Volltext: Der Spaßvogel 1928 (1928)

Der Verschönerungsverein von Ober⸗ 
talheim fühlte, daß in diesen Tagen des 
Zagens und der Verwirrung etwas ge— 
schehen müsse. In einer in den Spalten 
des „Wächters vom Schnabelstein“ ver— 
saütbarsen Kundmachung wurden die Be— 
wohner von Obertalheim und Umgebung 
aufmerksam gemacht, daß auf die Ergrei— 
fung des entsprungenen Gepard eine Beloh— 
nung von 500 Sil⸗ 
berschillingen aus— 
gesetzt worden sei. 
Auch der Zirkusbe— 
sitzer tat ein Uebri— 
ges und stiftete 
einen Preis von 
100 Schillingen für 
denjenigen, der ihm 
die für seinen Be— 
trieb so wichtige 
Antilope unversehrt 
zurückbringe. Die 
beiden Kundma— 
chungen wurden 
überall angeschla⸗ 
gen, fleißig gelesen 
und besprochen, von 
dem Gepard und 
der Antilope sah 
und hörte man aber 
nichts mehr, die 
zwei Flüchtlinge 
blieben verschwun— 
den. 
Da man aber 
in den nächsten Ta— 
gen nichts von der 
Zerfleischung einer 
einsam grasenden 
Kuh, dem Ueberfall 
auf einen Schafstall 
oder einem Angriff 
auf friedlich nach 
dem Warkt von 
Obertalheim wan— 
dernde Landleute 
hörte, hob sich in. 
der Kleinstadt langsam Mut und Zuver— 
sicht, der Bäcker gab das Nachtlager in 
der Dachkammer auf und kehrte in das 
erste Stockwerk zurück und der Nachtwäch⸗ 
ter nahm den Dienst wieder auf. I 
Eine Woche später kam der Lichtsteidl 
Martin, der Senn von der Pfarreralm, 
in die Stadt herab und dort entspann 
sich zwischen ihm und dem Stauber WMat— 
thias, dem Obmann des Verschönerungs⸗ 
vereins, folgendes Gespräch: 
— 
„Nun also, da 
Auntischlopfin!“ 
„Ich hab' gehört, daß in der Stadt 
da herunten eine Antischlopfin aus'kom⸗ 
men ist.“ IJ 
„Eine Antilope meinst du? Nicht?“ 
Nun ja, wird schon so heißen. Ich 
kann das nicht so genau sagen, denn ich 
hab' von so einem Vieh früher nichts 
g'seh'n und nichts g'hört, denn in unserer 
Gegend kommt so was nicht vor.“ 
„Freilich nicht, 
Nun und ...?“ 
„Nun ja, und 
ich hab' g'hört, daß 
derjenige, der was 
das Vieh wieder 
bringt, ein Geld 
kriegen soll?“ 
„Natürlich! Hun⸗ 
dert Schilling!“ 
„Dann g'hört 
das Geld mir 
Denn ich hab' das 
Vieh auf der Pfar— 
reralm g'fangen.“ 
„Auf der Pfar—⸗ 
reralm? Nun und 
wohin hast d' denn 
die Antilope ge— 
bracht?“ 
„Vorderhand in 
einen Stall drau— 
ßen vor der Stadt. 
Ddenn das sag' ich 
gleich: Wenn ich 
das Geld nicht 
krieg', bring ich die 
Antischlopfin nicht 
her. Denn leicht 
war die Sach' nicht! 
Da zieh' ich viel 
lieber einen Och7 
sen von der Alm 
bis nach Wien hin⸗ 
ein. Das war eine 
harte Arbeit, bis 
ich das Vieh an 
dem Strick in den 
ersten Graben hinunter'bracht hab,! Also, 
wenn es sicher ist, daß ich die 100 Schil⸗ 
ling krieg', dann bring ich die Anti— 
schlopfin in einer Stunde zum Hutschen⸗ 
wirt draußen vor der Stadt. Dort über— 
nehmt Ihr das Vieh und gebt mir das 
Geld! Aber das Eine sag ich gleich: 
Sperrt dann das Vieh in einen festen 
Slall. sonst ist es wieder draußen und Ihr 
könnt das Geld noch einmal zahlen.“ — 
Eine halbe Stunde später versammelten 
—V 
— 
⸗ 
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