Volltext: Der Weltkrieg der Dokumente

1880 
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zuleben 1 . Saburow machte seinerseits positive Vorschläge und er 
örterte mit Bismarck den russischen Standpunkt in der Frage der 
Meerengen, deutete anfangs Februar auch bereits die Frage eines 
Schutz- und Trutzbündnisses zwischen Deutschland und Rußland 
an 1 2 . Aus den damals eingeleiteten Verhandlungen ergab sich schließ 
lich ein neues Drei-Kaiser-Abkommen, das für Rußland die Sicher 
heit im Schwarzen Meer, für Österreich Beruhigung über seine Stel 
lung im Orient, für Deutschland die Aufrechterhaltung des allge 
meinen Friedens bedeuten sollte 3 . 
Kaiser Wilhelm I. verfolgte die neue Annäherung mit lebhaf 
tester innerer Zustimmung. Er suchte daher in einem eigenhändigen 
Schreiben vom 16. Januar 1881 an den Kaiser Franz Joseph diesen 
zur Annahme eines Vertragsentwurfes zu veranlassen 4 , da ein Drei- 
Kaiser-Bündnis ein großes moralisches Gewicht in der Wagschale 
des europäischen Friedens bedeuten müßte. 
Noch ehe das Bündnis zustande kam, wurde am 13. März 1881 
in Petersburg Kaiser Alexander II. ermordet. Sein in die schweben 
den Verhandlungen eingeweihter Sohn Alexander III. betrachtete 
den Abschluß des Bündnisses nicht nur als Vermächtnis seines Vaters, 
sondern als einen Ausdruck seiner eigenen Überzeugung 5 . So wurde 
denn am 18. Juni 1881 das Drei-Kaiser-Bündnis von Bismarck, dem 
Grafen Szechenyi und dem Botschafter v. Saburow nebst einem Zu 
satzprotokoll 6 in Berlin unterzeichnet. Der Vertrag bestimmte bei 
dreijähriger Dauer, daß in dem Falle, wo eine der drei Kaiser 
mächte sich mit einer vierten Großmacht im Kriege befinden würde, 
die beiden anderen ihr gegenüber eine wohlwollende Neutralität 
aufrechtzuerhalten und ihre Tätigkeit der örtlichen Begrenzung des 
Streitfalles zu widmen hätten. Rußland erklärte in Übereinstimmung 
mit Deutschland seinen festen Entschluß, „die Interessen zu achten, 
die sich aus der Österreich-Ungarn durch den Berliner Vertrag zu 
gesicherten Stellung ergeben“. Neue Veränderungen in dem territo 
rialen Besitzstände der europäischen Türkei sollten sich nur auf 
Grund eines gemeinsamen Abkommens zwischen den Kaisermächten 
vollziehen können. Der europäische und wechselseitig verpflichtende 
Charakter des Grundsatzes der Schließung der Meerengen des Bos 
porus und der Dardanellen wurde anerkannt. Die Mächte wollten 
gemeinsam darüber wachen, daß die Türkei von diesem Grundsätze 
nicht zugunsten der Interessen irgendeiner Regierung abwich. In 
einem geheimen Zusatzprotokoll hieß es hinsichtlich Bosniens und 
der Herzegowina ausdrücklich: „Österreich-Ungarn behält sich vor, 
1 Gr. Pol. Nr. 514, 515. 
2 Gr. Pol. Nr. 517. 
8 Gr. Pol. Nr. 518. 
4 Gr. Pol. Nr. 524. 
5 Gr. Pol. Nr. 526. 
6 Gr. Pol. Nr. 532.
	        
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