Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

Das französische Zentrum und die englische Kolonie 
haben sie denn ganz jenen Beinamen „Wachhunde der Kirche“ ver 
dient, der ihnen auf Grund einer parodierenden Deutung des Ordens 
namens („Domini — canes“: Hunde des Herrn) beigelegt zu werden 
pflegte. Mit besonderem Eifer beteiligten sie sich an der kirchlichen 
Inquisition. Das geistliche Inquisitionsgericht, vom Papste Gregor IX. 
unterstützt, entfaltete nämlich im zweiten Viertel des XIII. Jahrhun 
derts, während der Regierungszeit Ludwigs des Heiligen, eine immer 
weiter um sich greifende Tätigkeit. An verschiedenen Orten wurden 
von den Päpsten und Bischöfen Untersuchungsrichter („inquisitores“) 
aus dem Kreise der Mönche, vornehmlich der Dominikaner oder Fran 
ziskaner, ernannt, die nach den Überresten der ketzerischen Albigenser 
zu fahnden wie überhaupt jeden Fall einer Abweichung vom rechten 
Glauben ans Tageslicht zu fördern hatten. Das geheime Ermittlungs 
verfahren, das Verhör auf der Folterbank, der Urteilsspruch nach 
Gutdünken der fanatischen Richter, die Übergabe der Verurteilten 
in die Hände der weltlichen Gewalt („brachium saeculare“) zur Ver 
brennung auf dem Scheiterhaufen — alle diese später in Spanien mit 
so großer Virtuosität ausgebildeten Verfahrensweisen der inquisitori 
schen Justiz hatten sich in Frankreich bereits während der behandelten 
Epoche voll eingebürgert. Die „das Blut verabscheuende Kirche“ 
(„Ecclesia abhorret a sanguine“) beschränkte sich nämlich darauf, 
die verstockten Sünder aufzuspüren und sie zu richten, während sie 
die Vollstreckung der Urteils den Laien überließ. Die von den Domi 
nikanern und Franziskanern geleitete päpstliche und bischöfliche In 
quisition verübte im Laufe des XIII. Jahrhunderts zuerst im Süden 
und später auch in allen anderen Gegenden Frankreichs die fürchter 
lichsten Greueltaten. Zunächst nur zur Aburteilung der ketzerischen 
Christen eingesetzt, zog dieses blutige Gericht nach und nach auch 
die Juden in seine Schlingen. Bald brannten auf den von d,er streit 
baren Kirche errichteten Scheiterhaufen die ihr unliebsamen jüdischen 
Bücher und zuweilen auch die Juden selbst, die von den Mönchen in 
heimtückischer Weise der Ritualmordlüge zum Opfer gebracht wurden. 
§ 3. Die königlichen und seigneurialen Juden unter Ludwig dem 
Heiligen 
Der Religionskrieg in Südfrankreich führte zu einer engeren Ver 
bindung zwischen Nord und Süd. Die Provence und das Languedoc, 
die sich ehedem unter der Regierung der Grafen aus dem Geschlechte 
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