Volltext: Beiträge zur Künstlergeschichte der Passauer Maler Rueland Frueauf Vater und Sohn [7]

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Erich Abraham führte die Hypothese Braunes mit 
Anführung stilistischer Indizien im Einzelnen aus. 
Er^findetbei der Veitstafel und dem Regensburger Altar 
die gleiche voll ausrundende Typik, die nur wohl 
genährte Backen kennt und unter einer Frauenhaube 
den gleichsam hervorquellenden Schwellungen nach 
geht, vor allem findet er den Kopf des sitzenden 
Präfekten Valerianus vom alten Frueauf entlehnt. 
Phot. Kunstverlag Wolfxum-Wien 
Bild 29. Wien, Staatimuseum, Rueland Frueauf d. A. 
„Kreuztragung" 
Abraham führt seinen Beweis weiter dahin aus, daß, 
obwohl „die Kunst des jüngeren Frueauf nicht nur 
in formalen Einzelheiten, sondern noch mehr in der 
milden, weichen Stimmung vom Vater ihren Aus- 
gang nahm, doch die Veitötafel auch deutlich genug 
die jüngere Art der späteren Klosterneuburger Tafeln 
bereits erkennen lasse. So erblicke er in der Ver 
längerung der Proportionen, in der neuen Rationali 
sierung jeder Forin, sei sie menschlich oder im Ge- 
sält, in der Beseitigung des schwerknochigen Cha 
rakters der Draperie, an deren Stelle das Ausziehen 
langer gerader Linien in dem flach gewordenen Ge 
wand ebenso wie in den Felsen der Landschaft trete, 
in der Steigerung der Raumplastik im Körperlichen 
und in der Landschaft, endlich in der neuen Emp 
findung für den Reiz leerer Flächen im Bildganzen, 
für eine schmissig-zügige Art der Bewegung statt der 
alten holprig-eckigen", deutlich die spätere Eigenart 
des Meisters der Klosterneuburger Tafeln. Auch die 
flachen langzügigen Draperien und die tupfige Be 
handlung der Landschaft in der Architektur ebenso 
wie in der Vegetation, daö spitzpinselige Aufsetzen 
von Lichtern, die Verwendung der merkwürdigen 
spinnigen Finger, daö alles sind Eigenarten am 
Veitsbild, die Abraham mit richtigem Blick in den 
ein Jahrzehnt später entstandenen Klosterneuburger 
Tafeln wiederfindet. Diesen Indizienbeweis können 
wir nun mit der entscheidenden Feststellung ergänzen, 
daß die 1440 datierten Rückseitenbilder des Wiener 
Passionsaltarö von einem Gehilfen des alten Frue 
auf gemalt wurden, der sich trotz vieler Ueberein 
stimmung mit der Art des Alten doch deutlich genug 
von diesem scheidet, der in seiner Malerei klar seinen 
Schulzusammenhang mit dem Nürnberger Kreiö um 
Wolgemut dokumentiert, nicht bloß in der Kompo 
sition, in inhaltlicher Darstellungsart und den so 
charakteristischen Landschastsveduten, sondern auch 
in dem auf Braun und Blau abgestimmten Nürn 
bergischen Kolorit, der schließlich, was ehedem Stiaßny 
so schwer erklärlich schien, genau wie der Meister der 
Nürnberger Veitstafel mit dem R. F., der Signatur 
Frueaufs,zeichnete. Der Nürnberger R.F. kann 
eben niemand anderer sein als der jüngere 
Rueland Frueauf, der die gleiche Künstlersignatur 
hatte und beibehielt als der berühmte Vater. Er 
und kein anderer Geselle der Frueauswerkstätte war 
es auch, der die Rückseitenbilder des Wiener Passions 
altarö malte und mit R. F. signierte. In seiner Person 
entfallen auch Stiaßnyö diesbezügliche Bedenken. 
Die Wiener Rückseitenbilder zeigen uns aber den 
Zusammenhang zwischen Vater und Sohn Frueauf 
noch ganz sonderlich deutlich. Der junge Frueauf 
war auf seiner Wanderfahrt mit seinem das väter 
liche Typeninventar in reichsten Variationen ent 
haltenden Skizzenbuch bestens ausgerüstet und so 
finden wir auf dem 4440 gemalten Dreikönigsbild 
des Wiener Passionsaltar (Bild 30) genauestens die 
Typen wieder, die er auf dem Nürnberger Veitsbild
	        
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