Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Neunter Band. (Neunter Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 
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Flieger siegreich blieben, erreichte Hauptmann Berthold 
(siehe Bild in Band IV Seite 386) die Zahl von 40 Luft 
siegen; Leutnant Übet (siehe Bild in Band VIII Seite 56) 
überschritt die 40 und Leutnant Löwenhardt (siehe Bild 
in Band VIII Seite 328) stellte sich mit dem 48. Erfolge 
im Lustkampf in wenigen Tagen an die Spitze der deutschen 
Flieger. 
Eine besondere Genugtuung bereitete dem ständig von 
sinnlosen feindlichen Luftan 
griffen bedrohten westlichen 
deutschen Heimatgebiet die 
Nachricht, das; ein vollständiges 
Geschwader von sechs eng 
lischen Grosstampfflugzeugen, 
das in der Richtung auf Saar 
brücken flog, von Front- und 
Heimatstreitkräften vor Abwurf 
seiner Bombenlast zur Strecke 
gebracht und aus einem dem 
gleichen Ziele zustrebenden 
zweiten englischen Bombenge 
schwader ebenfalls ein Eroß- 
kampfflugzeug abgeschossen 
wurde. 
Dagegen konnten die Feinde 
von „erfolgreichen" Angriffen 
auf deutsche Lazarette, die auch 
rücksichtsloser Artilleriebeschie- 
ßuug ausgesetzt waren (siehe 
Bild Seite 84/85), berichten. 
Nachdein bereits kurz vorher 
ein großer Verbandplatz durch 
Fliegerbomben schwer betrof 
fen war, machte am 1. August 
ein aus mehreren feindlichen 
Flugzeugen bestehendes Bom 
bengeschwader einen Angriff auf 
das deutsche Kriegslazarett La- 
bry bei Conflans, dem 5 Tote 
und 64 Verwundete, darunter 
10 Schwerverwundete, zum 
Opfer fielen. — Die Überlegenheit der deutschen Luftwaffe 
über die feindliche bewies die Zusammenstellung der gegen 
seitigen Verluste. In den vier Kriegsjahren hat der Verband 
nach den bisherigen Feststellungen 5915 Flugzeuge verloren, 
während Deutschland bisher nur 1927 Flugzeuge einbüßte. 
Allein im letzten Jahr sind von den Deutschen 3617 feind 
liche Flugzeuge vernichtet worden, das heißt fast das Doppelte 
der in den ersten drei Kriegsjahren abgeschossenen Flug 
maschinen des Verbands. 430 abgeschossenen 
Fesselballonen der Gegner stehen 163 ver 
nichtete Ballone auf deutscher Seite gegen 
über. — 
* * 
* 
Im Osten traf die Mittelmächte ein 
schwerer Schlag: nach der ruchlosen Ermor 
dung des deutschen Gesandten in Moskau 
ereignete sich auch in Kiew, der Hauptstadt 
der Ukraine, aus den gleichen politischen 
Beweggründen ein verabscheuungswürdiges 
Verbrechen, dem der deutsche Eeneralfeld- 
marschall v. Eichhorn und sein Adjutant v. 
Dreßler (siehe obenstehendes Bild) zum Opfer 
fielen. Der Feldmarschall begab sich mit sei 
nem Begleiter um die Mittagszeit auf der 
menschenleeren Straße aus dem Kasino nach 
Hause. In der Nähe der Wache blieb ein ele 
gant gekleideter junger Mann von der Art 
der vielen Kiewer Nichtstuer stehen, als ob 
er sich das Bild der ins Gewehr tretenden 
Grenadiere ansehen wollte. Plötzlich durch 
schnitt ein außerordentlich scharfer Knall die Luft. Ein von 
einer Feuergarbe begleiteter Regen von Splittern wurde 
sichtbar. Dann kam nach der Erschütterung die große Stille 
sekundenlanger Erstarrung, und auf dem Bürgersteig vor 
seiner Eartentüre sah man den Feldmarschall und den jungen 
über und über mit Blut bedeckten Adjutanten liegen. Der 
Attentäter, ein russischer Arzt Boris Donskoi, hatte die 
zylinderförmige Bombe, die so klein war, daß er sie in 
der hohlen Hand verborgen halten konnte, blitzschnell von 
rückwärts auf die Vorbeigekommenen geworfen.' Wie der 
Attentäter später eingestand, war die für diesen Zweck 
benützte Bombe in Moskau angefertigt worden. Er gab 
vor, Vertrauensmann der linken sozialrevolutionären Partei 
zu sein, die von den Westmächten durch große Geldmittel 
unterstützt wurde und auch den Moskauer Eesandten- 
mord auf dem Gewissen hatte. In v. Eichhorn war ein vor 
nehmer Mensch und überlege 
ner Führer den Heldentod ge 
storben, der bei allen großen 
Kampfhandlungen im Osten 
entscheidend eingegriffen hatte, 
und dessen militärische Groß 
taten seinen Namen der Welt 
geschichte einverleibten. Seine 
echt deutsche Geradheit und 
Treue, seine Gerechtigkeit und 
Freundlichkeit hatten ihm auch 
in der Ukraine viele Sym 
pathien erworben. An seiner 
Stelle übernahm der von sei 
nem Vormarsch durch Estland 
und Livland bekannte General 
oberst Graf Günther v. Kirch- 
bach (siehe untenstehendes Bild) 
den Oberbefehl über die deut 
schen Truppen in der Ukraine. 
