Volltext: Drama und Theater in Österreich ob der Enns bis zum Jahre 1803

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Linz spielten, und als Chr. Gr. Klemm in Wien 1762 den Kampf 
gegen den Hanswurst eröffnete, agierte liier der bekannte Franx 
Josef Sebastiani mit seiner Truppe noch munter seine Harlekinaden. 
Nur widerwillig zollte er dem „regelmäßigen Stücke“ seinen 
Tribut1) und auch nur, wie es scheint, solange er Leute wie Müller 
und Schimann in seiner Gesellschaft hatte. 
Joh. Heinr. Friedr. Midier, eigentlich Schröter, geboren zu Halberstadt 
am 20. Februar 1738, studierte in Halle, war Hauslehrer bei Schuch, unter 
dem er dann als Schauspieler auftrat, kam zu Schönemann, richtete dem Grafen 
Hodiz zu Roswalde eine Gesellschaft ein, ging dann nach Linz, wo er Se- 
bastianis Vertrauen so sehr gewann, daß er sogar die Leitung des 
Theaters erhielt, und 1763 zu Weiskern nach Wien. Er stand auf Seiten des 
regelmäßigen Schauspiels, machte 1776 im Aufträge Josefs II. eine Theater- 
Studienreise durch Deutschland, wurde 1778 Direktor des deutschen Singspiels 
in Wien und starb daselbst am 8. August 1815. Junge Helden und muntere 
Liebhaber waren seine Hauptrollen. 
Josef Gottfried Schimann, geboren am 13. Februar 1745 in Graz, war 
einer der bekanntesten Schauspieler seiner Zeit. Seine Frau Therese geb. 
Bayer war ebenfalls eine tüchtige Kraft. In Linz am 24. Aug. 1748 geboren, 
wurde sie als Kind von dem Theaterdirektor Schwertberger, der eben mit 
seiner Gesellschaft in Linz spielte, ihren Eltern entführt und nach Schlesien 
gebracht. Schwertberger wollte nur Geld verdienen, um es dann zu verspielen 
und zu verprassen, und kümmerte sich nicht im geringsten um die Erziehung 
der von ihm angenommenen oder geraubten Kinder. So wuchs auch die Bayer 
in bejammernswerten Verhältnissen auf, bis sich der nachmalige Theaterdirektor 
Vogt und dessen Frau des armen Kindes annahmen. Sie bildete sich für 
das Theater aus und soll bereits mit 17 Jahren in der Miß Sara Samj^son die 
Titelrolle nach Lessi?igs persönlicher Anleitung mit größtem Erfolge gespielt 
haben.2) Bald darauf wurde sie von Döbbelin nach Berlin engagiert, wo sie er¬ 
krankte. Sie kehrte nach Linz zurück und heiratete hier den Schauspieler 
Schimann. Vier Jahre nach seinem Tode ging sie mit Schopf nach Prag, dann 
zu Wahr, wo sie sich besonders in komischen Müttern einen Namen machte. 
Sie starb am 19. September 1790. Schopf ließ ihr von dem Prager Künstler 
Lederer ein schönes Monument errichten.3) 
x) Er hatte seine Entreprise mit Dyks Bearbeitung des „Essex“ eröffnet. 
Herrl sagt in der Wochenschrift „Welt“ vom Jahre 1762, Sebastiani 
spiele bereits lange in Linz. Dieses „lange“ kann aber höchstens ein Jahr be¬ 
deuten; 1761 war nämlich Sebastiani noch in Brünn, wohin er die ersten 
Ballette brachte. Schmids Chronologie des deutschen Theaters, p. 214 und 231, 
schildert ihn als schlechten Schauspieler und Impresario von Harlekinstücken 
und Klemm greift ihn im 29. Stück der „Welt“ als den Impresario des Preß- 
burger Theaters wegen der von ihm gepflegten Hanswurststücke an. 
2) Nach dem Gothaer Theaterkalender vom Jahre 1791, p. 272. Das 
müßte also 1765 unter Vogt in Berlin gewesen sein, vielleicht aber doch noch 
1764 in Breslau. Ich konnte darüber nichts finden. 
3) Ihre Silhouette ist von Nilson in Augsburg gestochen worden, der sie
	        
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