXIX. Korps besetzen. Durch kurze Gegenstöße konnten die Österreicher und Ungarn vor der neuen Front zum Stehen gebracht werden; in der Armeemitte nördlich von Kozin gelang es dem VIII. Korps sogar, ihnen am 3. September einen empfindlichen Schlag zu versetzen. Die südwärts anschließende russische 11. Armee hatte, nachdem sie in der Nacht zum 1. September bei Zloczow neuerdings durchbrochen worden war, ebenso wie ihre linke Nachbararmee, die 9., weiter zurückgehen müssen. Unter dem Schutze kampfkräftiger Nachhuten bezogen sie auf beiden Ufern des Sereth eine neue vorbereitete Widerstandslinie. General Iwanow schwächte alsdann den rechten Flügel der 9. Armee um ein Korps — das XXX. —, das er beschleunigt nach Rowno fahren ließ. Che es jedoch hier zur Umfassung des österreichisch-ungarischen Nordflügels eingesetzt werden konnte, wurden die 8. und der rechte Flügel der 11. Armee wiederum geschlagen und hinter die Stubla und Ikwa sowie in die Linie Rydoml—Ihrowica zurückgedrängt. Der in den ersten Septembertagen unternommene Vorstoß starker Kavallerie*) vom Komin, Styr und Stochod her gegen Flanke und Rücken der Österreicher und Ungarn hatte der schwer bedrängten Armee Vrussilow keine Erleichterung gebracht und schließlich mit dem Rückzug hinter die genannten Flüsse geendet. Hingegen entwickelte sich aus einem am 6. September begonnenen Entlastungs-angriff aus den Brückenköpfen von Tarnopol und Strusow die über Erwarten erfolgreiche Offensive der 11. Armee und des rechten Flügels der 9., durch die die Verbündeten unter schweren Verlusten bis zum 13. September aus Nowe Aleksiniec sowie an die Wosuszka und Strypa zurückgeworfen wurden, was die Schwächung des österreichisch-ungarischen Nord-flügels zugunsten der angegriffenen Front zur Folge hatte. Tags darauf vermochten die inneren Flügel der 11. und 9. Armee sogar auf dem westlichen Strypa-Ufer Fuß zu fassen. Jetzt konnte auch die 8. Armee zu dem längst beabsichtigten Gegenschlage ausholen. General Vrussilow ließ seine gesamte Kavallerie am 15. September vom Komin her südwestwärts vor-
1) Das aus zwei Kavallerie-Divisionen der 8. Armee gebildete Kavalleriekorps Weljaschew und 1%von der 3. Armee zu Hilfe gesandte Kavallerie-Divisionen des 4. Kavalleriekorps.
Abwehrmaßnahmen der Rusien.
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brechen und setzte das XXX. Korps umfassend von Norden, das XXXIX. und Teile des XII. Korps von Osten auf Derazno an. Auch dieser Angriff hatte vollen Erfolg; in mehrtägigen erbitterten Kämpfen wurden die ö.-u.
4. und 1. Armee zum Abzug hinter den Styr und die untere Ikwa gezwungen.
Während die 11. und 9. Armee nach Erfüllung ihrer Aufgabe in der ir. September Nacht zum 17. September in ihre früheren Stellungen am Sereth zurück- Mitte s«°ber. gingen, fetzte die 8. Armee ihren Angriff fort, stürmte am 23. September mit dem XXX. und XXXIX. Korps sowie der 4. Schützen-Division den Brückenkopf von Luck und setzte sich auf dem linken Styr-Afer fest. Zur gleichen Zeit machte sich aber eine neue Amfassungsoperation starker, von Norden auf Kolkt vorgehender deutscher Kräfte bemerkbar. Während das bis an den Stochod vorgegangene 4. Kavalleriekorps der 3. Armee (drei Kavallerie-Divisionen) allmählich auf die Wiesielucha und den Styr auswich, entzog General Brussilow seinen Nordflügel rechtzeitig der drohenden Gefahr durch Zurücknahme an den Kormin und hinter die Putilowka, wo er allen Anstürmen standhielt.
Ende September sah die russische Heeresleitung die Lage an der Süd-westfront nicht mehr als gefährdet an. Der Generalstabschef, General Alexejew, wies darauf hin, daß der rechte Flügel der 8. Armee durch Abgaben der 9. Armee und durch Heranziehung der 125. Infanterie-Division aus dem Naume Starokonstantinow—ProskuronL) so stark gemacht werden könne, daß er jedem feindlichen Amsassungsversuch offensiv zu begegnen vermöge. Daraufhin verschob General Iwanow eine Division der 9. Armee in die Gegend nordwestlich von Nototto und befahl seinen Armeen, durch kurze Vorstöße den Gegner weiter zu schwächen, ehe er feine mitgenommenen Verbände ordnen und wieder auffüllen konnte. Als Einleitung hierzu brach das inzwischen durch eine Infanterie-Division der 3. Armee2) verstärkte 4. Kavalleriekorps gemeinsam mit den beiden, nach Norden gezogenen Kavallerie-Divisionen des Generals Weljaschew, denen ein Regiment der 4. Schützen-Division beigegeben war, am 2. Oktober beiderseits der Bahn Sarny—Kowel über den Styr vor und warf die österreichisch-ungarische Kavallerie bis an und über die Straße Nowosiolki—Rudka Czerwiszcze zurück. Indessen mußte es den gewonnenen Boden schon nach wenigen Tagen wieder aufgeben. Auch die am 7. Oktober beginnenden Angriffe aller drei Armeen der russischen Südwestfront führten nur zu
x)In diesem Raume (Karte 7) stand als Heeresreserve außer der 125. I. D. noch die „Schwarze Meer"°Vrig. der 100. I. D.
2) Die 77. I. D. des vor der Landzunge von Pinsk stehenden XXXI. Korps (linkes Flügelkorps der 3. Armee).
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Der rechte Heeresflügel von Mitte Juli bis zum Jahresende.
kleineren örtlichen Erfolgen; dem rechten Flügel der 9. Armee glückte es hierbei wiederum, freilich nur vorübergehend, südlich von Vurkanow auf dem westlichen Strypa-Afer Friß zu fassen. Mitte Oktober bezogen die Russen ebenso wie die Verbündeten Dauerstellungen.
4. Betrachtungen.
Generaloberst von Conrad hatte mit der Herbstoffensive des österreichisch-ungarischen Heeres in Galizien und Wolhynien! das Ziel verfolgt, die russische Südwestfront entscheidend zu schlagen, die Festung Rowno wegzunehmen und den noch in Feindeshand verbliebenen Rest galizischen Bodens zu säubern. Dieses Ziel war nicht nur nicht erreicht worden, die Offensive hatte nach verheißungsvollen Anfängen sogar mit einem schweren Rückschläge und außerordentlich großer Einbuße an Menschen1), stellenweise auch an Material2) geendet. Dabei war der Angreifer von Anbeginn auf dem entscheidenden Nordflügel zahlenmäßig weit überlegen gewesen — der russischen 8. Armee mit 9 Infanterie- und 3% Kavallerie-Divisionen standen Ende August in der ö.-u. 1. und 2. Armee 24%, Infanterie- und 3y2 Kavallerie-Divisionen gegenüber. Auch in der Gesamtstärke besaßen die Verbündeten mit 38 österreichisch-ungarischen und deutschen Infanterie-Divisionen sowie 8% Kavallerie-Divisionen eine nicht unbeträchtliche Übermacht, die im Verlaufe der Operation durch Einsah weiterer fünf Divisionen (ungarische 37., 39. und 41., ö.-u. 11. und 12. Infanterie-Division)2) sich noch vergrößerte.
Wenn die Offensive trotzdem mit einem Mißerfolg endete, so mögen die Gründe hierfür einmal in dem Kräfteansatz liegen, der nicht ausreichend auf die Amfassung des feindlichen Nordflügels hinzielte. Zum anderen bot das unwegsame, wasserreiche Wald- und Sumpfgelände Wolhyniens zumal bei ungünstiger Wetterlage — vom 3. September an fiel anhaltender
1) Nach „Osterreich-Llngarns letzter Krieg 1914—1918", III. Band, S. 163, hatte das ö.-u. Nordheer (7., Süd-, 2., 1. und 4. Armee), dessen Gefechtsstärke am 1. Sept. etwa 480 000 Mann betrug, bis zum Monatsende einen Abgang von rund 230 000 Mann (einschließlich 40 000 Kranke), darunter allein 109 000 Vermißte, die nach russischen Angaben fast vollzählig in Gefangenschaft geraten sind. Hiervon entfallen auf die Südarmee: 17 800 Tote und Verwundete, 3900 Kranke und 18 300 Vermißte. In die Hand der Südarmee fielen von Beginn der Offensive bis Ende September annähernd 11 600 Gefangene und 17 Maschinengewehre.
2) So sollen die russische 11. und 9. Armee in der ersten Septemberhälfte 34 Geschütze und 126 Maschinengewehre erbeutet haben.
S) Nicht in Betracht gezogen sind hierbei die Polnische Legion (1. und 3. Br.) sowie die deutsche 1. und 22. I. D.
Die Gründe für das Fehlschlagen der ö.-u. Offensive.
589
Regen — den Bewegungen großer Truppenkörper und dem Nachschub besondere Schwierigkeiten. Mehr noch fällt ins Gewicht, daß gerade die zum entscheidenden Stoße am Nordflügel eingesetzten Divisionen seit Anfang Mai an dem Vormarsch der Verbündeten von Westgalizien bis Brest Litowsk teilgenommen und dabei unter fortwährenden Kämpfen viele hundert Kilometer auf meist schlechten Wegen zurückgelegt hatten. Sie waren stark ermüdet und mit gesunkener Gefechtskraft zu der neuen Offensive geschritten, bei der ihnen wiederum höchste Leistungen zugemutet werden mußten. Auch die österreichisch-ungarischen Verbände in Ostgalizien besaßen nach den Mühsalen des Karpaten-Winters und den monatelangen anstrengenden und verlustreichen Kämpfen, die sie an die Zlota Lipa geführt hatten, nicht mehr genügend Angriffskraft, um den zähen, in der Führung einer Rückzugsdefensive besonders geschickten Gegner, dem das Gelände in den zahlreichen, parallel nach Süden verlaufenden Nebenflüssen des Dniester günstigste Verteidigungsmöglichkeiten bot, endgültig vom gali-zischen Boden zu vertreiben.
Nach dem Rückzüge des österreichisch-ungarischen linken Flügels hinter die Ikwa und den Styr Mitte September hatte General von Linsingen mit verhältnismäßig geringen, gleichfalls sehr angestrengten, aber aus günstigster Richtung vorstoßenden Kräften zwar die Gleichgewichtslage schnell wiederherstellen können, aber auch ihm war ein entscheidender Schlag gegen den Nordflügel der russischen Südwestfront versagt geblieben, da dieser sich wiederum der drohenden Umfassung rechtzeitig zu entziehen wußte und danach seine Front nordwärts strecken konnte.
Auf die Gesamtlage der Verbündeten hat sich das Mißlingen der Offensive insofern ungünstig ausgewirkt, als das österreichisch-ungarische Nordheer aus ihr stark geschwächt hervorging und die deutsche Oberste Heeresleitung gezwungen war, zum Feldzuge gegen Serbien an Stelle des ö.-u. VI. und XVII. Korps, die im Fortgang der Operationen in Ostgalizien und Wolhynien hatten eingesetzt werden müssen und dort gebunden waren, weitere deutsche Kräfte von der Ost- und Westfront heranzuführen.
5. Die Einnahme der Dauerstellung.
Karte 7, Skizze 32.
Als die Kämpfe in Ostgalizien und Wolhynien mit der Vertreibung des Feindes vom westlichen Strypa- und Styr-llfer zum Abschluß gekommen waren, wies Generaloberst von Conrad am Abend des 13. Oktober die ö.-u. 7. und die Südarmee sowie die Heeresgruppen Vöhm-Crmolli
590
Der rechte Heeresflügel von Mitte Juli bis zum Jahresende.
16. bis 19. Oktober.
20. Oktober bis 14. November.
(ö.-u. 2. und 1. Armee) und Linsingen (ö.-u. 4. Armee, Gruppen Gerok und Gronau1)) darauf hin, das die Gesamtlage, „namentlich die noch ungeklärte Entwicklung der Dinge auf der Balkan-Halbinsel und an der rumänischen Grenze", das sichere Festhalten der mit allen Mitteln auszubauenden Dauerstellung^ erfordere. Nach dem Einreihen neuen Ersatzes sollten starke Heeresreserven zur Abwehr möglicher russischer Angriffe oder zur Verwendung an anderen Fronten ausgeschieden werden.
Noch ehe die Heeresgruppe Linsingen indessen mit dem Ausbau der erreichten Linie beginnen konnte, traf sie ein neuer Angriff. Am 16. Oktober stießen starke Kräfte — insgesamt 5% Infanterie- und 4y2 Kavallerie-Divisionen der inneren Flügel der russischen 8. und 3. Armee^) — gegen die Stellungen der Gruppe Gerok1) zwischen Karpilowka und Iezierce vor, um durch Wegnahme des Styr-Vogens von Czartorysk und von Kolli eine Frontverkürzung herbeizuführen5). Tags darauf konnte der Feind infolge Versagens der zumeist aus unzuverlässigen Nuthenen bestehenden 22. Brigade der ö.-u. 11. Infanterie-Division sich des gut ausgebauten Brückenkopfes von Kulikowicze bemächtigen und bei Rasalowka das linke Styr-Afer gewinnen. Die hierdurch beiderseits umfaßte 1. Infanterie-Division mußte am 18. Oktober unter empfindlicher Einbuße an Menschen und Material aus dem Styr-Bogen zurückgenommen werden und am 19. ihren rechten Flügel sogar bis Okonsk zurückbiegen. Von hier bis zum Styr bei Kolki klaffte eine 16 Kilometer breite Lücke, in die die besonders bewährten Schützen-Divisionen des russischen XXXX. Korps hineinstießen. Nördlich vom Korps Conta wich das Kavalleriekorps Hauer vor überlegenem Gegner in die Linie Holuzia—Iezierce aus.
General vonLinsingen hatte noch am 18. Oktober Sorge getragen, durch Heranführung verfügbarer Reserven den feindlichen Einbruch abzudämmen. Am 20. schritten Teile der deutschen 22. Infanterie-Division und die vom linken Flügel der 4. Armee herbeigeeilte österreichische 21. Infanterie-Division von Kolki aus, die ö.-u. 10. Kavallerie-Division aus der
0 Die Bezeichnung „Heeresgruppe Mackensen" für die Gruppe Gronau (XXXXI. R. K., G. K. D.) war mit dem 12.Oktober — im Heeresbericht schon vom 7. ab — weggefallen; die Gruppe gehörte seitdem zur Heeresgruppe Linsingen.
y S. 576, 583.
3) Von der 8. Armee das XXX. und das eben neugebildete XXXX. Korps sowie das Kav. Korps Weljaschew; von der Z. Armee das verstärkte 4. Kav. Korps.
4) ö.-u. XVII. Korps (ung. 41., öst. 13., deutsche 22. I. D.), ö.-u. Kav. Korps Herberstein (ö.-u. 4., 7. und 2. K. D.), Korps Conta (ö.-u. 11., deutsche 1. I. D.), ö.-u. Kav. Korps Hauer (1. und 3. poln. Br., ö.-u. 1. und 9., ung. 11. K. D.).
5) Brussilow, Meine Erinnerungen, S. 155.
Reue russische Angriffe brechen zusammen.
591
Gegend östlich von Nawoz, die Polnische Legion (1. und 3. Brigade) von Westen und die 1. Infanterie-Division von Norden zum konzentrischen Gegenangriff, der die Spitze des russischen Keiles über zehn Kilometer zurückdrückte, dann aber stockte. Auch nach Einsatz der weiterhin von der 4. Armee herangezogenen österreichischen 45. Infanterie-Division nordöstlich von Kolkt sowie der von der 2. und 7. Armee zugeführten halben österreichischen 26. Infanterie-Division und 2. polnischen Brigade in der Mitte und am Nord-flügel der 1. Infanterie-Division gewannen die Verbündeten in erbittertem und verlustreichem Ringen nur langsam Boden, der ihnen immer wieder durch heftige russische Gegenstöße streitig gemacht wurde. Erst nach achttägiger Kampfpause, die zur Bildung einer Stoßgruppe bei der 1. Infanterie-Division benutzt wurde, konnte dem Feinde am 13. November ein so wuchtiger Schlag verseht werden, daß er in der folgenden Nacht das westliche Styr-Afer südlich der Bahn Kowel—Sarny räumte. Der linke Flügel des Korps Conta und das Kavalleriekorps Hauer gingen nicht wieder an den Styr heran, sondern gruben sich in der Linie Kolodzieje—Iezierce ein.
Unterdessen war es auch bei der Heeresgruppe Vöhm-Crmolli und bei der Südarmee wieder zu Kämpfen gekommen. Am 21. Oktober hatte das rechte Flügelkorps (VII.) der russischen 11. Armee21 •9fto6er 6(6 überraschend den rechten Flügel der ö.-u. 2. Armee angegriffen und bei und 9Zotiem6ei-nördlich von Nowe Aleksiniec aus der vorderen Stellung geworfen. Durch Einsatz von Reserven war die Lage hier jedoch rasch wiederhergestellt worden. Gefahrvoller hatten sich neuerliche Durchbruchsversuche des Gegners an der Strypa gestaltet. Dort war es dem russischen XXII. Korps am 31. Oktober gelungen, sich des Brückenkopfes von Siemikowce zu bemächtigen und das auf dem rechten Ufer liegende Dorf zu besehen. Erst nach fünftägigen, äußerst blutigen Kämpfen, in die auch Truppen des russischen XVIII. und VI. Korps eingriffen, konnte der Feind von der ungarischen 38. Infanterie-Division sowie Teilen der 3. Garde-, 48. Reserve- und ö.-u. 55. Infanterie-Division in seine Ausgangsstellungen zurückgeworfen werden. Die Verluste waren auf beiden Seiten ungewöhnlich hoch; bei der Südarmee beliefen sie sich auf rund 2000 Tote, 4500 Verwundete und 3200 Vermißte, die Russen ließen allein fast 6300 Gefangene in den Händen der Verbündeten.
Mitte November trat an der ostgalizischen und wolhynischen Front 2Rttte9io#em= endlich eine längere Ruhepause ein. Jetzt erst konnten das ö.-u. Nord-6 ®Ciem6et!bC Heer und die Heeresgruppe L in singen daran gehen, die durcheinandergeratenen Verbände zu ordnen, sich zur Abwehr zu gliedern und Heeresreserven auszuscheiden. Die ö.-u. 7. Armee verfügte nach Abgabe von je 1%: Infanterie-Divisionen an die Südwestfront und die Heeres-
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Der rechte Heeresflügel von Mitte Juli bis zum Jahresende.
gruppe Linsingen für ihren etwa 150 Kilometer breiten Abschnitt Anfang Dezember noch über 7% Infanterie- und 4 Kavallerie-Divisionen, die Südarmee bei einer Frontbreite von rund 60 Kilometern über 5y2, Infanterie-Divisionen. Die Heeresgruppe Böhm-Ermolli hielt mit 10%: Infanterie-Divisionen und 1 Kavallerie-Brigade eine Front von etwa 140 Kilometern, hinter der als Heeresgruppenreserve 1%; Infanterie-Divisionen und 1 Kavallerie-Brigade, als Heeresreserve 1% Infanterie-Divisionen standen. Sie hatte eine Division nach dem italienischen Kriegsschauplatz, eine zweite an die Heeresgruppe Linsingen abgegeben. In deren 250 Kilometer breitem Abschnitt war die vordere Linie mit 14 Infanterie- und 6 Kavallerie-Divisionen beseht, die zur Erhöhung ihrer Kampfkraft als Fußtruppen ihr kostbares Pferdematerial in die Etappe abgeschoben hatten; dahinter lagen als Reserve der 4. Armee eine halbe, als Heeresgruppenreserve bei Kolkt und Maniewicze zwei Infanterie-Divisionen; um Luck schließlich war eine Heeresreserve von einer Infanterie-und drei Kavallerie-Divisionen versammelt*). Insgesamt standen somit an der rund 600 Kilometer breiten Front von der rumänischen Grenze bis nördlich von Pinsk 41% Infanterie- und 11 Kavallerie-Divisionen; an Heeresreserven verfügte die ö.-u. Heeresleitung auf diesem Kriegsschauplatz über 2% Infanterie- und 3 Kavallerie-Divisionen.
Auch auf russischer Seite wurde nach Abschluß der Kämpfe eine Umgruppierung der Kräfte für eine neue gegen Jahresende geplante Offen-
i) 7.2t r m e e: XI. Korps (ö.-u. komb. Br. Papp, ung. 42. 3- D.), Gruppe Venigni (ö.°u. yz5. I. D., 3. und 8. K. D.), Gruppe Hadfy (ö.-u. 30. I. D. und 6. K. D.), XIII. Korps (ö.-u. 15. und 36. I. D.), VI. Korps (ö.-u. 12., ung. 39. I. D.); Armee-reserve: ung. 202. 3- Br. und deutsche 5. K. D. — Südarmee : Korps Hosmann (ö.-u. 130., 131. und 132. 3- Br.), Korps Marschall (48. R. D., ö.-u. 19. 3- D.. % 3. G. 3- D.); Armeereserve: Vs3. G. 3- D., ung. 38. 3- D. — Heeresgruppe Böhm-Crmolli: 2. Armee : IV.Korps (ö.-u. % 14. und 33. 3- D.), V.Korps (ö.-u. -64. 3- Br. und 34. 3- D.), Gruppe Kosak (ö.-u. 27. und 29. 3- D.), XVIII. Korps (öff. 1. Ldst. Br., ö.-u. 31. 3- D., ung. 1. Ldst. Hus. Br.); 1. A r m e e : I. Korps (ö.-u. 25., öff. 46. 3- D.), Gruppe Szurmay (ung. % 40., ö.-u. 7. Z. D.); Heeresgruppenreserve: ung. y3 40. und 51. 3- D., 1 zusgef. Kav. Br.; Heeresreserve: ö.-u. % 32., öff. 43. 3- D. — HeeresgruppeLinsingen: 4. Armee : IX. Korps (ö.-u. 10. und 2. 3- D.), X. Korps (ö.-u. 3. und % 24., ung. 37. 3- D.), Gruppe Kritek (XVII. Kkdo., ung. 41. 3-D., II. Korps: oft. 13., ö.-u. 4. 3- D.); Armeereserve: ö.-u. % 24. 3- D.; Gruppe Gerok (Genkdo. XXIV. R. K.): Korps Fath (äst. 45. und 26. 3- D., ö.-u. 10.K. D.), verst. 1. 3- D. (mit 2. und 3. poln. Br.), Kav. Korps Hauer (ung. 11., ö.-u. 1. und 9. K. D., 1.poln.Br.); Gruppe Gronau (Genkdo. XXXXI.R.K.): 82.R. D., 5. K. D., -G.K. D., 81.R. D.; Heeresgruppenreserve: 22. 3-D., ö.-u. 11. 3-D.; H eeres-r e s e r v e : öst. 21. 3- D., Kav. Korps Lehmann (bisher Herberstein, ö.-u. 2-, 4. und .7. K. D.).
Übergang zum Stellungskrieg.
593
sive auf dem Südflügel durchgeführt. Die Grenze zwischen der W e st -und Südwe st front, die bisher die Bahn Sarny—Kowel gebildet hatte, wurde Anfang Dezember um etwa 40 Kilometer nordwärts verlegt. Die in diesem Raume stehenden Truppen der 3. Armee — das 4. Kavalleriekorps und das Anfang November hier eingesetzte XXIV. Korps — traten zur 8. Armee über. Diese war nunmehr 15%i Infanterie- und 5 Kavallerie-Divisionen stark. An sie schloß sich südlich von Krzemieniec die 11. Armee mit 6%, Infanterie-Divisionen und 1 Kavallerie-Division an. Von Strusow bis zur rumänischen Grenze schließlich stand die 9. Armee mit 12 Infanterie- und 7 Kavallerie-Divisionew). Einschließlich der vor der Gruppe Gronau stehenden zwei Infanterie- und drei Kavallerie-Divisionen des linken Flügels der russischen Westfront (3. Armee) lagen der Heeresgruppe Linsingen und dem ö.-u. Nordheer somit insgesamt 36 Infanterie- und 16 Kavallerie-Divisionen, also etwa gleichstarke Kräfte gegenüber.
9 8. Armee: 4. Kav. Korps, XXIV. Korps, 5. Kav. Korps (Weljaschew), XXXX., XXX., XXXIX., VIII. und XVII. Korps; 11. Armee: VII., VI. und XVIII. Korps; 9. Armee: XXII., XXXIII., XXXXI., XI., XII. und
XXXII. Korps, 2. und 3. Kav. Korps.
+ Weltkrieg. VIII. Band
38
5. September.
K. Die russische Mberfte Führung vom September bis Dezember
Karten 6 und 7.
Am 5. September traf der Zar im Großen Hauptquartier Mogilew ein und übernahm mit General Alexejew als Generalstabschef den Oberbefehl über alle an der Front stehenden Land- und Seestreitkräfte. In der Bekanntgabe hierüber hieß es: „Mit unerschütterlichem Glauben an den Endsieg werden wir unsere heilige Pflicht erfüllen, das Vaterland bis zum Äußersten zu verteidigen." Angesichts der Verehrung, die der bisherige Oberste Befehlshaber, Großfürst Nikolaus, in weitesten Kreisen genoß, begrüßten aber Volk, Heer und Verbündete diesen Wechsel keineswegs mit ungeteilter Freude und gesteigertem Zutrauen'2). Alle Versuche, den Zaren von seinem Vorhaben zurückzuhalten, waren gescheitert. Andererseits erfreute sich General Alexejew, seiner militärischen Vergangenheit entsprechend^) besonders großen Ansehens.
Die Heeresgruppe der Nordfront unter General Rußki, dem auch die Ostsee-Flotte unterstand, hielt Anfang September mit der 6., 12. und 5. Armee die Düna-Linie mit starken Brückenköpfen auf dem westlichen Ufer; die 10. Armee war „unter dem Zwange" des deutschen Vordringens zwischen Dünaburg und Wilna bereits Ende August zur Westfront abgegeben worden. Die W e st f r o n t unter General Cwert, dem bisherigen Oberbefehlshaber der 4. Armee, stand mit der 10., 1., 2., 4. und 3. Armee in einer Linie, die von westlich Wilna östlich an Grodno vorbei nach Süden verlief. Ihr linker Flügel, die 3. Armee, hatte in den letzten Augusttagen den Druck der deutschen Armee-Abteilung Woyrsch und der Heeresgruppe Mackensen besonders stark empfunden, der sie auf Pruzana und Pinsk zurückgedrängt hatte. Nachdem dann am 2. September vor dem Angriff der deutschen 8. Armee auch Grodno geräumt worden war'), hatten sich östlich davon hartnäckige Kämpfe entwickelt. Die Haupt-sorge war aber dem durch Umfassung bedrohten Nordflügel bei Wilna zugewandt; die dorthin rollenden Reserven sollten demnächst, zu einer neuen 2.Armee zusammengefaßt, die Lücke von Swenzjany schließen. Die Süd-westfront unter General Iwanow (8., 11. und 9. Armee) war vor dem
i) Anschluß an S. 452 ff. — 2) Vgl. unter anderem Poincare, VII, S. 70 und 80 f.
— s) Band VII, S. 300. — 4) S. 496.
Rückzugskämpfe.
595
nachdrängenden Feind bis in eine östlich des Styr und dann längs des Sereth nach Süden laufende Linie zurückgewichen, hielt also mit ihrem Südflügel immer noch österreichisches Gebiet besetzt. Den Kämpfen auf diesem Kriegsschauplatz matz die russische Oberste Heeresleitung aber schon seit einiger Zeit nur noch örtliche Bedeutung bei. Die Armeen der Südwestfront dienten ihr vor allem als Quelle für die Verstärkung der nördlichen Fronten, an die sie von Juni bis Ende August bereits 13%, Divisionen abgegeben hatten und noch vier weitere abgeben sollten; so waren sie seit Mitte Juli alles in allem um 40 vom Hundert ihres Bestandes geschwächt worden.
An der Gesamtlage vermochte die neue Oberste Heeresleitung nichts «.vis22.sep-zu ändern; auch sie konnte zunächst nur versuchen, das Zeitmatz des Rück- tem6er' zuges zu verlangsamen. Zn ihrer ersten, am 8. September ausgegebenen Weisung hiess es, daß die Kraft der feindlichen Angriffe auf der ganzen Front nachgelassen habe; der Gegner folge mit zum Teil starken Vorhuten in der Hauptsache längs der Strotzen; dem sei bei der Abwehr Rechnung zu tragen. Überschnelles Ausweichen müsse vermieden werden, um die Zurückführung von Vorräten und Flüchtlingen zu sichern.
Als sich dann der am 9. September einsetzende deutsche Angriff nordwestlich Wilna zu äußerst bedrohlicher Umfassung des Rordflügels der Westfront aufwuchs1), mußte die Oberste Heeresleitung am 17. September den Rückzug dieser Front in die Linie Michalischki—Nowogrodek— Varanowicze—Oginski-Kanal befehlen. Auch von der inzwischen bei Molodeczno und östlich sich sammelnden neuen 2. Armee erhoffte sie nur eine Wiederherstellung, aber keine entscheidende Wendung der Lage.
So wurde bereits am 22. September der weitere Rückzug in die Linie Rarocz-See—Smorgon und südlich angeordnet, so daß die Front hier schließlich dicht östlich von Varanowicze und Pinsk verlief.
Die SüdwestfroE) hatte man inzwischen bewußt sich selbst überlasten, trotz warnender Meldungen des Generals Iwanow, der angesichts der österreichisch-ungarischen Offensive gegen Rowno vor allem um seinen rechten, die Richtung nach Kiew deckenden Flügel besorgt war. Als dann aber die Westmächte gegen Ende September in Frankreich zum großen Entlastungsangriff schritten, griffen auch die Russen gegen Luck wieder an, in der Hoffnung, Rumänien für sich zu gewinnen und Serbien zu helfen, dem des Zaren Regierung in den entscheidenden Tagen des Juli 1914 zur Unnachgiebigkeit gegen Österreich-Ungarn geraten hatte.
Da an der Angriffsstelle keine deutschen Truppen mehr gegenüberzustehen schienen, machte „das Zutrauen zum eigenen Können und der
i) Näheres s. S. 525 ff. — -) Näheres s. S. 585 ff.
38*
596 Die russische Oberste Führung vom September bis Dezember 1915.
September und Oktober.
Dezember.
Glaube an den Erfolg Truppen und Führer zu gänzlich anderen'"). Daß ihr Angriff die erhebliche Veute von mehr als 70 000 Gefangenen und 37 Geschützen brachte und im Oktober auch bei Baranowicze ein Erfolg erreicht wurde"), hob trotz der Niederlage im Norden und späteren Rückschlages bei Luck das Zutrauen der Obersten Heeresleitung. Cs stand allmählich fest, daß die deutsche Heeresleitung begonnen hatte, zahlreiche Verbände, die bisher gegen Rußland kämpften, an andere Fronten abzubefördern. Bis zum Oktober zählte man sieben Divisionen, die nach dem Westen, neun, die nach dem Balkan gefahren worden waren. Auch wurde seit Mitte Oktober die Beobachtung gemacht, daß deutscherseits weniger wirkungsvolle Munition verfeuert werde"). Mit dem Abflauen der Kampftätigkeit begann ebenso wie an der österreichisch-ungarischen und deutschen auch an der gesamten russischen Heeresfront der Ausbau starker Stellungen und die Vorbereitung für den Winter. Die entscheidende Rolle spielte weiterhin ernste Sorge um Serbien. Am diesem Lande nach Möglichkeit doch noch zu helfen, wurde von Mitte November an die im weiten Umkreise um Odessa liegende 7. Armee4) durch Abgaben aus der Front zu einem vollwertigen und besonders schlagkräftigen Heereskörper ausgestaltet.
Im übrigen bedurfte das russische Heer dringend der Ruhe und fand sie auch. Wie schwer es gelitten hatte, zeigen die Gesamtverluste, die nach amtlichen russischen Zusammenstellungen") vom Mai 1915 bis zum Jahresschluß auf mehr als 2,2 Millionen angewachsen waren, darunter mehr als 1 Million Vermißte. Das Feldheer (ohne die etwa sechs Divisionen starke Kaukasus-Armee) war durch Zusammenfassung selbständiger Landwehrformationen auf 126 Divisionen verstärkt worden. Cs zählte im Dezember 1 360 000 Mann Infanterie und 4650 Geschütze (davon 650 schwere)"), was
9 Njesnamow, S. 127.
--) S. 559 ff.
