Die wirtschaftlichen Folgen des Eintritts Italiens in den Krieg.
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zenden neutralen Ländern, so gut wie ganz auf eigene (Erzeugnisse und auf
vorhandene Vorräte angewiesen. Dieser überaus schwierigen Lage hatte
die Heeresverwaltung inzwischen in weiterer Durchführung der bereits
früher getroffenen Maßnahmen*) Rechnung zu tragen gesucht. Unter Lei¬
tung des Majors Koeth, der im Frühjahr 1915 als Nachfolger des auf
eigenen Wunsch zurücktretenden Dr. Walter Rathenau an die Spitze der
Kriegsrohstoffabteilung des Preußischen Kriegsministeriums
berufen worden war, sollte die behördliche Bewirtschaftung der kriegs¬
wichtigen Rohstoffe planmäßig und für lange Kriegsdauer ausgebaut wer¬
den. Auf Grund der bisherigen Erfahrungen nahm die Rohstoffabteilung
eine klare Scheidung zwischen den Bedürfnissen des Heeres und der Heimat
vor und suchte den Bedarf der Bevölkerung mehr und mehr auf das
unbedingt notwendige Maß einzuschränken. Sorgfältige Erfassung der
inländischen und der in den besetzten Gebieten vorgefundenen Vorräte,
planmäßiger Ausbau der vorhandenen und Erschließung neuer Crzeugungs-
quellen, vor allem aber straff geregelte Verteilung der Rohstoffmengen nach
der Wichtigkeit des Bedarfes sollten dazu dienen, den fortgesetzt steigenden
Anforderungen zu genügen, die Bewaffnung und Ausrüstung des Heeres
stellten. Als Ersatz fehlender natürlicher Rohstoffe mußten vielfach künst¬
liche Stoffe treten, um deren Herstellung sich deutscher Erfindergeist und
deutsche Wissenschaft große Verdienste erwarben').
Auch die Ernährung des Heeres und der Heimat erfuhr durch
den Eintritt Italiens in den Krieg eine weitere Einschränkung. Einige
Rahrungs- und Futtermittel, die geeignet gewesen waren, andere in der
Heimat knappe Nährstoffe zu ersetzen und die bisher aus Italien eingeführt
wurden, fielen nunmehr aus. Die Sperrung der italienischen Grenze wurde
um so härter empfunden, als es bereits im Winter des Jahres 1914/15
notwendig geworden war, die wichtigsten Nahrungsmittel staatlicher Ver¬
waltung zu unterstellen; vor allem hatte die zentrale Bewirtschaftung des
Brotgetreides die Öffentlichkeit an den ganzen Ern st der Lage ge¬
mahnt und Maßnahmen veranlaßt, die alle Vevölkerungskreise in fühlbare
Mitleidenschaft zogen.
Die Sperre der Uberseezufuhr hatte ferner bereits zu ernstem
Mangel an Futtermitteln geführt; infolgedessen fanden große Mengen
von Brotgetreide und Kartoffeln zur Viehfütterung Verwendung. Da
Fütterungsverbote nicht ausreichten, hatte die Reichsleitung Schweine¬
schlachtungen in großem Umfange anordnen müssen, die bis in den Mai
dauerten. Um Kartoffelmangel im Sommer zu verhindern, der gerade
*) Band VI, S. 430. — 2) Näheres in dem später erscheinenden Band II der
Sonderreihe „Kriegsrüstung und Kriegswirtschaft".