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Der Sommerfeldzug der Verbündeten in Galizien.
2. Juni.
Nach Abweisung nächtlicher Gegenstöße begann am frühen Morgen
die planmäßige Beschießung des Forts X. Mittags erstürmte der rechte
Flügel der 11. bayerischen Infanterie-Division dieses durch
Artilleriefeuer fast völlig zerstörte, trotzdem bis zuletzt zäh verteidigte Fort.
Mit seinem Fall war die Grundlage für die Fortsetzung des Angriffs nach
Süden geschaffen. Am hierbei die Sicherung der linken Flanke zu gewähr¬
leisten, bat General von Kneußl um 215 nachmittags das Armee-Oberkom¬
mando, daß entgegen den bisherigen Anordnungen nun auch der rechte Flügel
des XX XXI. Reservekorps weiter gegen die Festung vorgeführt
werden möge. Dies hatte inzwischen General von Francois bereits selbständig
angeordnet. So in der linken Flanke gesichert, konnte die gesamte Angriffsfront
des Generals von Kneußl nach Abwehr feindlicher Gegenstöße aus Zurawica
zwischen 4° und 5° nachmittags dem Feinde über dieses Dorf hinaus nach¬
stoßen. Damit gewann der Angriff freilich die bedenkliche Ausdehnung von
zwölf Kilometer Breite, ohne daß Reserven verfügbar waren. Da man auch
künftig mit harten Kämpfen rechnete, erwog das Armee-Oberkommando die
Heranziehung weiterer Kräfte des XXXXI. Reservekorps. Auch wiederholte
es um 74® abends seine Anregung, Infanterie der ö.-u. 3. Armee dem An¬
griff des Generals von Kneußl zuzuführen. „Wenn nicht von dort noch
heute Nacht Infanterie in die Einbruchslücke der 11. bayerischen Infan¬
terie-Division nachgeschoben wird, ist diese Division nicht in der Lage, den
Erfolg weiter auszunützen, sondern wird Mühe haben, das Erreichte fest¬
zuhalten." General von Conrad hielt aber den für den 3. Juni früh vor¬
gesehenen Sturm der 3. Armee gegen die Südwestfront der Festung, an
dessen Gelingen nicht gezweifelt wurde, für die wirksamste Unterstützung
der 11. bayerischen Infanterie-Division. Im übrigen hatten sich im Laufe
des Tages die Anzeichen vermehrt, daß der Feind im Begriff stand, die
Festung planmäßig zu räumen. Schon in der Frühe hatten Flieger auf
der Straße Przemysl—Mosciska nach Osten abmarschierende Kolonnen
festgestellt. Sie waren von den 10 cm-Kanonen des XXXXI. Reserve¬
korps unter Feuer genommen worden. Die russische Artillerie hatte sich
nach Ansicht der Flieger geschwächt. Teile von ihr waren auch im Abmarsch
beobachtet. Die feindliche Gefechtstätigkeit auf dem Ostufer des San war
abgeflaut. Infolgedessen war General von Francois bestrebt, immer weiter
nach Südosten vorzudrücken und später auch die Turzyna-Höhe anzugreifen.
Auf seine Anfrage erklärte das Armee-Oberkommando um 1230 nach¬
mittags: „Vorstoß auf Medyka baldigst erwünscht." Daraufhin befahl
General von Francois um l30 nachmittags, östlich des San in Richtung
auf Torki—Pozdziacz zunächst so weit vorzugehen, daß auch Feldartillerie
gegen die Straße von Medyka wirken könnte. Der linke Korpsflügel fühlte