3) Tagebuchaufzeichnungen eines Offiziers aus dem russischen Großen Hauptquartier vom 15. Dez. 1915: „Jetzt sind es schon zwei Monate, seit man überall an unserer Front bemerkt, daß 30 v. H. der deutschen Artilleriegeschoffe nicht zerspringt", und vom 17. Dez.: „Die Mehrzahl der deutschen schweren Artilleriegeschoffe zerspringt nicht" (Lemke, S. 277 und 296).
4) S. 436 f. — Näheres hierüber, wie über weitere sonstige militärische und politische Absichten der russischen Obersten Heeresleitung wird Band IX enthalten.
5) Rußland im Weltkrieg in Ziffern S. 30.
®) Zahlen nach einer Mitteilung, die am 11. Dez. 1915 dem französischen Botschafter gemacht wurde (Palsologue I, S. 460). Ob in ihnen die Kaukasus-Armee inbegriffen ist. hat sich nicht feststellen lassen. Die Zahl der schweren Geschütze (Flachfeuer von 10 cm, Steilfeuer von 15 cm an aufwärts) wird bei Manikowski (I, S. 81) für den Monat November mit 532 Rohren, also noch niedriger angegeben.
Verluste. Stärke des Heeres.
597
eine Durchschnittsstärke der Divisionen von fast 11 000 Mann Infanterie und 37 Geschützen ergibt. Die Gewehrausstattung hatte sich bereits so weit gebessert, daß von der Infanterie des Feldheeres nur noch etwa zwölf vom Hundert unbewaffnet waren. Das dauernd wachsende Leistungsvermögen der russischen Waffenindustrie ließ auf weitere Besserung hoffen1). Trotzdem blieb man für Waffen- und Munitionsherstellung weiterhin auf fremde Hilfe angewiesen und suchte sie, wo man sie fand, außer bei den Westmächten und Amerika auch in Italien und Japan. Als allerdings der französische Minister Doumer im Dezember im Tausch gegen Gewehre monatlich 40 000 Mann russischen Ersatz für das französische Heer forderte, ist dieser entwürdigende Vorschlag abgelehnt worben2).
Das Ziel aller Bemühungen war, die Kampfkraft des Heeres wiederherzustellen, um möglichst bald wieder angreifen zu können.
Die Munitionsfertigung für die Artillerie war von 14 000 Schuß täglich im Mai auf 59 000 im Dezember gestiegen und sollte bis März 1916 122 000 Schuß erreichen; die Gewehrlieferungen waren seit Mai von 45 000 auf 67 000 Stück im Monat gestiegen (Mitteilungen an den französischen Botschafter; Palsologue I, S. 324 und 460).
2) Kudaschew-Vriefe vom 14. und 23. Dezember 1915.
V. Der Mehrfrontenkrieg im Gommer
J. Die Lage bis Anfang August.
Am 21.Mai waren die Generalstabschefs der Mittelmächte übereingekommen, das Schwergewicht der Kriegführung auch weiterhin aus dem galizifchen Kriegsschauplätze zu belassen und sich auf den übrigen Kampffronten defensiv zu verhalten1). An dieser Entscheidung hatte General von Falkenhayn in den folgenden Monaten unbeirrt festgehalten trotz Italiens Eintritt in den Krieg und der zeitweise krisenhaft gespannten Lage an den Dardanellen sowie vor allem an der Westfront.
Mit den wachsenden Erfolgen auf dem östlichen Kriegsschauplätze hatte sich hier das operative Ziel immer mehr erweitert. Während der galizifchen Operation anfänglich nur die begrenzte Aufgabe gestellt war, die österreichisch-ungarische Karpaten-Front vom russischen Druck zu entlasten, war nach dem Erreichen des Wislok die Verfolgung bis zum San fortgesetzt worden, um „dem Feinde einen nicht wieder auszugleichenden Hieb zu versetzen"; danach sollten die Operationen gegen den östlich des San befindlichen Gegner „bis zu einer für unsere Zwecke genügenden Entscheidung"^), d. h. bis zur endgültigen Niederwerfung der russischen Offensivkraft in Galizien durchgeführt werden. Schließlich wurde in einheitlichem Zusammenwirken der österreichisch-ungarischen und deutschen Ostfront die Niederlage der feindlichen Hauptkräfte in Polen und damit die „Feldzugsentscheidung" gegen Rußland erstrebt. Unter diesen Umständen war es klar, daß der Osten allmählich alle irgend verfügbar zu machenden Kräfte der übrigen Kriegsschauplätze beanspruchte. Vei steigendem Truppenbedarf der Ostfront hatten beide Generalstabschefs das Wagnis nicht gescheut, das deutsche Westheer und die serbische Front bis an die Grenze des Möglichen von Kräften zu entblößen. Von Mitte April bis zur ersten Hälfte des Monats August waren nicht weniger als 14%' Infanterie- und Reserve-Divisionen aus dem Westen und drei deutsche Divisionen von der serbischen Front, im ganzen also 17% Divisionen, nach dem russischen Kriegsschauplätze gezogen worden; und zwar von der Weststont: vom 14. April ab acht Divisionen, am 3. Mai eine Division, am 2. Juni 2%, am 19. Juli zwei Divisionen und am 8. August eine Division. Von diesen
Die militärische und politische Lage der Mittelmächte Frühjahr 1915. 599
wurden nur zwei zum westlichen Kriegsschauplätze wieder zurückbefördert. Entsprechend der nur allmählich sich vollziehenden Erweiterung der operativen Ziele an der russischen Front hatte der Einsatz dieser Kräfte nicht einheitlich, sondern nach und nach stattgefunden. Ein Ergebnis von feldzugsentscheidender Bedeutung war damit nicht erzielt worden.
Alle über ein Mindestmaß hinausgehenden Forderungen der anderen Kriegsschauplätze hatten vor dem wachsenden Kräftebedarf des Ostens vorläufig zurückgestellt werden müssen. Auch der Beginn des Feldzuges gegen S erbie n1), der angesichts der schwierigen Lage des Osmanischen Reiches dringend gefordert und mehrfach in Aussicht genommen war, mußte immer von neuem verschoben werden. Damit blieb der Weg nach dem Orient zur Unterstützung der auf Gallipoli in schwerem Abwehrkampfe stehenden Türkei auch weiterhin versperrt.
Mit um so größerem Nachdruck aber war nach dem Eintritt Italiens in den Krieg der d i p l o m a t i s ch e K a m p f fortgesetzt worden, um eine endgültige Lösung des überaus schwierigen und für die Gesamtkriegführung so bedeutsamen Balkan-Problems vorzubereiten; denn es bestand die Gefahr, daß nach' Italien auch die neutralen Balkan-Staaten in das feindliche Lager abschwenkten. Der Hinzutritt der letzten europäischen Großmacht zum Feindbunde, die schwierige Lage an den Dardanellen sowie die zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Deutschland durch Versenkung der „Lusttania"2) hervorgerufene Spannung bedeuteten vom Standpunkte der Balkan-Staaten trotz aller Erfolge der Verbündeten auf dem galizischen Kriegsschauplätze eine nicht geringe Belastung der Mittelmächte. Als bedenkliches Anzeichen für eine ungünstige Entwicklung der Dinge konnten auch die scharfen Gegensätze angesehen werden, die in den jüngst aufgenommenen Verhandlungen zwischen Bulgarien und der Türkei durch übermäßige bulgarische Forderungen entstanden waren. Ebenso ließ sich der verstärkte Widerstand gegen die Weiterführung der Neutralität deuten, der sich bei der rumänischen Regierung geltend machte. Von neuem wurde daher der Verdacht rege, daß Rumänien durch vertragliche Abmachungen gebunden sei, dem Vorgehen Italiens zu folgen2).
Vor allem war es die Ansicherheit der Balkan-Lage, die die leitenden Staatsmänner und Generalstabschefs der Mittelmächte am 25. Mai zu einer Besprechung im deutschen Großen Hauptquartier in Pleß zusammenführte. Im Vordergrund stand hierbei der Meinungsaustausch über die Haltung Rumäniens. Unablässig mußten nach Ansicht des Generals
i) S. 12. — 2) S. 17. — 3) S. 11.
600
Der Mehrfrontenkrieg im Sommer 1915.
von Falkenhayn die Bemühungen der Verbündeten darauf gerichtet sein, Rumänien durch Zusicherung militärischer und wirtschaftlicher Garantien zu gewinnen, übereinstimmend war man der Auffassung, daß es notwendig sei, die Gegensätze zwischen Bulgarien und der Türkei zu über-brücken. Die Hoffnung auf eine Einigung dieser beiden Staaten schien vorhanden, da die Hohe Pforte nach soeben eingetroffenen Nachrichten eine Gebietsabtretung an Bulgarien bis zur Maritza-Linie keineswegs ablehnte und als Gegenleistung lediglich den Abschluß eines Bündnisses mit Bulgarien forderte. Gelang es, in diesen Fragen ein Übereinkommen zu erreichen, so war die erste Bedingung für die Schaffung eines „Balkan-Bundes" erfüllt, dessen Begründung General von Falkenhayn im Laufe der Besprechung von neuem anregte; als weitere Voraussetzung hierfür befürwortete er mit Nachdruck die Verständigung zwischen Österreich-Ungarn und Serbien.
Die Unsicherheit der politischen Lage wurde in der nächsten Zeit durch Alarmmeldungen von den Dardanellen noch erhöht. Am 9. Juni berichtete der deutsche Botschafter, Freiherr von Wangenheim, aus Konstantinopel, daß durch die letzten Landangriffe englisch-französischer Streit-kräfte auf Gallipoli die türkische Widerstandskraft außerordentlich erschüttert sei. Die feindliche Artillerie habe erhebliches Übergewicht gewonnen, und die türkische Munitionsherstellung könne mit dem Verbrauch nicht mehr Schritt halten. „Cs muß unter allen diesen Umständen mit dem Fall der Dardanellen gerechnet werden, falls es nicht gelingt, schleunigst mit Rumänien zu einer Verständigung zu gelangen, welche die Munitionsdurchfuhr sicherstellt... Länger als einen Monat können meines Erachtens die Dardanellen sich nicht mehr halten."
Unmittelbar darauf — Mitte Juni — begann indes die erfolgreiche Operation der Verbündeten auf dem galizischen Kriegsschauplätze ihre stim-mungsmäßige Rückwirkung auf den Balkan in solchem Maße auszuüben, daß die Abbeförderung des größeren Teiles der in Südungarn stehenden deutschen Verbände zum galizischen Kriegsschauplätze möglich erschien'). Dieser Vesierung der Lage war es vornehmlich zu danken, daß es der Entente damals nicht gelang, Rumänien und Bulgarien auf ihre Seite zu ziehen. Wenn indessen auch eine Schwenkung in das feindliche Lager vermieden wurde, so blieb die rumänische Regierung doch fest in ihrer Weigerung, die Durchfuhr der für die Türkei dringend notwendigen
1) S. 242. Der gleiche Gedanke wird auch im Schreiben des Generals von Falkenhayn vom 14. Juni an General Cnver Pascha zum Ausdruck gebracht.
Die ungeklärte Lage auf dem Balkan.
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Munitionssendungen zu gestatten. Dies wirkte sich um so ungünstiger aus, als die Dardanellen-Krise Ende Juni anscheinend ihren Höhepunkt erreicht hatte. Der deutsche Botschafter schilderte am 30. Juni die Lage auf Grund von Mitteilungen des Armeeführers, Marschalls Liman von Sanders, in den düstersten Farben: Zwar sei die Haltung der türkischen Truppen auf der Gallipoli-Halbinsel über jedes Lob erhaben, aber „der Feind bringt immer mehr schwere Geschütze in Stellung und überschüttet uns Tag und Nacht mit schweren Geschaffen. Trotzdem die Anzahl unserer Geschütze vollkommen ausreicht, ist der Mangel an Munition jetzt so beträchtlich geworden, daß der Augenblick vorauszusehen ist, wo wir dem feindlichen Angriff artilleristisch nicht mehr standhalten können ... Es muß damit gerechnet werden, daß der Widerstand der türkischen Armee bereits in allernächster Zeit gebrochen sein wird . . . Sobald die Landarmee geschlagen ist, kann sich die Festung auch nach Ansicht Admirals Äse-dom nur noch drei Tage halten. Marschall Liman von Sanders^) bittet mich daher, höheren Orts zur Kenntnis zu bringen, daß, wenn nicht unverzüglich ein genügendes Quantum von Munition herbeigeschafft wird, die Dardanellen verloren sind ..."
Angesichts dieser Meldung war es nur zu verständlich, daß jetzt von neuem nachdrücklich die Forderung erhoben wurde, die Türkei durch Angriff auf Serbien zu retten. In einem Bericht vom 2. Juli führte der deutsche Militärattache in Sofia, Major Freiherr von der Goltz, aus: Cs könne kaum noch einem Zweifel unterliegen, daß Bulgarien, obgleich es zum Schein mit Deutschland in freundschaftlicher Weise verhandele, im Grunde gar nicht gewillt sei, uns in der Frage der Versorgung der Türkei mit Kriegsmaterial zu unterstützen. Eine Änderung könne nur bei einem Bruch zwischen Bulgarien und Rußland eintreten; um ihn herbeizuführen, gebe es aber nur ein Mittel: den Angriff auf Serbien.
Zu dem gleichen Ergebnis, wie dieser Bericht, kam ein Telegramm des Reichskanzlers von Bethmann Hollweg vom 4.Juli. Er bat General von Falkenhayn um Stellungnahme zu einer Anfrage des deutschen Botschafters in Konstantinopel, welche Maßnahmen zu ergreifen seien, wenn der Durchbruch des Feindes durch die Dardanellen gelingen sollte. Dabei war die Frage zu entscheiden, ob die Türkei nach dem Falle der Dardanellen in Thrazien weiterkämpfen, sich nach Kleinasien zurückziehen oder aber Frieden schließen solle. Vom politischen Stand»
i) Spätere Ausführungen des Armeeführers, Marschalls Liman von Sanders, zu diesem Telegramm lassen indessen erkennen, daß die militärischen Stellen die Lage doch nicht so ernst ansahen, wie der Botschafter sie geschildert hatte.
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Der Mehrfrontenkrieg im Sommer 1915.
Punkt aus, so legte der Reichskanzler dar, sei der Gesichtspunkt maßgebend, daß Deutschland voraussichtlich auch nach Eroberung der Dardanellen durch die Westmächte die Türkei zu weiterem Ausharren in Thrazien bewegen, Rumänien ruhig halten und Bulgarien auf unsere Seite herüberziehen könnte. Dazu aber sei, sobald die militärische Lage es erlaube, unverzüglich gegen Serbien vorzugehen.
Während demnach die Reichsleitung die dringende Notwendigkeit der baldigen Niederwerfung Serbiens betonte, um dem bedrohten Bundesgenossen die erforderliche Unterstützung endlich zuteil werden zu lassen1), vertrat der verantwortliche Leiter der deutschen Gesamtoperationen den Standpunkt, daß jetzt in erster Linie die vollste Ausnutzung der Siege über Rußland zu erstreben sei. „Kann die Türkei die Meerenge noch fünf bis sechs Wochen halten", so antwortete General von Falkenhayn am 6. Juli dem Reichskanzler, „dann wird die Niederlage Rußlands aller Wahrscheinlichkeit nach so offenbar sein, daß wir mit Bestimmtheit eine unseren Zwecken günstigere Stellungnahme der beiden Balkan-Staaten erwarten dürften."
Mit diesen Ausführungen näherte sich General von Falkenhayn der von General von Conrad schon früher vertretenen Auffassung, daß nach den zu erwartenden entscheidenden Erfolgen über Rußland ein Balkan-Feldzug überhaupt nicht mehr notwendig sein werde, um die Verbindung mit der Türkei sicherzustellen. Die deutsche Oberste Heeresleitung erhoffte zu diesem Zeitpunkte von der Fortsetzung der Offensive in Südpolen bei gleichzeitigem Angriff der Armee-Gruppe Gallwitz gegen den Rarem") die militärische Niederlage Rußlands und damit auch die Entscheidung auf dem Balkan. Bezeichnend für diese Auffassung ist der bereits erwähnte') Tagebuchvermerk des Generalobersten von Plessen vom 19. Juli, wonach es scheine, als würde der Feldzug jetzt im Osten entschieden, und eine am 22. Juli durch General von Falkenhayn dem Reichskanzler übermittelte Beurteilung der Lage, die zur Mitteilung an führende Parlamentarier bestimmt war. Darin betonte der Generalstabschef, daß der serbische Feldzug, wenn die russische Macht, wie er hoffe, endgültig niedergeworfen sei, wahrscheinlich überflüssig werde, „weil unter solcher Annahme Rumänien und Bulgarien uns keine Schwierigkeiten" mehr bereiten könnten4).
Die politische Leitung versprach sich indessen lediglich von militärischen Siegen über Rußland keine so weitreichende Wirkung und
9 von Vethmann Hollweg. II. Band S. 13. — -) 264 ff. — 3) 6. 315. —
4) Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes.
Die schwierige Lage der Türkei an den Dardanellen.
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nahm zu dem Schreiben des Generals von Falkenhayn vom 6. Juli eingehend Stellung. Das Russische Reich könne, so entgegnete der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, von Iagow, nur friedensreif gemacht werden, wenn es zu der Überzeugung komme, daß es den Anstrengungen der Westmächte nicht gelingen werde, die Dardanellen zu bezwingen. Am die Meerengen zu halten, sei aber die Niederwerfung Serbiens erforderlich. General von Falkenhayn erwarte anscheinend einen gewissen Abschluß der Operationen gegen Rußland in fünf bis sechs Wochen. Zu diesem Zeitpunkte müffe es möglich sein, die gegen Serbien erforderlichen Streitkräfte in Stärke von 250 000 Mann bereitzustellen. Für die Verteidigung der Dardanellen sei dies gegebenenfalls schon zu spät; aber selbst in diesem ungünstigen Falle bleibe die Niederwerfung Serbiens notwendig, um Bulgarien zu gewinnen, den in Thrazien bedrängten Türken die Hand zu reichen und, wenn möglich, Konstantinopel wieder zu befreien.
Noch ehe jedoch eine Einigung über die verschiedenen Auffassungen der militärischen und politischen Leitung erzielt wurde, war der deutsche Botschafter in Konstantinopel zu einer zuversichtlicheren Beurteilung der Muni-tions- und damit der gesamten Kampflage an den Dardanellen gekommen. Durch Herausziehen der Munition aus den befestigten Stellungen von Tschataldscha^) für die Kampffront an den Dardanellen habe sich, so berichtete er am 5. Juli, die Lage dort vorläufig gebessert; es sei keineswegs ausgeschlossen, daß durch die erfolgreich betriebene eigene Munitions-Herstellung^) Ende des Monats sogar die Hauptgesahr beseitigt würde. Zur weiteren Beruhigung trug ein Schreiben des Generalfeldmarschalls Freiherrn von der Golh vom 8. Juli bei. Die Munitionsknappheit dauere zwar fort, und „es muß alles geschehen", so betonte er, „was mit den allgemeinen Interessen der Vundesgenosienschaft vereinbar ist, um uns Zuschub zu verschaffen . . . Wenn ich aber die Frage beantworten soll, ob es notwendig wäre, auf besonders drückende Bedingungen der Balkan-Staaten einzugehen oder auf andere entscheidende Anternehmungen zu verzichten, nur um die Türkei zu retten, d. H. ihren weiteren Widerstand möglich zu machen, so muß ich diese Frage entschieden verneinen . . . Kommt es nur auf uns hier an, so helfen wir uns durch, auch ohne fremde Hilfe ..."
!) Befestigungslinie westlich von Konstantinopel, an der im Valkankriege 1912/13 der bulgarische Angriff zum Stehen kam.
2) Die Leitung der Munitionsherstellung in Konstantinopel war einem deutschen Seeoffizier, Kapitän z. S. Pieper, übertragen worden. Näheres über die Munitionsfrage an den Dardanellen wird Band IX enthalten.
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Der Mehrfrontenkrieg im Sommer 1915.
Diese Mitteilungen bestärkten die Oberste Heeresleitung in ihrer Ausfassung, daß die Lage an den Dardanellen am ehesten durch kraftvolle Fortsetzung der Offensive gegen Rußland erleichtert werden könne.
Die Niederlage Rußlands bedeutete nicht nur die beste Lösung des Balkan-Problems, sondern bannte zugleich aufs wirksamste alle Gefahren an der italienischen Front1). Schied das Zarenreich rechtzeitig aus der Reihe der Gegner der Mittelmächte aus, so durfte dem Ausgang des Mehrfrontenkrieges mit Zuversicht entgegengesehen werden.
2. Lrredensanregungen der deutschen (Obersten Heeresleitung.
In der Erkenntnis, welche Bedeutung für den Ausgang des Krieges einem Friedensschluß mit Rußland zukam, ließ General von Falkenhayn im Frühjahr und Sommer 1915 kein Mittel unversucht, um unter Ausnutzung der Gunst der militärischen Lage auf dem östlichen Kriegsschauplätze mit Rußland zu einer Verständigung zu gelangen. Als am 3. Juni Przemysl fiel und damit die San-Linie gewonnen wurde, hatte er daher durch Vermittelung des Vertreters des Auswärtigen Amtes im Großen Hauptquartier, des Gesandten von Treutler, den Reichskanzler ersucht, „die momentan günstige Lage des Feldzuges gegen Rußland auszunutzen und den ernsten Versuch zu machen, zu einer Einstellung der Feindseligkeiten zwischen uns und Rußland zu gelangen .. ." Dazu schlug er vor, dem Zaren auf dem Wege über eine neutrale Macht folgendes zu unterbreiten: „Przemysl ist in unserer Hand, die dadurch sreiwerdenden Truppen gehen auf Lemberg, das in absehbarer Zeit genommen werden muß. Eine neue Armee wird binnen kurzem gegen die Ostfront eingesetzt^). An dieser militärischen Lage wird das eventuelle, aber angesichts unserer Erfolge nicht wahrscheinliche Eintreten Rumäniens und Bulgariens") in den Krieg gegen uns ebensowenig etwas ändern können, als es der schon vollzogene Eintritt Italiens getan hat . . . Wir schlagen deshalb vor, daß zwischen Rußland
i) S. 29.
2)Hierbei hatte General von Falkenhayn vermutlich den neuen Einsatz der viereinhalb Divisionen in Galizien im Auge, zu dem er sich am 2. Zum endgültig entschlossen hatte. Vgl. S. 202.
3) 3m Laufe der schwierigen bulgarisch-türkischen Verhandlungen hatte sich mehrfach die Lage derart zugespitzt, „daß es keineswegs sicher erschien, ob die Vulgaren nicht heute oder morgen gegen die Türkei losgehen würden". Bericht des deutschen Botschafters, Freiherrn von Wangenheim, vom 16. Juni an das Auswärtige Amt.
Die Friedensanregungen d- deutschen O. H. L. im Winter 1914 u. Frühjahr 1915. 605
und uns die Feindseligkeiten eingestellt werden. Wir verlangen keinen Treubruch, falls Rußland sich an die Verbündeten gebunden fühlt. Der Friede braucht erst geschlossen zu werden, wenn auch unsere übrigen Gegner Frieden haben wollen, oder wenn die Abmachung vom 4. September*) durch den Austritt eines der Verbündeten hinfällig wird."
Mit diesem Schreiben hatte der Chef des Generalstabes des Feldheeres Friedensbestrebungen wieder angeregt, die seit Monaten im Gange und nur vorübergehend ins Stocken geraten waren. Schon vom September 1914 ab hatten sich neutrale europäische Staaten zur Friedensvermittlung angeboten, die jedoch in Paris und London eine Absage erfuhren. Fm Januar 1915 war der amerikanische Oberst House durch den Präsidenten Wilson veranlaßt worden, mit der englischen und deutschen Regierung zur Anbahnung von Friedensmöglichkeiten Fühlung aufzunehmen. Er hoffte zu erreichen, daß zunächst beide Parteien sich zu gegenseitiger Aussprache bereitfänden. Unerläßliche Voraussetzung hierzu sei indessen, daß Deutsch, land der Räumung Belgiens und dem Plane einer allgemeinen Abrüstung der Mächte zustimme. Oberst House traf Ende März in Berlin ein und hatte Unterredungen mit dem Reichskanzler und dem Staatssekretär des Auswärtigen. Dabei wurden jedoch, ohne die belgische Frage zu behandeln, nur Dinge berührt, die die Vereinigten Staaten unmittelbar betrafen, wie die amerikanischen Munitionslieferungen an die Entente und die von England über Deutschland verhängte Blockade. Der von Oberst House gestellten Frage, ob die deutsche Regierung bereit wäre, einer neuen Konvention zur Sicherung der Meere beizutreten, hatte der Reichskanzler grundsätzlich zugestimmt. Infolge der am 7. Mai erfolgten Versenkung der „Lusitama"2) durch ein deutsches Unterseeboot fanden diese Besprechungen indes ihr vorläufiges Ende.
Neben den Friedensfühlern des Obersten House war in den ersten Monaten des Jahres 1915 seitens eines neutralen europäischen Staates der Versuch unternommen worden, eine Fühlungnahme zwischen den kriegführenden Mächten zur Herbeiführung des Friedens zu ermöglichen. Maßgebende englische Kreise verhielten sich diesem Gedanken gegenüber keineswegs ablehnend. Auch in Rußland schienen sich die Bemühungen vorüber-
!) Durch das Londoner Abkommen vom 4. September 1914 hatten sich die Regierungen Englands, Frankreichs und Rußlands gegenseitig verpflichtet, im Laufe des Krieges keinen Sonderfrieden zu schließen und Friedensvorschläge nur mit Zustimmung der Alliierten anzunehmen. Vgl. Band VI, S. 405.
2) S. 17.
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Der Mehrfrontenkrieg im Sommer 1915.
gehend günstig zu gestatten. Der Zar wies zwar den Gedanken an einen Sonderfrieden zurück, war im übrigen jedoch nicht abgeneigt, unter Zuhilfenahme neutraler Vermittlung mit Deutschland wegen des Friedens in einen Gedankenaustausch zu treten. Die Aussichten auf diese Aussprache begannen indes im Laufe des Monats April offenbar infolge des von der Entente erwarteten Eintritts Italiens in den Krieg immer ungünstiger zu werden. Aus England trafen Nachrichten ein, die an der Möglichkeit, zum Frieden zu gelangen, zweifeln ließen; gleichzeitig zeigte auch' Rußland eine ablehnende Haltung.
Auf der anderen Seite schien angesichts des bevorstehenden Abbruchs der Beziehungen zwischen Wien und Rom sowie bei den mancherlei Gegensätzen, die im Küstengebiete der Adria zwischen Italien und Serbien bestanden, im Mai 1915 der Zeitpunkt gekommen, um zu einer Verständigung zwischen der Donau-Monarchie und Serbien zu gelangen. Mitte Mai wurde daher deutscherseits bei der österreichisch-ungarischen Regierung angeregt, einen Sonderfrieden mit Serbien auf der Grundlage abzuschließen, daß der Negotiner Kreis Österreich-Ungarn überlassen würde, um dadurch diesem eine unmittelbare Verbindung mit Bulgarien zu sichern. Dafür sollte Serbien Nordalbanien und die Verschmelzung mit Montenegro zugestanden werden. Der österreichisch-ungarische Außenminister, Baron Vurian, stand diesen Bestrebungen nicht ablehnend gegenüber, hielt es aber für erwünscht, daß die Anregung dazu von der serbischen Regierung ausgehe. Dies war aber nicht zu erreichen, wie aus einem Schreiben des österreichisch-ungarischen Ministeriums des Äußeren an General von Conrad vom 30. Mai hervorging: „Vurian möchte ihnen — den Serben — goldene Brücken bauen, aber sie kommen nicht." Trotzdem wurde der Gedanke einer Annäherung Österreich-Ungarns an Serbien von deutscher Seite1) in den nächsten Wochen weiter verfolgt^).
x) „3ch Plädiere . . . für Frieden mit Serbien", so heißt es in Aufzeichnungen des Kriegsministers, Generals von Wild, vom 16. Juni — „Serbien: Türlein zur Adria; Bulgarien: Mazedonien; Griechenland: Cpirus; Rumänien: Vessarabien und Bukowina". Wenn auch diese Pläne anscheinend über Erwägungen nicht hinausgelangten, so sind sie doch bezeichnend, wie sehr von militärischer Seite damals zur Herbeiführung des Friedens die Schaffung eines mit den Mittelmächten verbündeten Balkan-Bundes erstrebt wurde. Vgl. S. 600.
2) Über die späteren Bemühungen der Mittelmächte, mit Serbien zu einer Verständigung zu kommen, schreibt das serbische Generalstabswerk (Band VIII, S. 171): „Am 21. Juni erklärte sich Bulgarien zu Verhandlungen mit dem Vier-verbände unter der Bedingung bereit, daß ihm der geforderte Teil Serbisch-Maze-
Die Friedensanregungen der deutschen Obersten Heeresleitung im Sommer 1915. 607
So war die Lage, als am 3. Juni der Friedensvorschlag des Generals von Falkenhayn beim Reichskanzler vonVethmannHollweg^) einging. Roch am gleichen Tage erwiderte dieser unter Hinweis auf die Erfolglosigkeit seiner bisherigen Friedensbemühungen, nach den gewonnenen Erfahrungen bestehe die größte Wahrscheinlichkeit, daß der Zar den geplanten Vorschlag auf Einstellung der Feindseligkeiten' entschieden ablehnen werde. Sollte dies wider Erwarten nicht der Fall sein, so würde der Zar an die Annahme des Vorschlages die Bedingung knüpfen, entweder, daß wir die Feindseligkeiten gegen alle unsere Gegner einstellten, oder daß wir uns verpflichteten, unsere gegenwärtig gegen Rußland eingesetzten Streitkräfte auf keinem anderen Kriegsschauplatz zu verwenden. Im übrigen würde der Zar der deutschen Regierung irgendwelche Antwort auf einen klar umrissenen Vorschlag nur nach Beratung mit seinen Bundesgenossen erteilen. „Jeder Vorschlag von uns", so betonte der Reichskanzler, „hat also zur Voraussetzung, daß wir bereit sind, mit allen unseren Feinden auf Grund der gegenwärtigen Kriegslage Frieden zu schließen. Ob unsere Gegner ihrerseits dazu geneigt sind, erscheint mir nach dem Losschlagen Italiens zweifelhaft. Jedenfalls wäre Friede bestenfalls nur auf Grund des stiatus quo ante zu haben. Ob dieser Weg eingeschlagen werden muß, unterliegt ausschließlich militärischer Beurteilung. . ." Der Reichskanzler gab zum Schluß für die Beurteilung der Gesamtlage dem Gedanken Ausdruck, daß Deutschland kaum in der Lage sei, den Russen erheblich mehr zu bieten, als der Zar bei einem Verbleiben bei der Entente zu erreichen hoffe. Zudem könnten die Friedensvorschlüge Deutschlands an Rußland von Rumänien und Bulgarien als Zeichen der Schwäche gedeutet werden; es bestehe die Gefahr, daß diese Staaten in das Lager unserer Gegner hinüberschwenkten in der Befürchtung, bei der Verteilung der Beute zu spät zu kommen.
doniens sofort und nicht erst nach dem Kriege übergeben werde. Die Forderungen Sofias beunruhigten in Serbien sehr, wo man die bulgarische Mentalität nur allzugut kannte. Diesen Umstand benutzten Deutschland und Österreich-Ungarn zu einem Friedensangebot . . . Die serbische Regierung wies diesen Vorschlag mit Verachtung zurück, denn das österreichisch-ungarische Manöver war zu durchsichtig. Cs sollte dadurch aus Bulgarien gewirkt werden, damit es an die Seite der Mittelmächte trete; tue es dies nicht, so würden sich diese mit Serbien verständigen, und Bulgarien Mazedonien verlieren." (Rach den im Politischen Archiv des Auswärtigen Amts gemachten Feststellungen ist ein eigentliches Friedensangebot an Serbien nicht gerichtet worden, wohl aber sind durch eine neutrale Macht Anfragen an die serbische Regierung ergangen, unter welchen Bedingungen sie zum Abschluß eines Friedens mit den Mittelmächten geneigt sein würde.) q S. 604.
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Der Mehrfrontenkrieg im Sommer 1915.
