Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes im Orient (3, Orientalische Periode / 1926)

Das Synhedrion zu Jahne 
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rendes Volk solle sich unter die sich selbst auferlegte geistige Zucht 
geradeso beugen, als stünde die Staatsgewalt mit ihrem ganzen 
Zwangsapparat dahinter. 
Jochanan ben Sakkai erreichte ein sehr hohes Alter und starb von 
seinen Jüngern umgeben. Den Sturz des jüdischen Staates scheint er 
nur um eine verhältnismäßig kurze Zeit überlebt zu haben (er starb 
ungefähr zwischen den Jahren 80 und 85), doch in dieser kurz be 
messenen Zeitspanne gelang es ihm, den unverrückbaren Grundstein 
für den Aufbau der inneren Autonomie des Judentums zu legen. 
§ 4. Der Synhedrionvorsteher Gamaliel II. 
Die auf die Befestigung der inneren Autonomie und der geistigen 
Einheit der Nation gerichteten Bestrebungen der Yolksführer hätten 
zu keinem bleibenden Ergebnis geführt, wenn der kurzen Tätigkeit 
des Jochanan ben Sakkai nicht die viel länger dauernde und tatkräf 
tigere Verwaltung seines Nachfolgers, Rabbi Gamaliels II. aus Jahne 
(Gamaliel de’Jabne), gefolgt wäre. Gamaliel entstammte dem Hillel- 
geschlechte, dessen Vertreter drei Generationen hindurch an der Spitze 
des Gesetzeslehrerkollegiums am Jerusalemer Synhedrion standen. Ein 
Enkel Gamaliels I. und ein Sohn des Patrioten Simon, des Mitglieds 
der letzten revolutionären Regierung (Band II, § 91), wurde Ga 
maliel II. noch in seiner frühen Jugend von Jochanan ben Sakkai 
auf Grund einer besonderen Genehmigung des Jerusalem belagernden 
Titus von dort nach Jabne gebracht. Während einer Reihe von Jahren 
stand er unter der Vormundschaft des Jochanan und gehörte zu des 
sen eifrigsten Jüngern. Nach dem Tode seines Vormundes nahm Ga 
maliel, der bereits ein reifes Alter erreicht hatte, den ihm auch von 
Rechts wegen gebührenden Platz an der Spitze des Synhedrion zu 
Jabne ein. Die Öffentlichkeit scheint die Vorrangstellung eines Man 
nes, der seiner Abstammung nach ein gutes Recht darauf besaß, gern 
anerkannt zu haben, und auch die römische Regierung erteilte der 
Volkswahl ihre Sanktion. Die Überlieferung will wissen, daß Gamaliel 
von den römischen Behörden amtlich als Oberhaupt der jüdischen 
Gemeinden (Nassi) oder Patriarch bestätigt worden sei. Gar oft trat 
Gamaliel in der Tat vor der römischen Regierung als Repräsentant 
und Sachwalter des jüdischen Gemeinwesens auf, und auch in den An 
gelegenheiten der inneren Selbstverwaltung wurde von ihm die einem 
Führer und Oberhaupt zustehende Macht zu voller Geltung gebracht.
	        
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