Volltext: Österreichische Plakatkunst

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Nun ist es gerade ein bedeutender öster 
reichischer Künstler und Kunstgelehrte, 
RUDOLF von LARISCH, welcher in den 
letzten Dezennien ebenso wie englische 
Künstler, wie die Keimscott- und die Doves- 
presse, eine sehr verdienstvolle Reform der 
Schrift in künstlerische Richtung an ge 
bahnt, auf geistreiche und temperament 
volle Weise für sein genetisches, histori 
sches und kunstphilosophisches System, 
für seinen Lehrsatz vom materialgerechten 
Schreiben u. s.f. in Österreich und Deutsch 
land Schule gemacht, gekämpft und durch 
schlagende Erfolge erzielt hat, leider aber 
auch viel mißverstanden worden ist. Er 
hat darauf hingewiesen, daß das ganze 
Satzbild einheitlich, künstlerisch und 
ornamental gestaltet werden kann. Die 
Schrifttypen Lucian Bernhards, Paul 
Behrens, Otto Eckmann, F. K. Ehmke, 
Hupps Neudeutsch, Walter Tiemann, J. R. 
Weiß, Kleukens, Rudolf Koch u. A., kurz 
der ganze Reichtum der Gegenwart an 
reizenden, das Auge entzückenden Schrift 
typen basieren alle auf den grundlegenden 
Arbeiten von Larisch. Sein erster Erfolg 
lag bekanntlich schon darin, daß er Ein 
heitlichkeit und eine künstlerische Note 
als erster in die Schrifttypen, in ganze 
Schriftsätze und in deren Gesamtwirkung 
gebracht hat. Und wie entzückend sind 
Z. B. die von Max Klinger in der Brahms 
phantasie, in den radierten Zyklen, im 
Menzelblatt u. A. gebrauchten künst 
lerischen Schriftzeichen! Es ist auch 
Zweifellos, daß Schriftzeichen sich ebenso 
gut ornamental und dekorativ verwenden 
lassen, wie andere ornamentale Elemente, 
wie Mäander, Akanthusblätter, Perlenstäbe, 
wie Tier- und Menschengestalten u. A. 
Aber es muß beachtet werden, daß dies 
alles doch nur dort geschehen kann, wo 
man damit auf eine Nebenwirkung aus 
geht, wie es schließlich doch bei jedem 
Ornament der Fall ist, aber nicht dort, wo 
die Schrift, richtiger der Text, die Haupt 
sache ist und auf den ersten Blick schnell 
leserlich sein muß, wie beim Plakat. 
Es ist schon erwähnt worden, daß die Leh 
ren von Larisch mißverstanden worden sind 
und daß seine Warnung vor der „brutalen 
Leserlichkeit“ gerade beim Plakat hie und 
da Schaden angestiftet hat. So manche 
Typen seiner Schüler sind originell erdacht 
und künstlerisch reizvoll. Aber die massige 
Umformung altgewohnter Typen, das Zu 
sammendrängen der Schrift auf dekorative 
Flecke, der Blocksatz in geometrische 
Figuren, auf nach unten gestellte Dreiecke, 
das Einzwängen auf menschliche Konturen, 
auf freistehende Ornamente u. dgl. — das 
übrigens schon Alb. Dürer bekannt war und 
auf der Leipziger Buchgewerbeausstellung 
auch in Drucken des J6. Jahrhunderts zu 
sehen gewesen war — all das mag, be 
sonders die ersten Male, überraschend 
gewirkt haben, ist auch zweifellos überall 
dort künstlerisch berechtigt, wo die Schrift 
bloßer Schmuck, also Nebensache sein 
soll — aber gewiß nicht beim Plakat. 
Anhängen der Lettern an ganz überflüssige 
Zeilenlinien, Transparentschriften, mit un 
motivierter und das Auge verletzender 
schwarzer Ausfüllung der Zeilenabstände,
	        
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