Volltext: Im Felde unbesiegt

Deutsche Infanterie. 
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Fortwährend ist die Landschaft um uns ein einziger, dumpfer 
Aufschrei qualmiger Sprengwolken, als schreie die Lrde unter den 
Fausthieben der Granaten und zucke in einer ununterbrochenen Qual. 
Ab und zu schlägt ein Geschoß neben dem Wege ein, auf dem wir 
marschieren, aber die weite Entfernung erlaubt keine treffsicheren 
Schüsse, und das Regiment schiebt sich unbeirrbar, unaufhaltsam 
weiter vor. 
Die Soldaten betrachten die Formen der Linschlagswolken und 
unterhalten sich leise über ihre mannigfachen Bilder. Da gibt es 
eine Art, die wie ein Lrdfächer ist, der mit einem dumpfknallenden 
2\ucf plötzlich nach beiden Seiten auseinanderzuckt. Andre erscheinen wie 
dichtes Buschwerk, jene sehen dicken Baumwollknäueln oder klum¬ 
pigen Leibern ähnlich, und diese da gleichen Springbrunnen voll 
einzelner Lrdbrocken, Steinblöcken, Grasfetzen. Diese letzten werden 
oft von Blindgängern hochgeworfen, die wie (Elefanten wuchtig ins 
Erdreich prallen, Stücke reißen und brechen und sie zornig empor¬ 
schleudern. Klirrende Trichter tanzen plötzlich auf der Lrde, wie 
der rasende Mittelpunkt eines Mirbelsturms: Brisanzgranaten mit 
hochempfindlichen Zündern, gehüllt in einen unsichtbaren Mantel 
von Splittern und Scherben. Und manchmal — und alle Augen 
werden ganz groß und starr bei dem Schrecken dieses Anblicks — 
birst eine furchtbare Wolfe aus der Lrde gleich der'Baumwolke 
des Vesuvausbruchs und steht blauschwarz wie ein finsterer Dämon, 
die ganze Landschaft beherrschend. Lin Krach brüllt auf, als 
stürbe die Lrde in diesem ächzenden Schrei. Das sind die Granaten 
aus den Riesengeschützen, die ihre stählerne Last in steilen Bögen 
über zwanzig Kilometer weg schleudern. 
Lärm der herannahenden Geschosse keucht und faucht in der 
Luft. Manche kommen heran wie brausende Schiffe mit vollen 
Segeln, andre keifen mit bösem Zischen über die Köpfe weg. Manche 
murmeln und würgen nur ganz leise, so hoch fliegen sie, cber sie 
senken sich nieder schwer wie das Schicksal und kreischen vor wü¬ 
tender Gier, bis sie mit einem erschütternden Krach enden, daß wir 
denken, die Hügel müßten zu wackeln beginnen. Und Sprengungs¬ 
geräusche gibt es, die sind ganz leise vor Haß und Heimtücke und 
ersticken tief in der Lrde vor lüut wie eine heimlich geballte Faust. 
„Verflucht", sagen die Soldaten. ,,Das war ’n Stollenbrecher." 
3at das war ein Stollenbrecher, der metertief im Boden erst 
birst und die Lrde umrührt wie ein riesiger (Quirl. Ls knirscht wie 
ein zermalmendes Gebiß, wenn er feine Beute packt. 
Immer weiter marschieren wir unter dem Gurgeln und Heulen, 
Röcheln, Winseln und pfeifen der fliegenden Granaten wie unter 
den Stahlbögen eines hallenden Saales. Leben ist in diesen tönenden 
Flugbahnen und Sprüngen der Unsichtbaren über uns, in diesem 
tosenden Lärm um uns. Mitten durch geifernden Haß, stöhnende 
Wut, krachenden Grimm, brüllenden Zorn bewegt sich das Regiment, 
v Dickhuth-Harra ch, 3m Felde unbesiegt. 2
	        
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