Volltext: Österreichische Plakatkunst

die gewissenhafte Vermeidung jedes leeren 
Raums durch offenbar überflüssige Füllsel 
in Druckerschwärze, die dem lesenden 
Auge jeden natürlichen Ruhepunkt, ja sehr 
oft so manche geradezu für das Verständnis 
des Sinnes unentbehrliche Ruhepause rau 
ben, gar zu originelle Kunstlettern, Schmuck 
schrift — alles das ist ein Fortschritt in 
gewisser künstlerischer 
Richtung, aber beim 
Plakat wohl am besten 
zu vermeiden. Wie der 
bekannte und verdiente 
Kunstgelehrte Prof. Dr. 
GUSTAV PAZAUREK 
in Stuttgart kon - 
statiert hat, kommt 
das unleserliche Plakat 
jetzt nur noch in Öster 
reich vor. Der moderne 
ungeheure Reichtum 
an künstlerischen Ty 
pen hat übrigens seinen 
sekundären, aber prak 
tisch durchaus nicht zu 
unterschätzenden Nach 
teil, daß es wohl kei 
ne einzige Druckerei auf der Welt gibt, die 
über alle künstlerischen Typen in so rei 
chem Letternvorrate verfügt, um bei irgend 
einem umfangreichen Druckwerke nicht in 
Verlegenheit zu kommen. Will Jemand für 
den Druck eines großen Werks eine ganz 
besondere moderne Type haben, so wird 
er auch in unseren Großstädten nur auf 
sehr wenige Druckereien angewiesen sein, 
die aus Geschäftsinteresse natürlich nicht 
genug vor „veralteten“ Drucklcttern war 
nen können. Ob das alles dem Besteller 
eines Plakats nützlich ist, das möge dahin 
gestellt bleiben und das weiß so mancher 
Kaufmann besser als ein Künstler zu be 
urteilen und gerade Rudolf von Larisch kann 
nicht genug oft darauf hinweisen, daß das 
Wort „Schrift“ von „schreiben“ herrührt 
und nicht von „zeich 
nen“. Zum Entziffern 
von Rätseln sind Pla 
kate sicher nicht her 
gestellt und Growald 
sagt mit Recht: Nie 
mand will auf der Straße 
Rätsel lösen und sich 
dabei kalte Füße holen. 
Daß übrigens diese 
Regel, wie jede Regel, 
auch Ausnahmen hat 
und daß die Rätselhaf 
tigkeit einer Plakats chrift 
mitunter die Beachtung 
des Publikums doch 
auch erzwingt, dafür 
möge die letzte Illustra 
tion dieser Studie die 
nen, nämlich die anonyme, schon zahm 
kubistische Affiche der Wiener Firma Neu 
müller & Co., die in der Nähe einfach un 
leserlich ist, beim Zurücktreten aber immer 
deutlicher erkennen läßt, wie das anempfoh 
lene Fabrikat eigentlich heißt. (Abb. 176.) 
Man sagt,- jene Frauen seien die besten, 
über die man gar nicht spricht. Ist nicht 
vielleicht auch jene Plakatschrift die beste, 
über die man gar nichts zu sagen weiß? 
Keine feuchten Wohnungen. 
Keine nassen Keller mehr! 
ICH BIN AUS OEM WASSER 
hilft sicher! 
Abb* 176* Anonym. 91 : 59.
	        
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