Volltext: Der Sammler 13 jahrg. 1917 (1917)

das heißt vom Standpunkte der Vertonung aus 
einzureichen, in der das k. k. Staatsdenkmalamt 
gebeten wurde, eine Kommission zur Feststellung 
des Tonmertes zu entsenden, und seinen Einfluß 
dahin geltend zu machen, daß das Kriegsmini 
sterium nicht zulasse, daß die neuerliche Ver 
fügung des Korpskommandos in Innsbruck zur 
Ausführung gelange. Gleichzeitig hat sich der 
Konservator an das Landesdenkmalamt in Inns 
bruck gewendet, um das Interesse für die in der 
Stadt Schärding befindliche Schöpfung der dor 
tigen seit Jahrhunderten bestehenden Grasmeier- 
schen Glockengießerei zu 'interessieren, und hat 
derselbe das Ersuchen gerichtet, das Landesdenk- 
malamt für Tirol wolle beim dortigen Korps 
kommando in einem für uns günstigen Sinne 
intervenieren. Leider war dieser wohlgemeinte 
Schritt von negativem Erfolg begleitet, da das 
genannte Landesdenkmalamt keinen ausreichenden 
Grund für eine Befürwortung seinerseits zu er 
kennen glaubte. 
Dafür hat das zweite Ansuchen der Stadt 
gemeinde durch das Staatsdenkmalamt die tat 
kräftigste und wohlgemeinteste Unterstützung er 
fahren, die allein zum endgültigen, erfreulichen 
Erfolg geführt hat. Als Erledigung des An 
suchens der Stadtgemeinde hat das Staatsdenk 
malamt zur Begutachtung des Klangwertes des 
hiesigen Pfarrgeläutes seinen hervorragendsten 
Fachmann, den Generalkonservator Dr. Hollay, 
Professor an der technischen Hochschule in Wien 
in unsere Stadt entsandt, dessen günstiges Urteil 
ln der Sache entscheidend wurde. 
Auf Letzteres hin hat das Kriegsministerium 
den zweiten Befehl des Innsbrucker Korpskom 
mandos vorläufig aufgehoben. Damit war aber 
die Sache noch nicht zu Ende geführt. Es kam 
nach einiger Zeit ein weiterer Befehl an die Mili 
tärbaustelle nach Linz, nachdem die Abnahme 
des harmonischen Teiles des Geläutes vorder 
hand zu unterbleiben habe, wird verlangt, daß 
zumindest die große Glocke allein abzunehmen 
sei, da sich die Stadtgemeinde und Pfarramt 
seinerzeit geäußert haben sollen, wenn schon nicht 
anders, so wolle sich das Militärärar mit der 
großen Glocke allein begnügen. Auch das Um 
gekehrte wurde geltend gemacht, man wollte der 
Stadt die große Glocke allein belassen, und die 
übrigen Glocken nehmen. Um all diesen Mög 
lichkeiten zu begegnen, wurde über Anregung des 
Stadtdechants seitens der Stadtgemeinde eine 
neuerliche Eingabe, und zwar ein Majestäts 
gesuch beschlossen und abgesandt, das durch Bür 
germeister Markus Hölzl im Wege persönlichen 
Bemühens durch einflußreiche Persönlichkeiten 
Unterstützung fand. Das Staatsdenkmalamt stand 
der Stadtgemeinde auch hierin treu und helfend 
zur Seite. Eben zur selben Zeit erfloß eine aller 
höchste Verfügung, daß die vielen derartigen 
Majestätsgesuche nicht mehr zur Vorlage gebracht 
werden können, und daß alle derartigen Gesuche 
dem Staatsdenkmalamte zur Entscheidung zu 
überweisen seien. Damit war das vielfältige 
Bitten der Stadtgemcinde auf den rechten Weg 
gekommen. Kurz nach dieser allerhöchsten Ent- 
Hera'^xeber: Der Museal-Berein Schärding. — V 
— Druck 5$. V« 
schließung ist seitens des Staatsdenkmalamtes 
eine Veröffentlichung in den Diözesanblättern er 
schienen, in welcher genaue Anweisungen gegeben 
wurden, welche Merkmale vorhanden sein müßten, 
um die Befreiung von Glocken oder Geläuten 
in den Einzelnfällen auch erlangen zu können. 
