Volltext: Graf Stefan Tisza

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BALKANASPEKTE 
„S\eit Beginn meiner öffentlichen 
Laufbahn habe ich stets die JS er Stellung 
'eines gegenseitigen Verständnisses zwi¬ 
schen Ungarn und Rumänien als das 
wichtigste und schwierigste Problem 
der ungarischen Politik erachtet.“ 
Mit dem Raumgreifen im Inneren weitet sich anch Tiszas 
außenpolitischer Blick und Einfluß. Schon dem ganz jungen 
Politiker, der bei der Geißelung parlamentarischer Unbot¬ 
mäßigkeiten im Inneren bangend nach dem Balkan auslugt 
und die Erstarkung der k. u. k. Armee als eine Lebensfrage 
für Ungarn hinstellt, mangelt es nicht an einem tieferen 
Verständnis für auswärtige Zusammenhänge. War es nicht 
stets die Empfänglichkeit für Außenprobleme, die den glühen¬ 
den Nationalisten in erbitterte Kämpfe gegen die parlamenta¬ 
rische Unordnung trieb? Schwebten ihm nicht europäische 
Konstellationen und Rivalitäten, Balkanverwicklungen, bevor¬ 
stehende Umwälzungen im Donaubecken vor, indem er alle 
seine Kräfte gegen die Obstruktion, gegen kleine Ränke und 
Rüpelhaftigkeiten der Innenpolitik stapelte, sehr im Gegen¬ 
sätze zu seinen Antagonisten, die für das Linsengericht einer 
nationalen Konzession auf alle Freuden der Großmachtpolitik 
leichten Herzens verzichtet hätten ? 
Neben den Erscheinungen des inneren Verfalls sind es 
Gärungen im Äußeren, die den immer Regen nach drei¬ 
jähriger 1 Eremitage wieder dem politischen Großbetrieb 
zukehren lassen. Daß die stürmischen Weiterungen der 
Annexionskrise nicht bloß eine vorübergehende Episode im 
europäischen Völkerleben darstellen, sondern den Auftakt 
geben zu einer langen Geschichtsepoche der Erschütterungen 
und Umschichtungen, das sieht von den ungarischen Politikern 
Tisza am klarsten. Wenn dem aber so ist, dann ist die letzte
	        
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