Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

Der Zusammenbruch des jüdischen Zentrums in Spanien 
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gen Ende seines Lebens auch der andere Renegat, der früher, im 
Vollbesitze seiner Macht, das von ihm verratene Volk mit dem 
Schwerte der Staatsgewalt bekriegte. Der nach der Aufhebung der 
Regentschaft in Kastilien seiner Macht endgültig beraubte greise Pau 
lus von Burgos fand nämlich die Muße, ein Buch unter dem Titel: 
„Gespräch zwischen Paulus und Saulus gegen die Judäer“ oder „Die 
Prüfung der Schrift“ (Scrutinium Scripturarum) zu schreiben, in 
dem es unter anderem heißt, daß alle den spanischen Juden seit der 
Zeit des berüchtigten Martinez beschiedene Bedrängnis als eine wohl 
verdiente Strafe für die Kreuzigung Christi zu betrachten sei. Paulus 
selbst hat jedenfalls nichts unterlassen, um, in den Fußstapfen des 
Martinez wandelnd, die Leiden seiner ehemaligen Glaubensgenossen 
nach Kräften zu verschärfen. 
§ 51. Die zeitweilige Restauration (1U15—lh5U) 
Nach dem überstandenen Ungemach war den jüdischen Gemein 
den Spaniens von neuem eine kurze Atempause vergönnt. Der auf 
dem Konstanzer Konzil neugewählte Papst Martin V. untersagte, vor 
allem mit Rücksicht auf die spanischen Verhältnisse, jede gewaltsame 
Bekehrung von Juden (i4i8), um sodann auf die Vorstellungen einer 
jüdischen Abordnung hin speziell für Spanien eine Bulle zu erlassen, 
durch die alle auf die Absonderung der Juden von den Christen ab- 
zielenden Verfügungen Benedikts XIII. außer Kraft gesetzt wurden. 
Die Bulle vom Jahre i[\2i gestattete den Christen ausdrücklich, die 
Dienste jüdischer Finanzmänner und Handelsagenten in Anspruch zu 
nehmen, sich von jüdischen Ärzten behandeln zu lassen, wie über 
haupt jedweden geschäftlichen Verkehr mit den Juden zu pflegen. 
Einen viel nachhaltigeren Eindruck als die päpstlichen Bullen übten 
jedoch auf die spanischen Herrscher die schweren wirtschaftlichen 
Folgen aus, die der langjährige kirchliche Terror und die Massen 
auswanderungen der Juden nach sich gezogen hatten. So entschloß 
sich denn die aragonische Reichsverweserin, die Königin Maria, Maß 
nahmen zur Eindämmung der Emigration zu ergreifen und den im 
Lande verbleibenden Juden allerlei Vergünstigungen in Aussicht zu 
stellen. 
Besonders kraß trat dieser Umschwung in Kastilien zutage, das 
noch vor kurzem der Herd der klerikalen Seuche für das ganze spa
	        
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