Volltext: Das Weltkriegsende

16 Politik und Kriegführung bis zur Großen Schlacht in Frankreich 1918 
gang Foerster in seiner vortrefflichen Studie „Graf Schlieffen und 
der Weltkrieg"' hervor, daß Moltke sich in den Jahren vor dem 
Weltkriege nicht nur, sondern überhaupt in seinem militärischen Le¬ 
ben in ernster Friedensarbeit das Verständnis für die Grundbedin¬ 
gungen moderner Kriegführung, für die wesentlichen Unterschieds¬ 
merkmale zwischen Theorie und Praxis angeeignet und in diesem 
Sinne auf die ihm unterstellten Generalstabsoffiziere eingewirkt 
hat. „Den Kaiser wußte Moltke geschickter und besser als jeder an¬ 
dere zu nehmen, namentlich in der Richtung des Verzichtes auf über¬ 
raschende persönliche Eingriffe." Aber Foerster fügt doch hinzu, daß 
in der Charakterbildung des Generals und in seinem Gemütsleben, 
seinem „tiefem, zartem, fast weichem Empfinden voll Selbstlosiigkeit 
und Bescheidenheit" Eigenschaften vorhanden waren, die bei seinem 
durch körperliche Leiden geschwächten Gesundheitszustände seine 
geistige Frische und Spannkraft beeinträchtigen mußten. 
Den stärksten Beweis dafür, daß Moltke der fast übermenschlich 
schweren Ausgabe eines Generalstabschefs in Kriegszeiten nicht ge¬ 
wachsen gewesen ist, erbrachte sein Verhalten angesichts der politi¬ 
schen Entwicklungen unmittelbar vor Ausbruch des Weltkrieges und 
insbesondere beim Eintreffen der Nachrichten über Englands Teil¬ 
nahme oder Nichtbeteiligung am Kriege. Auch die Fragen, die mit 
der Forderung des deutschen Durchmarsches durch Belgien zusam¬ 
menhingen, haben auf den General tief und schädigend eingewirkt. 
Um so wichtiger wäre es gerade für ihn gewesen, beim Beginn der 
Kriegshandlungen einen Mann seines besonderen Vertrauens als 
Eeneralquartiermeister an seiner Seite zu wissen. Seine Wahl war 
auf den General v. Stein gefallen, der in der Armee und im Ge¬ 
neralstabe hohes Ansehen genoß. Stein war in jeder Beziehung für 
den schwierigen Posten des Generalquartiermeisters vorgebildet: 
erwachsen in der Schule des Grafen Schlieffen, der große Stücke auf 
ihn hielt, war er später die rechte Hand Moltkes geworden, der ihn 
sehr hoch einschätzte. Stein war jahrelang Chef der 2. Abteilung des 
Großen Generalstabes gewesen, um dann als Oberquartiermeister I 
unmittelbarer Vorgesetzter Ludendorfss zu werden, der nach ihm die 
Aufmarschabteilung übernahm. Mit General v. Moltke verband ihn 
persönliche Freundschaft; die beiden Charaktere ergänzten sich in 
günstiger Weise. So glaubte denn General v. Moltke 1914 das Amt 
des Generalquartiermeisters bei General v. Stein in besten Händen. 
Aus diesem und keinem anderen Grunde wurde General Lu¬ 
dendorff bei Ausspruch der Mobilmachung 1914 noch nicht General¬ 
quartiermeister. Hätte General v. Moltke ihn gleich von Anfang an 
in diese Stellung berufen wollen, so wäre seinem Wunsche seitens 
3 Mittler & Sohn, Berlin 1925. 2. Auflage.
	        
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