Oktober bis
Dezember.
548 Die Ereignisse bis zum Jahresschluß beim Oberbefehlshaber Ost.
Die Nachschubverhältnisse hatten sich dank rastloser Be-
mühungen der Etappenbehörden nach und nach gebeffert. Truppenzahl
und Kampftätigkeit waren gesunken, der Nachschubbedarf aber nicht, denn
Stellungsausbau und Vorsorge für den Winter veranlaßten umfangreiche
neue Forderungen. Weitschauende, angestrengteste Arbeit der Eisen¬
bahn - Behörden und -Truppen war nötig gewesen, um bei beschränkten
eigenen Mitteln die von den Nüssen zielbewußt an Verkehrsanlagen arm
gehaltenen Grenzgebiete zu überbrücken. Östlich der Weichsel hatten zu
Beginn des Krieges nur drei Bahnlinien über Mlawa, Osowiec und
Kowno, davon nur die letzte zweigleisig, nach Rußland hineingeführt. Im
Winter 1914/15 war die von den Russen hergestellte Verbindung Marg-
grabowa—Suwalki hinzugekommen, dann, von deutschen Eisenbahntruppen
erbaut, im August die Bahn Willenberg—Ostrolenka und seit dem 1. Oktober
die Strecke Vajohren—Prekuln, während gleichzeitig an den eroberten rus¬
sischen Strecken die teilweise nachhaltigen Zerstörungen ausgebessert wurden.
Dabei hatten während der Narew-Operation Vahnbauten und Wieder¬
herstellungen im nördlichen Polen den Vorrang gehabt, mit dem Ziele,
östlich der voraussichtlich zerstörten Weichsel-Brücken von Warschau und der
Bug-Brücke von Malkin Anschluß an die ostwärts führenden russischen
Hauptstrecken zu gewinnen. Später kam die Wiederherstellung der zwei¬
gleisigen Bahn über Kowno nach Wilna als besonders wichtig hinzu. West¬
lich von Wilna konnte der Tunnel von Landwarowo*) erst bis zum
10. Oktober fahrbar gemacht werden. Die Njemen-Vrücke bei Olita wurde
gar erst am 25. November, die Njemen-Vrücke in Grodno erst am 5. Dezem¬
ber fertig und dementsprechend der Verkehr vorwärts dieser Punkte auf¬
genommen. Einstweilen wies das Vahnnetz aber noch sehr große Mängel
aus; vor allem vermochte es nördlich des Njemen nicht mehr als den aller-
dringendsten Nachschub zu bewältigen. Seit Fertigstellung der Eisenbahn-
brücken von Olita und Grodno besserten sich die Verhältnisse durch Entlastung
der Kownoer Strecke etwas. Die Mängel des nur sehr wenig leistungs¬
fähigen kurländischen Bahnnetzes waren aber in absehbarer Zeit überhaupt
nicht zu beheben. Hier blieben Truppen und Crsatztransporte auch weiter¬
hin von Schauten oder gar von Tilsit ab auf Fußmarsch angewiesen; selbst
die dringendsten Nachschubansorderungen der Truppe überstiegen die Lei¬
stungsfähigkeit der Bahnen bei weitem und führten, bis sich die Verhältnisse
eingespielt hatten, zu Stockungen im Verkehr. So brauchte ein im Aufträge
der Obersten Heeresleitung reisender General Ansang Dezember zur Fahrt
vom Oberkommando 10 in Wilna bis Schauten (200 Kilometer) 29 Stun-
!) S. 530.