Volltext: Der Sammler 6. Jahrg. 1910 (1910)

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Instrumente nennen wollen. Sie sind der An 
fang zur weiteren Ausgestattung in dieser 
Richtung., 
Das was sich hier in so unauffälliger. 
Weise den Blicken Zeigt, sind oben zwei große 
äußerst Hell klingende Schellen, sogenannte 
Steuerschellen oder Steuerglocken, mit denen vor 
dem Hause des Steuerschuldigen ein weithin 
hörbarer Spektakel geschlagen wurde. Beide 
stammen aus Wernstein und waren dort in 
Verwendung. 
Unter diesen Steuerschellen befindet sich 
ein breites Bockhorn, das auch seine Geschichte 
hat. Es stammt aus Wolfsedt, Gemeinde 
Tauskirchen, und fand seine Verwendung bei 
Beschwörungen auf Kreuzstraßen in der Tho 
masnacht. «Kreisstehen und in die Zukunft 
schauen.) Von volkskundlicher Beurteilung aus 
sind beide Gegenstände wertvoll. 
Es sind ferner noch angebracht eine Mund 
pfeife (Fotzhobel genannt) und eine Drieangel, 
die sich durch hellen Klang auszeichnet. 
Die lange Vitrine gegenüber der früher 
beschriebenen dient jetzt ausschließlich nur der 
Darstellung der Biedermeierzeit. Es sind aus 
diesem Kasten die Degenstöcke usw. verschwun 
den, dafür eine Serie von Visit- und Gratu 
lationskarten sichtbar, sowie die schöne Arbeit 
aus Pramfischschuppen, die im früheren Schrank 
des Gewerbezimmers lag und kaum beachtet 
wurde, die aus dem Jahre 1838 stammt und 
an die richtige Stelle neben dem prächtigen 
Seidenmerktuch gegeben wurde. 
Die gegenüberliegende Seite der Vitrine 
schließt in sich die zahlreichen Gegenstände, die 
unter der Bezeichnung „Anrufungen und Sym 
pathiemittel" im Einzelnen schon eine genaue 
Beschreibung erfahren haben. In dieser Abteil 
ung haben die Amulette erfreulich an Zahl zu- 
genonnuen, darunter eines, das alle Haus 
heiligen im Bilde urd mit Reliquienresten in 
sich schließt. 
Eine kleine Zahl zierlicher Jnstrumelcke ist 
am Ende der Vitrine zu sehen, wo zu den be 
reits bekannten schönen Bergkompassen noch ein 
zierlich gearbeiteter Sextant mit Busole aus dem 
18. Jahrhundert kam. 
Gegenüber an der Wand ergänzten sich 
die Mordinstruinente aus dein Bauernkriege um 
einem Stück. 
Im Zimmer der Gewerbegeschichte ist 
manch Beachtenswertes zu sehen. Neben dem 
bereits bekannten Fundus dieser Abteilung sehen 
wir hier rechts in der Ecke unter den Lebzelten- 
Formen Produkte der Töpferei und der Bau 
kunst. Die prächtigen Ziegel, wahrscheinlich aus 
geschlemmtem Ton hergestellt, haben sich von 
einem Stück auf drei Stücke vermehrt; die 
Ziegel tragen einen äußerst stark ausgeprägten 
kaiserlichen Adler, die Zahl 4 und das Mono 
gramm 1). ll. Ihr Alter dürste wohl in die 
Zeit des Friedens von Teschen hinaufreichen. 
Nebst diesen Mauerziegeln, die von Schärdinger 
Häusern stammen, ist auch ein Dachziegel vor 
handen, größer im Format wie die jetzigen 
Ziegel sind. Er trägt die Jahreszahl 1809 und 
einen Namen. Auch dieser Ziegel ist von einem 
Hause am Hauptplatze. Ferner sehen wir eine 
große figurale Ofenkachel, wohl die Füllung 
eines Ofens. Eine selten schöne Töpferarbeit, 
die Amor und Venus zum Gegenstände hat. 
Das große Zierstück stammt aus der Vorstadt. 
Wir sehen noch eine Abschlußvase aus braunem 
glasiertem Ton von einem Ofen und ein zier 
lich gearbeites Verschlußstück eines Ofenrohres. 
Zu dem Teile der Vitrine, die unmittel 
bar beim Eintritte in das Zimmer sich befindet, 
ist nichts neues von Bedeutung gekonimen; 
aber dadurch, daß mehr Platz geschaffen wurde, 
kommen die einzelnen Kleingegenstände mehr zur 
Geltung, was ohne Zweifel erfreulich, weil die 
Goldschmiedarbeiten und Silhouettbilder in 
ihren zierlichen Rähmchen viel besser gesehen 
werden. 
An dem oberen Ende der Vitrine sind 
noch zwei Stücke» die zum Hafnergewerbe ge 
hören. Das eine davon ist eine Nachtlichtblende, 
das andere Stück von einem Vasenrand. Beide 
sind bereits im Vorjahre der Sammlung ein 
verleibt gewesen, doch waren dieselben nicht gut 
sichtbar. Die Nachtlichtblende ist aus grün 
glasiertem Ton und ist deshalb beachtenswert, 
weil dieses den: 18. Jahrhundert ungehörige 
Gewerbeprodukt ein ausgezeichnetes Vorbild für 
eine modern-sezzessionistische Auffassung abgeben 
würde. Das zweite Stück ist ob der Gediegen 
heit der Arbeit ebenso beachtenswert. Ersteres 
wurde im ehemaligen Gesellenpriesterhause am 
unteren Stadtplatz gefunden, letzteres in einem 
Keller des Schloßgebäudes. 
In der Vitrine gegenüber sind die Siegeln 
der Schärdinger Zünfte, welche um jenes der 
Schneiderzunft 1724, vermehrt wurde. 
In der Ecke des Zimmers beim Fenster 
sind die Handwerkszeuge zusammengestellt, nieist 
dem Schreiner- oder Zimmermannshandwerk an 
gehörend, darunter ein kleiner Hobel, der das 
respektable Alter von 200 Jahren hat (1709). 
Merkliche Aenderungen und Ergänzungen 
wurden in dem kleinen Zimmer vorgenommen, 
das die Bezeichnung „Geschichte der Umgeb 
ung" trägt. 
Unmittelbar rechts von der Eingangstüre 
ist eine Darstellung eines Teiles der in und um 
Schärding ausgegrabenen Pferdehufe und ver 
schiedener Hacken an der Wand angebracht. 
Der daran schließende kleine Schaukasten 
hat seinen überreichen Inhalt abgeben müssen. 
Es befinden sich mit Ausnahme der beiden 
Menschenschädel nur mehr die vorgeschichtlichen 
Fundgegenstände in diesem Kasten. Was im 
Interesse der nötigen Uebersichtlichkeit sehr zweck-
	        
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