Schlacht bei Wilna. Schwierige Lage des Ostflügels.
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wartete russische 2. Armee jetzt im Anrücken gegen den Ostflügel der deut¬
schen 10. Armee angenommen werden mußte. Man hielt hiernach schleunige
Fortsetzung des Versolgungsdruckes für notwendig unter ständiger Be¬
tonung des Ostflügels. Um diesen zu verstärken, sollten aus der Front
weitere Kräfte herausgezogen werden. Im übrigen wurde zur Abwehr des
neuen Gegners außer auf die 9. Kavallerie-Division, die an diesem Tage,
ohne Feind anzutreffen, über Glubokoje reitend bei Porpliszcze, 70 Kilo¬
meter nordöstlich von Molodeczno, die Polozker Bahn erreichte, auch
bereits auf die hinter dem Umfasiungsflügel nachrückenden Infanterie¬
kräfte gerechnet.
Dementsprechend befahl Generaloberst von Eichhorn für den 20. Sep-2».sep«emd«r.
tember die Fortsetzung des Angriffs. Die 115. Infanterie- und 77. Reserve-
Division, die bis in die Gegend westlich des Swir-Sees gekommen waren,
sollten in südöstlicher Richtung auf Iza weitermarschieren, das General¬
kommando der Gruppe Hutier und zwei weitere Divisionen der Ver¬
folgungsfront sich bei Gerwjaty und westlich bereit halten.
Der Angriff brachte die Gruppe Carlowitz nur etwa fünf Kilometer,
die Gruppe Litzmann noch weniger vorwärts. Erst recht vermochte die
Gruppe Eben trotz erfolgreicher und zum Teil schwerer Kämpfe keine
nennenswerte Änderung der Lage zu erreichen. Den schwersten Stand hatte
wiederum das Kavalleriekorps, das durch das Eingreifen der
31. Infanterie-Division zwar entlastet wurde, aber doch zu spät, um der
1. Kavallerie-Division zu helfen, die Smorgon am 20. September morgens
noch hielt. Mittags mußte sie, nach dreitägigem heldenhaften Widerstände,
den aus der übrigen Front etwa drei Kilometer über die Wilia vor¬
springenden Posten unter schweren Verlusten*) aufgeben. Seitdem verlies
die Front des Kavalleriekorps Garnier in diesem Raume etwa acht Kilo¬
meter nordöstlich der Wilia, an die sie erst am Flußknie nordöstlich von
Zaskiewicze wieder herankam. Von da bis Wilejka hatte sich die
3. Kavallerie-Division an der Wilia halten können. Weiter östlich traf
abends nach reichlich 60 Kilometer weitem Ritt die bayerische Kavallerie-
Division bei Krzywicze ein; die 9. war nach Dolhinow, 15 Kilometer süd¬
östlich davon, herangerückt, so daß jetzt aus dem äußersten linken Flügel
wieder eine stärkere Kavallerie-Gruppe zur Verfügung stand.
Rach dem Gesamtverlauf der letzten Tage, in dem der Verlust von
Smorgon und das Zurückweichen bei Molodeczno nur eine Teilerschei¬
nung darstellte, war das Oberkommando Eichhorn jetzt der Ansicht, daß der
i) Die Raffen meldeten 350 Gefangene und neun Maschinengewehre als Beute.