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Die Operation des Oberbefehlshabers Ost gegen Wilna.
M.September. Gegner „im Vertrauen auf die Entlastung, die die gegen den Ostflügel
der deutschen 10. Armee herangeführten Verstärkungen bringen mußten,
zur Fortsetzung des Widerstandes in Gegend südwestlich Wilna entschlossen
sei"1). Am so mehr blieb es dabei, den Angriff auf der ganzen Front mit
Nachdruck fortzusetzen. Einwirkung auf die russischen Rückzugsstraßen war
auch weiterhin der leitende Gesichtspunkt. Daneben mußte der Abwehr
des neuen Feindes Rechnung getragen werden. Fm ganzen schienen etwa
vier russische Korps^) gegen die Linie Smorgon—Wilejka und östlich im
Vorgehen zu sein. Auf dieser mehr als 30 Kilometer breiten Front standen
aber bisher nur drei deutsche Kavallerie-Divisionen, die durch die Kämpfe
der letzten Tage erschöpft und arg zusammengeschmolzen waren. Zum Ein¬
satz an ihrer Stelle wurde nunmehr aus den anrückenden Infanterie-
Divisionen eine neue Gruppe Hutier (42. Infanterie-, 77. Reserve-,
115. Infanterie-Division, dahinter 75. Reserve-Division) gebildet, womit
die Kavallerie wieder für andere Aufgaben frei wurde. Als die Oberste
Heeresleitung am Abend des Tages beim Oberbefehlshaber
O st anfragte, ob „für die nächste Zeit ein noch größerer äußerer Erfolg im
Raume südöstlich Wilna erwartet" werde, lautete die Antwort: „Günstiger
Ausgang der Schlacht zu erhoffen; irgendein Zeitpunkt nicht abzusehen;
Schlacht wird jedenfalls noch mehrere Tage dauern."
21»September» Am 21. September waren die 12. und 8. Armee in der Verfolgung
bis dicht vor Rowogrodek und, 20 Kilometer über Lida hinaus, bis an die
untere Gawia gekommen. Den Befehl über die 12. Armee, die durch Ab¬
gaben auf nur vier Divisionen zusammengeschmolzen war, übernahm an
diesem Tage das bisherige Oberkommando 1 aus dem Westen, General
der Infanterie vonFabeck mit Generalleutnant von Kühl als General¬
stabschef, nachdem General von Gallwitz mit der Führung einer gegen
Serbien gebildeten neuen Armee beauftragt worden war.
Bei der 10. Armee räumte der Gegner seine Stellungen vor den
Gruppen Carlowitz und Litzmann. Die Verfolgung, durch Nachhuten auf¬
gehalten, kam aber sehr bald wieder vor einer neuen zusammenhängenden
russischen Abwehrfront zum Stehen. Gegen die Gruppe Eben wieder¬
holten sich heftige Angriffe, die stellenweise in dichten Massen geführt,
für den Feind verlustreich abgewiesen wurden. Nördlich von Smorgon
und von da nach Osten bis Wilejka konnten Truppen des Generals
von Hutier kampflos in die Front des Kavalleriekorps
1) Kriegstagebuch des Armee-Oberkommandos 10.
2) S. 506. Tatsächlich standen von der ruff. 2. Armee am 20. September:
bei Smorgon XXXVI. Korps, dann nach Südosten anschließend IV. sib. und bei
Molodeczno XXVII. Korps, dahinter 1. Kav.-Korps, XIV. Korps und 45. I. D.