In diesen Anweisungen über das Vorgehen 
um Befreiung bestimmter Glocken von der Ein 
berufung wurde unter anderem dargetan, daß in 
Hinkunft der bisher allein berücksichtigte Alters 
wert nicht genügen kann, da es bei strenger Auf 
fassung der ursprünglichen Durchführungsart da 
zu kommen müßte, daß aus einzelnen der ver 
gangenen Jahrhunderten überhaupt kein voll 
ständiges Geläute mehr vorhanden wäre, was 
einen unersetzlichen Verlust für alle Zukunft be 
deuten würde, was zu verdindern sei. 
Es wäre ohne diese Anordnung des Staats 
denkmalamtes tatsächlich so weit gekommen, 
daß der Nachwelt ein vollständiges Geläute aus 
deml8.und dem 19.Jahrhundert nicht hätte erhalten 
werden können, womit die Kunstgeschichte eine 
Lücke bekommen hätte, die niemals gut zumachen 
gewesen wäre. Die Folgen aus diesem Erlasse 
des Staatsdenkmalamtes haben der Stadt Schär 
ding das Pfarrgeläute erhalten. Am 16. Juni 
kam an den Bürgermeister nachstehende Draht 
nachricht des Staatsdenkmalamtes: 
Betreff Glockenerhaltung. 
An das Bürgermeisteramt 
der landesfürstlichen Stadt 
Schärding. 
Das k. u. k. Kriegsministerium hat mit Er 
laß vom 6. Juni 1917, Abt. 8, HB. Nr. 9101/1917 
anher mitgeteilt, daß das k. u. k. Militärkom 
mando Innsbruck dem ho. Antrag auf Erhaltung 
des Geläutes entsprechend angewiesen wurde, 
Wien, am 16. Juni 1917. 
Der Präsident: i. V. Schubert m. p. 
Für die richtige Abschrift: Galler. 
Bei dem hatte es auch sein Verbleiben. 
Aber ganz ohne Schmerz ging die Sache doch 
nicht ab. Eine Kompensation mußte geleistet 
werden. Außer dem Stadtpfarrgeläute gab es 
ja auch noch andere Glocken in der Stadt. So 
eine in der Kapuzinerkirche, und zwei alte Glocken 
im Stadtmuseum. Die Kleinere hievon mit der 
Jahreszahl 1691 gehörte wohl der Sebastians 
kirche an, die Andere zersprungene aber etwas 
größere Glocke, dürfte die Notglocke gewesen sein, 
die ihren Dienst zirka von 1809—1838 am Pfarr- 
turme vollbrachte. Beide Glocken und die Glocke 
der Kapuzinerkirche mußten abgeliefert werden. 
Der Verlust derselben war unvermeidlich, sollte 
das volle Pfarrgeläute erhalten bleiben. So ge 
schah es auch, und nachdem der unheilvolle Krieg 
zu Ende ist, besteht keine Gefahr mehr für das 
prächtige, harmonische Stadtgeläute. Es ist kein 
nutzloses Opfer des Krieges geworden, und da 
rüber dürfen wir uns freuen. 
Schärding, im Dezember 1918, 
Eduard K y r l e, Apotheker, 
P. S. Die letzte Nummer des Sammlers 
vom Jahre 1917 konnte erst im Monat Dezem 
ber 1918 zum Druck gebracht werden, 
rantwortlicher Redakteur: Joh. Bees, Schärding, 
s. Eckärdiia.
	        
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