Volltext: Das Glöcklein von Schwallenbach oder Die Vorsehung wacht

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neuen Schloßherrin bekannt, und schließlich verwandelte sich 
bei den Bewohnern des Dörfchens und der Umgebung die 
Neugierde in Mitleid. 
Clotilde war eine Rittersfrau und hatte an der Seite 
ihres Gemals auf der Burg Wildenstein glückliche Jahre 
verlebt. Der genannte Rittersitz lag in einer anmutigen 
Gegend Niederösterreichs unweit des Marktfleckens St. Leon¬ 
hard am Forst. Nur zu unerwartet schnell sollte leider 
das stille Familienglück auf Wildenstein sein Ende finden. 
Ritter Ernst — so hieß Clotildens Gemal — zog, dem 
Aufgebote des Kaisers folgend, in den Krieg und gleich in 
der ersten Schlacht blieb er todt auf der Wahlstatt. 
Noch sterbend empfahl er seiner Gattin durch einen 
treuen Knappen die Sorge für die beiden Kinder. Otto 
sollte ritterliche Erziehung genießen und einst die väter¬ 
liche Burg zu Erbe bekommen, mit der Bedingung jedoch, 
stets treu zu seinem Landesherrn zu halten und niemals 
die Waffen zur Unterdrückung der Armen und Unschuldigen 
zu gebrauchen. 
Clotilde, welcher der letzte Wille ihres Gemals heilig 
galt, und die selbst eine überaus brave und fromme Mutter 
war, ließ sich nun doppelt eifrig die Erziehung ihrer Kinder 
angelegen sein. Waren die beiden Kleinen ja doch auch 
das Einzige, was sie auf der Welt noch Theures besaß. 
Allein der Schmerz um den verlornen Gemal und die 
traurige Einsamkeit machten ihr den Aufenthalt auf Wilden¬ 
stein bald unleidlich. Alles, was sie anblickte, erinnerte 
sie an den Dahingeschiedenen, und die Kindlein weinten oft 
am Abend darüber, daß der Vater gar so lange nicht 
käme. Manchmal standen sie stundenlang auf der Anhöhe
	        
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