Volltext: Im Felde unbesiegt

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Schauwecker 
vielen Neulinge, die die Westfront noch nicht genossen haben — 
„Freuen tun wir uns ja alle nicht, daß wir da rein dürfen, wir 
sind alle bloß Menschen. Aber als Menschen haben wir unseren ge¬ 
sunden verstand darauf zu bekommen, und deshalb wissen wir, 
warum wir hier sind und da rein marschieren. Wenn der da vorn 
uns packt und von hier bis nach Berlin mit uns geht, dann wissen 
wir, wie Deutschland aussehen wird. Und wenn wir den Krieg ver¬ 
lieren, dann wissen wir, daß er uns fünfzig Jahre lang ununter¬ 
brochen das Genick umdrehen wird. Müller und seine Frau leiden 
darunter eben so sehr wie ich, wenn meine Frau vorläufig auch bloß 
noch meine Braut ist. <£ins ist die Hauptsache da vorn: CDHren steif 
und den inneren Schweinehund totgeschlagen. Ihr versteht mich." 
„Iawoll, Herr Leutnant," sagt ein Stimmengewirr. 
Und der Leutnant weiß, daß er voran gehen mnß, wenn er sich 
nachher wirklich verständlich machen will, voran als erster. Und er 
weiß, daß der Franzose einen verflucht scharfen Blick für Offiziere 
hat und mit einem Schuß meistens zwölf punkte schießt. Der Leut¬ 
nant denkt an seine Frau, die vorläufig noch seine Verlobte ist, und 
denkt an die Mutter und an verschiedenes andre, das alles gar 
nicht mehr hierher gehört. Aber dann hält er sich selbst die Rede, die 
er den Soldaten gehalten hat. Der gesunde Menschenverstand kommt. 
Eiserner Wille hebt die Faust; im Trotz erwacht der Kampfgeist. 
(Er fühlt, fühlt, fühlt, wie in seinen Adern das Blut des Volkes 
rinnt, wie in seinem Herzen heißer Herzschlag des Vaterlandes 
pocht und klopft, — pocht und klopft, was nun kommt — mag fein, 
was will — das ist von jetzt ab alles selbstverständlich. Vergangen¬ 
heit, Heimat, Angehörige, Berus und Zukunft, es muß alles tot 
sein und versinken, und es versinkt. . . . 
wir marschieren weiter und treten ein durch das dröhnende 
Tor in die Schlacht. 
3n eine waldige Hügelecke geklemmt, wälzt sich ein gelber 
Drache und schwankt mit ungeheuer geblähtem Bauch schwerfällig 
auf und ab, steigt langsam baumgerade empor und zieht Bündel von 
Drähten und Seilen nach sich, Nerven und Adern, die ihn mit der 
Lrde verbinden. Als wir einen halben Kilometer weiter sind, 
schwebt der Fesselballon schon hoch in den Lüften. ... Weiter geht 
der Marsch. Metallischer Klang französischer Bombengeschwader 
wandert hoch über uns hinweg und stößt plötzlich auf das dumpfe 
Gesurr deutscher Kampfflieger, die sich ohne weiteres zu den Fran¬ 
zosen emporschrauben und auf sie stürzen, wie ein Schwarm von 
Fliegen und Mücken sehen sie von der Lrdc aus. . . wir marschieren 
durch Waldstücke, vorbei an rastenden Munitionskolonnen, durch 
zerschossene Dörfer, die wie graugelbe Steinhaufen uns umzingeln 
und von allen Seiten finster auf uns starren aus Löchern in Dach 
und Mauern, die wie lidlose, ausgestochene Augen erscheinen.
	        
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