Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

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Fünftes Kapitel 
Die kleineren Zentren und Kolonien im 
XIII. Jahrhundert 
§ 27. Die römische Gemeinde 
Wie schon ehedem, so kam die Macht der streitbaren Kirche auch 
im XIII. Jahrhundert viel mehr in den anderen Ländern als in dem 
päpstlichen Stammsitz selbst zur Geltung, wo die Autorität des Pap 
stes gering geschätzt zu werden pflegte. Ungeachtet dessen, daß Rom 
jene Werkstätte war, in der die Werkzeuge zur Unterdrückung des 
menschlichen Gewissens geschmiedet wurden, machte sich hier der 
Despotismus Innocenz’ III. und die Wirkung der strengen Kanons 
der Lateransynode vom Jahre 1215 am wenigsten fühlbar. Beinahe 
hatte es den Anschein, daß die Päpste ihre eigenen, in dem ärmlichen 
Stadtviertel am niederen Tiberufer lebenden Juden mehr zu schonen 
geneigt waren als deren Brüder in Frankreich, Spanien oder Deutsch 
land. Sogar das Schandmal auf dem Gewände wurde den römischen 
Juden bei weitem nicht so hartnäckig aufgezwungen, wie etwa ihren 
Stammesgenossen im Reiche Ludwigs des Heiligen. Der Grund hier 
für lag zum Teil darin, daß in der Stadt Rom das Ideal der Ab 
sonderung der Juden bereits als verwirklicht galt: die in einem be 
sonderen Viertel, in einem ungesunden, von Überschwemmungen oft 
heimgesuchten Stadtteil eingeschlossene Gemeinde, deren Häupter je 
dem neuen Papst demütig ihre Ergebenheit bezeugten, symbolisierte 
schon an und für sich den Triumph der Kirche über die Synagoge, 
Von der Höhe des Laterans auf die unansehnliche Synagoge in der 
Tiefe herabsehend, konnten sich Innocenz III. und seine Nachfolger 
in der Tat voll Selbstgefälligkeit sagen: dies ist ein lebendiger Be 
weis für unsere Auserwähltheit und die Verstoßenheit der Juden!
	        
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