Trotz dieses Bescheides des verantwortlichen Leiters der deutschen Gesamtpolitik ließ General vonFalkenhayn auch weiterhin keine Gelegenheit vorübergehen, die Friedensfrage einer Lösung zuzuführen. Einen neuen Anlaß dazu gab ein Schreiben des Generalobersten von Conrad vom 21. Juli an das Außenministerium in Wien: Der jetzige eindrucksvolle Kriegsabschnitt, so hieß es hierin, der voraussichtlich bald zur Einnahme von Lublin, Cholm, Iwangorod und vielleicht sogar von Warschau führen werde, müsse dazu ausgenutzt werden, um durch ein Abkommen mit Rußland den Block der Gegner zu sprengen sowie Rumänien und Bulgarien auszuschalten. Rußland seien für einen Sonderfrieden goldene Brücken zu bauen.
General VonFalkenhayn gab die ihm übersandte Abschrift dieses Schreibens am 22. Juli an den Reichskanzler von Bethmann Hollweg weiter mit dem Hinzufügen, daß seine Auffassung mit der des Generalobersten von Conrad übereinstimme. Der richtige Zeitpunkt, an Rußland heranzutreten, dürfe nicht verpaßt werden.
In seinem Antwortschreiben wies der R e i ch s k a n z l e r am 30. Juli darauf hin, daß er seit Monaten fortgesetzt eingehend die Frage prüfe, ob Rußland zu einem Sonderfrieden mit Deutschland geneigt sei, daß die russische Regierung bisher aber stets in ablehnendem Sinne geantwortet habe. Ein Stimmungsumschlag zugunsten Deutschlands sei zwar festzustellen, Neigung zu einem Sonderfrieden indes nicht zu erkennen; vielmehr beharre man auf dem alten Standpunkt, daß Rußland, durch das Wort des Zaren gebunden, nur gemeinsam mit seinen Alliierten Frieden schließen könne. Die schweren Niederlagen in Polen und Kurland würden in Petersburg nicht als entscheidend für den endgültigen Ausgang des Krieges betrachtet und nur als vorübergehende Mißerfolge hingestellt. Unter Einsatz der gegenwärtig noch in der Ausbildung begriffenen britischen Streitkräfte werde im Herbst auf dem französischen Kriegsschauplätze die große Offensive der Westmächte beginnen. Hiernach scheine trotz des zweifellos festzustellenden Stimmungsumschwunges die Annahme nicht berechtigt, daß sich Rußland auch beim günstigen Fortschreiten unserer militärischen Operationen in Polen zu einem Sonderfrieden entschließen würde. Die Möglichkeit hierzu werde, wenn überhaupt, erst kommen, wenn Rußland feine Hoffnung auf den Fall der Dardanellen^) und die Gewinnung Bulgariens endgültig ausgeben müsse.
1) Wenn der Reichskanzler die Friedensbereitschaft Rußlands in dieser Weise mit dem Erfolge des Gallipoli-Anternehmens in Verbindung brachte, so darf daran erinnert werden, daß Rußland an einer Eroberung der Meerengen ohne russische Mitwirkung kein Interesse hatte. Man war unter Umständen sogar bereit, einen
Die Oberste Heeresleitung plant die Säuberung des Ober-Clsaß vom Gegner. 609
„Hierin erblicke ich, wie Euer Exzellenz wissen, nach wie vor den springenden Punkt. Darüber, daß wir im Falle eines baldigen Separatfriedens uns mit billigen Bedingungen abfinden würden, ist man in Petersburg unterrichtet. Ich lasse dort auch darauf aufmerksam machen, daß die Einrichtung einer länger andauernden deutsch-österreichischen Verwaltung in Kongreß-Polen die polnische Freiheits- und Unabhängigkeitsbewegung so stärken werde, daß Polen dann in der einen oder anderen Form für Rußland als verloren gelten müsse." Der Reichskanzler schloß mit dem Hinweis, daß die Entente in einem deutsch-österreichischen Friedensangebot trotz unserer Siege in Polen so lange nur ein Zeichen von Schwäche erblicken und es entsprechend behandeln werde, als noch Hoffnungen auf Bezwingung der Türkei, den Anschluß der Balkan-Staaten und einen Durchbruch im Westen bestünden. „Erst wenn diese Aussichten ausgeschaltet sind, werden wir stark genug dastehen, um, wenn unsere Gegner nicht kommen, selbst die Hand zum Frieden auszustrecken."
Das Streben des Generals von Falkenhayn auf Anbahnung baldigen Friedens läßt auch seinen um Mitte Juni zuerst geäußerten Plan der Säuberung des O b e r - E l s a ßH erklärlich erscheinen, für den lediglich militärische Gründe kaum geltend gemacht werden konnten. Hatte doch auch General von Conrad ähnliche Erwägungen angestellt, als er in seinem Schreiben vom 14. Mai2) an General von Falkenhayn als Mindestziel der Ost-Operation bezeichnete: „Wiedergewinnung des Gebietes der Monarchie und des als Kompensation für die Gebietsabtretungen an Italien uns zu überlaffenden Gebietes Russisch-Polens am linken Weichsel-Afer." Diesem Ziel war General von Conrad Mitte Juni, als die Einnahme der Hauptstadt Galiziens dicht bevorstand, nahe gekommen. Cs ist daher wohl kein Zufall, daß gerade zu diesem Zeitpunkte auch der deutsche General st abschef die Wiedereroberung des letzten Teils des vom Gegner noch besetzten deutschen Bodens im Ober-Elsaß anstrebte, damit sich bei etwaigen Friedensbesprechungen kein Faustpfand mehr in Feindeshand befand.
Wie sehr General von Falkenhayn gerade zu jener Zeit mit der Möglichkeit eines Friedens rechnete, erhellt auch aus der Tatsache, daß er An-
Sonderfrieden mit der Türkei zu schließen, um alle Kraft gegen die Mittelmächte einsehen zu können. Vgl. „Konstantinopel und die Meerengen". Rach russischen Geheimdokumenten des ehem. Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten. Moskau 1925/26. Vgl. auch S. 437 dieses Bandes.
H S. 614. — 2) S. 139/140. f Weltkrieg. VIII. Band. 39
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Der Mehrfrontcnkrieg im Sommer 1915.
fang Juni sowohl dem Reichskanzler wie dem Auswärtigen Amt eine von der Obersten Heeresleitung ausgearbeitete Denkschrift über „die wirtschaftliche und militärische Lage Frankreichs" übersandte, die zu dem Schluß kam: „Frankreichs Opfer sind in diesem Kriege so riesenhaft, daß die Regierung weder vor dem Volke noch einst vor der Geschichte die Verantwortung dafür wird tragen können und in Bälde vor die Frage gestellt sein wird, zu entscheiden, ob nicht die Aufgabe des Widerstandes der Zukunft der Nation dienlicher sein wird als die Fortsetzung des für Frankreich trotz aller auswärtigen Hilfen aussichtslosen Krieges." Trafen die Gedankengänge dieser Denkschrift zu, dann konnte es allerdings fraglich erscheinen, ob der Feindbund einen neuen Kriegswinter auf sich zu nehmen gewillt war.
In diesen Zusammenhängen liegt wohl auch die Erklärung begründet, daß General von Falkenhayn am 20. Juni dem General der Pioniere beim Armee-Oberkommando 10, Generalmajor von Mertens, mündlich den geheimen Auftrag erteilte, auf dem westlichen Kriegsschauplätze „militärische Stellungen" in der allgemeinen Linie Rieuport, Lille, Douai, Hirson, Stenay, Metz — also etwa gleichlaufend zur belgischen Grenze — zu erkunden. Das war die kürzeste hinter der Westfront mögliche Linie, in der noch der Besitz Belgiens, der Zugang zur See und die Möglichkeit des Ansatzes einer neuen großen Offensive gegen die Westmächte gesichert blieben. Dabei handelte es sich nach einer Äußerung des Generalmajors von Mertens offenbar um eine „ Demarkationslinie "P die für den Fall einer Waffenruhe mit anschließenden Friedensverhandlungen eingenommen werden könnte.
Z. Die Verlegung des Schwerpunktes der Kriegführung.
Richt mit Anrecht hatte Reichskanzler von Bethmann Hollweg in seiner Antwort an General von Falkenhayn vom 30. Fuli auf die große Bedeutung hingewiesen, die der Gewinnung Bulgariens für die An-
0 Vgl. hierzu Kronprinz Rupprecht von Bayern „Mein Kriegstagebuch" S. 368. Unter dem 24. Juni 1915 ist dort vermerkt: „Mittags sprach ich den General des Ingenieurkorps Mertens, der im Aufträge der O. H. L. die Westfront bereiste, um zu erkunden, in welcher Weise eine Demarkationslinie für den Fall einer Waffenruhe gezogen werden müsst." — Im Gegensatz hierzu berichtet der frühere Bürooffizier der Operationsabteilung im deutschen Großen Hauptquartier, Major a. D. Dr. Mewes, daß General von Falkenhayn der Operationsabteilung gegenüber nichts davon habe verlauten kaffen, daß die erwähnte Stellung als etwaige Demarkationslinie in Aussicht genommen sei. (Schreiben an das Reichsarchiv vom 15. August 1931.)
Der Übertritt Bulgariens zum Bunde der Mittelmächte.
an
bahnung eines Friedens mit Rußland zukam. Das hatte auch General von Falkenhayn in vollem Maße erkannt. Beide waren daher bereits während der vergangenen Wochen bemüht gewesen, kein Mittel unversucht zu lassen, um die ins Stocken geratenen Verhandlungen über den Anschluß Bulgariens an die Mittelmächte zu fördern. In der zweiten Hälfte des Monats Juli schienen ihre Bestrebungen — unterstützt durch die weithin sichtbaren Erfolge der verbündeten Waffen — endlich von Erfolg gekrönt zu werden. König Ferdinand von Bulgarien und Ministerpräsident Rado-slawow erklärten sich bereit, einen bevollmächtigten Offizier in das deutsche Große Hauptquartier zu entsenden, um die Vorbereitungen für die Mitwirkung Bulgariens bei einem Feldzuge gegen Serbien zu vereinbares).
General von Falkenhayn erhielt diese Nachricht am 24. Juli, also zu einer Zeit, in der er noch auf einen großen Erfolg von operativer Tragweite gegen Rußland hoffte. Infolgedessen glaubte er, wenn auch nur vorübergehend, daß nunmehr der serbische Feldzug überhaupt nicht mehr erforderlich sei2), und daß mit der Niederwerfung Rußlands zugleich auch das Balkan-Problem seine erfolgreiche Lösung finden werde. Das bulgarische Anerbieten zur Teilnahme am Waffengange gegen Serbien erschien ihm daher, obgleich er es bisher lebhaft erstrebt hatte, im Augenblick nicht sonderlich dringlich2). Ms aber wenige Tage später — Anfang August — die von den Kampffronten einlaufenden Meldungen über planmäßiges Ausweichen der Russen auf der Gesamtfront in Polen in ihm Zweifel erweckten, ob der erstrebte Erfolg von großer operativer Auswirkung noch erreichbar sein werde, begrüßte er die Aussicht, mit Bulgarien bald zum Abschluß zu gelangen. Generaloberst von Conrad stand von vornherein diesem Plane, dessen Entstehen vornehmlich deutschen Bemühungen zu danken war4), mit Zurückhaltung gegenüber. Nicht ganz mit Anrecht befürchtete er davon eine Schädigung des Ansehens der Donau-Monarchie auf dem Balkan. Er hätte es vielmehr vorgezogen, alle Kräfte bis zur völligen Niederwerfung Rußlands im Osten einzusetzen, um dadurch Serbien zu Osterreich-Angarn herüberzuziehen und gleichzeitig freie Hand zur Offensive gegen Italien zu bekommen. Andererseits verschloß auch er sich keineswegs der Erkenntnis, daß die Kriegslage an der russischen Front zu diesem Zeitpunkte wenig Hoffnung auf Verwirklichung seiner weit-
J) (Eine eingehende Schilderung der Verhandlungen, die zum Abschluß der Militär-Konvention mit Bulgarien führten, wird im Band IX gegeben werden, r) S. 602.
S) Nach einem Telegramm des Gesandten von Treutler vom 27. Juli an das Auswärtige Amt. Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes.
*) S. 602 ff.
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gespannten Pläne gab und jeder Kräftezuwachs für die Mittelmächte vom Standpunkte der Gesamtkriegführung unbedingt zu begrüßen sei. Daher erklärte er sich mit dem Beginn der Verhandlungen über die Teilnahme Bulgariens am Feldzuge gegen Serbien einverstanden.
Diese begannen am 3. August im Großen Hauptquartier zu Pleß mit dem von der bulgarischen Regierung entsandten Bevollmächtigten, Oberstleutnant Gantchew. Der Gang der Verhandlungen erfuhr indessen eine nicht unerhebliche Verzögerung infolge der gespannten Lage an den Dardanellen1), namentlich aber durch die am 19. August erfolgte Versenkung des amerikanischen Dampfers „Arabic" durch ein deutsches Unterseeboot. Die hierdurch entstandenen neuen ernsten diplomatischen Auseinandersetzungen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten2) hatten ihre stimmungsmäßige Rückwirkung auch auf die Haltung Bulgariens nicht verfehlt. Erst nach Entspannung der Lage führten die Verhandlungen am 5. September zum Abschluß einer Militär-Konvention zwischen Deutschland, Österreich-Ungarn und Bulgarien. Es erscheint keineswegs ausgeschlossen, daß die Besorgnis vor einem Sonderfrieden Serbiens mit den Mittelmächten die bulgarische Regierung in ihren letzten Entschließungen entscheidend beeinflußt hatt). Am 15. September trat die Türkei der Militär-Konvention bei.
Der Übertritt Bulgariens zum Bunde der Mittelmächte war ein Erfolg von großer politischer und militärischer Bedeutung, der voraussichtlich nicht ohne Rückwirkung auf die übrigen Balkan-Staaten bleiben würde. Gelang es jetzt, Serbien niederzuwerfen — und daran konnte ein Zweifel wohl kaum bestehen —, dann war für Österreich-Ungarn die seit Kriegsbeginn bestehende Gefahr der Flankenbedrohung beseitigt und auch die schlimmste Krise an den Dardanellen überwunden. Die Herstellung gesicherter Verbindung mit dem Orient eröffnete für die Türkei neue Möglichkeiten der Kriegführung in Asien, schloß das Osmanische Reich mit den Mittelmächten und Bulgarien zu einem festgefügten Kampfbunde zusammen und sperrte vor allem endgültig die kürzeste Verbindungslinie Rußlands mit den verbündeten Westmächten.
9 Näheres vgl. Band IX.
2) S. 17.
3) Nach einer Mitteilung des früheren deutschen Militärattaches in Konstantinopel, Generalleutnants a. D. von Lossow, vom 25. Januar 1932 an das Reichsarchiv. Vgl. auch S. 606 Anmerk. 2.
Letzte Möglichkeit der Herbeiführung einer Entscheidung im Osten.
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Neben der glücklichen Lösung der bulgarischen Frage war für die Herbeiführung eines Sonderfriedens mit Rußland vor allem die weitere Entwicklung der militärischen Lage auf dem östlichenKriegsschau-p l a h selbst von ausschlaggebender Bedeutung.
Hier hatten sich freilich die im Juli gehegten Hoffnungen der Obersten Heeresleitung auf Niederwerfung der russischen Hauptkräfte in Polen nicht in vollem Umfange erfüllt. Bereits Anfang August mußte, wie erwähnt1), ernsthaft damit gerechnet werden, daß es den Ruffen durch einen ebenso geschickt wie tatkräftig durchgeführten Rückzug gelingen werde, sich der ihnen im Raume zwischen Bug, Weichsel und Rarew zugedachten Umfassung zu entziehen. Die letzte Möglichkeit, den erhofften feldzugsentscheidenden Erfolg durch eine neue Operation zu erreichen, bot sich nach Auffassung des Oberbefehlshabers Ost um die Monatswende Juli/August. General von Falkenhayn fand bei seiner Rückkehr von der Metzer Besprechung in Pleß den Antrag2) zur Verlegung des Schwerpunktes von der Rarew- nach der Rjemen-Front vor. Wenn die bereits am 2. Juli in Posen vom Oberbefehlshaber Ost vorgeschlagene Operation überhaupt noch zu erfolgreicher Durchführung kommen sollte, so war nach Ansicht des Generalfeldmarschalls von Hindenburg keine Zeit zu verlieren. Die Zustimmung des Generals von Falkenhayn zu diesem Plane hätte indessen nicht nur die Einstellung der allerdings operativ nicht mehr entscheidenden, aber doch noch für sehr aussichtsreich angesehenen Verfolgungsoperation in Polen, sondern auch den Einsatz aller irgendwie verfügbaren Verstärkungen einschließlich entbehrlicher Teile der Heeresreserve der Westfront auf dem linken Flügel des deutschen Ostheeres notwendig gemacht — möglicherweise sogar die Verschiebung des serbischen Feldzuges auf einen vorläufig nicht bestimmbaren Zeitpunkt. Eine Feldzugsentscheidung hielt der Generalstabschef aber als nach den bisherigen Erfahrungen auch auf diesem Wege nicht mehr für erreichbar. Andererseits befürchtete er, daß die für eine solche Offensive einzusehenden erheblichen Kräfte für eine Verwendung an anderen Fronten auf absehbare Zeit ausfallen würden. Die baldige Durchführung des serbischen Feldzuges sah er aber nach der gesamten Kriegslage für notwendiger an als selbst noch so beachtenswerte weitere Teilerfolge an der Ostfront. Dieser Auffassung entsprechend, glaubte er daher die Zielsetzung im Osten beschränken zu müssen. Hier genügte ihm ein „den Zwecken der Obersten Heeresleitung entsprechender entscheidender Sieg". Einen solchen hoffte er am schnellsten durch kräftige Fortführung der im Gange befindlichen Operationen zu erreichen, bei denen
!) S. 611. — -) S. 341.
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Der Mehrfrontenkrieg im Sommer 1915.
der Gegner auch weiterhin soviel als irgend möglich in seiner Kampfkraft geschwächt werden sollte.
Der Entschluß zur Durchführung des serbischen Feldzuges wurde ihm nicht nur durch den erfolgreichen Verlauf der Verhandlungen mit Bulgarien, sondern auch durch die gesichert erscheinende Lage aus dem italienischen und westlichen Kriegsschauplatz erleichtert.
Die zweite Isonzo-Offensive1) der Italiener war Anfang August völlig gescheitert. Wieder hatte sich die Überlegenheit des österreichisch-ungarischen Heeres über den neuen Gegner offensichtlich erwiesen. Es stand zu hoffen, daß der Verbündete der hier drohenden Gefahr auch weiterhin aus eigener Kraft Herr werden würde.
Vor allem aber hatte schon die Metzer Besprechung^) Ende Juli in General von Falkenhayn die Überzeugung gefestigt, daß die deutsche Westfront, gleich einer „eisernen Mauer", unerschüttert fest stehe und trotz der großen zahlenmäßigen Überlegenheit der Gegner allen Stürmen gewachsen sei. Die siegreiche Abwehr der bisherigen schweren feindlichen Angriffe hatte an der ganzen deutschen Front eine zuversichtliche Stimmung hervorgerufen. Damit schien auch hier die unerläßliche Rückendeckung für Operationen auf anderen Kriegsschauplätzen weiterhin gesichert.
Als Heeresreserve waren hinter der Westfront 8 Infanterie-Divisionen verfügbar^). Ende Juli hatte General von Falkenhayn erwogen, diese Reserve größtenteils für eine Operation im Ober-Elsaß zur Säuberung deutschen Bodens vom Feinde einzusehen, ein Gedanke, der ihn, wenn auch nur vorübergehend, schon im Juni beschäftigt hatte4). Gelegentlich der Metzer Besprechung war dem Chef des Generalstabes der 5. Armee, Generalleutnant Schmidt von Knobelsdorf, die Weisung erteilt worden, die nötigen Erkundungen hierzu im Ober-Elsaß vorzunehmen; zur Durchführung der Operation hielt General von Falkenhayn die Zuführung von sechs Divisionen für ausreichend.
Das Ergebnis der Erkundung^) wurde am 28. August in einer Unterredung zwischen den Generalen von Falkenhayn und Schmidt von Knobelsdorf in Berlin erörtert und von ersterem am 30. August dem Obersten Kriegsherrn vorgetragen. An diesem Tage findet sich im Tagebuch des Generalobersten von Plessen die Aufzeichnung: „Unsere Oberste Heeresleitung nimmt das Oberelsaß zu einem Vorstoß in Erwägung, um den Feind aus dem letzten Stück Deutschlands herauszuschmeißen." Gleich-
0 S. 31/32. — 2) S. 100/101. — 3) S. 102. — *) S. 609. — 5) Näheres im Band IX.
Verschiebung d. Schwergewichts d. Kriegführ, nach dem südöstl. Kriegsschauplatz. 615
zeitig ergaben jedoch gegen Ende August die Berechnungen der Nachrichtenabteilung der Obersten Heeresleitung, daß die Westmächte über annähernd 50 hinter der Front stehende Infanterie-Divisionen verfügten. Damit wuchs die Möglichkeit, daß die Gegner, solange die Hauptkräfte der Deutschen im Osten gebunden waren, zu neuer wuchtiger Offensive ausholen würden. Anter diesen Umständen hielt der deutsche Generalstabschef es für geboten, stärkere Kräfte aus der Ostfront herauszuziehen, und zwar nicht nur für den serbischen Feldzug, sondern auch zur Sicherung der Westfront, die nunmehr erhöhte Aufmerksamkeit erforderte.
Bereits am 27. August, am Tage vor seiner Besprechung mit General Schmidt von Knobelsdorf, hatte General von Falkenhayn noch von Berlin aus die ersten Anordnungen zur Einnahme einer Dauer st ellung an der O st f r o n t für die Heeresgruppen Prinz Leopold und Mackensen erlassen. Obwohl diese Maßnahmen zunächst nicht zur Durchführung kamen, so leiteten sie doch den Abschluß der Ostoperationen ein.
Seitdem Anfang September Bulgarien für die Teilnahme am serbischen Feldzug gewonnen war, traten alle anderen Angriffspläne endgültig in den Hintergrund. Das Schwergewicht der Kriegführung begann sich vom östlichen nach dem südöstlichen Kriegsschauplatz zu verschieben.
VI. Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Sdimhayn gegen Rußland.
Die Frage, wie Deutschland sich im Falle eines Mehrfrontenkrieges seiner Gegner in West und Ost erwehren solle, war von dem langjährigen Chef des preußischen Generalstabes, GrafSchlieffen, dahin entschieden worden, die Hauptmasse des deutschen Heeres sofort den Franzosen und Engländern entgegenzuwerfen, den Kampf gegen Rußland hingegen zunächst mit einem Mindestmaß an Kräften in strategischer Abwehr ohne unmittel-baren Zusammenhang mit dem österreichisch-ungarischen Bundesgenossen zu führen. Sein Nachfolger, General von Moltke, hatte den Grund-gedanken dieser geplanten Lösung beibehalten, allerdings dem Generalstabs, chef des verbündeten Heeres die Zusage gemacht, die von diesem aus Galizien nach Polen hinein beabsichtigte Offensive durch eigenen Angriff von Ost-Preußen her gegen den Rarew zu unterstützen, um so die der deutschen Ostfront gegenüberstehenden Kräfte der Russen zu binden und am Eingreifen gegen die Wehrmacht des Verbündeten zu hindern. Bei Kriegsausbruch war der Angriff gegen den Rarew unterblieben, weil die deutsche 8. Armee in Ostpreußen sich zunächst selbst des konzentrischen Druckes der von zwei Seiten gegen sie vorgehenden russischen 1. und 2. Armee zu erwehren hatte. Durch die Vernichtung der einen dieser Armeen bei Tannenberg und durch die schwere Erschütterung der anderen in der Schlacht an den Masurischen Seen war indessen die Front des Verbündeten in weit stärkerem Maße entlastet worden, als die Generalstabschefs bei ihren im Frieden getroffenen Abmachungen in Rechnung gestellt hatten. Gleichwohl waren durch die Mißerfolge in Galizien die Schwierigkeiten der Aufgabe, der Übermacht der Russen gegenüber die Waage im Gleichgewicht zu halten, erheblich gewachsen, zumal da auch die erhoffte schnelle Waffenentscheidung im Westen ausgeblieben war.
Als General vonFalkenhayn Mitte September 1914 die Leitung der Gesamtoperationen des deutschen Heeres übernahm, hatte er an dem Grundgedanken festgehalten, daß die letzte Entscheidung im Weltkriege auf französischem Boden gegen die Westmächte fallen müsse und würde. Stimmte er hierin sowohl mit dem österreichisch-ungarischen Generalstabs-ches wie mit dem Oberbefehlshaber Ost überein, so wichen in der Frage,
Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn gegen Rußland. 617
auf welchem Wege diefe Schlußabrechnung angestrebt werden sollte, welche Bedeutung insbesondere dabei nunmehr dem Kampfe gegen Rußland zukam, die Ansichten der verantwortlichen Persönlichkeiten schon im Herbst 1914 stark voneinander ab. Während General von Conrad und bald darauf auch der Oberbefehlshaber Ost bei der nach dem Fehlschlagen des Ppern-Angriffs von Grund aus veränderten Kriegslage im Westen der Auffassung waren, daß die militärische Niederwerfung Rußlands dem Cntscheidungs-kämpfe gegen die Westmächte vorangehen müffe, sah der deutsche Generalstabschef in der unentwegten Fortsetzung des Versuches, die Franzosen und Engländer niederzuringen, die alles überragende Aufgabe. Den Kampf gegen Rußland wollte er auch weiterhin nur hinhaltend, um Zeitgewinn, als Rückendeckung für die deutsche Westfront geführt wissen. Wenn hierbei gewiß auch Offensivschläge anzustreben waren, so sollte doch der deutsche Kräfteeinsatz im Osten in möglichst eng gezogenen Grenzen bleiben.
Dieser Gesichtspunkt war für General von Falkenhayn auch noch maßgebend geblieben, als er nach dem endgültigen Scheitern der deutschen Angriffe in Flandern Mitte November sich nicht mehr der Erkenntnis verschließen durfte, daß der Zeitpunkt, zu dem der Entscheidungskampf im Westen mit Aussicht auf Erfolg ausgetragen werden konnte, hinausgerückt war. Seine möglichst baldige Wiederaufnahme blieb leitender Gedanke. Wohl ließ sich Ende November angesichts der Notlage, in die die Kriegführung im Osten durch die Übermacht der Russen geraten war, eine namhafte Verstärkung des Ostheeres nicht mehr vermeiden. Gleichwohl sah General von Falkenhayn noch gegen Jahresende 1914 dessen Aufgabe lediglich darin, „die Russen bis zur Weichsel bzw. in ihre Brückenköpfe zurückzuwerfen, im übrigen so schleunig wie möglich mit den gegenüber West-preußen und in Ostpreußen stehenden russischen Teilen aufzuräumen, sich dann aber auf eine mehr hinhaltende Kriegführung zu beschränken"^). Eine ähnliche Aufgabe fiel nach seiner Ansicht der Führung des österreichischungarischen Heeres in Galizien und Serbien zu, „mit deren Lösung sie für die Wintermonate genug zu tun"1) habe.
Man würde indessen fehlgehen, wollte man die Zurückhaltung des deutschen Generalstabschess gegenüber den auf entscheidungsuchende Kriegführung gegen Rußland zielenden Vorschlägen der Führer an der Ostfront als Ausfluß starren Festhaltens an seiner einmal gewählten Lösung ansehen, nach der die Westentscheidung auf unmittelbarem Wege anzustreben war. Seine Zurückhaltung entsprang vielmehr grundsätzlichen Erwägungen über die aus der Eigenart des Kriegsschauplatzes und den
*) Band VII, S. 74.
618 Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn gegen Rußland.
beiderseitigen Kräfteverhältnissen sich ergebenden Erfolgsmöglichkeiten und Aussichten des Krieges gegen Rußland. Als in jenen Tagen General Wild von Hohenborn in einer Denkschrift den Vorschlag machte, das Schwergewicht der deutschen Kriegführung vom westlichen Kriegsschauplatz auf den östlichen zu verlegen und hier zunächst die Entscheidung zu suchen, vermerkte General von Falkenhayn am Rande dieser Denkschrift, daß „ein völliges militärisches Niederwerfen Rußlands nie zu erreichen"^) sein würde. Man wird schwerlich annehmen können, daß er solche weitgehende Schlußfolgerung lediglich auf Grund der bisherigen Ergebnisse der Operationen an der Ostfront gezogen hat, die allerdings trotz glänzender Schlachterfolge des Oberbefehlshabers Ost im ganzen doch ohne durchschlagende Wirkung geblieben waren. Unzweifelhaft hat schon damals bei diesem Urteil die Frage des Kräftebedarfs und die Rücksicht auf den unermeßlich weiten Operationsraum des russischen Reiches entscheidend mitgesprochen, Gesichtspunkte, die General von Falkenhayn dann im weiteren Verlaufe des Feldzuges im Osten immer wieder geltend gemacht hat. Er war überzeugt, daß für die entscheidungsuchende Offensive im Osten ein Kräfteeinsatz erforderlich sei, der weit über das Maß dessen hinausgehen mußte, was er mit Rücksicht auf die Sicherheit der Westfront auszubringen imstande war. Eine Verkürzung dieser Front durch Gerade- oder Rückverlegung der bisherigen Stellungen und eine damit verbundene Kräste-ersparnis großen Stils kam für ihn bei der überragenden Bedeutung, die er dem Festhalten jedes Fußbreit Bodens in Frankreich und Belgien zumaß-), nicht in Frage. Aber selbst wenn sich eine erhebliche Kräftesteigerung für den Osten ermöglichen ließ, schien ihm jeder Versuch, „die gewollte endgültige Entscheidung gegen den östlichen Koloß auch nur anzustreben", bei der ungeheuren Schwierigkeit, den Russen ein Ausweichen in das Innere ihres Reiches zu verwehren, zum Scheitern bestimmt. „Die Erfahrungen Napoleons luden nicht zur Nachahmung seines Beispiels ein3)."
Bei dieser grundsätzlichen Einstellung wurde es dem Leiter der deutschen Gesamtoperationen zu Jahresbeginn 1915 nicht schwer, einen Vorschlag des verbündeten Generalstabschefs abzulehnen, der dahin ging, durch „raschestes Einsehen neuer deutscher Kräfte aus dem Westen oder von Neuformationen" einen Durchbruch durch die russische Front in Westpolen zwischen Nida und Pilica in der Richtung auf Radom zu erzwingen und damit „einen vollen, durchschlagenden Erfolg" zu erzielen. Auch der kurz darauf von General von Conrad geäußerten Absicht, mit einer großen Offensive aus der Karpaten-Front einen entscheidenden Schlag zu führen.
H Band VII, S, 5. — 2) Band V, S. 585. — 3) von Falkenhayn, S. 48.
Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn gegen Rußland. 619
„dessen Wirkung er weit höher einschätzte als bloßen Raumgewinn bis an San—Dniester-Linie"*) stand General von Falkenhayn von Anfang an mit starken Bedenken gegenüber. Daß er sich der Durchführung dieses Planes nicht widersetzte, erklärt sich nur daraus, daß auch der Oberbefehlshaber Ost mit Nachdruck für ihn eintrat und bereits selbständig die zur Bildung der Südarmee benötigten deutschen Kräfte hergegeben hatte. Der sehr bald sichtbar werdende Mißerfolg der Karpaten-Offensive hat den Bedenken des deutschen Generalstabschefs recht gegeben.
In besonders schwierige Lage geriet dieser gleichzeitig durch den Antrag des Generalfeldmarschalls von Hindenburg, ihm die in der Heimat neuaufgestellten Korps zum Einsatz auf dem linken Flügel seiner Front in Ostpreußen zu überweisen. General von Falkenhayn plante deren Verwendung auf dem westlichen Kriegsschauplätze, ohne freilich hierbei vorerst eine weitzielende Offensive ins Auge fasten zu können. Wenn er schließlich „schweren Herzens" dem Antrage des Oberbefehlshabers Ost stattgab, so geschah es einmal im Hinblick aus die Lage des Verbündeten, deren wachsenden Schwierigkeiten er sich nicht verschließen konnte. Gewiß haben dabei aber auch Rücksichten und Beweggründe anderer Art mitgesprochen, da aus der Frage des Einsatzes der neuen Korps im Zusammenhange mit der vorübergehenden Versetzung des Generals Ludendorff zur Südarmee eine überaus ernste Krise auf persönlichem Gebiet entstanden war, in der es um die Stellung des Generalstabschefs ging. Keinesfalls aber vermochte er sich auch nur entfernt den Hoffnungen hinzugeben, die der Generalfeldmarschall an die nun von ihm geplante Offensive knüpfte. Dieser versprach sich nicht nur eine „entscheidende, wahrscheinlich vernichtende Niederlage" des in Ostpreußen gegenüberstehenden russischen Nordflügels, sondern glaubte darüber hinaus durch Fortsetzung der Offensive „mit voller Wucht aus Bialystok" unter gleichzeitigem Druck von den Karpaten her „die endgültige Besiegung Rußlands" und damit ein Ergebnis in Aussicht stellen zu können, das er als „entscheidend für den Ausgang des ganzen Krieges" ansah"). Demgegenüber erwartete General von Falkenhayn nur „größere örtliche Erfolge" mit der Wirkung, die Nuffen „in eine solche Lage zu bringen, daß sie uns in absehbarer Zeit nicht gefährlich zu werden vermögen". Der tatsächliche Verlauf der Operationen hat die vom Oberbefehlshaber Ost erhofften entscheidenden Ergebnisse nicht gezeitigt und insofern die Auffassung des Generals von Falkenhayn als richtig erwiesen. Dieser sah darin eine neue Bestätigung seiner grundsätzlichen Anschauung, daß „bei den verhältnismäßig bescheidenen, Deutschland für Angriffsunternehmungen zur Verfügung stehenden
!) Band VII, S. 88. — 2) Band VII, S. 11.
