Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1907 (1907)

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„Das könnt' jeder Narr sagen", fertigt ihn der andere wieder ab. 
Endlich bringt ein vorgelegtes Dekret Klarheit in die Lage. Es ist 
also wahrhaftig der Landesgerichtspräsident, der das Bezirksgericht zu in 
spizieren hat. 
Dr. Grobhaus entschuldigte sich für die Verwechslung und stellt sich 
für Nachmittag zur Verfügung, jetzt habe er aber noch zwei Verhandlungen 
durchzuführen. 
„Da werde ich mir indessen die Arreste ansehen und erwarte Sie 
mittags beim „Blauen Stern". Kommen Sie also dorthin", schlägt der 
versöhnte Herr Inspizierende vor. 
Damit ist natürlich auch der Richter einverstanden und nimmt sich vor, 
den Rest in Eile abzutun. Er klingelt sogleich dem Diener und schnauzt 
selben im gewohnten Tone an: „Führe den Herrn ins Arrest!" 
Die weiteren Verhandlungen nehmen einen raschen Verlauf. Der Hoch 
stapler wird zu 14 Tagen verdonnert und ein raufsüchtiger Holzknecht laufen 
gelassen. Punkt 12 Uhr läßt sich der Herr Amtsrichter selber laufen und 
nimmt seinen Weg schnurstracks zum „Blauen Stern". 
Herrgott, der Durst! Zwei Tage nicht hier gewesen und statt Grin 
zinger lauter Staub und Galle geschluckt — da verträgt man 'was. 
Das dritte „Viertel" geht zur Neige und — der Herr Landesgerichts- 
präsident noch nicht da. Das ist doch sonderbar. 
Dr. Grobhaus sieht im Schankzimmer seinen wohldressierten Diener 
beim Mittagsmahl sitzen und ruft ihn herein. 
„Wo ist der Herr, den du in den Arrest geführt hast?" fragt er unwillig. 
„Im Arrest! Der sitzt fest, Herr Bezirksrichter!" versichert der Amts 
diener untertänigst. 
„Waas —? Du hast ihn eingesperrt?" 
„Wie der Herr Bezirksrichter befohlen haben." 
„Du Mensch und Esel — das ist ja der Herr Präsident gewesen, der 
den Arrest bloß besichtigen wollte!" 
Die zwei Jünger der Nemesis stürzten zum Arrest — Tableau! 
Zwoa Lumpen. 
Sein amol zwoa Handwerksburscht'n g'wes'n. Zwoa rechte Spitzbuab'n. 
Da oane is von Kärnt'n aufakemm', und da zwoat' hot st' durchs Puster- 
tol obag'focht'n und in Lienz sein's z'samm'kummen. 's woar Winter und 
scho damisch kalt. Weil's scho um siebene af d'Nacht woar, hob'n's berot'n, 
wo f wern über Nacht lieg'n. 
San's auß'n noch Jaschdorf zum „G'schloßmoar"^), der is alleweil a 
freundlicher un guatherziger Mensch geg'n die armen Leut' g'wes'n, und 
hob'n halt um a Nachtloger ang'halt'n. Dö zwoa Kund'n sein soweit no 
ganz nobel beinander g'wes'n; a jeder Hot a Ends Schneid am Hut g'hobt 
un a Sackuhr in Leibltaschl, wos ma sist bei Handwerksburschten nit oft trifft. 
Na guat. In alten G'schloßmoar steh'n dö zwoa Mander z' G'sicht, 
und der hoaßt sie bleib'n. Hot an jed'n an Haf'n voll Nock'n vorsetz'n lass'n, 
0 Schloßmeier.
	        
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