Volltext: Der Sammler 13 jahrg. 1917 (1917)

daß man sollst die kleineren Münzsorten zu 
wiegen pflegte. 
In unserem Falle handelt es sich um ein 
Pfund bayrischer Pfennige. 
Bei den Leibesstrafell war die Strafart 
vielgestaltiger. Da gab es den „Karabatschen" 
(wörtlich), die Einsperrung, den bürgerlichen 
Gewahrsam, in den bürgerlichen Kotter, in den 
Amtshauskotter im Rathaus (Stadtschergenhaus, 
heute das Gebäude der Kleinkinderbewahranstalt) 
und in den Stock, auch im Schergenhause. 
Wie strenge das polizeiliche Augenmerk auf 
alles gerichtet war, mögen einige Fälle angeführt 
werden. 
„Es hat sich Andreas Pichler, bürgerlicher 
Weingastgeber allhier, angemaßt, am Sonntag 
den 13. Jilli in feinem Gartenhause außer der 
Stadt, durch den dießortigen Stadtthürmermeister 
Franz Ignatz Eggerst.orfer ausspielen und tanzen 
zu lassen. Da nun dieses ohlle obrigkeitlicher 
Erlaubnis geschehen ist, auch vorwurfs, nachdem 
die Früchte noch auf dem Felde stehen, glaub 
widrig ist, so wurden sowohl dein Pichler als 
dem Eggerstorfer, derer: Vergehen ernstlich ver 
wiesen und zur künftigen Gewahrnis, jedem 
1 Pfund Strafe diktirt. 
Vom Pichler Weinwirt ko:nmt auch eine 
Leibesbuß ein." 
Sichtlich hat in diesem Falle es besonders 
Allstoß erregt, daß Musik und Tanz abgehalten 
wurden, da die Feldfrüchte noch nicht eingebracht 
waren, woraus entnommen werden kann, daß 
die obrigkeitliche Auffassung Musik und Tanz erst 
nach Einbringung der Ernte zuließ. 
Etwas leichter kam der bürgerliche Lein- 
und Zeugweber Paul Lechner davon. Nicht wegen 
des gleichen Vergehells, sondern wegen eines zu 
kurzen Ellenstabes. Am 3. Oktober wurde eine 
Gewichts- und Maßvisitation vorgenommen, ob 
wohl das Vergehen vielleicht weittragender ge 
wesen ist, als jenes der lustigen Leute. Der 
bürgerliche Zeug- ulld Leinwebe-r Paul Lechner 
also ließ sich mit einem ungebrannter: und noch 
dazu zu kurzen Ellenstabe stehlig betreten. Dieses 
wurde also demselben verwiesen, der Ellenstab 
konfisziert und die Strafe diktiert. Was 
es zu jener Zeit für sonderbare Strafen 
gab, das möge eine kurze weitere Anführung 
dartun. 
„Eine Kälberstrafe." Am St. Martins- 
Jahrmarkt geschah das Unerhörte, daß in hiesiger 
Stadt 3 Kälber nbgespändt wurden. Die Uebel 
täter waren der Josef Reinthaler auf dem Huber 
gute zu Schnelldorf und der Mathias Doblhamer 
auf dem Reinthalergute ebendaselbst. Die Uebel- 
täter wurden ein jeder um ein Pfund bestraft." 
Noch einen Fall aus der langen Reihe 
polizeilichen Einschreitens wollen wir anführen, 
der einen von den vielfach drangsalierten und 
kontrollierten Bäckern betrifft. 
Da heißt es: 
Zumalen Mathias Vordächer bürgerlicher 
Beck allhier am Sonntag den 23. Februar, da 
er daß sogenannte Herrengebäck hatte, ei:: Brod 
abgebacken, welches sehr schlecht forgahr und 
überhaupt nicht anprichtig und unausgebacken 
war. Also wurde ihm ein solches ernstlich vor 
gewiesen und mit dem Aufträge es künftighin zu 
unterlassen und ein schön, refcf) gebackenes Brot 
herzustellen, zur wohlverdiente!: Strafe diktiert 
2 Pfund." 
Wir sehen aus dieser Amtshandlung, ime 
selbst im Brotbezuge ein Unterschied zwischel: bet: 
Herren und dem gemeinen Volke bestanden hat. 
Aehnlich ist es ja auch bei de:: Leibes- und 
Kotterstrafen. 
Gar manch ergötzliche Geschichte begegnet 
uns daselbst. Die Trunksucht, der Spielteufel 
und die Weiber beinhalten hauptsächlich die Ver 
handlungen, auf welche die Leibesstrafen gesetzt 
wurden. 
Da erzählt uns beispielsweise eine Kammer- 
amtsrechnung von 1773: 
„Schon forten wurde der allhiesige Meßner 
knecht Josef Kurz seiner bezechtet: Aufführung 
halber corrigiert, welches er sich aber zu keiner 
Gewährung sein, sondert: seiner Gewohnheit nach 
sich hat wiederum öfters sehr rauschig vorfinden 
lassen, wie er dann neuerdings bei einem Speis 
gange so betrunket: war, daß er auf öffentlichem 
Platze mit der getragenen Laterne zu Jedermanns 
Aergerniß plötzlich zu Boden gefallen. Gleichwie 
aber dieses keine Aufführung, welche bei einen: 
Kirchendiener geduldet werden kantn Also hat 
man gedachten — kurz ein solches ernstlich ver 
weisen und eondarniniert 3 Stunden in den 
bürgerlichen Gewahrsam." 
„Der Johann Pums, Schuhknecht beim 
Schuhmacher Mildenberger allhier hat sich nach 
1 j { auf 11 Uhr tmchts beim Nachhausegehet: be 
treten lassen, ist daher seines polizeiwidrigen 
Vergehens halber, bekanntermaßen halber mit 
Verweis eondaminiert wordew, eine Stunde 
Amtshauskotter. Eben deshalb wurde auch 
Franz Kollersperger, bürgerlichen Maurermeisters- 
sohn dort, unter Erteilung eines Verweises zwei 
Stunden tu den bürgerlichen Gehorsamkotter 
gesperrt." 
Der bürgerliche Weingastgeber Andreas 
Pichler scheint mit der löblichen Polizei in keinem 
freundlichen Verhältuisse gestanden zu haben, 
denn wiederholt begegnen wir ihm in diesen 
Strafprotokollen. Einmal verging er sich gegen 
die Stadttorwache, indem er derselben beim 
Nachhausegehen statt des Torsperrgeldes Schläge 
angeboten hat. Es wurde von der Comandant- 
schaft die Anzeig erstattet und zur billigen Satis 
faktion demselben außer ernstlichem Verweis drei 
Stunden bürgerlicher Gehorsamkotter diktiert mit 
dem Aufträge, nach ausgestandener Strafe sich 
zur besagten Comandantschaft zu begeben und
	        
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