Volltext: Das Bild als Waffe

Mehr noch als die ländlichen Typen von Georges Delaw verkör¬ 
pern die von Charles Huard gezeichneten Kleinstadtbürger in ihrem 
bewundernswürdigen Heroismus den geistigen Widerstand und die 
innere Selbstbehauptung der Zivilbevölkerung. Beweis dafür sind die 
acht schönen Blätter Huards in der Sammlung «La Grande Guerre par 
les Artistes». Ein Bürgermeister verabschiedet sich vor seiner Hinrich¬ 
tung — neben ihm ist schon das geöffnete Grab sichtbar — mit den 
Worten: «Vous ferez mes adieux ä nos collegues du Conseil et vous aurez 
la complaisance de passer au cercle dire ä ces messieurs tous mes regrets 
de ne pas etre lä pour le bridge» von seinen erschütterten Amtsgenossen. 
(Abb. 25.) Auf einem andern Blatt bedeutet eine ehrwürdige Matrone einem 
deutschen Soldaten, der mit vorgehaltenem Revolver Konfitüre und Cham¬ 
pagner requirieren will, er solle sich erst seine Stiefel auf der Strohmatte 
reinigen, da er sonst das Vestibül beschmutze. 
Selbst die sonst so friedlichen Tiermaler beteiligen sich an der Bild¬ 
propaganda. Jacques Nam schuf glänzend bewegte und formen¬ 
schöne Tuschzeichnungen, so eine Darstellung des deutschen Adlers, wie 
er vergeblich versucht, die Weltkugel zu verschlingen und in Gefahr ge¬ 
rät, sich den Schnabel dabei zu zerbrechen 220, eine andere, auf der der 
Sanitätshund als der wahre Poilu bezeichnet wird 221, und eine dritte, die 
den Alder unter den Tatzen des Bären zeigt 222 (vgl. Abb. 7). 
Benjamin Rabier gab den Tieren menschliche Gedanken ein 
und ließ sie wie Menschen handeln. Seine Zeichnungen von Hunden, in 
deren Gesichtsausdruck er eine ganze Skala von Gefühlen legen konnte, 
sind aus dem PELE-MELE nicht fortzudenken. 
Als Karikaturisten im engsten Sinne, also Zeichner, die durch De¬ 
formierung gegebener Wirklichkeiten satirisch wirken, sind die Meister 
der Porträtcharge zu nennen: A. D o m i n mit seinen Zerrbildern in den 
«Responsables» 223, Andre Foy und Barrere, der alle vierzehn 
Tage dem FANTASIO eine «Tete de Turc» gab. 
In den sozialistischen Zeitungen wirkten drei Künstler, die in ihrer 
Art Hervorragendes leisteten. So der Provenzale H.-P. G a s s i e r mit 
seinen absichtlich naiven Kleinbildern in den HOMMES DU JOUR, dem 
CANARD ENCHAINE und der (EUVRE. Seinem «Communiqu£ de 
la Semaine» in der GUERRE SOCIALE verdanken wir unzählige geist¬ 
reiche Spottzeichnungen über die Zensur. Dann Lucien Laforge 
in den gleichen Blättern und MaximilienLuce, der der BATAILLE 
SYNDICALISTE seinen Stempel aufdrückte, und den Grand-Carteret 
den Daumier des Jahres 1914 nannte 224. 
Als Führer der jungen Generation unter den Kriegskünstlern 
— einer Generation, die nicht so sehr vom Haß gegen alles Deutsche 
durchtränkt war wie die der Fünfzig- und Sechzigjährigen, denen das 
76
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.