Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1925 (1925)

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ihr holdseliges, himmlisches Bild auf dem 
Hochaltar. Auf dem Bilde ruhte aber der Segen 
der Himmelskönigin. Wer es anschaute, 
vergaß seine Schmerzen, und wer es be 
rührte, wurde gesund. Und zu diesem Hoch 
altäre begann ein Wallfahren von allen denen, 
die bresthaft waren im weiten Lande. Ja, 
man sagt, daß auch kranke Herzen ihres 
Leids dort genasen. 
Hochbetagt ging nach vielen Jahren 
die einst so arme Häuslerin, die aber durch 
den Segen der heiligen Jungfrau -und durch 
Fleiß und Treue zu einer wohlhabenden 
Bauersfrau geworden war, ein zur Freude 
ihres hochgelobten Gottes. 
Nun war alle Not verschwunden. Schon 
bald röteten sich die täglich runder, straffer 
werdenden Wänglein der Kleinen. Aber nicht 
nur die arme Holzsällersfamilie, sondern das 
ganze Land nahm Teil an dem Segen. Es 
hub von nun an jedes Jahr wieder ein 
großes Beerenlesen an und die Bewohner 
der einst so bitterarmen Gegend hatten jetzt 
einen Erwerb gefunden, mit dem sie zu den 
Städten eilten und der allen Hunger, alle 
Not fernhielt. 
Und dann kam mit das Schönste von 
der ganzen Sache. Die dankbaren Bewohner 
der Heidegegend erbauten nämlich der heiligen 
Jungfrau Maria ein Kirchlein und stellten 
Unser Heimatland: Frauenstein (Oberösterreich). 
Der überlistete Listige. 
Ein listiger, junger Mensch zu N. hatte 
von jemand eine Summe Geldes entlehnt 
und in dem Wechsel die Rückzahlung aus 
acht Tage nach dem Feste des hl. Lucian 
gesetzt. Der treuherzige Darleiher sah nach 
einigen Monaten im Kalender nach, fand 
aber darin keinen Heiligen dieses Namens. 
Da jener in Güte nicht zahlen wollte, so 
kam die Sache vor den Richter des Ortes. 
Dieser entschied also: „Da Lucian, nach des 
Schuldners Versichern, ein Heiliger ist, so 
muß er wohl unter allen Heiligen besonders 
begriffen sein, und ist daher Beklagter schuldig, 
acht Tage nach diesem Feste Kapital, Zinsen 
und Kosten bei Vermeidung der Exekution 
zu bezahlen. 
(Nachdr. verb.) 
Blättchen der Kirschblüh, flattert, fliegt! 
Morgenwind euch leise wiegt; 
Gaukelt, schaukelt, legt schön weiß 
Um den alten Stamm den Kreis. 
Kindlein der Menschheit, kämpfet, siegt, 
Gottesgut euch leise wiegt. 
Handelt, wandelt, haltet weiß 
Eure Unschuld, Gott zum Preis. 
Menschenkind und Kirschenblüh 
Prangen kurz und welken früh. 
Doch der Vater ist so reich 
Droben in dem Himmelreich. 
Schenket jedem, was ihm gut: 
Blüt' auf grünem Grase ruht, 
Menschenkind nach Leid und Harm 
Friedlich ruht in Gottes Arm. 
Hansi Wolfsgrub er
	        
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