Volltext: Wie steht es mit Polen? [49]

gebender Begeisterung, obwohl sie nur Werkzeuge des Imperators 
waren, der gar nicht daran dachte, ihre Hoffnungen zu erfüllen. 
Der romantische, leicht zu entflammende Sinn der Polen fühlte 
sich sowohl zu der Person des großen Eroberers als auch zu 
dem ihnen wahlverwandten französischen Volke hingezogen; die 
Polen ließen sich ja gerne die „Franzosen des Ostens" nennen. 
Zum Teil erwarteten sie auch gar nicht, durch Napoleon an das 
Ziel ihrer Wünsche geführt zu werden; auch so blieb er ihnen 
ein wertvoller Bundesgenosse, der ihnen den Stützpunkt Frank¬ 
reich verschaffte. Damit knüpften sie zugleich an ältere geschicht¬ 
liche Vorgänge an. Die Polen haben immer von Frankreich 
eine besondere Förderung ihrer nationalen Zwecke und eine ge¬ 
wisse geistige und moralische Anlehnung in der weiteren Entwick¬ 
lung ihres Volkstums erwartet. 
Auf dem Wiener Kongreß wurde die polnische Frage für 
Frankreich und England — denn letzteres hatte sich in dieser 
Frage in die französische Gefolgschaft begeben — das Gegenspiel 
gegen die Ostmächte, vor allem Rußland und Preußen. Das 
Ergebnis war folgendes: 
Der Begriff „Polen" und gewisse Rechte des polnischen 
Volkes wurden festgehalten. Aber mit dem Versuch, dafür aus¬ 
drücklich die Grenzen von 1771, d. h. vor der ersten Teilung fest¬ 
zulegen, drangen die Westmächte nicht durch. Ebensowenig wurde 
dem geographischen Begriff eine wirkliche staatsrechtliche Unter¬ 
lage gegeben. Die sogenannten „Teilungsmächte" erhielten das 
polnische Gebiet zurück, und die Verpflichtungen, die ihnen dabei 
auferlegt wurden, waren so unbestimmt, so sehr dem guten Willen 
der Regierenden überlassen, daß sie kaum einen praktischen Wert 
hatten. Aber die Polen sahen darin doch eine internationale 
Anerkennung ihres Existenzrechts und deuteten die Bestimmungen 
der Kongreßakte nach Kräften zu ihren Gunsten. Sie gründeten 
daraus alle Ansprüche, die sie als Nation mit eigenen Rechten 
künftig gegen ihre Äerren zu erheben gedachten. 
Bei solcher Festlegung des Begriffes der Teilungsmächte 
wäre es eigentlich folgerecht gewesen, das polnische Gebiet unter 
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