Volltext: Der Weltkrieg der Dokumente

1884 
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etwa mit England verfeindete. Auch ließ Bismarck den Franzosen 
keinen Zweifel darüber, daß Deutschland sich von den verbündeten 
Kaisern niemals trennen würde 1 . Trotzdem fand Graf Herbert Bis 
marck, der am 15. Juli 1884 zum Gesandten im Haag ernannt wor 
den war, anläßlich eines Besuches bei den französischen Staats 
männern in Paris im Herbst 1884 die denkbar günstigste Aufnahme. 
Man sprach sogar von einer „Entente“, die auf die jetzige „Detente“ 
folgen würde 1 2 . Bismarck unterstützte den französischen Standpunkt 
bei den Auseinandersetzungen mit England über die Regelung der 
ägyptischen Finanzen 3 und erwies sich 1885 der französischen Poli 
tik auch im Fernen Osten gefällig, als die Franzosen bei ihrem Ton- 
kinfeldzuge gegen China empfindliche Niederlagen erlitten hatten. 
Andererseits blieb er aber stets bemüht, nicht etwa die Spitze gegen 
England zu nehmen und französischer zu sein als die Franzosen. 
„Wir dürfen uns keine von beiden Mächten ohne Not verfeinden und 
weder ihre Intimität anbahnen helfen, noch die Verstimmung zwi 
schen ihnen bis zum Kriege zwischen beiden fördern 4 “. 
Daß das Revanchefieber in Frankreich noch nicht erloschen 
war, zeigte im Sommer 1885 die Haltung der französischen Presse 
bei der bevorstehenden Neuwahl zur französischen Deputierten 
kammer. Sogar der sonst gemäßigte „Temps“ forderte die Ver 
legung weiterer Truppenteile an die Ostgrenze im Hinblick auf 
kommende Ereignisse. Anläßlich der deutsch-spanischen Spannung 
wegen der deutschen Besetzung der Karolineninseln zeigte sich in 
Frankreich sofort die Neigung, einen etwaigen deutsch-spanischen 
Krieg für Revanchezwecke auszunutzen. „Fünfzehn Jahre freund 
lichen Entgegenkommens auf jedem Gebiete der Politik mit allei 
niger Ausnahme des Elsaß haben hierin eine Wandlung oder Er 
mäßigung nicht bewirken können“, schrieb Bismarck am 21. Sep 
tember 1885 an Hohenlohe 5 . Der französische Standpunkt blieb 
nach wie vor der gleiche, wie ihn der Nachfolger des Grafen de St. 
Vallier als Botschafter in Berlin, Baron de Courcel, in seinem Be 
richte vom 3. Dezember 1884 so treffend gekennzeichnet hat 6 : „Ich 
glaube, daß in bezug auf erlittene Zerstückelungen eine Nation, wenn 
sie nicht voller Gleichgültigkeit dem Schicksale Polens entgegeneilen 
will, niemals etwas verzeihen und niemals etwas vergeben darf... 
Die Gegenwart beruhigen, die Zukunft Vorbehalten, das ist das 
Programm, das ich immer vor Augen gehabt habe, seitdem es sich 
zwischen Frankreich und Deutschland darum gehandelt hat, die 
1 Gr. Pol. Nr. 691—694. 
2 Gr. Pol. Nr. 695. 
3 Gr. Pol. Nr. 696—698. 
4 Gr. Pol. Nr. 702. 
5 Gr. Pol. Nr. 707. 
6 „Die Ursachen lind die Verantwortlichkeiten des großen Krieges.“ (Von Emile 
Bourgeois und Georges Pag es.) Deutsche Ausgabe S.386ff.
	        
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