620 Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn gegen Rußland.
Kräften der fortgesetzten Anwendung der Operationen gegen Flanke oder Flügel der Russenfront Aussichten auf wesentliche (Erfolge"1) nicht zugebilligt werden könnten.
Hatte sich der deutsche Generalstabschef bisher damit begnügt, durch Zumessung des von ihm zur Verfügung gestellten Kräftezuschusies und durch gelegentliche, meist allgemein gehaltene Hinweise dafür Sorge zu tragen, daß der Kriegführung im Osten in bezug auf Zielsetzung und Kräfteverbrauch Beschränkung auferlegt wurde, so sicherte er sich im Frühjahr 1915 vor Beginn der galizischen Offensive zugleich mit der Hergabe neuer Kräfte auch eine unmittelbare und bestimmende Einwirkung auf Anlage und Leitung der Operationen. Der Durchbruch bei G o r l i c e Anfang Mai entsprach nach Plan und Ausführung durchaus der Grundanschauung, die er bisher für den Kampf gegen Rußland vertreten hatte. Ein räumlich und zeitlich begrenzter kraftvoller Offensivstoß sollte die Verbündeten endgültig von dem auf ihrer Karpaten-Front schwer lastenden Drucke der Russen befreien. Gewiß entbehrte der Entschluß auch in dieser beschränkten Zielsetzung nicht der Größe, weil er mit dem Wagnis weitgehender Kräfteentblößung an der Westfront verbunden war, er wahrte aber Handlungsfreiheit nach allen Richtungen. Auch die dann in mehreren getrennten Zeitabschnitten über den San und Przemysl bis zur Einnahme von Lemberg fortgeführte Offensive stand noch ganz im Einklang mit dieser stets die strategische Gesamtlage der Verbündeten berücksichtigenden Grundanschauung. Wohl ließ sich hierbei dank der Wirkung der glänzenden Waffenerfolge das operative Ziel unter nochmaliger, verantwortungsfreudig gewagter Zuführung frischer Kräfte allmählich erweitern. Indesien selbst im letzten Abschnitt dieses Feldzuges wurde die Aufgabe ausdrücklich dahin beschränkt, „die Operationen gegen den östlich des San befindlichen Gegner bis zu einer für unsere Zwecke genügenden Entscheidung durchzuführen"2). Mit der schweren Erschütterung der russischen Offensivkraft in Galizien, die in den siebenwöchigen Kämpfen erreicht wurde, sah General von Falkenhayn dann seinen Zwecken Genüge getan. Der „in Auflösung weichende" Gegner sollte nur noch unter starker Minderung des bisherigen deutschen Krästeeinsatzes verfolgt werden.
Am die Monatswende Juni/Juli trat ein Wandel in dieser Stellungnahme des deutschen Generalstabschefs ein. Cr fand seinen Ausdruck in dem tiefeinschneidenden und folgenreichen Entschluß, die Offensivoperationen im Osten über Galizien hinaus nach Norden auf Polen auszudehnen und an ihnen nunmehr auch die Front des Oberbefehlshabers Ost wirkungsvoll
J) von Falkenhayn, S. 54. — 2) S. 202.
Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn gegen Rußland. 621
zu beteiligen. Die Entstehungsgeschichte dieses Entschlusses läßt erkennen, daß dabei Anregungen aus dem Kreise der vertrauten Berater des Generals von Falkenhayn, besonders aber von seiten des Armee-Oberkommandos Mackensen und der österreichisch-ungarischen Heeresleitung entscheidend mitgesprochen haben. Der deutsche Generalstabschef wußte aber diese Anregungen unter Ablehnung von zu weitgehend oder ihm abwegig erscheinenden Vorschlägen zu einem Plane zu verarbeiten, in dem wiederum seine eigene, unverändert gebliebene Grundeinstellung zur Frage des Kampfes gegen Rußland den Ausschlag gab. Gewiß erkannte er an, jetzt an einem Wendepunkte der Kriegführung im Osten angelangt zu sein, wo unter kraftvoller Ausnutzung der bisher errungenen Teilerfolge zu einem einheitlichen Schlage die räumliche und zeitliche Erweiterung des operativen Zieles dringend wünschenswert und mit Rücksicht auf die allgemeine Kriegslage auch statthaft war. Zu nochmaliger Steigerung des Krästeein-satzes unter weiterer Inanspruchnahme der Mittel des westlichen Kriegsschauplatzes war er indessen nicht bereit, im Gegenteil ließ er dorthin zwei Divisionen zurückbefördern. Peinlich bemüht, nicht „uferlosen Plänen" zu verfallen, stellte er sich, übrigens in voller Übereinstimmung mit Generaloberst von Conrad, eine Aufgabe, die mit den verfügbaren Kräften unter Berücksichtigung der Gesamtlage der Mittelmächte sicher erreichbar schien. Wieder wollte er die Russen durch Schwächung und Lähmung ihrer Offensivkraft „in eine solche Lage bringen, daß sie uns in absehbarer Zeit nicht gefährlich zu werden vermögen". Auch die seit langem gehegte und ungern immer wieder zurückgestellte Absicht, dem türkischen Bundesgenossen durch die Niederwerfung Serbiens Hilfe zu bringen, machte eine Lösung wünschenswert, die den baldigen Abschluß der Offensivoperationen in Rußland versprach. Auf dieser Grundlage bot sich wie von selbst der Gedanke möglichst engen konzentrischen Zusammenwirkens der Heeresgruppe Mackensen und des Oberbefehlshabers Ost im Raume zwischen Bug, Weichsel und unterem Narew an. Ein Rückschlag schien hier so gut wie ausgeschlossen, selbst wenn im ungünstigsten Falle die Offensive nicht durchdringen oder auf halbem Wege festlaufen sollte. General von Falkenhayn glaubte jedoch mit Sicherheit an das Gelingen der Operation und hoffte auf einen großen, auch operativ bedeutenden Erfolg, „das Abschneiden der an der Weichsel und vor Mackensen stehenden feindlichen Maffen"1). Darin sah er einen „den Zwecken der Obersten Heeresleitung entsprechenden, entscheidenden Sieg". Der damalige preußische Kriegsminister, General Wild von Hohenborn, hat sich
von Falkenhayn, S. 98.
622 Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn gegen Rußland.
hierzu rückblickend in einer Aufzeichnung vom 27. August 1915 wie folgt geäußert: „Falkenhayn wollte zunächst nur bis an den San, dann trieb's ihn bis Lemberg, dann kam der Stoß am Vug entlang. Alles entwickelte sich historisch, wie ganz von selbst, eines aus dem anderen. An die letzte große Operation dachte zunächst niemand hier. Erst später wird man die Sache als »genialen Plan« in der Geschichte darstellen. Wer aber dabei mitgewirkt hat, weiß, daß die Strategie ein einfach Ding ist, bei dem ein begrenztes Ziel sich ans andere reiht, um dann ein stolzes Gesamtbild zu geben, bei dem der Laie sich Gott weiß was denkt. Übrigens folgte Falkenhayn lediglich seinem eigenen operativen Denken, wenn er anders handelte, als Hindenburg vorschlug."
Cs ftagt sich aber doch, ob die auch hier betonte grundsätzliche Auffassung des Generals von Falkenhayn von der begrenzten Wirkungsmöglichkeit einer jeden Offensivoperation in den weiten Räumen Rußlands eine hinreichende Erklärung für sein Verhalten in dem Anfang Juli beginnenden Meinungsstreit mit dem Oberbefehlshaber Ost gibt. Wenn er die von diesem vorgeschlagene Operation „nördlich des Rjemen unter gleichzeitigem Angriff auf Kowno" mit der Begründung ablehnte, daß sie „Gefahr lief, in exzentrischer Richtung zu zerflattern und lediglich zu größerer Ausdehnung zu führen"1), so vermißt man dabei eine Prüfung der Crfolgsmöglichkeiten und Aussichten des vom Oberbefehlshaber Ost, wie es scheint, zunächst zwar nur leise angedeuteten, aber doch ohne weiteres naheliegenden Gedankens der Offensive auf und über Wilna. Eine Prüfung hätte unschwer ergeben, daß diese Offensive nach Kräfteaufwand, Zeitbedarf und Raum keineswegs „nebelhaften Zielen" nachjagte, daß sie vielmehr so gut wie die Rarew-Operation im Rahmen planvoll begrenzter Kriegführung gehalten werden konnte, daß sie kaum größeren Nachschubschwierigkeiten wie diese unterlag, daß sie aber operativ, aus der Tiefe genährt, eine ungleich größere Wirkung versprach, weil ihre Stoßrichtung die Hauptlebensadern der russischen Armeen nördlich der Rokitno-Sümpfe unmittelbar bedrohte. Diese operative Wirkung ließ sich noch steigern, wenn gleichzeitig aus entgegengesetzter Richtung von Süden her an der Front der Heeresgruppe Mackensen von Anfang an ein starker Druck in den Raum ö st l i ch des Bug gegen die rückwärtigen Verbindungen der Russen südlich der Sümpfe gelegt wurde. Man mag über die viel umstrittene Frage, ob im Sommer 1915 eine in diesem Sinne auf doppelseitige Umfassung angelegte Operation die Vernichtung großer Teile des russischen Heeres und
Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn gegen Rußland. 623
damit die vom Oberbefehlshaber Ost erhoffte Feldzugsentscheidung hätte bringen können, denken wie man will, das eine dürfte außer Frage stehen, daß allein schon die in den Stoßrichtungen über Wilna und östlich des Bug liegende tödliche Rückenbedrohung von folgenschwerer Wirkung auf das Verhalten der in Polen stehenden Hauptmaste der Russen werden mußte. Am der Gefahr einer Waffenstreckung ungeahnten Ausmaßes zu begegnen, hätte es einer hastigen Kräfteumgruppierung größten Stils aus dem Raume zwischen Rarew, Weichsel und Bug an die Njemen-Front und in die Gegend östlich von Brest Litowst bedurft. Der damit unvermeidlich verbundene überstürzte Rückzug aus Polen konnte unter allseitigem Druck der Verfolger leicht in eine Katastrophe ausarten, sicher hätte er die Kampfkraft und Moral der Truppe auf das schwerste und nachhaltigste erschüttert.
Das alles waren gesunde, im Bereich des Möglichen liegende Vorstellungen, denen der verantwortliche Leiter der Operationen auch vom Standpunkt der Kriegführung mit beschränkten Zielen in seinen Überlegungen Raum geben durfte. Rückschauende Betrachtung kann sich indessen des Eindrucks nicht erwehren, daß General von Falkenhayn den Vorschlägen und Anträgen des Oberbefehlshabers Ost sowohl bei der entscheidenden Besprechung in Posen am 2. Juli wie auch in den folgenden Wochen, als diese Anträge eine festumristene Form annahmen, mit einer gewissen inneren Voreingenommenheit gegenübergestanden hat, die ihm die rein sachliche Prüfung des Für und Wider erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht hat. Bei seiner begründeten Ratschlägen und Einwürfen anderer durchaus nicht unzugänglichen Natur ist das auffallend. Die Erklärung dürfte auf psychologischem Gebiete zu suchen sein. Die vielverbreitete Annahme persönlicher Rivalität hält freilich ernster Prüfung schwerlich stand. Es genügt in dieser Beziehung, aus das Schreiben vom 24. August an Generalfeldmarschall von Hindenburg*) hinzuweisen, in dem der Generalstabschef ein männlich offenes und schönes Bekenntnis der ihn beseelenden hohen Auffassung seiner Stellung und seines Verantwortungsgefühls ablegt. Zutreffender erscheint die Deutung, daß General von Falkenhayn auf Grund der Erfahrungen früherer Zeit den verantwortlichen Persönlichkeiten im Oberkommando des Oberbefehlshabers Ost Arteilskraft über die Crfolgsmöglichkeiten im Kampfe gegen Rußland nicht im gleichen Maße wie sich selbst zuerkennen wollte. In einem Schreiben vom 8. Oktober 1915 an Generalfeldmarschall von Hindenburg hat er dem selbst mit den Worten Ausdruck gegeben: „Ich vermag mich bei meinen Vorschlägen nach den reichen Erfahrungen des letzten Winters nicht auf die Gefühle anderer.
*) S. 350.
524 Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn gegen Rußland.
sondern lediglich auf meine eigene Überzeugung zu stützen." Cs will scheinen, als ob das hier bekundete selbstsichere Festhalten an einmal für richtig erachteten Grundsätzen und Überzeugungen General von Falkenhayn in dem entscheidenden Zeitpunkt des Juli 1915 gegenüber den Gedankengängen des Oberbefehlshabers Ost befangen gemacht hat.
In den ersten Tagen nach Beginn der neuen Offensive sah er freilich noch keinerlei Anlast, seinen eigenen Plan in bezug auf die Crfolgsaussichten einer Nachprüfung oder Abänderung zu unterwerfen. Alle Anzeichen schienen dafür zu sprechen, dast sich ein großer Waffenerfolg mit beträchtlicher operativer Wirkung anbahnte. Am 20. Juli hielt er es für „in hohem Grade wahrscheinlich, daß die Entscheidung in dem Kampf gegen Rußland in dem Raum südlich des Narew fallen"1) werde. Er entschloß sich, hierzu sogar noch für die vor einigen Wochen zurückgesandten beiden Divisionen zwei andere vom westlichen Kriegsschauplatz heranzuführen. Bald folgte indessen Ernüchterung. Die Offensive geriet sowohl bei der Heeresgruppe Mackensen wie auch bei der Armee-Gruppe Gallwitz ins Stocken. Der Oberbefehlshaber Ost drängte immer wieder und immer entschiedener zur Operation seines linken Flügels gegen die russischen Verbindungen. Der Kriegsminister, General Wild von Hohenborn, und der Chef des Feld-eisenbahnwesens, Generalmajor Groener, rieten in gleichem Sinne2). Der Generalstabschef verwarf jedoch den Gedanken auch jetzt kurzerhand, da „das Festlegen unserer gesamten jetzt hier eingesetzten Kräfte bis in den Winter hinein eine sichere Folge" wäre. Mit Zähigkeit hielt er trotz der enttäuschenden Ergebnisse, die der bisherige Verlauf der Operation gebracht hatte, an seinem eigenen Plane fest. Cr glaubte nicht daran, daß der Feind, wie Generalfeldmarschall von Hindenburg mit Recht befürchtete, sich der Schlachtentscheidung in Polen durch baldigen Rückzug auf die Linie Brest Litowsk—Vialystok entziehen würde. „Vorher müssen die Russen geschlagen sein, ehe sie sich dazu entschließen"2). Am 30. Juli erhoffte er „die Niederwerfung des Gegners durch kräftigste Fortführung der im Gang befindlichen Operationen"2). Wenige Tage darauf bestand freilich kein Zweifel mehr, daß die Russen auf der Gesamtfront in Polen planmäßig den Rückzug eingeleitet hatten. An die Stelle der erstrebten Schlachtentscheidung trat die Verfolgungsaufgabe. Auch bei ihr kam dem Generalstabschef, wie er am 6. August betonte2), alles darauf an, „den in Polen befindlichen Feind durch Angriff von allen Seiten zu zerschlagen." Noch eine Woche später gab er sich der Hoffnung hin, daß es bei allseitigem scharfen Nachdrücken glücken würde, große Teile des weichenden Feindes diesseits des Arwaldes von
1) S. 315. — 2) S. 342. — 3) S. 346.
Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn gegen Rußland. 625
Bialowiez zum Kampf zu stellen, zum mindesten ihrem Rückzüge erheblichen Abbruch zu tun1).
Indessen auch diese Wünsche und Hoffnungen erfüllten sich nicht. Trotz aller Bemühungen und Anstrengungen der Verfolger entwand sich der Gegner immer und überall dem Zugriff. Mitte August konnte sich General von Falkenhayn der Wahrheit der Feststellung des Oberbefehlshabers Ost nicht mehr verschließen: „Die Operation im Osten hat. . . nicht zur Vernichtung des Feindes geführt. Der Russe hat sich, wie zu erwarten war, der Zange entzogen und läßt sich frontal in der ihm erwünschten Richtung zurückdrängen"^). Der deutsche Generalstabschef wußte sich indessen leicht und schnell mit diesem operativ unbefriedigenden Ergebnis als mit einem natürlichen Vorgänge abzufinden, den man zwar zu stören und zu erschweren suchen mußte, aber nicht zu verhindern vermochte. Sein rascher Stimmungswechsel wird verständlich, wenn man sich die Grundvorstellung vergegenwärtigt, die ihn von je beherrscht hatte, daß ein „völliges militärisches Niederwerfen Rußlands nie zu erreichen" sein würde. Bei dieser folgerichtig festgehaltenen Grundvorstellung fiel es ihm nicht schwer, die jüngsten Ereignisse in günstigem Lichte zu sehen. Nicht Enttäuschung über ein zu geringes operatives Ergebnis war am Platze, sondern Befriedigung über eine den Zwecken der Obersten Heeresleitung vollauf genügende Leistung. So empfand General von Falkenhayn die an sich unanfechtbaren Feststellungen des Oberbefehlshabers Ost als unberechtigte Kritik und sah in ihnen nur einen neuen Beweis dafür, daß man sich bei jener Kommando-behörde völlig falschen Vorstellungen über die Crfolgsgrenzen hingab, die einer jeden Offensivoperation in Rußland gezogen seien. In seiner Antwort führte er aus^):
„Eine Vernichtung des Feindes ist von den laufenden Operationen im Osten niemals erhofft worden, sondern lediglich ein den Zwecken der Obersten Heeresleitung entsprechender entscheidender Sieg . . ." Für eine Vernichtung im ganzen „fehlen einfach die Grundbedingungen. Denn man kann einen der Zahl nach weit überlegenen, frontal gegenüberstehenden Gegner nicht zu vernichten streben, der über vorzügliche Verbindungen, beliebige Zeit und unbeschränkten Raum verfügt, während man selbst in eisenbahnlosem, wegearmem Gelände mit enger Zeitbegrenzung und in Verbindung mit sehr vielen nicht stoßkräftigen, teilweise sogar nicht widerstandsfähigen Truppen zu operieren gezwungen ist". Im Anschluß hieran betonte General von Falkenhayn stark die positiven Leistungen seiner Operation und nahm das Verdienst für sie in Anspruch, daß der Feind „jetzt schon für unsere
!) S. 421. — 2) S. 347. — ») S. 348. Weltkrieg. VIII. Band.
40
626 Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn gegen Rußland.
Zwecke entscheidend geschlagen" sei, da die Russen, abgesehen von ihrer gewaltigen Gefangenen- und Materialeinbuße, Galizien, Polen und Kurland verloren hätten und nicht mehr in der Lage seien, Osterreich-Angarn „überhaupt in absehbarer Zeit ernstlich zu bedrohen".
An der hier entwickelten Auffassung hat General von Falkenhayn bis zum Abschluß des Bewegungskrieges im Osten im Herbst 1915 unentwegt festgehalten. Bei seiner endlichen Zustimmung zur späten Durchführung der Operation des Oberbefehlshabers Ost auf Wilna verwahrte er sich ausdrücklich dagegen, daß es auf irgendeine uns mögliche Weise gelingen könne, einen Feind wirklich zu schlagen, der fest entschlossen sei, ohne Rücksicht auf Opfer an Land und Leuten zu weichen, sobald er angefaßt werde, und dem dazu das weite Rußland zur Verfügung stehe1). Auch nach dem unbefriedigenden Ausgange der Wilna-Offensive betonte er noch einmal rückblickend in einem Schreiben an den Oberbefehlshaber Ost2), man könne nicht hoffen, einen zahlenmäßig überlegenen Gegner im Großen durch Umfassung tödlich zu treffen, der sich ohne Rücksicht auf Opfer an Land und Leuten nicht stellen wolle, dazu das weite Rußland und gute Bahnen hinter sich habe. Wohl aber vermöge man einen solchen Feind in für unsere Zwecke völlig genügender Weise dadurch zu schädigen, daß man ihm überall fest an der Klinge bleibe, ihn so an Verschiebungen verhindere und mit verhältnismäßig schwachen, aber fest zusammengefaßten Kräften überraschend an gut gewählter Stelle weit in seine Linien hineinstoße. Als erfolgreiche Beispiele für dieses Verfahren nannte er die „Feldzüge Mackensens, Woyrschs und Gallwih'".
And doch zeigt gerade die letzte Phase des Bewegungskrieges 1915 in Rußland, daß das immer wiederholte Bekenntnis zur Kriegführung mit beschränkten Zielen dem deutschen Generalstabschef im praktischen Handeln die Auseinandersetzung mit den widerstreitenden Wünschen und Interessen seiner eigenen Strategie nicht erspart hat. Von Ende August an befand er sich in innerem Zwiespalt. Auf der einen Seite wollte er den Feind noch weiter nach Möglichkeit schädigen und schwächen, damit er in absehbarer Zeit nicht mehr zu eigener Offensive zu erstarken vermochte, auf der anderen Seite heischte die Rücksicht auf die Gesamtlage der Mittelmächte den schnellen Abschluß der Offensive in Rußland, um ausreichend starke Kräfte für die Durchführung des serbischen Feldzuges und für die Sicherung der Westfront zu gewinnen. Der Versuch, beiden Gesichtspunkten gleichzeitig und gleichmäßig Rechnung zu tragen, erwies sich als undurchführbar. Trotz inneren Widerstrebens sah sich General von Falkenhayn veranlaßt, in die zunächst
*) S. 492. — 2) Schreiben vom 8. Oktober 1915.
Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn gegen Rußland. 627
nur als Sonderunternehmungen mit begrenzten Zielen gedachten Offensivoperationen der beiden Heeresflügel mit den Kräften der Heeresmitte in einem Umfange unterstützend und entlastend einzugreifen, der weit über feine ursprünglichen Absichten hinausging. Und doch wurde dabei, wie besonders die Ereignisse an der Front des Verbündeten bewiesen, der Feind durchaus nicht „in für unsere Zwecke völlig genügender Weife" geschädigt. Andererseits beeinträchtigte die hierdurch auf längere Zeit hervorgerufene Verausgabung starker Kräfte an nicht gewollten Stellen die Entschluß- und Handlungsfreiheit für die Aufgaben der anderen Kriegsschauplätze. Der Gefamtkriegführung hätte es zweifellos gerade vom Standpunkte des Generals von Falkenhayn mehr entsprochen, wenn er Ende August an dem Entschlüsse, die Operationen im Osten abzubrechen, festgehalten und folgerichtig auch die Sonderunternehmungen der beiden Heeresflügel unterbunden hätte. Cs wäre dann möglich gewesen, sowohl die Offensive gegen Serbien zu einem früheren Zeitpunkte mit den für beide Verbündete vorgesehenen gleichstarken Kräften, also ohne die höchst unerwünschte Steigerung des deutschen Aufgebots zu eröffnen, als auch rechtzeitig starke Reserven für die Verwendung auf dem westlichen Kriegsschauplätze verfügbar zu machen.
So schloß der Bewegungskrieg des Jahres 1915 im Osten zwar mit gewaltigem Raumgewinn und, soweit die deutsche Front in Frage kam, auch mit schwerer Erschütterung der Kampfkraft der Russen. Roch aber hielten diese das Feld. Der Erfolg war mit all den Nachteilen erkauft worden, die für die auf der inneren Linie kämpfenden Mittelmächte in der Festlegung erheblicher Streitkräfte und Kampfmittel in weitgedehnten Stellungen tief in Feindesland lagen. Ob dieses unter bewußtem Verzicht auf entscheidungsuchende Kriegführung erzielte Ergebnis im Sinne strategischer Rückensicherung ausreichte, um nunmehr den Cntscheidungskamps gegen die Franzosen und Engländer mit Aussicht auf Erfolg wieder aufzunehmen, war die Schicksalsfrage, vor die sich die deutsche Oberste Heeresleitung um die Jahreswende 1915/1916 gestellt sah.
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Anlage 1 auf losem Blatt bei „Karten und Skizzen".
Anlage 2.
Das beiderseitige Kräfteverhältnis an Infanterie auf dem lVeftkriegsfchauplatz um Mitte Juni
Am 11. Juni 1915 wies General von Falkenhayn in einer Drahtung an den Oberbefehlshaber Ost darauf hin, daß dem Westen weitere Kräfte nicht entnommen werden könnten: „Da die an militärischem Wert hochstehenden Westgegner über etwa 600 Bataillone in der Front mehr verfügen als wir, ist dies auch nicht überraschend."
Auch auf seiten des Feindes ist man sich zu dieser Zeit einer sehr bedeutenden Überlegenheit bewußt gewesen.
1. Die deutsche Berechnung.
Die Gesamtzahl der Bataillone des deutschen Westheeres betrug 1156. Da die im Reichsarchiv vorhandenen Truppenübersichten der deutschen Westarmeen hinsichtlich der Stichtage zwischen dem 5. April und dem 30. Juni 1915 — also fast ein Vierteljahr — auseinander liegen, so sind Fehler bei der heutigen Berechnung unvermeidlich. 91 Bataillone, die in den Übersichten fehlten, sind eingerechnet. Landsturm-Bataillone sind nur so weit mitgezählt, als sie sich tatsächlich in der Front befanden, an Festungsbesatzungen nur die von Metz (ohne Landsturm). Rekrutendepots sind unberücksichtigt geblieben.
Auf Grund der von der Nachrichten-Abteilung beim Chef des Generalstabes des Feldheeres bis zum 11. Juni gemachten Angaben über den Feind ergibt sich das Folgende:
Die Zahl der französischen Bataillone in Frankreich betrug 1326. Dabei sind alle bekannten Territorial-Divisionen — auch die zur Zeit in Paris vermuteten — sowie die als fraglich bezeichneten Divisionen 151, 152, 155 mitgerechnet.
Das britische Heer in Frankreich umfaßte 399 Bataillone. Dabei sind eingerechnet sechs einzelne englische aktive Bataillone, 46 Territorial-Bataillone und 42 indische Bataillone außer Divisionsverband sowie 72 Bataillone der Divisionen 9 bis 14, die man in Frankreich anwesend glaubte. Die Anwesenheit dieser 166 Bataillone wurde zum Teil nur vermutet (Agentenangaben); zum Teil war ihre Verwendbarkeit als Fronttruppen fraglich.
Die Zahl der belgischen Bataillone betrug 61.
Den deutschen 1156 Bataillonen sollten somit insgesamt 1786 feindliche gegenüberstehen. Das ergab eine Überlegenheit der Gegner um 630 Bataillone. Allerdings waren bei Einschätzung der britischen Truppen die Unterlagen sehr unsicher.
630 Beiderseitiges Kräfteverhältnis cm Infanterie auf dem Westkriegsschauplah.
2. Amtliche französische Angaben.
Das französische amtliche Werk^) beziffert die Gesamtstärke der Mitte Juni 1915 auf dem Westkriegsschauplatz den Deutschen gegenüberstehenden verbündeten Truppen auf
1360 französische Bataillone (davon etwa 280 Territorial-Vataillone),
318 britische Bataillone,
76 belgische Bataillone,
also im ganzen auf 1754 Bataillone und schätzt, vermutlich auf Grund von Berechnungen vom Juni 1915, die Zahl der deutschen Bataillone auf 1128.
Nach dieser Berechnung hätte die Überlegenheit der verbündeten Franzosen, Briten und Belgier 626 Bataillone betragen.
3. Das tatsächliche Verhältnis.
Legt man für die deutsche Seite die unter Ziffer 1 errechneten, für die Gegner die im französischen amtlichen Werk enthaltenen Zahlen zugrunde, so ergibt sich, daß um Mitte Juni 1915
1156 deutschen Bataillonen 1754 französisch-britisch-belgische gegenübergestanden haben, daß also die Überlegenheit der Gegner 598 Bataillone betrug.
i) Franz. amtl. Werk, III, S. 161.
Angaben über Aufstellung, Ausbildung u. Verwendung der „Kitchener"-Truppen. 631
Anlage 3.
Einige Angaben über Aufstellung, Ausbildung und Verwendung der britischen „Aitchener"-Truppei?).
Großbritannien verfügte bei Kriegsausbruch über 450 000 Mann reguläre Truppen^, etwa 300 000 Mann Territorial-Truppen und etwa 350 000 Mann Rational-Reserve. Von den regulären Truppen standen 118 000 Mann außerhalb des Heimatlandes. Für eine Verwendung in dem nach Frankreich zu entsendenden Expeditionskorps kamen zunächst nur in Betracht: von den regulären Truppen, die in der Heimat stehenden (332 000 Mann) und von den Territorialen diejenigen Mannschaften, die sich bereit erklärt hatten, im Falle der Gefahr außerhalb des Landes Dienst zu tun (17 621 Mann), zusammen also rund 350 000 Mann.
Ant 5. August 1914 gab das House of Commons die Genehmigung zu einer Vermehrung der regulären Armee um 500 000 Mann. Der am 6. August zum Staatssekretär des Krieges ernannte Lord Kitchener hielt diese Maßnahme für unzureichend und eine weitere Verstärkung für erforderlich. Cr hatte den Plan, neben den bestehenden Verbänden eine ganze Reihe neuer, sog. „Kitchener"-Divisionen aufzustellen. Die Bildung dieser Formationen konnte der englischen Verfassung entsprechend nur auf dem Wege der Anwerbung erfolgen. Am 7. August 1914 erließ die Regierung durch Anschlag und in der Presie einen Aufruf, der zur freiwilligen Meldung von 100 000 Rekruten aufforderte. Die Zahl war in wenigen Tagen erreicht, die Werbungen wurden, da der Zustrom anhielt, fortgesetzt. Mitte September 1914 waren bereits 500 000 Freiwillige eingestellt. Jetzt mußten einschränkende Verfügungen erlassen werden, weil die vorhandenen militärischen Einrichtungen für ein derartiges Anwachsen des Heeres nicht ausreichten. Unterbringung und Beschaffung der nötigen Bekleidung und Ausrüstung machten Schwierigkeit. Die Bedürfnisse konnten zum großen Teil nur durch Abschlüsse mit dem Ausland befriedigt werden. Am empfindlichsten war der Mangel an Ausbildungspersonal. Am 17. August wurde durch Gesetz die Wiedereinstellung ausgeschiedener Unteroffiziere bewilligt. Reben der auf Anordnung Lord Kitcheners erfolgenden Zurückhaltung von 500 gerade nach Indien versetzten Offizieren diente die Heranziehung aller bei den Depotformationen irgend verfügbaren aktiven Offiziere, der Reserveoffiziere, der Territorialoffiziere der Ausbildungskorps, der verwundeten und wiederhergestellten Offiziere und besonders ausgebildeter und zu Offizieren beförderter Unteroffiziere zur Schaffung des unteren Führerpersonals.
Das Fehlen genügender Waffen beeinträchtigte die Ausbildung in hohem Maße.
Am 11. Oktober sah sich die Regierung gezwungen, wegen starken Rückganges der Freiwilligenmeldungen einen Teil der Mitte September erlassenen einschränkenden Bestimmungen wieder aufzuheben. Gleichzeitig erfolgte die Einsetzung eines Parlamentarischen Rekrutierungskomitees, das die Werbetätigkeit einheitlich organisieren sollte. Während die übrigen Waffen sich nach wie vor aus ihren bestehenden Depots ergänzten, wurde für den Freiwilligenersatz der Infanterie das ganze Land in Bezirke eingeteilt, die im allgemeinen den Landschaften entsprachen. Größere Städte bildeten eigene Bezirke. Jeder dieser Bezirke sollte die Rekruten für ein bestimmtes Regiment liefern. Die Anwerbungen für die Territorialtruppen liefen nebenher.
