Iwanows Entschluß zum allgemeinen Gegenangriff
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zien in zwölfter Stunde retten sollte. Am 25. hatte Januschkie witsch im
Namen des Großfürsten den Gen. Alexejew auf seine Offensivvorschläge
(S. 418) wissen lassen, daß vor allem Galicien gehalten werden müsse. Zu
diesem Zwecke hatte die Nordwestfront außer dem II. kauk. noch ein
Korps — Alexejew wählte das südwestlich von Warschau fechtende XIV.
— an Iwanow abzugeben; dafür wurde die links von der Weichsel fech¬
tende 4. Armee unter die Befehle Alexejews gestellt1).
Gleichzeitig setzte die Stawka alles daran, Iwanow noch einmal zu
einer vielleicht Befreiung bringenden Tat anzuspornen. Danilow schlug
dem Generalstabschef Iwanows vor, bei Lubaczów einige der 3. und der
8. Armee entnommene Korps zu sammeln, ihnen die neu zugewiesenen
Verstärkungen anzugliedern und mit dieser Kraftgruppe gegen Radymno
durchzustoßen. Iwanow vermeinte aber offenbar, nicht mehr über die
Zeit zu einem solch groß angelegten Manöver zu verfügen. Zudem schie¬
nen die Ereignisse bei Sieniawa (S. 428) für ein kürzeres Verfahren zu
sprechen, das auch sonst dem wenig phantasievollen Befehlshaber des
russischen Südwestheeres besser zusagen mochte. Er faßte daher den
Entschluß, seine ganze Front, wie sie stand und ging, nach dem Ein¬
langen der Verstärkungen, d. i. in der Nacht auf den 1. Juni, zu einem
einheitlichen Gegenangriff vorzuführen, der zunächst die Linie Bara-
nów—Rzeszów—Dubiecko—Wyszków—Kimpolung zu gewinnen hatte.
Das Schwergewicht der Kriegshandlung sollte in den Raum zwischen
der Lubaczówka und der Wisznia verlegt werden, wohin entgegen frü¬
heren Entschlüßen zur Verstärkung des nunmehr auch das V. kauk.
Korps umfassenden rechten Flügels der 8. Armee jetzt das II. kauk.
und das neue XXIII. Korps (S.418) verlegt wurden. Dagegen führte man
das zunächst freilich nur eine Division zählende XIV. Korps und ein
komb. Kavalleriekorps über Krasnik in den San-Weichselwinkel, damit
an dieser für den Gegner gewiß besonders empfindlichen Stelle der
Druck verstärkt werden konnte.
Den Verbündeten kamen die Absichten der Russen keineswegs über¬
raschend. Das AOK. teilte den unterstehenden Armeen am 31. Mai zu
Mittag mit, daß ein starker Angriff des Feindes gegen die „inneren
Flügel der 11. und der 4. Armee" zu erwarten sei. Diese beiden Armeen
hätten auf den Ausbau ihrer Stellungen und das Ausscheiden von Re¬
serven bedacht zu sein, die 3. und die 2. Armee unterdessen den An¬
griff fortzusetzen.
Am gleichen Abend kam noch von der 11. bayr. ID., in deren1
x) Zajontschkowskij, 302 ff. ; N e s n a m o w, 49 ff.
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