Nachfolger Mirbachs in 
Moskau wurde der ehemalige 
Staatssekretär des Innern und 
Stellvertreter des Reichskanz 
lers vr. Helfferich (siehe Bild 
in Band VII Seite 177). Seine 
Ernennung wies darauf hin, 
daß trotz aller hinterlistigen 
Aufwiegelungsversuche der 
Westmächte die wirtschaftlichen 
Beziehungen der Mittelmächte 
zu der Russischen Föde 
rativen Sowjetrepublik 
ausgebaut werden sollten. Die bolschewistische Regierung 
war aber noch nicht Herr im eigenen Hause. Gestutzt auf 
die Eegenrevolutionäre und die Tschecho-Slowaken rangen 
die Verbandsmächte in Rußland um die Herrschaft, mit dem 
Ziele, den russischen militärischen Leichnam noch einmal zu 
erwecken und eine neue Ostfront gegen Deutschland aufzu 
richten. Von drei Seiten her versuchten sie die Einengung 
der Bolschewiki; aus dem Osten durch den Anmarsch über 
Sibirien, aus dem Norden von der Murman- 
küste her und aus dem Süden durch Persien. 
Wenn sich im Osten auch allmählich ein 
Machtbereich sämtlicher Feinde der Sowjet 
republik gebildet hatte, so war die Gesamtlage 
dadurch doch noch keineswegs geklärt. Es gab 
immer noch zwei sibirische Regierungen, und 
wenn die Omsker und die Wladiwostoker Re 
gierungen sich auch die Hand zum gemein 
schaftlichen Kampf gegen die Bolschewiki ge 
reicht hatten, so fiel doch ins Gewicht, daß 
man in Wladiwostok bürgerlich und großkapi 
talistisch war, während man in Omsk der 
sozialrevolutionären Partei angehörte. Außer 
dem rief sich General Horwat in Charbin zum 
stellvertretenden, einstweiligen Herrscher aller 
Reußen auf. 
Erneute Verwirrung bereitete der Um 
stand, daß Japan (siehe Bild Seite 87 urten) 
zu Beginn des August für den amerikanischen 
Plan der Unterstützung der Tschecho-Slowaken 
vermehrte Neigung bekundete, wenn auch 
die Meldungen eines japanischen Eingreifens 
noch erheblich übertrieben und vor allem verfrüht waren. 
Militärisch schien den Aufständischen in Sibirien der Ober 
befehl des Generals Alerejew einige Gewähr für den Sieg 
gegen die Bolschewiki zu bieten. Während der bolschewistische 
Kriegsleiter Trotzki noch immer in Befehlen und Aufforde 
rungen die Arbeitermassen zum Widerstand und zum be 
waffneten Einschreiten gegen die Tschecho-Slowaken anzu 
feuern suchte, brachten diese den ganzen viele tausend Kilo- 
Aufgenommen von der Zeitung der 1-0. Armee. 
Eine der letzten Aufnahmen des Generalfeldmarschalls v. Eichhorn 
und seines persönlichen Adjutanten Hauptmanns v. Dreßler. 
Von links: Generalfeldmarschall v. Eichhorn, Leutnant d. Res. Nitsch- 
mann, Leutnant d. Res. Urbach, persönlicher Adjutant Hauptmaun 
v. Dreßler. 
Zur: Bluttat in Kiew. 
Phot. Berl. Jllnstrat.-Ges. m. b. H. 
Generaloberst Graf Günther 
v. Kirchbach, wurde an Stelle 
des Generalfeldmarschalts v. 
Eichhorn Oberbefehlshaber der 
deutschen Truppen in der 
Ukraine.
	        
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