!) Rach den Angaben des brit. amtl. Werkes. 2) Aktive Truppen, Reserve, Spezialreserve.
652 Angaben über Aufstellung, Ausbildung u. Verwendung der „Kitchener"-Truppen.
tlo betrug die Zahl der bis Ende 1914 eingestellten Freiwilligen
1 186 337 Mann, die Durchschnittszahl für die Monate November 1914 bis Zum 1918 belief sich auf 125 000.
2ltn 19. Mai 1915 erließ Lord Kitchener einen neuen Aufruf, in dem weitere 300 000 Rekruten verlangt wurden. Die Wirkung blieb diesmal hinter den früheren Crgebmffen zurück, im Zum meldeten sich nur 115 000 Mann.
Inzwischen hatten sich für die kriegswichtigen Betriebe des Landes die Nachteile gezeigt, daß sie zum Teil - z. 23. der Bergbau - ihre unbedingt nötigen Arbeits-ichc e™Mfjtett- £lm hier abzuhelfen, sah sich die Regierung gezwungen, am 15. Juli 1J15 den „National Registration Act“ einzuführen, d. H. die zwangsweise Registrierung aller männlichen und weiblichen Untertanen zwischen 15 und 65 Jahren nach Alter^ Geschlecht, Wohnort, Beruf und Tauglichkeit. Rach Abschluß dieser Listen am 15. September wurden einzelne Crwerbszweige für die Hergabe von Freiwilligen gesperrt. Die Listen der Riänner im Alter zwischen 18 und 41 Jahren wurden den Rekrutierungsbehörden ausgehändigt, damit bei diesen Persönlichkeiten, soweit sie nicht gesperrten Berufen angehörten, eine erhöhte Werbetätigkeit einsetzen konnte.
Am 11. Oktober 1915 wurde Lord Derby zum obersten Leiter des Rekrutierungswesens (Director-General of Recruiting) ernannt. Cr legte bereits am 16. Oktober einen Gesetzentwurf (Derby Scheme) vor, der den letzten Versuch darstellt am Freiwilligensystem festzuhalten. Danach war es auch weiter gestattet, sich zum unmittelbaren Diensteintritt bei einem Truppenteil zu melden. Diejenigen, die dies nicht wollten, sollten sich in besondere Listen einschreiben mit der Verpflichtung in der Stunde der Gefahr dem Rufe der Regierung zu den Waffen zu folgen. Bei der Annahme des Gesetzentwurfes gab der Premierminister Asquith die Versicherung ab, daß im Bedarfsfall zunächst auf die Unverheirateten zurückgegriffen werden sollte. In diese Derby-Listen schrieben sich bis zum 15. Dezember 1915 2184 979 Mann ein, wahrend sich daneben in der gleichen Zeit 215 431 Mann zum sofortigen Diensteintritt meldeten. Die Gesamtzahl der im Jahre 1915 eingestellten Freiwilligen betrug 1 280 362.
Die Freiwilligenverbände wurden für die Ausbildung in Kitchener-Divisionen, diese zu Kitchener-Armeen zusammengefaßt, von denen jede aus sechs Divisionen bestand. Cs wurden gebildet: die 1. Kitchener-Armee am 21. August 1914, die 2. am 11. September 1914, die 3. am 13. September 1914. Die 4. und 5. Armee bestanden rum Teil ebenfalls bereits 1914, wurden aber umgebildet und erhielten erst am 27. April 1915 ihre endgültige Gestalt.
Von den Kitchener-Divisionen, die die Nummern von 9 bis 26 und von 30 bis 41 führten, wurden eingesetzt: 26 in Frankreich, 3 an den Dardanellen, 2 zunächst in Ägypten, später in Frankreichs). Vis zum Schluß des Jahres 1915 waren 21 Divisionen in Frankreich eingetroffen, eine davon im November 1915 wieder nach dein Balkan abbefördert. Der Einsatz in die Front erfolgte, soweit die Creigniffe nicht etwas anderes bedingten, erst nach einer Ausbildung hinter der Front von etwa zwei Monaten.
Der Gefechtswert der Kitchener-Divisionen hat nach englischem Llrteil niemals den der alten regulären Divisionen erreicht. Der gute Wille von Führer und Truppe ihre geistigen Fähigkeiten und ihr Eifer konnten nicht die unvollkommene Ausbildung und den Mangel an Erfahrung ausgleichen.
H Mit dem Augenblick der Landung fiel der Begriff „Kitchener"-Armee fort, und die Truppen wurden den dort bestehenden Armeen zugeteilt.
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General Luigi Eadorna: „La guerra alla fronte italiana.“ („Der Krieg an der italienischen Front.") Zwei Bände. Mailand, Fratelli Treves. 1921. '
Luigi Eadorna: „Altre pagine sulla grande guerra.“ („Andere Blätter über den großen Krieg.") Mailand, A. Mondadori. 1925.
Antonio Salandra: „La neutralitä italiana.“ („Die italienische Neutralität.") Mailand, A. Mondadori. 1928.
Antonio Salandra: „L’intervento.“ („Die Intervention.") Mailand, A. Mondadori. 1930.
Italienisches Grünbuch über Österreich-Ungarn. Berlin 1916.
Oberst Adriano Alberti: „L’arione militare italiana nella guerra mondiale“ („Die militärische Aktion Italiens im Weltkrieg"). Rom 1924.
10. Serbische Quellen.
„Der große Krieg Serbiens für die Befreiung und Vereinigung der Serben, Kroaten und Slowenen." Herausgegeben vom Großen Generalstab,' Belgrad.
personenverzejchms.
Adams, Genmaj., General der Pioniere bei der Armee-Abtlg. Woyrsch 407.
Albert, König von Belgien 54. Albrecht, Herzog von Württemberg, Generaloberst, Oberbefehlshaber der 4. Armee 38. 45. 78.
Albrecht, Genmaj., Kdr. d. 1. Garde-Res. Div. 104. 286. 291. 312. Alexejew, russ. Gen. d. Inf., bis 31. 8. 1915 Oberbefehlshaber der Nordwestfront, später Chef des Generalstabes des Feldheeres 116. 131. 263. 416. 436. 438—443. 445—452. 471. 480. 525. 587. 594. von Arnim, Genmaj., Kdr. der
3. Ldw. Div. 407.
Arz von S t r a u ß e n b u r g, ö.-u. Feldmarfchalleutnant, Komm. Gen. des VI. Korps 142. 146. 169.
Baerecke, Oberst, Chef des Gen. St.
XI. A. K. 365.
Beckmann, Genmaj., ab 18.6.1915 Genlt., Führer einer zusammengesetzten Division 121. 123. 125. 344. 457. 464. 466. 467. 476. 477. 498. 499. 504. 533. 535—537. 547. von Vehr, Genmaj., Kdr. der 119. Inf.-Div. 142. 178. 186. 219. 221. 223. 224. 226. 557.
Beldiman, rumän. Gesandter in Berlin 11. von Velow (Hans), Genmaj., Kdr. der 6. Nes. Div. 464. 546. von Velow (Otto), Gen. d. Inf., Oberbefehlshaber der 8. Armee, später der Njemen-Armee 104. 124—126. 300. 320. 457—460. 462—467. 469. 471. 533-535. 545. 546.
Nitter von Venigni, ö.-u. Feldmar-schalleutnant, Führer einer zusammengesetzten Gruppe 239. 240. 563. 564. 573. 592. von Verendt, Oberst 277. 284.
376.
Bergmann, Genmaj., Chef des Gen.-St. der Armee-Gruppe Lochow 69. B e r n d t, ö.-u. Genmaj., Führer der
4. Kav. Div. 210. 215. 570. 577. vonBerrer, Genlt., Kdr. der 31. Inf.-Div. 472. 477. 485. 516. von Beseler, Gen. d. Inf., Komm. Gen. d. III. Res. K., Führer einer zusammengesetzten Gruppe, ab 26.8. 1915 Generalgouverneur d. Generalgouvernements Warschau 104. 311. 321. 334. 336. 351. 352. 375—379. 487. von Besser, Genlt., Kdr. der 47. Res.-Div. 187.
von Bethmann Hollweg, Reichskanzler 11. 15. 16. 601. 602. 604. 605. 607—610.
Bobyr, russ. Gen. d. Kav., Kdt. der Festung Rowogeorgiewsk 379. von Bockelberg, Major im Gen.« St. des Oberbefehlshabers Ost 481 498.
Boöß, Genmaj., Kdr. der 79. Res. Div. 477.
von Böhm-Crmolli, ö.-u. Gen. d. Kav., Oberbefehlshaber der 2. Armee 210. 219. 229. 564. 572. 573. 589. 591. 592.
Cdler von Bolzano, ö.-u. Oberst, Führer einer komb. Inf. Brig. 155. 158. 250—252. 572.
Bontsch-Bru jewitsch, russ. Genmaj., Chef des Gen. St. der Rord-front 539.
640
Personenverzeichnis.
Voroevie voti Bojna, ö.-u. Gen. d. Inf., Oberbefehlshaber der 5. Armee 7. 26. 30.
von Borries, Genlt., Kdr. der 52. Inf. Div. 80.
Graf von Bothmer, Gen. d. Inf., Führer eines zusammengesetzten Korps, ab 6. 7. 1915 Oberbefehlshaber der Südarmee 154. 155. 194. 204. 205. 209—215. 237. 238. 250— 252. 385. 572—574. 576. 585.
Bratianu, rumän. Ministerpräsident 11.
vonBredow, Genlt., Kdr. d. 42. Inf.-Div. 488.
Graf von Bredow, Genlt., Führer einer Ldw. Div. 148. 153. 172. 405— 408. 410. 428. 559.
Vreugel, Clifford Kocq von, Genlt., Führer einer zusammengesetzten Division, später Kdr. d. 85. Ldw. Div. 19. 104. 288. 289.
Brosius, Genmaj., Kdr. der 77. Res.-Div. 473.
Brussilow, russ. Gen. d. Kav., Oberbefehlshaber der 8. Armee 140. 189— 191. 261. 262. 438. 441. 586. 587.
Fürst von Bülow, Botschafter in Rom 3. 4. 10. 11.
Baron Bitriärt, ö.-u. Minister des Äußeren 4. 606.
FreiherrvondemBussche, deutscher Gesandter in Bukarest 11.
Graf Cadorna, ital. Genlt., Chef des Gen. St. 3. 27—29. 31. 33.
von Carlowih, Gen. d. Inf., ab 26.8.1915 Komm. Gen. des III. Res.-K. 487. 499. 504. 508—511. 515. 517 —521.
Chales d e Beaulieu, Genlt., Kdr. der 12. Inf. Div. 93.
von Claer, Gen. d. Inf., Komm. Gen. d. VII. A. K., ab 29. 6. 1915 General vom Ingenieur- und Pionierkorps im Gr. H. Qu. 64. 98.
Clausius, Genlt., Kdr. der 10. Ldw.-Div. 289. 363.
von Cochenhausen, Hauptmann, Generalstabsoffizier der 115. Inf.-Div. 530.
Freiherr Conrad von Hötzen-d o r f, ö.-u. Gen. d. Inf., ab 22. 6. 1915 Generaloberst, Chef des Gene-ralstabes 1. 2. 5—10. 25. 32. 33. 139. 147. 148. 172. 174. 184. 194. 198.
201. 203. 204. 211. 212. 216. 232.
241. 242. 245—249. 257—261. 266. 269. 274. 315. 340. 341. 349. 383.
385—387. 397. 398. 405. 408—410. 412. 416—418. 420. 422. 424-427. 432—434. 493. 513. 550. 551. 564. 566. 568. 570. 571. 574. 576—579.
583. 588. 589. 598. 599. 602. 606.
608. 609. 611. 616—618. 621. von Conta, Genlt., Kdr. der 1. Inf.-Div. 154. 209. 394. 560. 581-584. 590. 591.
d e Curisres de Castelnau, franz. General, Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Mitte 85. Czibulka, ö.-u. Feldmarschalleutnant, Führer einer zusammengesetzten Gruppe, später Komm. Gen. des XVIII. Korps 155. 156. 204. 206. 208. 212. 216. 239. 563. 564. 567. 574—576.
Danilow, russ. Gen. d. Inf., Generalquartiermeister, später Führer des XXV. Korps 436. 444. 448. 452. 481. Dankl, ö.-u. Gen. d. Kav., Landes-verteidigungskommandant in Tirol 26.
von Dickhuth-Harrach, Genlt., Führer eines zusammengesetzten Korps, später Kdr. der 87. Inf. Div. 19. 104. 290. 293. 295. 298. 311. 321. 375. 376. 378. 484.
Dieffenbach, Genlt., Kdr. der 22. Inf. Div. 220.
Baron Digeon von Monteton, Oberst, Führer einer zusammengesetzte Brig. 130. 499. 509. 547. von Diringshofen, Genlt., Führer einer zusammengesetzten Gruppe 336.
Pers onenverzeichnis.
641
Burggraf und Graf zu Dohna-Schlobitten, Gen. d. Kav., Führer einer zusammenges. Gruppe 106. von Dorrer, GenlL., Kdr. d. 44.Rest-Div. 402.
Doumer, franz. Minister 597.
von Eben, Gen. b. Inf., Komm. Gen. des 1.A. K., später Führer einer zusammengesetzten Gruppe 281. 290. 293. 294. 296. 298. 299. 305-307.
309—311. 314. 322—332. 354—356.
358. 499—501. 503—505. 508—510.
512. 513. 515. 517. 518. 520. 527.
528. 542.
von Eichhorn, Generaloberst, Oberbefehlshaber der 10. Armee 104. 120. 126. 129. 472—478. 484—487. 489. 494. 499. 505. 507. 512. 517. 519. 521. 524. 529.
Eitel Friedrich Prinz von Preußen, Oberst, Kdr. der 1. Garde-Inst-Div. 142. 224.
El st ermann von Elster, Genmaj., ab 18. 6. 1915 Genlt., Kdr. der 76. Res. Div. 106. von Cmmich, Gen. d. Inf., Komm. Gen. des X. A. K. 143. 145. 147. 154. 162. 168. 170. 230—232. 401—404. 413. 415. 419.
Enver Pascha, osman. General, stellv. Oberbefehlshaber der türk. Streitkräfte zu Wasser und zu Lande 600.
von der (Esch, Genmaj., Kdr. der 105. Inf. Div. 392. 402.
Freiherr von Esebeck, Genmaj., Führer einer Truppenabteilung 104. 107. 116. 119. 457. 464. 466. 467. 476. 478. 479. 484. 486. 489. 500. 509. 512. 547. von Essen, rufst Admiral, Oberbefehlshaber d. Ostseeflotte 115. 441. von C st o r f f, Genmaj., Kdr. der 103. Inf. Div. 387. 394.
Eugen, Erzherzog von Österreich, ö.-u. Gen. d. Kav., Oberbefehlshaber der Südwestfront 26.
Cwert, rufst Gen. d. Inf., Oberbefehlshaber der 4. Armee, ab 2. September 1915 Oberbefehlshaber der Westfront 140. 189. 389. 431.
529. 594.
Fabarius, Genmaj., Kdr. d. 82. Rest-Div. 164. 554. von Fabeck, Gen. d. Inf., Oberbefehlshaber der 1. Armee, ab 22. 9. 1915 der 12. Armee 518. von Falk, Genlt., Kdr. der 2. Inf.-Div. 281. 284. 287. 288. 322. 323. 326. 396. 398. 399. 505. 508. Freiherr von Falkenhausen, Generaloberst, Oberbefehlshaber einer Armee-Abteilung 50. 56. 82. 92. von Falkenhayn, Genlt., Chef des Gen. Stabes des Feldheeres 1—12. 17. 18. 21. 22. 33. 35. 38. 39. 55—57. 60. 63. 64. 67. 69. 72. 73. 77. 79. 80. 89. 91. 92. 94. 96. 99—102. 114. 121. 123. 127—129. 139. 159. 160. 188. 193. 198—203. 241—249. 257—261. 264—267. 269. 273—277. 281. 300. 308. 310. 315. 317—319. 340—344. 346. 348—351. 360. 363. 367. 370— 372. 379. 382—388. 397. 398. 405. 408—410. 412. 413. 416—418. 420. 421. 423—426. 429. 431—434. 456. 468. 483. 493. 494. 502. 510. 544. 549—553. 555. 556. 570. 574. 577. 578. 582. 583. 598—605. 607—611. 613—627.
von Falkenhayn, Gen. d. Kav., Komm. Gen. des XXII. Rest K. 222. 227. 228. 245. 413.
Ritter von Fasbender, Gen. d. Inf., Komm. Gen. des I. bayer. Rest K., Führer einer Armee-Gruppe 59. 61. 64. 65. 68—70. 91.
Fath, ö.-u. Feldmarschalleutnant, Führer eines zusammengesetzten Korps 592.
Ferdinand, König von Rumänien 11.
Ferdinand, König von Bulgarien 611.
Weltkrieg. VIII. Band.
41
642
Personenverzeichnis.
Fleischmann von Theißruck, ö.-u. Major im Gen. St., Verbindungsoffizier beim Oberbefehlshaber Ost 269. 317. 319. 510.
Foch, franz. General, Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Nord 46. 51—53. 73. 76. 85. 92. 95. 96. von Francois, Gen. d. Inf., Komm. Gen. des XXXXI. Res. K., ab 29. 6. 1915 des VII. A. K. 98.
147. 151. 152. 163. 166. 169. 171.
173—175. 177. 178. 180. 183—185.
188. 189. 224. 231. 382.
Franz Joseph I., Kaiser von Österreich, König von Ungarn 3. French, Sir John, brit. Feldmarschall, Oberbefehlshaber der britischen Truppen in Frankreich 46.
51—54. 72. 84.
Freiherr von Freytag-Lori nghoven, Genlt., General-quartiermeister 100. von Friedeburg, Genmaj., Kdr. d.
3. Garde-Inf. Div. 154.
Ritter von Frommel, Gen. d. Kav., Höh. Kav. Kdr. 3 104. 334. 339. 361. 410. 501. 542. 555. Fuchs, Genlt., Kdr. d. 16. Inf. Div. 51. 70.
von Gabain, Genmaj., Kdr. d.5. Inf.-Div. 88.
Gaede, Gen. d. Inf., Oberbefehlshaber einer Armee-Abteilung 35. 49—51. 72. 82. 90. 92. von Gallwitz, Gen. d. Art., Führer einer Armee-Gruppe, vom 7. 8. bis 22. 9. 1915 Oberbefehlshaber der 12. Armee 104. 106. 123. 128. 129. 132. 134. 137. 138. 259. 266—270.
274. 276. 278-286. 288-295. 297— 301. 304—310. 312—319. 321—333. 335. 336. 340. 345. 349. 351—353.
356. 357. 359—362. 364—366. 368.
370—376. 380. 398. 415. 447. 458.
467. 473. 518. 531. 602. 624. 626.
Gantschew, bulg. Oberstlt. 612.
von Garnier, Genlt., Führer eines Kav. Korps, später Höh. Kav. Kdr. 6 486. 488. 495. 499. 501. 504. 505. 508-521. 523. 535. FreiherrvonGebsattel, Gen. d. Kav., Komm. Gen. des III. bayer. A. K. 82.
Gentner, Genmaj. 238.
Gereke, Genmaj., Führer einer Landst.-Div. 335. 336. 410. 415. vonGerok, Gen. d. Inf., Komm. Gen. d. XXIV. Res. K. 154. 155. 157.
192. 193. 197. 204—207. 209-211.
213. 214. 237. 250—252. 385. 390.
391. 396. 399. 427. 554. 560. 578.
579. 581—583. 590. 592. von Gersdorff, Genlt., Kdr. der 58. Inf. Div. 62. 330. 513. Giolitti, ital. Staatsmann 4. Freiherr von der Goltz, General-feldmarschall, zugeteilt dem Kaiser der Osmanen 603.
Freiherr von der Goltz, Gen. d. Kav., Kdr. der 50. Res. Div. 292. 311. 312.
Freiherr von der Goltz, Maj., Militärattache in Sofia 601. Gorbatowski, russ. Gen. d. Inf., Oberbefehlshaber der 13. Armee, ab 27. August 1915 der 12. Armee 389.. 538.
Göringer, Genlt., Kdr. der 1. bayer.
Res. Div. 60.
Graf Grabbe, russ. Genmaj., Führer eines Kav. Korps 469. Grigoriew, russ. Gen. d. Kav.,. Kdt. der Festung Kotono 479. 481.
Groener, Oberst, später Genmaj., Chef des Feldeisenbahntoesens 97. 244. 248. 316. 342. 343. 386. 388. 433. 624.
von Gronau, Gen. d. Art., ab 11.9. 1915 Komm. Gen. d. XXXXI. Res.-K. 578. 590. 592. 593.
Grünert, Genmaj., Chef des Gen. St.. der 9. Armee 333.
Personenverzeichnis.
643
Prof. Dr. Haber, Geh. Reg.-Rat, Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für physikalische Chemie und Elektrochemie, Leiter der Chemischen Abteilung des Preußischen Kriegsministeriums 38.
von Hadfy, ö.-u. Feldmarschalleut-nant, Kdr. der 39. Inf. Div., später Führer einer zusammenges. Gruppe 164. 592.
Hahn, Genlt., Kdr. der 46. Res. Div. 40.
von Hahn, Genlt., Kdr. der 48. Res.-Div. 158.
von Hahn, Genmaj., Kdr. d. 35. Inf.-Div. 288.
von Hänisch, Genlt., Komm. Gen. des XIV. A. K. 62—65. 74.
Freiherr von Hanstein, Genmaj., Kdr. der 8. Inf. Div. 88.
Freiherr von Hauer, ö.-u. Gen. d. Kav., Führer eines Kav. Korps 577. 579. 581. 582. 584. 590—592.
von Heineecius, Genlt., Kdr. der 36. Inf. Div. 286. 313.
Heinrich, Prinz von Preußen, Großadmiral, Oberbefehlshaber der Ost-seestreitkräfte 105. 108. 114. 118. 460. 468.
Hell, Oberst, Chef des Gen. St. der 10. Armee 475. 501. 506. 507.
von Hellingrath, Genlt., Kdr. der bayer. Kav. Div. 109. 110.
Ritter von Hemmer, Oberstlt., Chef des Gen. St. der Südarmee 565.
Ritter von Henriquez, ö.-u. Feldmarschalleutnant, Führer einer zusammengesetzten Gruppe 564. 571. 573. 575. 576.
Graf Herber st ein, ö.-u. Genmaj., Führer eines Kav. Korps 577. 579— 584. 590.
von Heuduck, Genmaj., Kdr. der 9. Kav. Div. 514.
von Heydebreck, Genlt., Kdr. der 5. Kav. Div., Führer eines Kav.-Korps 390. 392—395. 413. 425—427. 429. 430. 565. 566. 581—583.
Heye, Oberstlt., Chef des Gen. St.
der Armee-Abtlg. Woyrsch 199. 200. 405.
von Hindenburg, von V e -
neckendorffund , General-
feldmarschall, Oberbefehlshaber Ost 103—138. 198—202. 244. 247. 259— 261. 264—380. 397. 398. 408. 410.
416. 423. 435. 456—551. 556. 613.
616-626.
von Hofacker, Genmaj., Kdr. der
4. Ldw. Div. 407.
H o f f m a n n, Oberstlt., Erster Gen. St. Offz. des Oberbefehlshabers Ost 278. 328. 353. 506. 523.
Hofmann, Genlt., Kdr. der 19. Inf.-Div. 143. 145. 232.
Hofmann, ö.-u. Feldmarschalleut-nant, Führer eines zusammengesetzten Korps 154. 155. 158. 192—194. 197. 204. 205. 207. 209—211. 213. 250. 563. 567. 572. 573. 575. 576. 592. von Hofmann, Genmaj., Kdr. der 4. Kav. Div. 508.
Freiherr von Hollen, Genlt., Kdr. der 37. Inf. Div. 495. 501. 502. von Homeyer, Genmaj., Führer einer zusammengesetzten Brig. 457. 465. 533. 534. 546. 547.
Hopman, Konteradmiral 115. 118.
House, amerik. Oberst 605. Freiherr von Hügel, Gen. d. Inf., Komm. Gen. des XXVI. Res.-K. 39. 42. 44.
Dr. Hünermann, Generalarzt 331. Hüther, Oberst, General der Fuß-artillerie bei der 9. Armee 337. von Hutier, Genlt., Komm. Gen. des XXI. A. K. 484. 486. 488. 499. 500. 503. 504. 508—513. 515. 517. 518. 520—523. 532.
Graf Ignatiew, nt ff. Oberst, Mil.-Attache im franz. Gr. H. Qu. 447. Ilse, Genmaj., Chef des Gen. St. der 4. Armee 39. 43.
Isbert, Genlt., Kdr. der 29. Inf. Div. 62.
41*
644
Personenverzeichnis.
Iwanow, russ. Gen. der Art., Oberbefehlshaber der Südwestfront 190. 191. 261. 262. 436. 439. 441. 443. 445. 585—587. 594. 595.
von Iaeobi, Gen. d. Inf., Kdr. der 1. Ldw. Div. 496.
von Iagow, Staatssekretär des Auswärtigen Amtes 5. 603. 605.
Ianuschkewitsch, rusi. Gen.d. Inf., bis 31. 8. 1915 Chef des Gen. St. des Feldheeres 380. 436. 440—443. 448. 449. 451. 481.
I o f f r e, franz. General, Höchstkommandierender an der Front gegen Deutschland 51. 52. 54. 55. 71. 84. 85. 96. 439.
Joseph Ferdinand, Erzherzog von Österreich, ö.-u. Gen. d. Inf., Oberbefehlshaber der 4. Armee 145. 220. 403. 569—571. 574. 577—
580.
Kabisch, Oberst, Chef des Gen. St. des XVII. Res. K. 309.
Kaiser, ö.-u. Feldmarschalleutnant, Führer einer zusammenges. Gruppe 212. 216. 239.
Kanin, rusi. Admiral, Oberbefehlshaber der Ostseeflotte 441.
Kasnakow, rusi. Genlt., Führer eines Kav. Korps 469. 509. 542.
von Kathen, Gen. d. Inf., Komm. Gen. des XXIII. Res. K. 39. 45.
Keller, Major, Erster Generalstabsoffizier der 10. Armee 129. 474. 498. 505. 506. 528.
Kestranek, ö.-u. Feldmarschalleutnant, Kdr. der 12. Inf. Div. 165.
Freiherr von Kirchbach, ö.-u. Gen. der Kav., Komm. Gen. des I. Korps 140. 172.
Kitchener, Lord, brit. Feldmarschall, Staatssekretär des Krieges 52.
von Kleist (Alfred), Genmaj., Kdr. der 115. Inf. Div. 60. 484. 500.
von Kleist (Friedrich), Genmaj., Kdr. der 51. Res. Div. 40.
Ritter von Kneutzl, Genmaj., ab 19. 5. 1915 Genlt., Kdr. d. 11. bayer. Inf. Div., Führer eines zusammengesetzten Korps 141. 142. 148. 163. 175. 177. 178. 182—186, 189, 255. 381. 382. 394.
Koeth, Major, Leiter der Kriegsrohstoffabteilung im Preußischen Kriegsministerium 13.
Freiherr von König, Gen. d. Kav., Führer des Ldw. Korps 406. 407.
Edler von Korda, ö.-u. Feldmar-schalleutnant, Komm. Gen. des
XI. Korps 155. 208. 212. 216. 239. 563.
von Kornhaber, ö.-u. Feldmarschallleutnant, Kdr. der 51. Inf. Div. 215. 220. 237. 238.
Kosch, Genlt., Komm. Gen. des I. A. K., später des X. Res. K. 104. 250—252. 385. 391. 393. 402. 423. 552—554. Kosak, ö.-u. Feldmarschalleutnant, Kdr.
der 27. Inf. Div. 592.
Köveß von Köveßhäza, ö.-u. Gen. d. Inf., Komm. Gen. des
XII. Korps, Führer einer zusammengesetzten Gruppe 148. 153. 394. 405— 407. 409. 415.
Krafft von Dellmensingen, Genmaj., ab 22. 5. 1915 Genlt., Chef des Gen. St. der 6. Armee, ab 21.5. 1915 Führer des Alpenkorps 29. 63. 73. 96.
Ritter von Krautwald, ö.-u. Feldmarschalleutnant, Komm. Gen. des III. Korps 155. 206. 216. 239. 253. 563. 564.
Freiherr Kreß von Kressenstein, Gen. d. Inf., Kdr. der 5. bayer. Res. Div. 59.
Edler von Kreysa, ö.-u. Feldmar-schalleutnant, Führer einer zusammengesetzten Gruppe 254. 255.
Kritek, ö.-u. Gen. d. Inf., Komm.
Gen. des XVII. Korps 584. 592. Kroupa, ö.-u. Genmaj., Kdr. der 29. Inf. Div. 574. 575.
Personenverzeichnis.
645
Kruge, Genlt., Kdr. der 36.Res.Div. 461. Fürst Kudaschew, Vertreter des rüst. Ministeriums des Äußeren im nist. Gr. H. Qu. 448. 449. 452. von Kühl, Genlt., Chef des Gen. St. der 1. Armee, ab 22.9.1915 der 12. Armee 96. 101.
Kumme, Oberstlt., Führer einer zusammengesetzten Vrig. 193. 195. Kuntze, Gen. d. Inf., Kdr. d. 117. Inf.-Div. 63.
von Lauen st ein, Genlt., Komm. Gen. des XXXIX. Res. K., Führer einer zusammengesetzten Gruppe 104. 107—116. 118—121. 123—125. 137. 457. 464. 465. 533. 535-537. von Lauter, Gen d. Art., General der Fußartillerie im Gr. H. Qu. 98. Cdler von Lehmann, ö.-u. Feld-marschalleutnant, Führer eines Kav.-Korps 592. von Lenthe, Oberst, Führer der 1. Kav. Div. 516.
Freiherr von Leonhardi, ö.-u. Genmaj., Kdr. der 1. Kav. Div. 196— 198.
Leopold, Prinz von Bayern, Generalfeldmarschall, Oberbefehlshaber der 9. Armee 104. 134. 136. 333. 334. 336. 337. 339. 340. 345. 346. 349. 350. 358. 360—363. 367. 368. 397— 399. 410. 414. 415. 419—421. 423— 426. 428—430. 489—494. 497. 498. 507. 513. 522. 523. 549—562. 615. Letsch izki, rüst. Gen. d. Inf., Oberbefehlshaber der 9. Armee 189. Liman von Sanders, Gen. d. Kav., osman. Marschall, Oberbefehlshaber der 5. Armee 601. von Linsingen, Gen. d. Inf., Oberbefehlshaber der Südarmee, ab 6. 7. 1915 der Bug-Armee 154. 155. 157. 192. 194. 196. 197. 204—206. 208.
210. 211. 213—215. 237. 238. 240.
241. 249. 251. 252. 385. 390. 394.
395. 399. 413. 415. 420. 427. 432.
434. 554. 559. 577—585. 589-593.
Litwinow, rufst Gen. d. Kav., Oberbefehlshaber der 1. Armee 301—303. Litzmann, Gen. d. Inf., Komm. Gen. des XXXX. Res. K., Führer einer zusammengesetzten Gruppe 120. 126— 129. 473. 476. 478—480. 484—486. 488. 494. 495. 499. 500. 503. 504. 508—512. 515. 517. 518. 520. 521. 526. 541. 542.
Ljubiöi6, ö.-u. Feldzeugmeister, Führer einer zusammengesetzten Gruppe 155—157. 195. von Lochow, Gen. d. Inf., Komm. Gen. des III. A. K., später Führer einer Armee-Gruppe 67—71. 73. 74. 76. 77. 87—94.
Lösch, rüst. Gen. d. Inf., ab 20. 5. 1915 Oberbefehlshaber der 3. Armee 191. 389.
von Lossow, Oberst, Mil. Attache in Konstantinopel 612.
Ludendorff, Genlt., Chef des Gen. St. des Oberbefehlshabers Ost 105. 122. 126. 137. 199. 200. 265.
268—271. 275. 276. 278—280. 293— 295. 300. 307. 316.—318. 324. 325.
327. 329. 352—354. 356. 371. 379.
474. 481. 482. 495. 498. 506. 510. 619. Freiherr von Lüttwitz, Genlt., ab 29.6.1915 Kdr. der 2. Garde-
Inf. Div. 382. 391.
von Mackensen, Generaloberst, ab 22. 6. 1915 Generalfeldmarschall, Oberbefehlshaber der 11. Armee 1. 103. 140. 146. 150. 151. 154. 159.
173. 176. 178. 179. 181. 183. 185.
