Volltext: Der Naturarzt 1890 (1890)

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Ueber Naturheilkunde. 
Von Dr. insä. Christoph Freiherr von Hartungen in Riva am Gardasee. 
IV. Hypnose und Suggestion. 
(Fortsetzung.) 
Eine weitere Entwickelung der Suggestions-Theorie bedeutet das 1866 er 
schienene Werk Liöbaults, in welchem er, ein Feind alles Wunderbaren und 
Mystischen, bereits eine Erklärung auf psycho-phystologischer Grundlage ver 
sucht, die in den meisten Punkten das Richtige trifft. 
Noch einmal mußte die Aerztewelt aus ihrer Lethargie mit Bezug auf 
den Hypnotismus aufgerüttelt werden, bevor deutsche Kliniken diese Versuche 
wiederholten und sie noch zu erklären versuchten, und zwar durch den, der 
Medizin übrigens fernstehenden Dänen Hansen, welcher in allen größeren Städten 
Europas öffentliche hypnotische Vorstellungen gab, indem er unter der Zuhörer 
schaft immer mehrere fand, welche er durch Anstarrenlassen eines glänzenden 
Gegenstandes kataleptisch machte, und denen er dann alle Arten von Sug 
gestionen erteilte. 
Eine ganze Literatur wurde seitdem über Hypnotismus hervorgerufen, 
und Männer von weltbekanntem Ruf haben seitdem das verkannte Banner der 
Suggestionsheilweife entfaltet. Wir nennen aus der großen Zahl nur die 
Namen eines Heidenhain, v. Nußbaum, Beaunis, Benedict, Rosenthal, Forel, 
Krafft-Ebing. 
Daß es trotzdem noch eingefleischte Gegner des Hypnotismus und der 
Suggestionsmethode giebt, wird den nicht wunder nehmen, der da weiß, daß 
es immer Menschen und insbesondere pedantische Gelehrte geben wird, die 
„vom Alten nichts vergessen und vom Neuen nichts lernen wollen". 
Aus allen gemachten Beobachtungen ergiebt sich folgende Schlußfolgerung: 
Die Hypnose ist ein rein seelischer Zustand, welcher durch seelische Mittel 
mit oder ohne natürliche Zuthaten bei Erkrankten, wie bei geistig und 
körperlich Gesunden herbeigeführt werden kann, und der sich vom normalen 
Zustande durch eine Steigerung der ideo-motorischen, ideo-sensitiven und ideo- 
sensoriellen Reflcxerregbarkeit unterscheidet. 
Wie läßt sich am leichtesten die Hypnose hervorrufen? 
Auf sehr einfache Art: 
Der Kranke sitzt am besten in einem Lehnstuhl mit einer etwas nach 
rückwärts geneigten Lehne. Man versichert ihm nun in Vertrauen erweckender 
Weise, daß er durch die Hypnose einem gesunden, stärkenden Schlafe von 
einigen Minuten (10—20), welcher leicht zu erzielen sei, wenn er nur wolle, 
seine Leiden gelindert oder gar ganz geheilt werden würde. Man hält 
jedes überflüssige Geräusch fern, macht das Zimmer etwas dunkel, setzt sich dem 
Kranken gegenüber und spricht ihn mit folgenden oder mit ähnlichen Worten 
an: „Fixieren Sie fest meine Augen, verhalten Sie sich ganz ruhig und 
denken Sie ausschließlich ans Einschlafen. — Sie werden ganz sicher ein 
schlafen, denn dieser heilsame Schlaf ist leicht zu erreichen. — Sie werden 
gleich eine Schwere in den Lidern empfinden. — Ihre Augen werden matt 
und feucht. — Ihre Lider sind schwer wie Blei — Ihre Lider zittern und 
senken sich schon. — Sie können dieselben nicht mehr heben. — Ihr Blick trübt 
sich — Sie sehen nicht mehr deutlich. — Sie verspüren eine Schwere in den 
Armen und Beinen, — Ihre Lider schließen sich und sind wie verklebt. — 
Sie können nichts mehr sagen, und der Schlaf übermannt Sie. (Während 
man die letzten Sätze spricht, kann man die Lider niederziehen und einen sanften
	        
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