Volltext: Der Sammler 6. Jahrg. 1910 (1910)

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zu aufwärts stieg. Und auf der Höhe sein Ende 
und seinen Ausgang gehabt haben mußte. 
Mehrere Stellen dieses Ganges stürzten bei ver 
schiedenen Anlässen durch, und wurden jedesmal 
in dem Wahne, es seien Bärenhöhlen, in aller 
Eile wieder verschüttet. Der vorletzte Besitzer 
durchsuchte einen Teil dieses Ganges und fand 
hinsichtlich der Schürfung desselben fast die 
selben Formen, wie zu Andorf vor; nur die 
Gänge etwas höher und breiter*). 
Da dieses Castellum etwas coupiert, und, 
im Vergleiche zu dem umgebenden Terrain, 
etwas zu niedrig angelegt war, so mußte, 
um die nötige Verbindung herzustellen, ohne 
Zweifel, und zwar auf der Höhe rückwärts, 
die Specula — die Hochwarte — gestanden 
haben. 
Uebrigens erwähnen die Urkunden des 
Mittelalters nicht im Geringsten eines daselbst 
gestandenen Schlosses, und eines hierauf seßhaft 
gewesenen Edelgeschlechtes; auch die Sagen, 
wenn je solche über dieses Schloß bestanden 
haben, sind verloren gegangen. Nordöstlich von 
diesem Burgwall befindet sich das jetzt größten 
teils abgeschlagene „F rauenhol z"; an den 
westlichen Abhängen desselben zeigen sich noch 
mehrere parallel ablaufende ca. 18 - 20' tiefe 
und breite Gräben, die vielleicht von einem ehe 
maligen Verhaue herrühren mögen". 
Wir wanderten zu dem von Lamprecht ver 
meinten und beschriebenen Burgstalle, sahen aber 
üei gründlicher Besichtigung ein, daß es sich hier 
keinesfalls um eine von Menschenhand errichtete 
Befestigung handeln kann, deshalb wir zu ünserer 
vormittägigen Tätigkeit zurück kehren. 
Lamprecht spricht in seinen beiden Beschrei 
bungen von dem nordöstlich von unserem Burg 
stall gelegenen Hügellaufe, der an der Westseite 
durch einen (nicht wie Lamprecht meint, künst 
lich angelegten) sondern auf natürliche Art ent 
standenen Wassergraben durchschnitten wird. Es 
geht ungefähr inmitten des Hügels eine Quelle 
lauf, die, wie , ganz gut ersichtlich ist, die 
Gräberin des Grabens war und noch ist. — 
Nach der Mittagspause wollen wir noch einen 
letzten Versuch machen und siehe, es finden 
sich an der südöstlichen Seite des Plateaux,! 
ziemlich am Rande, eine Unzahl mittelalter 
licher Funde. 
Die charakteristischesten derselben wurden 
dem k. k. Hofmuseum eingesandt und Herr Re 
gierungsrat Szombathy hatte die Liebens 
würdigkeit, sie in Bezug auf ihr Alter zu bestim 
men. Ich lasse im Folgenden eine Beschreibung 
und die Deutung der einzelnen Stücke folgen. 
Es wurden eine Unzahl von kleineren und 
größeren Schalen von unglasierten Gefäßen 
aus dem Mittelalter (Karolingerzeit oder 
etwas später) etwa ü.—12. Jahrhundert gefun 
den. Es sind meistens Bruchstücke (Randstücke) 
von Töpfen und Deckeln. Die Töpfe 
waren schlank-bauchig, vielfach dauernd beim 
Feuer gestanden und waren mit passenden 
Deckeln verschließbar. Die Deckeln sind kreis 
rund und haben einen Durchmesser von etwa 
20 cm, flach, mit einem aufgestülpten, etwa 
2 cm* hohen Rand, in der Mitte mit einem 
mächtigen, teils runden, teils dreiteiligen einge 
drückten Griffknopfe versehen. Die dreiteiligen 
Eindrücke auf den Deckelknöpfen wurden mit 
den Fingern ausgeführt und sind keine zufällige 
Verunstaltung des Knopfes, sie wurden ein für 
diese Zeit charakteristisches Ornament. Durch 
die Ausgrabungen konnten Töpfe von verschie 
denem Erzeugungsmaterial festgestellt werden. 
Die einen sind ganz hellblaßgelb, andere wieder 
rötlichgelb mit zinnoberroten Lehmeinspreng 
ungen, sowie kleinen glänzenden, durchsichtigen 
Quarzstücken, und endlich die Mehrzahl der 
Töpfe war aus einem mausgrauen, mit Quarz 
partikelchen eingesprengten Mergelton hergestellt. 
Die letzte Art der Töpfe scheint ausnahmslos 
beim Feuer gestanden zu sein. Neben den 
Topfscherben fand sich der Rest einer kleinen, 
aus hellgelbem Ton geformten Figur, die 
wahrscheinlich einen menschlichen Körper dar 
gestellt haben dürfte. 
Schluß folgt. 
Abonniert 
*) R a n d b e m e r k u n g im Buche: 
Ist aber eine Hypothese; ich sah und er 
fuhr weder einen ausgesprochen pas 
senden Platz auf der Anhöhe, noch irgend 
Spuren; man müßte jedenfalls noch bestimmtere 
Punkte haben, um eine historische Behauptung 
auf stellen z'u können. 
(gezeichnet: W. S.) 
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