Italien erklärt Österreich-Ungarn den Krieg.
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Angarn „Deutschland mit ganzer Kraft" an der Seite seines Bundesgenossen
zu finden sein werde*). Wenn Deutschland sich jetzt lediglich auf den Abbruch
der diplomatischen Beziehungen mit Italien beschränkte, so sprach hierbei
neben dem Wunsch, sich, wenn irgend möglich, die Zufuhr von Rohstoffen
über die italienische Grenze zu erhalten, vor allem die Rücksicht auf das
Verhältnis zu Rumänien mit. Die von dort vorliegenden Nachrichten
ließen zur Zeit zwar keine unmittelbare Gefahr erwarten, doch hatte der
Ministerpräsident Vratianu dem deutschen Gesandten in Bukarest, Frei¬
herrn von dem Bussche, noch am 21.Mai gesagt, die Aufrechterhaltung der
Neutralität werde ihm erleichtert, wenn nicht Deutschland, sondern Italien
den Krieg erkläre. Wie im übrigen der Reichskanzler auf eine Anfrage des
Generals von Falkenhayn vom 21. Mai mitteilen ließ, hatte König Fer¬
dinand dem deutschen Gesandten auf das bestimmteste versichert, Rumänien
habe keinerlei Abmachungen mit Italien getroffen, „so daß Losgehen Ita¬
liens nicht Eintritt Rumäniens zur Folge haben" werde. Obgleich die Lage
wegen zunehmenden Drängens der Entente schwierig würde, hoffe der König
doch, die Neutralität weiter halten zu können. „Dagegen scheint Vratianu",
so führte der Reichskanzler weiter aus, „hinter dem Rücken des Königs Ver¬
handlungen mit Rußland zu führen2), die er allerdings abstreitet. Ob die¬
selben zum Ergebnis führen, läßt sich nicht übersehen. Unsere Siege in
den Karpaten haben in Rumänien starken Eindruck gemacht. Hierdurch dürfte
zunächst mit Eintritt Rumäniens in Krieg nicht zu rechnen sein, doch ist für
später diese Eventualität keineswegs ausgeschlossen. Ein Mitgehen mit
uns hält Veldiman^) für ausgeschloffen, solange nicht innere Ministerkrise
in Bukarest eintritt, wofür zur Zeit noch keine Aussicht vorhanden. Jeden¬
falls würde eine Aktion gegen Serbien eine weitere Garantie bedeuten, daß
Rumänien ruhig bleibt." So schien die Lage in Bukarest zur Zeit ent¬
spannt. Der deutsche Generalstabsches bemühte sich daher von neuem, den
Weg durch Rumänien für Munitionstransporte nach der Türkei zu er¬
schließen. Erfolg war ihm aber auch jetzt nicht beschieden.
Aus Griechenland lagen zur Zeit beruhigende Nachrichten vor.
*) Telegramm des Fürsten Bülow vom 18. Januar 1915 an das Auswärtige Amt.
2) Solche Verhandlungen haben tatsächlich stattgefunden. Angesichts der sehr
hohen Forderungen Vratianus wurde Sasonow jedoch mißtrauisch und glaubte, daß
seitens Rumäniens absichtlich unannehmbare Forderungen gestellt würden, um ein Ab¬
kommen mit Rußland zu vermeiden und „dem Kriege auszuweichen". Grundsätzlich
war der rumänischen Regierung das Recht, die von Rumänen bewohnten Gebiete der
Donau-Monarchie zu besehen, schon im Herbst 1914 von Rußland zuerkannt worden.
Vgl. „Das zaristische Rußland im Weltkriege" (herausgegeben von der Zentralstelle
für Erforschung der Kriegsursachen) S. 178/179, 185, 207—210.
3) Rumänischer Gesandter in Berlin.