26 Erich Abraham führte die Hypothese Braunes mit Anführung stilistischer Indizien im Einzelnen aus. Er^findetbei der Veitstafel und dem Regensburger Altar die gleiche voll ausrundende Typik, die nur wohl genährte Backen kennt und unter einer Frauenhaube den gleichsam hervorquellenden Schwellungen nach geht, vor allem findet er den Kopf des sitzenden Präfekten Valerianus vom alten Frueauf entlehnt. Phot. Kunstverlag Wolfxum-Wien Bild 29. Wien, Staatimuseum, Rueland Frueauf d. A. „Kreuztragung" Abraham führt seinen Beweis weiter dahin aus, daß, obwohl „die Kunst des jüngeren Frueauf nicht nur in formalen Einzelheiten, sondern noch mehr in der milden, weichen Stimmung vom Vater ihren Aus- gang nahm, doch die Veitötafel auch deutlich genug die jüngere Art der späteren Klosterneuburger Tafeln bereits erkennen lasse. So erblicke er in der Ver längerung der Proportionen, in der neuen Rationali sierung jeder Forin, sei sie menschlich oder im Ge- sält, in der Beseitigung des schwerknochigen Cha rakters der Draperie, an deren Stelle das Ausziehen langer gerader Linien in dem flach gewordenen Ge wand ebenso wie in den Felsen der Landschaft trete, in der Steigerung der Raumplastik im Körperlichen und in der Landschaft, endlich in der neuen Emp findung für den Reiz leerer Flächen im Bildganzen, für eine schmissig-zügige Art der Bewegung statt der alten holprig-eckigen", deutlich die spätere Eigenart des Meisters der Klosterneuburger Tafeln. Auch die flachen langzügigen Draperien und die tupfige Be handlung der Landschaft in der Architektur ebenso wie in der Vegetation, daö spitzpinselige Aufsetzen von Lichtern, die Verwendung der merkwürdigen spinnigen Finger, daö alles sind Eigenarten am Veitsbild, die Abraham mit richtigem Blick in den ein Jahrzehnt später entstandenen Klosterneuburger Tafeln wiederfindet. Diesen Indizienbeweis können wir nun mit der entscheidenden Feststellung ergänzen, daß die 1440 datierten Rückseitenbilder des Wiener Passionsaltarö von einem Gehilfen des alten Frue auf gemalt wurden, der sich trotz vieler Ueberein stimmung mit der Art des Alten doch deutlich genug von diesem scheidet, der in seiner Malerei klar seinen Schulzusammenhang mit dem Nürnberger Kreiö um Wolgemut dokumentiert, nicht bloß in der Kompo sition, in inhaltlicher Darstellungsart und den so charakteristischen Landschastsveduten, sondern auch in dem auf Braun und Blau abgestimmten Nürn bergischen Kolorit, der schließlich, was ehedem Stiaßny so schwer erklärlich schien, genau wie der Meister der Nürnberger Veitstafel mit dem R. F., der Signatur Frueaufs,zeichnete. Der Nürnberger R.F. kann eben niemand anderer sein als der jüngere Rueland Frueauf, der die gleiche Künstlersignatur hatte und beibehielt als der berühmte Vater. Er und kein anderer Geselle der Frueauswerkstätte war es auch, der die Rückseitenbilder des Wiener Passions altarö malte und mit R. F. signierte. In seiner Person entfallen auch Stiaßnyö diesbezügliche Bedenken. Die Wiener Rückseitenbilder zeigen uns aber den Zusammenhang zwischen Vater und Sohn Frueauf noch ganz sonderlich deutlich. Der junge Frueauf war auf seiner Wanderfahrt mit seinem das väter liche Typeninventar in reichsten Variationen ent haltenden Skizzenbuch bestens ausgerüstet und so finden wir auf dem 4440 gemalten Dreikönigsbild des Wiener Passionsaltar (Bild 30) genauestens die Typen wieder, die er auf dem Nürnberger Veitsbild