Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

Die Geschichte des W»eltkrieges 1914/15. 
^Fortsetzung.) 
Im Kriege mit Rußland brachten die Folgen des 
Durchbruchs von Gorlice—Tarnow die Armee Mackensen in 
schier ungehemmtem Siegeslauf bis vor Krasnik. Während 
sie dort in ständigem Kampf zu neuen Stotzen ausholte, 
kam nunmehr auch die Front der Russen im Zentrum und 
im Norden immer lebhafter ins Schwanken. Die gewaltigste 
aller Kriegsmatznahmen, der Versuch der Erschütterung und 
Zerstreuung eines Millionenheeres, war eingeleitet und 
mutzte nun zunächst im nördlichen Teile der unermetzlich 
ausgedehnten Front seine Fortsetzung finden. Auf Seite 111 
schilderten wir die Kämpfe im Nordosten bis zur Besetzung 
von Prasznysz. Mitte Juli erhielt der auf diesem Teile der 
Front führende General v. Gallwitz (siehe Bild Seite 108) 
den Auftrag, mit den Truppen, mit denen er seit Monaten 
die schwierige Grenzwacht an der Südgrenze West- und 
Ostpreußens gehalten hatte, und einigen Verstärkungen die 
feindliche Stellung zu durchbrechen. 
Die Aufgabe mutzte als autzerordentlich schwer erscheinen, 
hatten die Russen doch die Zeit der Ruhe ausgenutzt, um 
ein Netz von günstig gelegenen und sehr stark befestigten 
Stellungen zwischen ihrer vordersten Linie und den Narew- 
sestungen auszubreiten. 
General v. Gallwitz entschloß sich zu einem Versuch 
dazu an zwei Stellen, die 
so gewählt waren, datz 
etwa hier gelingende Vor 
stöße ihre Wirkung sofort 
auf das Mittelstück' der 
gegenüberliegenden russi 
schen Stellung und im Zu 
sammenhang damit auch 
nach rechts und links aus 
üben mutzten. Die in Aus 
sicht genommenen An 
griffspunktewaren die vor 
springenden Winkel der rus 
sischen vordersten Stellung 
nordwestlich und nordöst 
lich von Prasznysz. Diese 
vielumstrittene Stadt, de 
ren Umgebung solche Men 
gen russis ch en und d euts ch en 
Blutes getrunken hat und 
die dabei selbst zum Trüm 
merhaufen geworden ist 
(siehe Bild Seite 111), hat 
ten die Russen durch einen 
Gürtel von starken Feld 
werken zu einer außerge 
wöhnlich widerstandsfähi 
gen Festung ausgebaut. Sie 
sollte nach dem Plane des 
Feldherrn ohne unmittel 
baren Angriff den zur Rech 
ten und zur Linken stürmen 
den Truppen als Sieges 
preis in den Schoß fallen. 
Wie die Schneiden einer 
gewaltigen Kneifzange 
durchbrachen die tapferen 
deutschen Truppen die 
feindlichen Linien zu bei 
den Seiten von Prasznysz 
und schlossen sich in un 
aufhaltsamem Vorstürme 
jenseit der Stadt zusammen. Die russische Besatzung mutzte 
die Festung kampflos in größter Eile verlassen, um nicht 
mit abgekniffen zu werden. Ein solcher Erfolg wäre aber 
ohne sorgfältigste Vorbereitung nicht zu erreichen gewesen. 
General v. Gallwitz zog zur Ausführung des Angriffs 
starke Jnfanteriekräfte gegenüber den Durchbruchstellen zu 
sammen und vereinigte dort gewaltige Artilleriemassen trotz 
aller Schwierigkeiten, unter denen die Munitionsversorgung 
auf den schlechten Wegen litt. Alles das war so unauffällig 
wie möglich geschehen, um den Feind ahnungslos in eine 
Amerikan. Copyright 1916 by Union Deutsche Verlagsgesellschaft in Stuttgart. 
III. Band. 
jW sab: ,»r 
Srläut erunof : o -Forb v.Jwangororf. 