187. 188. 192. 201—203. 210—212.
216—220. 222. 225. 228-230. 232.
235. 237. 238. 241. 243. 245—247.
252. 253. 255. 256. 266. 267. 272— 274. 276. 294. 300. 315. 317—319.
331. 332. 334. 341. 342. 345. 349.
358. 360—362. 368. 371. 374. 380— 389. 391. 392. 394—401. 403—413.
415-430. 432—435. 450. 473. 489.
493. 497. 513. 522. 550-560. 566.
594. 615. 621. 622. 624. 626.
646
Pers onenverzeichnis.
Marquard, Oberst, Chef des Gen.-St. der Armee-Gruppe Gallwitz 267. 277. 279. 284. 306. 328. 351. 353— 357. 368. 495.
Freiherr Marschall, Gen. d. SM>., Führer einer zusammengesetzten Gruppe 155. 206. 208. 211—213. 238. 250—252. 563. 571—576. von d er Marwitz, Gen. d. Kav., Führer des Veskidenkorps 141. 149. 172. 219. 233. 393. 554. 555. de Maud'huy, franz. General, Oberbefehlshaber der 7. Armee 53. von Menges, Genlt., Führer einer zusammengesetzten Div., später Kdr. der 88. Inf. Div. 19. 104. 311. 312. 316. 322. 334. 474. von Mertens, Genmaj., General der Pioniere bei der 10. Armee 610. Ritter Merh von Quirnheim, Oberstlt., Erster Generalstabsosfizier der 6. Armee 100. 101.
Metzger, ö.-u. Genmaj., Chef der Operationskanzlei 260.
M e w e s , Hauptmann im Gen. St. 610. Millerand, franz. Kriegsminister 52.
Mischek, ö.-u. Oberst 407. von Moltke, Generaloberst, bis 14. 9. 1914 Chef des Gen. St. des Feldheeres 616. von Morgen, Genlt., Komm. Gen. des I. Res. K. 116. 119—121. 123— 127. 457. 461. 465. 536. 545. von Moser, Genmaj., Kdr. der 107. Inf. Div. 232. 393. von Mudra, Gen. d. Inf., Komm.
Gen. des XVI. 2t. K. 81. von Müller, Genmaj., Kdr. der 78. Res. Div. 111. 121. 460.
Nikolaus II., Kaiser von Rußland 441. 442. 444. 452. 453. 594. 595. 604. 606—608.
Nikolaus Nikolajewitsch, Großfürst, russ. Gen. d. Kav., Oberster Befehlshaber aller Land- und
Seestreitkräfte, ab 5.9.1915 Oberbefehlshaber der Kaukasus-Armee 262. 436. 438. 439. 442. 444-452. 594.
Ritter und Cdler von Oetin-g e r, Genlt., Kdr. der 20. Inf. Div. 144. 402.
Olochow, russ. Gen. d. Inf., Führer einer Armee - Gruppe 262. 263.
389.
von Oppeln-Bronikowski, Genlt., ab 8. 6.1915 Kdr. d. 48. Ref.» Div. 214.
von Oven, Gen. d. Inf., Komm. Gen. des V. A. K. 49.
von Pannewitz, Gen. d. Inf., Komm. Gen. des XVII. A. K. 135. 283—287. 290. 296. 365.
Papp, ö.-u. Oberstlt., Führer einer komb. Inf. Brig. 155. 563. 592. von Pappritz, Genlt., Führer einer Truppenabteilung, später Gouverneur von Libau 107—111. 116. 118. 457. 459. 460. 537.
Paschen, Genmaj., Kdr. der 2. Ins.-Brig. 193.
Peterson, Oberst, Kdr. der Gastruppenteile 38. 44.
Pieper, Kapitän z. S. 603.
P l e h w e, russ. Gen. d. Kav., Oberbefehlshaber der 5. Armee 131. 438. 440. 469. 470. 538.
Graf von Pfeil und Klein-(El l gut h, Oberst, Kdr. einer Ldw.Brig. 104. 281. 287. 311. 321. 376—378.
Freiherr von Pflanzer-Baltin, ö.-u. Gen. d. Kav., Oberbefehlshaber der 7. Armee 155. 156. 158. 194. 204. 206—209. 239. 250. 385. 564. 575. von Plessen, Generaloberst, diensttuender Generaladjutant des Kaisers und 1. Kommandant des Gr. H. Qu. 273. 275. 315. 602. 614.
Personenverzeichnis.
647
Freiherr von Plettenberg, Gen. d. Inf., Komm. Gen. des Gardekorps 142. 146. 173. 231. 404. 413.
Plumer, Mt. Genlt., Oberbefehlshaber der 2. Armee 48. von Plüskow, Gen. d. Inf., Komm. Gen. des XI. A. K. 104. 283—290.
295. 298. 299. 302. 303. 305. 306.
308—311. 313. 321. 322. 324. 325.
327—329. 354—356. 358. 361. 365.
495. 498. 501. 507. 531. von Pohl, Admiral, Chef des Admiralstabes 15. 16.
Poliwanow, rufst Gen. d. Inf., feit 26. Juni Kriegsminister 444. 452.
P o l l i o , ital. General, bis 1. 7.1914 Chef des Generalstabes 27. von Pritzelwitz, Gen. d. Inf., Komm. Gen. des VI. A. K. 90. 93.
94.
Puhallo von Vrlog, ö.-u. Feldzeugmeister, Oberbefehlshaber der 1. Armee 396. 566. 568. von Puttkamer, Genlt., Kdr. der
95. Rest Inf. Vrig. 193.
Radkewitsch, rüst. Gen. d. Inf., Oberbefehlshaber der 10. Armee 525.
Radko Dmitrijew, rufst Gen. d. Inf., bis 20. 5. 1915 Oberbefehlshaber der 3. Armee 140. 189. 190. Radoslawow, bulg. Ministerpräsident 611.
D r. Walter Rathenau 13. Reinhardt, Oberstlt., Chef des Gen. St. des XIII. A. K. 331. Reiser, Genmaj., Kdr. der 101. Inst-Div. 402.
Rerberg, rüst. Genlt., Führer eines Kav. Korps 585.
Freiherr von Rhemen zu Bare n s f e l d, ö.-u. Gen. d. Inf., Komm. Gen. des XIII. Korps 155— 157. 206. 208. 212. 216. 239. 240. 563. 564. 567. 569. 571. 573.
Freiherr von Richthofen, Genlt., Höh. Kav. Kdr. 1 108—113. 116. 117. 119. 124-126. 411. 457. 460. 464-467. 533-535. 537. 542. Riedel, Genlt., Kdr. der 7. Inf. Div. 88.
R i e m a n n, Gen. d. Inf., Komm. Gen.
des VIII. A. K. 67. 76. 89.
Rohr, ö.-u. Gen. d. Kav., Oberbefehlshaber einer Armee-Gruppe 25. 26.
von Runckel, Genmaj., Kdr. der 43. Rest Div. 42. 224. Rupprecht, Kronprinz von Bayern, Generaloberst, Oberbefehlshaber der 6. Armee 57. 60—64. 66—69. 92. 99. Rußki, rüst. Gen. d. Inf., Oberbefehlshaber der Rordsront 451. 538. 539. 594.
Sachs, Genlt., Kdr. der 22. Ldw. Brig. 407.
S a l a n d r a, ital. Ministerpräsident 3. 4.
Sasonow, rüst. Minister des Äußeren 11. 445. 449. von Sauberzweig, Genmaj., Chef des Gen. St. des III. Rest K. 376. 487.
Schach von Wittenau, Genmaj., Kdr. der 56. Inf. Div. 151. 225. Schabet, Genmaj. 361. 479. von Schaefer, Gen. d. Inst, Kdr.
der 54. Res. Div. 79.
Schalscha von C h r e n f e l d, Genlt., Kdr. der 14. Ldw. Div. 377. 378.
Freiherr von Scheffer-Boy-adel, Gen. d. Inf., Komm. Gen. d. XXV. Rest K. 334. 336, 337. 340. 410. 428. 555. von Schickfus und Reudorff, Genlt., Kdr. der 6. Res. Div. 109. Graf von Schliessen, Gen. d. Kav., bis 31. 12. 1905 Chef des Preußischen Generalstabes 616. von Schmettau, Genlt., Kdr. der 35. Rest Div. 230.
648
Personenverzeichnis.
Graf von S ch m e t t 0 w ((Egon), Gents,, Kdr. der 6. Kav. Div., später Höh. Kav. Kdr. 5 109. 457. 459. 461. 464. 465. 467. 533, 534. 536.
Graf von SchmeLtow (Eberhard), Genmaj., Kdr. der 8. Kav. Div. 460. 462. 464. 534.
S ch m i d t, Vizeadmiral 468.
Schmidt v o n 5^ n obelsdorf, Genmaj., Kdr. der 41. Inf. Div. 534. Schmidt v o n Knobel s d o r f, Genlt., Chef des Gen. St. der 5. Armee 614. 615, von Schmieden, Genmaj., Kdr. der * 105. Res. Inf. Brig. 44. 47.
Ritter von Schoch, Genmaj., Kdr.
der 21. daher. Inf. Brig. 178. 186. Fürst Schönburg-Harten st ein, ö.-u. Feldmarschalleutnant, Führer einer zusammengesetzten Gruppe 195. 206. 208, 212. 216, 239. von Schöler, Genmaj., Generalintendant des Feldheeres 100. von Schottz, Gen. d. Art., Komm. Gen. des XX. A. K., später Führer einer Armee-Gruppe 104. 124, 299. 300. 316. 317. 325. 373, 541. 547. 549.
Schöpf litt, Genlt., Kdr. der 45. Rest-Div. 40,
Schtscherbatschew, rufst Gen. d. Inf., Oberbefehlshaber der 11. Armee 189,
von Schubert, Gen. d. Art., Komm.
Gen. des XXVII. Rest K. 47—49. von der Schulenburg, Oberst, Kdr. der 3. Kav. Brig. 115. 116. Schultheis, Genmaj., Kdr. der 38. Inf. Div. 286. 292.
Graf von Schweinitz und Krain Freiherr von K ander, Genmaj., Kdr. der 4. Garde-Inf. Div. 286.
Graf von Schwerin, Oberstlt., Chef des Gen. St. der 8. Armee 268. 541.
von Seeckt, Oberst, ab 26. 6. 1915 Genmaj., Chef des Gen. St. der
11. Armee 96» 154» 159. 180. 220. 227, 243—247. 256-260. 411, 416. 424. 429. 551. 560.
von Seydewih, Genlt., Kdr. der 75, Rest Div. 289, 327. 329. 332, 364. 511.
Simon, Genmaj., Kdr. der 6. Ldw.-Brig. 511,
Sixt vo n A r m i n, Gen. d. Ins., Komm. Gen. des IV, A. K. 74. 77. 86.
Smekal, ö.-u. Feldmarschalleutnant, Führer einer zus ammenges etzten Gruppe 565. 566. 568-570.
Baron Sonnino, ital. Minister des Äußeren 3, 10.
Sommer, Genlt., Kdr. der 16, Ldw.-Div. 523,
von Staabs, Genlt., Führer einer zusammengesetzten Gruppe 286.
Stapff, Major, Erster Generalstabsoffizier der Armee-Gruppe Gallwitz 333. 352, 353. 357.
Freiherr von Stein, Genlt., Kdr. der 8, bayer. Res. Div., Führer eines zusammengesetzten Korps 227—230, 232-234.
von Stocken, Genmaj., Kdr, der 81. Rest Div. 164.
Edler von Stöger-Steiner, ö.-u. Feldmarschalleutnant, Führer einer komb. Div. 140.
von Storch, Genlt., Kdr. der Garde-Kav. Div. 553.
von Strantz, Gen. d. Inf., Oberbefehlshaber einer Armee-Abteilung 35. 49. 50. 67. 72. 81. 90.
Stumpfs, Genlt., Kdr. der 83. Inf.-Div. 322.
Suchomlinow, rufst Gen., bis Mitte Juni Kriegsminister 440. 441. 443. 444. 451.
Suren, Genlt., Führer eines zusammengesetzten Korps, später Komm. Gen. des XVII. Rest K. 104. 278. 281. 285. 288—290. 292. 293. 295. 298. 309. 311. 365. 375.
von Szende, ö.-u. Genmaj., Führer einer komb. Inf. Brig. 140.
Personenverzeichnis.
649
Szurmay, ö.-u. Feldmarschalleutnant, Führer einer zus ammenges etzten
Gruppe 154. 155. 157. 193. 195—198. 204. 205. 208—211. 213-215. 237. 238. 246. 250. 254. 257. 385. 390. 411. 413. 566. 567. 569. 571. 592.
Tappen, Oberst, ab 26. 6. 1915 Genmaj., Chef der Operationsabtei-Lung der O. H. L. 100. 101. 126. 200 —202. 244. 248. 274. 281. 316-318. 331. 351. 352. 355. 356. 368. 383. 386. 387. 413. 416.
Thomsen, Major, Chef des Feld-flugwesens 100. von Trentier, Gesandter, Vertreter des Auswärtigen Amtes im Gr. H. Qu. 8. 604. 611. von Trotta gen. T r e y d e n, Genmaj., Kdr. der 28. Inf. Div. 59. 65.
von Unger (Kurt), Genlt., Kdr. der
3. Kav. Div. 109. d'Urbal, franz. General, Oberbefehlshaber der 10. Armee 53. 54. 63. 92.
von Usedom, Vizeadmiral, Führer des Oberkommandos der Meerengen 601.
Victor Cmanuel III., König von Italien 4. 27.
V o l l b r e ch t, Genmaj., Kdr. der 15. Inf. Div. 71.
Wagner, Genlt., Kdr. der 121. Inf.-Div. 82.
Waldorf, Genlt., Kdr. der 52. Rest-Div. 40.
von Wald ow, tzauptmann im Gen.-St. des Oberbefehlshabers Ost 122. 129. 130. 319. 345. 368. 466. 487. 506. 532.
von Wandel, Genlt., Stellv. Kriegsminister 21.
Freiherr von Wangen heim, deutscher Botschafter in Konstantinopel 600. 601—604.
Wannowski, nt ff. Genlt., Kdr. der
4. Kav. Div. 469.
Freiherr von Matter, Genlt., Komm. General des XIII. (württ.) A. K. 104. 283. 284. 288. 289. 293. 296. 298. 299. 305-308. 310. 311. 313. 322. 324. 325. 328. 329. 331. 332. 354. 355. 358. 365. 495.
Freiherr von Matter, Genmaj., Kdr. der 54. Inf. Div. 326. 329.
v o n Webern, Genlt., Kdr. der 11. Inf. Div. 93.
Freiherr von der W e n g, e Graf von Lambsdorff, Oberst, Chef des Gen. St. des X. A. K., ab 21. 5. 1915 Chef des Gen. St. der 6. Armee 73.
W e l j a s ch e w, rufst Genlt., Kdr. der 11. Kav. Div., ab 16. 11. 1915 Führer des 5. Kav. Korps 584. 586. 587. 590. 593.
Ritter von Wenninger, Genlt., Kdr. der 3. bayer. Inf. Div. 93. von Wernitz, Genlt., Führer einer zusammengesetzten Division, später Kdr. der 86. Inst Div. 19. 104. 278. 286. 292. 312. von Western hagen, Genlt., Führer einer Truppenabteilung, später Kdr. der 89. Inst Div. 19. 104. 297. 334. 347. 375. 376. 410.
Wild von Hohenborn, Genlt., Kriegsminister 21. 56. 249. 342. 343. 606. 618. 621. 624.
Wilhelm II., Deutscher Kaiser, König von Preußen 2. 3. 16. 17. 64. 69. 98. 100. 105. 114. 245. 269. 274—277. 300. 315. 319. 320. 341—345. 348. 350. 351. 370. 379. 463. 489. 502. 510. 511. 522. 549. 614.
Wilhelm, Herzog von Urach, Graf von Württemberg, Genlt., Kdr. der 26. (württ.) Inf.-Div. 286.
Wilson, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika 605.
650
Personenverzeichnis.
von Winckler, Genlt., Kdr. der
2. Garde-Inf. Div., vom 29. 6. bis 11. 9. 1915 Komm. Gen. des
XXXXI. Res. K., dann des IV. Res. K. 142. 146. 165. 221. 231. 382.
von Woyna, Genmaj., Chef d. Gen.-6t. des 1.21. K. 321. von Woyrsch, Generaloberst, Ober-
befehlshaber einer Armee-Abteilung
132. 133. 136. 137. 177. 200. 201.
235. 238. 239. 254. 256. 260. 266.
270. 279. 300. 316— -318. 329. 334.
336. 338. 339. 341. 342. 345. 385.
386. 394. 396- -401. 404- -412. 415.
420. 426. 428. 429. 432. 447. 448.
452. 551—555. 558—560. 566. 584.
594. 626.
von Wurmb, Genmaj., Kdr. der
3. Kav. Div. 512.
Zastrow, Genlt., Führer eines zusammengesetzten Korps 19. von Zenker, Genmaj., Führer einer zusammengesetzten Vrig., später einer zusammengesetzten Div. 474. 476. 484. 488. 499. 500. 503. 504. 509.
512. 513.
Ziethen, Genmaj., Führer einer 2lr-tillerie-Gruppe 179.
Truppenverzeichms.
Deutschland.
Kriegsminister 21. 56. 249. 342. 343. 606. 618. 621. 624.
Heeresleitung 1. 18. 21. 22. 27. 34—36. 38. 39. 43. 51. 53. 56. 57. 61. 63. 64. 67—69. 72-74. 77—79. 83. 89—94. 97—103. 105—107. 113. 114. 117— 119. 121—124. 128. 130. 134. 135. 137. 149. 159. 168. 174. 199. 203.
211. 215. 238. 241. 243. 245. 246.
249. 253. 256. 258. 264. 265. 267.
273—278. 298. 307. 315—321. 326— 328. 331. 334. 336—338. 340. 344— 352. 355. 360—363. 366—368. 372. 373. 381. 382. 384. 396. 397. 399.
408. 410—412. 417. 424. 425. 428— 430. 463. 468. 474—477. 482. 483. 487. 490—494. 497. 498. 501. 513. 518. 520. 522—524. 526. 540. 541. 543. 547. 548. 550. 551. 554. 556.
558. 560. 563. 577. 578. 583. 589.
596. 602. 604-610. 613. 614. 621.
625. 627.
Heer 13. 14. 18—22. 35. 97. 189. 616. Westheer 2. 18. 34. 55. 56. 79. 84. 89.
95. 98—102. 598. 613. 617.
Ostheer 18. 19. 269. 270. 272. 279. 280. 456. 467. 468. 484. 487. 533. 543. 617.
Oberbefehlshaber Ost 103—138. 198— 202. 244. 247. 259. 260. 261. 264— 380. 397. 398. 408. 410. 416. 423.
435. 456—551. 556. 613. 616—626.
Heeresgruppe Hindenburg 362. 363. 489. 490. 492. 523. 540. 544. 551. 554— 556.
Heeresgruppe Linsingen 559. 577—585. 590—593.
Heeresgruppe Mackensen 211. 212. 216— 220. 247. 248. 266. 267. 273. 274.
276. 294. 300. 315. 317—319. 331.
332. 334. 342. 345. 349. 358. 360— 362. 368. 371. 374. 380. 383—389.
392. 394. 396—401. 404. 405. 410— 413. 417—430. 432—435. 450. 489. 493. 497. 513. 522. 550—563. 566.
578. 594. 615. 621. 622. 624. Heeresgruppe Prinz Leopold 340. 345. 346. 349. 350. 358. 360—364. 367.
368. 397—399. 410. 414. 415. 419— 421. 423—426. 428-430. 489-494. 497. 498. 507. 513. 522. 523. 549— 562. 615.
1. Armee 77. 80. 91. 99. 518.
2. Armee 56. 67. 80. 99. 100.
3. Armee 34. 56. 67. 78. 81. 89.
4. 2lrmee 38. 39. 41. 43. 45—48. 54. 67.
72. 78—80. 90. 99. 199.
5. Armee 81.
6. Armee 34. 48. 56—58. 60—70. 72—74.
77. 83. 86 . 89- -94. 96. 99. 100. 244.
7. Armee 56. 73. 81.
8. Armee 104. 106. 115. 123. 124. 128.
132. 137. 138. 266. 268. 270. 276.
278. 280. 281. 289. 290. 293. 294.
296. 299. 300. 307. 310. 314. 316.
317. 319— -321. 323- -333. 344. 345.
351- -358. 360- -364. 366- -369. 372.
373. 412. 450. 475. 482. 483. 487.
488. 490. 491. 493. 495- -499. 501.
502. 504. 507- -509. 511. 513. 516.
518. 520- -525. 528. 530. 531. 540.
541. 616.
652
Truppenvcrzeichnis.
Neue 8. Armee 547—549. 555. 594.
9. Armee 103. 104. 106. 107. 120. 122. 123. 128. 130. 132—138. 199. 264— 270. 276. 278—281. 294. 297. 300. 309. 315—320. 332—341. 343—347. 356. 357. 362. 363. 370. 371. 375.
397. 398. 406—408. 410. 419. 420.
428. 430. 440. 474. 476. 477. 490.
523. 551. 554. 559. 570.
10. Armee 104. 106—108. 120. 121. 124—
130. 137. 267—272. 277. 280. 281.
316. 319. 320. 341. 343—347. 349.
352. 354. 357. 363. 366—368. 370.
456. 463. 466. 467. 472—491. 493— 507. 509—526. 528—532. 534. 535. 537. 539—544. 547—549. 555.
11. Armee 139—143. 145—149. 151. 153.
154. 157. 159—163. 168. 170—191.
200—203. 211. 216—221. 223—225. 227—230. 232—237. 242—249. 253— 262. 279. 381—388. 391—393. 396.
397. 400—402. 404. 405. 411—416.
418—426. 428—432. 434. 493. 552— 555.
12. Armee (bis 7. 8. 1915 Armee-Gruppe
Gallwitz) 351—370. 374. 412. 415. 419. 423. 450. 482. 483. 487. 490. 491. 493. 495. 497. 498. 501—504. 507— 509. 511. 513. 516. 518. 519. 521. 523—525. 528. 530. 531. 541. 549. 555. 556.
Bug-Armee 294. 385—387. 390—396. 399. 401. 403. 404. 411—413. 415— 427. 429—433. 435. 551—554. 560.
561. 566. 570. 578. 581.
Rjemen-Armee 124—130. 137. 267—272. 275. 278. 280. 281. 300. 316. 318— 320. 341. 343. 344. 347. 349. 363. 367. 370. 456—467. 472—476. 482. 484. 486. 487. 491. 493—495. 497— 499. 501. 503—506. 508. 509. 513.
519. 521. 522. 524. 533—544. 546.
547.
Südarmee 139. 154—158. 160. 192—195. 197. 198. 202—207. 209—213. 216.
219. 220. 237. 238. 240—244. 246-249. 251—253. 257—260. 381. 383— 387. 417. 426. 563—565. 567. 569. 571—576. 579. 585. 588. 589. 591. 592. 619.
Generalgouvernement Belgien 99. Generalgouvernement Warschau 351. 487. 549.
Armee-Abteilung Gaede 35. 49. 51. 72.
82. 90. 92. 244.
Armee-Abteilung Falkenhausen 50. 56. 82. 92.
Armee-Abteilung Strantz 35. 49. 67. 72. 81. 90.
Armee-Abteilung Woyrsch 132. 133. 136. 137. 148. 177. 200. 201. 235. 254.
256. 260. 266. 270. 276. 279. 300.
315—318. 329. 334. 336. 338. 339.
341. 342. 345. 385. 386. 394. 396— 401. 404—412. 415. 420. 426. 428.
429. 432. 447. 448. 452. 551-555.
558. 559. 566. 584. 594. Armee-Gruppe Beseler 376. Armee-Gruppe Fasbender 65. 68. 69. Armee-Gruppe Gallwitz (ab 7. 8. 1915
12. Armee) 104. 106. 123. 128. 129. 132. 134. 137. 138. 259. 266—270.
274. 276. 278—286. 289—295. 297-301. 304—307. 310. 312—319. 321— 323. 325—328. 330—333. 335. 336. 345. 349. 351—353. 371—373. 375. 376. 380. 398. 447. 458. 467. 473.
602. 624.
Armee-Gruppe Lauenstein 107—116. 118 —121. 123. 125. 137.
Armee-Gruppe Lochow 67. 69. 70. 73. 74.
76. 77. 88—90. 94.
Armee-Gruppe Scholl; 541. 547. 549. Gruppe Gerok 581. 582. 590. 592.
Gruppe Plüskow 311. 330.
Gardekorps 53. 140—142. 144. 146. 147. 149—152. 154. 159. 160. 162. 167— 171. 173. 174. 176. 177. 179. 180.
Truppenverzeichnis.
653
183. 219. 221—224. 226. 229. 231— 234. 245. 255. 278. 381. 382. 391. 392. 401. 403. 404. 413. 423. 425. 428. 550.
I. A. K. 372. 491. 499.
III. A. K. 67. 91. 100. 102. 343.
IV. A. K. 62. 74. 77. 78. 86. 91. 93. 94.
V. A. K. 49. 81. 82.
VI. A. K. 78. 81. 89—91. 93. 94.
VII. A. K. 58. 59. 64. 72. 76. 98. 382.
VIII. A. K. 50. 56. 63. 64. 67. 70. 72. 75. 76. 86. 89. 91.
X. A. K. 73. 140. 141. 143—145. 150—
152. 154. 160. 162. 165. 168. 170.
171. 174. 176. 179. 180. 183. 223.
225—230. 232—234. 236. 255. 256. 381. 382. 391—393. 401—404. 411. 413. 415. 419—422. 425. 502. 550. 554.
XI. A. K. 104. 279. 283—290. 292. 293.
295. 298. 299. 302. 303. 305. 308— 311. 321. 322. 325. 328. 329. 333.
354—356. 358. 361. 365. 495. 498. 501. 507. 531.
XIII. (württ.) A. K. 283. 286—289. 293.
296. 298. 299. 305—308. 310. 311.
322. 324. 325. 328. 329. 331. 332. 354. 355. 358. 365. 495.
XIV. A. K. 58. 59. 61—67. 70. 71. 75. 77—79. 81. 86.
XV. A. K. 47. 48.
XVI. A. K. 81.
XVII. A. K. 104. 133—135. 137. 269. 270. 278. 281. 283—287. 289. 290. 292.
293. 295. 296. 298. 299. 301. 305. 306. 308—311. 313. 314. 321. 322. 324. 327. 329. 333. 354. 357. 362. 365. 495.
XIX. (sächs.) A. K. 59. 76. 95.
XX. A. K. 104. 124.
XXI. A. K. 104. 472. 477. 484—486. 488. 494. 499.
II. bayer. A. K. 59. 95.
III. bayer. A. K. 50. 56. 82.
Garde-Reservekorps 18.
I. Reservekorps 104. 106. 116. 118. 120. 121. 123—125. 457. 459. 461. 464. 465. 467—469. 533. 535—537. 545.
III. Reservekorps 104. 135. 309. 321. 327. 333. 334. 336. 352. 375. 487. 488. 499.
IV. Reservekorps 561.
X. Reservekorps 56. 67. 68. 72. 83. 242.
250. 385. 391. 550. 552. 554.
XIV. Reservekorps 80.
XV. Reservekorps 82.
XVII. Reservekorps 19. 281. 305. 309. 311. 312. 321. 354. 355. 361. 363. 375. 376. 495.
XVIII. Reservekorps 81.
XXII. Reservekorps 48. 79. 154. 155. 199. 219. 222—228. 231—234. 245. 250.
251. 255. 256. 381. 382. 391—393. 401—403. 420. 429. 430. 550.
XXIII. Reservekorps 38—45.
XXIV. Reservekorps 154. 155. 157. 192— 195. 197. 204—207, 209—211. 213. 214. 252. 385. 390. 391. 396. 399. 427. 578. 579.
XXV. Reservekorps 104. 334. 336. 337.
340. 356. 410. 428. 559.
XXVI. Reservekorps 38—49. 78.
XXVII. Reservekorps 42. 44—49. 78. XXXIX. Reservekorps 104. 107—109.
457. 464. 465. 533. 535. 536. xxxx. Reservekorps 104. 472. 476. 484. 499. 590.
XXXXI. Reservekorps 94. 98. 140—143. 147. 148. 150. 152. 159—167. 170.
171. 173—180. 182. 184—188. 217— 219. 222—226. 231. 233. 234. 248.
254. 259. 382. 387. 390. 392—396.
399. 413. 421. 422. 427. 430. 554.
578. 580. 584. 590. 592.
I. bayer. Reservekorps 58—63. 65. 67. 70. 76. 86. 89. 90.
Alpenkorps 7. 8. 18. 26. 27. 29. 33. 73. 583.
Beskidenkorps 139. 141. 143. 145. 146.
149. 153. 172. 203. 217—219. 222.
225. 230. 233. 234. 247. 248. 253. 254. 257. 381. 383. 390. 393. 395. 396. 400. 430. 550. 554. 559.
Landw. Korps 148. 153. 338. 405—410.
428. 559.
Marinekorps 42. 43.
654
Truppenverzeichnis.
Korps Vehr 219. 223. 224. 226.
Korps Veseler s. III. Reservekorps. Korps Bothmer 154. 155. 157. 193. 204.
205. 209—215. 237. 238. 250—252. Korps Dickhuth s. 87. Inf. Div.
Korps (Gruppe) Eben 281. 290. 293. 294. 296. 298. 299. 305—307. 310. 311. 314. 322—325. 327—332. 354—356. 358. 499—501. 503—505. 508—510. 512. 513. 515. 517. 518. 520. 527. 528. 542.
Korps Emmich s. X. A. K.
Korps Gerok s. XXIV. Reservekorps. Korps Hollen 495. 501.
Korps Kneußl 141. 148. 381. 382.
Korps Kosch 104. 250—252. 391. 401.
402. 413. 423. 428. 552—554.
Korps Lauenstein s. XXXIX. Reserve-korps.
Korps (Gruppe) Marschall 155. 206. 208. 211. 212. 238. 250—252. 563. 568. 569. 571. 574—576. 592.
Korps (Gruppe) Morgen s. I. Reservekorps.
Korps Pannewitz s. XVII. K.
Korps Plüskow s. XI. A. K.
Korps Posen 19. 104. 297. 334.
Korps Scholtz s. XX. A. K.
Korps Seydewitz 332. 364.
Korps Stein 229. 230. 232—234.
Korps Suren 104. 278. 281. 285. 288— 290. 292. 293. 295. 298. 311. 365. Korps Thorn s. Korps Dickhuth.
Korps Matter s. XIII. K.
Korps Zastrow s. XVII. Reservekorps. Gruppe Verrer 472.
Gruppe Carlowitz 499. 504. 508—511.
515. 517—521.
Gruppe Conta 581. 582. 584. 590. 591. Gruppe Gronau 590. 592. 593.
Gruppe Hutier 499. 500. 503. 504. 508— 513. 515. 517. 518. 521.
Gruppe Kleist 484.
Gruppe Litzmann 472. 484—486. 488. 495. 499. 500. 503. 504. 508—512. 515. 517. 518. 520. 521. 541. 542. Gruppe Marwitz 555.
Gruppe Pappritz 457.
Höh. Kav. Kdr. 1 104. 107—113. 116. 117. 119. 124—126. 411. 457. 464—46?" 533—535. 537.
Höh. Kav. Kdr. 3 104. 334. 339. 361. 410.
421. 423. 501. 555.
Höh. Kav. Kdr. 5 457. 459—462. 464. 465.
467. 533. 534. 536.
Höh. Kav. Kdr. 6 486. 488. 495. 498—501.
504. 505. 508—521. 523. 535.
Kav. Korps Fromme! s. Höh. Kav. Kdr. 3. Kav. Korps Garnier s. Höh. Kav. Kdr. 6. Kav. Korps Heydebreck 390. 392—395. 413. 425—427. 429. 430. 565. 566. 581—583.
Kav. Korps Richthosen s. Höh. Kav. Kdr. 1. Kav. Korps Schmettow (Egon) s. Höh. Kav. Kdr. 5.
1. Garde-Inf. Div. 140. 142. 144. 146. 149. 150. 162. 165. 167. 168. 173. 174.
221. 224. 226. 231. 390. 391.
2. Garde-Inf. Div. 140. 142. 144. 146. 149. 150. 162. 165. 168. 173. 174. 221.
224. 226. 231. 311. 382. 391.
3. Garde-Ins. Div. 154. 155. 157. 158. 193—197. 205. 207. 209. 212. 213.
215. 237. 250. 251. 563. 567. 572. 574. 576. 585. 591. 592.
