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Im Hefte Nr. 1 des Neunten Bandes,
Januar 1910, besagter Mitteilungen begegnen wir
einem Aufsatz, betitelt „Der Bau der Bahn
Krems-Grein vom Standtpunkte der Denkmal
pflege, mit besonderer Berücksichtigung der Wachau"
(von Konservator Rudolf Pichler.)
44 Bilder, Reproduktionen nach Freihand
zeichnungen, veranschaulichen die textlichen Aus
führungen. Die ganze Abhandlung mit dem reichen
Bilderschmuck besagt uns auf jeder Seite, wie
dankenswert es ist, darüber zu wachen, daß der
Originalität einzelner Orte kein Unbill widerfahre.
Die Motive und Stadtbilder aus Frölhof,
Weißenkirchen und Spitz sind auf feinstes Glanz
papier reproduziert, ein Beweis dafür, welchen
Wert man solchen Aufnahmen und Darstellungen
beimißt. Unwillkürlich wird man dabei erinnert,
selbst ein wenig umzusehen, ob nicht im eigenen
Aufenthaltsorte ähnliche Gebäude und Motive zu
finden wären, welche beachtenswert erscheinen.
In unserer Stadt braucht man gewiß nicht lange
zu suchen, um eine ebenso große, wenn nicht noch
größere Anzahl von Motiven und interessanten
Stadtbildern zu produzieren, die uns so recht ver
anschaulichen würden, wie viel Schönes und Er
haltenswertes die Stadt Schärding bietet.
Das hat nicht nur einen idealen Wert oder
Gefühlsduselei vereinzelter Schwärmer - nein —
es ist bereits die Kenntnis darüber erwacht, daß
das Vorhandensein harmonischer Stadtbilder, die
uns die Baugeschichte einer längst vergangenen
Zeit erzählen — Wert haben — weil sie auch
Anziehungspunkte geworden sind für das große
Publikum.
Soweit hat sich die Auffassung in solchen
Dingen in den letzten Dezenien geändert. Mit
einer gewissen Befriedigung kann dies gesagt
werden. ,
Diese Erkenntnis ist aber noch nicht der Ab
schluß einer Bewegung die bereits sichtbare Erfolge
gezeitigt hat. Es wird uns noch ein weiterer
Fingerzeig gegeben. Versuch der Wiederherstell
ung verloren gegangener Bauwerke in Städten
und Märkten, nach, den gegebenen Möglichkeiten
Gar manches ließe sich da erreichen in konse
quenter Verfolgung eines einheitlich gedachten
Planes, der unter vollster Berücksichtigung des ge
gebenen Umstandes in absehbarer Z?it mit einem
ganzen Erfolg beschlossen werden könnte. So
stünden die Verhältnisse in unserer Stadt, die sich
wohl wie kaum eine zweite in Oesterreich eignet,
zum Vorbilde einer altdeutschen Landstadt zu wer
den. Was damit gewonnen wäre, würde bald
jedermann klar sein, ist es doch kein Geheimnis,
daß auch gegenwärtig zahlreiche Fremde unsere
Stadt besuchen, angezogen durch die Eigenart
derselben, und daß dieselben voll des besten Ein
druckes von hier gehen.
Da zeigt sich der richtige Weg, dessen Be
treten den Bewohnern zum Vorteil gereichen kann
und dieser Weg soll betreten werden.
5t. Ullricbskreuz*).
. Der hlg. Ullrich, der berühmte Bischof von
Augsburg, hat durch seine heldenhafte Verteidig
ung dieser Stadt gegen diq Magyaren im Jahre
955 den entscheidenden Erfolg Kaiser Ottos am
Lechfelde über die in Deutschland eingefallenen
wilden magyarischen Horden vorbereitet.
Das St. Ullrichskreuz, das der später heilig
gesprochene Bistumsverwalter vom Papst zum Ge
schenke erhielt, ist in der Schatzkammer der
St. Ullrichskirche in Augsburg in der Schatz-
kammer verwahrt. Darüber sind künstlerisch aus
gestaltete Kreuzgehäuse angebracht, deren äußer
stes aus dem Jahre 1494 stammt und aus ge
triebenem Golde ist.
An diese kostbare Reliquie sind zu verschie
denen Zeiten Erinnerungszeichen in Form des
Kreuzes angefertigt worden, die als Wallfahrts
andenken zur Verteilung kamen. Diese Wall
fahrtsandenken zeigen in einer bestimmten Zeit
periode auf der Aversseite die Schlacht am Lech
felde, wo Bischof Ullrich an der Seite Kaiser
Ottos inmitten des heftigsten Kampfpewühls sich
befindet. Ein vom Himmel herabschwebender
Engel reicht ihm ein Kreuz; auf der Rück
seite ist die Stadt Augsburg sichtbar mit den
vielen Kirchen und mit dem Rathanse. Die
Schrift am Fuße besagt: Crux S. Uldarich Epis-
copus Aug. vindelicorum. Kreuz des hl. Ullrich
Bischof von Ausgburg.
Ein freundlicher Zufall brachte das Stadt
museum in den Besitz eines solchen Ullrichskreuzes.
Der k k. Richter Herr Dr. P o l l a ch fand ein
derartiges Kreuz auf dem Wege nach Suben.
In dankenswertester Weise übergab Herr Dr. Pol
lach dieses Kreuz dem Stadtmuseum.
Wie vielfach verbreitet diese Erinnerungs
kreuze waren beschreibt Herr Stadtpfarrer F r le
sen e g g e r von Augsburg in einer geschicht
lichen Studie, in der ausgeführt wird, daß man 8
Arten derartiger Kreuze kenne und beschrieben hat.
Unser Kreuz gehört der Gruppe 11 an, die
nach dem Jahre 1620 seine Entstehung hatte, was
daraus hervorgeht, daß auf der Reversseite das
Rathaus von Augsburg ersichtlich ist, das um
diese Zeit erbaut wurde.
Diese Kreuze wurden nicht nur als Amu
lette getragen, sie hatten gar manche Verwendung.
In Ställen wurden sie zum Schutze des Viehs
vor Verseuchung angebracht, an Rosenkränzen wur
den dieselben getragen und in Aecker vergraben,
um den Mäusefraß zu begegnen.
*) Deutsche Baue, VI. Band 1909.
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