Volltext: Die Lebensbeschreibung Severins als kulturgeschichtliche Quelle (2 ; 1903)

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Es ist m. E. eigentlich müßig, darüber zu streiten, ob noch zu Zeiten 
Severins der Bischofssitz von Lauriacum nach Favianis verlegt worden 
sei. Die vita berichtet, daß die in Lauriacum ansässigen Flüchtlinge der 
oberen Donaustädte nach den benachbarten unteren Donaustädten (zu 
denen auch Favianis gehörte, ex quibus unum erat Favianis cap. 31, 1 
p. 39, 25) verpflanzt worden seien 1 ). Glück schloß sich nun der Meinung 
einiger älterer Schriftsteller 2 ) an und meinte 3 ), daß damals auch die 
Bewohner von Lorch mit ihrem Bischof nach Favianis gezogen seien; 
denn einmal hätten nach der Auflösung der Grenzbesatzungen die 
Lorcher den Einfällen der Barbaren nicht länger widerstehen können, 
dann aber habe Severin schon beim Auszuge der Passauer nach Lorch 
prophezeit, auch diese Stadt müsse wegen jener Einfälle bald geräumt 
werden 4 ), und endlich werde nach jenem Auszuge der Flüchtlinge in 
die Rugierstädte die Stadt Lauriacum in der vita Severini nicht mehr 
erwähnt. 
Aus der vita Severini hätte man nach allem mit größerem Rechte 
den einstmaligen Bestand eines Erzbistums Tiburnia 5 ) als eines Erz 
bistums Lorch folgern können, den Bischof Pilgrim von Passau 
Severin einen „monachus intra Pannoniam“ (MG. Hist, chron. min. ed. Mommsen p. 314. 315). 
Der Gallier Constantius, den bei der Belagerung von Sirmium durch die Hunnen im Jahre 441/2 
Priscus erwähnt (Corpus script. hist. Byzant. Bonn I 186), ist Attilas Sekretär, aber kein 
Bischof, -wie Jung, Römer und Romanen S. 244, angibt, kann also nicht, wie im Falle der 
Richtigkeit dieser Behauptung möglich wäre, mit dem Bischof Constantius der vita Antoni 
identisch sein. Dafür aber, daß Constantius von Lorch mit den Provinzialen von Noricum 
Ripense dem Auswanderungsbefehl Odovakars Folge geleistet habe und nach Italien gezogen 
sei, haben wir in der vita keine Anhaltspunkte. Eugippius läßt bloß die Mönche des Klosters 
bei Favianis mit den Provinzialen nach Italien wandern (cap. 44, 7). Fraglich ist es immerhin, 
ob auch wirklich alle Mönche gewandert sind. Von dem Mönch Bonosus sagt cap. 35, 2: 
40 fere annis in monasterii excubiis perseverans (p. 43); er ist also, da er frühestens im 
Jahre 454 monachus Severini geworden sein kann, 494 gestorben, höchstwahrscheinlich eher in 
Nonkum als in Italien. 
a ) Cap. 31, 6: igitur Romani de Lauriaco discedentes .... ipse vero Favianis degens . . . 
(p. 40, 26}. 
2 J Filz, Über den Ursprung der einstmaligen bischöflichen Kirche Lorch (Jahrbücher der 
Literatur, Wien 1835). Pritz, Geschichte des Landes ob der Enns 1846 I 98. 132. 134. 
3 ) Sitzungsberichte der Wiener Akademie 1855, 17, 74, 
4 ) Cap. 27, 3: quamvis et illud oppidum, quo pergimus, ingruente barbarie sit quantocius 
fdinquendum (p. 35, 3,0). 
s ) VergL Düromler, Piligrim von Passau und das Erzbistum Lorch 1854 S. 2. Dagegen 
Glück a. a, 0. S. 126 Ä., metropolis sei lediglich bürgerliche Hauptstadt.
	        
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