Volltext: Der Weltkrieg der Dokumente

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Das Ultimatum vom 23. Juli 1914 
reits beschlossene Sache, und die ganze Flut von Telegrammen 
zwischen den Regierungen Rußlands und Deutschlands stellte nur 
eine mise en scene (In-Szene-Setzung) eines historischen Dramas 
dar.“ In einem Gespräche mit den Botschaftern des Dreiverbandes 
betonte Sasonow am 25. Juli 3 Uhr nachmittags, als Buchanan vor 
den Folgen militärischer Maßnahmen warnte, wenn Rußland des 
französischen Beistandes sicher sei, wolle es allen Gefahren des 
Krieges ins Auge sehen. Vom 25. Juli ab waren militärische Vor 
bereitungen Rußlands unverkennbar. Alle Truppenübungen wurden 
abgebrochen, die Kriegsschüler vorzeitig zu Offizieren befördert, der 
Generalstab bereitete den Aufmarsch vor, und alle Truppen erhielten 
den Befehl, binnen 24 Stunden in ihre Standorte zurückzukehren. 
In Belgrad fiel am 25. Juli 6 Uhr nachmittags die Entscheidung. 
Die serbische Regierung antwortete in einer sehr geschickt abge 
faßten Note auf das Wiener Ultimatum, nahm fast alle Forderungen 
an und schlug für den Fall, daß Österreich-Ungarn durch die Note 
nicht zufrieden gestellt sei, die Entscheidung des Haager Schieds 
gerichtshofes oder der Großmächte vor. Da das österreichische 
Ultimatum aber rückhaltlose Annahme aller Punkte gefordert hatte, 
erfolgte noch am 25. Juli 6y 2 Uhr nachmittags der Abbruch der 
diplomatischen Beziehungen, und der österreich-ungarische Ge 
sandte, Frhr. v. Giesl, verließ Belgrad. Der Kriegszustand war ein 
getreten. 
Der Ausbruch des Weltkrieges 
Von diesem Tage ab haben sich die Dinge im Sinne der Ver 
schärfung reißend weiter entwickelt. Rüstete Rußland weiter, so 
konnte Deutschland bei seiner gefährlichen Lage inmitten Europas 
und unter der Gefahr eines ihm bevorstehenden Mehrfrontenkrieges 
dem nicht ruhig zusehen. Sein einziger Vorteil bestand in seiner 
schnelleren Kriegsbereitschaft und in seiner zentralen Lage. Es war 
daher nur allzu berechtigt, wenn der Reichskanzler v. Bethmann 
Hollweg am 26. Juli nach Petersburg mitteilen ließ, die Erhaltung 
des europäischen Friedens hänge nunmehr allein von Rußland ab, 
nachdem Österreich erklärt hatte, einen territorialen Gewinn in Ser 
bien nicht zu beabsichtigen. „Wir vertrauen auf die Friedensliebe 
Rußlands und unsere altbewährten guten Beziehungen, daß es keinen 
Schritt unternimmt, welcher den europäischen Frieden ernstlich ge 
fährden würde 1 .“ In gleichem Sinne ließ Bethmann Hollweg gegen 
Abend des 26. Juli nach Petersburg mitteilen, daß vorbereitende mi 
litärische Maßnahmen Rußlands, die irgendwie eine Spitze gegen 
Deutschland hätten, Deutschland zu Gegenmaßregeln zwingen wür 
den, die in der Mobilisierung der Armee bestehen müßten; die Mo- 
1 Die Deutschen Dokumente zum Kriegsausbruch Nr. 198.
	        
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