Volltext: Das Exlibris

6 
Franz Fleisch mann 
libris des Würzburger Iesuitenkollegs. Es sagt 
uns, daß im 30jährigen Kriege die Schweden 
nach der Einnahme Würzburgs im Jahre 1631 
die Bibliothek der Universität und des Iesuiten¬ 
kollegs erbeuteten und König Gustav Adolf sie 
für Schweden bestimmte. Als Folge der 
Schlacht bei Wrdlingen 1634 eroberte General 
Melchior von Hatzfeld, der Bruder des Würz¬ 
burg - Bamberger Fürstbischofs Franz von 
Hatzfeld, die Stadt Würzburg zurück, worauf 
der Fürstbischof den siegreichen kaiserlichen 
Soldaten aus deren Beute 6000 Bücher, die 
die Schweden noch nicht fortgeschleppt hatten, 
abkmlfte und sie den Jesuiten als Ersatz für den 
bereits nach Schweden geschafften Teil-schenkte. 
Dieses Würzburger Kriegsexlibris der Jesuiten 
ist auch das Beispiel eines rein typogra- 
p h i s ch e n, das heißt in einfachem Buchdruck 
mittelst Letternsatz hergestellten Exlibris, wie 
sie vom 16. Jahrhundert bis heute vorkommen. 
Die Billigkeit der Herstellung hat wohl zu allen 
Zeiten arme Klöster und minderbemittelte 
Bücherfreunde zu dieser Ausführung bewogen. 
Die' beiden letztgenannten Exlibris, jenes der 
Palatina und des Würzburger Iesuitenkollegs, 
sind infolge der bei ihrer Anfertigung obwal¬ 
tenden Amstände wohl mit die interessantesten 
Bibliothekzeichen des 17. Jahrhunderts. Daß 
Kurfürst Maximilian trotz der Kriegswirren 
und der bewegten Zeiten an die Schaffung 
eines künstlerischen Exlibris für die Palatina, 
imd die Würzburger Jesuiten an ein zwar 
einfaches, aber doch bedeutsames Exlibris 
dachten, läßt zweifellos erkennen, welchen Wert 
Und welche Bedeutung man dem Bibliothek¬ 
zeichen beilegte, die es auch die Zeiten des 
unheilvollen 30jährigen Krieges überstehen 
ließen. Aus allen Jahrzehnten des 17. Jahr¬ 
hunderts sind Exlibris vorhanden, und ihre 
Zahl ist erheblich größer als die des voran¬ 
gegangenen Zeitabschnittes. Wohl aber hat 
die Zahl der hochkünstlerischen Blätter ab- 
genommen, eine Folge nicht nur des Barock¬ 
stils, sondern sicher auch der Kriegsläufte. 
Meist ist noch das Wappen die Hauptzierde, 
teils allein, teils in barocken Amrahmungen oder 
umgeben von Kränzen, mit und ohne In¬ 
schriften. Diese nennen zuvörderst den Buch- 
besitzer, bringen aber auch Devisen, Sprich¬ 
wörter und Zitate mancherlei Richtung. In 
ihnen spielt zuweilen auch der sogenannte 
Bücherfluch herein, der im frühen Mittelalter 
den Zweck verfolgte, durch eine Verwünschung 
oder Verwarnung, die der rechtmäßige Besitzer 
oder Schreiber des Buches in dieses eintrug, 
von unberechtigtem Nachschreiben, von Irr¬ 
tümern und Fälschungen abzuschrecken. Dieser 
Bücherfluch tritt schon bei den christlichen 
Kirchenvätern auf: 
„Einem jeden, der diese Bücher abschreiben 
oder lesen wird, beschwöre ich im Angesichte 
Gottes des Vaters, des Sohnes unb des 
Heiligen Geistes, bei der Verheißung des 
zukünftigen Reiches, bei dem Geheimnis der 
Auferstehung von den Toten, bei dem ewigen 
Feuer, welches dem Teufel und seinen Engeln 
bereitet ist, wenn er nicht etwa den Ort als 
Wohnung haben will, wo Heulen und Zähne¬ 
klappern ist und das Feuer niemals erlischt, — 
daß er zu dieser Schrift nichts hinzutue, noch 
davon fortnehme, noch etwas dazwischen 
setze, noch verändere, sondern mit der ur¬ 
sprünglichen Niederschrift, von der er es 
abgeschrieben hat, vergleiche und mit dem 
Buchstaben genau verbessere; auch keine Vor¬ 
lage sich zur Abschrift wähle, die schon ver¬ 
bessert oder verändert sei, damit nicht das 
richtige Verständnis der Arschrift den Lesern 
erschwert werde" — 
so lautet beispielsweise der Bücherfluch, den 
der Kirchenlehrer Rufinus um die Wende des 
4. und 5. Jahrhunderts seiner lateinischen Über¬ 
setzung der Schrift des Origines „De principiis" 
eingeschrieben hat').- Ähnlich lauten andere 
derartige Verwünschungen. Wahrscheinlich ver¬ 
anlaßt durch die Schriften der Mönche, nahm 
man auch im mittelalterlichen Deutschland die 
Sitte des Bücherfluches auf in der gleichen 
Absicht, die Bücher mit einem kräftigen Fluch 
und mit Verwünschungen des Fälschers und 
Textverderbers vor beabsichtigten und unbeab¬ 
sichtigten Böswilligkeiten zu schützen, da es ja 
damals keinen anderen Schutz des literarischen 
Eigentums gab. Später galt der Bücherfluch 
nicht allein als Schutzmittel gegen Fälschungen 
und Verderbnis der Bücher, sondern auch gegen 
unbefugte Übersetzungen und Nachdrucke und 
reicht in das 17. und 18. Jahrhundert herein. 
Da lag es wohl nahe, solche Verwünschungen 
auch gegen Diebe und ungetreue Entleiher von 
Büchern auszusprechen, weshalb man den 
Bücherfluch, zumeist allerdings in gemilderter 
und geschwächter Form, auch auf Exlibris findet; 
so auf einem Exlibris Gremper von 1500: 
„Johannes Gremperii bin ich, 
Wiltu was lesen? brich nicht mich, 
Auch tue mich heimlich nit verhalten, 
Daß Gott der Ewig dein mueß walten." 
Oder auf einem Exlibris des 18. Jahrhunderts: 
„Wer stiehlt das Buch, 
Den trifft mein Fluch." 
Ja der Bücherfluch klingt bis in unsere Zeit 
herein, denn wenn Kinder heute — wie wir 
es auch getan — in ihre Schul- oder Geschichten¬ 
bücher die Verse schreiben: 
„Dieses Büchlein ist mir lieb, 
Wer m-iPs stiehlt, der ist ein Dieb, 
Wer mips aber wieder bringt, 
Der ist ein gutes Kind" .— 
so ist das nichts anderes als ein leiser Nachklang 
des alten Vücherfluches. 
Gegen Ende des 17., mehr noch im 18. Jahr¬ 
hundert, finden sich neben den heraldischen Ex¬ 
libris auch solche m t anderem figürlichen 
*) Zeitschrift f. Bücherfreunde I, 1897. 1. Bd. S. 101.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.