Volltext: Die Stellung des Papsttums im Weltkriege [76]

Tat zeigte schon die Nationalversammlung in Bordeaux sehr ent- 
schieden papstfreundliche Tendenzen: Von ihr war eine Aktion zu- 
gunsten der Wiederherstellung der weltlichen Macht des Papsttums, 
wie sie damals in Petitionen der französischen Bischöfe und fran¬ 
zösischer Gemeinden zum Ausdruck kam, mit großer Wahrschein¬ 
lichkeit zu erwarten. Jedoch vorerst war Frankreich niedergezwungen, 
noch festgelegt durch seinen unglücklichen Krieg mit Deutschland, 
durch die Bekämpfung der blutigen Kommune in seiner Lauptstadt. 
Österreichs Laltung ist bereits behandelt worden. An Spa¬ 
niens Spitze stand jetzt ein Sohn des „Kirchenräubers" Viktor 
Emanuel selbst, Amadeus von Savoyen. 
Wie die Vollendung seiner Einheit, als Folge des gewaltigen 
Sieges von Sedan, so hatte Italien die Durchbringung des 
Garantiegesetzes, unter Verhütung einer Erschütterung der eben 
glücklich errungenen Einheit, nur der von Preußen-Deutschland in 
Frankreich geschaffenen Situation zu verdanken. Sie hinderte die 
katholischen Staaten daran, sich wegen der zukünftigen Stellung 
des Papstes über einen internationalen Vertrag zu verständigen, 
der ihnen allerdings auch fühlbare Lasten, vor allem die Verant¬ 
wortlichkeit für die Ausführung aufgebürdet hätte. Sie ließ sie 
darüber hinwegsehen, daß dem Papste selbst der letzte Rest von 
Souveränität verloren ging, den ihm die Kapitulation bei der 
Besetzung Roms gesichert hatte; sie bewog sie, sich in der wich¬ 
tigen Frage auf die Dauer zufrieden zu geben mit dem Notbehelf, 
den das Garantiegesetz als vorläufige Lösung17) darstellt, für den 
Modus, mit dem sie ihre bisherigen völkerrechtlichen Beziehungen 
zum Oberhaupt der katholischen Kirche, dem bis dahin legitimsten 
Souverän eines weltlichen Territoriums, aufrechterhalten konnten. 
Allerdings hatten die an der Lösung der Frage interessierten 
Mächte einen Vorwand, sich mit ihr nicht näher zu beschäftigen. 
Pius IX. selbst war dagegen: Er wollte die direkte oder indirekte 
Anerkennung seines mit der Besetzung Roms geschaffenen staaten¬ 
losen Zustandes durch die Mächte um jeden Preis verhindern. Er 
war überzeugt, daß die neue Herrschaft in Rom nur vorüber¬ 
gehend sein könnte.") Auch darf nicht außer acht gelassen werden, 
daß manche Mächte schon darum weniger Neigung besaßen, 
für Pius IX. einzutreten, weil sie mit der eben vorausgegangenen 
Verkündigung der Unfehlbarkeit des Papstes als Dogma,") mit 
einer derartigen Stärkung seiner geistlichen Übermacht, die in 
23
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.