4. Garde-Inf. Div. 18. 269. 270. 278. 283. 286. 296. 311. 322. 325. 326. 355. 365. 495. 498. 519. 521. 524.
1. Inf. Div. 154. 155. 157. 158. 193.
195. 205. 207. 210. 211. 213. 214. 237. 250—252. 385. 391. 393—396. 399.
403. 404. 426. 427. 578. 584. 588.
590—592.
2. Inf. Div. 104. 278. 283. 322. 326-328. 331. 355. 491. 499. 505. 506.
508—511. 513. 524. 545.
3. Inf. Div. 104. 123. 127—129. 137. 269. 270. 278. 283. 286. 296. 311. 314. 322. 355. 495. 503. 519. 520. 522. 524.
4. Inf. Div. 141. 390. 534.
5. Inf. Div. 77. 78. 86. 88. 89. 91. 95.
6. Inf. Div. 91.
7. Inf. Div. 74. 86—89. 91. 95.
8. Inf. Div. 74. 76. 86—91. 93. 95.
9. Inf. Div. 49, 50, 81.
Truppenverzeichnis.
655
10. Inf. Div. 50. 82.
11. Inf. Div. 90. 91. 93. 95.
12. Inf. Div. 90. 91. 93.
13. Inf. Div. 72.
14. Inf. Div. 72.
15. Inf. Div. 64. 66. 67. 68. 70. 71. 76. 78. 90. 91. 95.
16. Inf. Div. 51. 63. 66. 67. 68. 70. 86. 88—91. 93. 95.
18. Inf. Div. 80.
19. Inf. Div. 140. 143—145. 147—153. 172. 174. 176. 177. 223. 225—227. 232. 237. 391. 393. 550. 552. 554.
20. Inf. Div. 140. 143—145. 147—149. 151. 153. 162. 165. 168. 170. 171. 176. 223. 225—227. 232. 233. 391. 402. 550. 554.
22. Inf. Div. 104. 135. 137. 199. 202.
218. 220. 221. 223. 225. 227. 230. 236. 256. 270. 391—393. 401. 404. 413.
418. 422. 427. 430. 578. 580. 581. 588. 590. 592.
26. (württ.) Inf. Div. 104. 278. 283. 286. 396. 307. 311. 322. 355. 495. 520.
524.
27. (württ.) Inf. Div. 81.
28. Inf. Div. 59. 62—67. 74.
29. Inf. Div. 59. 62. 66.
31. Inf. Div. 104. 472. 477. 485. 488.
489. 499. 500. 509. 512. 513. 515— 517. 524. 542. 544.
33. Inf. Div. 81.
34. Inf. Div. 81.
35. Inf. Div. 104. 137. 269. 283. 287. 288. 291. 296. 299. 308. 311. 313. 321. 322. 355. 495. 524.
36. Inf. Div. 104. 137. 269. 283. 286— 288. 290. 291. 293. 296. 299. 308. 311.
313. 321. 322. 355. 495. 524.
37. Inf. Div. 104. 278. 283. 311. 322. 325. 328. 355. 364. 495. 498. 502. 519. 521. 524.
38. Inf. Div. 104. 137. 279. 281. 283.
286. 287. 292. 293. 305. 308. 311. 313. 321. 322. 333. 355. 361. 362. 366. 495. 524.
39. Inf. Div. 47.
41. Inf. Div. 104. 123. 127. 128. 137.
269. 278. 281. 456—460. 462. 464— 467. 524. 533. 534.
42. Inf. Div. 104. 472. 488. 499. 500.
504. 508—512. 518. 524. 544.
52. Inf. Div. 80.
54. Inf. Div. 100. 315. 318. 325—330.
355. 361. 366. 495. 524. 531.
56. Inf. Div. 94. 102. 140. 141. 149—151. 162. 165. 170. 176. 179. 183. 219. 221. 223. 225—228. 230. 233. 236. 248.
58. Inf. Div. 56. 57. 60—62. 64—68. 70. 74—77. 86. 88. 90. 95. 100. 315. 319. 325. 327. 329. 330. 332. 355. 491. 499. 508—510. 513. 515. 524.
83. Ins. Div. 19. 297. 307. 309. 311. 322. 325. 327—331. 334. 335. 355. 495.
524. 542.
84. Inf. Div. 19. 297. 334. 345. 410. 415. 559.
86. Inf. Div. 19. 104. 278. 283. 286.
287. 292. 293. 295. 305. 308. 311. 312.
314. 321. 322. 355. 361. 363. 365. 495.
524.
87. Inf. Div. 19. 104. 290. 293. 295. 298.
311. 321. 375. 376. 484. 487. 488. 499.
509. 524.
88. Inf. Div. 19. 104. 297. 307. 309. 311.
312. 316. 321. 322. 334. 335. 355. 474.
491. 498. 524. 535. 537.
89. Inf. Div. 19. 297. 334. 347. 375. 376.
378. 410. 484. 487. 488. 499. 509. 524.
101. Inf. Div. 18. 103. 123. 198. 242. 243.
249. 250. 385. 391. 402. 550.
103. Inf. Div. 18. 72. 103. 123. 198. 242. 259. 260. 387. 390. 394. 401. 404. 413. 425. 428. 550. 552. 554.
105. Inf. Div. 18. 103. 123. 198. 242. 243. 249. 250. 385. 391—393. 402. 550. 552. 554.
107. Inf. Div. 18. 123. 199. 202. 219. 222—224. 232. 256. 382. 390. 393— 395. 427. 554. 560. 578.
108. Inf. Div. 19. 547.
109. Inf. Div. 19. 547.
111. Inf. Div. 49. 50. 72—74.
113. Inf. Div. 50. 102.
656
Truppenverzeichnis.
115. Inf. Div. 56. 57. 60. 62. 66—68. 70. 71. 74. 76. 77. 95. 102. 346. 349. 478—480. 484. 485. 488. 499. 500.
509. 512. 513. 515. 517—521. 524.
544.
117. Ins. Div. 56. 61. 63. 64. 66—68. 70.
71. 74. 77. 86. 91. 95.
119. Inf. Div. 140—143. 147. 150. 151.
160. 161. 166. 167. 169—171. 173— 175. 177. 178. 188. 219. 221. 223.
225—227. 231. 236. 255. 381. 382.
391. 401. 403. 411. 413. 425. 555.
557. 559.
121. Inf. Div. 82.
123. (sächs.) Inf. Div. 73. 77. 79. 80. 90. 91. 95. 100. 102.
3. bayer. Inf. Div. 90. 91. 93. l l.bayer. Inf. Div. 140—143. 147. 150. 159. 160. 162. 164. 166. 169. 170.
173—175. 177. 178. 180—184. 186— 188. 218. 219. 234. 255. 381. 382.
390. 393—395. 400. 403. 404. 425. 550.
1. Garde-Res. Div. 104. 129. 269. 278. 283. 286—288. 291. 293. 298. 299. 305. 308. 311—313. 321. 322. 325. 329. 330. 332. 355. 495. 524.
2. Garde-Res. Div. 67. 69. 72. 95.
1. Res. Div. 104. 118. 119. 457. 459.
460. 467. 524. 533. 537. 545.
3. Res. Div. 104. 269. 278. 349. 354.
357—359. 480. 484. 485. 488. 499. 509. 524. 542.
5. Res. Div. 104. 135. 137. 297. 334.
410. 559.
6. Res. Div. 104. 107—109. 111. 115. 116. 119. 137. 457—461. 464. 465. 470. 524. 533. 537. 544. 546.
13. Res. Div. 95.
14. Res. Div. 95.
19. Res. Div. 72. 83. 92.
25. Res. Div. 141. 390. 550.
26. Res. Div. 80.
28. Res. Div. 80. 95.
29. Res. Div. 95.
30. Res. Div. 82.
33. Res. Div. 50.
35. Res. Div. 141. 230. 554. 559.
36. Res. Div. 104. 116. 119. 124. 125.
390. 457. 461. 524. 533. 537. 545.
547.
43. Res. Div. 39. 42. 219. 222. 224. 232.
391. 413.
44. Res. Div. 219. 222. 224. 391. 402.
413. 428.
45. Res. Div. 40. 42. 43. 46.
46. Res. Div. 40. 42. 43. 45.
47. Res. Div. 139. 140. 174. 185. 391.
401. 409. 417. 418. 420. 428. 552. 554. 559.
48. Res. Div. 154. 158. 214. 250-252.
563. 567. 572. 574. 591. 592.
49. Res. Div. 104. 137. 297. 334. 336.
337. 410. 415. 559.
50. Res. Div. 104. 137. 281. 283. 285.
289. 290. 292. 293. 298. 299. 305. 308. 311. 312. 314. 322. 325. 330. 334. 335. 355. 365. 495. 524.
51. Res. Div. 40. 41—44. 46. 47.
52. Res. Div. 40. 43. 44. 46.
53. Res. Div. 47. 90.
54. (württ.) Res. Div. 47. 79. 102.
75. Res. Div. 104. 106. 278. 289. 310.
324—327. 329. 331. 332. 355. 495.
498. 500. 504. 505. 509. 511. 518. 521. 524.
76. Res. Div. 104. 106. 128. 472. 473.
475. 478. 479. 484. 485. 488. 499. 500. 509. 524. 526.
77. Res. Div. 104. 472. 473. 484. 487.
488. 499. 500. 509. 513. 517. 518. 524. 542.
78. Res. Div. 104. 107—111. 116. 119-121. 124. 125. 457—461. 464. 467. 470.
524. 533. 535. 537. 545.
79. Res. Div. 104. 126. 472. 473. 476— 480. 484. 485. 488. 499. 509. 524.
80. Res. Div. (vgl. Div. Beckmann und Brig. Monteton) 104. 121. 547.
81. Res. Div. 140. 164—166. 169—171. 173. 175. 177—179. 222. 387. 390. 578. 592.
82. Res. Div. 140. 162—167. 169-171. 173. 175. 177—183. 185. 186. 222. 390. 554. 578. 592.
Truppenverzeichnis.
657
1. bayer. Res. Div. 60. 62. 66. 69. 70. 75. 86. 88. 91. 95.
5. bayer. Res. Div. 59. 60. 66. 67. 70. 74. 77. 91. 95.
6. bayer. Res. Div. 59. 95.
8. bayer. Res. Div. 50. 73. 79. 82. 83.
94. 199. 219. 227. 228. 230. 233. 236. 248.
19. Crs. Div. 82.
l.Ldw.Div. 104. 355. 495. 496. 523. 524.
3. Ldw. Div. 148. 405—407. 410. 559.
4. Ldw. Div. 148. 405—407. 410. 559.
9. Ldw. Div. 81.
10. Ldw. Div. 104. 106. 289. 293. 310. 332. 355. 363. 491. 499. 504. 508— 512. 524.
11. Ldw. Div. 104. 488. 495. 524. 542.
12. Ldw. Div. 51.
14. Ldw. Div. 311. 321. 376—378. 484.
487. 488. 499. 500. 508. 509. 524.
16. Ldw. Div. 104. 472. 473. 484. 487.
488. 491. 499. 509. 523. 524.
17. Ldw. Div. 547.
85. Ldw. Div. 19. 104. 288. 290. 293.
309. 311. 312. 321. 325. 355. 375. 483. 495. 524.
1. bayer. Ldw. Div. 82.
6. bayer. Ldw. Div. 83.
Ldw. Div. Bredow 148. 153. 172. 405— 408. 410. 428. 559.
Div. Beckmann 121. 123. 125. 130. 270. 344. 457. 461. 464. 466. 467. 476—
478. 499. 504. 524. 533. 535—537.
547.
Div. Breugel s. 85. Ldw. Div.
Div. Falk 281. 283. 284. 287. 296. 298. 299. Div. Fuchs s. 16. Inf. Div.
Div. Gereke 335. 336. 410. 415.
Div. Menges s. 88. Inf. Div.
Div. Puttkamer 193.
Div. Wernitz f. 86. Inf. Div.
Div. Zenker 488. 499. 500. 503. 504. 509.
512. 513. 524.
Abteilung (Div.) Westernhagen s. 89. Inf. Div.
Garde-Kav. Div. 99. 391. 401. 402. 413. 421. 553. 554. 559. 584. 590. 592.
1.Kav. Div. 104. 121. 126. 467. 472. 477. 480. 484—486. 488. 498. 499. 501.
508. 510. 511. 514. 516. 517. 519. 522. 537.
2. Kav. Div. 104. 125. 127. 457. 533. 534.
537.
3. Kav. Div. 104. 107—114. 116. 457. 486.
495. 498. 499. 501. 508—510. 514.
516. 517. 519. 522. 533. 535.
4. Kav. Div. 104. 126. 137. 457. 466. 467.
472. 475. 477. 484—486. 488. 499.
501. 508. 510. 511. 514. 516. 519.
520. 533. 535.
5. Kav. Div. 155. 211. 213. 215. 250. 252.
385. 387. 390. 392. 395. 554. 565. 566. 578. 579. 581. 582. 584. 592.
6. Kav. Div. 104. 107—109. 111—113.
115. 116. 119. 127. 457. 459. 533. 536.
7. Kav. Div. 51. 99.
8. Kav. Div. 104. 130. 136. 137. 457. 460.
462. 464—466. 533. 536.
9. Kav. Div. 104. 334. 336. 338. 339. 364.
408. 410. 491. 498. 499. 501. 504— 506. 508—510. 512. 514. 517. 519. 520. 542. 555.
Bayer. Kav. Div. 104. 107—112. 114. 117. 457. 461. 506. 508. 509. 513. 514.
517. 520. 533. 538.
22. Inf. Brig. 89.
80. Inf. Brig. 50. 56. 72.
174. Inf. Brig. 546.
177. Inf. Brig. 484. 488.
183. Inf. Brig. 18. 80. 100. 102.
185. Inf. Brig. 18. 80. 93. 100. 102.
187. Inf. Brig. 18. 79. 83. 90. 92.
192. (stichst) Inf. Brig. 18.
21. bayer. Inf. Brig. 178.
11. Ref. Inf. Brig. 104.
12. Res. Inf. Brig. 108.
52. Rest Inf. Brig. 67. 68. 70. 86. 93.
95. 100.
70. Res. Inf. Brig. 116.
72. Res. Inf. Brig. 125.
Welikrieg. VIII. Band.
42
658
Truppenverzeichnis.
85. Res. Inf. Vrig. 67. 68. 70. 74. 75. 77. 79. 95. 102. 199. 219.
86. Ref. Inf. Vrig. 42.
88. Res. Inf. Vrig. 219.
95. Res. Inf. Vrig. 192. 193. 197. 214. 567.
101. Res. Inf. Vrig. 43.
102. Res. Inf. Vrig. 41. 43.
105. Res. Inf. Vrig. 44. 47.
106. Ref. Inf. Vrig. 44.
5. Ers. Vrig. 90. 91.
6. Ldw. Vrig. 104. 344. 352. 475. 484. 487. 488. 499. 509. 511. 524. 546.
9. Ldw. Vrig. 104. 137. 472. 476. 477. 484. 488.
21. Ldw. Vrig. 378.
22. Ldw. Vrig. 407. 409.
29. Ldw. Vrig. 104. 120. 133. 137. 457.
37. Ldw. Vrig. 40. 41.
38. Ldw. Vrig. 44. 47. 72. 95.
169. Ldw. Vrig. 376. 495. 524.
1. bayer. Ldw. Vrig. 51.
Vrig. Homeyer 457. 464. 465. 524. 533.
534. 546. 547.
Vrig. Kumme 193. 195.
Vrig. Monteton 130. 499. 509. 524. 547. Vrig. Paschen 193.
Vrig. Pfeil 104. 281. 283. 287. 311. 321. 376—378.
Vrig. Schmieden s. 105. Res. Inf. Vrig. Vrig. Zenker 474. 476. 484.
Abtlg. Esebeck 104. 116. 119. 125. 457. 464. 466. 467. 476. 478. 479. 484. 486. 488. 499. 500. 509. 524. 547.
Heeresleitung (Armee-Oberkommando) 2. 8—10. 26. 139. 155. 156. 159. 161. 174. 181. 187. 194. 196—198. 202.
203. 210. 211. 215. 216. 238. 240.
241. 245. 249. 253. 256—258. 261.
273. 317. 319. 381. 385. 398. 405.
408. 409. 422. 424. 563—566. 573— 578. 580. 592. 621.
Abltg. Libau 270. 462. 464. 465. 524. 533. 537.
Abtlg. Papprih 107—111. 116.
Abtlg. Schulenburg s. 3. Kav. Vrig.
3. Kav. Vrig. 104. 115. 119. 533.
17. Kav. Vrig. 121.
18. Kav. Vrig. 537.
25. Kav. Vrig. 109. 110. 112.
39. Kav. Vrig. 120. 121.
42. Kav. Vrig. 51. 108.
1. bayer. Kav. Vrig. 116.
Vayer. Inf. Leib-Regt. 18.
12. bayer. Inf. Regt. 67.
16. bayer. Inf. Regt. 67.
20. bayer. Inf. Regt. 67.
Res. Inf. Regt. 99 67.
schw. Vattr. 119 558.
Pion. Regt. 36 133.
Min. Werfer-Vatl. 1 70. 71. 100. 315.
Inf. Ers. Truppe Veverloo 20.
Inf. Ers. Truppe Warschau 20.
Marine 15. 16. 118. 130. 266. 458.
Flotte 108. 112. 114. 468. 547. Hochseeflotte 468.
Ostsee-Streitkräfte 105. 108. 110. 111. 114.
118. 130. 266. 460. 468. 546.
IV. Geschwader 460.
IV. Aufklärungsgruppe 115.
-Ungarn.
Heer 14. 189. 346. 410. 614. 616. 617.
Nordheer 6. 577. 588. 589. 591. 593.
Heeresgruppe 236hm - Ermolli 589. 591. 592.
1. Armee 136. 145. 148. 149. 153. 172. 176. 220. 235. 254. 256—258. 260. 382. 385
Truppenverzeichnis.
659
—387. 390. 392—396. 399. 401. 403. 411—413. 417—420. 422. 425. 427. 430. 433. 447. 563—571. 573. 577— 579. 581. 582. 584. 587. 588. 590. 592.
2. Armee 139. 141. 143. 145. 146. 148—
151. 153—158. 160. 161. 170. 172. 174. 177. 179. 181. 182. 185. 188. 196. 197. 203. 210—212. 215—220. 222. 224. 225. 227. 229. 230. 232—235.
237. 238. 240. 243. 245—247. 250.
251. 253—255. 257—262. 381. 383— 387. 417. 426. 563—565. 567—5/9. 584. 588. 590—592.
3. Armee 141—143. 145. 148—151. 153.
155. 156. 159—161. 170. 172. 174. 177—179. 181—188. 190. 203. 217. 218. 220.
4. Armee 140. 143. 145. 148—153. 160.
161. 172. 174. 176. 177. 179. 181— 183. 185. 187. 191. 201—203. 216— 221. 223—230. 232—236. 243. 244. 246. 247. 253—255. 257. 258. 261.
279. 341. 381—387. 391. 393—395.
398. 400—405. 408. 409. 411—423.
425—431. 550. 564. 565. neue 4. Armee 569. 570. 575—584. 587. 588. 590—592.
5. (Balkan-) Armee 6—10. neue 5. Armee 26.
7. Armee 139. 155—158. 160. 193—195.
203. 204. 206—213. 216. 239. 243.
246—250. 253. 257. 259. 260. 263.
381. 384—387. 563—565. 567. 569—
576. 585. 588. 589. 591. 592.
Gruppe Kirchbach 172.
Gruppe Köveß 148. 153. 394. 405. 406. 407. 409. 415.
I Korps 148. 390. 566—569. 571. 592.
II. Korps 148. 390. 566—570. 592.
III. Korps 155. 156. 206. 212. 216. 239. 253. 563. 564.
IV. Korps 141. 219. 254. 257. 563. 567.
572. 574. 592.
V. Korps 141. 251. 257. 563. 567. 572.
592.
VI. Korps 140—142. 144. 146. 149. 150.
152. 159. 160. 162. 164. 167—171.
173. 174. 176. 179. 180. 219. 222— 224. 226. 229. 231. 233. 234. 255.
381. 382. 391—393. 400. 401. 403.
413. 420. 423. 425. 429. 430. 550.
573. 575. 579. 585. 589. 592.
VII. Korps 7. 8. 26. 30. 141.
VIII. Korps 145. 172. 391.
IX. Korps 140. 220. 391. 420. 565—569.
571. 579.
X. Korps 141. 187. 203. 218. 219. 391.
417. 565—571. 577. 579. 592.
XI. Korps 155. 208. 212. 216. 239. 563. 592.
XII. Korps 148. 405. 406. 410. 559.
XIII. Korps 155—157. 206. 208. 212. 216. 239. 563—569. 571. 573. 592.
XIV. Korps 140. 391. 422. 565—569. 571.
577. 579. 580.
XV. Korps 26. 30.
XVI. Korps 26. 30.
XVII. Korps 141. 203. 217. 218. 220. 391. 577—582. 584. 589. 592.
XVIII. Korps 141. 257. 563. 567. 568.
572. 592.
XIX. Korps 141. 257. 563. 567. 572. 592.
Korps (Gruppe) Czibulka 155. 156. 204. 206. 208. 212. 216. 239. 563. 564. 567. 568. 575. 576.
Korps Fath 592.
Korps Hofmann 154. 155. 158. 192—195. 197. 204. 205. 207. 210. 211. 213. 250. 563. 567. 572. 573. 575. 576. 592. Korps Kirchbach 140. 172.
Korps Korbet s. XI. Korps.
Korps (Gruppe) Krautwalb s. III. Korps. Korps (Gruppe) Rehmen s. XIII. Korps. Gruppe Venigni 239. 240. 563. 564. 573. 592.
Gruppe Habfy 592.
Gruppe Henriquez 571. 573. 575. 576. Gruppe Kaiser 212. 216. 239.
Gruppe Kornhaber 215. 237.
Gruppe Kosak 592.
Gruppe Kreysa 254. 255.
Gruppe Kkitek 584. 592.
Weltkrieg. VIII. Band.
43
660
Truppenverzeichnis.
Gruppe Leonhard! 196—198.
Gruppe Ljubicic 155—157.
Gruppe Schönburg 195. 206. 208. 212. 216. 239.
Gruppe Smekal 565. 566. 568—570. Gruppe Szurmay 154. 155. 157. 193. 195 —198. 204. 205. 208—211. 213—215.
237. 238. 246. 250. 254. 257. 385. 390. 411. 413. 566. 567. 569. 571. 592.
Kav. Korps Verndt 570. 577.
Kav. Korps Hauer 577—579. 581. 582.
584. 590—592.
Kav. Korps Herberstein 577—584. 590. Kav. Korps Lehmann 592.
1. Ins. Div. 26.
2. Ins. Div. 141. 391. 565—567. 571.
575. 579. 592.
3. Inf. Div. 140. 391. 565. 566. 571.
579. 592.
4. Inf. Div. 148. 391. 565. 571. 579.
592.
5. Inf. Div. 155. 156. 563. 564. 567.
592.
6. Inf. Div. 155. 156. 195. 563.
7. Inf. Div. 154. 157. 158. 196. 197.
211. 238. 390. 566. 569. 592.
8. Inf. Div. 140. 391.
9. Inf. Div. 141. 563. 566. 569.
10. Inf. Div. 140. 152. 391. 565. 566.
571. 579. 592.
11. Inf. Div. 141, 221. 227. 391. 579.
580. 582. 588. 590. 592.
12. Inf. Div. 140. 146. 165. 167. 171. 173. 222. 224. 226. 231. 234. 391. 573.
576. 588. 592.
13. Inf. Div. (oft.) 141. 254. 390. 566— 569. 571. 579—581. 584. 590. 592.
14. Inf. Div. 141. 196. 563. 567. 572. 592.
15. Inf. Div. 155. 156. 563. 592.
16. Inf. Div. 148. 405. 410. 559.
17. Inf. Div. 141.
18. Inf. Div. 26.
19. Inf. Div. 154. 157. 193. 213. 214. 250. 252. 563. 567. 573. 574. 592.
20. Inf. Div. (ung.) 141.
21. Inf. Div. (öst.) 140. 145. 151. 391.
565. 566. 571. 579. 580. 590. 592.
22. Inf. Div. (öst.) 155. 156. 563. 564.
584.
24. Inf. Div. 141. 391. 565. 566. 571.
579. 592.
25. Inf. Div. 148. 390. 566. 569. 592.
26. Inf. Div. (öst.) 141. 391. 565. 566.
571. 575. 576. 591. 592.
27. Inf. Div. 141. 563. 567. 572. 592.
28. Inf. Div. 155. 156. 563. 564.
29. Inf. Div. 141. 563. 567. 572. 592.
30. Inf. Div. 155. 563. 592.
31. Inf. Div. 141. 254. 563. 567. 568.
572. 592.
32. Inf. Div. 141. 563. 567. 568. 572.
574—576. 592.
33. Inf. Div. 141. 563. 567. 572. 592.
34. Inf. Div. 141. 563. 567. 572. 592.
35. Inf. Div. 148. 405. 409. 410. 559.
36. Inf. Div. 155. 156. 563. 567. 572.
592.
37. Inf. Div. (ung.) 140. 145. 151. 391.
573—576. 588. 592.
38. Inf. Div. (ung.) 154. 155. 157. 158. 192. 193. 195—197. 205. 207. 209. 212 —214. 237. 238. 250. 563. 567. 572.
573. 576. 591. 592.
39. Inf. Div. (ung.) 140. 164. 165. 167.
168. 171. 173. 222. 224. 226. 234. 391. 573—576. 588. 592.
40. Inf. Div. (ung.) 154. 157. 158. 192.
196. 197. 204—209. 211. 213. 215.
238. 390. 566. 569. 592.
41. Inf. Div. (ung.) 140. 145. 148. 391.
579. 580. 584. 588. 590. 592.
42. Inf. Div. (ung.) 155. 563. 592.
43. Inf. Div. (öst.) 141. 563. 567. 572.
592.
44. Inf. Div. (öst.) 141.
45. Inf. Div. (öst.) 141. 391. 565. 571.
579. 591. 592.
46. Inf. Div. (öst.) 148. 385. 390. 566.
569. 592.
48. Inf. Div. 26. 30.
50. Inf. Div. 26.
51. Inf. Div. (ung.) 141. 215. 238. 563.
567. 572. 573. 592.
Truppenverzeichnis.
661
55. Ins. Div. 154. 155. 158. 563. 591.
57. Inf. Div. 26. 30.
58. Ins. Div. 26.
62. Ins. Div. 391. 565. 566. 571. 579.
90. Inf. Div. 26.
91. Ins. Div. 26.
92. Inf. Div. 26. 30.
93. Inf. Div. 26. 30.
94. Inf. Div. 26. 30.
106. Inf. Div. (öff.) 140. 391.
Komb. Div. Stöger-Steiner 140.
Komb. Div. Kroupa 574. 575.
1. Kav. Div. 141. 196—198. 204. 205.
207. 209. 212. 214. 215. 250. 252. 563.
564. 567. 568. 570. 577, 590. 592.
2. Kav. Div. 140. 143. 148. 385. 391.
408. 410. 555. 570. 577. 590. 592.
3. Kav. Div. 104. 563. 592.
4. Kav. Div. 141. 187. 210. 212—215.
390. 392. 395. 565—570. 582.590.592.
5. Kav. Div. (ung.) 155. 239. 563. 592.
6. Kav. Div. 155. 239. 405. 563. 573. 592.
7. Kav. Div. 148. 153. 406. 408. 410. 555.
566. 568—570. 590. 592.
8. Kav. Div. 155. 156. 239. 563. 573. 592.
9. Kav. Div. 148. 153. 405—408. 410.
555. 570. 577. 590. 592.
10. Kav. Div. 155. 239. 563. 570. 579. 590.
592.
11. Kav. Div. (ung.) 140. 143. 151. 162.
174. 177. 179. 185. 219. 228. 230. 233.
234. 387. 390. 392. 395. 413. 565. 566.
570. 577. 581. 582. 584. 590. 592. Gruppe Bernds s. 4. Kav. Div.
9. Inf. Brig. 155. 156.
16. Inf. Brig. 155. 156.
22. Inf. Brig. 590.
64. Inf. Brig. 592.
71. Inf. Brig. 197. 198. ung. 75. Inf. Brig. 193. ung. 76. Inf. Brig. 197.
130. Inf. Brig. 592.
131. Inf. Brig. 154. 155. 157. 158. 592.
132. Inf. Brig. 592.
ung. 202. Ins. Brig. 563. 592.
oft. 1. Ldst. Brig. 563. 567. 568. 572. 592. oft. 12. Ldst. Terr. Brig. 154. 155. 158. 193.
komb. Inf. Brig. Bolzano 155. 158. 250— 252. 563. 572. komb. Inf. Brig. Papp 155. 563. 592. komb. Inf. Brig. Szende 140.
ung. 1. Ldst. Huf. Brig. 141. 563. 567. 568. 572. 592.
1. Brig. d. Poln. Leg. 148. 391. 570. 577.
588. 590—592.
2. Brig. d. Poln. Leg. 155. 563. 591. 592.
3. Brig. d. Poln. Leg. 391. 570. 577. 588.
590—592.
56. Gebirgs-Brig. 26.
57. Halb-Brig. 26. 30.
59. Gebirgs-Brig. 26. 30.
Festung Przemysl 138. 140—143. 145.149. 150. 154. 159. 161. 163. 166. 168. 169. 172—174. 177—192. 198. 202. 203. 216. 217. 261. 264. 438—441. 453. 604. 620.
Türkei.
Heer 12. | Flotte 437.
Belgien.
Armee 35. 101. | Festung Antwerpen 377.
43*
662
Truppenverzeichnis.
England.
Heeresleitung, Oberste Führung Heer 75.
1. Armee 55. 72. 95.
3. Armee 80.
Kitchener-Armeen 35.
I. Korps 59.
IV. Korps 59. 84.
Indisches Korps 59.
1. Inf. Div. 95.
2. Inf. Div. 95.
96.
4. Inf. Div. 45. 78.
7. Inf. Div. 95.
8. Inf. Div. 95.
27. Inf. Div. 48. 78.
28. Inf. Div. 45. 48.
47. Territorial-Div. 95.
49. Territorial-Div. 95.
50. Territorial-Div. 45.
51. Territorial-Div. 95.
Lahore-Div. 45. 95. Meerut-Div. 95. Kanad. Div. 95.
Frankreich.
XX. Korps 51—53. 88. 93. 99.
Kriegsminister 52.
Heeresleitung. Oberste Führung 34. 36. 39. 51. 54. 84. 85. 96.
Heer 35. 597.
Heeresgruppe Nord 51. 73. 84. 85. Heeresgruppe Mitte 85.
Heeresgruppe Ost 84. 85.
2. Armee 54. 55. 80. 84. 85.
4. Armee 53. 84.
5. Armee 53. 55. 84.
6. Armee 53. 55. 84.
7. Armee 53. 55. 83. 84.
10. Armee 51—55. 84. 85. 92. 93. 95. 96.
Armee-Abteilung Belgien 79.
11. Korps 81.
III. Korps 66. 75.
V. Korps 81.
VI. Korps 81.
IX. Korps 51—54. 59. 74. 88. 92.
X. Korps 88. 93.
XI. Korps 80.
XII. Korps 85.
XIV. Korps 80.
XVII. Korps 54. 88. 93.
XXI. Korps 63. 64. 66. 74. 87. 90. 92
XXXI. Korps 35.
XXXII. Korps 35.
XXXIII. Korps 35. 54. 65. 75. 88. 92
XXXV. Korps 80.
XXXVI. Korps 84. 85.
I. Kolonialkorps 85.
1. Kav. Korps 55.
5. Inf. Div. 66. 75.
6. Inf. Div. 55. 95.
11. Inf. Div. 95.
13. Inf. Div. 95.
17. Inf. Div. 54. 95.
18. Inf. Div. 54. 95.
19. Inf. Div. 75. 95.
20. Inf. Div. 75. 95.
33. Inf. Div. 95.
34. Inf. Div. 95.
39. Inf. Div. 95.
42. Inf. Div. 81.
43. Inf, Div. 58. 95.
45. Inf. Div. 39. 79.
47. Inf. Div. 82. 83.
48. Inf. Div. 95.
51. Inf. Div. 85.
53. Inf. Div. 75. 76.
Truppenverzeichnis.
665
55. Inf. Div. 55. 95.
58. Inf. Div. 54. 95.
66. Inf. Div. 82.
70. Inf. Div. 74. 95.
77. Inf. Div. 95.
84. Territorial-Div. 95.
87. Territorial-Div. 39.
88. Territorial-Div. 95.
92. Territorial-Div. 95.
129. Inf. Div. 83.
152. Inf. Div. 53. 54. 85.
153. Inf. Div. 45. 53. 54. 79. 95.
Marokkanische Div. 54. 60. 88. 95.
