Volltext: Das Exlibris

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Franz Fleischmann 
enthalten ist, daß in jedes Buch zu schreiben sei, 
welchem Kloster es gehöre; auch der Geber eines 
Buches sollte genannt werden, eine Vorschrift,, 
die bis ins 13. Jahrhundert zurückgeführt wird').' 
Auf diese Weise gibt sich der Ursprung des 
Exlibris kund, das Deutschland als seine Heimat 
lind das Mittelalter als seine Entstehungszeit 
hat.' Es soll zwar nach einer unkontrollierbaren 
Behauptung in Japan schon im zehnten Jahr¬ 
hundert derartige Eigentumsbezeichnungen ge¬ 
geben haben, ja ein ägyptisches Tontäfelchen 
iw Britischen Museum zu London, das auf einem 
Buch- oder richtiger Papyruskästchen befestigt 
war, ward sogar als ein Exlibris des Königs 
Amenophis III. angesprochen, der ca. 1400 
Jahre vor Christus regierte, und wäre demnach 
das älteste Bibliothekzeichen, allein der deutsche 
Ursprung der Exlibrissitte bleibt trotzdem be¬ 
stehen, und von Deutschland aus nahm sie ihren 
Weg in alle Länder. Durch die handschriftlichen 
Eintragungen, die meist auf der Innenseite des 
vorderen Buchdeckels, oft auch auf einem be¬ 
sonderen Blatte angebracht wurden, war sogleich 
beim Öffnen des Buches der Besitzer ersichtlich, 
wodurch es vor diebischen Händen geschützt und 
im Falle des Verleihens, was ja zum Zweck des 
Studiums oder Abschreibens häufig geschah, 
seinen: Besitzer gesichert war. Frühzeitig er¬ 
schienen dazu Wappenzeichnungen, die nicht selten 
ausgemalt wurden, und auf diese Weise wurde 
zum S ch m u ck, was erst nur Schutz gewesen. 
Diese handgezeichneten und bemalten Biblio¬ 
thekzeichen, von denen einige aus der zweiten 
Hälfte des 15. Jahrhunderts bekannt sind und 
von denen wir zweien aus bayerischem Boden 
begegnen, dem Bibliothekzeichen der Artisten¬ 
fakultät von der Universität Ingolstadt von 1482 
und einem Gedenkexlibris von Tegernsee, bilden 
die Vorläufer der eigentlichen Exlibris, wie 
wir sie kennen, der mechanisch hergestellten, 
durch Druck vervielfältigten Blätter, die nach 
der Erfindung der Buchdruckkunst durch Guten¬ 
berg, die bekanntlich in die erste Hälfte des 
15. Jahrhunderts fällt, zu erscheinen begannen 
und seitdem in ununterbrochener Folge nach¬ 
zuweisen sind. Mit der Erfindung des Buch¬ 
drucks, mit der Herstellungsweise der Bücher, 
war auch das Mittel geboten, die Eigentums¬ 
bezeichnung der Bücher, welche nun in rascher 
Folge sich mehrten, mechanisch durch Druck 
und in größerer Zahl, entsprechend der Mehrung 
der Bücher herzustellen. Man schnitt nun 
Wappen und Namen, späterhin auch andern 
Zierat dazu in Holz, druckte sie und klebte sie 
dann in die Bücher an die Stellen, wohin man 
vorher den Namen geschrieben und das Wappen 
gezeichnet hatte. Daß die Freude an der Farbe 
auch diese Holzschnitte bemalen ließ, ist natürlich. 
So ist auch das älteste bis jetzt bekannte Holz- 
schnittexlibris, das des Mönches Hildebrand 
Brandenburg aus der Karthause Buxheim bei 
Memmingen, ungefähr aus dem Jahre 1470, 
das einen Engel als Schildhalter und im Schild 
einen Ochsen zeigt, bemalt, wie auch weitere 
frühzeitige Wappenexlibris bemalt erscheinen 
J) Zenlralblatt für Bibliothekswesen I 307. 
