Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

§ 27. Die römische Gemeinde 
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auch weiterhin nicht unterließ, den Papst Gregor IX. auf die „Blas 
phemien“ des Talmud aufmerksam zu machen. 
Ungeachtet all ihres Kircheneifers pflegten die Päpste des XIII. 
Jahrhunderts, gleich ihren Vorgängern im XII. Jahrhundert, die 
Schutzbulle „Sicut Judaeis“, sei es auf die Bitten der römischen Ge 
meinde oder auf die durch diese vermittelten Vorstellungen sonstiger 
jüdischer Abordnungen hin, immer aufs neue zu bestätigen. Das Ent 
gegenkommen der Päpste wird ihnen wohl von den dankbaren Juden 
entsprechend vergolten worden sein. Dem Papst Alexander IV., der 
in geschäftlichen Beziehungen zu jüdischen Kaufleuten stand, hatten 
die römischen Juden namentlich eine Begünstigung ihrer Handels 
tätigkeit zu verdanken: im Jahre 1255 befreite er sie im ganzen Be 
reiche des Kirchenstaates und Siziliens von der Entrichtung des Stra 
ßenzolls und stellte sie in dieser Beziehung den römischen Bürgers 
leuten christlichen Glaubens gleich. Aus der darauf bezüglichen Ur 
kunde ist zu ersehen, daß die Juden ihre Handelsgeschäfte manch 
mal in Gemeinschaft mit christlichen Kaufherren zu unternehmen 
pflegten; desungeachtet verweigerte der Handelsstand die Aufnahme 
jüdischer Berufsgenossen in die Gilden, da ihm die Juden nicht als 
römische Vollbürger galten. Die ständische Verfassung der italieni 
schen Stadtrepubliken und die Kirchenkanons trugen in gleichem 
Maße dazu bei, die Juden auf die Stufe einer geächteten Sonderkaste 
herabzudrücken. 
Die Zeit war stürmisch. In der zweiten Hälfte des XII. Jahr^ 
hunderts wurde Rom in die blutige Fehde hineingezogen, die zwischen 
Welfen und Ghibellinen unter Manfred, dem Nachfolger Friedrichs II. 
von Hohenstaufen, um das sizilianische Erbe entbrannt war. Der fran 
zösische Prinz Karl von Anjou, der für eine Zeitlang König „beider 
Sizilien“ geworden war, errang auch in Rom als „Senator“ uneinge 
schränkte Gewalt (1268—1278). Noch weniger als die Italiener hat 
ten die Juden von diesem Tyrannen Gutes zu erwarten, doch sollte 
sie seine Geldgier vor dem Schlimmsten bewahren. Zur Belohnung 
für die ihm von jüdischen Finanzmännern erwiesenen Dienste ließ 
er ihre Stammesgenossen nicht nur unbehelligt, sondern setzte sich 
sogar manchmal für sie ein. Als der Papst Clemens IV. der Inquisition 
mit seiner Bulle „Turbato corde“ (1267) eine tödliche Waffe gegen 
die angeblich Christen und insbesondere Konvertiten verführenden 
Juden in die Hand drückte und die Dominikaner in Rom eine ener
	        
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