6. Kav. Div. 55.
Heeresleitung 28. 29. 31. 32. Heer 26—28.
Libysches Expeditionskorps 27.
Italien.
1. Armee 28. 29.
2. Armee 28. 30. 33.
3. Armee 28. 30. 31.
4. Armee 28. 29.
Karnische Gruppe 29. 33.
Rußland.
Kriegsminister 440. 441. 443. 444. 451. 452.
Heeresleitung, Oberste Führung 116. 166. 191. 192. 380. 436—455. 471. 480. 481. 529. 587. 594—597.
Heer 242. 243. 245. 268. 272. 274. 343. 435—437. 440. 441. 443—446. 450— 454. 472. 480. 515. 550. 594. 596. 597. 622.
Kaukasus-Front s. Kaukasus-Armee. Nordfront 451. 538. 539. 594. Nordwestsront 116. 131. 190. 191. 208.
243. 255. 256. 263. 279. 280. 390. 399. 414. 416. 431. 436. 438—443. 445— 451. 471. 480. 481. 519. 525. 526. 532. 585.
Südwestfront 189. 190. 260—263. 359.
390. 414. 416. 431. 436. 438—443.
445—450. 469. 564—566. 569. 578.
585. 587—589. 593—595.
Westfront 243. 451. 529. 593—595.
1. Armee 104. 263. 279. 301. 303. 356. 359. 374. 380. 416. 424. 436. 445. 446. 450. 451. 525. 526. 594. 616.
2. Armee 104. 279. 334. 374. 416. 424.
436. 441. 445. 447. 448. 450. 451. 616. neue 2. Armee 506. 517—519. 521. 525. 526. 528. 529. 538. 594. 595.
3. Armee 140. 162.189—192.253. 255. 261
—263. 374. 389. 390. 396. 399. 416.
424. 426. 427. 436. 438. 443. 445. 448. 450. 451. 525. 559. 586. 587. 590. 593. 594.
4. Armee 140. 189. 191. 262. 263.374. 389.
390. 396. 399. 416. 424. 427. 431. 436. 439. 443. 445. 446. 448. 450—452.
525. 559. 594.
5. Armee 104. 131. 271. 280. 320. 436. neue 5. Armee 440. 441. 445. 448—451.
456. 462. 471. 480. 497. 525. 526. 528. 535. 538. 594.
6. Armee 436. 451. 594.
7. Armee 436. 596.
8. Armee 140. 154. 179. 182. 189—191.
253. 257. 261—263. 390. 414. 417.
425. 426. 436. 443. 445. 585—588.
590. 593. 594.
9. Armee 156. 189. 194. 204. 208. 210.
240. 257. 262. 263. 436. 445. 563. 585 —588. 593. 594.
10. Armee 105. 436. 445. 449—451. 470. 471. 480. 519. 525. 526. 528. 529. 592.
664
Truppenverzeichnis.
11. Armee 154. 189. 192. 196. 208. 210.
240. 262. 263. 436. 445. 585—588. 591. 593. 594.
12. Armee 104. 302. 303. 352. 356. 359.
374. 416. 424. 436. 438. 445. 446. 450. 451.
neue 12. Armee 451. 471. 535. 538. 594.
13. Armee 349. 374. 389. 390. 396. 399.
412. 414. 416—419. 422. 424. 425. 427. 433. 445. 448. 450. 451.
Kaukasus-Armee 437. 440. 596. Riga-Schaulen-Gruppe 131. 440. Armee-Gruppe Olochow 262. 263. 389.
Garde-Korps 263. 280. 384. 389. 392. 399.
403. 450. 451. 495. 500. 514. Grenadier-Korps 189. 389. 427. 559.
I. Korps 543.
II. Korps 514.
III. Korps 131. 441. 469. 538.
IV. Korps 292. 294. 302. 303. 309. 323. 335. 359. 543.
V. Korps 295. 323. 359. 488. 514.
VI. Korps 208. 210. 263. 280. 440. 585. 591. 593.
VII. Korps 189. 263. 585. 591. 593.
VIII. Korps 189. 262. 263. 585. 586. 593.
IX. Korps 140. 189. 389. 427. 559.
X. Korps 140. 189. 255. 389. 427. 559.
XI. Korps 189. 263. 585. 593.
XII. Korps 140. 162. 189—191. 255. 263. 579. 585. 587. 593.
XIV. Korps 189. 191. 389. 427. 506. 518. 543.
XV. Korps 106. 140. 190. 389. 427. 440. 559.
XVI. Korps 189. 389. 427. 559.
XVII. Korps 189. 263. 585. 590. 593.
XVIII. Korps 189. 263. 585. 591. 593.
XIX. Korps 131. 389. 441. 469. 470. 538.
XX. Korps 514.
XXI. Korps 140. 162. 189—191. 300. 309. 323. 359. 361. 585.
XXII. Korps 189. 263. 585. 591. 593.
XXIII. Korps 191. 255. 262. 389. 427.538.
XXIV. Korps 140. 189—191. 255. 261. 389. 427. 559. 593.
XXV. Korps 189. 389. 427. 559.
XXVI. Korps 501. 504.
XXVII. Korps 307. 309. 323. 359. 375. 506. 518.
XXVIII. Korps 189. 262. 263. 538. 585.
XXIX. Korps 191. 255. 262. 427. 538.
XXX. Korps 189. 216. 263. 579. 582. 585 —587. 590.
XXXI. Korps 189. 263. 384. 389. 427. 566. 587.
XXXII. Korps 189. 239. 263. 585. 593.
XXXIII. Korps 189. 263. 585. 593.
XXXIV. Korps 425. 471. 488. 514.
XXXV. Korps 559.
XXXVI. Korps 506. 515. 518.
XXXVII. Korps 131. 441. 469. 470. 533. 538.
XXXIX. Korps 579. 585—587. 593.
XXXX. Korps 590. 593.
XXXXI. Korps 593.
II. kaukas. Korps 191. 255. 262. 389. 440.
451. 488. 514.
III. kaukas. Korps 140. 162. 189. 190. 255. 265. 389. 427. 440. 559.
V. kaukas. Korps 162. 190. 191. 262. 389. 437. 514.
I. sibir. Korps 279. 285. 301—303. 309.
323. 359.
II. sibir. Korps 263. 270. 280. 281. 384.
389. 399. 451. 538.
III. sibir. Korps 300. 501. 514.
IV. sibir. Korps 295. 309. 323. 329. 359. 506. 515. 518.
V. sibir. Korps 559.
VI. sibir. Korps 136. 280. 294. 384. 389. 427.
VII. sibir. Korps 469. 538.
I. türkest. Korps 285. 302. 303. 308. 323. 559.
1. Kav. Korps 518.
2. Kav. Korps 189. 263. 585. 593.
3. Kav. Korps 189. 239. 263. 585. 593.
4. Kav. Korps 191. 255. 262. 389. 427.
431. 586. 587. 590. 593.
5. Kav. Korps 593.
Kav. Korps Grabbe 469.
Kav. Korps Kasnakow 469. 509. 542.
Truppenverzeichnis.
665
Kav. Korps Weljaschew 584. 586. 590. Kav. Korps Rerberg 585.
Abteilung Wannowski 469.
1. Garde-Inf. Div. 500.
2. Garde-Inf. Div. 500.
3. Garde-Inf. Div. 190. 191. 208. 265. 440.
2. Inf. Div. 323.
4. Ins. Div. 440.
6. Inf. Div. 131. 440. 441. 469.
7. Inf. Div. 359. 488.
8. Inf. Div. 190. 265. 440.
10. Inf. Div. 359. 488.
11. Inf. Div. 584.
12. Inf. Div. 162.
17. Inf. Div. 441. 469.
19. Inf. Div. 162.
20. Inf. Div. 190. 191. 440.
21. Inf. Div. 162. 265. 440.
27. Inf. Div. 399.
30. Inf. Div. 292. 302. 303. 359.
33. Inf. Div. 162. 359.
34. Inf. Div. 162.
38. Inf. Div. 441. 469.
40. Inf. Div. 303. 359.
41. Inf. Div. 359.
43. Inf. Div. 162.
44. Inf. Div. 162. 359.
45. Inf. Div. 518.
51. Inf. Div. 265. 440. 488.
52. Inf. Div. 162. 265. 440.
53. Inf. Div. 464. 470. 471. 488. 538.
55. Inf. Div. 362.
56. Ins. Div. 389. 399. 441. 469. 485. 488.
58. Inf. Div. 585.
59. Ins. Div. 359.
61. Inf. Div. 359.
62. Inf. Div. 265. 440.
63. Inf. Div. 191. 265. 323. 440. 469. 65. Inf. Div. 485. 488. 514. 585.
68. Inf. Div. 107. 108. 113. 359. 441. 469.
69. Inf. Div. 359. 448. 585.
73. Inf. Div. 441. 469.
76. Inf. Div. 359.
77. Inf. Div. 190. 265. 440. 582. 584. 587.
78. Inf. Div. 359. 585.
79. Inf. Div. 441. 469.
81. Inf. Div. 162.
100. Inf. Div. 587.
104. Inf. Div. 471. 480. 488. 514.
124. Ins. Div. 480.
125. Inf. Div. 587.
3. Schütz. Div. 162.
4. Schütz. Div. 587.
2. sinnt Schütz. Div. 448. 471. 538. 585. 4. sinnt Schütz. Div. 488. 585.
3. kaukas. Schütz. Div. 162. 190. 440. kaukas. Gren. Div. 440. 488.
1. sibir. Schütz. Div. 291. 302. 359.
2. sibir. Schütz. Div. 291. 302. 359.
6. sibir. Schütz. Div. 359.
7. sibir. Schütz. Div. 469.
9. sibir. Schütz. Div. 359.
10. sibir. Schütz. Div. 359.
11. sibir. Schütz. Div. 291. 302. 303.
12. sibir. Schütz. Div. 191. 440. 469.
13. sibir. Schütz. Div. 132. 162. 191. 265.
440. 469.
Grenzwach-Div. 480. 500.
1. Garde-Kav. Div. 469.
1. Kav. Div. 470. 471.
2. Kav. Div. 131. 469.
3. Kav. Div. 131.
4. Kav. Div. 131. 469.
5. Kav. Div. 131. 469.
7. Kav. Div. 162. 190. 582.
11. Kav. Div. 190.
13. Kav. Div. 263.
14. Kav. Div. 302. 303. 309.
15. Kav. Div. 131. 469.
16. Kav. Div. 162. 190.
3. Don-Kos. Div. 162. 190.
4. Don-Kos. Div. 469.
3. saut Kos. Div. 190.
1. Kub. Kos. Div. 471.
2. Kub. Kos. Div. 131. 471. 488.
selbst. Inf. Brig. XIII 131. 441. 469. Garde-Schütz. Vrig. 500.
1. Schütz. Brig. 359.
5. Schütz. Vrig. 469.
666
Truppenverzeichnis.
I.kaukas. Schütz. Vrig. 131. 441. 469. 470. 3. türkest. Schüh. Vrig. 131. 441. Schwarze-Meer-Vrig. 587.
4 selbst. Kav. Vrig. 131. 469. Ussuri-Reiter-Brig. 131. 469.
Festungen, Forts:
Venjaminow 375.
Brest Litowsk 320. 354. 360—362. 367. 381—435. 438. 446. 448. 450.
452. 483. 551. 552. 570. 589. 623. 624.
Dembe 333. 375. 376.
Dubno 468. 469.
Dünaburg 456. 465—467. 471. 497. 501. 502. 504. 505. 521. 523. 533. 535—538. 540—547. 592. Dünamünde 131. 468. 538. 546. Grodno 268. 366. 424. 438. 452. 466. 469. 483. 484. 487—491. 494—497. 531. 555. 594.
Iwangorod 200. 270—272. 279. 300.
315. 316. 329. 331. 332. 336. 338. 341. 347. 396. 398—401. 404—410. 414. 432. 438. 443. 446. 448. 449. 608.
Kowno 107. 108. 112. 120. 126. 127. 129. 137. 266—269. 271—275. 277. 281. 316. 319. 340. 341. 344—346.
348. 349. 377. 438. 441. 449—454.
456. 463—467. 469. 472—486. 488.
496. 502. 510. 514. 522. 525. 530.
534. 548. 549. 622.
Libau 107. 108. 111—118. 121. 122. 124. 130. 264. 457. 546.
Lomza 268. 304. 323. 327. 328. 332.
353—357. 438. 445. 446. 448-450.
Luck 565. 566. 568. 569. 577. 579. 580.
581. 586. 587. 592. 595. Nowogeorgiewsk 132. 267. 279. 280. 294. 295. 297. 298, 303. 304. 307.
309. 311. 317. 319—321. 323. 333.
335. 336. 342. 345. 347. 350. 352.
371. 374—380. 410. 438. 446. 453.
454. 483. 484. 487. 496.
Olita 316. 469. 482. 485. 531. Osowiec 267—272. 278. 286. 316. 333. 361—364. 366. 374. 445. 446. 452.
453. 548.
Ostrolenka 278. 279. 294. 295. 298— 301. 304. 306. 307. 309. 311. 314.
316. 319. 323—329. 332. 357. 359.
372.
Pultusk 297—300. 303—306. 308. 310—314. 316. 319—324. 327. 337. 372. 376. 447. 448. 473.
Rowno 567—571. 577. 578. 582. 583.
586—588. 595.
Rozan 294. 296—300. 303—311. 313. 314. 316. 319. 321. 323. 325—327.
337. 352. 359. 365. 372. 447. 473.
Warschau 132. 134. 264. 269. 274.
279. 297. 298. 300. 315. 317. 320.
322. 328. 329. 331—333. 335. 336.
338. 340—342. 345. 353. 357. 359.
374. 375. 380. 398. 406. 410. 415.
438. 443. 445—449. 608.
Zegrze 298. 319—321. 352. 375. 376.
Ostsee-Flotte 105. 115. 441. 451. 546. 594. Schwarze-Meer-Flotte 436. 437.
Serbien.
Heer 2.
Ernst Siegfried Mittler und Sohn, Buchdruckerei G.m.b.H., Berlin SW 68, Kochstraße 68-71.
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Alle Rechte vorbehalten - Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler S. Sohn, Berlin.
Lith. und Druck von Dietrich Reimer (Emst Vohsen) A. G., Berlin.
Die Front gegen Frankreich.
Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Achter Band. Stand am 8.Mai 1915. Kartei.
Erläuterung:
IV. bedeutet das IV. Armeekorps nach derKriegsg/iederung. yyil n "^.R. bedeudet das XXH.H.K. ahne die i-3.R. D.,jedoch ' ' ' verstärkt durch die h Er s. Di v.
* Die im Baume der 2. Armee befindliche zusges.
52.ßes.Jnf.Brig. war innerhalb 72, die im Baume der 7. Armee befindliche zusges. Jnf. Brig. (ohne/te) innerhalb 7 ft Stunde transportbereit.
+ h Francs/stieg □ izi Britische )
Bei den Belgiern standen Teile der sechs ein= gesetzten Divisionen, wahrscheinlich auch die zwei vorhandenen Kav.ßiv., in Beserve.
Div. sind nur dort besonders aufgeführt, wo sie selbständig auftraten.
Erläuterungen
Zweigleisige VollbaJu/rn, Eingleisige Vollbahnen Zweigleisige, Hahnen oder zweites Gleis imrßau, Eingleisige, Bahnen im Ban,
i: 1000000
— 3Q
Zu; Der Weltkrieg 1914—1918. Achter Band.
Der Kampf an derYser und im Ypernbogen.
__________________April-Mai 1915._________________
Karte 2.
Erläuterung:
Deutsche Ausgangsstellungen am 22. 4.
Im Angriff erreichte Linie bis 26.4. Deutsche Stellungen Mitte Mai
Franzosen 1
Briten l Stellungen am 22.4. morgs.
Belgier J
| ,, „ „ 265. abds.
•••••••••
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□ □□a Briten
85.R.Bn.vA3.R
Alle Rechte vorbehalten - Nachdruck, und Vervielfältigung verboten1. Verlegt bei E. S. Mittler &. Sohn, Berlin.
1: 60,000. -1_____________i_____
Lith. und Druck von Dietrich Reimer (Emst Vohsen) A. G., Berlin.
SSoÄt.
Die Frühjahrsschlacht im Artois
Stand am 9. Mai 1915.
Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Achter Band.
Salome
Alle Rechte vorbehalten - Nachdruck und Vervielfältigung verboten,
I.ith. und Druck von Dietrich Reimer (Ernst Vohsen) A. G., Berlin,
Schritt: looo
loooo Schritt
Meter: iooo
»■ Kilometer.
Verlegt bei F S. Mittler &. Sohn, Berlin.
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Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Achter Band.
Die Front gegen Frankreich.
Stand am 1. August 1915.
Karte 4.
Erläuterung:
IX. bedeutet das IX. Armeekorps nach c/erKniegsg/iederung
XIV.R.+S2‘bedeutet dasXIV. Reserrekorps verstärkt durch die 52. Inf! Division
** bereitgestellte \ Reserven der
,, . , „ u . „ . w f Oberstentfeeres-
□ □ m der Bereitstellung begriffene) /eitung
&& 19.R.D.und & 7.K.D.
unterstanden derAAFa/kenhausen, Teile der ersteren befanden sich bei bei der A.A. Gaede.
äi 19 Französische] Truppen. Divisionen sindnur . ► f dort besohders aufgeführt, m>
□ C3 Britische ) sie se/bsständig auftraten.
Bei den ße/giem standen Feite der sechs eingesetzten Divisionen, tvahrsche/ni/ch auch die zivei vorhandenen Kav.Dir.in Reserve.
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Alle Rechte vorbehalten - Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler 6. Sohn, Berlin.
Lith. und Druck von Dietrich Reimer (Emst Vohsen) A. G., Berlin.
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Erläuterung.
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Deutsche Truppen Österr.-ung. »
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Erläuterung:
zweigleisige Voll bahn ein
schmalspurige Kleinbahn
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Zu: Der Weltkrieg 1914-1918. Achter Band.
Die Front gegen Rußland
vom 13. Mai bis 12. Juli 1915.
Karte 5.
100 120 140 160 180 200 km
Alle Rechte vorbehalten - Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler &. Sohn, Berlin.
Entwurf und Zeichnung im Reichsarchiv.
Druck von Dietrich Reimer (Ernst Vohsen) A. G., Berlin.
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Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Achter Band.
Die Operationen der Verbündeten gegen Rußland.
Mitte Mai bis November 1915.
Karte 6.
Erläuterung-.
^ Deutsche ] .
I Armeen. Ostern=ungar. J
— Armeegrenzen.
Erreichte Linie am:
13.5. 13.7. 30.9. 13.7. 5.8. 27.8. 29.8. 12.9. 25.9. 11.8.
Es bedeuten: L.=Lauenstein, NrNjemen-Armee, G.=Gailwitz, W.=Woypsch, K.K.H. =Kav. Korps Heydebreck.
W-crV\\ \-w-o
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Erläuterung:
A Datum
ein u u 5.7. yer Fertigstellung
während der Operationen bis zu diesem Punkt.
wiederhergestellte oder
neuerbaute Bahnen
—k -+- schmalspurige Kleinbahn
AUe Rechte vorbehalten - Nachdruck und Vervielfältigung verboten.
Verlegt bei E. S. Mittler 6. Sohn, Berlin.
Entwurf und Zeichnung im Reichsarchiv.
Druck von Dietrich Reimer (Ernst Vohsen) A. G., Berlin.
4504
Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Achter Band.
Die Front gegen Rußland
vom 13. Juli bis Ende 1915.
Karte 7.
Erläuterung:
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am 31.7. nur
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schmalspurige Kleinbahn
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Alle Rechte vorbehalten » Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler S. Sohn, Berlin.
Entwurf und Zeichnung im Kcichsarchiv.
Druck von Dietrich Reimer (Ernst Vohsen) A. G., Berlin.
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Der oberitalienische Kriegsschauplatz
im Sommer 1915.
Skizze 1.
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Zu: Der Weltkrieg 1914 — 1918. Achter Band.
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler K- Sohn, Berlin.
Die Angriffskämpfe der Armee * Abteilung Strantz
vom 24.April bis 7. Mai 1915. Skizze 2.
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Linie bis zum 7.5.
Die Frühj ahrsschlacht im Artois 1915.
Die ersten Angriffsziele des Feindes. Skizze 3.
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Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Achter Band.
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler &. Sohn, Berlin.
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Alngrifssrichtungen.
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Die Frühjahrsschlacht im Artois 1915.
Der britische Angriff am 9. Mai. Skizze 4.
Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Achter Band.
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler &. Sohn, Berlin.
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Die Frühjahrsschlacht im Artois 1915.
Die deutschen Stellungen zwischen Angres und Die Lage bei der 6. Armee
St. Laurent nach dem 12. Mai. Skizze 5. am 15. Mai. Skizze 6.
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Zu: Der Weltkrieg 1914-1918. Achter Band.
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler & Sohn, Berlin.
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Die Frühjahrsschlacht im Artois 1915.
Die Artillerie «Verteilung Mitte Mai. Skizze 7.
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Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Achter Band.
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler & Sohn, Berlin.
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Die Frühjahrsschlacht im Artois 1915.
Die Truppenverteilung bei Auflösung der Die Lage am 16. Juni. Skizze 8. Armeegruppe Lochow am 29. Juni. Skizze 9.
Zu: Der Weltkrieg 1914-1918. Achter Band.
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler &. Sohn, Berlin.
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Die Kämpfe in Kurland
vom 26. bis 30. April 1915.
Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Achter Band.
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler £x Sohn, Berlin.
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Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Achter Band.
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler & Sohn, Berlin. e
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Die Kämpfe in Kurland
vom 7. bis 13. Mai 1915. Skizze 11.
Die Gasangriffe der 9. Armee
im Juni und Juli 1915. Skizze 12.
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Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Achter Band.
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler &. Sohn, Berlin.
Die Schlacht von Jaroslau.
14. bis 20. Mai 1915. Skizze 13.
Die Schlacht nördlich von Przemysl und der Kampf um die Festung.
23. Mai bis Z. Juni 1915. Skizze 14.
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Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler & Sohn, Berlin.
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Die Armee * Abteilung Woyrsch.
Mitte Mai 1915. Skizze 15.
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Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler & Sohn, Berlin.
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20 km
Der Vormarsch auf Lemberg.
13. bis 22. Juni 1915. Skizze 16.
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Der Vormarsch der Süd- und ö.-u. 7. Armee
vom 12. Mai bis 4. Juli 1915.
Skizze 17.
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Die Kämpfe bei Stryj.
26. Mai bis 8. Juni 1915.
Skizze 18.
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Verlegt bei E. S. Mittler &. Sohn, Berlin.
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Das russische Stellungssystem an der NarewsFront
am 13. Juli 1915 nach deutscher Auffassung. Skizze 19.
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18, 20, 21
Der Durchbruch der Armeegruppe Gallwitz durch die russischen Stellungen bei Przasnysz.
15. bis 19. Juli 1915. Skizze 20.
Erläuterung:
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Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler & Sohn, Berlin.
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Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler &. Sohn, Berlin.
Der Verlauf des Angriffs gegen den Narew.
13. bis 19. Juli 1915.
Skizze 21.
22, 23, 24.
Der Angriff über den Narew.
22. bis 25. Juli 1915.
Skizze 22.
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Wiiöööö* Stellungen am 22.7. abcfs — — •> Bewegungen am 23. 7.
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Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler &. Sohn, Berlin.
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Der Angriff auf Nowogeorgiewsk.
August 1915. Skizze 23.
Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Achter Band.
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler &. Sohn, Berlin.
Der Vormarsch auf Brest Litowsk.
22. Juni bis 26. August 1915.
Skizze 24.
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Zu: Der Weltkrieg 1914-1918. Achter Band.
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler &. Sohn, Berlin.
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25, 26, 27.
Der Vormarsch der ArmeesAbteilung Woyrsch über die Weichsel
im Juli und August 1915. Skizze 25.
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Zu: Der Weltkrieg 1914 — 1918. Achter Band.
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler L. Sohn, Berlin.
Die Kämpfe der Nj emen - Armee
im Juli und August 1915. Skizze 26.
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Stellungen am 15. August Russen.
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Der Angriff auf Kowno.
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Die Schlacht bei Wilna.
Die Heeresgruppe Hindenburg vom 30. August bis 18. September 1915.
Skizze 28.
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m/mm- VttfM Stellungen am 0. September
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Jndura o
Soköfka o
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Russen:
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^ ^ } Stellungen am 7B.September
(BeiKorps mit mehr a/s 2 Divisionen ist die Anzahl in Klammern beigefügt.)
rcmowicze
WkowySK
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Sch. 84
Nordflügel d.hgr. Pr. Leopol
Abkürzungen:
Gruppen: Ca.*Car/o#iiz, Ed.'Eben, FvrFromme/, Hu .'Hut/er, Lau.dauenstein, U.'Litzmann, Pa.Pannemtz, P\.=PlüskoM't SchrScbelTe/j Wa: IValter Kar.Korps: Ga.^ Garnier.
Divisionen: Be.-Beckmann, Z.:Zenker
FsrTruppen-Abt. Esebeck, ffianl'Br/gJfon/eton.
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Zu: Der Weltkrieg 1914 — 1918. Achter Band.
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten, Verlegt bei E. S. Mittler & Sohn, Berlin.
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Die Schlacht bei Wilna.
Die 10. Armee vom 14. bis 16. September 1915.
Skizze 29.
Deutsche:
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Russen:
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Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Achter Band.
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler L. Sohn, Berlin.
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Die Schlacht bei Wilna.
Die 12., 8. und 10. Armee am 26. September 1915. Skizze 30.
Erläuterung:
mmmmmm Deutsche Steifungen am äi tb 2SSepfem6er
XXVI.Ü Russische Steifungen 1 cä 26. September
Q Posta
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Die ö.-u. Offensive in Galizien und Wolhynien
vom 27. August bis 18. September 1915.
Skizze 31.
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Die Offensive der Heeresgruppe Linsingen auf Rowno
vom 20. September bis 13. Oktober 1915.
Skizze 32.
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--------------► Vormarsch der Oruppe Gerokam 27.u. 28.9.
Lage am 73.70. abds.
8. XXXX. ftuss. Südwestfront am 73.70.
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Zu: Der Weltkrieg 1914-1918. Achter Band.
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler L. Sohn, Berlin.
Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Achter Band.
Anlage 1.
: 'I
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Vergleich der deutschen und feindlichen Artillerie
Kaliber 6,8- - 9,9 cm Kaliber 10 —14,9 cm
Datum Flachseuer Flachfeuer Steilfeuer
Dtsch. Feind Dtsch. Feind Dtsch. Feind
Franz. Engl. Franz. Engl. Franz. Engl.
I. Anfang Mai. Deutsche 6. Armee Stand: 9.5.15. 554 F. K. 96 n./A. 28 9 cm K. 702 can. de 75. 25 can. de 80 de cpg. 53 can. de 90 de cpg. 44 can. de 95 12 2,75 inch guns (6,87 cm) 78 13 pdr. (7,6 cm) 84 15 pdr. (7,9 cm) 276 18 pdr. (8,4 cm) 16 10 cm K. 04 od. 14 14 s. 12 cm K. 6 franz. 120 mm K. 48 can. de 105 lg. 28 4,7 inch guns (11,94 cm) 156 l. F. H. — 60 4,5 inch how. (11,75 cm)
Französische 10. Armee Stand: 7.5.15. can. de 120 lg. 20 5 inch how.
Britische 1. Armee Stand: 9.5.15. (12,5 cm) 20 60 pdr. (12,8 cm)
Summe 582 1274 36 124 156 100
Darunter Schnellseuer-(Rohrrücklaus-)Geschütze 554 1068 16 48 156 80
II. Ende Mai. Deutsche 6. Armee Stand: 23.5.15. 688 F. K. 96 n./A. 28 9 cm K. 782 can. de 75. 25 can. de 80 de cpg. 53 can. de 90 de cpg. 44 can. de 95 12 2,75 inch guns (6,87 cm) 26 10 cm K. 04 od. 14 8 13 cm K. 30 s. 12 cm K. 8 franz. 120 mm K. 43 can. de 105 lg. 68 28 4,7 inch guns (11,94 cm) 184 l. F. H. - 60 4,5 inch how. (11,75 cm)
Französische 10. Armee Stand: 20.5.15. 78 13 pdr. (7,6 cm) 84 15 pdr. (7,9 cm) 276 18 pdr. (8,4 cm) can. de 120 lg. 20 5 inch how.
Britische 1. Armee Stand: 9.5.15. (Spätere Angaben fehlen) (12,5 cm) 20 60 pdr. (12,8 cm)
Summe 716 1354 72 139 184 100
Darunter Schnellfeuer-(Rohrrücklauf-) G es chütze 688 1148 34 43 184 80
m. Mitte Juni. Deutsche 6. Armee Stand: 16.6.15. 698 F. K. 96 n./A. - - 26 10 cm K. 04 od. 14 - - 184 l.F.H. - -
Vom Feinde nur bekannt: Franz.: 805 Feld-G. (einschl. 80 u. 90 m in Kal.) 355 schw. G. (von 95 mm Kal. aufwärts.) Engl.: 452 Feld-G. (bis 4,5 inch Kal. einschl.) 118 schw. G. (von 4,7 inch Kal. ab) 40 9 cm K. 8 13 cm K. 20 f. 12 cm K. 8 franz. 120 mm K.
Summe 738 — 62 — 184 —
Darunter Schnellfeuer-(Rohrrücklauf-)Geschütze 698 34 — 184 —
Anm.: 1. Flugabwehr- (Spezial-) Geschütze sind nicht mitgerechnet. — 2. Bei den deutschen Geschütz-15 — s. F. H. (02 od. 13), meist durch eigene Munition, infolge Überanstrengung der Rohre. Das Gerät konnte Douai. — 3. Die franz. Geschützzahlen sind errechnet nach: franz. amtl. Werk, Bd. III, S. 27 (Bd. III Annexes S. 34,
in der Frühjahrsschlacht im Artois
Kaliber 15 —19,9 cm Kaliber über 20 cm
Flachfeuer Steilfeuer Flachfeuer Steilfeuer
Dtsch. Feind Dtsch. Feind Dtsch. Feind Dtsch. Feind
Franz. Engl. Franz. Engl. Franz. Engl. Franz. Engl.
6 ig. Ä 15 cm K. 8 15crnR.K. 2 frz. lge. 155 mm K. 82 can. de 155 lg. 6 can. de 19 cm s. truc 4 6 inch B.L.O. (15 24 cm) 79 f. F. H. 02 oder 13. 4 frz. Kz. 155 mm K. 36 can. de 155 court T. R. (Rim.) 34 can. de 155 court M. 1881/1912 36 6 inch how. (15,24 cm) 20 Mrs. 8 mortiers de 220. 4 mortiers de 270 10 9,2 inch how. (23,4 cm) 3 15 inch how. (38,1 cm)
16 92 83 106 — — — 20 25
0 0 79 36 — — 20 0
8 lg. 15 cm K. 8 15crnR.K. 2 frz. lge. 155 mm K. 74 can. de 155 lg. 4 6 inch B.L.O. (15,24 cm) 136 s. F. H, 02 oder 13. 20 f. F. H. 4 frz. Kz. 155 mm K. 68 can. de 155 court 36 6 inch how. (15,24 cm) 48 Mrs. s. ist. Mrs. (30,5 cm) 8 mortiers de 220. 4 mortiers de 270 10 9,2 inch how. (23,4 cm) 3 15 inch how. (38,1 cm)
18 78 160 104 — — — 49 25
0 0 136 36 (?) anscheinend wieam7.5. — — — 49 0
8 lg. 15 cm K. 8 IScmR.K. 2 ftä. ig-, 155 mm K. 148 f. F. H. 02 oder 13. 20 f. F. H. 4 frz. Kz. 155 mm K. 48 Mrs. 1 s. Kst. Mrs. (30,5 cm) '
!8 — 172 — — — 49
0 - 148 — — — 49
Zahlen ist der Geräte-Aussall nicht berücksichtigt. Bis Ansang Juni betrug dieser 79 - F. K. 96 n./A., 42 — l.F.H., schnell und fast reibungslos ersetzt werden, dank vorzüglicher Leistungen der (bayr.) Belagerungs-Werkstatt in 93, 147), Bd. X, 1, S. 479. — 4. Die brit. Geschützzahlen sind entnommen: brit. amtl. Werk, Bd. IV, S. 9.
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