Volltext: Die Lebensbeschreibung Severins als kulturgeschichtliche Quelle (2 ; 1903)

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Ich will die Möglichkeit, Spuren des Bistums ohne feste Diözese 
und damit Spuren der orientalischen Kirche im Norikum des fünften 
Jahrhunderts aus dem 9. Kapitel der vita Severini zu entnehmen, 
nicht ohne weiteres bestreiten. Jedenfalls aber treten daneben auch 
Bischöfe mit fester Diözese in der vita auf. Und diese Feststellung 
entzieht freilich jener Möglichkeit einigermaßen den Boden, um so mehr, 
als es recht wahrscheinlich ist, daß unter der Bischofswürde, die dem 
Severin angeboten wurde, die von Lauriacum zu verstehen ist, das das 
einzige derzeit in Ufernorikum bestehende Bistum gewesen ist. 
Im 21. Kapitel prophezeit Severin dem Presbyter Paulinus, daß ihn 
in Kürze die bischöfliche Würde schmücken werde, und die Bürger des 
oberkärntischen Tiburnia (jetzt St. Peter im Holz am Oberlauf der 
Drau) „zwingen ihn auch die höchste Stelle des obersten Priestertums 
zu übernehmen“ 1 ). Auch im 25. Kapitel tritt dieser Bischof von Nori 
kum, jetzt der „heilige Paulinus“ genannt, auf, der hier ein dreitägiges 
Fasten für alle Kastelle „seiner Diözese“ an ordnet 2 ). Tiburnia heißt in 
der vita „metropolis Norici“ und gilt also dem Eugippius entweder als 
Provinzialhauptstadt (vielleicht nur von Noricum Mediterraneum) oder 
als Sitz eines jener kirchlichen Metropoliten, die im Orient zu Anfang, 
im Abendland erst nach der Mitte des 4. Jahrhunderts sich nachweisen 
griechischen Wortes nanäg bei den irischen Anachoreten Islands (Kluge, Etymologisches 
Wörterbuch S. 281) hingewiesen. Daß manches Samenkorn des Christentums vom Orient her 
nach den Alpengegenden, nach Norikum und Rätien gebracht worden ist, hob auch Hauck, 
Kirchengeschichte Deutschlands 1898 I 2 347 hervor. Über christliche Syrer in Marseille 
vergl. Salvian, de gubernatione Dei IY 14 und IY 69, negotiatorum et Syrorum omnium 
turbas. Gregor Turon. YIII 1. Loebell, Gregor von Tours S. 196. Hauck, Kirchengeschichte 
Deutschlands 1898 I 2 8. Hegel, Die Entstehung des deutschen Städtewesens 1898 S. 112. 
Daß enge Beziehungen zum Orient der Yerbreitung des Christentums in Dazien Vorschub 
geleistet haben, daß später die dazisch - gotische Kirche mit der kappadokischen Beziehungen 
unterhielt, daß die Kleriker, die die Anauner bekehren wollten, in den Akten Graeci natione, 
cives Cappadoces heißen, betont Jung, Römer und Romanen in den Donauländern 1887 S. 147. 
Man wird nur sehr allmählich den Spuren der griechischen Kirche unter den Germanen nach 
zukommen vermögen, deshalb muß aber jeder kleine Beitrag willkommen sein. 
- 1 ) Cap. 21, if.: quia cito dilectionem tuam, populorum desideriis, ut credimus, obluctantem, 
dignitas episcopatus ornabit. Moxque remeante ad patriam sermo in eum praedicentis impletus 
est. Nam cives Tiburniae, quae est metropolis Norici, coegerunt praedictum virum summi 
sacerdotii suscipere principatum (Mommsen p. 31, 19 ff.). 
2 ) Cap. 25, 1: ad sanctum Paulinum episcopum — — (p. 34, 15); cap. 25, 2: triduano 
ieiunio (p. 34, 18).
	        
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