Volltext: Der Naturarzt 1890 (1890)

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Wenn Braid in seiner letzten, 1860 geschriebenen, von Preyer mitgeteilten 
Schrist einen Fall schildert, in welchem ein Hypnotisierter auf eine Menge ihm 
untergeschobener falscher Vorstellungen ahnungslos, daß er getäuscht werde, 
„einging, und dies auf eine innere intellektuelle Täuschung" zurückführt, „welche 
häufig durch imponierende Behauptungen eines andern erweckt wird," wobei 
er hinzufügt: „dieser andre besitzt, davon sind die Patienten überzeugt, irgend 
eine mysteriöse und allmächtige Kraft. Hierdurch wird der Verstand und der 
freie Wille gebunden und ihre Einbildungskraft so erregt, daß während dcir 
Dauer des Bannes sie zu Marionetten (Puppen) ihres jeweiligen Bezauberers 
werden, der sie unwiderstehlich beherrscht," so legt er damit das wahre Wesen 
der phrenohypnotischcn Schaustellungen als eines Betruges ebenso offen dar, 
als er sich andererseits seinem auf Wundcrkuren erpichten Verehrer Preyer 
geistig überlegen zeigt. 
Wie übrigcus andere medizinische Größen über den Hypnotismus denken, 
dafür hier nur zwei Aeußerungen des Professors Dr. med. Waldcyer (Berlin). 
In einem am 19. November 1889 gelesenen Colleg führte Professor Waldcyer 
aus, daß bei dem sog. Phrenohypnoüsmus „alles aus große Ausbildung der 
Sinne zurückzuführen sei, resp. auf Verabredung, was häufig nachgewiesen sei." 
Und am 10. Dezember 1889 stellte derselbe Professor den Hypnotismus als 
sehr gefährlich für die betreffenden Objekte (d. h. die Hypnotisierten) dar, ebenso- 
wie den Alkoholismus (Trunksucht), Morphismus (Morphiumsucht), Haschis 
mus (Sucht nach dem aus Hanf präpariertem Betäubungsmittel), Tabaknarkose, 
weil die Willenskraft allmählich gänzlich gelähmt werde. 
Hiernach haben wir keinen Platz für den Hypnotismus, weder in 
unserem, dem Naturheilsystem, noch überhaupt in eener staatlich geduldeten 
Heilkunde, am allerwenigsten wollen wir ihn einem privilegierten Stande zur 
pekuniären Ausbcutm.g übergeben, sind vielmehr der Ansicht, daß der Hypno 
tismus selbst einer Behandlung, und zwar zunächst einer polizeilich-strafrecht 
lichen noch eher bedürfe, als der jetzt mit dieser bedrohte Alkoholismus, der 
doch keine solche sklavenhaste Willenlosigkeit hervorruft, wie sie als Erfolg dem 
Hypnotismus zugeschrieben wird. — Sollte man sich aber dazu in der jetzigen 
Zeit medizingläudiger Heilanlscrwartung nicht aufschwingen können, so wollen 
wir uns trösten mit den Versen: 
„Alte Wunder kehren wieder, 
Und die Toten stehen auf! 
Singt dem Hypnotismus Lieder, 
Laßt dem Schwindel seinen Lauf! 
Dann hört er von selber auf." 
Der Wahrheit eine Gasse! 
Auf der Noturforscherversammlung zu Bremen im September dieses Jahrcs brach der- 
bekannte Nervenarzt und medizinische Schriftsteller, Dr. med. Klencke, Dresden, Serre- 
straße 12, eine Lanze sür die Grundsätze der Naturheilkunde, wie sie eckt wissenschaftlich 
sich begründen lassen, und zwar auf Grundlage der Gesäßnerven und der Neflcxsunktionen. 
Prof. Wunderlich, eine große ärztliche Autorität, sagt in seinem Lehrbuche der innern 
Krankheiten: ,,Wir müssen jedem Schäfer und jedem alten Weibe dankbar sein für ein Mittel, 
gegen eine Krankheit, denn wir haben keins." 
Wir haben zwar nicht je ein spezifisches Gift- urid Arzneimittel gegen je eine bestimmte 
Krankbeir, wie fick dies viele denken, auch ärztliche Autoritäten, wir haben auch nie Aussicht 
durch Tötung gewisser Bakterien durch gewisse Gifte vorgeschrittne Krankheiten zu heilen, aber ww 
haben viele einfache Mittel (Elektrizität, Massage, die tausendsältigen Wasseranwendungen), um 
den Blu tum laus und die Blutverieilung zu ändern, Ausscheidungen anzuregen, den-Ab«-
	        
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