Stellung <3m 1^/l7Juli. Stellung w.Vorstellung 
am 18/19Juli. ^aa»ftC5tellwn5 am 2lJu(j. -—=^>7?ngrij]fsricf|tung. 
Karte zu den: Artikel „Marschrichtung: Sienno—Jwangorod" (Seite 190). 
unhaltbare Lage zu bringen. Obwohl sich die deutschen 
Schützen allmählich vorschoben und die Batterien mit dem 
Einschietzen begannen, haben die Russen auch wirklich an 
keinen ernsthaften Angriff geglaubt. Ein Beweis ihrer 
gänzlichen Sorglosigkeit war der Bau einer neuen Feld 
bahn, auf der gerade am nächsten Tage der Personenver 
kehr beginnen sollte. 
Erst der Morgen des 13. Juli weckte die Russen unsanft 
aus ihrem Sicherheitsgefühl. Die Sonne war kaum auf 
gegangen, als aus Hunderten von Feuerschlünden die Ge 
schosse leichten, schweren und schwersten Kalibers auf die 
russischen Stellungen herniedersausten. Es war eine Ka 
nonade, die schon auf die deutschen Truppen tiefen Eindruck 
machte, die russischen aber völlig um die Besinnung brachte. 
Trotz des unklaren, regnerischen Wetters schoß die deutsche 
Artillerie mit ausgezeichneter Sicherheit. So starken Feld 
stellungen wie den von ihr beschossenen ist ja nur durch 
Volltreffer größeren Kalibers beizukommen. Hageldicht 
schlugen diese kurz vor und hinter den russischen Linien ein, 
oft genug auch unmittelbar in die Deckungen. 
Wenn dabei die Verluste des Feindes auch nicht über 
mäßig groß sein mochten, so war doch eine volle mora 
lische Wirkung erzielt. Gefangene erzählten, datz in diesem 
Höllenfeuer jeder Zusam 
menhalt der Truppe auf 
hörte. Hieraus wie aus 
der überraschenden Wir 
kung des ganzen Angrif 
fes ist es zu erklären, 
datz die deutsche Infanterie 
bei der Erstürmung der 
ersten russischen Stellung 
wenig Aufenthalt fand und 
verhältnismäßig wenig 
Verluste hatte. Auf acht 
Uhr morgens war für einen 
großen Teil der Truppen 
der Angriff festgesetzt, für 
einen anderen etwas spä 
ter, und schon eine Viertel 
stunde danach, stellenweise 
sogar vor der anberaumten 
Zeit, war der Erfolg ge 
sichert. Die deutsche In 
fanterie ließ sich in ihrem 
fris ch en Vorw ärtsdring en 
um so weniger aufhalten, 
als sie die gewaltige Wir 
kung des Artilleriefeuers 
erkannte und Scharen von 
waffenlosen Russen heran 
kommen sah, die nur noch 
in der Gefangenschaft Ret 
tung vor den schrecklichen 
Granaten suchten. 
Indem stark befestigten 
und von beherrschenden 
Höhen umgebenen Dorf 
Grudusk war das Artil 
leriefeuer von besonders 
fürchterlicher Wirkung ge 
wesen. Die letzten noch 
unzerstörten Häuser brann 
ten, die mächtige Kirche 
war eine Ruine, und rings 
umher reihte sich Granatloch an Granatloch. Den Thürin- 
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gern, die hier schneidig einbrachen, während ein Teil der 
feindlichen Schützen noch feuerte, fielen fünf russische Ka 
nonen zur Beute, deren heraneilende Protzen das deutsche 
Schnellfeuer vertrieben hatte. Die anderen Orte der 
beiden Durchbruchstellen waren nicht weniger grausig ver 
heert. Das gefürchtete Kastenwäldchen nördlich von Lengra 
war zu einem Haufen zersplitterter Maste zusammen 
geschossen, die starten Höhenstellungen nordwestlich von 
Prasznysz vollständig zerstört. 
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