Volltext: Der Sammler 13 jahrg. 1917 (1917)

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daß die Schaffung eines Heldenhaines für die 
gefallenen Söhne Schärdings in kurzer Zeit, 
nach vollständiger Vertrautmachung der Oeffent- 
lichkeit mit dem Wesen der würdigen Sache, in 
unserer Stadt ungeteilte, beifällige Aufnahme 
finden wird. 
1 u | e a l Der n n Schärding 
im Monat Februar 1917. 
Al. Deubler. Ed. Kyrle. 
Z. Knötgen. Franz Degn. Alois Kaiser. 
Roman, v. Jäger. Josef Baumgartner. 
Bericht des Herrn Karl Gruber in 
Angelegenheit derErrichtungeines 
H e l d e ti h a i n e s. 
Der Musealverein Schärding, dessen Mit 
glied ich zu sein die Ehre habe, hat — in Aus 
führung eines Sitzungsbeschlusses — mit Schrei 
ben vom 24. Juni 1916 an mich die ehrende 
Aufforderung gerichtet, in Angelegenheit der Er 
richtung eines 
Hetdeuhaine« 
mitzuarbeiten. 
Mündliche Verhandlungen mit dem Ob- 
mann des Vereines, Herrn Eduard Kyrle, haben 
die Grenzen, dieser Mitarbeit genau umrissen 
und im Rahmen dieses Betätigungsfeldes wurde 
als wichtigste Aufgabe die Abfassung vorliegen 
der Eingabe an die verehrliche Stadtgemeinde 
gestellt. 
In Ausübung dieser freiwillig und gern 
übernommenen Pflicht gestatte ich mir, nun an 
die verehrliche Stadtvertrrtung nachstehende 
Eingabe zu richten, die zugleich als eine Studie 
gelten mag, die aber auch ein Warnruf und 
eine Beschwörung, eine herzinnige Bitte und ein 
sorgenvoller Notschrei sein soll. 
Der Musealverein wird am Schluffe dieser 
Eingabe oder in einem besonderen Schreiben 
meine Darlegungen als die Gesamtmeinung des 
Vereines anerkennen und mir dadurch jene 
Autorität verleihen, die ich haben muß, um mit 
Aussicht auf Erfolg vor einer hochansehnlichen 
Körperschaft, wie es die Stadtgemeindevertretung 
ist, bestehen zu können. 
Wenn ich noch überflüssigerweise erwähne, 
daß meine Ausführungen nur von der heißesten 
Liebe zu meiner Vaterstadt diktiert wurden, 
wenn ich versichere, daß mir alle Tendenzen 
politischer Natur oder solche persönlicher Art 
ferne liegen, dann habe ich wohl alles gesagt, 
was ich zur Einführung dieser Abhandlung 
vorausschicken zu sollen glaubte. 
I. 
Alle großen und eigenartigen, nachhaltigen 
und wertvollen Geschehnisse des Menschentums 
haben seit Beginn menschlicher Vorstellungskraft 
die Lust geweckt, den Eifer angeregt, diese Vor 
kommnisse mit allem Nachdrucke dem Gedächt 
nisse der Menschheit einzuprägen, sie dem Erin 
nern nachkommender Geschlechter zu sichern. 
Kein Tun des Menschen, wenn es ein großes 
sein soll, ist dem Augenblicke gewidmet, jeder 
Lebende hat die unstillbare Sehnsucht, über sein 
Leben hinaus zu wirken. 
Wenn wir die primitiven und doch naiv 
künstlerischen Zeichnungen betrachten, die die 
alten Mammutjäger mit Rötel auf die Stein 
wände einer Felsenhöhle zeichneten, so drängt 
sich der Gedanke auf, daß diese Urmenschen 
keineswegs nur zum Spiele alltägliche Vorkomm 
nisse zeichnend niederschrieben. Mag auch die 
Absicht — in die Zukunft zu wirken — bei 
jenen Menschen, die stärker als wir in der 
Gegenwart lebten, recht verschwommen gewesen 
sein, nur zur Stundenfreude haben die Höhlen 
bewohner ihre „Denk-Male" nicht geschaffen. 
Und alle späteren Kunstschöpfungen des 
aufstrebenden Menschentums sind wohl vor 
nehmlich nur deshalb geschaffen worden, um in 
weite Zeitfernen zu wirken 
Der babylonische Turm, die ägyptischen 
Riesenbauten, an denen Menschenfleiß vieler 
Jahrhunderte schuf, die Kunstwerke der Griechen 
und Römer, die gothischen Steinwunder des 
Mittelalters und all« Denkmäler der Neuzeit, 
die Prunkpaläste der Klöster, des Adels, des 
Staates sind in ihrer kostbaren Raumverschmen- 
dung nicht Zweckbauten der hastenden Gegenwart. 
Sofort wird uns dieser Gedankengang 
klar, wenn wir die Bauten und Einrichtungen 
des industriellen Lebens betrachten. Hier 
schreiten die Forderungen des Tages und des 
Zweckes und sie werden auch erfüllt: Bahnhofs 
bauten müssen alle fünfzig Jahre erneuert wer 
den, Fabriksanlagen aus anno 1880 genügen 
längst nicht mehr den Anforderungen der Gegen 
wart. Und in weiteren fünfzig Jahren werden 
alle Schöpfungen, die dem flüchtigen Jahr und 
den stets wechselnden Zweckforderungen will 
fährig dienten, zu klein oder zu groß sein. 
Den Unterschied, der zwischen Zweck- und 
Kunstschöpfung besteht, glaube ich in rohgezeich 
neten. Linien nun umrissen zu haben, eine ein 
gehende Darstellung und Beweisführung muß 
ich mir hier versagen, das Ziel meiner Abhand 
lung liegt ja noch so ferne. 
II. 
Eine der merkwürdigsten und größten Er 
scheinungen im Leben der Völker ist der Krieg. 
Er ist das letzte Mittel zur gewaltsamen 
Entscheidung schwebender Streitfragen, er greift 
mit harter Faust in die feinsten Gewebe mensch 
licher Beziehungen; Individuum und Familie, 
Sippe und Volk werden bis in die Grundfesten 
des Daseins erschüttert. 
ES ist nur natürlich, daß dieses, in seiner 
Gesamterscheinung immer schwer verständliche 
Geschehnis seit jeher die Erinnerungssucht ge-
	        
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