Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1925 (1925)

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'Des fiolzföllers Vermächtnis. 
iahn. (Nachdr. »erb.» 
benden Mann niederkniete, sagte er verklärten 
Angesichtes: „Gräme dich nicht, Mechtild. 
Die allerseligste Jungfrau wird dir und den 
Kindern beistehen. Das kannst und mußt 
du fest glauben. Darauf mußt du fest ver 
trauen: Grüße die Kleinen und sage ihnen, 
daß die heilige Jungfrau alles sieht und 
hört, was sie tun und lassen. Er wollte 
dann noch ein Weiteres sagen, brachte aber 
nur noch das Wort „Maria" über die 
Lippen und verschied. 
Ü or langen Zeiten lebte in einer überaus 
einödigen und armseligen Gegend ein 
ebenso gottesfürchtiger, wie armer Taglöhner, 
der sich hauptsächlich durch das Fällen von 
Bäumen ernährte. Er wohnte mit seinem 
frommen arbeitsfreudigen Weibe und seinen 
sieben noch ganz kleinen Kindern in einer 
ärmlichen, baufälligen Hütte, durch deren 
schadhaftes Dach Sonne, Mond und Sterne 
ihr Licht ergossen. Aber auch Sturm, Regen 
und Schnee konnten bequem Eingang fin- 
Unser Heimatland: Trinkhalle im Kurpark z« Bad Hall. 
den. Das kleine Hüttchen stand nicht weit 
von dem großen Walde, in welchem er tätig 
war. Das Land ringsum war, wie gesagt, 
eine einzige große, trostlose und öde 
Sandfläche. 
Eines Tages zog ein großes, verhängnis 
volles Unglück über diese schon genug 
bedauernswerte Familie herauf. Der Ernährer 
dieser neunköpfigen Familie wurde nämlich 
durch einen umstürzenden Baum erschlagen. 
Sein treuer Kamerad, der ebenso arm war, 
wie er und mit dem er stets in Frieden 
gelebt hatte, brachte nun rasch der Frau 
Kunde von dem schweren Unglück. Als sie 
jammernd herbeieilte und neben ihrem ster- 
Solange ihr Taver noch geatmet hatte, 
war es ihr möglich gewesen, ihren Schmerz 
und Jammer zurückzudämmen, nun aber, 
wo er den letzten Herzschlag getan, brach 
er mit um so größerer und wilderer Kraft 
hervor. Sie dachte dabei an die ihnen jetzt 
doch unfehlbar bevorstehende große Not. 
Vielleicht würde sie mit ihren Kleinen gar 
des Hungers sterben müssen, denn die Kar. 
toffeln, ihre Hauptnahrung, waren in diesem 
Jahre überaus spärlich geraten. Was sollte das 
nur im Winter werden? Die arme Frau emp 
fand eine große, innere Not denn sie wußte 
ja wirklich nicht, wie sie den Hunger und 
das Weinen der Kinder stillen sollte.
	        
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