Volltext: 850 Jahre Michaelnbach

DIE ENTWICKLUNG DER GEMEINDEN ” 
Wenn wir den Blick in die Vergangenheit zurück- 
werfen, so begegnen uns im Gemeindeleben meist 
fremdartige Bilder. Die große Mehrzahl der Städte 
und viele Marktgemeinden genossen ausgedehnte 
Privilegien und in bezug auf die politische Ver- 
waltung und Rechtspflege eine weitgehende 
Autonomie. 
Die Landgemeinden hatten jedoch kaum Rechte, 
sie waren völlig dienstpflichtig und Organe deı 
grundherrlichen Behörden, sie besaßen weder die 
freie Verwaltung ihres Vermögens, noch irgend 
eine gesetzlich garantierte Amts- und Macht- 
befugnis. 
Die Ereignisse des Jahres 1848 erschütterten auch 
das alte Gemeindewesen in ihren Grundfesten. Mit 
der Einführung verfassungsmäßiger Zustände, mit 
der Aufhebung des Unterthansverbandes, de:ı 
Pflegsgerichte und Distrikts-Commissariate, mit 
der gründlichen Umgestaltung der Gerichts- und 
Verwaltungsbehörden und aller öffentlichen Insti- 
tutionen war sowohl die privilegierte städtische 
Bürgergemeinde, wie auch, die rechtlose Dorf- 
gemeinde gänzlich unhaltbar: geworden. 
Die heutige Dorfgemeinde ist, also ein Produkt der 
Umwälzungen des Jahres 1848. Am 17. März 1848 
erschien ein neues provisorisches Gemeindegesetz, 
dessen Artikel I verkündete: „„Die Grundfeste des 
freien Staates ist die freie Gemeinde.‘ Mit diesem 
Gesetz wurden alle Ortsgemeinden des Landes 
ohne Rücksicht auf ihre Größe, wirtschaftliche 
Bedeutung und dergleichen in ihren Rechten und 
Pflichten vollständig gleichgestellt. 
Die diesem Gesetz zugrundeliegenden Prinzipien 
konnten im praktischen Gemeindeleben nicht 
Wurzeln fassen. Bereits 1851 wurden neue Grund- 
sätze für die Organisation der Gemeinden verfaßt 
und die Gemeindeselbstverwaltung wieder 
empfindlich eingeschränkt. 
Erst im Februar 1861 wurde Österreich wieder ein 
Verfassungsstaat. Eine der ersten Aufgaben des 
Reichsrates war es, dem Gemeindewesen eine den 
geänderten Verhältnissen angemessene Verfassung 
zu geben. 
Am 28. April 1864 entstand das vom 06. Landtag 
beschlossene Landesgesetz als neue Gemeinde- 
ordnung für das Erzherzogtum Österreich ob der 
Enns. 
Wir kennen in Oberösterreich außer der Orts- 
gemeinde auch die Pfarrgemeinde und die Kata- 
stralgemeinde. 
Die Katastralgemeinde besteht für die Besteuerung 
und Evidenthaltung der Grundbesitzverhältnisse. 
Die Pfarrgemeinde war bis zur Wirksamkeit des 
provisorischen Gemeindegesetzes vom Jahre 1848 
zugleich die politische Gemeinde. 
Die Pfarrgemeinde ist somit die historische Orts- 
gemeinde. 
Die Heimatverhältnisse waren durch das Gesetz 
vom 3. Dezember 1863 bestimmt. Man sprach 
damals von GEMEINDEANGEHÖOÖRIGEN, das 
waren jene Personen, die in der Gemeinde das 
Heimatrecht besaßen, von GEMEINDEGENOS- 
SEN, das waren jene Personen, welche, ohne in der 
Gemeinde heimatberechtigt zu sein, dort aber 
Haus- und Grundbesitz hatten, oder von einem in 
der Gemeinde selbständig betriebenen Gewerbe 
1) Auswahl aus dem Schrifttum: Einführung zur Gemeinde- 
ordnung aus dem Jahre 1864. Einführung zur O0 Gemeinde- 
ordnung 1965, Krenner/Putschögl. 
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