Wie sich unter den früheren handgezeichneten 
Bibliothekzeichen bayerische befinden, so finden 
sich auch unter den bekannten ältesten mechanisch 
hergestellten Exlibris solche aus Bayern (im 
heutigen Amfange genommen), ja die ältesten 
sind sämtlich bayerischer Herkunft. Es sind das 
oben genannte Blatt Brandenburg aus Bux¬ 
heim; zwei weitere aus der Karthause Buxheim, 
das Ehewappen des Junkers Wilhelm von Zell 
aus der erloschenen bayerischen Familie der 
Zeller von Kaltenberg darstellend, und das Ehe¬ 
wappen der Edelfrau Radigunda, geborenen 
Eggenberger, von Füssen, Witwe des Funkers 
Georg Gossenbrot von Hohenfriberg, die wie 
die vorigen der Karthause ein Buchgeschenk 
machte; ferner das Exlibris des Kaplans 
Johannes I g l e r, genannt Knabensberg von 
Schonstett. Letzteres ist zwar kein großes Kunst¬ 
blatt, aber doch recht merkwürdig, weil es in 
Beziehung zu dem Namen des Buchbesitzers 
einen Igel auf blumigem Nasen zeigt und auf 
einem darüber befindlichen Spruchbande die 
Inschrist trägt: „Hanns Igler das dich ein Igel 
küß", ein Scherz und Wortspiel, das der Kaplan 
wohl zugleich als sein „Symbol" wiederholt in 
seine Bücher schrieb. 
Fast ausschließlich ist es das Wappen, das zum 
Beginn der Exlibrissitte, dann während des 
16. Jahrhunderts, aber auch noch weiterhin als 
der Schmuck der Bibliothekzeichen erscheint. 
Tragen die Wappenholzschnitte des 15. und des' 
beginnenden 16. Jahrhunderts noch den goti¬ 
schen Charakter, so beginnt der Einfluß der 
Nenaissance im fortschreitenden 16. Jahr¬ 
hundert dem Exlibris einen reicheren Schmuck 
zuzuwenden. Die Wappenbilder werden reicher, 
die Schildhalter üppiger, Rahmen und sonstiger 
figürlicher Schmuck gestalten die Exlibris mit der 
Feit zu ansehnlichen Kunstblättern, denen ihr 
Können zu weihen, selbst die ersten Künstler der 
Feit nicht verschmähen. Wir können uns des¬ 
halb an den prächtigen Exlibris des 16. Jahr¬ 
hunderts als Werken der Künstler jener Zeit 
erfreuen und daraus eine Kunstbetätigung und 
eine Kunstpflege ersehen, denen unsere Museen 
und graphischen Kabinette sowie die Mappen 
der Sammler zahlreiche Erzeugnisse einzig¬ 
artiger graphischer Kunst, zum Teil Anika, ver¬ 
danken. Albrecht Dürer und seine 
Schüler; die verschiedenen Nürnberger Klein¬ 
meister wie Barthel und HansSebald 
Veham, Virgil Solis, Jost Am¬ 
mann und andere, weiterhin Lukas Cra- 
n a ch der Ältere, H o l b e i n der Jüngere, 
Hans B u r g k m a i r und die vielen Meister, 
von denen uns ihre Exlibris erzählen, ohne ihre 
Namen zu nennen, sie alle haben sich damit wie 
um die Kunst, so auch um das Buchwesen 
verdient gemacht und letzterem dadurch eine 
Wertschätzung bekundet, die unser Staunen 
und unsere Freude hervorruft, und uns heute 
noch die Pflege von Kunst und Wissen in jener 
Zeit als vorbildlich erscheinen läßt. Als Freunde 
der Kunst und Freunde der Bücher kennzeichnen 
die damaligen Exlibris ihre Besitzer und
	        
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